GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE - Anwendungsbeispiele und Handlungsbedarf
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GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE Anwendungsbeispiele und Handlungsbedarf KURZSTUDIE
IMPRESSUM HERAUSGEBER Projekt LamA – Laden am Arbeitsplatz Begleitforschung Elektro-Mobil Judith Stute (Fraunhofer-Einrichtung für TÜV Rheinland Consulting GmbH Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG) Matthias Kühnbach (Fraunhofer-Institut Dr. Sören Grawenhoff für System- und Innovationsforschung ISI) Am Grauen Stein Dr. Sabine Preuß (Fraunhofer-Institut für System- 51105 Köln und Innovationsforschung ISI) soeren.grawenhoff@de.tuv.com Aline Scherrer (Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI) AUTOR:INNEN Begleitforschung Elektro-Mobil Projekt LamA-Connect Doris Johnsen (Institut für Innovation und Technik iit) Julien Ostermann (Fraunhofer-Institut für Daniel Strommenger (Institut für Innovation und Technik iit) Arbeitswirtschaft und Organisation IAO) Dr. Daniel Stetter (Fraunhofer-Institut für Externes Projekt Dynamische Netzentgelte Arbeitswirtschaft und Organisation IAO) Dr. Henning Schuster (E-Bridge Consulting) Dr. Michael Lehmann (MITNETZ Strom) Projekt BDL Philipp Laschet (E-Bridge Consulting) Timo Kern (Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. Ffe) Marina Dreisbusch (Universität Passau) Projekt BSR-Li-Flx Franziska Kellerer (Universität Passau) Dr. Alexander Weber (ÖKOTEC Energiemanagement) GESTALTUNG Projekt ELBE LoeschHundLiepold Kommunikation GmbH Dr. Serge Runge (Hamburg Energie GmbH) Tina Zierul (ChargePoint GmbH) BILDER Titel: James Thew – Adobe Stock, PIKSEL – iStock STAND Dezember 2020
INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 PREISGESTEUERTES LADEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.1 Systemübersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Aktuelle Voraussetzungen für die Nutzung von Preissignalen aus Markt und Netz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3 Systematisierung von Use Cases für preisgesteuertes Laden . . . . . . . 15 3 ANWENDUNGSBEISPIELE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.1 Integrierte Spotmarktoptimierung für eine kommunale Fahrzeugflotte. . 20 3.2 Dezentrale Steuerung der Ladeinfrastruktur durch den Verteilnetzbetreiber anhand von Preissignalen . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.3 Systemarchitektur und technische Konzepte für die Steuerung des markt- und netztorientierten Ladens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.4 Zeitvariable Netztarife für flexible Netzkund:innen als Preissignal . . . 32 4 WIRKUNGSBETRACHTUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.1 Sicht der Nutzer:innen: Anreizwirkungen und Restriktionen. . . . . . . . 37 4.2 Auswirkungen privater Elektrofahrzeuge auf Haushaltsstrompreise und Ökobilanz von Elektrofahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5 RESÜMEE UND HANDLUNGSBEDARF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5.1 Resümee der Anwendungsbeispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 5.2 Handlungsbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5.2.1 Normung und Standardisierung/Technik. . . . . . . . . . . . . . . 47 5.2.2 Regulatorik/Anreizsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5.2.3 Akzeptanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 6 GLOSSAR UND ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Literaturverzeichnis 57
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Gesteuertes Laden auf Basis von Preissignalen 9 Abbildung 2: Handelfristen an Strommärkten 10 Abbildung 3: Zusammenspiel der relevanten Akteure beim preisgesteuerten Laden 11 Abbildung 4: Grid Integration Levels Version 5.2 13 Abbildung 5: Use Cases zum preisgesteuerten Laden mit bidirektionaler Erweiterung 16 Abbildung 6: Erlöspotenzial des preisgesteuerten Ladens mit bidirektionaler Erweiterung 18 Abbildung 7: Technische Umsetzung im Projekt BSR-Li-Flx 21 Abbildung 8: Technische Umsetzung im Projekt ELBE 22 Abbildung 9: Illustration der technischen Umsetzung von OpenADR 2.0b zur Kommunikation zwischen VNB und CPO im Projekt ELBE 25 Abbildung 10: Preise für Privathaushalte in Cent pro Kilowattstunde, EV2-B-Tarif 28 Abbildung 11: Systemarchitektur in Petrol für das Projekt LamA, in Rot für das Projekt LamA-Connect 30 Abbildung 12: Systemstruktur von MITNETZ STROM für zeitvariable Netztarife 33 Abbildung 13: Einordnung der zeitvariablen Netztarife und des Reservierungsmechanismus 34 Abbildung 14: Relative Änderung der Strompreise für Haushaltskund:innen für ungesteuertes und gesteuertes Laden in 2030 44 TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Systeme des Lademanagements 38 Tabelle 2: Anreize und Bedenken hinsichtlich bidirektionalen Ladens 39 4
1 EINLEITUNG
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE 1 EINLEITUNG Mit dem Umstieg auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge tes Laden bezeichnet wird. Aktuelle Konzepte beziehen ist das Ziel verbunden, den Verbrauch fossiler Ressourcen sich hierbei z. T. auf das vom BDEW entwickelte Smart- zu reduzieren und sowohl global als auch lokal wirkende Grid-Ampelkonzept.2 Das Modell beinhaltet Vorschläge, Emissionen zu minimieren. Dabei stellt die Elektromobilität wie Marktteilnehmende und Netzbetreiber in einem das bestehende Stromnetz vor neue Herausforderungen: Smart Grid miteinander agieren können. In der grünen So steigt etwa durch Elektromobilität die Anzahl der Phase liegt kein Handlungsbedarf vor. Die gelbe Phase elektrischen Verbrauchsanlagen an. Daher wird mit zeigt auf der Ebene von Netzsegmenten an, dass es ohne Einführung der Elektromobilität eine hohe Gleichzeitigkeit Maßnahmen zu Netzengpässen kommen wird. Die rote des Strombedarfs erwartet, parallel dazu steigt auch Ampelphase signalisiert eine unmittelbare Gefährdung die fluktuierende erneuerbare Energieerzeugung. Um der Netzstabilität im Verteilnetz. Die im Folgenden diese Herausforderungen zu lösen und die Investitionen behandelten Lösungen für ein Lademanagement bezie- in das Stromnetz zu begrenzen, sollten intelligente hen sich alle auf die grüne und gelbe Ampelphase. Ladekonzepte gleich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur Sie sehen vor, dass über den Markt oder über ver- mitberücksichtigt werden. tragliche Vereinbarungen Flexibilitäten im Sinne der Lastverschiebung oder -reduzierung bereitgestellt werden Unter intelligentem oder gesteuertem Laden (Smart und der Übergang in die rote Phase vermieden wird. Charging) versteht man sowohl das netzdienliche als auch Denn in der roten Phase wäre ein direkter Eingriff des das netzverträgliche Laden, wobei Überschneidungen bei Verteilnetzbetreibers vorgesehen, um die unmittelbare bestehenden Lademanagementlösungen möglich bzw. Gefährdung der Netzstabilität zu beseitigen. Und genau sogar erforderlich sind. Diese