GRUNDLAGEN DER ELTERNMITWIRKUNG IN RHEINLAND-PFÄLZISCHEN KITAS - HALTUNG AUFGABEN RECHTE

 
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GRUNDLAGEN DER ELTERNMITWIRKUNG IN RHEINLAND-PFÄLZISCHEN KITAS - HALTUNG AUFGABEN RECHTE
Grundlagen der Elternmitwirkung
in rheinland-pfälzischen KiTas

HALTUNG AUFGAB E N REC H TE

Überarbeitete Auflage
Nach dem neuen KiTa-Gesetz
Gültig ab 1. Juli 2021
GRUNDLAGEN DER ELTERNMITWIRKUNG IN RHEINLAND-PFÄLZISCHEN KITAS - HALTUNG AUFGABEN RECHTE
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                                            Vorwort

                                                                                              Vorwort
     Eine kurze Einführung in den Aküfi

     Aküfi = Abkürzungsfimmel
     AGKJHG = Landesgesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes                                                          KiTas haben sich inzwischen von Betreuungsorten zu
     BEE = Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz                                              Bildungseinrichtungen für Kinder weiterentwickelt.
     EA = Elternausschuss                                                                                                              Damit hat die Bedeutung der Elternmitwirkung zuge-
     EMLVO = Landesverordnung über die Elternmitwirkung in KiTas (KiTaGEMLVO), siehe S. 54                                             nommen. Denn KiTa-Kindern geht es (nur) dann gut,
     GG = Grundgesetz
                                                                                                                                       wenn in der KiTa eine Erziehungspartnerschaft zwi-
     JHA = Jugendhilfeausschuss (des Kreises oder der Stadt)
                                                                                                                                       schen KiTa-Team und Elternschaft gelebt wird. Die
     KEA = Kreiselternausschuss
     KiTaG = Landesgesetz über Kindertagesstätten (KiTaG), siehe S. 52                                                                 Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für die KiTas in
     LJA = Landesjugendamt                                                                                                             RLP sprechen daher auch vom „gemeinsamen Auftrag“
     LJHA = Landesjugendhilfeausschuss                                                                                                 Erziehung und Bildung von Kindern in den Kindertages-
     RLP = Rheinland-Pfalz                                                                                                             stätten (BEE, S. 124).
     SGB VIII = 8. Buch Sozialgesetzbuch: Kinder- und Jugendhilfe
     StEA = Stadtelternausschuss                                                                                                       In der Mehrheit der KiTas wird diese Zusammenarbeit
                                                                                                                                       zwischen Eltern, Träger und Personal konstruktiv im
                                                                                                                                       ­Interesse der Kinder gelebt. Vieles aus diesen guten
                                                                                                                                        Erfahrungen hat in diese Broschüre Eingang gefunden.
                                                                                                                                        Doch es gibt auch Fälle, in denen die Zusammenarbeit
                                                                                                                                        noch nicht so gut gelingt, in denen die Eltern nicht aus-
                                                                                                                                        reichend mitwirken können.

                                                                                                 Wir haben daher im Jahr 2015 diese Broschüre erarbeitet, um für alle KiTa-Eltern und die
                                                                                                 ­Mitglieder der Elternausschüsse darzustellen, welche Einflussmöglichkeiten Eltern haben –
                                                                                                  und welche nicht. Diese Broschüre ist in der Praxis sehr gut angenommen worden und war
                                                                                                  Grundlage für die Zusammenarbeit in der KiTa. Sie bot Orientierung und Rechtssicherheit.
                                                                                                  Mit dem neuen KiTa-Gesetz, das am 1. Juli 2021 in Kraft tritt, sind die Mitwirkungsrechte der
                                                                                                  Eltern auf allen Ebenen deutlich ausgeweitet worden. Es wurden neue Rechte definiert,
                                                                                                  neue Gremien geschaffen und neue Verfahrensweisen eingeführt. Deshalb haben wir auch
                                                                                                 diese Broschüre überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht.
     Impressum
                                                                                                 Sie soll die Rollen und Rechte aller an der KiTa Beteiligten fair und ausgewogen darstellen
     Herausgeber: Landeselternausschuss der KiTas in RLP                                         und damit die Voraussetzung schaffen, dass in der Praxis der Elternmitwirkung nicht um
     c/o Andreas Winheller, Kaiserstraße 35, 55116 Mainz                                         ­Formalien gestritten werden muss. Dann können sich alle Beteiligten auf die Inhalte der
     E-Mail-Kontakt: lea@lea-rlp.de                                                               ­Erziehungspartnerschaft konzentrieren: Eine gute Entwicklung für die Kinder in den KiTas.

     Redaktion: Karin Graeff, Beata Kosno-Müller, Julia Schier, Veronika Snider-Wenz,            Wir freuen uns, dass wir diese Broschüre dank der Unterstützung des Ministeriums für Bildung
     Benjamin Stihler, Andreas Winheller (V.i.S.d.P.)                                            wieder direkt per Post an alle KiTas in RLP verteilen können – mit je einem Exemplar für Träger,
                                                                                                 Leitung und Elternausschuss.
     Rechtliche Beratung: RA Christian Wermke, Asmus Kamchen Koch Wermke GbR,
     Europaallee 18, 67657 Kaiserslautern                                                        Wichtig: Die Ausführungen zum Geist und zur Haltung der Elternmitwirkung gelten für alle
     RA Stefan Winheller, Winheller Rechtsanwälte, Tower 185, Friedrich-Ebert-Anlage 35-37,      KiTas – die Ausführungen zur Rechtslage nicht unbedingt. In manchen KiTas freier Träger
     60327 Frankfurt a.M.                                                                        ­gelten andere Regelungen – in Kapitel II erklären wir, warum das so ist und ob das für Ihre
                                                                                                 KiTa zutrifft…
     Satz und Gestaltung: Agentur Wordwide, Mainz

     Titelfoto: Andrey Kuzmin/fotolia.de

     Druck: johnen-druck GmbH & Co. KG, Bernkastel-Kues
                                                                                                 Andreas Winheller
     Diese Broschüre wurde gefördert aus dem Haushalt des Landes RLP.                            Vorsitzender des Landeselternausschuss RLP

2                                                                                                                                                                                                       3
GRUNDLAGEN DER ELTERNMITWIRKUNG IN RHEINLAND-PFÄLZISCHEN KITAS - HALTUNG AUFGABEN RECHTE
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

         Vorwort........................................................................................................................................................................3                            V.4 Anhörungsrecht des KEA/StEA................................................................................................30
         Inhaltsverzeichnis..................................................................................................................................................4                                       V.5 Wahlanfechtung..............................................................................................................................30

