GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ

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                    Gesundheitswesen
                    Schweiz – Fokus auf die
                    Kernkompetenzen
                    Wie sich mit Outsourcing Hunderte
                    Millionen Franken einsparen lassen

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GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
Das Wichtigste auf einen Blick

                      1. 5 % bis 10 % Einsparungen bei den Supportkosten möglich
                            Je nach Bereitschaft für alternative Sourcinglösungen und regulatorischen
                            Restriktionen schätzen wir das Einsparpotenzial bei den Supportkosten auf
                            rund CHF 400 Mio. bis CHF 800 Mio. pro Jahr. Sollte sich die Abneigung
                            gegen Outsourcing im Gesundheitswesen legen, liessen sich jährlich sogar
                            rund CHF 650 Mio. bis CHF 1,3 Mia. sparen.

                      2. Vorab das Betriebsmodell optimieren
                            Standardisierung, Dokumentation und teils Automatisierung von Prozessen
                            bilden eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung neuer Lösungen –
                            unabhängig davon, ob Leistungen selber oder durch Dritte erbracht werden.

                      3. Umbruch und finanzieller Druck als Chancen nutzen
                            Neue Berufsbilder, neue Technologien oder Neu- und Umbauprojekte bieten
                            grosse Chancen für innovative Betriebsmodelle und optimierte Prozesse. Der
                            zunehmende Wettbewerb spricht zusätzlich dafür, die hauseigenen
                            Strukturen zu überdenken.

                      4. Keine Patentlösung für das Gesundheitswesen
                            Unterschiedliche Sourcingmodelle eröffnen unterschiedliche Wege. Was für
                            den einen funktioniert, kann andernorts misslingen. Darum braucht es
                            individuelle Lösungen für individuelle Ansprüche.

                      5. Reinigung und IT auslagern im Trend
                            Das Auslagern von Reinigung und IT wird bereits geprüft und umgesetzt.
                            Weitere Bereiche kommen zunehmend auf das Radar der
                            Gesundheitsversorger.

                      6. Entscheidungen im Spannungsfeld von Politik und
                         Sozialpartnerschaft
                            Bei Sourcingentscheidungen entsteht ein Spannungsfeld zwischen
                            unternehmerischer Verantwortung, politischen Rahmenbedingungen
                            und Sozialpartnerschaft.

                      7. Mehr als nur Personalkosten sparen
                            Mit alternativen Sourcingmodellen werden neben den direkten Personalkosten
                            auch weitere Kosten eingespart. Oft können für Material und Overhead 50 %
                            oder mehr zusätzliche Kosten eingespart werden.

2   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
Inhalt
Das Wichtigste auf einen Blick                                                   2

Inhalt                                                                           3

Vorwort                                                                          4

1. Einleitung                                                                    5

2. Kernfragen einer Sourcingstrategie                                            6

3. Ausgangslage                                                                  8

4. Betriebsmodell und Leistungsdefinition                                      12

5. Evaluation von Sourcingmodellen                                             14

6. Einsparpotenzial von Outsourcing                                            20

7. Fallbeispiele Reinigung und IT                                              22

8. Zusammenfassung und Fazit                                                   28

9. Anhang                                                                      29

10. Gerne für Sie da                                                           31

                           Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   3
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
Vorwort
    Liebe Leserin, lieber Leser                                   Für aussagekräftige Antworten haben wir eine Online­
                                                                  befragung von 268 Führungspersonen von Schweizer
    Die Leistungserbringer des Schweizer Gesundheitswesens        Leistungserbringern durchgeführt und 83 Antworten
    haben den Auftrag, medizinische und pflegerische Leis­        erhalten. Zusätzlich haben wir mit rund 30 ausgewählten
    tungen in der bestmöglichen Qualität zu erbringen. Damit      Fachexperten aus Akutsomatik, Psychiatrie, Rehabilitation,
    das Gesundheitswesen effizient und bezahlbar bleibt, sollen   Alters- und Pflegeheimen sowie mit Outsourcingdienst­
    sie dies zum bestmöglichen Preis-Leistungs-Verhältnis tun.    leistern persönliche Gespräche geführt. Die Umfrage ist
    Grundpfeiler für den Erfolg jedes Gesundheitsversorgers ist   nicht repräsentativ. Dennoch gestattet sie Ihnen einen
    das Vertrauen der Patienten. Das erfordert einen klaren       umfassenden Einblick in die Potenziale und Tücken einer
    Fokus auf das Kerngeschäft, also auf die Kernkompetenzen.     Sourcingstrategie.

    Mit der vorliegenden Studie möchten wir aufzeigen, wie Sie    Unser besonderes Augenmerk gilt in dieser Publikation den
    als Leistungserbringer dieses Kerngeschäft noch stärker in    nicht-medizinischen Supportleistungen. Über Sourcing­
    den Mittelpunkt rücken. Dabei konzentrieren wir uns auf       strategien in den medizinischen Support- oder Querschnitts­
    die folgenden Fragen:                                         funktionen wie Pathologie, Labor oder Radiologie liesse
                                                                  sich eine weitere Publikation mit ähnlichem Umfang
    •    Sind die Betriebsmodelle heute so ausgestaltet, dass     verfassen.
         eine Konzentration auf das Kerngeschäft gewährleistet
         ist?                                                     An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei allen, die zu
                                                                  dieser Studie beigetragen haben, sei es mit der Teilnahme
    •    Mit welchen alternativen Sourcingmodellen lässt sich
                                                                  an der Umfrage oder als Gesprächspartner. Dank dieser
         dieser Fokus schärfen?
                                                                  geschätzten Unterstützung können wir unseren Blick auf
    •    Wie offen sind die Schweizer Leistungserbringer          das Schweizer Gesundheitswesen immer wieder neu
         gegenüber alternativen Sourcingmodellen und              schärfen und wertvolle Grundlagen für Ihre Meinungs­
         spezialisierten Serviceanbietern?                        bildung und Entscheidungsfindung schaffen.
    •    Welches Einsparpotenzial im Supportbereich eröffnen
         diese Modelle?                                           Falls Sie Fragen haben oder ausgewählte Aspekte mit uns
                                                                  besprechen möchten, sind wir gerne für Sie da. Wir
                                                                  wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

    Philip Sommer                                                 Patrick Schwendener
    Leiter Beratung Gesundheitswesen                              Leiter Deals Gesundheitswesen

    Brigitte Bieri                                                Paul Sailer
    Deals Gesundheitswesen                                        Beratung Gesundheitswesen

4   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
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1. Einleitung
Fokus auf die Kernkompetenzen                                          Damit alternative Sourcingstrategien greifen, muss ein
                                                                       Unternehmen sein Betriebsmodell und seine Prozesse
Erfolgreich sind erfahrungsgemäss jene Unternehmen, die                kennen und Optimierungsüberlegungen dazu anstellen.
sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Diese dienen              Nur so kann es die Diskussion über verschiedene Formen
der Differenzierung gegenüber den Konkurrenten und                     der Leistungserbringung wie Outsourcing, Co-Sourcing
schaffen Wettbewerbsvorteile. Dazu gehört, dass ein                    oder interne Leistungserbringung führen. Zu einem
Unternehmen sein Betriebsmodell immer wieder hinter­                   vollständigen Bild gehören weitere Kriterien wie Wirtschaft­
fragt: Wie erbringe ich meine Leistungen möglichst effektiv            lichkeit, Qualität, Aussenwirkung und andere. Doch die
und effizient? Kernkompetenzen sind die Grundlage für die              Basis einer strukturierten Sourcingstrategie bildet ein klar
Entstehung des Patientennutzens.1 Spitäler müssen also                 definiertes Betriebsmodell.
überlegen, wie sie ihre Kräfte im Kerngeschäft bestmöglich
bündeln.
                                                                       «Ich plädiere für einen selektiven
Outsourcing – ein kontroverser Begriff                                 Sourcingansatz, der sich immer
Der Begriff Outsourcing ist häufig negativ aufgeladen. Er              nach der Unternehmensstrategie
wird nicht selten mit Kostenreduktion, Stellenabbau,
Kompetenz- und Kontrollverlust gleichgestellt. Dies kommt              zu richten hat.»
teilweise daher, weil Outsourcing in der Vergangenheit                 Markus Lüdi, Co-Direktor Unterstützungs­
häufig erst bei der Restrukturierung erfolgte. Die                     funktionen Insel Gruppe AG
Auslagerung von Leistungen wurde als letzte Möglichkeit
der kurzfristigen Kostenreduktion gesehen. Bei
Outsourcing handelt es sich grundsätzlich um eine                      Bei der Nutzung von alternativen Sourcingstrategien
Verkürzung der Wertschöpfungskette                                     besteht das Hauptziel darin, seine Kräfte zu bündeln und
oder Leistungstiefe des Unternehmens und damit um die                  Leistungen ausserhalb der eigenen Kernkompetenzen von
Konzentration auf die Kernprozesse und -kompetenzen.                   spezialisierten Serviceanbietern zu beziehen. So kann das
                                                                       Unternehmen im besten Fall sowohl die Qualität der
                                                                       Kern- und Supportprozesse steigern als auch die Kosten
Wirtschaftlichkeit – nur ein Grund für
                                                                       senken.
alternative Sourcingmodelle

