Elternkurs "Starke Eltern - Starke Kinder " - Präventives Erziehungskonzept auch für bildungsferne oder bildungsungewohnte Eltern

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Jobname: JH 3-08.3d   23.2.2010   15:36:18 Uhr

                                    Elternkurs »Starke Eltern –
                                              Starke Kinder  «
                                      Prventives Erziehungskonzept auch fr bildungsferne
                                                          oder bildungsungewohnte Eltern

                         PAULA HONKANEN-SCHOBERTH/LOTTE JENNES-ROSENTHAL

      Der Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kinder« ist ein bundesweites, prventives
      Angebot des Deutschen Kinderschutzbundes fr alle Eltern mit dem Ziel, die
      Erziehungsfhigkeit der Eltern zu untersttzen und zu strken und den Rechten der
      Kinder in der Familie Geltung zu verschaffen.
      Der Elternkurs frdert somit die Erziehungskompetenz der Eltern im Sinne einer
      entwicklungsfrdernden Erziehung. Eltern werden zu starken Eltern und Kinder zu
      starken Kindern. Seine Weiterentwicklung in den letzten Jahren fr die so genannten
      bildungsfernen Eltern zeigt Frchte.
      Im Folgenden werden die Eckpfeiler, auf denen das Fundament des Elternkurses auf-
      baut, dargestellt, einige fr die Zielgruppe der bildungsfernen Eltern entwickelte
      Materialien werden vorgestellt und auf erste bereits evaluierte Ergebnisse wird ver-
      wiesen.

      1. Die Erfolgsgeschichte der                        Der Elternkurs, der auf der Grundlage der Ar-
                                                          beit des finnischen Kinderschutzbundes, als
      Elternkurse »Starke Eltern –                        prventives Angebot zur Untersttzung der
      Starke Kinder«                                     Erziehungskompetenz der Eltern konzipiert
                                                          wurde, wird mittlerweile in allen Bundesln-
      Startschuss der bundesweiten Verbreitung            dern als Bildungsangebot fr Eltern durchge-
      der Elternkurse »Starke Eltern – Starke Kin-        fhrt. Seit fast acht Jahren wurden insgesamt
      der« war der November 2000 im Zusam-               8 100 Kursleiterinnen und Kursleiter geschult
      menhang mit der Aufnahme des § 1631,                und annhernd 85 000 Eltern haben den
      Abs. 2 des Rechtes der Kinder auf gewaltfreie       Kurs alleine in den Einrichtungen des DKSB
      Erziehung ins Brgerliche Gesetzbuch: »Kin-         besucht (Stand Januar 2008). Nicht zuletzt
      der haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung.      auf Grund der zahlreichen positiven Rckmel-
      Krperliche Bestrafungen, seelische Verletzun-      dungen kann davon ausgegangen werden,
      gen und andere entwrdigende Maßnahmen              dass auch knftig noch viele Eltern dieses
      sind unzulssig« und die Verpflichtung der Ju-      Fortbildungsangebot nutzen werden. Bei vie-
      gendhilfetrger »Eltern Wege aufzuzeigen, wie       len Landes- und Ortsverbnden des Kinder-
      Konfliktsituationen in Familien gewaltfrei gelst   schutzbundes ist der Elternkurs Starke El-
      werden knnen«. (§ 16, Kinder- und Jugend-          tern – Starke Kinder ein eigener Arbeits-
      hilfegesetz). Diese Gesetzesnderungen wur-         bereich, mit einer in der Regel hauptamt-
      den durch die ffentlichkeitskampagne des           lichen Koordinatorenstelle. Neben den Kin-
      Bundesfamilienministeriums »Mehr Respekt            derschutzbundeinrichtungen sind u. a. Fami-
      vor Kindern« der Bevlkerung bekannt ge-            lienbildungssttten, Volkshochschulen, Bera-
      macht.                                              tungsstellen, Schulen und Kindergrten, Br-