         Geleitwort..................................................................................................................................................................6                        VI     Der Landeselternausschuss RLP (LEA) ............................................................................................31
                                                                                                                                                                                                                     VI.1 Aufgaben des LEA............................................................................................................................31
         I       Elternmitwirkung: Weder Opposition noch ­Festkomitee........................................................... 7
                                                                                                                                                                                                                     VI.2 Vollversammlung auf ­Landesebene ......................................................................................31
         II      Gesetzlicher Standard und Ausnahmeregelungen................................................................... 10                                                                                  VI.3 LEA-Vorstand..................................................................................................................................... 32
                 II.1      Sonderregelungen für freie Träger ........................................................................................ 10                                                                       VI.3.1 	 Wählbarkeit....................................................................................................................................................32
                 II.2 Sonderregelungen für kirchliche Träger .............................................................................. 11                                                                                 VI.3.2 	Wahlverfahren.............................................................................................................................................32
         III     Die Elternversammlung...........................................................................................................................12                                                            VI.3.3 	Konstituierende Sitzung des LEA-Vorstands.......................................................................33
                 III.1 Mitglieder der Elternversammlung.........................................................................................12                                                                             VI.3.4 	Arbeit des LEA-Vorstands..................................................................................................................33
                 III.2 Aufgaben der Elternversammlung .........................................................................................12                                                                              VI.3.5 	Entsendung in den Landesjugendhilfeausschuss...........................................................34
                           III.2.1 	 Entgegennahme von Berichten......................................................................................................12                                             VI.4 Anhörungsrecht des LEA............................................................................................................. 34
                           III.2.2 	 Die Erörterung grundsätzlicher ­Fragen.....................................................................................12                                                   VI.5 Wahlanfechtung.............................................................................................................................. 34
                           III.2.3 	 Die Wahl des Elternausschusses ..................................................................................................13                                      VII Der KiTa-Beirat .......................................................................................................................................... 35
                                        III.2.3.1 	 Mitgliederanzahl des Elternausschusses............................................................13                                                             VII.1 Wahl der Elternvertretung im ­KiTa-Beirat........................................................................... 35
                                        III.2.3.2 	 Wahlberechtigte.....................................................................................................................14                           VII.2 KiTa-Beirat und Elternausschuss............................................................................................. 36
                                        III.2.3.3 	 Wählbarkeit................................................................................................................................14
                                                                                                                                                                                                              VIII Individuelle Mitwirkung der Eltern.................................................................................................... 37
                                        III.2.3.4 Ablauf der Wahl / Wahlverfahren.............................................................................14
                                        III.2.3.5 Wahlanfechtung.....................................................................................................................15                       IX     Informelle Mitwirkungsformen in der Elternarbeit.....................................................................41
                 III.3 Verfahrensregeln in der ­Elternversammlung.....................................................................16                                                                      X      Umgang mit Konflikten........................................................................................................................... 42
         IV      Der Elternausschuss..................................................................................................................................17                                             X.1       Beschwerdemanagement in der KiTa................................................................................... 42
                 IV.1 Teilnahme an Elternausschuss-­Sitzungen...........................................................................17                                                                           X.2 Einbeziehung der Fachberatung.............................................................................................. 43
                 IV.2 Aufgaben des Elternausschusses............................................................................................17                                                                   X.3 Beschwerde beim Landes­jugendamt gemäß § 10 KiTaG............................................. 44
                 IV.3 Funktionsämter im E
                                        ­ lternausschuss.......................................................................................19                                                                    X.4 Unterstützung durch KEA/StEA und LEA............................................................................ 45
                 IV.4 Rechte und Pflichten des Elternausschusses und seiner Mitglieder......................19                                                                                                        X.5 Techniken konstruktiver K
                                                                                                                                                                                                                                                  ­ onfliktbewältigung.................................................................. 45
                 IV.5 Sitzungen des Elternausschusses............................................................................................21                                                                   X.6 Wie man gute Lösungen a
                                                                                                                                                                                                                                                ­ ushandelt..................................................................................... 47
                           IV.5.1 	 Einladung, Sitzungsort, Tagesordnung......................................................................................21                                              XI      Fragen und Antworten zur Elternmitwirkung............................................................................... 48
                           IV.5.2 	 Digitale Kommunikation.......................................................................................................................22                           XII Rechtsgrundlagen..................................................................................................................................... 52
                           IV.5.3 	 Abstimmungen...........................................................................................................................................23                         XII.1 Bundesrecht: Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).............................................. 52
                           IV.5.4 	 Protokoll............................................................................................................................................................23           XII.2 Landesrecht Rheinland-Pfalz.................................................................................................... 52
                           IV.5.5 	 Vertraulichkeit.............................................................................................................................................. 25                           XII.2.1 	Kindertagesstättengesetz Rheinland-Pfalz.......................................................................... 52
         V       Einrichtungsübergreifende Elternmitwirkung (KEA/StEA) .................................................. 26                                                                                                   XII.2.2 	Elternmitwirkungs-Verordnung RLP........................................................................................... 53
                 V.1       Aufgaben des KEA/StEA............................................................................................................. 26                                                      XII.3 Mitwirkungsrechte in kirchlichen Kindertagesstätten.................................................. 65