Natürlich spielt wie bei jeder unternehmerischen
Entscheidung die Wirtschaftlichkeit eine Schlüsselrolle.
Wichtig erscheint uns aber der Gesamtkontext. Es geht
nicht um reine Kosteneinsparungen, sondern um eine
Konzentration innerhalb der gesamten Wertschöpfungs­
kette, also auch um Qualitätssteigerung. Ein weiterer
Grund für alternative Sourcingstrategien ist die Erhöhung
der Flexibilität in der Leistungserbringung, zum Beispiel
durch eine flexible Abdeckung von Belastungsspitzen und
geringere Investitionskosten.

1
    In Anlehnung an Prahalad, C.K. und Hamel, G. (1990): The Core
    Competence of the Corporation, Harvard Business Review, S. 79–91

                                                                                  Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   5
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2. Kernfragen einer Sourcingstrategie
    Mit der vorliegenden Publikation erhalten Sie einen
    Leitfaden zu einem optimierten Betriebsmodell für nicht-
    medizinische Supportleistungen und zur Sourcingstrategie
    mit auf den Weg. Wir zeigen Ihnen Chancen, Risiken,
    Herausforderungen und Lösungsansätze auf. Für das
    Erarbeiten einer passenden Sourcingstrategie orientieren
    wir uns inhaltlich an drei Kernfragen.

    Abbildung 1: Die Kernfragen beim Erarbeiten einer Sourcingstrategie

                                        «Welche Support-              «Wie werden die                  «Wer soll die
                                        leistungen erbringen          Supportleistungen                Supportleistungen
                                        wir heute?»                   künftig erbracht?»               erbringen?»
                                          Supportprozesse                   Betriebsmodell                  Lösungen

                                        Medizinisch:                  Pflichtenheft                                  Kriterien
                                        - Apotheke                    - Was?
                                        - Labor                       - Wie?
                                        - Soziale Dienste             - Wann?                         Interne
                                        - Forschung und Lehre         - Welchen Nutzen?             Leistungs-       Qualität
                                        - Patientendisposition                                      erbringung

                                        Nicht-medizinisch:
                                        - Finanzen                                                                  Steuerung
                                        - HR
                                        - Legal                                                        Co-
                                        - IT-Services                                                Sourcing
                                        - Facility Management                                                     Verantwortung
                                          (Reinigung, Logistik,
                                          Instandhaltung etc.)                                                                    Umsetzung
                                        - Hotellerie
                                                                                                    Outsourcing       Kosten

                                        Kapitel 3: Ausgangslage           Kapitel 4:                   Kapitel 5: Evaluation
                                                                          Betriebsmodell               von Sourcingmodellen
                                                                          und Leistungsdefinition

    Kapitel 3 präsentiert die Ausgangslage. Hier erläutern wir                 In Kapitel 5 beschreiben wir die alternativen Sourcing­
    jene Supportleistungen, die im Rahmen von Sourcing-                        modelle. Wir legen deren Nutzen, Einsparpotenzial sowie
    strategien infrage kommen. Wir widmen uns der aktuellen                    Chancen und Risiken dar.
    Situation bei Schweizer Spitälern und anderen Leistungs­
    erbringern. Zudem zeigen wir auf, in welchen Bereichen                     In Kapitel 6 zeigen wir anhand von zwei Fallbeispielen
    die Umfrageteilnehmer Optimierungspotenzial vermuten.                      aus der Gebäudereinigung und IT auf, wie sich Outsourcing
                                                                               konkret realisieren lässt. Zudem diskutieren wir in einem
    In Kapitel 4 gehen wir auf Überlegungen zum Betriebs­                      Exkurs die Rolle von Politik und Sozialpartnern.
    modell ein. Dazu gehören die Voraussetzungen seitens der
    Leistungserbringer, die für eine fundierte Sourcingstrategie               In Kapitel 7 fassen wir unsere Erkenntnisse zusammen
    gegeben sein sollten.                                                      und ziehen ein Fazit.

6   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
So verwenden wir die Begriffe

Die Begriffsdefinitionen zum Thema Outsourcing werden
in der Theorie und Praxis nicht immer klar getrennt. Wir
verwenden in dieser Studie die folgenden
Begriffsdefinitionen.

Sourcing                       Überbegriff für die strategischen Möglichkeiten des internen und externen Leistungsbezugs bzw. der
                               Leistungserbringung.

Interne                        Supportleistungen werden gebündelt und optimiert intern erbracht und intern verrechnet.
Leistungserbringung
                               Auch möglich als Tochtergesellschaft durch Auslagerung einer bisher intern erbrachten Leistung in eine
                               eigene Rechtspersönlichkeit im teilweisen oder vollständigen Eigentum des Leistungserbringers.

Co-Sourcing                    Institutionsübergreifende, partnerschaftliche Auslagerung von Leistungen in ein gemeinsames
                               Profit- oder Cost-Center. Dies kann z. B. in Form einer Tochtergesellschaft oder eines Joint Ventures
                               erfolgen.

                               Im Rahmen einer Co-Sourcingstrategie ist auch eine Leistungserbringung für Dritte möglich.

Outsourcing                    Bezug von Fremdleistung, d. h. Auslagerung von Unternehmensaufgaben an externe (spezialisierte)
                               Dienstleister. Die vertragliche Organisation erfolgt oft über sogenannte Service Level Agreements
                               (SLA), die Dauer, Frequenz und Qualität eines wiederkehrenden Dienstleistungskatalogs festlegen.

Kernprozess                    Tätigkeit, durch die sich ein Unternehmen von anderen differenziert und den grössten Teil der
                               Einnahmen generiert.

Supportprozess                 Unterstützungsleistungen zur effizienten Erbringung des Kernprozesses, zum Beispiel die
                               Administration in einem Spital. Der Supportprozess beeinflusst den Kundennutzen lediglich indirekt.

                                                                               Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   7
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
3. Ausgangslage

    3.1 Veränderungen nutzen                                                   Bauprojekte als Anstoss

    Trends führen zu höheren Anforderungen an Effizienz                        Die Schweizer Spitallandschaft gleicht ganz wörtlich einer
                                                                               grossen Baustelle: Investitionen im zweistelligen
    und Qualität von Supportprozessen
                                                                               Milliardenbereich sind in Planung oder bereits umgesetzt,
    Das Schweizer Gesundheitswesen wandelt sich schon seit                     um die in die Jahre gekommene Spitalinfrastruktur zu
    geraumer Zeit. Trends wie ambulant vor stationär, die                      ersetzen oder zu erneuern.3 Die Neu- und Umbauprojekte
    Veränderung der Tarifstrukturen (Tarifeingriff bei den                     stellen die Leistungserbringer im Schweizer Gesundheits­
    ambulanten Leistungen, einheitliche Finanzierung u. a.)                    wesen vor namhafte Herausforderungen. Damit sie richtig
    oder die steigenden Patientenansprüche und -bedürfnisse                    bauen und später wirtschaftlich produzieren können,
    erhöhen die Anforderungen an die Kern- und Support­                        sollten sie eine an den Kernkompetenzen ausgerichtete
    prozesse. Dabei professionalisieren sich die Support­                      langfristige Strategie entwickeln. Bauprojekte stellen daher
    leistungen: Hier werden zusätzliche strategische Kompeten­                 einen idealen Moment dar, mit althergebrachten Betriebs­
    zen geschaffen (z. B. strategisches HR, Digitalisierungs­                  modellen abzuschliessen.
    strategie). Gleichzeitig werden die operativen Support­
    funktionen effizienter gestaltet, etwa durch das Bündeln
    interner Supportleistungen, die Steigerung der Qualität,
    die Verkürzung der Durchlaufzeit oder deren kosten­
                                                                               «Im Moment der Veränderung
    günstigere Erbringung.                                                     innerhalb der Organisation
    Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte                          muss Outsourcing in den
    Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2011 führt das
    damals geringe Interesse der Leistungserbringer an
                                                                               entsprechenden Bereichen
    Outsourcingstrategien für Supportprozesse darauf zurück,                   geprüft werden. Hier ergeben sich
    dass der finanzielle Druck auf die Spitalfinanzierung
    damals noch weniger spürbar war.2 Parallel zum anhal­                      Möglichkeiten, die Erbringung
    tenden Preis- und Margendruck ist die Wichtigkeit der
    Optimierung von nicht-medizinischen Supportleistungen
                                                                               von Supportleistungen zu
    über die letzten Jahre deutlich gestiegen.                                 optimieren.»
                                                                               Ursula Schaufelberger, Direktorin Personal und
    «Im Rahmen des Baus der neuen                                              Betriebe Psychiatriezentrum Münsingen AG (PZM)

