HASS, BEDROHUNGEN & GEWALT - GEGEN KOMMUNALPOLITIKER*INNEN - DSTGB

 
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DEUTSCHER STÄDTE- UND GEMEINDEBUND

     T E 1 8 0 321
UPDA

              HASS, BEDROHUNGEN & GEWALT
            GEGEN KOMMUNALPOLITIKER*INNEN

                                                                                                                Fotos v. l.: © wellphoto - Fotolia.com | Nomad_Soul - Fotolia.com
      BUNDESWEITE SITUATION
      • Wir beobachten eine besorgniserregende Ent-        • Wir reden also nicht mehr über Einzelfälle, son-
        wicklung: Hass, Bedrohungen und Anfeindungen         dern über ein bundesweites Problem in allen
        gegenüber Kommunalpoli�ker*innen haben in            Parteien, Regionen und allen Stadt- und Gemein-
        den vergangenen Jahren deutlich zu genommen.         degrößen. Dies bestä�gen auch die polizeilichen
        Aktuelle Umfragen der Zeitschri� KOMMUNAL            Kriminalsta�s�ken, die einen enormen Ans�eg
        und der forsa belegen, dass fast 2⁄3 der Bürger-     der Stra�aten vor allem im Coronajahr bestä�-
        meister*innen in ihrer Gemeinde Erfahrungen          gen. 2020 gab es 57 Prozent mehr poli�sch mo-
        mit Beschimpfungen, Bedrohungen oder tätli-          �vierte Stra�aten gegen Poli�ker*innen auf Bun-
        chen Übergriffen – und das sogar mehrfach – ge-       des-, Landes- und kommunaler Ebene als noch
        macht haben. Noch im Jahr 2019 war es weniger        2019 (2629). Der Hass kommt dabei nicht nur
        als die Häl�e.                                       von Extremisten, Reichsbürgern und Verschwö-
                                                             rungstheore�kern, sondern auch mi�en aus der
      • Die Situa�on spitzt sich auch aufgrund der Coro-     Gesellscha�.
        na-Pandemie weiter zu. Fast 30 Prozent der be-
        fragten Bürgermeister*innen bestä�gen das laut     • Dabei wird zunächst o� nur auf Poli�ker*innen
        der jüngsten Umfrage von KOMMUNAL.                   auf Landes- und Bundesebene geschaut. Die
                                                             kommunale Ebene rückt erst viel später in den
      • Von Anfeindungen sind nicht nur hauptamtliche        Blick der Öffentlichkeit. Die Ermordung des Kas-
        Bürgermeister*innen betroffen, sondern auch           seler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat
        eine Vielzahl an ehrenamtlichen. Dabei ist Hass      hier sicherlich einen Wendepunkt dargestellt und
        und Hetze im Netz ein besonderes Problem,            eine stärkere öffentliche Deba�e ausgelöst.
        weibliche Kommunalpoli�ker*innen sind beson-
        ders betroffen. Auch die Familien, Kinder und       • Die Folgen sind fatal: Während einige den An-
        Freunde werden angefeindet.                          feindungen Stand halten und erst recht weiter
                                                             machen, trauen sich andere nicht mehr ihre Mei-

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nung zu sagen, einige ziehen sich zurück, treten         datsträger im Land. Gut 21.950 Mandate werden
 zurück von ihren Ämtern, andere treten gar nicht         in Kreistagen bzw. Stadträten kreisfreier Städte und
 mehr an. Die ohnehin anspruchsvollen Ämter wer-          169.450 Mandate in Gemeinderäten bekleidet –
 den zunehmend una�rak�ver. Viele fühlen sich             im Gegensatz zu insgesamt knapp 2.700 Mandaten
 mit dem Problem allein gelassen und sind der Mei-        deutscher Poli�ker*innen auf Landes-, Bundes-
 nung, sie müssten das „aushalten“.                       und Europaebene.