beiden Begrifflichkeiten diesen Umstand gilt es besonders für die Nutzer:innen werden nicht immer eindeutig und in gleicher Definition von Elektrofahrzeugen zu vermeiden und ihm im Vorfeld verwendet. Die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität entgegenzuwirken. (NPM) hat die unterschiedlichen Verwendungen der Begriffe betrachtet und schlägt folgende Definition vor: Preisgesteuertes Laden ist eine Möglichkeit, die effiziente- Das netzdienliche Laden hat primär das Ziel, die Stabilität re Auslastung der Verteilnetze zu realisieren und folglich des Stromnetzes zu erhalten bzw. wiederherzustellen, Kosten für den Netzausbau und Ausgleichsmaßnahmen indem durch die externe Ladesteuerung die Einhaltung einzusparen. Weiterhin ermöglicht es, den Zeitpunkt des der verfügbaren Leistung und Energie im Verteilnetz rea- Strombedarfs an die regenerative Energieerzeugung lisiert wird. Beim netzverträglichen Laden soll hingegen anzupassen und durch eine effizientere Nutzung von möglichst ein für das Gesamtsystem kostengünstiger regenerativen Energien einen aktiven Beitrag zum Ladevorgang realisiert werden, was sich beispielswei- Umwelt- und Klimaschutz zu leisten. Zudem könnte auf se marktgetrieben über den Strompreis steuern lässt.1 diese Weise ein Spielraum geschaffen werden, den Beim netzverträglichen Laden ergeben sich verschiedene Betriebsaufwand der Ladeinfrastruktur, z. B. durch gerin- Möglichkeiten zur Einbindung preislicher Anreize in das gere Anschluss- oder Ladestromkosten, zu reduzieren. Lademanagement, das in dieser Studie als preisgesteuer- 1 NPM – Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (2020a): Netzintegration von Elektromobilität – Basis für eine erfolgreiche Sektorkopplung. Eine Definition. Hrsg. von Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Berlin. 2 Vgl. BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (2015): Diskussionspapier Smart Grids Ampelkonzept. Ausgestaltung der gelben Phase, https://www.bdew.de/media/documents/Stn_20150310_Smart-Grids-Ampelkonzept.pdf, Zugriff am 10.11.2020. Ders. (2017): Diskussionspapier Konkretisierung des Ampelkonzepts im Verteilungsnetz, https://www.bdew.de/media/documents/Stn_20170210_Konkretisierung-Ampelkonzept-Verteilungsnetz.pdf, Zugriff am 10.11.2020. 6
1 EINLEITUNG Einige Projekte des Förderprogramms Elektro-Mobil fokus- sieren auf die Umsetzung von Konzepten zum preisgesteu- erten Laden. Dabei müssen für Pilotanwendungen Hürden bezüglich Schnittstellen und Kommunikationsstandards bewältigt werden, ggf. Regulatorik angepasst und ein- fache Zugänge zu flexiblen Strompreisen geschaffen werden. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Begleitforschung und den Förderprojekten des Förderprogramms Elektro- Mobil sowie einem weiteren externen Projekt wurde diese Kurzstudie erstellt. Ziel der Studie ist zum einen, die Verbreitung der entwickelten Lösungen aus den Projekten zu erreichen. Zum anderen soll eine Grundlage geschaf- fen werden, um das Potenzial und den identifizierten Handlungsbedarf gegenüber relevanten Akteuren zu adressieren und so den Weg für eine weitere Umsetzung zu ebnen. Hierzu werden ausgewählte Konzepte zur Umsetzung eines preisgesteuerten Lademanagements dargestellt und beispielhaft zur weiteren Verwendung oder Weiterentwicklung diskutiert. Die wirtschaftlichen und technischen Hürden bei der Umsetzung des preis- gesteuerten Lademanagements werden anhand dieser Konzepte aufgezeigt und Handlungsbedarf identifiziert. Neben den technischen und wirtschaftlichen Hürden wird auch die Sicht der Nutzer:innen beleuchtet. 7
2 PREISGESTEUERTES LADEN
2 PREISGESTEUERTES LADEN 2 PREISGESTEUERTES LADEN 2.1 SYSTEMÜBERSICHT Teilmärkte zum Handeln von Strom sind die Strombörse, Daniel Strommenger (iit), Doris Johnsen (iit) der OTC-Handel („Over-the-Counter“) und der Regelenergiemarkt. Beim OTC-Handel werden langfris- Die im Folgenden verwendete Bezeichnung des preis- tige Direktverträge zwischen Erzeugern und Abnehmern gesteuerten Ladens beschreibt ein Lademanagement, vereinbart. Über diesen OTC-Handel wird der Großteil welches den Ladevorgang von einem oder mehreren (ca. drei Viertel5) der Strommengen in Deutschland Elektrofahrzeugen in Abhängigkeit von Preissignalen plant verkauft. Die restlichen Mengen werden über die und umsetzt. Somit wird abhängig von Preissignalen die Strombörsen gehandelt. Die Strombörsen sind aufgliedert verfügbare Ladeleistung reduziert oder der Ladezeitpunkt in den Terminmarkt und den Spotmarkt. In Europa wer- verschoben. Auch die Erweiterung dieses Konzepts den beim Strombörsenhandel auf dem Terminmarkt der durch bidirektionales Laden und die Möglichkeit eines European Energy Exchange (EEX) in Leipzig eher lang- intelligenten Lademanagements, das auch auf andere fristige Stromliefervereinbarungen (bis zum Ende des vor- Signale über den Verteilnetzbetreiber reagiert, werden hergehenden Monats) vereinbart. Kurzfristige lieferbare der Vollständigkeit halber in dieser Kurzstudie thematisiert. Strommengen werden hingegen über den EPEX-Spotmarkt in Form des Day-Ahead-Handels (am Vortag) oder des Intraday-Handels (bis 5 Minuten vor Lieferzeitpunkt) ver- äußert. Um sehr kurzfristig die Netzstabilität bewahren zu können, werden am Regelenergiemarkt Energiereserven (Primär-, Sekundär- und Minutenreserve) gehandelt. Dabei bieten die Erzeuger ihre Leistung an, welche im Notfall STROMERZEUGUNG STROMNETZ UND -NACHFRAGE zur Netzstabilisierung eingesetzt wird. Zusätzlich wird noch ein nachträglicher bilanzieller Austausch über den Day-After-Handel (bis zum Folgetag) per OTC-Handel PREISSIGNALE FÜR DAS LADEMANAGEMENT vorgenommen. Abbildung 1: Gesteuertes Laden auf Basis von Preissignalen (Quelle: eigene Darstellung) Die Preissignale, welche als Referenz für die Steuerung dienen, können grundsätzlich sowohl aus den Strommärkten als auch aus dem Stromnetz stammen. Der Strommarkt setzt sich in der Praxis aus verschiedenen Teilmärkten mit je eigenen Preissignalen zusammen.3 Dabei werden Preissignale auf Basis der Gesamtbilanz zwischen Nachfrage und Angebot des erzeugten Stroms auf der einen und der erforderlichen Beschaffung von Systemdienstleistungen4 auf der anderen Seite (z. B. Regelenergie oder Redispatch) generiert. 3 Vgl. https://www.smard.de/page/home/wiki-article/446/384, Zugriff am 10.11.2020 4 Vgl. www.next-kraftwerke.de/wissen/systemdienstleistungen, Zugriff am 10.11.2020. 5 Vgl. www.next-kraftwerke.de/wissen/otc-handel, Zugriff am 10.11.2020. 9