    Gebäudeeinheiten müssen die
                                                                               Neben baulichen Aktivitäten können auch Verselbständi­
    Prozesse sowieso geplant und                                               gungen, Zusammenschlüsse oder andere organisatorische
    definiert werden, unabhängig                                               Veränderungen Anlass bieten, das aktuelle Betriebsmodell
                                                                               zu hinterfragen. In den meisten Fällen wird in solchen
    davon, ob diese intern oder extern                                         Situationen grundlegend diskutiert, ob das Betriebsmodell
                                                                               erfolgreich und wirtschaftlich ist.
    erbracht werden.»
    Dr. Peter Eichenberger, Direktor St. Claraspital AG

    2
        Hofer, S. und Rohrer, M. (2011): Outsourcing of Facility Services in
        Swiss Hospitals
    3
        Vgl. PwC (2016): Spitalbauten und ihre Zukunft

8   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
3.2 Nicht-medizinische Supportleistungen
im Überblick

Die Supportprozesse im Gesundheitswesen lassen sich in
medizinische und nicht-medizinische Dienstleistungen
unterteilen.4 In Anlehnung an die Gliederung gemäss dem
Leistungskatalog für nicht-medizinische Supportleistungen
in Spitälern (LekaS) konzentrieren wir uns auf die nicht-
medizinischen Supportprozesse:

Abbildung 2: Unser Schwerpunkt in dieser Studie liegt bei den nicht-medizinischen Supportprozessen

                         Vorbetreuung         Aufnahme             Diagnostik        Operation/        Behandlung           Austritt         Nachbetreuung
                                                                                    Intervention
    Kernprozesse

                                                 Facility
                                               Management                                                       Sterilgut-
                                             (Gebäudeverwaltung       Empfang und      Gebäudereinigung      versorgung und
                            IT-Services                                                                     OP-Management/             Wäscherei
                                               inkl. technischer        Telefonie       und Raumpflege
                                                 Support am                                                      -Logistik
                                                   Gebäude)

                                                                                                      Patienten-         Wäsche- und
                                      HR Services            Finanzen           Codierung             transport          Mahlzeitenver-         Gastronomie
                                                                                                     (intern und        teilung (interne
                                                                                                        extern)              Logistik)
    Nicht-medizinische
    Supportprozesse

                                                                                    Abbildung 3: Das Thema Outsourcing ist kurz- und mittelfristig aktuell
3.3 Outsourcing ist vorwiegend ein
strategisches Aktualitätsthema                                                                     Ist das Thema Outsourcing
                                                                                                    ein strategisches Thema?
Insgesamt sind sich die Fachexperten einig, dass durch eine
bessere Planung und Organisation der Supportleistungen
effizientere Lösungen für die Leistungserbringer möglich
wären. Für rund 60 % der befragten Leistungserbringer ist                                   37.5 %                     8.8 %                       12.5 %
Outsourcing auch ein aktuelles Thema oder wird es in den
nächsten drei Jahren werden.
                                                                                       Ist ein aktuelles           In den nächsten              In den nächsten
Interessanterweise sehen viele Leistungserbringer in ihren                                  Thema                                                1 bis 3 Jahren
                                                                                                                     12 Monaten
internen Prozessen klare Optimierungsmöglichkeiten.                                                                   ein Thema                    ein Thema
Deshalb ziehen sie die vorgelagerte, interne Optimierung
einem Outsourcing oft vor – auch, um eine grundlegende
Anpassung der Prozesse mit externen Schnittstellen zu
vermeiden. Allerdings scheint die Prüfung einer Auslagerung
                                                                                                           20.0 %                      21.2 %
von Supportprozessen meist interne Optimierungsprojekte
auszulösen. Das heisst, das Potenzial von Outsourcing kann
als Argument dienen, die interne Leistungserbringung zu
optimieren.                                                                                            Längerfristig           Outsourcing ist bei
                                                                                                        ein Thema              uns nicht relevant

4
    Gerber, N. (2014): Leistungszuordnungsmodell für nicht-medizinische
    Supportleistungen in Spitälern (LemoS), ZHAW

                                                                                                   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen       9
GESUNDHEITSWESEN SCHWEIZ - FOKUS AUF DIE KERNKOMPETENZEN - WIE SICH MIT OUTSOURCING HUNDERTE MILLIONEN FRANKEN EINSPAREN LASSEN - BEI PWC SCHWEIZ
3.4 Der Status quo von Outsourcing                                 Abbildung 4: Leistungen, die derzeit extern bezogen werden

                                                                                            Bereits ausgelagert
     Wäscherei ist vielerorts ausgelagert
                                                                                             Wäscherei                                        29.9 %
     Über 30 % der Umfrageteilnehmer geben an, heute bereits
     die Wäscherei ausgelagert zu haben. Das ist nachvoll­                        IT-Services (Support,
                                                                                      Betrieb, Wartung)                              21.9 %
     ziehbar, da es sich bei der Dienstleistung der Wäscherei um
     einen klar abgrenzbaren, standardisierten Prozess handelt,                      Gebäudereinigung
                                                                                      und Raumpflege
                                                                                                                      11.7 %
     der keine direkte Interaktion mit dem medizinischen
                                                                                     Patiententransport
     Kernprozess erfordert.                                                          (intern und extern)             10.2 %

     Grosses Potenzial bei Facility Management,                                                 Andere         5.8 %
     Gebäudereinigung und IT                                                   Facility Mgmt (Gebäude-
                                                                            verwaltung inkl. technischer      5.1 %
                                                                                 Support am Gebäude)
     Im Gegenzug dazu erkennen die Umfrageteilnehmer ein
     beträchtliches Potenzial für die Bereiche Facility Manage­                              Codierung        4.4 %
     ment (Gebäudeverwaltung inklusive technischer Support                       Finanzen (Rechnungs-
                                                                                    wesen, Controlling)      3.6 %
     am Gebäude), Gebäudereinigung und Raumpflege sowie IT.
     In diesen Disziplinen erachten sie ein Outsourcing als                             HR-Services
                                                                               (Lohnbuchhaltung, etc.)
                                                                                                             3.6 %
     realistisch und sinnvoll, sei es als Voll- oder Teilauslagerung.
     Eine detailliertere Betrachtung dieses Potenzials erfolgt in               Empfang und Telefonie      1.5 %
     Kapitel 7. An dieser Stelle so viel: Diese Bereiche liessen                          Wäsche- und
     sich signifikant optimieren, die Betriebsmodelle sind                         Mahlzeitenverteilung    1.5 %
     jedoch häufig nicht ausreichend strukturiert.                                    (interne Logistik)
                                                                                           Gastronomie     0.7 %
     Facility Management: integrierte statt spezialisierte
     Anbieter                                                           Abbildung 5: Supportleistungen, die in Zukunft verstärkt ausgelagert
                                                                        werden
     Das Facility Management weist einen klar definierbaren
     Umfang auf, hat mit dem Patienten wenig zu tun und                                  In Zukunft verstärkt
     braucht nur wenig Flexibilität. Damit ist es für ein                              ausgelagerte Leistungen
     Outsourcing prädestiniert. 15 % aller Umfrageteilnehmer            Facility Management (Gebäude-
     sehen darin ein ungenutztes Outsourcingpotenzial. Für die             verwaltung inkl. technischer                                  15.1 %
     Instandhaltung und kleine Reparaturarbeiten, die Pflege                      Support am Gebäude)
     des Spitalareals sowie Schliess- und Sicherheitsdienste sind                IT-Services (Support,                                   15.1 %
     heute im Unterschied zu anderen nicht-medizinischen                             Betrieb, Wartung)
     Supportleistungen vor allem integrierte Anbieter tätig. Diese                  Gebäudereinigung
                                                                                                                                         14.5 %
     stellen eine hohe Leistungsqualität und -sicherheit bei                         und Raumpflege
     gleichzeitig geringem Managementaufwand sicher und                                     Wäscherei                                12.2 %
     profitieren von Erfahrungen aus anderen Industriebereichen.
                                                                                         Wäsche- und
     Zudem kann meist nur ein solcher integrierter Anbieter die                   Mahlzeitenverteilung                         9.9 %
     nötige Abdeckung rund um die Uhr bei gleichzeitiger                             (interne Logistik)
     Kostenreduktion gewährleisten.                                                Patiententransport
                                                                                   (intern und extern)                       8.7 %