                                                                                           Jugendhilfe 46 3/2008   131
Jobname: JH 3-08.3d     23.2.2010    15:36:18 Uhr

       Thema

                      ger- und Familienzentren, Frauenhuser und         Kurs, wie sie ihre Erziehungsfunktion und Ver-
                      Jugendmter Angebotstrger des Elternkur-          antwortung gemeinsam bernehmen knnen
                      ses. Darber hinaus wird der Elternkurs als        und wie sie ihre positive elterliche Autoritt
                      Fortbildung fr sozialpdagogische Fachkrf-       ausben drfen und sollen, ohne auf krper-
                      te, z. B. fr ErzieherInnen und LehrerInnen        liche Bestrafungen, auf seelische Verletzungen
                      angeboten und sehr gut angenommen.                 oder auf sonstige entwrdigende Erziehungs-
                                                                         maßnahmen zurckgreifen zu mssen.
                                                                         Im Verlauf eines Kurses setzen sich die Eltern
                      2. Grundlagen von »Starke                          mit den eigenen Wertvorstellungen, mit den
                      Eltern – Starke Kinder«                           Erziehungszielen, mit den in den Generatio-
                                                                         nen unterschiedlichen Prmissen und Glau-
                      Ziel des Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kin-   bensstzen auseinander, die ihr Erziehungs-
                      der« ist es, zum einen die psychische und         verhalten prgen und leiten. Grenzen zu set-
                      physische Gewalt in der Familie durch Str-        zen, zu verhandeln und zu begrnden sowie
                      kung der Erziehungskompetenz der Eltern zu         auf deren Einhaltung zu achten, sind wichti-
                      verhindern oder zumindest zu reduzieren.           ge Themen der Kursabende.
                      Zum anderen geht es um das Aufzeigen der
                                                                         Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt bil-
                      Rechte und Bedrfnisse der Kinder: um deren
                                                                         den die beziehungs- und erziehungsrelevan-
                      Schutz-, Mitsprache- und Mitbestimmungs-
                                                                         ten Leitorientierungen, wie Frsorglichkeit,
                      rechte und den Gestaltungsmglichkeiten
                                                                         Annahme, Ermutigung, Vertrauen, gemein-
                      der Kinder im gemeinsamen Familiensystem
                                                                         sames Tun und Freude, die die Entwicklungs-
                      – im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention.
                                                                         chancen der Kinder prgen. Sie werden in
                      Die im Leitbild des Kinderschutzbundes for-        ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen
                      mulierten Grundstze bilden hierbei den lei-       behandelt.
                      tenden Orientierungsrahmen:
                                                                         Der Kurs knpft an den Ressourcen der Eltern
                      n Kindorientierung: Das Kind ist Subjekt sei-
                                                                         und Kinder an. Konfliktsituationen werden an
                        ner Selbst und hat ein Recht auf Entwick-
                                                                         Hand konkreter Beispiele analysiert und re-
                        lung, Versorgung, Schutz, Beteiligung und
                                                                         flektiert und die eigene Lsungssuche wird,
                        Gesundheit.
                                                                         auch mit Hilfe der Gruppe, untersttzt. Hier-
                      n Familienorientierung: Familie ist der pri-
                                                                         bei ist der Blick weder vergangenheitsbezo-
                        mre Entwicklungs- und Erfahrungsort fr
                                                                         gen auf Fragen nach Ursache, Wirkung und
                        Kinder.
                                                                         Schuld noch auf Defizite einzelner Familien-
                      n Lebensweltorientierung: Der Komplexitt
                                                                         mitglieder gerichtet. Vielmehr gilt es, auf den
                        der Lebenssituation von Familien und dem
                                                                         Krftehaushalt der Eltern und auf die Bezie-
                        Einfluss der Umgebung auf die Gestaltung
                                                                         hungen und Bindungen in der Gegenwart
                        des Familienlebens wird Rechnung getra-
                                                                         und Zukunft zu achten. Eine der zentralen
                        gen.
                                                                         Fragen lautet: Welcher unmittelbare konkrete
                      n Ressourcenorientierung: Die Frderung
                                                                         kleinstmgliche Schritt ist ntig, um positive
                        der Strken der Eltern und der Kinder und
                                                                         Vernderungen zu bewirken? Hier liegt die
                        ihrer Partizipation (Lebensgestaltung)
                                                                         berzeugung zu Grunde, dass es einfacher
                      Die einzelnen inhaltlichen Schwerpunkte des        ist, das Verhalten zu ndern als die Einstellun-
                      Kurses werden von diesen Zielkomponenten           gen. Die positiven Erfahrungen auf der Ver-
                      abgeleitet und an dem Leitbild des Erzie-          haltensebene haben oft eher eine Chance all-
                      hungsstils »demokratisch anleitende Erzie-         mhliche Vernderungen auf der Einstel-
                      hung« weiterentwickelt.                            lungsebene nach sich zu ziehen.
                      Der anleitende Erziehungsstil ist weder »auto-     Die Inhalte des Elternkurses basieren auf un-
                      ritr« noch »antiautoritr«. Eltern erfahren im    terschiedlichen Theorieanstzen, wie dem

