Zur Historie der DZG: wie der Karl Ritter von Frisch-Preis entstand
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Zur Historie der DZG: wie der Karl Ritter von Frisch-Preis entstand Sabine Gießler und Rudolf Alexander Steinbrecht „Lieber Herr Kollege! Ihre Mitteilung von der bringen möchten. Wenn wir uns mit der kriti- beabsichtigten Stiftung eines Preises, der von schen Ehrlichkeit prüfen, die manche unter uns der Deutschen Zoologischen Gesellschaft ver- von Ihnen gelernt haben, so ist zuzugeben, daß liehen werden und meinen Namen tragen soll sich die Zoologen mit der Berufung auf Ihren hat mich ebenso überrascht wie tief erfreut. Namen auch selbst ehren. Aber es überwiegt Letzteres besonders wegen der Zielsetzung, doch ganz stark die Absicht, Bemühungen zur Arbeiten besonders zu fördern, die dem Integration unserer in Teilfächer zerfallenden Brückenschlag zwischen verschiedenen Einzel- Wissenschaft durch die Verleihung eines „Rit- fächern dienen. Die zunehmende Spezialisie- ter-Karl-von-Frisch-Preises“ zu ermutigen.... rung und gegenseitige Abkapselung im Ge- Wir hoffen, auf der diesjährigen Versamm- samtbereich der Zoologie habe auch ich mit lung der Deutschen Zoologen, zu Pfingsten in Sorge verfolgt. Ich gebe dem Vorhaben gern Regensburg, die Stiftung des Preises bekannt- meine Zustimmung und bin natürlich auch gern geben zu können. bereit, den Wortlaut der Ausschreibung zu Mit dem Ausdruck tiefer Verehrung verblei- lesen.... be ich Die Wertschätzung meiner Arbeiten, die Ihr sehr ergebener J. Schwartzkopff“. dem Ganzen zugrunde liegt, nehme ich dank- bar zur Kenntnis. Aus dem angesprochenen Brief von Mit herzlichen Grüßen Ihr K. v. Frisch“. Martin Lindauer vom 30. 1. 1979 : „Lieber Karl! So antwortete am 9. 2. 1979 der 93jäh- Der Vorstand der Deutschen Zoologischen rige Karl von Frisch auf folgendes offiziel- Gesellschaft hat mich gebeten, Dich über einen les Anschreiben des damaligen Präsiden- Plan zu informieren, der Dir sicher Freude ten der DZG, Johannes Schwartzkopff, machen wird. Ehe er aber konkrete Formen annimmt, möchten wir gerne Deine Zustim- vom 6. 2. 1979: mung einholen. „Hochverehrter Herr v. Frisch! Mit der Wir machen uns Sorgen darüber, dass die Übernahme des Vorsitzes in der Deutschen Zoologie zunehmend in Teildisziplinen zerfällt, Zoologischen Gesellschaft ist mir die ehrenvol- die sich gegeneinander abkapseln und damit le Aufgabe zugefallen, Sie um Ihre Zustimmung die grossen Zusammenhänge aus den Augen zur Stiftung eines Wissenschaftspreises der verlieren. Durch die Stiftung eines „Karl-Ritter- Deutschen Zoologischen Gesellschaft zu bitten, von-Frisch-Preises“ möchten wir solchen Ent- welcher Ihren Namen tragen soll. Der beige- wicklungen entgegentreten und Arbeiten, die fügte Brief von Herrn Lindauer unterrichtet Sie eine Synthese über die Einzelgebiete hinweg über den Plan, durch welchen der Vorstand der vollziehen und die Beziehung zu den Nachbar- DZG und die an der Ausarbeitung von Einzel- disziplinen herausstellen, prämieren“... heiten des Vorhabens beteiligten Kollegen ihre tiefe Verehrung für Ihre unermüdliche For- schungsarbeit und Ihren Beitrag zum Ansehen Dieser Brief unterstreicht die Intention, unseres Faches und der gesamten Biologie als durch die Auslobung eines Preises ein naturwissenschaftliche Disziplin zum Ausdruck wesentliches Ziel der DZG in den Focus 37