                                                                                            Codierung                5.8 %
                                                                                          Gastronomie                5.2 %
                                                                                       HR-Services
                                                                              (Lohnbuchhaltung, etc.)                5.2 %
                                                                               Empfang und Telefonie               4.1 %
                                                                                Finanzen (Rechnungs-
                                                                                   wesen, Controlling)        2.9 %
                                                                                               Andere      1.2 %

10   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
Exkurs Psychiatrie und Rehabilitation

In Psychiatrien und Rehabilitationseinrichtungen liegen         In der Psychiatrie können gewisse Argumente auch gegen
die durchschnittlichen Verweildauern deutlich über jenen        alternative Sourcingmodelle sprechen. Manche Einrich­
der Akutsomatik. Zudem gilt der Patientenkontakt – auch         tungen bieten in Bereichen wie der Wäscherei oder der
jener des nicht-medizinischen Personals – als Teil der          Arealpflege geschützte Arbeitsplätze an. Ein Outsourcing
Leistungserbringung und als Erfolgsfaktor für die               könnte einen negativen Einfluss auf die Patienten­
Genesung, stärker noch als in der Akutsomatik. Während          behandlung haben, wenn der betroffene Supportbereich
des Aufenthalts ergänzen Gespräche mit Mitarbeitern der         als Bestandteil des Behandlungskonzeptes gilt.
Supportleistungen die rein medizinische Behandlung.
Durch den täglichen Kontakt entsteht ein Vertrauens­
verhältnis, das sich teilweise durch Sprache, Nationalität      «Geschützte Arbeitsplätze spielen
oder Bildungshintergrund festigt.
                                                                in einigen Supportprozessen
Im Weiteren müssen Mitarbeiter von Supportleistungen in
psychiatrischen und Rehabilitationseinrichtungen
                                                                eine wichtige Rolle und sind bei
erweiterte, über die eigentliche Supportleistung                Outsourcingüberlegungen im
hinausgehende Anforderungen erfüllen. Sie sollen das
medizinische Fachpersonal in ausserordentlichen Fällen          Gesamtkontext zu eruieren.»
unterstützen, etwa im Sicherheitsdienst auf der                 Thomas Nuspel, Direktor Dienste und Betriebe
geschlossenen Psychiatrie oder bei der Reinigung von
Flächen in Rehabilitationszentren mit sitzenden Patienten.
                                                                Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD)

Wegen der Bedeutung des Patientenkontakts, der erhöhten         Die aktuelle Ausgangslage und die jeweiligen Rahmen­
Personalanforderungen und tendenziell langen                    bedingungen sind bei der Entwicklung von Sourcing­
Einarbeitungszeiten gehört eine möglichst geringe               strategien zu berücksichtigen. Die Verantwortungsträger
Fluktuation der Supportmitarbeiter zu den Erfolgsfaktoren       sind daher gut beraten, mit einer ganzheitlichen
für Qualität, Wirtschaftlichkeit und Flexibilität. Leistungs­   Perspektive zu entscheiden.
vereinbarungen – ob interne oder externe – sollten diesem
Umstand Rechnung tragen. Patientennähe lässt sich bei
einer externen Leistungserbringung zum Beispiel durch eine
genaue Prozessdefinition und -beschreibung begünstigen.

                                                                          Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   11
4. Betriebsmodell und Leistungsdefinition

     4.1 Vor der Sourcingentscheidung das                                            4.2 Transparenz als Basis für die
     Betriebsmodell optimieren                                                       Optimierung

     Die Ausrichtung des Betriebsmodells für die nicht-                              Oft haben die Leistungserbringer keine Klarheit über die
     medizinischen Supportleistungen orientiert sich am                              Funktionsweise der eigenen Betriebsmodelle und Prozesse.
     Kerngeschäft. Die Gesundheitsversorger sollten ihre                             Darum können sie diese teilweise nicht neutral bewerten
     Supportleistungen so planen und organisieren, dass diese                        und gezielt anpassen, etwa mithilfe neuer Sourcing­
     das Kerngeschäft stärken. Je durchdachter eine Sourcing­                        strategien. Auch ein aussagekräftiger Vergleich von Kosten
     strategie ist, desto besser trägt sie zum nachhaltigen Erfolg                   und Qualität ist nur möglich, wenn die Prozesse eindeutig
     bei. Mit einer Sourcingstrategie sollten die Leistungs­                         definiert, dokumentiert und umgesetzt sind.
     erbringer im Wesentlichen diese Fragen beantworten:

     •      Welche Supportleistungen brauchen wir in welcher                         «Erst wenn man sich über die
            Qualität?
     •      Wie wollen wir diese Leistungen erbringen?
                                                                                     Prozesse und Steuerungsmöglich­
     •      Wann wollen wir sie erbringen?                                           keiten im Klaren ist und gewähr­
     •      Welchen Nutzen bringt die Lösung den Patienten und                       leistet bleibt, dass die Prozesshoheit
            anderen Anspruchsgruppen?
     •      Wer erbringt die Supportleistungen?                                      intern verbleibt, kann ein Vergleich
     Um klare Antworten zu finden, sind die einzelnen Support­
                                                                                     zwischen Shared Service Centers
     prozesse eindeutig und nachvollziehbar zu definieren. In                        und externen Partnern erfolgen.
     unseren Gesprächen kam zum Ausdruck, dass alternative
     Sourcingmodelle dann abgelehnt werden, wenn interne                             Sonst werden Äpfel mit Birnen
     Prozesse zu wenig klar definiert sind und somit keine
     eindeutigen Pflichtenhefte für die Supportprozesse
                                                                                     verglichen.»
     bestehen. Ein Beispiel: Ist nicht geregelt, welche Aufgaben                     Dr. Daniel Liedtke, COO Hirslanden AG
     von Mitarbeitern in der Raumreinigung über die eigent­
     liche Tätigkeit hinaus wahrgenommen werden (von
     Patientengesprächen über das Auffüllen von Vorräten und                         Ein Leistungserbringer sollte in einem ersten Schritt das
     einfachen logistischen Tätigkeiten bis hin zur                                  eigene Betriebsmodell detailliert dokumentieren und
     Unterstützung bei der Essensausgabe), lässt sich auch ein                       Pflichtenhefte für sämtliche Supportleistungen aufsetzen.
     Outsourcing nur schwer erfolgreich durchführen. Eine                            Dabei kann er sich an einem vordefinierten Leistungskatalog
     exakte Aufnahme der bestehenden Prozesse ist die                                orientieren, wie er beispielsweise von der ZHAW für nicht-
     Voraussetzung für Standardisierungen, Optimierungen                             medizinische Supportleistungen in Spitälern5 entwickelt
     oder Automatisier­ungen und stellt eine Grundbedingung                          wurde. Das bietet sich auch für eine mögliche spätere
     für eine erfolg­reiche Sourcingstrategie dar.                                   Auslagerung oder interne Leistungsverrechnung an.

