Gottesdienstimpuls für Zuhause 4. Sonntag nach Trinitatis 27.06.2021
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Wochenspruch: Galater 6,2 Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Wochenpsalm: Aus Psalm 42 2 Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. 3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? 4 Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott? 5 Daran will ich denken und ausschütten mein Herz bei mir selbst: wie ich einherzog in großer Schar, mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes mit Frohlocken und Danken in der Schar derer, die da feiern. 6 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht. Wochenlied: EG 428,1.4.5 – Komm in unsre stolze Welt 1. Komm in uns - re stol - ze Welt, Herr, mit dei - ner Lie - be Wer - ben. Ü - ber - win - de Macht und Geld, lass die Völ - ker nicht ver - der - ben. Wen - de Hass und Fein - des - sinn auf den Weg des Frie - dens hin.
4. Komm in unser festes Haus, der du nackt und ungeborgen. Mach ein leichtes Zelt daraus, das uns deckt kaum bis zum Morgen; denn wer sicher wohnt, vergisst, dass er auf dem Weg noch ist. 5. Komm in unser dunkles Herz, Herr, mit deines Lichtes Fülle; dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz deine Wahrheit uns verhülle, die auch noch in tiefer Nacht Menschenleben herrlich macht. Predigttext: 1.Mose 50, 15-21 15 Die Brüder Josefs fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. 16 Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: 17 So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters! Aber Josef weinte, als man ihm solches sagte. 18 Und seine Brüder gingen selbst hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. 19 Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes statt? 20 Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. 21 So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder ver- sorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.
Liebe Leserinnen und Leser, „Josefs Edelmut“ – so ist dieser Abschnitt in der Bibel über- schrieben. Eine schöne Überschrift. Vor allem wegen des Wortes „Edelmut“. Das ist so selten, dass es selbst schon edel klingt. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt schon irgendwo anders als hier gehört habe. Ich weiß nicht einmal, was das Wort genau bedeutet. Etwas Gu- tes sicher. Wenn Josef edelmütig war, dann war er großzügig, nicht nachtragend, hing an seiner Familie, wollte Frieden. Alle Achtung, wenn wir daran denken, wie verworren Josefs Weg war, bis er seinen Brüdern Edelmut zeigen konnte. Die meisten von Ihnen kennen seine Geschichte: Lieblingssohn des Vaters. Von sich eingenommen. Ein kleiner Narzisst, würde man heute sagen. Eifersüchtige Brüder, die ihn kidnappten und verkauften. Ankunft in Ägypten. Steiler Aufstieg, großer Absturz. Traumdeu- ter im Gefängnis. Entlassung und endgültiger Aufstieg zum obersten Beamten des Pharaos. Kluger Politiker. Brüder kamen, erkannten ihn nicht. Einiger Schabernack. Großes Hallo beim Erkennen. Ganze Mischpoche kommt nach Ägypten. Große Ver- söhnung. Josefs Edelmut. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Hoppla, jetzt ist mir ein falscher Schluss reingerutscht. Der Schluss für ein Märchen. Die Geschichte von Josef ist doch kein Märchen. Die steht in der Bibel. Aber sie hat märchenhafte Züge. Dazu gehört auch der Edelmut, der im eigentlichen Text nicht wörtlich auftaucht. Immer noch ein schönes Wort. Zu schön, um immer wahr zu sein. Nicht alle Menschen sind mit Edelmut ausgestattet. Schon gar nicht, wenn es um Familie geht. Manchmal bekomme ich mit, wie giftig es in Familien zugehen kann. Wie lange Verletzungen nachwirken können. Wenn es dann ans Erben geht. Ich erinnere mich an Trauerfeiern, bei denen Geschwister auch ohne Corona auf Abstand saßen und sich keines Blickes würdigten.