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE ZEIT LIEFERZEITPUNKT STROMBÖRSE Terminhandel Day-Ahead- Day-Ahead- Intraday-Auktion Intraday-Handel EEX Auktion EXAA Auktion EPEX EPEX Spot EPEX Spot Spot bis 24:00 des bis 10:15 des bis 12:00 des bis 15 Uhr des bis 5 Min. vorher letzten Tages des Vortags Vortags Vortags Vormonats 60- und 15-Min.- 60-Min.-Gebote 15-Min.-Gebote 15-Min.-Gebote Gebote OVER-THE- Bilateraler Handel Day-After-Handel COUNTER (OTC) (Nachträglicher Bis 15 Min. vorher (bei regelzonenübergreifend) bilanzieller Bis 0 Min. vorher (bei regelzonenintern) Austausch) bis 16 Uhr Folgetag REGELENERGIE Primärreserve Sekundärreserve Minutenreserve Abbildung 2: Handelfristen an Strommärkten (Quelle: Next Kraftwerke GmbH6 ) Das Stromnetz hingegen generiert Preissignale indirekt ben, den Verbrauch unabhängig von den tatsächlichen auf Basis der Netzbetriebskosten. Beispielsweise kön- Preisen am Strommarkt zu steuern und somit erwartete nen Netzengpässe dazu führen, dass der Strom im Netzengpässe zu vermeiden. Netz umverteilt werden muss, was wiederum höhere Netzentgelte bedingt. Netzentgelte gehen grundsätz- Die Umsetzung des Lademanagements und das lich anhand der Preisblätter als fixe Größe in den Zusammenspiel aller relevanten Akteure ist jedoch im Preis des Ladestroms ein. Mit § 14a EnWG wird es Detail deutlich komplexer. Abbildung 3 bietet eine dem Verteilnetzbetreiber in der Niederspannung mög- schematische Übersicht der wesentlichen Akteure und lich gemacht, reduzierte Netzentgelte für steuerbare Informationsflüsse sowie der an dieser Kurzstudie betei- Verbrauchseinrichtungen zu berechnen. So können beim ligten Projekte des Förderprograms Elektro-Mobil. Da ein Anschluss einer steuerbaren Ladeinfrastruktur reduzierte Projektkonsortium sich meistens aus mehreren der genann- Netzentgelte verhandelt werden, wenn eine netzdien- ten Akteure zusammensetzt, wurden die Projekte anhand liche Ladesteuerung erfolgt. Im Gegensatz zu kontinuier- ihres jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkts in der Grafik lich variierenden Preissignalen vom Strommarkt werden (Doppelnennung möglich) zugeordnet. die Netzentgelte mindestens jährlich oder über die Vertragslaufzeit fixiert. Folglich spiegeln diese nicht die Das Lademanagement wird üblicherweise durch den aktuelle Situation (z. B. Netzengpass) wider, können aber Betreiber der Ladeinfrastruktur (Charge Point Operator, auf Basis von § 14a EnWG dem Netzbetreiber erlau- CPO) umgesetzt und verwaltet. Dieser ist zudem ver- 6 https://www.next-kraftwerke.de/wissen/spotmarkt-epex-spot, Zugriff am 13.11.2020. 10
2 PREISGESTEUERTES LADEN antwortlich für Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur eMSP vereinheitlichen, um der Kundschaft den Zugang (LIS). Die Steuerung des Ladevorgangs kann über zur Ladeinfrastruktur zu erleichtern. das Managementsystem des CPO, das sogenann- te Backend, oder als Teil des lokalen Energie- und Diese zentralen Akteure können die verschiede- Leistungsmanagementsystems (EMS) einer Liegenschaft nen Preissignale für das Lademanagement über erfolgen. Neben dem CPO ist der Anbieter von Stromlieferanten, Aggregatoren und die jeweiligen Mobilitätsdienstleistungen (eMSP) ein wesentlicher Akteur Netzbetreiber erhalten. beim preisgesteuerten Laden. Er nimmt in der Regel die Abrechnung der Ladevorgänge für die Nutzer:innen –A uf der Seite der Netzbetreiber wird in das von Elektrofahrzeugen vor. Die Grenzen zwischen CPO Lademanagement vorrangig der Verteilnetzbetreiber und eMSP verschwimmen in der Praxis zum Teil, des Niederspannungsnetzes eingebunden, zu dem sodass diese unterschiedlichen Rollen auch durch ein die Letztverbraucher eine vertragliche Beziehung und dasselbe Unternehmen wahrgenommen werden haben. Letztverbraucher sind Personen, die Strom zum können. Hinzu kommen Roaming-Anbieter, welche den Eigenverbrauch kaufen und nicht weiterveräußern. Informationsaustausch zwischen mehreren CPO und Auch Elektrofahrzeuge gelten im Energierecht als Letzt- BDL LamA (FhG ISI) BSR-Li-Flx LamA (FhG ISI) STROM- STROM- OEM NUTZER:INNEN ANBIETER MARKT BDL EV LIS CPO eMSP VNB LamA - connect LamA - connect ELBE EMS ROAMING LEGENDE ELBE Interaktion BSR-Li-Flx Projektaktivität EV Elektrofahrzeug eMSP Anbieter von Elektro- EMS Energie- und Leistungs- LIS Ladeinfrastruktur mobilitätsdienstleistungen managementsystem CPO Ladeinfrastrukturbetreiber VNB Verteilnetzbetreiber OEM Erstausrüster Abbildung 3: Zusammenspiel der relevanten Akteure beim preisgesteuerten Laden (Quelle: eigene Darstellung) 11
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE verbraucher. Der Verteilnetzbetreiber verwaltet das an Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Ladeinfrastruktur angebundene Verteilnetz und legt gesteuertes Laden in drei Domänen – Energiesystem, entsprechende Netzentgelte fest. Markt und Netz – wirkt. –D ie Stromlieferanten bieten Energie über verschiedene Beim gesteuerten Laden handelt es sich um eine Märkte oder bilaterale Verträge zu unterschiedlichen Integration der Ladeinfrastruktur in das Energiesystem Preisen an. Daher haben auch diese einen Einfluss auf (Netzintegration). Der Verein CharIN hat vier Eingriffstiefen die Preissignale für das Lademanagement. („Levels“) der Netzintegration definiert. Die Levels unter- scheiden sich in der Funktionsumfänglichkeit und in den – In der Regel besteht eine direkte Kommunikation mit den damit verbundenen technischen Anforderungen. Die in Stromlieferanten nur bei der Abnahme von großvolumi- dieser Studie dargestellten Lösungsansätze bewegen gen Energiemengen. Um auch kleineren Abnehmern sich vornehmlich auf den Levels 1 und 2, dem in erster den Zugang zu variablen Strompreisen zu ermög- Linie einseitigen gesteuerten Laden sowie dem koope- lichen, bündeln Aggregatoren die Anfragen mehrerer rativen Laden, das einen komplexeren beidseitigen Stromabnehmer und -erzeuger und stellen so auch Informationsaustausch zur Ladesteuerung beinhaltet. Das für sie den Zugang zum Strommarkt her. Mittlerweile Level 3 des bidirektionalen Ladens wird allein durch das spezialisieren sich sogenannte Aggregatoren neben Projekt BDL erprobt. Kraftwerksparks auch auf Dienstleistungen in der Elektromobilität.7 – Letztlich kann das Lademanagement eingesetzt wer- den, um durch die Verschiebung von den Lasten der Ladevorgänge oder gar der Rückeinspeisung von Strom aus dem Elektrofahrzeug in das Stromnetz Flexibilitäten für das System der elektrischen Energieversorgung bereit- stellen und so auch Systemdienstleistungen anbieten zu können oder gar den Kraftwerks-Redispatch zu unter- stützen. Hier agieren die Übertragungsnetzbetreiber koordinierend, nutzen dazu aber auch überwiegend Marktplattformen. 7 Zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Next Kraftwerke GmbH, Betreiber eines der größten virtuellen Kraftwerke Europas, und Jedlix BV, einem Aggregator für Elektrofahrzeuge und Betreiber einer Plattform für intelligente Ladekonzepte. 12