     «Ein Industrialisierungsentscheid
     ist vor einer Make- or Buy-
     Decision zu treffen»
     Dr. Luca Stäger, CEO Tertianum AG

     5
         Gerber, N. und Läuppi, V. (2014): Leistungskatalog für nicht-medizinische
         Supportleistungen in Spitälern (LekaS), ZHAW

12   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
Ein einheitlicher Leistungskatalog wird vom Schweizer          In kleineren Betrieben ist es üblich, dass Supportmit­
Gesundheitswesen jedoch nicht durchgängig angewendet.          arbeiter bereichsübergreifend arbeiten. So hilft das
Darum existiert auch keine landesweite Benennung,              Reinigungspersonal am Mittag in der Kantine aus, oder
Definition und Abgrenzung einzelner Leistungspakete. Das       der hauseigene Elektriker mäht im Sommer den Rasen.
erschwert es, eindeutige und vergleichbare Dienstleistungs­    Obwohl diese Flexibilität gewisse Vorteile birgt, erschwert
vereinbarungen (Service Level Agreements, SLA) zu              sie die exakte Pflichtenhefterstellung und damit die
definieren, Prozesse institutionsübergreifend zu beschreiben   vergleichbare Erfassung, Verrechnung und Kontrolle der
und ein zweckmässiges Benchmarking zu entwickeln.              Kosten.

Eine Abgrenzung der Leistungspakete mit genauer Prozess­       Eine detaillierte Dokumentation von Supportprozessen
dokumentation ist zentral. Ansonsten ist nicht sicherge­       wirkt sich ausserdem auf die Durchsetzungs- und
stellt, dass der komplette Leistungsumfang in den Verein­      Reaktions­zeiten aus. Gerade bei kurzfristigen
barungen enthalten ist. Das kann zur Folge haben, dass die     Anpassungen lassen sich diese minimieren. Sind
Qualität aufgrund fehlender Prozessschritte abnimmt oder       Aufgaben nicht detailliert geregelt, werden sie nicht mehr
sich die Kosten durch Zusatzarbeiten erhöhen. Ein gutes        durchwegs erfüllt; es entstehen ein Kontrollverlust und
Beispiel sind die Blumen für Patienten: Bei zahlreichen        eine ungewollte Abhängigkeit von externen oder internen
Leistungs­erbringern übernehmen die Reinigungskräfte die       Leistungserbringern.
Pflege der Blumen – und diese beeinflussen die Patienten­
zufriedenheit wesentlich. Somit ist die Aufgabe, die nicht
im Kernauftrag der Reinigungskraft liegt, ein wesentlicher
Faktor für den Leistungserbringer.

                                                                         Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   13
5. Evaluation von Sourcingmodellen

     Neben der Definition und Beschreibung des Betriebsmodells                    Outsourcingstrategien eine Chance für ihr Geschäftsmodell;
     wird durch die Beurteilung der Sourcingmodelle ein Meilen­                   bei den kleineren Instituten ist es rund die Hälfte. Einig sind
     stein auf dem Weg zur erfolgreichen Sourcingstrategie gelegt.                sich die Befragten darin, dass eine solche Zusammenarbeit
     Wir unterscheiden zwischen den folgenden Stufen der                          nur als Partnerschaft auf Augenhöhe funktioniert.
     Leistungserbringung:
                                                                                  Kleinere Institutionen zeigen sich demnach zurückhalten­
     a. Interne Leistungserbringung: innerbetriebliche                            der gegenüber der externen Leistungserbringung. Das liegt
        Eigenleistung. Der Leistungserbringer kann diese auch                     zum einen in der persönlicheren Beziehung zwischen
        über eine Tochtergesellschaft abwickeln und dadurch                       Unternehmensleitung und Supportmitarbeitern begründet.
        das Kern- vom Supportgeschäft organisatorisch trennen                     Zum anderen erachten manche Entscheidungsträger von
     b. Co-Sourcing: Partnerschaft und Kooperation mit                            kleineren Institutionen Outsourcing als wenig praktikabel,
        weiteren Leistungserbringern oder Leistungserbringung                     da die Supportmitarbeiter etliche Aufgaben ausserhalb des
        für Dritte                                                                auslagerbaren Aufgabenfelds übernehmen.
     c. Outsourcing: Bezug von Fremdleistung von einem
        Drittpartner                                                              Die Sourcingmodelle lassen sich auf Basis der detaillierten
                                                                                  Leistungsdefinition und deren Kostenerfassung miteinan­
                                                                                  der vergleichen. Die Wahl eines Modells sollte dabei nicht
     5.1 Überlegungen bei der Auswahl eines                                       von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen dominiert werden,
     Sourcingmodells                                                              sondern von der Qualität, Flexibilität, Realisierbarkeit und
                                                                                  den Steuerungsmöglichkeiten.
     Je grösser die Institution, desto eher erkennt sie das
     Potenzial von Outsourcing
     Während die Umfrageteilnehmer grosses Vertrauen in ihre
                                                                                  «Offenheit gegenüber Outsourcing
     eigenen Prozesse und Mitarbeiter haben, sind sie gegenüber                   muss im Kopf der Führung
     Kooperationen mit anderen Leistungserbringern und vor
     allem gegenüber Drittanbietern skeptisch. Trotzdem sehen                     beginnen.»
     fast 80 % der Leistungserbringer mit mehr als 250 Betten in
                                                                                  René Künzli, Leiter Dienste Schweizer
                                                                                  Paraplegiker-Zentrum

     Abbildung 6: Einschätzung des Einsparpotenzials gemäss Umfrage

                        47.7 %
                                                                                                               mehr als 250 Betten
                                                                                                               zwischen 100 und 250 Betten
                                  38.3 %                                                                       weniger als 100 Betten
                                           32.5 %
              30.0 %

                                                    25.9 %      25.7 %
     21.6 %                                                              22.1 %

                                                                                  15.3 %
                                                                                                10.4 %
                                                                                                          7.1 % 8.3 %
                                                                                                                              4.1 % 3.3 % 2.8 %

              Kein                         0–5 %                         5–10 %                          10–20 %                        >20 %
            Potenzial

14   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
Skalierbarkeit und hoher Investitionsbedarf spricht                                          in Zukunft wenige Anbieter eine optimale IT-Infrastruktur
für Outsourcing                                                                              für Spitäler entwickeln, die in der Schweiz aufgrund der
                                                                                             Qualitäts- und Kostenverbesserungen flächendeckend über
Die Wahl des Sourcingmodells bedingt die Betrachtung von                                     zahlreiche Leistungserbringer ausgeweitet wird (mehr dazu
drei Einflussfaktoren:                                                                       im Kapitel 7.2).

1. Patientennähe: Je näher die Leistungen beim Patienten                                     Der Investitionsbedarf – gerade für die Infrastruktur – ist
   stattfinden, desto eher werden sie durch eigene                                           zentral: Werden Leistungen durch Dritte erbracht, fallen die
   Mitarbeiter erbracht.                                                                     Infrastrukturausgaben nicht mehr intern, sondern in der
                                                                                             Regel extern an. Es findet eine Kostenverschiebung statt: Die
2. Skalierbarkeit: Je höher die Skalierbarkeit der                                           Investititionskosten werden zu operativen Betriebskosten.
   auszulagernden Leistungen ist, desto eher findet eine                                     Die frei werdenden Mittel kann der Leistungserbringer
   Vergabe an einen Dritten statt.                                                           entweder anderweitig verwenden, oder sein externer
                                                                                             Finanzierungsbedarf sinkt. Für ein Spital kann es durchaus
3. Investitionsbedarf: Je höher der Investitionsbedarf für                                   relevant sein, ob es die Infrastruktur beispielsweise für eine
   eine bestimmte Aufgabe ist, desto grösser wird der                                        neue Wäscherei mitfinanzieren muss oder nicht. Immerhin
   Anreiz, diese und die entsprechende finanzielle                                           verändern sich dadurch zum Beispiel gewisse
   Belastung einem Dritten zu überlassen.                                                    Beurteilungskennzahlen von Banken («Covenants»).