zu stellen. Die Initiative zu diesem ersten Der ersten Preisjury unter dem Vorsitz Wissenschaftspreis der Deutschen Zoolo- von Martin Lindauer gehörten neben gischen Gesellschaft ergriff seinerzeit die den Professoren G. Osche (Freiburg), B. damalige Schriftführerin der DZG, Frau Rensch (Münster), D. Starck (Frankfurt), Dr. Gabriele Peters, Institut für Hydrobio- Frau Dr. G. Peters, Dr. R. Georgi (vom logie, Hamburg. Sowohl die Ausarbeitung Verlag Parey für die Stifter) und Dr. R. der Satzung dieses Preises, als auch die Flöhl (von der Frankfurter Allgemeinen Suche nach Sponsoren geschah unter Zeitung als Wissenschaftsjournalist) an. ihrer Federführung. So trug sie maßgeb- Die Wahl fiel einstimmig auf Franz Huber, lich dazu bei, dass vier führende deut- Seewiesen, als ersten Preisträger. Diese sche Wissenschaftsverlage, Gustav allererste Preisverleihung sollte mit ge- Fischer, Paul Parey, Julius Springer und bührendem Glanz gefeiert und gleichzei- Georg Thieme, sich zur Finanzierung tig des Namensgebers in angemessener dieses damals mit DM 10.000 (heute Weise gedacht werden. Aus den zitierten € 10.000) und einer Platinmedaille dotier- Briefen geht ja hervor, wie sehr Karl von ten Preises bereit erklärten. Plangemäß Frisch zur Vaterfigur in der deutschen konnte auf der Jahrestagung in Regens- Zoologie geworden war. Ein Film (Regie burg der Beschluss zu diesem Preis ver- Dr. Schulz-Kampfhenkel) sollte gedreht kündet und die erste Preisverleihung für und eine Ausstellung über das Werk und die folgende Jahrestagung der DZG in die Persönlichkeit Karl von Frischs gestal- Berlin 1980 angekündigt werden. tet werden (Abb. 1 und 2). Organisatoren Abbildung 1: Karl von Frisch im Gespräch mit Martin Lindauer. Ein Bild aus dem Jahre 1963 (Foto: Archiv Karl Daumer) 38
dieser Ausstellung „Karl von Frisch – über das veranschlagte Budget hinausge- Schlaglichter auf ein Forscherleben“ waren schossen. dessen Schüler Karl Daumer und Max Die Preisverleihung (Abb. 3) fand am Renner, beide München, und Burkhard 28. Mai 1980 in der Neuen Staatsbiblio- Schricker, Berlin (wissenschaftlich ein thek statt, da die Kongresshalle zu diesem „Enkel“ von Frischs). Termin bereits ausgebucht war – glückli- Die Ausstellung hatte alle Besucher cherweise, denn eine Woche vorher wa- der Tagung begeistert. Anschließend ren Teile der frei tragenden Stahlbeton- wurde sie noch im gleichen Jahr anläss- konstruktion der legendären „Schwange- lich eines Festakts zum 94. Geburtstag ren Auster“ eingestürzt. Die gerade in von Karl von Frisch im Lenbachhaus in ihrer Kürze sehr eindrucksvolle Anspra- München und später noch in Würzburg che des Präsidenten anläßlich der ersten gezeigt. Diese Wiederholungen hatten Preisverleihung sei hier noch einmal wie- auch einen finanziellen Grund, denn trotz dergegeben. allem Enthusiasmus der ehrenamtlichen „Herr Senatsdirektor Prof. Dr. Jäckel, lieber Organisatoren waren die Kosten weit Herr Huber, liebe Frau Huber! Hochansehnliche Abbildung 2: Die Ausstellung „Karl von Frisch – Schlaglichter auf ein Forscherleben“ auf der Jahrestagung der DZG 1980 im Pflanzenphysiologischen Institut der FU Berlin.. Karl Daumer erläutert Besuchern einige Details, daneben von der Filmkamera etwas verdeckt, Martin Lindauer, sitzend Herr Schulz-Kampfhenkel (Foto: Archiv Karl Daumer) 39
