Hartz IV und Grundeinkommen Ein Vergleich - Osnabrück, den 07.09.2018 Joachim Thönnessen
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Hartz IV und Grundeinkommen - Ein Vergleich Osnabrück, den 07.09.2018 Joachim Thönnessen
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 1. Eine kurze Problemskizze der gegenwärtigen Gesellschaft 2. Hartz IV als Sozialleistung 3. Das BGE als Grundlage für ein gerechteres Sozialsystem 4. Zusammenfassung 5. Kritik 6. Literatur
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 1. Eine kurze Problemskizze der gegenwärtigen Gesellschaft der überwiegende Teil des Vermögens in der Bundesrepublik, insbes. von Produktivvermögen und Finanzkapital, liegt in den Händen eines verschwindend kleinen Teils der Bevölkerung die Kluft zwischen arm und reich wird seit ca. 35 Jahren immer größer die Zahl der Menschen, die ein Leben in Würde – einschließlich einer ordentlichen Wohnung – aus eigenen Mitteln nicht mehr finanzieren können und deshalb auf die „Gewährung“ ergänzender Sozialleistungen angewiesen sind, wird immer größer
„Hartz IV und Grundeinkommen“ - dies gilt auch dann, wenn die Betroffenen ein Leben lang gearbeitet haben - die Ursachen wachsender Bedürftigkeit von immer mehr Menschen werden mit den her- kömmlichen Mitteln (Ankurbelung d. Wirtschaft etc.) nicht verändert - die Tatsache, dass in Deutschland derzeit die meisten einen Job haben, wird nur auf der Grundlage einer permanenten Überproduktion und eines Überexports aufrechterhalten - als Gesellschaft tolerieren wir die infolge des Lohndrucks im globalisierten Wettbewerb sich ausbreitenden Lebenslagen von ´working poor´ und ´Hartz-IV´-Empfängern
„Hartz IV und Grundeinkommen“ – Unbefristete Arbeitsverträge und ungebrochene Erwerbsbiografien in gut bezahlten und voll sozialver- sicherten Jobs sind vom Normalfall zum Privileg einer Minderheit geworde – Die neue Prekarisierung der Arbeitswelt verunsichert Menschen in allen gesellschaftlichen Schichten – Viele empfinden die gegenwärtigen Verhältnisse als ungerecht; das Menschenrecht auf soziale Teilhabe gilt ihrer Ansicht nach nicht mehr für alle Gesellschaftsmit- glieder – Die bestehende Wirtschafts- und Sozialordnung erfährt einen tiefgreifenden Legitimitätsschwund
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Ungleichgewicht der Kräfte Staat Wirtschaft Bürger- /Innen
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Das Bild einer statischen Gesellschaft entsteht vor dem Hintergrund eines engen Zusammen- hangs zwischen Bildung, Beteiligung auf dem Arbeitsmarkt, Einkommen, Gesundheit und sozialen Kontakten Arbeitslosigkeit wird exportiert. Was werden wir erst an Arbeitslosigkeit erleben, wenn „unsere“ Partner bzw. Konkurrenten in Europa und der Welt sich gegen diese „Lösung“ (Überproduktion und Überexport) auflehnen (die USA haben damit bereits begonnen)?
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 2. Hartz IV als Sozialleistung Hartz IV ist lediglich eine umgangssprachliche Bezeichnung für das Arbeitslosengeld II, abgekürzt: ALG II. Dieses ist eine Sozialleistung, keine Sozialversicherungsleistung. Die offizielle Bezeichnung für das Arbeitslosengeld II, ALG II, lautet "Grundsicherung für Arbeitssuchende". Als Sozialleistung richtet sich das Arbeitslosengeld II in seiner Höhe an dem Bedarf aus ((https://www.sozialhilfe24.de/hartz-4-alg-2/was-ist.html; entn. am 02.09. 2018)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ „Das manische Schauen auf Arbeit macht uns alle krank“ (Werner 2007) „Hartz IV ist wie offener Strafvollzug. Es ist die Beraubung von Freiheitsrechten. Hartz IV quält die Menschen, zerstört ihre Kreativität“ (Werner 2007) „Die Armut nimmt zu. Und die Verfahren um Sozialleistungen werden komplizierter und dauern immer länger“ (Lang 2018)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ heute gibt es “Dutzende‘“ (Lang 2018) von verschiedenen Ansprüchen auf viele einzelne Sozialleistungen dies´ dient angeblich dazu, die speziellen Hilfsbedarfe von Betroffenen besonders abzudecken im Ergebnis und in Wahrheit aber ist dadurch das ganze System komplizierter und undurchsichtiger geworden (Lang 2018)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ verschiedene Leistungen konkurrieren miteinander oder werden aufeinander angerechnet die einzelnen Verfahren bei den verschiedensten Ämtern sind immer komplizierter geworden hinzu kommen regelmäßig aufwändige Überprüfungsverfahren