                                                                                             Neben der Kapitalbindung spielen weitere Infrastruktur­
Abbildung 7: Einfluss von Patientennähe, Skalierbarkeit und
Investitionsbedarf auf die Wahl des Sourcingmodells
                                                                                             überlegungen in den Entscheidungsprozess rein: Nur eine
                                                                                             Infrastruktur, die optimierte Betriebsabläufe zulässt, erlaubt
                                                                                             höchstmögliche Qualität und Effizienz bei der
                                                                                             Leistungserstellung. So kann es etwa aufgrund von
                                                                                             Platzmangel sinnvoll sein, gewisse Supportleistungen
hoch
                                                                                             auszulagern und die frei werdenden Flächen anders oder als
                                                         Outsourcing
                                                                                             strategische Reserven für das Kerngeschäft zu nutzen.
 Investitionsbedarf

                                                                       tief                  5.2 Welche Lösung ist die richtige?
                                       Co-Sourcing
                                                                       Pa

                                                                                             Die Wahl des richtigen Sourcingmodells hängt von vielen
                                                                         t ie n

                                                                                             individuellen Faktoren und Voraussetzungen ab. Das zeigt
                                                                              ten
                                                                               nä h

                      Interne                                                                auch unsere Umfrage: Grundsätzlich können sich viele
                                                                                  e

                      Leistungserbringung                                                    Umfrageteilnehmer ein partnerschaftlich organisiertes
 tief                                                                                 hoch
                                        Skalierbarkeit                                       Outsourcing gemeinsam mit einem Leistungserbringer aus
                                                                                             dem Gesundheitswesen vorstellen. Die direkte Auslagerung
                                                                                             an einen klassischen Outsourcinganbieter wird aktuell noch
                                                                                             selten als Variante genannt.
Die Patientennähe spielt für die Wahl des Sourcingmodells
eine Schlüsselrolle. Je näher eine Leistung beim Patienten                                   Abbildung 8: Rangliste der Sourcingmodelle
erfolgt, desto stärker bevorzugen Leistungserbringer eine
interne Lösung. Zum einen möchten sie dadurch die
spezifischen Qualitätsanforderungen sicherstellen. Zum                                                                1
anderen soll durch die Betriebszusammengehörigkeit das
Image gestärkt werden. Diese Dimension dürfte jedoch bei
                                                                                                    2
einer durchgeplanten Prozesslandschaft und                                                                                             3
entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen mit externen
Partnern weniger ausschlaggebend sein.                                                                                                                 4
                                                                                               Joint Venture     Gemeinsame       Eigenständige     Klassische
Bei der Wahl eines Sourcingmodells ist eine hohe                                                 Tochter-        Auslagerung         Tochter-      Outsourcing-
Skalierbarkeit der betroffenen Leistungen massgebend.                                          unternehmen       mit Partner im    gesellschaft      partner
                                                                                                               Gesundheitswesen
Diese entscheidet über die Attraktivität auf der Angebots­
                                                                                                                an klassischen
seite. Die Skalierbarkeit beeinflusst direkt das Preisgefüge                                                     Outsourcing-
und die erwartete Preisentwicklung. Der Bereich der IT                                                            dienstleister
weist zum Beispiel eine hohe Skalierbarkeit auf. So könnten

                                                                                                          Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   15
Bemerkenswert ist auch, dass die Auslagerung in eine            gewisse Nähe zu den Leistungserbringern auf, stehen aber
     Tochtergesellschaft trotz hoher Kontrolle deutlich weniger      doch in einem klareren Auftragsverhältnis und können die
     in Betracht gezogen wird. Eine mögliche Erklärung dafür         Leistungen meist günstiger erbringen. Diese Organisations­
     liegt im Aufwand der Auslagerung sowie im erhofften             form eignet sich insbesondere dann, wenn die Leistungen
     externen Wissen über die Supportleistungen, das durch           der Tochtergesellschaft später anderen Institutionen
     einen spezialisierten externen Partner eingebracht werden       angeboten werden. Gerade für grössere Institutionen kann
     kann. Möglicherweise behindern auch politische Rahmen­          sie bei einer Branchenkonsolidierung von Bedeutung sein,
     bedingungen diese Lösung; zum Beispiel dann, wenn die           da sich neue Betriebe deutlich schneller integrieren lassen.
     Gründung einer neuen Gesellschaft nicht eindeutig in der
     Kompetenz des Leistungserbringers liegt.                        5.4 Co-Sourcing
     Aus unseren Gesprächen wurde deutlich, dass als Erstes für      Für spezifische Supportleistungen im Gesundheitswesen
     einfache, repetitive und gut abgrenzbare Leistungen             scheint das Co-Sourcing attraktiv. Denn hier findet eine
     alternative Sourcingmodelle evaluiert werden. Dadurch           Auslagerung ohne Verlust der Unabhängigkeit statt. Zwei
     lässt sich die Akzeptanz für externe Leistungserbringer         oder mehrere Partnerunternehmen gründen eine Tochter­
     innerhalb des Unternehmens steigern. Bei positiven              gesellschaft oder ein Joint Venture, das die Dienstleistungen
     Erfahrungen kann der Leistungserbringer weitere speziali­       für die Partnerunternehmen erbringt. Co-Sourcing ist nicht
     sierte Supportbereiche bzw. Serviceanbieter prüfen.             neu. Dennoch wird es im Schweizer Gesundheitswesen nur
                                                                     selten umgesetzt. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei
     5.3 Interne Leistungserbringung als                             Gründe: Erstens kann der Konkurrenzgedanke von oft in
     Sprungbrett                                                     derselben Region tätigen Gesundheitsversorger eine
                                                                     Standardisierung und Kooperation erschweren. Viele
     Aktuell erbringt nach wie vor ein Grossteil der Institutionen   Institutionen meinen, dass sich ihre Art oder Qualität der
     der Umfrageteilnehmer den Hauptteil der nicht-medizi­           Leistungserbringung nicht mit derjenigen anderer
     nischen Supportleistungen selber, also mit angestellten         Unternehmen des Gesundheitswesens vereinen lässt.
     Mitarbeitern und in der hauseigenen Infrastruktur. Für          Zweitens hemmen der Föderalismus und die unterschied­
     diese Lösungen entscheiden sie sich häufig nicht aus einem      lichen Kantonseigner eine wirkungsvolle Zusammenarbeit.
     bewussten Kosten-Nutzen-Vergleich mit anderen Sourcing­         Kosteneinsparungen wären zwar erwünscht. Allerdings
     modellen. Als Hauptgründe für die betriebsinterne               wollen die involvierten Vertreter der öffentlichen Hand
     Leistungserbringung nennen die Umfrageteilnehmer die            einen möglichen Abbau von Arbeitsplätzen oder deren
     Nähe der Dienstleistung zum Patienten, die hohe Flexibilität    ausserregionale Auslagerung nicht hinnehmen.
     und direkte Durchgriffskraft sowie einen Mangel an
     passenden Partnern. Zudem scheinen vor allem grössere           Zudem scheint die richtige Auswahl des Kooperations­
     Betriebe beim Erbringen von Supportleistungen effizienter       partners und im weiteren Verlauf die inhaltliche und
     geworden zu sein. Sie nutzen gewisse Standardisierungs­         rechtliche Ausgestaltung der Kooperation (inklusive
     potenziale und Skaleneffekte und können nicht-medizi­           Entscheidungsfreiheiten für den eigenen Betrieb) viele
     nische Supportleistungen intern wohl zu einem ähnlichen         Leistungserbringer von diesem Sourcingmodell abzuhalten.
     Preis-Leistungs-Verhältnis erbringen wie externe Anbieter.      Es gibt jedoch erwähnenswerte Vorhaben, wie das Projekt
     Dabei wägen sie intern möglicherweise leicht höhere Kosten      des gemeinsamen Logistikzentrums «UCP-Plexus» vom
     gegen die zusätzlichen Managementkapazitäten in der             Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) und vom
     Zusammenarbeit mit externen Partnern ab – vor allem in          Genfer Unispital HUG zeigt, dessen Inbetriebnahme im
     der Transformationsphase.                                       Verlauf von 2018 geplant ist.6

     Auslagerung an eine Tochtergesellschaft als Vorstufe
     Als spezielle Form der internen Leistungserbringung gilt
     die Auslagerung an eine Tochtergesellschaft. Einige
     Leistungserbringer greifen auf diese Organisationsform
     zurück. Die Mitarbeiter werden in betriebsexterne
     Servicegesellschaften übertragen. Dadurch weisen sie eine

