Fernsehen - wie Schüler es sehen - Dokumentation Heft 4
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Fernsehen - wie Schüler es sehen Dokumentation Heft 4 Herausgeber: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest Geschäftsstelle: SWR Medienforschung Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Tel.: 07221 – 929 43 38 Fax.: 07221 – 929 21 80 E-Mail: info@mpfs.de http://www.mpfs.de Baden-Baden, Juni 1996 Sabine Feierabend © Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest Zitate und Veröffentlichungen sind uneingeschränkt zulässig, wenn sie mit einer eindeutigen Quellen- angabe versehen sind. Im Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest kooperieren die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), die Landeszentrale für private Rund- funkveranstalter Rheinland-Pfalz (LPR) und der Südwestrundfunk (SWR).
Inhaltsverzeichnis 1. Ziel der Untersuchung 1 2. Methode 1 3. Ergebnisse 2 3.1 Geräteausstattung 2 3.2 Freizeitbeschäftigungen 3 3.3 Intensität und Motive der Fernsehnutzung 5 3.4 Rezeptionssituation 9 3.5 Informiertheit und Gespräche über TV-Hintergründe 10 3.6 Meinungen über das Fernsehen 13 4. Fazit 16 Sabine Feierabend Baden-Baden, Juni 1996
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 1 1. Ziel der Untersuchung Der Umgang und die Faszination der Medien bei Schülern und Jugendlichen wurde und wird in der Bundesrepublik auf unterschiedliche Arten untersucht. So beschäftigen sich Jugend- studien hauptsächlich mit Einstellungen, Werten und Verhaltensweisen Heranwachsender.1i Auf Medien als Teil der Lebenswelt Jugendlicher wird hier meist nur am Rande eingegangen. Spezielle Medien- bzw. Markt-Medienanalysen versuchen dagegen, schwerpunktmäßig Da- ten zu sammeln, die der werbetreibenden Industrie Aufschluss über das Medien- und Kon- sumverhalten dieser Zielgruppen geben.2 Aus diesen Quellen lassen sich Informationen speziell über das Fernsehverhalten Jugendli- cher jedoch meist nur indirekt ableiten. Motive der Nutzung, Einstellungen zum und Erfah- rungen mit dem Medium bleiben somit verborgen. Dieses Defizit versuchen spezielle Ju- gendmedienstudien3 auszugleichen. Der Gesamtkanon der Medien - Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen etc. - wird dabei eingehend und auch auf wechselseitige Einflussnahme hin analysiert. Großes Manko solcher umfangreicher und aufwendiger Unter- suchungen ist vor dem Hintergrund einer sich ständig im Wandel befindlichen Medienland- schaft aber die Aktualität der Daten bzw. die sich ständig verändernden Rahmenbedingun- gen. Im Blick auf das Medium Fernsehen, das auch aufgrund der weiteren technischen Entwick- lung4 im besonderen Interesse steht, will der Medienpädogogische Forschungsverbund Südwest diesem Umstand mit Focus auf den Südwesten Deutschlands Rechnung tragen. Im Rahmen einer telefonischen Befragung wurden auf repräsentativer Grundlage Einschätzun- gen und Einstellungen zum sowie Informiertheit über das Fernsehen bei Schülern in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz ermittelt. 2. Methode Grundgesamtheit für die Untersuchung waren Schüler/-innen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, da für eine Untersuchung jüngerer Kin- der u. E. andere Methoden erforderlich sind. Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine reprä- sentative Stichprobe von 500 Schülern befragt, quotiert nach Bundesland (je 50 Prozent 1 z.B. IBM Jugendstudie, Shell Jugendstudie 2 z.B. SchülerMA, GfK-Fersehforschung oder Kid´s VA 3 z.B. Lukesch 1990, Baacke u.a. 1991, Groebel/Klingler, 1994 4 Hier sei nur das Stichwort „Digitales Fernsehen“ genannt.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2 Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz), Geschlecht (je 50 Prozent Mädchen und Jungen) und Alter (je ein Drittel 12 bis 13 Jahre, 14 bis 15 Jahre, 16 bis 17 Jahre). Die Adressen wur- den per Zufall aus einem repräsentativen Pool wiederbefragbarer Haushalte in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz gezogen. Diese Stichprobe umfasste zum einen Jugendli- che ab 14 Jahre, die schon einmal selbst an einer Befragung teilgenommen hatten; zum an- deren Kinder bzw. Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, deren (wiederbefragbare) Eltern um die Erlaubnis gebeten wurden, mit ihrem Kind ein Interview durchführen zu dürfen. Die Ausschöpfung bei den so ermittelten Haushalten betrug über 80 Prozent. Die computergestützten Interviews wurden in der Zeit vom 5. 29. Februar 1996 durch das Institut Enigma, Wiesbaden, durchgeführt. 3. Ergebnisse 3.1 Geräteausstattung Bei der Frage nach der Haushaltsausstattung bzw. dem persönlichen Besitz von elektroni- schen Geräten wurde das Augenmerk auf drei Medien gerichtet: Fernsehen, Videorecorder und Computer sind die Geräte, deren Nutzung durch Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion steht bzw. bei Eltern und Pädagogen auf den größten Argwohn stößt. Für die durch die Untersuchung repräsentierten Haushalte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zeigen sich bekannte Zahlen hinsichtlich der Ausstattung mit Fernsehgerä- ten bestätigt: In nahezu jedem Haushalt der befragten Schüler/-innen gibt es (mindestens) ein Fernsehgerät (99 Prozent). Fast der Hälfte (47 Prozent) der befragten Schüler/-innen steht sogar ein eigenes zur Verfügung. Dies gilt für Mädchen und Jungen gleichermaßen. Bei den 12- bis 13jährigen beträgt der Anteil der "Fernsehbesitzer" bereits 35 Prozent und steigt mit zunehmendem Alter weiter an. Die Ausstattung der Haushalte mit einem Videorecorder ist mit 83 Prozent ebenfalls sehr hoch.5 Hier verfügen durchschnittlich 17 Prozent der Befragten über einen eigenen Recorder; wie beim Fernsehen steigt dieser Prozentsatz mit dem Alter der Schüler/-innen. Auch 5 Dieser Wert liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 59 %, wie er in der MA 1995 ermittelt wurde. Allerdings gehen dort alle Haushalte in die Hochrechnung ein und nicht, wie hier, nur Haushalte, in denen Kinder zwischen 12 und 17 Jahren leben
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 3 besitzen eher Jungen als Mädchen einen eigenen Videorecorder. Und 34 Prozent derer mit einem eigenen Fernsehgerät haben gleichzeitig auch einen eigenen Videorecorder zur Ver- fügung. Schließlich befindet sich nach eigenen Angaben bei 59 Prozent der Schüler/-innen in dem Haushalt, in dem sie leben, ein Computer. Damit ist die Compterausstattung bei Haushalten mit Kindern zwischen 12 und 17 Jahren in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über- durchschnittlich hoch.6 31 Prozent der befragten Schüler/-innen haben sogar ein eigenes Gerät. Während sich der PC-Besitz vom Alter unabhängig zeigt, differieren die Merkmale Geschlecht und Schultyp. Während bei den Mädchen nur jedes vierte einen eigenen Com- puter hat, sind es bei den Jungen bereits 37 Prozent. Computerbesitzer befinden sich weni- ger unter den Haupt- und Berufsschülern, stärker vertreten sind sie bei Gymnasiasten. Und während 27 Prozent der Schüler/-innen ohne eigenen Fernseher einen Computer haben, nennen 35 Prozent Fernseher und Computer ihr eigen. 3.2 Freizeitbeschäftigungen Das tägliche Freizeitbudget an einem normalen Wochentag von Montag bis Freitag liegt nach Angaben der Schüler/-innen bei durchschnittlich vier Stunden und 20 Minuten. Was tun Schüler/-innen in ihrer Freizeit? Auf die vorgegebenen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung konnte die Häufigkeit der eigenen Tätigkeiten mit "mache ich häufig", "gelegentlich", "selten" oder "nie" beschrieben werden. 6 Für die Ausstattung mit einem Computer wurde im SWF-Trend (1. und 2. Welle 1996) für Baden-Württemberg und Rheinland- Pfalz eine Haushaltsdichte von 33 Prozent ermittelt