       132   Jugendhilfe 46 3/2008
Jobname: JH 3-08.3d   23.2.2010   15:36:18 Uhr

                                                                             Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kinder

      systemischen Ansatz, dem kommunikations-         Jeder der Kursabende hat ein eigenes Ziel,
      theoretischen Ansatz von Paul Watzlawick,        einen theoretischen Inhalt, ein Motto, einen
      den Anstzen verschiedener familienthera-        Wiederholungsabschnitt, bungen und eine
      peutischer Schulen, dem verhaltenstherapeu-      Wochenaufgabe.
      tischen- und gesprchstherapeutischen An-
                                                       Die Mottos, die zu Beginn eines jeden Kurs-
      satz. Elemente des auf der humanistischen
                                                       termins aufgenommen werden, dienen als
      Psychologie aufbauenden Elterntrainings von
                                                       Anznder fr »AHA-Erlebnisse«, fr krea-
      Thomas Gordon sind ebenfalls in das Kurs-
                                                       tive Gedanken, als Erinnerungssttzen fr
      konzept eingeflossen.
                                                       die Inhalte oder auch als Wochenaufgaben,
      Die Elternkurskonzeption bietet eine prak-       wie z. B. das Motto des ersten Kurstermins:
      tische Arbeitsgrundlage dort, wo es um das       »Achte auf die positiven Seiten deines Kin-
      ABC der Kommunikation in der Familie, um         des«. Weitere Mottos sind z. B. »Alle Gefh-
      praktikable gewaltlose Erziehungs- und           le sind erlaubt und akzeptiert, aber nicht al-
      Grenzsetzungsmethoden und um mehr Si-            le Handlungen«, »Sprache schafft Wirklich-
      cherheit und Freude im Umgang miteinan-          keit«, »Wenn man Beschlsse, die einen
      der geht.                                        selbst betreffen, mitentscheiden kann, ist
                                                       man auch eher bereit, sie einzuhalten«, oder
                                                       »Wenn du es eilig hast, mach einen Um-
      2.1 Inhalte, Methoden und Dauer der              weg«.
      Kurse
                                                       In den Kursabenden wechselt Theorievermitt-
                                                       lung mit Selbsterfahrung. Theoretische Inhal-
      Der Elternkurs ist konzipiert auf 10 bis 12
                                                       te werden in den Kursabenden als kurze In-
      Kurstermine mit je 2 bis 3 Stunden und einer
                                                       puts mit Hilfe von Folien, Textmaterial und/
      Teilnehmerzahl zwischen 10 bis max. 16 Per-
                                                       oder mit Hilfe eines »Mottos« vorgestellt.
      sonen.
                                                       Danach sollen die Teilnehmer/innen diese In-
      Das anleitende Erziehungsmodell wird in fnf     halte mit ihren eigenen Erfahrungen in Ver-
      aufeinander aufbauenden Stufen mit klar defi-    bindung setzen. Die Inhalte werden durch
      nierten Zielen, Methoden, Fragestellungen        bungen vertieft, um sie dann bewusst mit
      und mit Hilfe von Mottos vermittelt bzw. ge-     den Partnern oder Kindern whrend der
      meinsam mit den Eltern durchgearbeitet. Dazu     nachfolgenden Woche in Alltagssituationen
      gehren als: (siehe nebenstehende Tabelle)       auszuprobieren.
      Auf dem Weg zu »starken Eltern und starken
                                                        Ziele                         Methoden
      Kindern« bilden fnf Leitfragen in Korrespon-
      denz zu den fnf Zielen fr die Eltern den ro-    1. Klare Werte                Bewusstmachung,
      ten Faden des Kurses:                                                           Vorbildfunktion

                                                        2. Klare Identitt            Feedback geben und Empfangen

      2.2 Leitfragen                                    3. Strkung des               Aktives Zuhren, gemeinsame
                                                           Selbstvertrauens           Suche nach Lsungsmg-
      1. Was ist mir wichtig in der Erziehung – wel-                                  lichkeiten, Ermutigung, Anerken-
         che Werte und Erziehungsziele habe ich?                                      nung, Vertrauen
      2. Wie kann ich das Selbstwertgefhl meines
                                                        4. Klarheit in der            Aufrichtigkeit in der Gefhls-
         Kindes strken – kenne ich mich selbst?           Kommunikation              ußerung, konstruktive Kritik, Be-
      3. Wie kann ich meinem Kind bei seinen                                          stimmtheit: Nein, Begrndungen
         Schwierigkeiten helfen?
                                                        5. Fhigkeit zur Problem-     Verhandlungskunst, Regeln
      4. Was mache ich, wenn ich Probleme habe
                                                           lsung und Verhand-        und Abmachungen treffen und
         – wie drcke ich meine Bedrfnisse aus?           lungskompetenz             einhalten
      5. Wie lsen wir Konflikte in der Familie?