                                                                     6
                                                                         CHUV (2018): UCP-PLEXUS.

16   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
5.5 Vielseitige Chancen nutzen                                    Eine Auslagerung soll zu einer Qualitätssteigerung führen.
                                                                  Immerhin bedeutet ein Outsourcing grundsätzlich, dass
Trotz der erwähnten Skepsis braucht es eine objektive Sicht       Supportprozesse neu zu Kernprozessen (des Outsourcing­
auf Chancen und Risiken, um das bestmögliche Sourcing­            partners) werden. Entsprechend ist dieser Anspruch
modell zu finden. Unabhängig von der Grösse der befragten         nachvollziehbar und gerechtfertigt.
Institution wird ein Outsourcing hauptsächlich von der
Erwartung einer Qualitätssteigerung und erhöhter Flexibi­         Einige Umfrageteilnehmer nennen das Plus an Flexibilität
lität getrieben. Finanzielle Einsparungen, die Reduktion des      in Zusammenhang mit unregelmässig anfallenden oder
Investitionsbedarfs und ein verbessertes Kosten-Nutzen-           saisonalen Arbeiten. Dazu gehört zum Beispiel der hohe
Verhältnis sind meist sekundär, jedoch nicht unwesentlich.        Mitarbeiterbedarf in den Stosszeiten der Verpflegung und
Nur für Alters- und Pflegeheime gehören finanzielle               Essensausgabe. Diese Ansicht stellen wir vor allem bei
Einsparungen zu den Hauptgründen für eine Outsourcing­            kleinen Leistungserbringern fest, die Mitarbeiter in
strategie. Obwohl in der öffentlichen Wahrnehmung                 einzelnen Supportleistungen nicht komplett auslasten
Outsourcing gerne mit Kostensenkung oder sogar Lohn­              können oder in gewissen Bereichen eine Unterbesetzung
dumping gleichgesetzt wird, versteht es die Mehrheit der          aufweisen. Ein weiteres Beispiel für hohe saisonale
Leistungserbringer nicht in erster Linie als Sparmassnahme.       Schwankungen ist der Sicherheitsdienst. Hier können die
                                                                  Leistungserbringer spezifische Verträge mit externen
                                                                  Dienstleistern aushandeln. Diese können zur Über­brü­­
                                                                  ckung temporärer Engpässe auf einen Mitarbeiterpool
                                                                  zurückgreifen und ohne grossen Managementaufwand bei
«Flexibilität, Qualität und                                       geringerer Besetzung oder Urlaubsvertretungen eine
                                                                  24-Stunden-Abdeckung sicherstellen. Ist auf den externen
höherer Fokus der Management                                      Dienstleister Verlass, so bietet das sowohl dem kleinen als
                                                                  auch dem grösseren Leistungserbringer einen enormen
Attention auf das Kerngeschäft                                    Mehrwert.
stehen im Vordergrund bei
                                                                  Mit Outsourcing lässt sich wie erwähnt die Kapitalbindung
Outsourcing.»                                                     minimieren und so die Betriebskosten optimieren. Hohe
                                                                  Investitionen werden direkt vom Outsourcingpartner
Dr. Luca Stäger, CEO Tertianum AG
                                                                  getragen und müssen nicht mehr über eigene Projekte
                                                                  (mit)finanziert werden.

                                                                  Bei Outsourcing kann der Leistungserbringer zudem durch
                                                                  Ausschreibungen und Referenzofferten die Kräfte des
                                                                  Wettbewerbs nutzen und seine Kosten in regelmässigen
Abbildung 9: Die fünf Topchancen von Outsourcing gemäss Umfrage
                                                                  Abständen weiter optimieren. Zudem kann der Leistungs­
                                                                  erbringer bei der Überarbeitung der internen Prozesse von
                                                                  Anreizmechanismen Gebrauch machen, damit sich die
            Bessere Qualität                        25.7 %        Mitarbeiter mit dem Thema Outsourcing auseinander­
                                                                  setzen und vergleichen können. Durch den transparenten
           Höhere Flexibilität                     24.8 %         Vergleich mit externen Anbietern lassen sich auch die
 Optimierung Betriebskosten                                       internen Kosten senken.
       vs. Investitionskosten       10.4 %
    Finanzielle Einsparungen        10.4 %                        Outsourcingpartner sollten ihren Auftraggebern neue
          Besseres Kosten-                                        Möglichkeiten aufzeigen, wie diese sich gegenüber anderen
Nutzen-Verhältnis/Synergien      7.7 %                            Leistungserbringern differenzieren können. Dazu eignen
                                                                  sich Ideen ausserhalb des regulären Leistungsangebots der
                                                                  Supportleistungen wie eine Abwechslung in der Menüwahl
                                                                  oder neue Lösungen für elektronische Patientendossiers.

                                                                             Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   17
5.6 Risiken richtig einschätzen                                 Abbildung 10: Die fünf Toprisiken von Outsourcing gemäss Umfrage

     Die Umfrageteilnehmer werten mögliche Kontroll- oder
                                                                       Kontrollverlust/Abhängigkeit                               18.5 %
     Qualitätsverluste als Hauptrisiken einer Auslagerung. Im
     Weiteren stellen das Ausbleiben finanzieller Einsparungen                     Qualitätsverlust                              17.1 %
     bzw. die Angst vor unerwarteten Folgekosten und der
                                                                         Keine finanziellen Vorteile
     mögliche Wissensverlust die meistgenannten Gefahren dar.                     bzw. Folgekosten                           15.8 %
     Kleinere Unterschiede zeichnen sich bei den Unter­
     kategorien (Trägerschaften bzw. Art der Leistungs­                    Interner Wissensverlust                        13.5 %
     erbringung) ab. Bei personellen Konsequenzen ist die
     Beurteilung je nach Eigentümerverhältnissen unter­                        Arbeitsplatzverluste                  9.9 %
     schiedlich: Für private Träger ist der Verlust von Arbeits­
     plätzen ein weniger gewichtiger Hinderungsgrund als für
     öffentliche Häuser.

     Bei Psychiatrien ist der Qualitätsverlust das Hauptrisiko.      Abbildung 11: Die Toprisiken von Outsourcing nach Leistungserbringer
     Bei Alters- und Pflegeheimen sowie Rehabilitationskliniken
     dominiert die Angst vor versteckten Mehrkosten und der
     Reduktion von Arbeitsplätzen. Politische Hürden oder                                              Akutsomatik
     regulatorische Einschränkungen erachtet nur ein geringer
     Anteil der Umfrageteilnehmer als Hinderungsgrund. Das             Kontrollverlust/Abhängigkeit                        20.5 %
     erstaunt, da in gewissen Regionen gesetzliche Einschrän­                      Qualitätsverlust                     16.7 %
     kungen bestehen (zum Beispiel das Spitalgesetz in Basel-
     Stadt). In der Regel werden Arbeitsplätze geschützt bzw.
     subventioniert, oder die Mitarbeiter sind einem Gesamt­
     arbeitsvertrag (GAV) unterstellt (vgl. Kapitel 7, Exkurs).
                                                                                                       Psychiatrie
     Die Qualität ist entscheidend                                                 Qualitätsverlust                                25.0 %
     Abhängigkeiten von anderen Prozessen, Kontroll- und               Kontrollverlust/Abhängigkeit                  16.7 %
     Wissensverlust gelten als grösste Hindernisse auf dem Weg
     zum passenden Outsourcingmodell für nicht-medizinische
     Supportbereiche. Auf ausgelagerte Leistungen ist kein
     direkter Zugriff möglich. Auch allfällige Konventionalstrafen
     von SLA kompensieren einen Schaden manchmal nur                                                   Rehabilitation
     ungenügend. Reaktionsfähigkeit und -zeit werden in einem            Keine finanziellen Vorteile
                                                                                  bzw. Folgekosten                       18.5 %
     Outsourcingmodell als eingeschränkt oder langsamer
     wahrgenommen, allerdings mit sehr unterschiedlicher               Kontrollverlust/Abhängigkeit                      18.5 %
     Einschätzung.

                                                                                                       Alters- und Pflegeheime
                                                                               Arbeitsplatzverluste
                                                                                                                         18.5 %
                                                                         Keine finanziellen Vorteile
                                                                                  bzw. Folgekosten                       18.5 %