2 PREISGESTEUERTES LADEN GRID INTEGRATION LEVELS 2020-06-26-V5.2 – There are many levels of Grid Integration that can generate value. – CCS with ISO/ISO 15118 20 is the key enabler of Grid Integration and is ready for V2G. – This technology is prepared for a wide range of use cases. Level 4 – V2G AGGREGATED Level 3 – V2H (BIDIRECTIONAL) BIDIRECTIONAL Level 2 - V1G/H CHARGING CHARGING COOPERATIVE Level 1 - V1G The EV and the EVSE CHARGING Energy transfers between CONTROLLED fulfil functions that go GRID-COMPLIANT EVs battery and the CHARGING EV and EVSE negotiate beyond the customer’s CHARGING home /customer system. a charging profile own energy system The charging event can based on various drivers (bidirectional energy EV and EVSE are be influenced regarding Energy transfers are (monetary incentives or transfers, aggregators compliant with the local the charging power and motivated by sustainabi- grid constraints) mainly qualification, full balan- requirements, guidelines can be shifted in time lity or economical rea- w/o user interaction cing market services, and regulations. remotely by DSO (with sons (storage and usage (also aggregation); tariff economic interests of the highest priority), CPO, of power, generated EV owner). This level only considers tables etc; mobility need by local PV panels or EV user, EV or home taken into account. charging events from energy management similar). Supports in front of the DESCRIPTION grid to EV. (HEM). Aggregation (local, meter (FTM) use cases Supports behind the The charging power per charging spot) meter (BTM) use cases The EV is capable to Swarm qualification/ is below thresholds, wake up for defined aggregation across requiring controllability / start/stops. larger area (entire state load management by or country) the DSO. Reaction timings are defined. EV/EVSE, HEM consider variable power settings. TECHNICAL REQUIREMENTS • Various local regula- Local regulations EV Local regulations EV Local regulations EV Local regulations EV tions per country and EVSE and EVSE and EVSE and EVSE (e.g. grid codes, IEC61851-1, IEC • PWM signal, • ISO/IEC15118 Ed1 • See level 2 • See level 2 60364 series,…) IEC 61851 • Telematics • ISO/IEC15118-20 EVSE and grid • DIN-SPEC 70121 EVSE and grid EVSE and grid • See level 3 (for DC) EVSE and • OCPP 1.6f • See level 2 • Many requirements grid (Utility, CPO,…) • See level 1 • EEBus still missing • OCPP 1.6 • ToU • Many requirements • Demand-response still missing • Opt-out possibilities GRID CONNECTION GRID INTEGRATION EV – electric vehicle, EVSE – electric vehicle supply equipment, DSO – distributed system operator, CPO – charge point operator Abbildung 4: Grid Integration Levels Version 5.2 (Quelle: CharIN e.V.8) 8 CharIN (o.J.): https://www.charinev.org/fileadmin/Downloads/Papers_and_Regulations/CharIN_Levels_Grid_Integration.pdf, Zugriff am 01.10.2020. 13
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE 2.2 AKTUELLE VORAUSSETZUNGEN FÜR einem Netzanschlusspunkt ausfallen, desto geringer DIE NUTZUNG VON PREISSIGNALEN AUS ist das entsprechende jährliche Leistungsentgelt. Das MARKT UND NETZ Jahresleistungsentgelt ist neben dem Arbeitspreis (in Cent Dr. Alexander Weber (ÖKOTEC) pro Kilowattstunde) einer der beiden Preiskomponenten des Netzentgelts. So kann ein Anschlussnehmer über Für die Nutzung von Preissignalen aus Markt und Netz ein intelligentes Management seiner Last (dem Stromnetz gelten unterschiedliche Voraussetzungen. Preissignale aus entnommene Leistung) besonders die Leistungsspitzen dem Stromnetz unterliegen durch rechtliche Vorgaben verringern und so das Jahresleistungsentgelt reduzieren. bereits einem gewissen Regelrahmen, während die In diesem Rahmen ist die Ladung von Elektrofahrzeugen Nutzung von Preissignalen des Strommarktes bislang nur insbesondere die sogenannte atypische Netznutzung wenig verbreitet und kaum standardisiert ist. besonders relevant (§ 19 Abs.2 Satz 1 StromNEV). Netzkunden mit atypischem Verbrauchsverhalten können Mit Blick auf die Preissignale aus dem Netz ist vorab hiernach ein Sonderentgelt für die Netznutzung beantra- Folgendes zu berücksichtigen: Konditionen für nor- gen. Die Netzbetreiber legen die Hochlastfenster analog male Haushaltsstromanschlüsse bestehen aus einsei- zu den Anforderungen durch die Bundesnetzagentur tigen Preisangeboten, die anhand von sogenannten (BNetzA) fest. Das heißt, wird die Ladung eines oder Standardlastprofilen (SLP) errechnet werden. Deshalb wer- mehrerer Elektrofahrzeuge auf einen Zeitpunkt außerhalb den Kunden mit normalen Haushaltsstromanschlüssen als der Hochlastzeitfenster verlagert, so wird dies über die sogenannte SLP-Kunden9 (Kunde ohne Leistungsmessung) damit verbundene Reduzierung der Maximalleistung bezeichnet. Die Preisgestaltung ist bei normalen im Vergleich zum sonstigen Bezug vom jeweiligen Haushaltsstromanschlüssen nicht individuell verhandelbar. Verteilnetzbetreiber honoriert. Im Rahmen verschiede- Im Gegensatz dazu ist die Preisgestaltung bei Kunden ner Forschungsprojekte wurden Systeme entwickelt, mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100.000 kWh die die Vermarktung von Netzengpässen (sowohl im elektrischer Energie (RLM-Kunden) individuell ver- Übertragungs- als auch im Verteilnetz) unterstützen sollen; handelbar. Voraussetzung hierfür ist eine registrie- bislang ist eine durchgängige Einführung jedoch nicht rende Lastgangmessung (RLM; auch registrierende erfolgt. Für Anschlüsse im Niederspannungsnetz ist mit Leistungsmessung) durch den Energieversorger. Nur hier § 14a EnWG ein Gesetz für steuerbare Verbraucher in ist unter dem aktuellen regulatorischen Rahmen der Kraft, über das diese mit einem geringeren Netzentgelt Einsatz von Preissignalen umsetzbar. belegt werden können. Dort wird explizit auch die Ladung von Elektrofahrzeugen als Anwendungszweck Im Rahmen der Netznutzung bestehen für RLM-Kunden erwähnt. Die entsprechende Durchführungsverordnung aktuell bereits folgende Preisanreize: Zunächst ist die ist derzeit jedoch in Erarbeitung und ihre konkrete Minimierung des Jahresleistungsentgeltes interessant. Ausprägung noch nicht bekannt. Das Jahresleistungsentgelt ist das Produkt aus dem jeweiligen Jahresleistungspreis (in Euro pro Kilowatt) Für die Nutzung von Preissignalen aus dem Strommarkt, und der Jahreshöchstleistung (in Kilowatt der jewei- die sich unmittelbar aus der Erzeugungs- und ligen Entnahme im Abrechnungsjahr). Je geringer Verbrauchssituation ergeben, besteht hingegen kein die jährlichen bzw. monatlichen Leistungsspitzen an standardisierter Rahmen – weder in gesetzgeberischer 9 Bei juristischen Personen wird in dieser Kurzstudie i. d. R. auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. 14