                 V.2 KEA/StEA-Vollversammlung (Jugendamtsbezirk)......................................................... 27                                                                                  XIII Literaturempfehlungen.......................................................................................................................... 66
                 V.3 KEA/StEA-Vorstand....................................................................................................................... 28
                           V.3.1 	 Wählbarkeit....................................................................................................................................................28
                           V.3.2 	 Wahlverfahren.............................................................................................................................................28
                           V.3.3 	 Konstituierende Sitzung des KEA/StEA-Vorstands........................................................29
                           V.3.4 	 Arbeit des KEA/StEA-Vorstands...................................................................................................29
                           V.3.5 	 Entsendung in den Jugendhilfe­ausschuss ..........................................................................29

4                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           5
GRUNDLAGEN DER ELTERNMITWIRKUNG IN RHEINLAND-PFÄLZISCHEN KITAS - HALTUNG AUFGABEN RECHTE
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                 Elternmitwirkung: Weder Opposition noch ­Festkomitee

    Geleitwort                                                                                            I E
                                                                                                             lternmitwirkung: Weder Opposition noch
                                                                                                            ­Festkomitee
                                               Sehr geehrte Damen und Herren,                             Eltern haben das Recht, an der Gestaltung der KiTa
                                                                                                          mitzuwirken. Dieses Recht ergibt sich aus Art. 6 Abs.         KURZ & KNAPP:
                                               ein Freund aus Afrika brachte die Unterschiede in der      2 GG: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das na-           Elternmitwirkung
                                               Erziehung zwischen Afrika und Europa wie folgt auf         türliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen
                                               den Punkt: „Bei uns braucht es ein ganzes Dorf, um ein     obliegende Pflicht.“ Das KiTa-Bundesgesetz Sozial-             Eine gute KiTa-Qualität kann nur entstehen,
                                               Kind zu erziehen. Bei Euch lastet der ganze Druck der      gesetzbuch VIII (SGB VIII) und das KiTa-Landesgesetz              wenn die Eltern bei der Gestaltung der KiTa-­
                                               Normenvermittlung auf den Schultern zweier armer,          in Rheinland-Pfalz (KiTaG) schreiben daher das Be-                Arbeit mitreden dürfen.
                                               verunsicherter Eltern“. Heute haben wir die Erkenntnis,    teiligungsrecht der Eltern für alle Träger bindend fest:
                                               dass auch bei uns ein „kompetentes System“ der Kin-        „Einrichtungsträger, -leitung, -personal und Eltern            Pädagogisch geht es darum, dass die
                                               derbetreuung agieren muss, um Kinder zu eigenverant-       begegnen sich in der Tageseinrichtung als Erzie-                  wichtigen Bezugspersonen für die Kinder
                                               wortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten       hungspartner, die die Erziehung, Bildung und Be-                  (Eltern und Team) miteinander und nicht
                                               zu erziehen. Ein wesentlicher Part – und das hat sich      treuung der Kinder gemeinsam gestalten. Eine ko-                  gegeneinander arbeiten.
                                               nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie gezeigt – sind     operative Zusammenarbeit der Beteiligten ist ein
                                               dabei die Kindertageseinrichtungen, die, um im Bild zu     Ausweis von Qualität und eine wichtige Vorausset-              Rechtlich sichert die Elternmitwirkung
                                               bleiben, das moderne Dorf für ein Kind bilden; die So­     zung für die Förderung des Wohles der Kinder. Aus                 nach dem KiTa-Gesetz das in Art. 6 Abs. 2
                                               zialräume öffnen und mit ihrer Umwelt, ihrem Dorf oder     diesem Grund kommt der Elternmitwirkung in Tages-                 Grundgesetz garantierte Erziehungsrecht
                                               ihrem Stadtteil in Beziehung treten.                       einrichtungen ein besonderes Gewicht zu.“                         der Eltern.
                                                                                                          (Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 KiTaG RLP.)
         Kindertageseinrichtungen sind wesentliche Bildungs- und Sozialisationsorte. In Deutschland
         sind laut Artikel 6 des Grundgesetzes die Eltern die ersten Verantwortungsträger für Pflege      Doch Elternmitwirkung ist nicht nur eine Rechtsfrage.       Bei der Mitwirkung der Eltern geht es also nicht um
         und Erziehung ihrer Kinder, die Familie steht unter einem besonderen Schutz der staatlichen      Sie ist nicht gegen den Träger oder das KiTa-Team           eine reine Information oder Anhörung der Eltern –
         Ordnung. Daher ist eine starke Rolle der Eltern gerade in einer Kindertageseinrichtung ein       gerichtet. Kinder können sich in der KiTa nur dann          sondern um eine Mitgestaltung der Eltern als beste
         wichtiger Ausfluss aus den Grundrechten.                                                         gut entwickeln, wenn das KiTa-Team, die Leitung, die        „Experten für ihre Kinder“. Andererseits ist die KiTa
                                                                                                          Eltern und die Träger kooperativ zum Wohle der Kin-         kein Dienstleistungsbetrieb für die Eltern, sie wird
         Dem Landeselternausschuss ist es zu verdanken, dass die Rolle der Eltern stärker und sys­        der zusammenarbeiten. §3 Abs. 1 KiTaG spricht von           nicht von den Elternwünschen dominiert. Als Ein­
         tematischer in den gesetzlichen Grundlagen der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz           der „Verantwortungsgemeinschaft zum Wohle des               richtung der Kinder- und Jugendhilfe hat sie zwar –
         hervorgehoben wird, dies machte auch die vorliegende zweite Auflage der Elternmitwirkungs-       Kindes“. Diese „Bildungs- und Erziehungspartner-           anders als Schulen – kein eigenes Erziehungsrecht,
         broschüre erforderlich. Eltern sind so unterschiedlich und vielfältig wie die gesamte Gesell-    schaft“ ist zentrale Voraussetzung für eine gute           das sie notfalls auch gegen Eltern durchsetzen
         schaft. Elternmitwirkung heißt, diese Vielfalt in den Gremien auch zu repräsentieren und den     ­KiTa-Qualität. Wo Elternmitwirkung zur destruktiven       ­könnte; sie ist aber gesetzlich verpflichtet, ihre Arbeit
         Diskurs zum Wohle der Kinder und ihrer Familien zu nutzen. Dazu bedarf es Grundlagen,             „Opposition“ gegen Träger oder KiTa-Team wird, ist         auf sozial­pädagogisch-fachlicher Grundlage auszu-
         Methoden, Techniken und der Haltung, laute und leise Stimmen zu hören, Interessen mitein-         die KiTa gescheitert.                                      üben. So können im Interesse des Kindeswohls be-
         ander zu verbinden und zielorientiert auszurichten.                                                                                                          stimmte ­Aspekte der Arbeit in der KiTa auch gegen
                                                                                                             „Eltern sind die ersten und in aller Regel wich-         den erklärten Willen der Eltern stattfinden.
         Als Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) ist      tigsten Bindungspersonen ihres Kindes. Damit             Die Mitglieder des KiTa-Teams sind keine Angestell-
         es uns ein Anliegen, die Qualität der Kindertagesbetreuung stetig und wirksam zu verbessern.        sind die Eltern auch die wichtigsten Partner             ten der Eltern, somit ihnen gegenüber auch nicht
         Eltern und pädagogische Fachkräfte, sowie alle Akteur*innen in der Kindertagesbetreuung             der Kindertageseinrichtung bei der Erziehung             weisungsgebunden. Ihnen bleibt in ihrer Arbeit
         müssen sich als Partner verstehen, die aus einer positiven, wertschätzenden und konstrukti-         und Bildung der Kinder […] Es gehört daher zur           Raum für eigene fachliche Entscheidungen. Es ist
         ven Haltung heraus miteinander agieren.                                                             Profession und der damit verbundenen Ver-                allerdings Grundprinzip ihrer fachlichen Arbeit, da-
                                                                                                             antwortung, dass sich die pädagogischen                  bei die Wünsche der Eltern zu „beachten“. Dies er-
         Nur so kann das „moderne Dorf“ sicher helfen, die herausfordernde Aufgabe der Eltern                Fachkräfte einer Kindertageseinrichtung zum              fordert einen offenen Austausch über die jeweiligen
         ­gemeinsam zu schultern und das Leben insgesamt zu einer reichen Erfahrung für Kinder               einen bewusst sind, welche elementare Be-                Vorstellungen und Werte, konstruktive Aushand-
          und ihre Familien zu machen.                                                                       deutung Eltern und Herkunftsfamilie für das              lungsprozesse auf der Grundlage von gegenseiti-
                                                                                                             Kind haben, und zum anderen wissen, dass sie             gem Respekt und Anerkennung für die jeweiligen
                                                                                                             sich selbst mit ihrem eigenen Blick auf die             Kompetenzen sowie die Suche nach einvernehmli-
         Prof. Dr. Armin Schneider                                                                           Welt und ihrer eigenen Persönlichkeit in die            chen Regelungen.
         Direktor des Institutes für Bildung, Erziehung und                                                  Erziehung und Bildung der ihnen anvertrauten            Sowohl das KiTa-Team als auch die Eltern sind wich-
         Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB)                                                  Kinder einbringen.“                                     tige Bindungspersonen für die Kinder. Dies gilt umso
                                                                                                             (Roth, X. – Handbuch Elternarbeit, 2014, S. 20f.)       mehr, als die Betreuungszeiten durch die Zunahme