18   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
Paradoxerweise erwarten viele Unternehmen durch das            ein möglicher Wissensverlust ausserhalb der eigentlichen
Auslagern bestimmter Dienstleistungen eine Qualitäts­          Kernkompetenzen sein darf. Das Betreiben eines Geschäfts­
steigerung und fürchten gleichzeitig einen Qualitätsverlust.   modells mit externen Supportleistungen bringt im
Möglicherweise sind die Erwartungen an einen auf wenige        Gegenzug neues Wissen. In einer sich konsolidierenden
Teilleistungen spezialisierten Anbieter höher als an die       Branche kann dieses zunehmend wegweisend sein.
internen Leistungserbringer. In allen Antworten steht die
Qualität über allen Kriterien.                                 Unabhängig vom gewählten Sourcingmodell sollte ein
                                                               Unternehmen nie seine Prozesshoheit abgeben. Es sollte
                                                               ausführende Arbeiten und deren Steuerung trennen. Die
                                                               Prozesshoheit reduziert den Wissensverlust, erhöht die
«Qualität ist auch bei den Support­                            Reaktionsfähigkeit und mindert die Abhängigkeit vom
                                                               externen Dienstleister. Dieser Zusammenhang sei am
leistungen wichtig – sonst ist die                             Beispiel einer Wäscherei kurz illustriert (vgl. Box).
beste Kernkompetenz nichts wert!»
Markus Rüdisüli, CEO Klinik Meissenberg AG
                                                                 Beispiel Wäscherei: Wäschereien sind in vielen
                                                                 Gesundheitsunternehmen ausgelagert. In der
                                                                 Vertragsausgestaltung steht die Leistungsdefinition im
5.7 Herausforderungen aktiv angehen                              Zentrum. Zum Beispiel ist wesentlich, ob die Verteilung
                                                                 der Berufs- und Flachwäsche auf die jeweiligen
Wie aufgezeigt, werden Kontrollverlust und Qualitäts­            Kliniken im Leistungsumfang des externen Partners
einbussen von den Umfrageteilnehmern als Hauptrisiken            enthalten ist oder nicht. Die Verteilung der Wäsche in
von Outsourcing genannt. Diese beiden Risiken sind eng           den Kliniken benötigt Personal und Zeit. Sind diese
miteinander verknüpft: Sobald Leistungen nicht mehr in der       Leistungen nicht Teil der Vereinbarung, entsteht eine
eigenen Verantwortung liegen, steigt das Abhängigkeits­          weitere Schnittstelle und macht eventuell zusätzliches
gefühl – und damit das Empfinden, die Qualität der               internes Personal nötig. Darum sind die Definition und
Leistung nicht mehr beeinflussen zu können.                      die Dokumentation der Leistungspakete, Qualitäts­
                                                                 ansprüche, Kosten und Verantwortlichkeiten absolut
                                                                 zentral. Die Entscheidungshoheit über die Prozesse
«Die Prozesshoheit muss zu jedem                                 muss dabei beim Management des Leistungserbringers
                                                                 verbleiben.
Zeitpunkt intern liegen. Der
Betrieb von Leistungen lässt sich
                                                               Mancher Leistungserbringer fürchtet beim Outsourcing als
sowohl intern als auch über eine                               Folge Arbeitsplatzverluste. Derartigen Gefahren kann er
                                                               begegnen, indem er mit seinem Outsourcingpartner
Drittpartei erbringen.»                                        vereinbart, dass dieser im Idealfall und im Sinne der
Cédric Bossart, Direktor Clinique Bois-Cerf                    Glaubwürdigkeit sämtliche betroffenen Mitarbeiter für
                                                               zwei bis drei Jahre zu denselben Konditionen übernimmt.
                                                               Solche Abmachungen sind ebenfalls schriftlich
Nicht ausgeschöpfte finanzielle Einsparungen und               festzuhalten.
potenzielle Folgekosten werden als weitere Knackpunkte
genannt. Diesen Risiken kann ein Unternehmen begegnen,         Aus der finanziellen Perspektive sollte der Leistungs­
indem es detaillierte Pflichtenhefte erstellt, klare           erbringer bei der Wahl des Sourcingmodells Gleiches mit
Eskalationsmechanismen definiert und umfassende                Gleichem vergleichen. Zum Beispiel zählen zu einer
Verträge aufsetzt.                                             umfassenden Betrachtung der Kosten nicht nur die reinen
                                                               Stundenkosten für Mitarbeiter, sondern auch Weiter­
Als weitere Herausforderung gilt ein möglicher Wissens­        bildungskosten, Kosten für Qualitätsmanagement,
verlust. Der Leistungserbringer muss sich fragen, wie hoch     Verbesserungsprozesse, Material und vieles mehr.

                                                                         Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen   19
6. Einsparpotenzial von Outsourcing

     Unsere Studie zeigt, dass Outsourcing nicht nur aus            Personalkosten: Für die Kategorien Akutsomatik,
     finanziellen Gründen als vorteilhaft gilt. Den qualitativen    Psychiatrie, Rehabilitation und Langzeitpflege wurden die
     Aspekten wird eine mindestens ebenso grosse Bedeutung          vom BFS ausgewiesenen Totalkosten (reduziert um eine
     beigemessen. Deshalb wird das Thema nicht nur als aktuell,     kalkulatorische EBITDAR-Marge) mit einer bereichs­
     sondern auch als strategisch wichtig gesehen.                  spezifischen Unterteilung in Personalkosten und
                                                                    Sachkosten aufgeteilt. Dafür haben wir unsere jährliche
                                                                    Studie zur finanziellen Gesundheit der Schweizer Spitäler8
      «Grundsätzlich ist Outsourcing                                hinzugezogen. Anschliessend haben wir bei den Personal­
                                                                    kosten wiederum pro Kategorie den Anteil des medi­
     immer ein Thema, wobei es stets                                zinischen Personals herausgerechnet. Der Anteil der
                                                                    Personalkosten der Supportleistungen in der Akutsomatik
     auch darum geht, dass es neben                                 und Psychiatrie liegt bei 20 %, derjenige für die Rehabili­
     qualitativen Verbesserungen auch                               tation und Alters- und Pflegeheime bei geschätzten 30 %.
                                                                    Dadurch beläuft sich der Personalkostenblock der Support­
     finanziell lohnenswert ist – was                               leistungen für die vier Kategorien auf rund CHF 6,2 Mia.

     meiner Erfahrung nach mittel-                                  Sachkosten: Auch hier haben wir den Anteil des medizi­
     bis langfristig bei den wenigsten                              nischen Bedarfs eliminiert, da dieser den Kernleistungen
                                                                    zuzuordnen ist und wir uns ausschliesslich auf die unter­
     Themen der Fall ist.»                                          stützenden Prozesse beschränkt haben. Während der
                                                                    medizinische Bedarf in der Langzeitpflege und Psychiatrie
     Dr. Till Hornung, CEO Kliniken Valens                          bei unter 5 % der Gesamtkosten liegt, ist er in der Akut­
                                                                    somatik bei rund 16 % anzusetzen. Der gesamte Sachkosten­
     Einsparungen von Milliarden möglich?                           block nach Abzug des medizinischen Bedarfs beläuft sich
                                                                    gemäss unseren Berechnungen auf jährlich rund CHF 7,1 Mia.
     Für die geschätzte Prognose des jährlichen Einsparpotenzials   Der Medianwert des Einsparpotenzials bei sämtlichen
     durch Outsourcingstrategien in den Supportdienstleistungen     Supportkosten liegt bei 5 %. Dieser Wert erscheint uns relativ
     von Schweizer Akutspitälern, Psychiatrien, Rehabilitations-    tief und dürfte zusätzlich nach unten verzerrt sein. Denn
     und Langzeitpflegeeinrichtungen haben wir einen Top-           zahlreiche Umfrageteilnehmer zeigen sich zurückhaltend und
     down-Ansatz gewählt. Auf Basis der Gesundheitskosten 2016      unterschätzen möglicherweise das effektive Einsparpotenzial.
     des Bundesamts für Statistik (BFS)7 haben wir die Kosten       In den Einzelinterviews haben einige Leistungserbringer, die
     jener Behandlungen aufsummiert, die in den Kategorien          sich aktiv mit Outsourcinglösungen beschäftigen, jährliche
     Akutsomatik, Psychiatrie, Rehabilitation und Langzeitpflege    Verbesserungen von bis zu 10 % oder mehr angedeutet.
     durch unsere Studie abgedeckt werden. Von den
     Berechnungen ausgeschlossen haben wir die in den BFS-
     Daten separat ausgewiesenen Managed-Care-Behandlungen
     und die häusliche Langzeitpflege, da wir keine Anbieter aus
     dieser Kategorie befragt haben.

     Die gesamten Kosten für die untersuchten Kategorien
     belaufen sich für 2016 auf rund CHF 40,6 Mia. Davon haben
     wir eine kalkulatorische EBITDAR-Marge von 10 % abge­
     zogen. Daraus resultieren reine Personal- und Sachauf­
     wendungen von rund CHF 36,6 Mia. Da diese Kosten
     sämtliche Personal- und Sachkosten umfassen, errechnet
     sich der Anteil der Kernprozesse wie folgt:

                                                                    7
                                                                        Bundesamt für Statistik (2017): Ausgaben für das Gesundheitswesen
                                                                    8
                                                                        PwC (2017): Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2016 (und
                                                                        frühere Ausgaben dieser Reihe)

20   Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen
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