                                                                                                Jugendhilfe 46 3/2008   133
Jobname: JH 3-08.3d     23.2.2010    15:36:18 Uhr

       Thema

                      Durch einen gruppendynamischen Prozess            ziehungsvorstellungen der Eltern haben so-
                      kann die Verarbeitung der Inhalte in einer        mit neben dem sozialen Status starke Aus-
                      annehmenden, durch Humor und Spaß ge-             wirkungen auf die Beteiligungsmglichkeiten
                      kennzeichneten Atmosphre vertieft und die        der Kinder in der Familie (zum DJI-Panel vgl.
                      Reflexion ber das eigene Verhalten intensi-      Alt, Teubner, Winkelhofer, 2005, S. 24 – 31).
                      viert werden.                                     Deshalb ist es wichtig, dass der Elternkurs fr
                                                                        Eltern aus allen Schichten attraktiv ist.

                      3. »Starke Eltern – Starke
                      Kinder« – ein Angebot auch                       3.2 Mehr Beteiligung in der Familie
                                                                        durch »Starke Eltern – Starke Kinder –
                      fr bildungsferne Eltern?
                                                                        ganz praktisch«
                      3.1 Beteiligung der Kinder in der Familie
                                                                        Seit Einfhrung des Kursangebots »Starke El-
                                                                        tern – Starke Kinder« wird gelegentlich Kritik
                      Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist ein
                                                                        an der angeblichen Mittelschichtsorientierung
                      Wandel in der Eltern-Kind-Beziehung vom
                                                                        der Elternkurse gebt. Untermauert wird die-
                      »Befehls- zum Verhandlungshaushalt« festzu-
                                                                        ser Einwand durch empirische Studien, die be-
                      stellen (Vgl. Bois-Reynolds, 1994, S. 137 –
                                                                        legen, dass bildungsferne oder bildungsunge-
                      219). Eltern treten ihren Kindern gegenber
                                                                        wohnte Eltern allgemein Bildungsangebote
                      weniger stark als Autoritten auf, die genau
                                                                        gar nicht oder kaum in Anspruch nehmen. In
                      vorschreiben, was zu tun ist. Sie sind viel-
                                                                        aller Regel korreliert die fehlende Inanspruch-
                      mehr bereit, sich auf argumentierende Bera-
                                                                        nahme von Bildungsangeboten mit einem
                      tungs- und Aushandlungsprozesse einzulas-
                                                                        persnlich niedrigen Bildungsniveau (Schul-
                      sen (vgl. Bois-Reynolds, 1994, S. 137 – 219).
                                                                        abschlsse, berufliche Qualifikation). Diese all-
                      Das Kinder-Panel des DJI hat die zuneh-
                                                                        gemeine Erfahrung gilt jedoch nicht fr die
                      mende Orientierung an den Bedrfnissen des
                                                                        Elternkurse, an denen Eltern aus allen sozio-
                      Kindes jngst auch in Zahlen erfasst: Grund-
                                                                        konomischen Lebenssituationen teilnehmen,
                      schulkinder werden heute in großem Um-
                                                                        also auch die bildungsfernen und bildungs-
                      fang von ihren Eltern nach ihrer Meinung ge-
                                                                        ungewohnten Eltern. Auch zeigte bereits die
                      fragt, wenn es um Dinge geht, die sie unmit-
                                                                        erste Evaluierung der Kurse durch die Fach-
                      telbar betreffen. Dieses Interesse an den kind-
                                                                        hochschule Kln, dass auch diese Zielgruppe
                      lichen Bedrfnissen ist weitgehend unabhn-
                                                                        offen ist fr die Beschftigung mit Beziehungs-
                      gig von Bildung, Familienstand oder sozio-
                                                                        und Erziehungsfragen (vgl. Tschpe-Scheffler,
                      konomischem Status.
                                                                        Niermann, 2002).
                      Dagegen ist die Beteiligung der Kinder in An-
                                                                        Erfahrungen der Kursleitungen mit dem Kurs-
                      gelegenheiten, welche die Familie als Ganzes
                                                                        konzept zeigen aber, dass die Materialien
                      betreffen, schichtabhngig: Mit steigendem
                                                                        und Methoden des Elternkurses kognitive-
                      Einkommen und damit einhergehend stei-
                                                                        und sprachliche Kompetenz sowie Lesekom-
                      gendem soziokonomischen Status nimmt
                                                                        petenz voraussetzen, ber die nicht alle teil-
                      die Bereitschaft zu, die Interessen der Kinder
                                                                        nehmenden Eltern gleichermaßen verfgen.
                      zu beachten.
                                                                        Insbesondere bei bildungsfernen Eltern muss
                      Wie weit Kinder in Entscheidungen einbezo-        von der Kursleitung stets bercksichtigt wer-
                      gen werden, ist aber vor allem eine Frage des     den, dass Lesen und Schreiben ein Problem
                      Erziehungsstils: Pflegen die Eltern eine durch    sein knnen, Analphabetentum nicht immer
                      Strenge geprgte Erziehung, dann sind die         auszuschließen ist und oft die bung bzw.
                      Beteiligungsmglichkeiten der Kinder in der       Erfahrung fehlt, sich vor einer Gruppe zu
                      Familie gering. Die Werthaltungen bzw. Er-        ußern.