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 4 Um es vorwegzunehmen: Fernsehen als häufige Freizeitbeschäftigung rangiert insgesamt bei den Schüler/-innen erst an fünfter Stelle. Allerdings variiert dieser Rangplatz nach Schultyp - bei Hauptschülern kommt "fernsehen" auf Platz drei, bei Realschülern auf Platz vier. Die Rangreihe der häufigen Freizeitbeschäftigungen stellt sich insgesamt folgendermaßen dar: 84 Prozent geben "Freunde treffen" an, 80 Prozent "Musik hören", bereits deutlich abge- schlagen nennen an dritter Stelle 60 Prozent "Sport treiben". "Radio hören" wird von 53 Pro- zent als häufige Freizeitbeschäftigung genannt, "Fernsehen" auf Platz fünf hier nur von 51 Prozent. Rund ein Drittel der Schüler/-innen sagt "ein Buch lesen", wobei hierunter aber durchaus auch Schulbücher fallen können. Sich "ausruhen, nichts tun" nennen 29 Prozent. Etwa jeder Fünfte gab "Video sehen" (23 Prozent), "etwas mit der Familie unternehmen" (20 Prozent) oder "ins Kino gehen" (18 Prozent) an. Je nach Alter der Schüler/-innen variieren die Häufigkeiten nach den bekannten Mustern: Die Bedeutung des Fernsehens nimmt mit steigendem Alter ab, Videokonsum oder der Gang ins Kino steigen an. Auch Musik wird mit zunehmenden Alter wichtiger. Beschäftigung mit dem Computer findet auf zwei Arten statt: 19 Prozent der Schüler geben an, häufig am PC Computerspiele zu spielen, 17 Prozent arbeiten häufig am Computer. Die Beziehung dieser Tätigkeiten läßt sich aber weniger mit "sowohl/als auch", sondern eher mit "entweder/oder" beschreiben - nur 8 Prozent der Schüler geben an, beide Tätigkeiten am PC häufig auszuführen. Umgekehrt sagen überraschend viele Schüler/-innen, daß sie sich nie mit dem Computer beschäftigen: 42 Prozent nutzen ihn nie zum Arbeiten, 39 Prozent nie zum Spielen. Weder zum Spielen noch zum Arbeiten wird ein Computer von 30 Prozent der Befragten genutzt.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 5 12 Prozent geben an, nie ein Buch zu lesen - bei den 63 befragten Berufsschülern liegt die- ser Anteil sogar bei 30 Prozent. Und es gibt 15 Prozent solcher Schüler/-innen, die nie in ihrer Freizeit Videos sehen - verstärkt Schüler ohne eigenen Fernseher und Wenig-Seher.7 Die Frage nach Defiziten bei den vorgegebenen Freizeitaktivitäten ("Welche davon würdest Du gerne häufiger machen, als es bisher möglich war?") zeigt, daß solche nur in wenigen Bereichen bestehen. Die Schüler würden gerne häufiger Sport treiben (25 Prozent), sich öf- ter mit Freunden treffen (23 Prozent) oder häufiger ins Kino gehen (18 Prozent). 3.3 Intensität und Motive der Fernsehnutzung 64 Prozent der befragten Schüler sehen täglich von Montag bis Freitag fern, 9 Prozent sehen an vier, weitere 12 Prozent an drei dieser fünf Tage. Anders ausgedrückt: Schüler sehen im Mittel an 4,3 Tagen zwischen Montag und Freitag fern. Die durchschnittliche Sehdauer be- trägt nach Selbsteinschätzung dabei im Schnitt 98 Minuten.8 Die Unterscheidung nach Al- tersgruppen ergibt 95 Minuten für die 12- bis 13jährigen, 104 Minuten für die 14- bis 15jährigen und 97 Minuten für die 16- bis 17jährigen Schüler. Bei Verfügbarkeit eines eige- nen Fernsehgerätes beträgt die selbsteingeschätzte Sehdauer durchschnittlich 104 Minuten, Schüler/-innen ohne eigenes Gerät geben zehn Minuten weniger an. Da sich das Wochenende auch hinsichtlich der Fernsehnutzung von den anderen Tagen der Woche unterscheidet, wurden die Befragten hier um eine separate Einschätzung gebeten. Für den Samstag geben 10 Prozent der Schüler/-innen an, überhaupt nicht fernzusehen, überdurchschnittlich sind dies die älteren (16 Prozent) bzw. die Berufsschüler (24 Prozent). Samstags glauben die Befragten, im Schnitt 140 Minuten fern zu sehen. Wiederum nach Altersstufen getrennt, ergeben sich für die 12- bis 13jährigen 140 Minuten Fernsehnutzung, für die 14- bis 15jährigen 154 Minuten und für die älteren Schüler 128 Minuten. Für den Sonntag geben 12 Prozent der befragten Schüler an, nicht fernzusehen, wieder sind dies vor allem die älteren. Mit durchschnittlich "nur" 127 Minuten wird an diesem Tag wieder weniger ferngesehen.9 Wieder sieht die mittlere Altersgruppe mit 138 Minuten etwas länger als die Jüngeren (120 Minuten) bzw. Älteren (122 Minuten). Und auch an den Tagen des Wochen- endes zeigt sich bei Schüler/-innen mit eigenem Fernseher eine höhere Sehdauer. Bei der Selbsteinschätzung für den Samstag differieren Fernsehbesitzer und –nichtbesitzer 7 Wenig-Seher: durchschnittliche tägliche Sehdauer unter zwei Stunden; Viel-Seher: durchschnittliche tägliche Sehdauer zwei Stunden und mehr. 8 Eine Sonderauswertung der GfK-Fernsehforschung (PC#TV) ermitelt für 1995 bei 12-17jährigen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine durchschnittliche Sehdauer von 109 Minuten pro Tag ( Montag bis Freitag). 