• Wir brauchen all die Menschen, die bereit sind,       • Die Situa�on ist paradox: Auf der einen Seite ist das
  Verantwortung vor Ort zu übernehmen und zu tra-         Vertrauen der Bürger*innen in ihre Kommunalver-
  gen. Sie sind das Fundament, auf dem das Gebäu-         treter gerade in Zeiten der Pandemie besonders
  de der Demokra�e ruht.                                  hoch, auch das müssen wir sehen und anerken-
                                                          nen. Die Schere derjenigen, die Hass verbreiten
• Obendrein sei daran erinnert: Die Kommunalpo-           und derjenigen, die sich hinter ihre Kommunalpoli-
  li�ker*innen bilden die größte Gruppe der Man-          �ker*innen stellen, geht also weit auseinander.

WAS KANN GETAN WERDEN,
UM DIESE SITUATION ZU VERBESSERN?
Wir müssen an das Thema von zwei Seiten herange-        • Die Zivilgesellscha�, aber vor allem auch die po-
hen: Einerseits präven�v, um Hass und Anfeindungen        li�schen Parteien, müssen sich stärker hinter ihre
vorbeugen zu können und andererseits repressiv, um        Kommunalpoli�ker*innen stellen, Schutzmaßnah-
Stra�aten konsequent entgegentreten zu können.            men mit unterstützen, Beratungsstrukturen auf-
                                                          bauen. Da ist nicht nur der Staat gefordert, etwas
WAS IST PRÄVENTIV ZU TUN?                                 zu tun.

• Wir müssen dem Thema eine größere Aufmerk-            • Wir brauchen flächendeckende speziell auf Kom-
  samkeit schenken und stärker sensibilisieren: Es        munalpoli�ker*innen zugeschni�ene Hilfs- und
  ist an der Zeit, Vorfälle dieser Art nicht mehr zu      Beratungsangebote: Hier gehen einige Länder, wie
  tolerieren oder als Einzelfälle zu bezeichnen und       NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Hessen und
  Kommunalpoli�ker*innen damit sich selbst zu             Bayern voran, in dem dort konkrete Ansprechpart-
  überlassen.                                             ner und Schwerpunktstaatsanwaltscha�en einge-
                                                          richtet wurden, die die Betroffenen unterstützen
• Wir haben schon viel erreicht, in dem sich der Bun-     und die strafrechtliche Verfolgung erleichtern kön-
  despräsident persönlich der Thema�k angenom-            nen. Andere stehen hier jedoch noch am Anfang.
  men und sich schützend vor die Kommunalvertre-
  ter*innen stellt. Dennoch: Es bedarf einer noch       • Wir benö�gen mehr Präven�on im Bereich der po-
  breiteren gesellscha�lichen und öffentlichen De-         li�schen Bildung in den Schulen, der Jugendarbeit
  ba�e über unsere demokra�sche Kultur, über die          bis zu Demokra�ewerkstä�en vor Ort. Das ist ne-
  Notwendigkeit und Akzeptanz vielfäl�ger demokra-        ben guten und gleichwer�gen Lebensbedingungen
  �scher Meinungen und über strukturelle Ansätze          in Deutschland aus unserer Sicht der Schlüssel, um
  zur Stärkung der Poli�ker/innen vor Ort.                Hass und Hetze erst gar nicht entstehen zu lassen.