„Hartz IV und Grundeinkommen“ die Folge ist, dass es für die „Hilfeberechtigten“ immer schwieriger, wenn nicht unmöglich geworden ist, die entsprechenden Anträge mit den Anlagen und geforderten Nachweisen selbstständig, vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen (Lang 2018) darüber hinaus droht ihnen, dass sie bei „Fehlern“ mit gravierenden Rückforderungen und sogar Betrugsvorwürfen überzogen werden
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Zusammenfassung I Menschen im deutschen Sozialstaat erhalten auf dem Papier immer mehr verschiedene Ansprüche gegen Dutzende von verschiedenen Sozialleistungsträgern aufgrund der Kompliziertheit der sich teilweise überschneidenden Ansprüche, der Anträge und der Verfahren werden sie zum Objekt des staatlichen Handelns und im Ergebnis werden ihre Rechte beschnitten (Lang 2018)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Zusammenfassung II die Arbeitskraft jedes Einzelnen ist nicht länger von Nöten, um hinreichend viele Güter und Dienstleistungen zu produzieren zugleich gibt es einen immensen Bedarf an familiären und gemeinwohlbezogenen Leistun- gen, die sich nicht alle über bezahlte Arbeit sinn- voll erbringen lassen was liegt näher, als diese Sachlage zum Aus- gangspunkt eines neuen, dazu passenden Sozial- systems zu machen?
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Dieses neue Sozialsystem sollte dafür sorgen, dass…. .…in einer gegebenen Gesellschaft vermehrt Gleichheit hergestellt wird: Fairness in den Lebenschancen sollte hergestellt werden …die persönliche Würde gewahrt bleibt …der Nutzen für eine gegebene Gesellschaft offensichtlich ist …der Bürgerstatus in einer gegebenen Gesellschaft nicht mehr (ausschließlich) an den Berufsstatus gebunden ist
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 3. Das BGE als Grundlage für ein gerechteres Sozialsystem die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) könnte zu einem Sozialsystem führen, dass auf diese Situation passt denn das BGE bedeutet, dass nicht mehr die berufliche Leistung als Maß aller Dinge gilt. Beiträge für das Gemeinwesen oder die Familie stehen gleichwertig neben der Erwerbsarbeit und werden über das BGE entlohnt die Transferleistungen können ohne wuchernde Bürokratie und wachsenden Kontrollapparat vollzogen werden sie können ohne Druck und ´schlechtes Gewissen“ in Anspruch genommen werden. Die zu einer definierten Gemeinschaft Gehörenden haben ein Recht darauf
„Hartz IV und Grundeinkommen“ Mit zwei Hauptargumenten wird die Idee des BGE begründet: 1. der Arbeitsgesellschaft geht die Arbeit aus (Hannah Arendt) 1. das BGE ist eine humane Alternative zu der harten Bedürfnisprüfung und den niedrigen Regelsätzen von Hartz IV
„Hartz IV und Grundeinkommen“ ein bedingungsloses Grundeinkommen sichert Familien finanziell ab es ermöglicht Müttern und Vätern, Erwerbsarbeit und Familie besser miteinander zu vereinbaren Menschen können sich mehr Zeit für Kinderer- ziehung nehmen -----------------------
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 4. Zusammenfassung die BürgerInnen werden (z.B. von der Sozial- politik) seit vielen Jahren auf „Werktätige“ reduziert Arbeit und Einkommen sind fest miteinander gekoppelt es ist aber bei weitem nicht mehr genug bezahlte Arbeit für alle da! an der Bedeutung von bezahlter Arbeit wird dennoch festgehalten
„Hartz IV und Grundeinkommen“ den Unterschied zwischen dem Menschenrecht auf Existenz und Teilhabe einerseits und der Nothilfe bei Bedürftigkeit auf der anderen Seite haben viele nicht begriffen der Gedanke, dass allen Menschen ein gerechter Anteil an dem Wohlstand zusteht, der aus den gegenwärtigen und früheren Leistungen der Gemeinschaft entsteht, ist vielen fremd (Wilkens 2013) in Familien machen Kinder wesentliche Erfahrungen für ihren späteren Lebensweg, entwickeln Vertrauen und fühlen sich bedingungslos angenommen mit dem BGE werden Beiträge für das Gemeinwesen oder für die Familie den beruflichen Leistungen gleichgestellt