6                                                                                                                                                                                                                                 7
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                             Elternmitwirkung: Weder Opposition noch ­Festkomitee

     von Ganztagsplätzen in den letzten Jahren stark ge-      Aushandlungslösungen sind in der Lage, die not-          immer wieder daran erinnern soll, dass nur Koopera-       Sehr oft gelingt diese Zusammenarbeit sehr gut. In
     stiegen sind. Im Interesse der Kinder muss daher         wendigen konstruktiven Ergebnisse herbeizuführen.        tion mit der Anerkennung der anderen Beteiligten als      Schulungen und Beratungen, die der Landeseltern-
     unbedingt verhindert werden, dass diese Bindungs-        In dieser Frage besteht Konsens, denn auch Tanja         gleichwichtig und gleichwürdig zu einer Beziehungs-       ausschuss seit vielen Jahren anbietet, hören wir
     personen Konflikte auf dem Rücken des Kindes             Betz beschreibt ihre Vorstellung für die Hand-           gestaltung führt, durch die KiTa gelingen und die         ­allerdings immer wieder auch von Fällen, in denen
    ­austragen, indem sie durch gegensätzliche Bot-           lungskoordination wie folgt:                             Kinder gut aufwachsen können.                              die Kooperation nicht gelingt. Dies liegt nicht selten
     schaften (schlimmstenfalls mangelnden Respekt zur                                                                                                                            an negativen Rollenbildern und (In-)Kompetenzzu-
     anderen Bindungsperson) das Kind in Loyalitäts-             „Sie können im Dialog miteinander aushan-                 „Eine „Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“          schreibungen, die überwunden werden müssen:
     und Identitätskonflikte drängen. Es ist daher die ge-       deln, wie sie angesichts mitunter einschrän-              erhebt den Anspruch an die Fachkräfte, den
     meinsame Verantwortung der Erwachsenen, mitei-              kender Rahmenbedingungen auf beiden Sei-                  Eltern auf Augenhöhe zu begegnen. „Partner-            Nur wenn Träger und KiTa-Leitungen die Eltern-
     nander zu kooperieren und gemeinsame Wege zu                ten gut zusammenarbeiten wollen und dabei                schaft“ bringt zum Ausdruck, dass beide                   mitwirkung als Chance sehen und nicht als läs-
     finden. Die gesetzliche Elternmitwirkung soll diese         die Perspektiven aller Beteiligten – auch die            ­Seiten – Eltern und Fachkräfte – „Partner“ mit           tige Einmischung in ihren eigenen Kompetenz­
     Partizipation sichern.                                      der Kinder – in Betracht ziehen (wollen).“                Blick auf die Erziehung, Bildung und Betreu-             bereich, die man möglichst klein halten muss,
     Deshalb definieren die Bildungs- und Erziehungs-            (Betz, Tanja – Erziehungspartnerschaft: Ein               ung des Kindes sind.“
    empfehlungen für die KiTas in Rheinland-Pfalz die            Ideal, dem in der Praxis nicht entsprochen                (Landesjugendhilfeausschuss, Die Zusammen­             nur wenn KiTa-Eltern die Elternmitwirkung nicht
    Bildung und Erziehung der KiTa-Kinder als „gemein-           werden kann. In: kindergarten heute 2/2019,               arbeit mit Eltern, 2017, S. 15f.)                        als Kontrollrechte, sondern als Mitgestaltungs-
    samen Auftrag“.                                              S. 10ff., 13.)                                                                                                     chancen sehen, die durch konstruktive Vorschlä-
                                                                                                                                                                                    ge ausgeübt werden müssen,
       „Die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft                                                                      Das KiTa-System geht rechtlich von dem Idealfall
       zwischen den Eltern und der Kindertagesstätte          Für diese Aushandlungsprozesse gilt: „Augenhöhe“         aus, dass Eltern sich eine KiTa für ihr Kind aussuchen     nur wenn das KiTa-Team die Eltern als kom­pe­
       ist die Grundlage für eine auf Dauer angelegte         in der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft hat         können, deren grundlegende konzeptionelle Aus-               tente Experten für ihre Kinder betrachtet (und
       konstruktive, partnerschaftliche Bildungs- und         nichts mit formaler Qualifikation oder Status zu tun.    richtung ihren eigenen Erziehungsvorstellungen ent-          nicht als zur Erziehung inkompetent) und die
       Erziehungsarbeit mit dem Kind […] Erziehungs-           „Augenhöhe“ erfordert auch keine ausgewogene            spricht, so dass die Elternmitwirkung nur noch für die       ­Eltern das Team als Fachexperten für Erziehung
       und Bildungspartnerschaft beschreibt einen              Machtbalance – wann wäre diese auch jemals in           pädagogische „Feinjustierung“ im KiTa-Alltag sorgen           und Bildung anerkennen (und nicht als Träger
       gemeinsamen Auftrag mit dem Ziel, Metho-               ­Verhandlungsprozessen gegeben? Augenhöhe ist            muss. Genau diese Voraussetzung ist aber an vielen            eines „Bastel-Diploms“),
       den und Lösungsansätze zu entwickeln, die               vielmehr eine professionelle Haltung, die sich ins-     Stellen des Landes heute nicht gegeben. Wo Kom-
       den persönlichen Entwicklungsprozess des               besondere im Respekt gegenüber dem Anderen,              munen nur mit Mühe überhaupt den Rechtsanspruch            dann und nur dann kann eine gute KiTa entstehen,
       Kindes aufzeigen und festschreiben.“                   seinen Perspektiven und seinen Bedürfnissen äu-          auf einen KiTa-Platz erfüllen können, wo KiTas ellen-        in denen es den Kindern gut geht.
       (Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für              ßert. Augenhöhe bedeutet, dem Anderen zuzuhören,         lange Wartelisten haben, müssen sich Familien oft
       KiTas in RLP (BEE), S. 124.)                           sich für seine Sichtweise ernsthaft zu interessieren     genug mit irgendeiner zugewiesenen KiTa zufrieden-        Daraus ergibt sich im Interesse des Kindeswohls eine
                                                              und nicht schon vorab zu glauben, dass die eigenen       geben, um überhaupt ein Betreuungsangebot für ihr         Kooperationspflicht aller Beteiligten!
                                                              Perspektiven und Lösungsideen richtiger sind als die     Kind zu bekommen.
    Seit einiger Zeit verbreitet die Mainzer Professorin      des Anderen.                                             Diese Not führt dazu, dass die Wahl der Einrichtung       Die Verfahren der Elternmitwirkung, die im Folgen-
    Tanja Betz die These, dass eine solche Erziehungs-        Aushandlungsprozesse ohne Augenhöhe führen all-          als pädagogisch-konzeptionelle Selektion der Eltern-      den beschrieben werden, müssen daher immer in
    partnerschaft angeblich aufgrund mangelnder fach-         zu oft zu Widerstand und Eskalation. Und hier liegt      wünsche nicht mehr wirksam ist. Im Ergebnis muss          diesem Geist gelebt werden. Unnötiger Streit über
    licher Qualifikation der Eltern gar nicht möglich sei.    die Gefahr der Diskussion, die Tanja Betz in den KiTas   die größere Heterogenität der Bedürfnisse in der          Formfragen kann verhindert werden, wenn die recht-
    Vielmehr seien die Fachkräfte durch ihre Ausbildung       befeuert: Dass Fachkräfte die Kritik am Begriff der      KiTa bearbeitet werden. Das stellt Träger und KiTa­-      lichen Grundlagen der Elternmitwirkung bekannt
    kompetenter zu entscheiden, was gut für die Kinder        „Partnerschaft“ als Rechtfertigung nutzen könnten,       Teams vor sehr große Herausforderungen. Dadurch           sind und in der KiTa-Praxis beachtet werden. Wenn
    sei. Diese Auffassung belastet unnötig die Koopera-       sich den Eltern in den notwendigen Aushandlungs-         wird die Elternmitwirkung dann einerseits in der Praxis   wir also diese „Formalien“ in den nächsten Kapiteln
     tion in der KiTa.                                        prozessen überlegen zu fühlen. Ihre eigene fachliche     schwieriger, weil Interessengegensätze zunehmen,          detailliert abhandeln, dann um alle Beteiligten zu
     Deshalb ist wichtig festzuhalten, dass die Thesen von    (kognitive) Kompetenz oder eine verschriftlichte         andererseits aber auch wichtiger, da nur so eine part-    entlasten, damit sich der Diskurs zwischen Eltern,
     Tanja Betz sowohl der Rechtslage in RLP widerspre-       Konzeption als Begründung zu nutzen, Perspektiven        nerschaftliche Zusammenarbeit gelingen kann, die          Träger und Team auf die inhaltlichen Fragen kon­
     chen, als auch fachlich höchst dürftig begründet         und Bedürfnisse der Eltern nicht ernst nehmen zu         den Kindern in den KiTas eine Orien­tierung gibt.         zentrieren kann.
     sind. Denn seit Jahren scheitert sie daran, konkret zu   müssen. Dann allerdings werden sie die Eltern nicht
     beschreiben, was denn die Alternative zu einer „Part-    mehr erreichen, keine konstruktiven Lösungen erzie-
     nerschaft“ sein soll.                                    len können – und die Kinder müssen es ausbaden.
     Angesichts der rechtlichen und pädagogischen             Bildungs- und Erziehungspartnerschaft ist daher
    ­Rahmenbedingungen verbieten sich einseitige              nicht die Beschreibung eines perfekten Ist-Zustan-
     Machtstrategien für Eltern und KiTa-Team, alleine        des, sondern visionärer Anspruch, der alle Beteiligten

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Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                      Gesetzlicher Standard und Ausnahmeregelungen