2 PREISGESTEUERTES LADEN noch in privatrechtlicher oder technischer Hinsicht. lem Kommunikationsmodul die Hauptaufgabe zu, für die Grundsätzlich ließen sich zwar zwischen Stromversorger sichere Datenübertragung im intelligenten Messsystem und jeweiligem Stromabnehmer/Ladesäulenbetreiber zu sorgen. Ferner ist auch für Anschlüsse, die von den beliebige Verträge vereinbaren, in der Regel wird Regelungen des § 14a EnWG Gebrauch machen, ein jedoch eine Belieferung zum Fixpreis durchgeführt, iMSys vorgeschrieben und die Nutzung preisvariabler der keine Anreize bietet, den Strombezug so anzu- Tarife grundsätzlich möglich. passen, dass die Ladung von Elektrofahrzeugen an Preisen oder der Verfügbarkeit erneuerbaren Stroms Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für die Diskussion ausgerichtet wird. Es existieren jedoch verschiede- um Nutzungsmöglichkeiten von Preissignalen aus ne Modelle zur Weitergabe von Großhandelspreisen Strommarkt und -netz neben technischen Fragestellungen bzw. von aktuellen Stromerzeugungskosten: Historisch auch organisatorisch-vertragliche Faktoren prägend sind. sind hier etwa das Hochtarif-/Niedertarif-Modell zu nennen, das die Auslastung der Grundlastkraftwerke sicherstellen sollte. Auch aktuell angebotene Tarife10 2.3 SYSTEMATISIERUNG VON USE CASES basieren auf der Übermittlung von Preisinformationen, FÜR PREISGESTEUERTES LADEN nach denen der Strombezug dann abgerechnet wird. Timo Kern (FfE) Noch näher am Strommarkt sind Modelle, bei denen der Stromversorger den Strombezug nach Vorgaben Die Möglichkeiten und Ausprägungen von preisgesteu- des Energiemanagementsystems des Eigentümers der ertem Laden sind vielfältig. Abbildung 5 klassifiziert Ladeeinrichtung optimiert. die Anwendungsfälle (Use Cases) von preisgesteuertem Laden mit direkter und indirekter Preissteuerung. Eine Technisch erfordert eine Belieferung mit flexib- direkte Preissteuerung liegt vor, wenn ein Elektrofahrzeug len, am Strommarkt orientierten Tarifen zudem eine allein basierend auf zeitlich aufgelösten Preissignalen Lastgangmessung. Wie oben formuliert, beschreibt die Ladestrategie anpasst. Die Preissignale können hier- die Lastgangmessung einen Messvorgang durch den bei hochdynamisch im Minutenbereich variieren (z. B. Energieversorger beim Kunden. Dieser Messvorgang am kontinuierlichen Intraday-Markt) oder über einen wird bei Kunden mit registrierender Lastgangmessung längeren Zeitraum von mehreren Stunden einen kons- (RLM) ohnehin seit Jahrzehnten gewährleistet und neuer- tanten Wert aufweisen (z. B. Hochtarif Tagstrom HT/ dings bzw. in naher Zukunft durch sogenannte „Smart Niedertarif Nachtstrom NT). Eine indirekte Preissteuerung Meter“ (intelligente Messsysteme, iMSys) eingeführt für repräsentiert eine Ladestrategie basierend auf einer kleinere Verbraucher zwischen 6 und 100 MWh/a Gesamtoptimierung, in die Preissignale mit eingehen. (vgl. §§ 29, 55 MSBG). Ein intelligentes Messsystem (iMSys) besteht aus dem Zusammenspiel aus digitalen Messeinrichtungen und einem Kommunikationsmodul. In dem nach den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelten intelligenten Messsystem kommt dem Smart-Meter-Gateway als zentra- 10 Vgl. z. B. Next Kraftwerke, „Best of 96“, https://www.next-kraftwerke.de/virtuelles-kraftwerk/stromverbraucher/variabler-stromtarif#best-of-96, Zugriff am 13.11.2020. 15
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE KLASSIFIZIERUNG DER USE CASES Use Case Preisge- Erlösort Kunden- Regelung Regula- Externe Bidirektional? Regula- steuert gruppe torik Akteure torik (gesteuert) (bidirek- tional) Zeitliche Arbitrage durch Aggregator, In front Ja, mit Handel am Strommarkt VNB, of the Rückspeisung > Day Ahead LF, BKV, meter ins Netz > Intraday MSB Tarifoptimiertes Laden LF, Ja, mit > HT/NT Behind MSB, Rückspeisung in > Börsenpreisorientiert the meter VNB den Haushalt > Variable Netzentgelte Spitzenlastkappung mit Ja, mit Flottenmanagement Behind VNB, Rückspeisung the meter MSB in das Unternehmen Eigenverbrauchserhöhung Ja, mit Behind MSB Rückspeisung in the meter den Haushalt Systemdienstleistungen Aggregator, In front Ja, mit VNB, of the Rückspeisung BKV, LF, MSB, meter ins Netz ÜNB ZU HAUSE/SLP-KUNDE GEWERBE/RLM-KUNDE NETZ/MARKT/SYSTEM Abbildung 5: Use Cases zum preisgesteuerten Laden mit bidirektionaler Erweiterung (Quelle: Projekt BDL) Zu den direkt preisgesteuerten Use Cases gehören die Weitere Use Cases nutzen indirekte Preissignale, um Nutzung von zeitlicher Arbitrage am Strommarkt und die Ladestrategie des Elektrofahrzeugs anzupassen. Die das tarifoptimierte Laden. Beim preisgesteuerten Laden Eigenverbrauchserhöhung führt eine Minimierung der nach zeitlicher Arbitrage werden Preisdifferenzen an Strombezugskosten durch, die wesentlich durch die Höhe den Day-Ahead- und den Intraday-Märkten genutzt, der Strombezugskosten und der PV-Einspeisevergütung indem der Zeitraum des Ladevorgangs in Zeiten mit beeinflusst wird. Spitzenlastkappung in Unternehmen günstigen Börsenpreisen verschoben wird. Beim tarif- hat das Ziel, die Netzentgelte zu senken, indem das optimierten Laden werden vom Energieversorger angebo- Laden des Elektrofahrzeugs zu Zeiten einer geringeren tene dynamische Tarife genutzt, um das Elektrofahrzeug Unternehmenslast durchgeführt wird. Letztlich können poten- zu Zeitpunkten mit günstigen Strompreisen zu laden. ziell auch die Preissignale von Systemdienstleistungen, Günstige Preise können durch eine geringe Last (HT/ wie die Bereitstellung von Redispatch oder Regelleistung, NT), hohe Einspeisungen erneuerbarer Energien (börsen- durch gesteuertes Laden genutzt werden. Der Fokus soll preisorientiert) oder geringe Netzauslastung (variable im Weiteren auf die direkt preisgesteuerten Use Cases Netzentgelte) begründet sein. gelegt werden. 16
2 PREISGESTEUERTES LADEN Der Energiemarkt ist über Marktrollen organisiert. Preisgesteuerte Use Cases bieten das Potenzial, aus Wesentliches Element dieser Organisation ist die Nutzer:innen- und Systemsicht einen monetären Mehrwert Marktkommunikation, welche im Rollenmodell des zu generieren. Tarifoptimiertes gesteuertes Laden ist heute Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. grundsätzlich umsetzbar; die dafür notwendigen dyna- (BDEW)11 definiert ist. Teil dieser Marktkommunikation mischen Tarife werden teilweise bereits angeboten. Die sind unter anderem die Rollen Verteilnetzbetreiber Nutzung von zeitlicher Arbitrage am Strommarkt kann (VNB), Lieferant, Bilanzkreisverantwortlicher (BKV), Mess- regulatorisch für gesteuertes Laden heute schon umge- stellenbetreiber (MSB) und Übertragungsnetzbetreiber setzt werden, am einfachsten durch zeitvariable börsen- (ÜNB). In Abbildung 5 sind im Bereich der Akteure die preisorientierte Tarife. Da der Haushaltsstrompreis durch Marktrollen den Use Cases zugeordnet. Die Rolle des Abgaben und Umlagen geprägt ist (ca. 80–85 % des Aggregators ist dabei kein Teil des Rollenmodells. Beim Gesamtpreises)12, schafft der variable Börsenstrompreis tarifoptimierten Laden wird durch den Lieferanten ein redu- hier allerdings nur einen sehr begrenzten Anreiz zur zierter Stromtarif in bestimmten Zeiten angeboten. Dies Veränderung des Ladeverhaltens. ermöglicht es, unterschiedliche Preise für den Strombezug zu zahlen, welche dann durch eine Ladesteuerung ERWEITERUNG DER USE CASES DURCH genutzt werden können, um die Strombezugskosten zu BIDIREKTIONALES LADEN optimieren. Alle in Abbildung 5 aufgezeigten Use Cases lassen sich grundsätzlich durch eine bidirektionale Anwendung Bei der Definition der Use Cases wird zwischen erweitern, um das Stromausgleichspotenzial, welches