Festversammlung! Die erstmalige Verleihung Enthusiasmus für die Idee eingesetzt hat, auf des Wissenschaftspreises der Deutschen diese Weise ein Vorbild für alle Biologen zu Zoologischen Gesellschaft gibt Anlaß zur ehren. Der Dank gilt den Kollegen der Jury, die Freude, zu Dank und zum Nachdenken. sich redlich und erfolgreich um die Wahl eines Die Freude ist vielgestaltig: Wir empfinden würdigen Preisträgers bemüht haben. Und er Genugtuung darüber, daß Karl von Frisch im gilt, nicht zuletzt, den Stiftern des Preises und 94. Lebensjahr die Stiftung und Verleihung des der Karl Ritter von Frisch-Medaille für die nach ihm benannten Preises erlebt, auch wenn Sicherung der materiellen Voraussetzungen. er nicht mehr in Berlin anwesend sein kann. Mit Das Nachdenken zielt auf das Wirken der den Kollegen, die sich in vielfältiger Weise um Deutschen Zoologischen Gesellschaft, die sich die ideellen Grundlagen bemüht haben, ist die als die Vereinigung von Wissenschaftlern des Gesamtheit der 1200 Mitglieder der Deutschen deutschen Sprach- und Kulturkreises verstehen. Zoologischen Gesellschaft hochgestimmt darü- Die beiden Nobelpreisträger aus der Deut- ber, daß wir die Gemeinsamkeit unserer wis- schen Zoologie, Hans Spemann und Karl von senschaftlichen Bemühungen auf diese würdige Frisch, haben an der gleichen Universität ihr Weise zum Ausdruck bringen können. erstes Ordinariat übernommen, nämlich Auch der Dank gilt zunächst Karl von Frisch Rostock, einer der ältesten heute noch beste- für ein beispielhaftes, drei Generationen füllen- henden deutschen Hochschulen. Ich bin zu- des Leben als Forscher und Lehrer. Er gilt Frau versichtlich, daß die Benennung unseres Wis- Gabriele Peters, die sich mit dem ihr eigenen senschaftspreises, wie die Wahl des ersten Abbildung 3: Johannes Schwartzkopff, Präsident der DZG, überreicht die Medaille an den ersten Preisträger Franz Huber (rechts). (Foto: Archiv Karl Daumer) 40
Preisträgers, auch von denjenigen Kollegen scher aus den politisch getrennten Gebieten nachvollzogen wird, denen die Anwesenheit deutscher Sprache (und der übrigen Welt). hier nicht möglich ist. Zugleich erinnere ich Sowohl Karl von Frisch, wie der Preisträger aber daran, daß die älteste naturwissenschaft- Franz Huber und auch Martin Lindauer als Vor- liche Akademie, die „Deutsche Akademie der sitzender der Jury sind Mitglieder der Leopol- Naturforscher, Leopoldina“, gegründet 1652, dina. So verbindet uns zumindest der Name noch vor der Royal Society, zunächst in des ansonsten in den Staub der Geschichtsfor- Schweinfurt und heute in Halle beheimatet ist. schung zurückgefallenen Habsburgers Leopold Gestützt auf ihr hohes internationales Ansehen des I.“ vereint die Leopoldina auch heute noch For- Abbildung 4: Schreiben Karl von Frischs an den Präsidenten vom 11.6.1980. (Archiv von Karl Daumer) 41
Es folgte die Festansprache des „Sehr bedauere ich es, daß meine nichts- Senatsdirektors Jäckel mit einer ausführ- nutzigen Ohren eine weitere Teilnahme an den Sitzungen und anderen Veranstaltungen der lichen Würdigung Karl von Frischs, die Akademie sinnlos machen.“ Laudatio von Martin Lindauer auf den Preisträger und der Vortrag von Franz Aber Anteil hat er auch an dieser Huber mit dem Thema: „Zoologische Veranstaltung genommen. Darum schlie- Grundlagenforschung aus der Sicht eines ßen wir diese kleine „Akteneinsicht“ mit Insektenbiologen“ (veröffentlicht in Verh. seinem Schreiben vom 11.6.1980 an den Dtsch. Zool. Ges. 1980, 12-37). Karl von Präsidenten Schwartzkopff, das wie viele Frisch konnte in Berlin nicht teilnehmen. andere seiner Äußerungen Zeugnis von Schon zwanzig Jahre früher hatte er eine der großen Bescheidenheit dieses Einladung der Bayerischen Akademie der Gelehrten gibt (s. Faksimile Abb. 4). Wissenschaften, der er seit 1926 als Mit- glied angehörte, abgesagt mit den Zeilen: Dr. Sabine Gießler Geschäftsstelle der DZG Corneliusstr. 12 D-80469 München Prof. Dr. Rudolf Alexander Steinbrecht MPI f. Ornithologie 82319 Seewiesen 42
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