     II Gesetzlicher Standard und Ausnahmeregelungen

     Das KiTaG beschreibt in seinen §§ 9 und 10 und der                                                                     Den Anspruch aller Eltern auf Information über        Mitwirkungsrechte der Eltern unzulässig einge-
     dazugehörigen Elternmitwirkungsverordnung de-                 betreuung in Tageseinrichtungen zu achten                  grundsätzliche Angelegenheiten der KiTa ein-         schränkt werden, kann von den Betroffenen analog §
     taillierte Regelungen für die institutionalisierte El-        sind, bleibt damit den Einrichtungsträgern                 schließlich der Möglichkeit, diese Themen in einer   10 KiTaG im Beschwerdeverfahren beim Landesju-
     ternmitwirkung, die grundsätzlich erst einmal für alle        überlassen.“                                               regelmäßigen Versammlung der Elternschaft zu         gendamt überprüft werden.
     KiTas in RLP gelten.                                          (Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 1 KiTaG RLP.)             erörtern.
     Staatliche KiTas sind uneingeschränkt an diese
     ­Regelungen gebunden. In den folgenden Kapiteln                                                                        Ein diskriminierungsfreies Wahlverfahren, das
      dieser Broschüre stellen wir diese Regelungen vor,        Freie Träger dürfen also eigene Regelungen erlas-             insbesondere auch das demokratische Recht auf        II.2 S
                                                                                                                                                                                         onderregelungen für
      da sie für die große Mehrzahl der KiTas in RLP gelten     sen. „Regelung“ bedeutet zunächst, dass es trans­             geheime Wahl angemessen berücksichtigt.                   kirchliche Träger
      werden.                                                   parente abstrakte Normen sein müssen. Ein freier
      In KiTas freier Träger gelten aber möglicherweise         Träger darf also nicht einfach im Einzelfall gesetzli-      Eine eigene und von Interventionen des Trägers        Die Kirchen haben bereits aufgrund ihrer Verfas-
      etwas andere Regelungen. Wenn Sie also in einer           che Bestimmungen missachten, sondern er muss in               oder der Leitung freie Willensbildung der Eltern-    sungsrechte, die in § 11 Abs. 2 KiTaG ausdrücklich
      KiTa in freier Trägerschaft sind, sollten Sie die nach-   seinen Gremien eine eigene „Elternmitwirkungsord-             schaft.                                              bekräftigt werden, die Kompetenz, „ihre Angelegen-
      folgenden Absätze lesen und ggf. ihren Träger fra-        nung“ rechtswirksam erlassen haben. Diese Ordnung                                                                  heiten selbständig zu ordnen und zu verwalten“.
      gen, ob es bei Ihnen abweichende Regelungen gibt.         muss für alle Beteiligten transparent sein, d.h. sie ist    Das Recht der Elternschaft oder ihrer repräsenta-     Das bedeutet, dass sowohl die katholischen Bistü-
                                                                Teil der Konzeption, die im Rahmen des Antrages auf           tiven Vertretung, in allen wesentlichen Angele-      mer als auch evangelische Landeskirchen (aber nicht
                                                                Betriebserlaubnis dem Landesjugendamt als Geneh­              genheiten rechtzeitig angehört zu werden und         einzelne Gemeinden) Ordnungen erlassen dürfen,
     II.1 S
           onderregelungen für freie Träger                    migungsbehörde vorzulegen ist. Diese Regelung ist             mit den eigenen Vorstellungen an der Meinungs-       die die Elternmitwirkung regeln. Von dem Recht, ei-
                                                                außerdem Eltern spätestens bei der Anmeldung für              bildung des Trägers mitwirken zu können.             gene Elternmitwirkungsordnungen zu erlassen, ha-
     § 11 Abs. 1 KiTaG gibt den freien Trägern das Recht,       die KiTa zugänglich zu machen, da dadurch das Er-                                                                  ben die Kirchen in RLP teilweise Gebrauch gemacht.
     eigene Regelungen für die Elternmitwirkung zu er-          ziehungsrecht der Eltern institutionell konkretisiert       Das Recht einer repräsentativen Elternvertretung,     Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Broschüre gab
     lassen, die von den Bestimmungen der §§ 9 und 10           wird.                                                         die Elternschaft kontinuierlich transparent über     es in folgenden Bereichen eigene Regelungen (nä-
     KiTaG und der staatlichen Elternmitwirkungsver­            Diese Regelung ist dann die „Geschäftsgrundlage“              die eigene Arbeit zu informieren.                    heres siehe Kapitel XII.3):
     ordnung abweichen dürfen. Der LEA sieht diese              für die Kooperation mit den Eltern in dieser KiTa. Des-
     ­Be­stimmung äußerst kritisch, weil sie zu einem Fli-      wegen ist diese Regelung von allen Beteiligten ein-         Das Recht der Eltern, bei Verletzung ihrer Eltern-    Katholische Kirche
      ckenteppich in der Elternmitwirkung und großer            zuhalten, ein schlichtes Abweichen im Ausnahmefall            mitwirkungsrechte Beschwerde bei einer unab-         Bistum Mainz, Bistum Limburg, Erzbistum Köln
      Rechtsunsicherheit führen kann.                           ist auch durch den Träger nach § 11 Abs. 1 KiTaG nicht        hängigen Stelle führen zu dürfen und ggf. das        Die anderen katholischen Bistümer in RLP haben an-
                                                                zulässig. Hat ein freier Träger keine solche eigenstän-       Landesjugendamt als Aufsichtsbehörde mit der         gekündigt, eigene Ordnungen erarbeiten zu wollen.
        „Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien        dige Ordnung erlassen, gilt uneingeschränkt das               Angelegenheit zu befassen, sofern keine Ver-         Diese lagen zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser
        Jugendhilfe partnerschaftlich zusammenar-               staatliche Recht.                                             ständigung vor Ort erreicht werden kann.             Broschüre aber noch nicht vor.
        beiten. Sie hat dabei die Selbstständigkeit der
        freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durch-            Eine eigenständige Regelung der Elternmitwirkung           Ob die eigene Regelung des KiTa-Trägers den Anfor-      Evangelische Kirche
        führung ihrer Aufgaben sowie in der Gestal-             ist aber nur insoweit gültig, wie sie „gleichwertig“ mit   derungen des § 11 Abs. 1 KiTaG entspricht oder ob die   Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
        tung ihrer Organisationsstruktur zu achten […]          dem staatlichen Recht ist. Gleichwertigkeit bedeutet,
        Damit ist klargestellt, dass die Träger nicht           dass die Verwirklichung des verfassungsrechtlich
        exakt die Regelung der §§ 9 und 10 abbilden             geschützten Mitwirkungsrechtes der Eltern anders,
        müssen. Es kommt vielmehr darauf an, dass               aber nicht schlechter, ausgestaltet werden darf. § 11
        das die Grundprinzip der Elternmitwirkung               Abs. 1 KiTaG stellt daher Elternrechte nicht ins Belie-
        bei grundsätzlichen sowie wesentlichen An-              ben der freien Träger, sondern schützt deren We-
        gelegenheiten durch rechtzeitige Information,           sensgehalt und ermöglicht gleichzeitig, die „Oberflä-
        Anhörung und Mitwirkungsmöglichkeiten in                chenstruktur“ der Regelung an die Besonderheit der
        den eigenen Regeln der Träger der freien Ju-            eigenen Einrichtungen und deren Konzeption anzu-
        gendhilfe zum Tragen kommen kann.                       passen.
        Die konkrete Ausgestaltung dieser Prinzipien,
        die ihre Grundlagen in den Rechten der Betei-           In jedem Fall muss die eigenständige Regelung ei-
        ligten finden, die nach dem Jugendhilferecht            nes freien Trägers die Grundprinzipien der Eltern­
        bereits heute bei der Gestaltung der Tages­             mitwirkung berücksichtigen, insbesondere:

10                                                                                                                                                                                                                                       11
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                                                  Die Elternversammlung

     III Die Elternversammlung

     Gemäß § 9 Abs. 1 KiTaG findet die institutionalisierte   In der Elternversammlung tagen alle Eltern gemein-      partnerschaft ist es im Interesse aller Beteiligten,     ­Mitgliedern. Diese Zahl ist unveränderlich und kann
     Elternmitwirkung in zwei Gremien statt: In der El-       sam und gruppenübergreifend. Daneben können             dass „grundsätzliche Fragen“ mit möglichst allen El-      auch nicht durch einen Beschluss der Elternver-
     ternversammlung und dem Elternausschuss (EA).            „Gruppenelternabende“ durchgeführt werden – die-        tern erörtert werden. Grundsätzliche Fragen sind da-     sammlung verändert werden. Sollten nicht genug
     Die Elternversammlung ist dabei das höchste Gremi-       se haben aber nicht die Kompetenz einer Elternver-      bei gruppenübergreifende Themen von besonderer           Kandidierende zur Verfügung stehen, so bleiben
     um der KiTa-Eltern. Hier findet die direkte Meinungs-    sammlung. KiTa-Leitung und Trägervertretung neh-        Bedeutung (z.B. Bedarfsplanung, pädagogische             Plätze frei und können im Laufe des Jahres durch die
     und Willensbildung der KiTa-Elternschaft statt.          men grundsätzlich an der Elternversammlung teil.        Konzeption, Öffnungszeiten). Wenn ein solches The-       Elternversammlung nachbesetzt werden.
                                                              Das ergibt sich aus den Grundprinzipien der Eltern-     ma in der Elternversammlung erörtert wird, dann er-      Es ist sehr empfehlenswert, dass die Elternversamm-
                                                              mitwirkung als Kooperationsprozess.                     gibt sich eine bessere Information der Eltern und eine   lung direkt auch Ersatzmitglieder wählt, die in der
        KURZ & KNAPP:                                                                                                 noch breitere Legitimation für ein Meinungsbild. Als     Reihenfolge ihrer Stimmenzahl nachrücken, wenn
        Elternversammlung                                                                                             direktem Vertretungsgremium steht der Elternver-         ein EA-Mitglied während der Amtszeit ausscheidet
                                                              III.2 Aufgaben der Elternversammlung                   sammlung das Recht zu, Positionierungen des Elter-       (z.B. weil das Kind die KiTa verlässt).
         In der Elternversammlung treffen sich alle                                                                  nausschusses als repräsentativem Vertretungsgre-
           KiTa-Eltern.                                       Die Elternversammlung hat drei Aufgaben:                mium zu überstimmen. „Erörtern“ bedeutet, dass die            Beispiel: In einer KiTa mit 55 Betreuungsplätzen
                                                                                                                      Eltern informiert werden, ihre Vorstellungen anspre-        laut Betriebserlaubnis sind 6 Mitglieder zu wäh-
         Fragen von grundsätzlicher Bedeutung                 Entgegennahme von Berichten über „wichtige            chen und ein Meinungsbild abgegeben dürfen, das             len. Daneben können beliebig viele Ersatzmitglie-
           (z.B. Konzeption) sollen in der Elternver-            Entwicklungen“                                       KiTa-Team und Träger dann bei ihrer Entscheidungs-          der als Nachrücker gewählt werden.
           sammlung erörtert werden, damit alle El-                                                                   findung berücksichtigen sollen. Dies bedeutet aller-
           tern einbezogen werden.                             Die „Erörterung grundsätzlicher Fragen“               dings nicht „Mitbestimmung“:

         Jedes Jahr bis Ende Oktober wählt die El-            Die Wahl des Elternausschusses                           „Damit ist deutlich gemacht, dass […] keine die
                                                                                                                                                                                  KURZ & KNAPP:
           ternversammlung den Elternausschuss.                                                                          Trägerfreiheit und -verantwortung einschrän-
                                                                                                                         kenden Mitentscheidungs- oder Vetorechte                 Wahl des Elternausschusses (EA)
                                                              III.2.1 E
                                                                       ntgegennahme von Berichten                       zukommen. Der Grad der tatsächlichen Ein-
                                                              Das neue Gesetz bestimmt jetzt ausdrücklich, dass          flussnahme und Mitgestaltung hängt wesent-                Der EA besteht aus einem Mitglied pro ange-
     III.1 M
            itglieder der Elternversammlung                  die Elternversammlung ausführlich über die Situa­          lich vom gegenseitigen Verständnis und ko-                  fangene 10 Plätze gem. Betriebserlaubnis.
                                                              tion der KiTa informiert werden soll:                      operativen Stil der Beteiligten ab. […] Die Voten
     Die Elternversammlung besteht aus allen Eltern der                                                                  der Eltern sind immer ernst zu nehmen, bei                Die Wahl muss in der Versammlung aller
     die Kindertagesstätte besuchenden Kinder (§ 9 Abs.          „In der Elternversammlung erfolgt daher eine            Meinungsunterschieden sollte stets Einver-                  KiTa-Eltern stattfinden, nicht z.B. in Grup-
     1 Satz 1 KiTaG). Als „Eltern“ zählen gemäß § 2 Abs. 3       umfassende Information zu allgemeinen Sach-             nehmen angestrebt werden.“                                  penelternabenden.
     KiTaG „Personen nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 und 6 SGB VIII“.      ständen und Entwicklungen der Einrichtung               (Baader/Flach et al. – Kindertagesstättenge-
     Das bedeutet, dass neben den „juristischen Eltern“          z. B. als Jahresrückblick oder -vorschau durch          setz RLP, Kommentar, 9. Auflage, 2015, S. 55.)            Nur anwesende Eltern dürfen wählen.
     auch die „soziale Elternschaft“ anerkannt wird:             den Einrichtungsträger und den Elternaus-
                                                                 schuss.“                                                                                                          Gewählt werden können alle anwesenden
        „Neben den personensorgeberechtigten El-                 (Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 2 KiTaG RLP.)        III.2.3 Die Wahl des Elternausschusses                        Eltern oder Eltern, die ihre Kandidatur vor-
        ternteilen eines Kindes (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII)                                                           In jeder Kindertagesstätte in Rheinland-Pfalz ist              her schriftlich erklärt haben.
        können nach § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII Personen                                                                zwingend einmal im Jahr ein Elternausschuss (EA) zu
        über 18 Jahre erziehungsberechtigt sein, die          Mit diesem neuen Auftrag ausdrücklicher Bericht­        wählen. Grundlage dafür sind § 9 KiTaG RLP sowie die         Die Wahl muss geheim durchgeführt wer-
        aufgrund einer Vereinbarung mit dem Perso-            erstattung durch Träger und (bisherigen) Elternaus-     Elternmitwirkungsverordnung des Landes Rhein-                  den, es sei denn, dass niemand geheim
        nensorgeberechtigten nicht nur vorüberge-             schuss ist noch einmal klargestellt worden, dass        land-Pfalz. Die Wahl soll in der Zeit zwischen dem             wählen möchte.
        hend und nicht nur für einzelne Verrichtungen         ­insbesondere auch auf der Wahlversammlung die          Ende der Schulsommerferien und Ende Oktober ei-
        Aufgaben der Personensorge wahrnehmen.                 Chance zum inhaltlichen Austausch genutzt werden       nes jeden Jahres erfolgen und steht in der organisa-         KiTa-Leitung und Träger dürfen keinen Ein-
        Dieser Begriff der Elternschaft, der auch § 3          soll. Dies bietet dann auch die Gelegenheit, im spä-   torischen Verantwortung des Trägers.                           fluss auf die Wahl nehmen, also keine Kan-
        KiTaG zugrunde liegt, orientiert sich an der tat-      teren Verlauf der Sitzung eine fundierte Wahlent-                                                                     didaten empfehlen oder ablehnen.
        sächlichen Lebenssituation von Kindern. Er             scheidung zu treffen.                                  III.2.3.1 Mitgliederanzahl des Elternaus-
        spiegelt die tatsächliche Vielfalt von Familien-                                                                         schusses                                          Wenn möglich sollten bereits Ersatzmit-
        formen und Betreuungsmodalitäten.“                    III.2.2 D ie Erörterung grundsätzlicher                Der Elternausschuss besteht aus einem Mitglied                 glieder gewählt werden, falls während des
        (Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 3 KiTaG RLP.)                 ­Fragen                                         pro angefangene 10 Betreuungsplätze der KiTa laut              Jahres EA-Mitglieder ausscheiden.
                                                              Im Sinne einer gelebten Bildungs- und Erziehungs-       ­Betriebserlaubnis – mindestens aber aus drei

12                                                                                                                                                                                                                                     13
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                                                       Die Elternversammlung