dem Erlös-Ort und der Kundengruppe unterschieden durch intelligentes Laden bereits erreicht wird, weiter zu (siehe Abbildung 5). Der Erlös-Ort kann zwischen erhöhen. Denn bidirektionale Elektrofahrzeuge können Haushalten, Gewerbe und Stromnetz unterteilt wer- zusätzlich Strom aus der Batterie des Fahrzeugs über eine den. Die Kundengruppen unterscheiden sich nach der geeignete Wallbox zurückspeisen. Beim Use Case zeit- energiewirtschaftlichen Einordnung in SLP-Kunde (Kunde liche Arbitrage wird dabei der Strom zu Zeiten mit teuren mit Standardlastprofil), RLM-Kunde (mit registrierender Börsenpreisen zurück ins Netz gespeist. Auch der Use Leistungsmessung) und dem Markt, d. h. dem Stromsystem. Case tarifoptimiertes Laden ist bidirektional erweiterbar, An den jeweiligen Erlös-Orten kann das Elektrofahrzeug indem zu Zeiten mit hohen Strompreisen die Haushaltslast preisgesteuert geladen werden. Hierzu wird eine steuer- aus dem Elektrofahrzeug gedeckt wird, ohne zurück ins bare Ladestation benötigt, die auf Preissignale reagieren Netz zu speisen. kann und den Ladevorgang dementsprechend steuert. Ferner wird eine Messeinrichtung – z. B. ein intelligentes Bidirektionale Elektrofahrzeuge sind eine neue Messsystem – zur Erfassung der Energiemengen pro Technologie, deren Funktionalität insbesondere bei Abrechnungsintervall eingesetzt. höheren Mengen an Überschussstrom im Netz an Relevanz gewinnen wird und für die noch keine regula- torischen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene existieren.13 11 BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (2019): Rollenmodell für die Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt – Strom und Gas, Berlin. 12 BDEW – Bundesverband der Energie-und Wasserwirtschaft (2020): BDEW-Strompreisbestandteile Januar 2020 – Haushalte und Industrie, Berlin. 13 EASE – European Association for Storage of Energy (2019): Energy Storage: A Key Enabler for the Decarbonisation of the Transport Sector, Brussels. 17
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE Grundsätzlich wird ein bidirektionales Elektrofahrzeug für den Strombezug eines Elektrofahrzeugs dar. Dazu in Deutschland als Letztverbraucher eingestuft, wobei werden die Erlöspotenziale der Nutzer:innengruppe noch nicht definiert ist, ob Elektrofahrzeuge als Speicher „Pendler“ dargestellt. Die Erlöspotenziale der nicht abge- teilweise befreit werden von Abgaben und Umlagen bildeten „Nicht-Pendler“ variieren im Vergleich dazu leicht auf den Strombezug. Für den Use Case tarifoptimiertes bei einem qualitativ ähnlichen Verlauf. Die dargestellten Laden ist neben der noch nicht geklärten grundsätzlichen Erlöse am Day-Ahead-Markt und in der Intraday-Auktion Einordnung des bidirektionalen Elektrofahrzeugs anzu- wurden im Rahmen des BDL-Projekts für einen exemplari- nehmen, dass gegebenenfalls auch die Regelung für schen Fahrzeugtyp (100 kWh Batteriekapazität, 11 kW sogenannte De-minimis-Anlagen (Stromerzeugungsanlage Lade-/Entladeleistung) ermittelt. Erlöspotenziale von von 10 kW bis zu 10 MWh) relevant werden könnte, gesteuertem Laden sind dabei weitgehend unabhängig die für eine Stromerzeugungsanlage von 10 kW (und von zusätzlichen Abgaben, da diese nur das Niveau damit auch eine bidirektionale Wallbox) bis zu 10 MWh des Strompreises anheben, die Preisspannen jedoch von der EEG-Umlage befreit (s. § 61a Nr. 4 EEG) bestehen bleiben. Die Erlösmöglichkeiten von bidirek- werden, sofern die bidirektionale Wallbox eine tionalem Laden sinken bei nur geringfügigen Abgaben Ausspeicherleistung mehr als 10 kW aufweist. und Umlagen bereits deutlich ab. Abgaben in Höhe von 20 Euro/MWh führen beispielsweise bereits zu Um einen Eindruck der Auswirkung von Abgaben und einer Verringerung der Erlöse von über 60 Prozent. Eine Umlagen – wie z. B. Netzentgelten und der EEG-Umlage – Wirtschaftlichkeit für den Use Case zeitliche Arbitrage auf die Erlöspotenziale des Use Cases zeitliche Arbitrage lässt sich potenziell nur erreichen, wenn bidirektionale zu vermitteln, stellt Abbildung 6 die Differenzerlöse Elektrofahrzeuge, die als Stromspeicher agieren, eine von bidirektionalem und gesteuertem Laden gegenüber Befreiung von verschiedenen Abgaben und Umlagen dem ungesteuerten Laden unter verschiedenen Abgaben erlangen. 600 500 Erlöse in €/EV/a 400 300 200 Day-Ahead Bidirektional Day-Ahead Gest. Laden 100 Intraday Auktion Bidirektional 0 Intraday Auktion Gest. Laden 0 20 40 60 80 100 Abgaben auf bezogenen Strom in €/MWh Abbildung 6: Erlöspotenziale des preisgesteuerten Ladens mit bidirektionaler Erweiterung (Quelle: Projekt BDL14) 14 Kern, T., Dossow, P. und von Roon, S. (2020): Integrating Bidirectionally Chargeable Electric Vehicles into the Electricity Markets. Energies, 13, 5812. 18
3 ANWENDUNGSBEISPIELE
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE 3 ANWENDUNGSBEISPIELE Im Rahmen des Förderprogramms Elektro-Mobil des der Netznutzung (Spitzenlast- und Hochlastzeitfenster) Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Kontext der gewerblichen Nutzung einer (sich stetig (BMWi) werden erste Konzepte des preisgesteuer- erweiternden) Flotte von Elektrofahrzeugen im regelmäßi- ten Ladens in unterschiedlichen Anwendungen ent- gen (Schicht-)Dienst. Technisch findet die Stromabnahme wickelt und erprobt. Im Fokus des Programms steht die bei beiden Akteuren auf der Mittelspannungsebene, inkl. Integration der Elektromobilität in das Stromsystem und registrierender Lastgangmessung (RLM), statt. Zudem ist es eine Erprobung dessen in Reallaboren. Einige dieser das Ziel beider Projekte, den Aufbau der Ladeinfrastruktur Anwendungsbeispiele werden nachfolgend vorgestellt. zukunftsweisend auszugestalten, wobei neben Fragen Die Projekte zeigen Möglichkeiten der Preissteuerung der weiteren Ausbauplanung insbesondere das Thema des Lademanagements für Elektrofahrzeuge auf. Sie systemdienliche Integration der Ladung ins Stromnetz identifizieren Herausforderungen und Handlungsbedarfe im Vordergrund steht. Von der Ausgangslage unterschei- beispielsweise in Bezug auf technische Entwicklungen, den sich die Projekte in der Form, dass in Hamburg Normung und Standardisierung oder Regulatorik. Die prä- der Stromanbieter mit Hamburg Energie den zentralen sentierten Anwendungsbeispiele spiegeln den aktuellen Akteur darstellt, während im Berliner Fall aufgrund der Erfahrungsstand wider und werden auch bezüglich einer freien Wahl des Stromanbieters eine dezentrale Lösung weiteren Verwendung oder Weiterentwicklung diskutiert. gewählt wurde. KONZEPT BSR-LI-FLX 3.1 INTEGRIERTE SPOTMARKTOPTI- Zur Optimierung des Strombezugs wird in Berlin im MIERUNG FÜR EINE KOMMUNALE FAHR- Projekt BSR-Li-Flx eine vertragliche Vereinbarung mit dem ZEUGFLOTTE Stromversorger genutzt, welche an jedem Tag mit Bezug Dr. Alexander Weber (ÖKOTEC), auf den darauffolgenden Tag eine Übermittlung eines Serge Runge (Hamburg Energie) Flexibilitätsbandes (d. h. Korridor der Bezugsleistung