       134   Jugendhilfe 46 3/2008
Jobname: JH 3-08.3d   23.2.2010   15:36:18 Uhr

                                                                       Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kinder

      Im Deutschen Kinderschutzbund Landesver-        persnlichen Mglichkeiten des »Kraftschp-
      band NRW e.V. bildete sich bereits 2004 eine    fens« und des Stressabbaus werden im Ver-
      Arbeitsgruppe bestehend aus Trainerinnen,       lauf des Kurses mit Hilfe von Zusatzmateria-
      Elternkursleitungen, der Landeskoordinatorin    lien immer wieder thematisiert und trainiert.
      und der Autorin des Konzeptes »Starke Eltern
      – Starke Kinder« mit dem Ziel, den Eltern-
      kurs zu vereinfachen, zu verschlanken und       4.1 Exemplarisch einige Beispiele aus
      vor allem mehr Methoden und Materialien         dem Ergnzungsband »Starke Eltern –
      zu erstellen, die auch weitgehend ohne Lese-    Starke Kinder – ganz praktisch«
      und Schreibkompetenz bearbeitbar sind. Die
      inhaltliche Grundkonzeption wurde beibehal-     Allgemeine Zusatzmaterialien
      ten und durch das Ergnzungsmaterial zum
      Elternkurs »Elternkurs Starke Eltern – Starke
      Kinder – ganz praktisch«, insbesondere fr
      die Zielgruppe der »bildungsfernen« Eltern,
      erweitert. Anfang 2007 war der Ergnzungs-
      band fertig und konnte nun den zertifizierten
      KursleiterInnen zur Verfgung gestellt wer-
      den. Das Kursleiterschulungskonzept wurde
      um die Zusatzmaterialien erweitert.

      4. Materialien aus »Starke
      Eltern – Starke Kinder – ganz
      praktisch«

      Der Zusatzmaterialband »Starke Eltern –
      Starke Kinder – ganz praktisch« enthlt zur
      Durchfhrung der Kurse mit bildungsunge-
      wohnten Eltern u. a. mehr visuelle Materia-
      lien, praktische Methoden und bungen so-
      wie Comics und viele weitere Ideen. Die Kurs-
      leitungen haben eine besondere Freiheit aber
      auch Verantwortung, die theoretischen In-
      puts, Beispiele und Sprache jeweils den Res-
      sourcen und Bedrfnissen der Zielgruppe an-
      zupassen und generell mehr visuelle Materia-
      lien zu verwenden.
      Auf der Grundlage des Kurshandbuches sind
      entsprechende Materialien jedem der 12
      Abende zugeordnet. Darber hinaus gibt es
      allgemeine Zusatzmaterialien, die keinem
      speziellen Abend zugeordnet werden, z. B.
      zum Themenkomplex »Kraftschpfen«. Hier-
      mit wird Bezug genommen auf eine Empfeh-
      lung der Evaluierung der Kurse, dem Thema
      Kraftschpfen grundstzlich mehr Raum im
      Elternkurs zu geben. Das Herausfinden der

                                                                                         Jugendhilfe 46 3/2008   135
Jobname: JH 3-08.3d     23.2.2010    15:36:18 Uhr

       Thema

                      1. Abend zum Thema:                              3. Abend zum Thema:
                      Vorstellung des Elternkurses                     Die psychischen Grundbedrfnisse des Kindes

                      2. Abend zum Thema:                              6. Abend zum Thema:
                      Was ist mir wirklich wichtig in der Erziehung?   Wie bin ich als Erzieher – Was ist meine Auf-
                                                                       gabe?