Was soll ich sagen? Manchmal kann ich sie verstehen. Mehr als ich hier den edelmütigen Josef verstehe. Der hat auch nicht ver- gessen, was seine Brüder ihm angetan haben. Die haben sicher nicht vergessen, wie nervig und angeberisch er sein konnte einst. Wenn ich seine Geschichte genau lese, höre ich heraus, wie ge- rissen und berechnend er sein konnte. So sympathisch ist er gar nicht. Muss er auch nicht sein. Die Bibel hat eine Vorliebe für Men- schen, die ganz unterschiedliche Seiten ausleben. Es gibt darin keine nur guten und netten Menschen. Der große König David war Machtpolitiker und Ehebrecher. Der große Jünger Petrus stand oft auf der Leitung und hat Jesus verleugnet. Aber die Bibel erzählt von Menschen, die glaubten. Die sich auf Gott verlassen haben. Die hinter allem, was sie erlebten und erlit- ten, Gott am Werk sahen. Die darauf vertrauten, dass am Ende alles gut wird, weil Gott es gutwerden lässt. Auch wenn es oft nicht so aussah. So erzählt sie von Menschen wie David oder Petrus So beschreibt die Bibel auch Josef. Wer diese Geschichte aufge- schrieben hat, legte Josef den passenden Satz in den Mund: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk.“ Es ist nicht einfach so, dass der Mensch denkt und Gott lenkt. Es ist so, dass Gott einen Sinn hineinlegt, wo wir keinen sehen. Viel- leicht nicht einmal im Nachhinein einen entdecken. Nicht alles Leiden, nicht jede Enttäuschung hat uns wachsen lassen oder war sonst für irgendwas gut. Aber alleingelassen hat uns Gott nie. Gott sieht jeden Menschen an. Aber er sieht jeden verbunden mit anderen. Bei Josef geht es darum, dass eine Familie überlebt und daraus ein großes Volk wird. Bei uns bedeutet zum Beispiel
die Taufe, dass wir ganz persönlich zugesprochen bekommen haben, dass Gott uns ohne Ende leben lassen wird. Gleichzeitig bedeutet sie, dass wir in eine fast unendliche Gemeinschaft von Menschen hineingenommen wurden. Weltweit und durch die Zei- ten hindurch. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Das ist nicht nur ein Satz, mit dem Märchen enden. Um Leben, das nicht endet, geht es Gott. In unserem Text wird angedeutet, dass Josef und seine Brüder weiterleben in einem großen Volk, das nicht untergehen wird. Gott hat recht. Sein Volk, jetzt Juden genannt, gibt es bis heute. Jahrtausende lang unterdrückt und vertrieben und verleumdet. Unfassbar gelitten vor wenigen Jahrzehnten. Bedroht von vielen Seiten in der Gegenwart. Aber lebendig. Von Gott am Leben er- halten, dürfen wir glauben. Gott will uns am Leben erhalten. Das ist eine der Säulen des Christentums: Wir sollen leben ohne Ende. Das darf eine der Säulen unseres Lebens werden: Wir fallen nicht aus den guten Plänen Gottes, egal, was passiert. Es gibt nichts, was sich zwi- schen uns und Gott drängen kann, wenn wir es nicht zulassen. Kein Menschenleben ist sinnlos und wertlos. Keines geschaffen nur für den Tod. Wenn wir das glauben, können wir noch etwas aus der Ge- schichte von Josef herauslesen: Edelmut ist nichts aus fernen Zeiten und nichts für abgehobene Sprache. Großzügig sein, ver- zeihen, neu anfangen, Vergangenes vergangen sein lassen, Menschen etwas zutrauen, obwohl wir noch gar nicht sehen, was wir ihnen zutrauen – davon erzählt die Bibel. Auch wenn sie von Josef erzählt, dem Edelmütigen. Edelmut ist auch das, was Gott zeigt. Hoffentlich ist es nur als Wort selten und nicht in der Welt. Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Lied: NL 93,1-3 – Wo Menschen sich vergessen
Ein Fürbittengebet: Gott, gesegnet hast du uns und in Segen gewandelt, was in unserer Hand verdorben war. Gib uns die Kraft deines Geistes, dass wir zum Segen werden. Wir bringen vor dich diese Welt, die Stummen und die Klagenden, die Glücklichen und alle, die den kommenden Tag fürchten; die, die das Leben erwarten, und die, die es verbittert verlassen.. Wir bringen vor dich unser Staunen über die Weisheit der Menschen und unser Erschrecken über die Schuld unter uns. . Und wir bitten dich: Gib uns den Blick für das Notwendige, das Ohr für Klagen, den Geist für das rechte Wort zur rechten Zeit. Gewähre uns die Hoffnung, die uns trägt durch die Tage ohne dich. Wir bitten dich darum in Jesu Namen. Lied: EG 240,1-3 – Du hast uns, Herr, in dir verbunden 1. Du hast uns, Herr, in dir ver - bun - den, nun gib uns gnä - dig das Ge - leit. Dein sind des Ta - ges hel - le Stun - den, dein ist die Freu - de und das Leid. Du seg - nest un - ser täg - lich Brot, du bist uns nah in al - ler Not. 2. Lass unsre Liebe ohne Wanken, / die Treue lass beständig sein. / Halt uns in Worten und Gedanken / von Zorn, Betrug und Lüge rein. / Lass uns doch füreinander stehn, / gib Augen, andrer Last zu sehn. 3. Lehr uns, einander zu vergeben, / wie du in Christus uns getan. / Herr, gib uns teil an deinem Leben, / dass nichts von dir uns scheiden kann./ Mach uns zu deinem Lob bereit, / heut, morgen und in Ewigkeit. Ein Segen aus Irland: An Leidens- und Freudentagen möge das Lächeln Gottes mit dir sein und du dich ihm so nahe fühlen, wie er es für dich ersehnt. Herzliche Grüße Ihr Gerd Siehl, Pfr.
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