über die Zeit) durch die Berliner Stadtreinigung an den Sowohl die Berliner als auch die Hamburger Stromversorger vorsieht. Auf dieser Grundlage gene- Stadtreinigung elektrifizieren Teile ihrer Fahrzeugflotte. riert der Stromversorger eine am Strommarkt optimierte Die Ausgangssituationen sind insofern unterschiedlich, Gesamtladekurve, welche er dann an die Stadtreinigung als im Projekt ELBE mit dem städtischen Energieversorger zurückmeldet. Wird die vorgegebene Gesamtladekurve Hamburg Energie (HE) ein Stromversorger direkt in das innerhalb gewisser Grenzen eines Toleranzbands einge- Projekt eingebunden ist, während im Fall der Berliner halten, wird der Kostenvorteil aus der Strombeschaffung Stadtreinigung (BSR) der Stromversorger extern und damit im Nachgang auf Grundlage von veröffentlichten potenziell wechselnd ist. Dabei wurden in den Projekten Börsenpreisen errechnet und zwischen Stadtreinigung ELBE (Hamburg) und BSR-Li-Flx (Berlin) teils ähnliche, teils und Stromversorger aufgeteilt. Grundlage für das an den unterschiedliche Ansätze verfolgt, die im Folgenden dis- Versorger gemeldete Flexibilitätsband sind Nutzungsprofile kutiert werden. der Fahrzeuge, die durch das Fuhrparkmanagement sei- tens der Stadtreinigung erfasst und gepflegt werden. Der ZIELE, AUSGANGSLAGE UND VORGEHEN Datenaustausch erfolgt über eine speziell dafür einge- IN DEN PROJEKTEN richtete webbasierte Programmierschnittstelle (Web-API) Ziel des Projekts BSR-Li-Flx und des hier beschriebenen des Energielieferanten, die direkt und vollautomatisiert Teilprojekts des Verbundprojekts ELBE ist die energie- durch das EMS (EnEffCo®) der BSR angesprochen wird. wirtschaftliche Optimierung des Strombezugs sowie Dabei umfasst die Vereinbarung mit dem Stromversorger 20
3 ANWENDUNGSBEISPIELE lediglich die Verbräuche der Elektrofahrzeuge, sodass Ladestromoptimierung ergeben sich aus den tatsächlichen es nicht auf einen Informationsaustausch hinsichtlich der Ankunftszeiten und vordefinierten Nutzungszeitbereichen (bislang) unflexiblen Restverbräuche der Liegenschaften der Fahrzeuge. ankommt. Die Verfügbarkeiten der Fahrzeuge für die FLEXIBILITÄTSMANAGEMENT BEI DER BSR Wie der Fuhrpark in vollem Umfang genutzt werden kann und im Hintergrund trotzdem Kostenvorteile entstehen. Anforderungen an Netzauslastung Hochaufgelöste Zählerdaten für Spitzenlastmanagement EnEffCo®- Energie- Bedienoberfläche auswertung Anforderungen an Fahrzeugnutzung/Stromdaten BSR-Energiemanagement Automatisierte Anbindung an Datenquellen und Drittysteme OCPP BSR BSR (Flottenmanagement, ERP etc.) Ladeinfrastruktur/ Furhpark BSR BEZUGSOPTIMIERUNG Stromversorger optimiert Kosten des Strombezugs unter Sicherstellung der betrieblichen Anforderungen des Fuhrparks mit EnEffCo® Abbildung 7: Technische Umsetzung im Projekt BSR-Li-Flx (Quelle: Projekt BSR-Li-Flx bzw. WindNODE, das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands) KONZEPT ELBE Im Projekt ELBE in Hamburg tritt der Stromversorger für die Auf-/Ausbauplanung der Ladeinfrastruktur Hamburg Energie individuell an Betreiber von unter Verwendung historischer oder fiktiver Daten zum Flottenstützpunkten wie in diesem Beispiel an die Strommarktgeschehen. Abbildung 8 zeigt die grund- Stadtreinigung heran. Es wird zunächst für jeden Standort legende Wirkkette des entwickelten Konzepts für das ein Einsatzplanungsmodell aufgebaut. Dieses ermög- netzdienliche Laden von Elektrofahrzeugen. licht nicht nur die Optimierung der Ladevorgänge in einer Orientierung auf den Strommarkt und die Berücksichtigung von Netzentgeltfragen, sondern auch die Durchführung von Simulationsexperimenten 21
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE Prognosesoftware Lastgangprognose Ereignissignal übrige Verbrauchs- zur Lastreduktion Netzleitsystemsoftware bereiche an gewissen Verteilnetzbetrieb Netzknoten Optimierungssoftware (OpenADR) Verfügbarkeitsinformationen Betriebszustandsinformationen Leitsystemsoftware Fahrplaninformationen virtueller Kraftwerksbetrieb IEC 60870-5-104 BÜRO- UND Befehl Leistungssollwert VERWALTUNG Mitteilung Leistungsistwert GROSSKÜCHE Backendsoftware für Mitteilung Bereitschaftsstatus KFZ-WERKSTATT Ladeinfrastrukturbetrieb OCPP 1.6/2.0 Befehl Start/Stopp Laden Mitteilung Informationen Ladesitzung Befehl Setzen maximale Ladeleistung Mitteilung Statusinformationen STELLPLÄTZE STELLPLÄTZE STELLPLÄTZE STELLPLÄTZE PRITSCHENWAGEN KEHRMASCHINEN MITARBEITER:INNEN-PKW BESUCHER:INNEN-PKW Abbildung 8: Technische Umsetzung im Projekt ELBE (Quelle: Projekt ELBE) Mithilfe der Netzleitsystemsoftware wird der de Einsatzplanung in Bezug auf die Ladevorgänge Verteilnetzbetrieb überwacht. In Echtzeit werden durch der gewerblich genutzten Elektrofahrzeuge durchgeführt. die Netzleitsystemsoftware entlang der Netzbetriebsmittel Hintergründig setzt der Flexibilitätsvermarkter dazu eine Messwerte erfasst und eine Einschätzung zum Prognosesoftware ein, mit welcher die Teillastgänge, Netzzustand getroffen. Unter Berücksichtigung von z. B. einer Kfz-Werkstatt, von Büros, der Verwaltung flexiblen Lasten – wie hier der Ladeinfrastruktur – oder auch der Großküche auf einer Liegenschaft, kann mit der Netzleitsystemsoftware eine Vermeidung ermittelt werden. Mit der Optimierungssoftware wird von Netznutzungsengpässen gesteuert werden. Bei gewährleistet, dass die auf Ladevorgänge entfallende Bedarf wird dazu mit der Netzleitsystemsoftware Verbrauchsleistung hinsichtlich Netzanschlusskapazität ein Ereignissignal zur Lastreduzierung bei bestimm- und lokaler Verteilungskapazität sowie eines möglichen ten Netzknoten an die Backendsoftware des Spitzenverbrauchswerts auf die übrige Verbrauchsleistung Ladeinfrastrukturbetriebs mittels OpenADR-Protokoll in der Liegenschaft abgestimmt ist. Die Ladevorgänge (siehe Kapitel 3.3) geschickt. Unterdessen wird im und die darauf entfallende Verbrauchsleistung sind Rahmen einer Flexibilitätsvermarktung eine optimieren- Gegenstand der sich wiederholenden Einsatzplanung des 22