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WAS MÜSSEN WIR TUN, UM DIE
 STRAFRECHTSVERFOLGUNG ZU ERLEICHTERN?
• Wir benö�gen endlich einen Gesetzesrahmen, um         • Wir fordern, dass insbesondere das „Stalking“ von
  Hass und Anfeindungen im Netz im erforderlichen         Kommunalpoli�ker*innen im Netz unter Strafe
  Umfang verfolgen und ahnden zu können und so-           gestellt wird. Aktuell wird der Stalking-Paragraph
  ziale Netzwerkbetreiber stärker in die Pflicht zu        § 238 StGB reformiert. Dies muss genutzt wer-
  nehmen. Wir bewegen uns im Netz noch immer              den, um einen eigenen Tatbestand des sog. Poli�-
  in einem weitgehend rechtsfreien Raum, wenn es          ker-Stalkings aufzunehmen, der auch diffuse und
  um digitale Bedrohungen geht. Der DStGB und die         zunächst niedrigschwellig wirkende Drohungen wie
  Kommunalpoli�ker*innen bedauern sehr, dass wir          „fühl dich nicht sicher“ von einer unbes�mmten
  noch immer auf das Gesetz zu Bekämpfung des             Zahl an Tätern ahnden zu können.
  Rechtsextremismus und der Hasskriminalität war-
  ten, dass diese Situa�on verbessert hä�e. Dessen      • Sicherheitsbehörden und Jus�z in den Ländern und
  Inkra�treten wurde erst kürzlich aufgrund daten-        beim Bund müssen v. a. im Hinblick auf digitale
  schutzrechtlicher Bedenken gegen Befugnisse der         Gewalt im Netz besser geschult und auf zunächst
  Sicherheitsbehörde im Umgang mit personalisier-         niedrigschwellig wirkende Gewalt sensibilisiert
  ten Bestandsdaten im Netz erneut gestoppt.              werden sowie Anzeigen konsequent weiterverfol-
                                                          gen. Hier sind die Innenministerien der Länder an-
                                                          gesprochen, ak�v zu werden.

WAS MACHEN WIR ALS DStGB?
• Zur Unterstützung der Kommunalpoli�ker*innen            auf kommunaler Ebene erfassen und eine Grundla-
  bietet der Deutsche Städte- und Gemeindebund            ge für konkrete Maßnahmen schaffen zu können.
  (DStGB) gemeinsam mit der Bundeszentrale für po-
  li�sche Bildung und dem Deutschen Landkreistag        • Der DStGB wirkt ak�v gemeinsam mit seinen kom-
  Dialogveranstaltungen an, um sich untereinander         munalen Landesverbänden daran mit, dass Straf-
  auszutauschen, Kommunika�onsstrategien zu ent-          rechtslücken geschlossen und Stra�aten konse-
  wickeln und Verbündete zu finden.                        quent verfolgt und geahndet werden können.

• Der DStGB arbeitet gemeinsam mit der Körber
  S��ung, dem Deutschen Städtetag und dem Deut-
  schen Landkreistag an einer Online-Pla�orm, die
  Hilfs- und Unterstützungsangebote für betroffene
  Bürgermeister*innen sichtbar machen und ein gro-
  ßes Netzwerk au�auen soll.
                                                                                                               Foto: © Brad Pict - stock.adobe.com

• Der DStGB arbeitet an einer validen Datenbasis
  mit dem Bundeskriminalamt und weiteren wissen-
  scha�lichen Partnern, um die aktuelle Situa�on, die
  Entwicklung in den kommenden Jahren und das
  bundesweite Ausmaß von Hass und Bedrohungen

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BELEIDIGUNGEN GEGENÜBER MITARBEITERN
DER GEMEINDE HABEN IN DER
CORONA-KRISE ZUGENOMMEN

                                          +22 %                                                                                           +30 %
                                           Norddeutschland
                                                                                                                                         Ostdeutschland

                        e
                 Zunahm
                        T
                  GESAM
                 +27 %
Gemeinden unter 5.000 Ew                  20 %
        5.000–20.000 Ew                          34 %
                                                    42 %
                                                                 +31 % +26 %
    Städte über 20.000 Ew
                            0   10   20     30    40   50

                                                                                                        Bayern
                                                       Baden-Wür�emberg

                                                        Quelle: KOMMUNAL Umfrage mit forsa unter 1856 Bürgermeister*innen im Zeitraum 8.-19.1.2021; Grafik: DStGB 2021

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                    Tel.: 030 / 77307-0 | E-Mail: renee.ramin@dstgb.de | Internet: www.dstgb.de

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