     III.2.3.2 Wahlberechtigte                                 eingeladen worden sein. Es ist empfehlenswert, die        so muss geheim gewählt werden, denn die geheime          Nach der Wahl hat die Wahlleitung die Gewählten in
       Wahlberechtigte sind nur die anwesenden Mitglie-         Sitzung langfristig in den KiTa-Terminkalender einzu-     Wahl ist ein Minderheitenschutzrecht. Im Falle der of-   Reihenfolge der erhaltenen Stimmen zu fragen, ob
       der der Elternversammlung, also in der Regel die         planen, damit sich die Eltern den Termin freihalten       fenen Wahl wird über die Liste als Ganzes mit „Ja“,      die Wahl angenommen wird. Mit der Annahme der
       anwesenden Eltern. Es ist unzulässig, die Wahl nicht     können. Schließlich entscheidet diese Wahl darüber,       „Nein“ oder „Enthaltung“ abgestimmt. Die Kandidie-       Wahl ist der neue Elternausschuss im Amt. Zur kon-
       in einer Elternversammlung durchzuführen – also          wer die Interessen der Elternschaft im gesamten           renden sind dann alle gewählt, wenn mehr „Ja“- als       stituierenden Sitzung vgl. Kapitel IV.
      z.B. im Rahmen von getrennten Gruppenelternaben-          nächsten KiTajahr gegenüber dem Träger auch in            „Nein“-Stimmen abgegeben werden.
      den oder durch reine Urnenwahl (vgl. III.2.3.4). Es ist   pädagogisch-konzeptionellen Fragen vertritt.              Der Normalfall ist also die geheime Wahl per Stimm-      Sonderfall: Elternversammlung beschließt
      ebenso unzulässig, Stimmen von nicht Anwesen-             KiTa-Leitung und KiTa-Träger obliegt die „ordnungs-       zettel in der Elternversammlung. Dabei gibt jeder        ­Urnenwahl
      den zu berücksichtigen. Auch eine Stimmrechts-            gemäße Durchführung der Wahl“. Sie üben die Funk-         Wahlberechtigte seinen Stimmzettel verdeckt ab           § 4 Abs. 3 EMLVO lässt es jetzt zu, dass die Elternver-
      übertragung auf andere Wahlberechtigte ist nicht          tion der Wahlleitung aus und achten auf die Einhal-       (Wahlberechtigte mit Doppelstimmrecht, z.B. als Al-      sammlung mit einer Mehrheit von 2/3 der anwesen-
      zulässig. Diese Festlegungen sind rechtlich eindeu-       tung der Vorschriften. Sie dürfen allerdings keinen       leinerziehender, bekommen zwei Stimmzettel). Auf         den Stimmen beschließen kann, die Wahl nicht di-
      tig und können weder durch den Träger noch durch          Einfluss auf die Wahlentscheidung selbst nehmen,          dem Stimmzettel dürfen höchstens so viele Kandi-         rekt in der Versammlung, sondern in Form einer
      Mehrheitsbeschluss der Elternversammlung geän-            also einzelne Kandidierende nicht empfehlen oder          datinnen oder Kandidaten eingetragen werden, wie         Urnenwahl durchzuführen. Diese Entscheidung
      dert werden. Verstöße gegen diese Wahlgrundsätze          ablehnend bewerten, da sie nicht Teil der repräsen-       maximal Plätze im Elternausschuss zu wählen sind.        steht nur der Elternversammlung zu, durch Träger
      sind ein Grund, eine Wahl im Rahmen einer Wahlan-         tierten Wählerschaft sind.                                Wird ein Kandidat auf einem Stimmzettel mehrfach         oder bisherigen Elternausschuss beschlossene
      fechtung als ungültig zu erklären (siehe III.2.3.5).      Zum ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl gehört zu-            gewählt, gilt diese Stimme nur einfach.                  ­Urnenwahlen sind und bleiben ungültig!
      Jedes anwesende Elternteil hat in der Elternver-          nächst eine kurze Vorstellung der gesetzlichen Auf-       Ein Stimmzettel, aus dem der Wille nicht eindeutig        Die Information und die Erörterung der grundsätzli-
      sammlung unabhängig von der Anzahl seiner                 gaben des Elternausschusses, der Wahlvorschriften         hervorgeht (z.B. weil mehr Kandidierende gewählt          chen Fragen in der Elternversammlung sind so be-
     ­Kinder eine eigene Stimme, ist nur ein Elternteil         und der Anzahl der zu wählenden Mitglieder des EA.        wurden als Plätze verfügbar sind), ist insgesamt un-      deutsam für die spätere Arbeit des Elternausschus-
      ­anwesend, stehen diesem zwei Stimmen zu. Allein-         Dann berichtet der ehemalige EA über seine Arbeit.        gültig und wird nicht mitgezählt.                         ses und seine Legitimation, dass darauf in keinem
       erziehende haben zwei Stimmen.                           Eine förmliche Entlastung des alten EA (wie im Ver-                                                                 Fall verzichtet werden kann.
                                                                einsrecht) ist nicht vorgesehen.                                Beispiel: In einer KiTa mit 53 Plätzen nach Be-     Wenn die Elternversammlung eine Urnenwahl be-
     III.2.3.3 Wählbarkeit                                     Anschließend fragt die Wahlleitung, wer kandidieren          triebserlaubnis besteht der EA aus 6 Mitgliedern.      schließt, erfolgt die Wahl durch Einwurf der Stimm-
     In den Elternausschuss sind alle Mitglieder der El-        möchte und hält die Namen fest – am besten für alle          Jeder Wahlberechtigte darf also bis zu 6 Perso-        zettel in eine verschlossene Wahlurne innerhalb der
     ternversammlung wählbar. Nicht anwesende Eltern            sichtbar. Ebenfalls werden die nicht anwesenden El-          nen aus der Kandidaturenliste wählen. Stehen 7         Wahlfrist. Dabei dürfen alle Eltern (auch die in der
     sind aber nur dann wählbar, wenn sie ihre Bereit-          tern genannt, die ihre Kandidatur vorab schriftlich          Namen auf einem Zettel, so ist dieser ungültig.        Versammlung nicht anwesenden Eltern) mitwählen.
     schaft vorher gegenüber dem Träger oder der KiTa-­         erklärt haben.                                                                                                      Kandidieren dürfen auch Nichtanwesende, die noch
     Leitung erklärt haben. Diese Erklärung kann formlos        § 5 der Elternmitwirkungsverordnung bestimmt, dass        Stehen mehr Kandidierende zur Wahl als Plätze im          innerhalb einer gesetzten Nachfrist ihre Kandidatur
     erfolgen (z.B. per E-Mail) – eine fehlende Erklärung       der Elternausschuss ein „Spiegel der Elternschaft“        Elternausschuss zu wählen sind, sind die Kandida-         erklären. Die Nachfrist für den Eingang von Kandida-
     führt aber zur Ungültigkeit der Wahl des Betroffenen,      der KiTa sein soll. Daraus folgt keine „Quotierung“ bei   tinnen und Kandidaten in der Reihenfolge der für sie      turmeldungen und die Wahlfrist bestimmt der Träger.
     da die Erklärung eine Wählbarkeitsvoraussetzung ist!       der Wahl im juristischen Sinne. Die Bestimmung ist        abgegebenen gültigen Stimmen zu Mitgliedern des           Zur Öffnung der Urne und Auszählung sollten am
     Da alle Mitglieder der Elternversammlung wählbar           aber als Auftrag an alle Beteiligten zu verstehen, auf    Elternausschusses gewählt. Bei Stimmengleichheit         besten die Kandidierenden eingeladen werden, dann
     sind, dürfen auch beide Eltern eines Kindes gleich-        eine Vielfalt bei Kandidierenden und Gewählten aktiv      findet eine Stichwahl statt (in geheimer Wahl). Er-      kann auch ggf. unmittelbar die konstituierende Sit-
     zeitig in den Elternausschuss gewählt werden, oder         hinzuwirken. Das kann für den Träger oder die Leitung     gibt die Stichwahl keine Entscheidung, wird die Rei-     zung des Elternausschusses durchgeführt werden.
     auch Eltern, die selbst in der KiTa angestellt sind,       auch bedeuten, unterrepräsentierte Gruppen oder           henfolge ausgelost. Die nichtgewählten Kandidie-         Bei Stimmgleichheit wird die Reihenfolge ausge-
     aber dort auch ihr eigenes Kind in Betreuung haben.        „Milieus“ ausdrücklich zur Kandidatur zu ermutigen.       renden werden in der Reihenfolge ihrer Stimmen           lost.
     Inwieweit das gewünscht ist, müssen dann die Wahl-         Die neue Elternmitwirkungsverordnung enthält de-          Ersatzmitglieder.
     berechtigten bei der Wahl durch ihre Stimmabgabe           taillierte Regelungen für die Wahl des Elternaus-         Etwas anderes ergibt sich dann, wenn nicht mehr          III.2.3.5 Wahlanfechtung
     entscheiden. In jedem Fall haben auch in der KiTa          schusses – und ermöglicht als Sonderfall jetzt auch       Kandidierende zur Wahl stehen, als Plätze im El-         § 16 Abs. 1 EMLVO sieht für jeden Wahlberechtigten
     angestellte Eltern ein gesetzliches Recht auf ihre         Urnenwahl (siehe unten).                                  ternausschuss zu besetzen sind. In diesem Fall fin-      eine Möglichkeit vor überprüfen zu lassen, ob die
     Kandidatur.                                                Normalerweise ist die Elternausschusswahl geheim          det die Wahl als sogenannte „verbundene Einzel-          Wahl rechtmäßig durchgeführt wurde. Dabei müssen
                                                                (also durch die Abgabe von Stimmzetteln) durchzu-         wahl“ auf einem Stimmzettel statt. Dabei stehen die      die Bedenken zunächst beim Träger als Verant-
     III.2.3.4 Ablauf der Wahl / Wahlverfahren                 führen. Ausnahmsweise offen gewählt werden darf           Namen aller Kandidierenden auf dem Wahlzettel            wortlichem für die Wahl vorgebracht werden, um
     Der KiTa-Träger ist dafür verantwortlich, bis spätes-      gemäß § 3 Abs. 4 Elternmitwirkungsverordnung nur          und für jeden ist „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ an­     eine einvernehmliche Konfliktlösung in der Einrich-
     tens Ende Oktober eine Elternversammlung mit               dann, wenn nicht mehr Kandidierende als Plätze            zukreuzen. Dabei dürfen die Wahlberechtigten             tung selbst zu ermöglichen. Die Kooperationsge-
     ordnungsgemäßer Wahl eines Elternausschusses
     ­                                                          im Elternausschuss zur Wahl stehen und kein Wahl-         auch jeden Kandidierenden wählen – müssen es             meinschaft der Beteiligten hat so die Möglichkeit,
     durchzuführen. Zu dieser Wahl müssen alle Eltern           berechtigter geheime Wahl verlangt. Besteht auch          aber nicht. Gewählt ist, wer mehr Ja-Stimmen als         selbst mögliche Fehler zu analysieren und Lösungen
     bis spätestens zwei Wochen vor dem Wahltermin              nur ein einziger Wahlberechtigter auf geheime Wahl,       Nein-Stimmen bekommt.                                    zu finden.