       136   Jugendhilfe 46 3/2008
Jobname: JH 3-08.3d   23.2.2010   15:36:18 Uhr

                                                                    Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kinder

      9. Abend zum Thema:                          4.2 Erfolgsfaktoren fr die »Elternkurse –
      Gefhlsußerungen                            ganz praktisch«

                                                   Der Erfolg der »ganz praktischen Elternkurse«
                                                   hngt von der Beachtung folgender Punkte
                                                   ab:
                                                   1. Die Eltern sollen vor allem konkret und
                                                      weniger intellektuell das Gefhl erfahren,
                                                      etwas ganz Praktisches mit nach Hause
                                                      nehmen zu knnen.
                                                   2. Die Eltern sollen beteiligt werden, ihre
                                                      Wnsche und Beispiele aus ihrer Erzie-
                                                      hungspraxis sollen beachtet und bearbei-
                                                      tet werden.
                                                   3. Da hufig bei bildungsfernen Eltern viele,
                                                      sehr unterschiedliche Probleme zusam-
                                                      menkommen, ist es wichtig, den Eltern
                                                      hierfr Raum zu lassen, aber gleichzeitig
                                                      die Kursstruktur beizubehalten. In dieser
                                                      Hinsicht hat die Elternkursleitung Vorbild-
                                                      funktion, da Eltern dieser Zielgruppe hu-
                                                      fig Schwierigkeiten mit Strukturen haben.
                                                   4. Der Erfolg des Elternkurses – insbesondere
                                                      mit bildungsfernen Eltern – hngt wesent-
      10. Abend zum Thema:                            lich von der Haltung der Kursleitung ab.
      Wie bin ich als Erzieher – Wie benutze ich      Diese soll durch Respekt, Vertrauen, An-
      Macht?                                          nahme und Anerkennung gegenber den
                                                      Eltern und allen Familienmitgliedern ge-
                                                      kennzeichnet sein. Die Kursleitung sollte
                                                      ihre Sprache und Arbeitsweise den Be-
                                                      drfnissen der Eltern anpassen und die
                                                      positiven Erziehungsleistungen und Res-
                                                      sourcen der Eltern hervorheben. Denn
                                                      diese mssen, um sie zu strken und wei-
                                                      ter aufzubauen, oft erst einmal aufgesprt
                                                      und bewusst gemacht werden.
                                                      Des Weiteren dient die Kursleitung als
                                                      Vorbild und Modell fr die Umsetzung
                                                      der Inhalte und fr die gemeinsame Er-
                                                      arbeitung der Lsungswege. Ihre Aufgabe
                                                      ist nicht die eines »Experten von Oben«.
                                                      Die Kursleitung soll vielmehr die Eltern an-
                                                      leiten, wie sie in einem gemeinsamen Pro-
                                                      zess mit ihren Familienangehrigen und
                                                      mit Hilfe der Kompetenzen der anderen
                                                      Kurseltern, die fr sie und ihre Kinder pas-
                                                      senden Lsungen und Antworten finden
                                                      knnen.