3 ANWENDUNGSBEISPIELE Flexibilitätsvermarkters. Aus der Einsatzplanung können Einrichtungsaufwand verbunden und ein Wechsel des sich jeweils zusätzliche Handelsgeschäfte im fortlaufen- Stromlieferanten ist schwierig umsetzbar, sie sind dafür den Stromhandel und entsprechende Anpassungen der aber individuell auf die Liegenschaft angepasst und Ladekurven ergeben. Solange der Flexibilitätsvermarkter können dann als Bestandteil eines Anlagenportfolios die Erfüllbarkeit der Einsatzplanung garantieren kann, bei einem Flexibilitätsvermarkter automatisiert operativ kann der Flexibilitätsvermarkter in Bezug auf eine betrieben werden. Im ELBE-Projekt wird ein Baukasten bestimmte Lieferviertelstunde Strommengen zukaufen und für die Erstellung von Einsatzplanungsmodellen ent- auch wieder abverkaufen. Das Handelsvolumen kann wickelt, in denen die Ladeeinrichtungen gewerblicher sich so aufgrund der sich verändernden Preisgefüge Flottenbetreiber, kommunaler Betriebe und anderen der Stromprodukte und des fortlaufenden Stromhandels Verbraucher/Erzeuger am Standort abgebildet werden auf ein Vielfaches der letztlich bei den Ladevorgängen können. Mithilfe solch eines Modellbaukastens können verbrauchten Strommenge belaufen. Die aus der für eine Mehrzahl interessierter Gewerbetreibender kon- Optimierungssoftware resultierenden Ladekurven wer- krete Einsatzplanungsmodelle ausgestaltet werden. den innerhalb eines virtuellen Kraftwerksbetriebs sei- tens des Flexibilitätsvermarkters durch eine zentrale Im Rahmen des Projekts BSR-Li-Flx konnte eine ver- Leitsystemsoftware überwacht. Nach und nach über- tragliche Gestaltung zwischen der BSR und dem mittelt sie den Leistungssollwert einer jeweiligen Stromanbieter genutzt werden, die als Blaupause für Viertelstunde als Wunschvorgabe für die Ansteuerung zukünftige Anwendungen dienen könnte. Hierbei wird der Ladeeinrichtungen an die Backendsoftware des dem Stromversorger ein Flexibilitätskorridor übermittelt, Ladeinfrastrukturbetreibers und erhält die Leistungsistwerte den dieser zur Erstellung eines am Strommarkt optimierten zurückgemeldet. Typischerweise unterstützt das Ladefahrplans nutzt. Durch die Software EnEffCo® wird Anwendungsprotokoll OCPP (Open Charging Point dieser Fahrplan durch die Ansteuerung der Ladepunkte rea- Protocol) in der Version 1.6 die Kommunikation zwischen lisiert. Interessant ist beim Vergleich der beiden Projekte, einer Ladeeinrichtung und der Backendsoftware des dass zwar die letztliche Optimierungsentscheidung zentral Ladeinfrastrukturbetreibers. durch den Stromversorger und eng am Strommarkt durch- geführt wird, dass aber die vorbereitende Bestimmung PROJEKTERGEBNISSE eines Flexibilitätskorridors bzw. die Einsatzplanung für Im ELBE-Projekt führt der Verteilnetzbetreiber in seiner eine flexible Last im Hamburger Fall zentral durch den Netzleitsystemsoftware ein Verzeichnis über sämtliche Stromversorger, im Berliner Fall aber dezentral durch Ladeeinrichtungen. Im Zuge von Beantragungen zum den Stromkunden ausgeführt wird. Da der Aufwand Anschluss von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität sind in der Hamburger Variante je zusätzlichem Fahrzeug ihm die einzelnen Ladekapazitäten bekannt und er kann höher ist als im Berliner Fall, könnte sich die dezentra- sie im Vorhinein den Netzknoten zuordnen. Wird seitens le Aggregation von Nutzungsanforderungen aufgrund des Verteilnetzbetreibers ein Netznutzungsengpass pro- der höheren Flexibilität und Skalierbarkeit als vorteil- gnostiziert, so kann er grundsätzlich mit diesem Wissen hafter erweisen. Ferner ist im Hamburger Fall eine an den betroffenen Netzknoten versuchen, vonseiten Modellierung des Restverbrauchs erforderlich, die eben- der Ladeinfrastrukturbetreiber eine Lastreduzierung zu so mit Aufwand einhergeht, aber keine signifikante wirt- erreichen. In diesem Teilprojekt des Verbundprojekts schaftliche Verbesserung des Strombezugs im Vergleich ELBE wird dies auf verschiedenen Liegenschaften zur Ausgangssituation (Festpreisvertrag) ermöglicht. Dies der Stadtreinigung Hamburg erprobt. Die erstellten ist im Projektverlauf weiter zu prüfen. Einsatzplanungsmodelle sind zu Beginn mit hohem 23
GESTEUERTES LADEN VON ELEKTROFAHRZEUGEN ÜBER PREISANREIZE Durch das ELBE-Projekt konnte gezeigt werden, Ladens dargestellt werden, hier nicht von Relevanz sind: dass es im Rahmen einer Flexibilitätsvermarktung für Zunächst sind die tatsächlich zu bestimmten Zeitpunkten Flottenstützpunkte möglich ist, auf Jahressicht erhöhte zeitgleich verfügbaren Ladeleistungen sowohl von den Spitzenverbrauchswerte und damit einhergehende höhe- Nutzungsanforderungen als auch von der tatsächlichen re Leistungsentgelte zu vermeiden. Es ließen sich sogar Maximallast abhängig. Außerdem kann davon ausgegan- bei dem integrierten Ansatz die Netzkosten dadurch gen werden, dass eine integrierte Optimierung mit dem reduzieren, dass dynamische Netzentgelte gemäß § 14a Strommarkt wie hier eine systemisch unerwünschte Ballung des EnWG bei der Vermarktung des Anlagenportfolios der Nachfrage über das Preissignal verhindern würde. im Ausschnitt des jeweiligen Standorts berücksichtigt Darüber hinaus stehen den betroffenen Netzbetreibern werden können. bewährte Instrumente zur Verfügung, die Auslastung ihrer Netzinfrastruktur durch Gleichzeitigkeit kurzfristig zu regeln. Bei der Berliner Stadtreinigung konnten im Projekt BSR-Li-Flx bereits in einem ersten Optimierungsschritt Einsparungen von 16 Prozent je MWh auf die Strombeschaffungskosten 3.2 DEZENTRALE STEUERUNG DER realisiert werden. Zudem ist die Nutzung des beschriebe- LADEINFRASTRUKTUR DURCH DEN nen Vertragsmodells mit dem Stromversorger als besonde- VERTEILNETZBETREIBER ANHAND VON re Innovation zu werten – insbesondere, da es gut auf PREISSIGNALEN andere Nutzer und Stromversorger (die selber aktiv an Tina Zierul (ChargePoint) der Strombörse tätig sind) übertragbar ist. Ein netzentgelt- minderndes Spitzenlastmanagement findet ebenfalls statt. ZIEL DES PROJEKTS Ziel dieses Teilprojekts innerhalb des Verbundprojekts FAZIT UND AUSBLICK ELBE ist es, die Steuerung der Ladeinfrastruktur in der Beiden Ansätzen ist gemein, dass eine Optimierung mit Form zu ermöglichen, dass der Aufbau der geplan- Blick auf Netzentgelte und den Strommarkt erfolgreich ten über 7.000 Ladepunkte ohne einen Ausbau des umgesetzt werden konnte. Mit Blick auf die Optimierung Verteilnetzes bewältigt werden kann. Hierzu wird ein am Strommarkt haben sich erfreulicherweise keine grund- Prototyp für die Steuerungslogik und die Kommunikation sätzlichen Probleme gezeigt, d. h. die Optimierung der entwickelt und im Feld getestet. Ladevorgänge über statische Preissignale ließen sich technisch umsetzen. Im Ergebnis scheint sich jedoch (bei KONZEPT vergleichbaren Erlösen) das stärker integrierte Setting in Die Steuerung von Verbrauchern und dezentralen Hamburg als aufwendiger zu erweisen als das Berliner Erzeugern wird in Europa, Kalifornien und Japan durch Setting. Das Berliner Setting dürfte auch in Bezug auf die sogenannte Demand Response (DR)-Programme der Strombeschaffung, bei der ein Wettbewerb zwischen Energieversorger geplant. DR-Programme ermöglichen verschiedenen Anbietern häufig wünschenswert ist, die eine rechtzeitige Anpassung der Verbrauchernachfrage praktikablere Lösung sein. Das integrierte Setting in an die Stromversorgungsbedingungen, was dazu Hamburg würde voraussichtlich seine Stärken erst bei der beiträgt, Unterbrechungen und Schwankungen der Aggregation größerer Flotten entfalten können. Stromerzeugung auszugleichen. Diese Programme nut- zen im Regelfall die Open-Source-Schnittstelle OpenADR Aus dem beschriebenen Vorgehen im Projekt BSR-Li- 2.0b, die nun auch im Hamburger ELBE-Projekt umge- Flx wird zudem deutlich, dass „Lawineneffekte“ wie setzt wird. sie gelegentlich als nachteiliges Szenario gesteuerten 24
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