„Hartz IV und Grundeinkommen“ mit dem BGE wäre grundsätzlich jedes Mitglied einer definierten Gemeinschaft vor Armut geschützt, langfristig und sicher das BGE ermöglicht Entlastung, Unter-stützung und Förderung der Familien, damit diese ihrer Aufgabe der Sorge für Kinder besser nachkommen können auf diese Weise macht sich ein BGE für uns alle (inkl. die Ökonomie) bezahlt
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 5. Kritik problematisch ist und bleibt die mangelnde Durchsetzbarkeit des BGE diese besteht, weil allzu viele Einwände gegen das BGE mit optimistischen Annahmen widerlegt werden müssen (Schmidt,U. 2010)…
„Hartz IV und Grundeinkommen“ ….dass Menschen schon von sich aus arbeiten werden ….dass schon keine sprunghafte Inflation die Lebensgrund- lage des Basiseinkommens auffressen werde ….dass schon keine Neiddebatte von der Bildzeitung losge- treten wird, die darauf aufsetzt, dass diejenigen, die vom BGE profitieren, nicht diejenigen sind, die mit kleinen Löh- nen knapp jenseits des BGE leben ….dass beim Wegbrechen des ökonomischen Arbeitsdrucks und dem Ende der Diffamierung von Arbeitslosen schon weiter ein so hohes BIP erarbeitet werden wird, wie vorher (Schmidt,U. 2010)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ außerdem löst das BGE nicht das Problem, dass die industrielle Wertschöpfung einbricht und weiter sinken wird, während zugleich Arbeits- formen entstehen, deren größtes Problem es ist, das kein finanziell realisierbarer Wert damit geschaffen wird das Schicksal von Musikindustrie, Zeitungsjour- nalismus, Werbeindustrie, Post, Banken usw. werden immer mehr Indus-trien teilen (Schmid 2010)
„Hartz IV und Grundeinkommen“ „Gleichheit“ ist ein „schillernder Begriff“, „der ohne genauere Bestimmung philosophisch unergiebig bleibt“ (Metschl 2015, S. 62). Die Mitglieder in einer Gemeinschaft haben unterschiedliche Bedürfnisse – das werde nicht berücksichtigt Der gesellschaftliche Nutzen des BGE ist nicht geklärt: „Einschränkung der Schwarzarbeit“, „Einsparung von Kosten der Sozialverwaltung“, „Befreiung der Menschen von den Zwängen des Arbeitsmarktes“ oder „Reduzierung der Orientierung der Gesellschaft auf Konsum und Wirtschaftswachstum und – damit verbunden – Reduktion der Umweltbelastung“???
„Hartz IV und Grundeinkommen“ tatsächlich gehe es beim BGE um höhere Steuerbelastung für viele, weniger öffentliche Leistungen für alle und eine Begünstigung auch solcher Bürger, die sich selbst helfen könnten (Osterkamp 2015, S. 142) Ultraliberale und Unternehmen sehen in der Idee des BGE vor allem die Möglichkeit, den Sozialstaat abzubauen* *Und sollte es tatsächlich zu einer hohen Arbeitslosigkeit kommen, dann ist das bedingungslose Grundeinkommen eine für die Wirtschaft billige Art und Weise, diese zu finanzieren. Und es bietet die Chance, die Lohnkosten weiter zu drücken
„Hartz IV und Grundeinkommen“ 6. Literatur Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2017): Lebenslagen in Deutschland. Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung: Lebenslagen in Deutschland; Bonn, 5. Bericht Fischer, Ute (2013): Sozialmagazin 3-4, S. 77-83 Fischer, Ute (2009): Anerkennung, Integration und Geschlecht. Zur Sinnstiftung des modernen Subjekts. Bielefeld: transcript Lang, Jörg (2018): Sozialstaat gegen Arme, Kontext:Wochenzeitung, in: die tageszeitung vom 18. August 2018, S. 2 Metschl, Ulrich (2015): Grundeinkommen und Gleichheit – egalitaristische Grundlagen der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen; in Osterkamp, Rigmar (Hg.), a.a.O., S. 59-70 Osterkamp, Rigmar (2015): Ist ein bedingungsloses Grundeinkommen gesellschaftlich nützlich?; in: ders. (Hg.), a.a.O., S. 131-142 Osterkamp, Rigmar (2015) (Hg): Auf dem Prüfstand. Ein bedingungsloses Grundeinkommen für Deutschland. Zeitschrift für Politik, Sonderband 7, Nomos Verlag Schmidt, Ulf (2010): Das ABC der kommenden Wirtschaft, Folge 2: Nachtrag zum Grundkonzept; in: http://postdramatiker.de/blog/2010/09/20/das-abc-der-kommenden-wirtschaft-folge-2-nachtrag-zum-grundkonzept/ (entnommen am 16.09.2013) Werner, Götz (2007): Einkommen für alle; Kiepenheuer & Witsch Wilkens, Herbert (2013): Wahlprüfsteine zum Grundeinkommen. Aufschlussreiche Antworten der Parteien; in: https://www.grundeinkommen.de/01/09/2013/wahlpruefsteine-zum-grundeinkommen-aufschlussreiche-antworten- der-parteien.html#more-3040 (entnommen am 16.09.2013)
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