                                                                                      Jugendhilfe 46 3/2008   137
Jobname: JH 3-08.3d     23.2.2010    15:36:18 Uhr

       Thema

                      5. Elternkurse in Stadtteilen mit                   vorbereitet als auch in die Planung und Or-
                                                                          ganisation des Kurses mit einbezogen.
                      besonderem Erneuerungsbedarf –
                                                                        n Die Kurse wurden jeweils durch zwei Kurs-
                      Evaluation eines Praxisbeispiels                    leiterinnen durchgefhrt, eine Erzieherin
                                                                          aus der Einrichtung und eine Bildungsrefe-
                      Im Rahmen des Bndnisses fr Familie in Aa-         rentin.
                      chen wurden im Jahr 2006 die Elternkurse          n Die Haltung der Kursleiterinnen war res-
                      »Starke Eltern – Starke Kinder – ganz prak-        pektvoll, ressourcenorientiert und anneh-
                      tisch« in vier Kindertageseinrichtungen in Aa-      mend.
                      chen Ost, einem Stadtteil mit besonderen Er-      n Die Eltern wurden beteiligt, ihre Themen-
                      neuerungsbedarf, durchgefhrt. Die Kurse            wnsche wurden in die Kurskonzeption in-
                      waren in diesen Kitas Teil der Elternarbeit. An     tegriert.
                      dem Projekt – unter der Leitung des Aache-
                      ner Kinderschutzbundes – waren verschiede-
                      ne Trger, wie Jugendamt, AWO sowie kath.
                      kirchliche Trger beteiligt. Ziel des Projektes
                                                                        6. Ausblick
                      war, die Erziehungskompetenz der Eltern in
                      diesem sozial benachteiligten Stadtviertel zu     Als ein gesellschafts- und bildungspolitisches
                      erhhen. Zu Beginn wurden Erzieherinnen           Ziel ist der Ausbau des Elternkurses »Starke El-
                      aus den Einrichtungen dieses Viertels sowie       tern – Starke Kinder«, als niedrig-schwelliges
                      Bildungsreferentinnen als Kursleiterinnen fr     Angebot flchendeckend fr alle Kinder-
                      »Starke Eltern – Starke Kinder« von der          garten-Eltern anzustreben und zwar als Regel-
                      damaligen Geschftsfhrerin des Aachener          angebot im Bereich der Elternarbeit in Kin-
                      Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Scho-          dertagessttten. Fr das bessere Erreichen
                      berth, geschult. Eine interne Evaluierung er-     bildungsferner- und Migranten-Eltern ist es
                      folgte am Ende des Projektes auf der Ebene        sinnvoll, zustzlich zu diesem Regelangebot
                      der Eltern, des Kindergartenteams und der         Elterngesprchsnachmittage anzubieten, an
                      Kursleiterinnen.                                  denen spezielle Themen des Elternkurses auf-
                                                                        gegriffen und vertieft werden. Hierdurch wird
                      Die folgenden positiven Ergebnisse sprechen       insbesondere jenen Eltern die Teilnahme an
                      fr den Erfolg des Projektes:                     einem Angebot zu Erziehungsfragen ermg-
                      n Die Kurse waren voll belegt und Migran-         licht, die es nicht gewohnt oder nicht im
                         ten-Eltern verschiedener Nationalitten        Stande sind, mehrere Elternkurstermine hin-
                         nahmen teil.                                   tereinander diszipliniert und pnktlich wahr-
                      n Die Eltern haben offen ber ihr Erziehungs-     zunehmen. Ferner tragen diese zustzlichen
                         verhalten und ihre Probleme gesprochen.        Eltern-Gesprchsgruppen fr diejenigen El-
                      n Die Inhalte waren fr die Eltern wichtig        tern, die den Kurs regelmßig besucht haben,
                         und hilfreich.                                 zur Nachhaltigkeit bei. Ein Beispiel fr die vor-
                      n Der Kurs hat den Eltern Spaß gemacht.           bildliche Umsetzung in der Elternarbeit in Kin-
                                                                        dertagessttten ist die Stadt Wrselen in
                      Maßgeblich fr diesen Erfolg der Elternkurse
                                                                        NRW. Hier wird Elternarbeit mit Hilfe des El-
                      waren folgende Voraussetzungen:
                                                                        ternkurses »Starke Eltern – Starke Kinder« in
                      n Die Kurse fanden whrend der ffnungs-
                                                                        allen stdtischen Einrichtungen bereits prakti-
                        zeiten der Einrichtung statt und waren kos-
                                                                        ziert.
                        tenlos.
                      n Die Geschwisterkinder wurden whrend            Weitere positive Erfahrungen, bildungsferne
                        der Kurse in der Einrichtung mitbetreut.        Eltern zu erreichen, berichten Mttercafs, in
                      n Die Bildungsreferenten haben im Vorfeld         denen sowohl der Kurs als Ganzes als auch
                        in der Einrichtung hospitiert. Sie haben        einzelne Elterngesprchstreffs zu einzelnen
                        das komplette Kita-Team sowohl inhaltlich       Themen angeboten wurden.