14                                                                                                                                                                                                                                           15
Grundlagen der Elternmitwirkung in rheinland-pfälzischen KiTas                                                                                                                                            Der Elternausschuss

                                                                                                                         IV Der Elternausschuss

     Wenn es nicht gelingt, eine für alle Beteiligten befrie-   III.3 V
                                                                       erfahrensregeln in der                           Gemäß § 9 Abs. 3 KiTaG wählen die KiTa-Eltern einen        Der EA tagt grundsätzlich in Präsenzsitzungen und
     digende Lösung zu finden, kann jeder und jede                    ­Elternversammlung                                 Elternausschuss (EA) als repräsentative Vertretung.        hat gemäß § 6 Abs. 4 EMLVO in jedem Fall ein Recht
     Wahlberechtigte bis drei Wochen nach der Wahl eine                                                                  In allen Fragen, die nicht von einer Elternversamm-        darauf, in Räumen der KiTa zu tagen – genaue Zeiten
     schriftliche Wahlanfechtung gegen das Ergebnis             Gemäß § 9 Abs. 2 KiTaG tritt die Elternversammlung       lung behandelt werden, spricht der EA für die ge-          sind mit dem Träger abzusprechen. Im Bedarfsfall
     beim Landesjugendamt einreichen. Die Anfechtung            einmal pro Jahr auf Einladung des Trägers anlässlich     samte Elternschaft.                                        kann der EA auch beschließen, auch mal auf digitalen
     muss begründet sein und den Nachweis enthalten,            der EA-Wahl zusammen. Weitere Sitzungen werden           Wichtig: Für KiTas freier Träger können auch in Bezug      Kanälen (z.B. Videokonferenz) zu tagen, solange alle
     dass Problemlösungsversuche in der KiTa selbst er-         durch Beschluss des Elternausschusses, durch den         auf die Sitzungsarbeit im EA eigene Regelungen be-         Mitglieder die Möglichkeit der Teilnahme haben. Da-
     folglos geblieben sind.                                    Träger, oder auf Verlangen von 20% der Eltern einbe-     stehen (vgl. II.). Die Darstellung in dieser Broschüre     bei sind Datenschutzanforderungen zu beachten,
     Das Landesjugendamt kann die Wahl dann entwe-              rufen. Die Einladung muss die zu erörternden The-        folgt aber ausschließlich den Regelungen der Elter-        insbesondere die Versicherung der Beteiligten, dass
       der für gültig erklären, das Wahlergebnis berichti-      men enthalten und in einer Weise erfolgen, dass alle     mitwirkungs-Verordnung. Es ist daher wichtig, dass         sie alleine im Raum sind und niemand verdeckt die
       gen oder die Wahl für ungültig erklären und eine         Erziehungsberechtigten rechtzeitig davon Kenntnis        den EA in KiTas freier Träger die ggf. für sie geltenden   Sitzung mithört. Der EA kann sich in solchen Fragen
       Wiederholungswahl ansetzen. Eine Wahl kann ge-           erhalten. Die Elternversammlung ist unabhängig           Regelungen am Anfang der Amtszeit durch die KiTa-­         kostenlos beim Landesdatenschutzbeauftragten
       mäß § 16 Abs. 4 EMLVO für ungültig erklärt werden,       von der Anzahl der erschienenen Eltern beschluss-        Leitung ausgehändigt werden.                               RLP beraten lassen.
       wenn „gegen wesentliche Bestimmungen des KiTaG           fähig, wenn sie ordnungsgemäß eingeladen wurde.                                                                     Die Mitgliedschaft im Elternausschuss erlischt so-
       oder dieser Verordnung verstoßen wurde“.                 Jeder Elternteil, der Elternausschuss und der Träger                                                                fort, wenn das Kind eines EA-Mitglieds die KiTa ver-
       Der Schwerpunkt der Intervention des Landesju-           der KiTa haben das Recht, Anträge zur Elternver-         IV.1 T
                                                                                                                               eilnahme an Elternausschuss-­                       lässt. In diesem Fall rückt das erste Ersatzmitglied
     gendamtes liegt dabei nicht vorrangig auf einer            sammlung zu stellen.                                          Sitzungen                                             (sofern vorhanden) nach.
     ­ju­ristischen Klärung, sondern „zielt damit im An­        Die Elternversammlung kann gemäß § 5 Abs. 3 EM-
      wendungsfall primär auf die Sicherung von profes­         LVO Mitglieder des Elternausschusses mit der Mehr-         Ordentliche stimmberechtigte Mitglieder des Elter-
      sionellen Kooperationsformen“ (Amtliche Begrün-           heit der anwesenden Stimmen in geheimer Wahl               nausschusses sind die durch die Elternversamm-           IV.2 A
                                                                                                                                                                                          ufgaben des Elternausschusses
      dung zu § 16 EMLVO). Denn wenn ein formeller Streit       abwählen. Ein solcher Abwahlantrag muss mindes-            lung gewählten Vertreter der Elternschaft. Nur diese
      wie eine Wahlanfechtung nicht im System KiTa vor          tens 14 Tage vor der Sitzung mit der Einladung be-         ordentlichen Mitglieder haben das nicht beschränk-       Der EA soll stellvertretend für die Eltern Anregungen
      Ort einvernehmlich geklärt werden kann, kann dar-         kanntgegeben werden.                                       bare Recht, an jeder Elternausschusssitzung teilzu-      für die Gestaltung und Organisation der Arbeit in der
      in ein Symptom für eine gestörte Kooperationsge-          Für das Protokoll der Elternversammlung gelten prin-       nehmen.                                                  KiTa gegenüber Träger und KiTa-Leitung vorbringen
      meinschaft insgesamt gesehen werden. Wichtiger            zipiell die Ausführungen für das Protokoll von Eltern-     Es ist üblich und sehr sinnvoll, dass der EA die ge-     und damit einen wesentlichen Beitrag zu einer ge-
      als eine echte Verwaltungsentscheidung über die           ausschusssitzungen. Da KiTa-Leitung / Trägervertre-        wählten Ersatzmitglieder einlädt, mit beratender         lebten Bildungs- und Erziehungspartnerschaft leis-
      Wahlanfechtung, die natürlich immer im Rahmen             tung für die Durchführung der Wahlversammlung              Stimme an den EA-Sitzungen teilzunehmen. Nor-            ten (vgl. Kapitel I.). Hauptaufgabe des EA ist die För-
      des Prozesses ergehen kann, können in solchen             verantwortlich sind, liegt in der Wahlversammlung die      malerweise tagt ein EA KiTa-öffentlich, so dass alle     derung der Zusammenarbeit zwischen KiTa und
      ­Situationen daher Interventionen des Landesju-           Kompetenz für die Erstellung des Protokollentwurfes        Eltern bei den Sitzungen anwesend sein können. Der       Eltern und die repräsentative Vertretung der Elter-
       gendamtes mit dem Ziel der Vermittlung sein.             nach der Natur der Sache bei der mit der Durchfüh-         EA kann aber durch Mehrheitsbeschluss für eine           ninteressen gegenüber dem Träger und der Leitung
                                                                rung beauftragten Person (i.d.R. KiTa-Leitung).            ganze Sitzung oder einzelne Tagesordnungspunkte          sowie (insbesondere in Fragen der Bedarfsplanung)
                                                                                                                           eine „nichtöffentliche Sitzung beschließen“. Dann        auch gegenüber dem örtlichen Jugendamt. Die Ge-
                                                                                                                         dürfen nur die gewählten Mitglieder teilnehmen.            setzesbegründung spricht hier vom „Transmissions-
                                                                                                                         Der EA kann gemäß § 6 Abs. 3 EMLVO durch Mehr-             riemen und Mittler der Interessen der gesamten
                                                                                                                         heitsbeschluss beliebige weitere Personen mit be-          Elternschaft“.
                                                                                                                         ratender Stimme an Sitzungen beteiligen (auch an           Üblicherweise beteiligt sich ein EA gerne auch an der
                                                                                                                         nicht-öffentlichen Sitzungen). Dies betrifft auch          Organisation von KiTa-Festen oder der Koordination
                                                                                                                         Außenstehende (z.B. Vertreter von Kreis- oder
                                                                                                                         ­                                                          von Basaren und Kuchenverkäufen. Dies steht aber
                                                                                                                         ­Landeselternausschuss), wenn diese unterstützen           nicht im Mittelpunkt seiner Aufgabenstellung, sondern
                                                                                                                          ­sollen oder Informationen einbringen. Eine Geneh-        die Partizipation an den inhaltlichen Diskussionen:
                                                                                                                           migung von Träger oder KiTa-Leitung ist dafür nicht
                                                                                                                           erforderlich.                                               „Der Elternausschuss hat die Aufgabe, im in-
                                                                                                                           Trägervertretung und die KiTa-Leitung nehmen                tensiven und regelmäßigen Austausch mit
                                                                                                                           gemäß § 9 Abs. 3 Satz 4 KiTaG an allen EA-Sitzun-           dem Träger, der Leitung und den Mitarbeiterin-
                                                                                                                           gen teil. Nur so kann die Funktion des EA erfüllt           nen und Mitarbeitern der Kindertagesstätte
                                                                                                                           werden, Elterninteressen gegenüber Träger und Lei-          repräsentativ die Anliegen der Eltern zu artiku-
                                                                                                                           tung zu artikulieren und bei Interessengegensätzen          lieren und damit generell die Zusammenarbeit
                                                                                                                           eine ­einvernehmliche Lösung zu finden.

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