       138   Jugendhilfe 46 3/2008
Jobname: JH 3-08.3d   23.2.2010   15:36:19 Uhr

                                                                              Elternkurs »Starke Eltern – Starke Kinder

      Ein weiterer Weg neue Zielgruppen von den          diese ersten Zwischenergebnisse der wissen-
      Elternkursinhalten profitieren zu lassen, erff-   schaftlichen Begleitung belegt. Die Ende Mai
      net sich durch die Kursleiterschulung sozial-      geplante Verffentlichung der Endergebnisse
      pdagogischer Fachkrfte im Bereich der Fa-        der wissenschaftlichen Begleitung von Prof.
      milienhilfe. Die als Kursleiterinnen ausgebil-     Knig wird nicht nur im Kinderschutzbund
      deten sozialpdagogischen Fachkrfte fhren        mit Spannung erwartet!
      vielerorts im Rahmen der Maßnahmen »Hil-
      fen zur Erziehung« den Kurs mit »ihren« El-
      tern durch, z. B. mit allein erziehenden Mt-
                                                         Literatur
      tern.
                                                             Alt/Teubner/Winkelhofer, Partizipation in Familie
      Abschließend noch ein Hinweis auf ein zu-
                                                             und Schule – bungsfeld der Demokratie. Aus
      kunftsweisendes Elternkursprojekt speziell             Politik und Zeitgeschichte, B 41/2005, S. 24 – 31
      mit Migranten-Eltern: Im Deutschen Kinder-
      schutzbund des Landesverbandes Bayern e.V.             Bayerisches Staatsministerium fr Arbeit und Sozial-
                                                             ordnung, Familie und Frauen, Pressemitteilung
      startete bereits Ende 2005 ein Elternkurspro-
                                                             015.08 vom 11. Januar 2008
      jekt mit trkischen Eltern, unter trkischspra-
      chiger Kursleitung und unter dem erstma-               Bois-Reynolds, Die moderne Familie als Verhand-
                                                             lungshaushalt, in: Bchner/Krger/Fuchs, Kinder-
      ligen Einsatz der trkischen Version des El-
                                                             leben. Modernisierung von Kindheit im interkultu-
      ternkurses »Starke Eltern – Starke Kinder«.
                                                             rellen Vergleich, Opladen 1994, S. 137 – 21
      Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt
      von Prof. Knig von der Fachhochschule                 Honkanen-Schoberth/Jennes-Rosenthal, »Starke
                                                             Eltern – Starke Kinder« – Wege in eine gewalt-
      Ulm.
                                                             freie Erziehung, 2002 DKSB-Eigenverlag
      Mitte Januar 2008 verwies der Landesvorsit-            Honkanen-Schoberth, Starke Kinder brauchen
      zende des Deutschen Kinderschutzbundes                 starke Eltern – Der Elternkurs des Deutschen
      Bayern, Ekkehard Mutschler, auf einer Pres-            Kinderschutzbundes, Ravensburger Ratgeber in
      sekonferenz mit Bayerns Familienministerin             Urania Verlag, 2002
      Christa Stewens auf erste Ergebnisse des Zwi-          Tschpe-Scheffler, Niermann, Evaluation des Eltern-
      schenberichtes der Evaluierung:                        kurskonzepts »Starke Eltern – Starke Kinder« des
                                                             Deutschen Kinderschutzbundes, – Ein Forschungs-
      »Eltern lernen in unseren Kursen, wie sie ihre         bericht, Fachhochschule Kln, 2002
      Kinder in Deutschland besser untersttzen
                                                             Tschpe-Scheffler, Elternkurse auf dem Prf-
      knnen, und dass sie Vorbild fr ihre Kinder
                                                             stand – Wie Erziehung wieder Freude macht,
      sind. Mtter und Vter erhalten in ihrer Mut-
                                                             Leske + Budrich, 2003
      tersprache professionelle Hilfe, um Deutsch-
      land, sein Bildungssystem und seine Kultur
      verstehen zu knnen. Eltern fhlen sich nach
      dem Kurs gestrkt und sicherer. Sie haben          "   Paula Honkanen-Schoberth
      neue Ideen zur Lsung von Konflikten ken-              Bundesgeschftsfhrung
      nengelernt und ausprobiert und ihnen ist be-           Hinberstraße 8, 30177 Hannover
      wusster, wie und wodurch sie ihre Kinder               Fon: 05 11/3 04 85 20
      strken knnen« (Vgl. Bayerisches Staatsmi-            E-Mail: Honkanen-Schoberth@dksb.de
      nisterium fr Arbeit und Sozialordnung, Fa-        "   Lotte Jennes-Rosenthal
      milie und Frauen, Pressemitteilung 015.08).            BsP – Bro fr sozialwissenschaftliche
      Dass die Strkung der Erziehungskompetenz              Projekte
      durch die muttersprachlichen Elternkurse               Am Viadukt 3, 52066 Aachen
      »Starke Eltern – Starke Kinder« auch ein Ga-          Fon: 02 41/1 89 10 50
      rant fr gelungene Integration ist, wird durch         E-Mail: bsp-aachen@online.de

                                                                                                   Jugendhilfe 46 3/2008   139
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