9 Fernsehnutzungsdaten der GfK (PC#TV) weisen 1995 ( BRD gesamt) für Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren den Samstag als fernsehintensivster Tag aus, während dies bei Erwachsenen ab 14 Jahren der Sonntag ist
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 6 um zwölf Minuten (146 zu 134 Minuten), am Sonntag sogar um 20 Minuten (137 zu 117 Mi- nuten). Sollen sich die Befragten auf einen Lieblingssender festlegen, so nennen 29 Prozent PRO SIEBEN und 26 Prozent RTL. RTL wird dabei stärker von Schülerinnen, PRO SIEBEN von Schülern bevorzugt. SAT.1 kommt mit 10 Prozent auf Rang 3, das Erste Programm der ARD und VIVA teilen sich mit jeweils 8 Prozent den vierten Platz. Neben dem Lieblingssender werden im Schnitt 4,4 weitere Programme genannt, die außer- dem noch gesehen werden. 90 Prozent der befragten Schüler sehen demnach bis zu sieben Programme, inklusive Lieblingssender. Die Schüler wählen aus dem Angebot anscheinend durchaus bewußt aus, denn nach eigenen Angaben können durchschnittlich 22,2 Program- me zu Hause empfangen werden. Sollen die Schüler/-innen den eigenen Fernsehkonsum in Relation zu anderen Gleichaltrigen beurteilen, so wird dieser entweder als gleich hoch (53 Prozent) oder höher (41 Prozent) beschrieben. Je älter der Befragte ist, desto höher schätzt er den Fernsehkonsum der Gleichaltrigen ein. Auch wenn die vergleichsweise geringe Fallzahl nur eine vorsichtige In- terpretation zuläßt, zeigen sich dann große Unterschiede, wenn das Lieblingsprogramm des Befragten entweder ein öffentlich-rechtliches oder ein privates ist. Schüler, die ein öffentlich- rechtliches Programm als Lieblingsprogramm angeben (n = 66), glauben zu 67 Prozent, daß andere Gleichaltrige mehr sehen; jene, die ein privates Programm zum Lieblingssender ha- ben (n = 430), glauben dies nur zu 37 Prozent. Außerdem glauben Wenig-Seher zu
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 7 49 Prozent und Viel-Seher nur zu 28 Prozent, daß andere Gleichaltrige einen höheren Fern- sehkonsum haben. Wie gehen Schüler/-innen vor, wenn sie das Fernsehgerät einschalten? Anhand der Zu- stimmung zu vorgegeben Antwortmöglichkeiten zeichnet sich folgendes Bild ab: 51 Prozent schalten den Fernseher zielbewusst ein und wissen meist vorher, was sie sich ansehen wer- den. Jeder fünfte Befragte lässt sich dagegen meist vom Programmangebot überraschen. Als häufige Informationsquellen derer, die vor dem Einschalten wissen, was im Fernsehen kommt, gilt zu 72 Prozent der bekannte Sendeplatz einer Sendung, zu 74 Prozent informiert man sich aus der Programmzeitschrift. Freunde gelten bei 25 Prozent als Informant, 11 Pro- zent sehen häufig im Videotext nach. Ratschläge der Eltern geben nur bei 8 Prozent häufig den Ausschlag zum Sehen bestimmter Sendungen; Lehrer dienen, wenn überhaupt, nur als gelegentlicher Ratgeber (5 Prozent). Unabhängig von bestimmten Sendungsinhalten sind eine Vielzahl möglicher Motive und An- lässe denkbar, warum sich Kinder bzw. Jugendliche dem Fernsehen zuwenden. In dieser Untersuchung wurden insgesamt elf Statements vorgegeben: Die Schüler/-innen sollten je- weils angeben, ob sie häufig, gelegentlich, selten oder nie aus besagtem Anlaß fernsehen. Meistgenannter Grund bzw. Anlaß, warum häufig ferngesehen wird, ist vor allem "Lange- weile" bzw. Zeiten, in denen Schüler "nichts zu tun haben" (64 Prozent) - Viel-Seher und Schüler mit eigenem Fernseher sind hier überduchschnittlich vertreten. Das Bedürfnis nach Information wird von 42 Prozent und damit am zweithäufigsten genannt. Jungen nennen dieses Motiv häufiger als Mädchen; auch wächst die Zustimmung mit zunehmenden Alter der Befragten. Betrachtet man die nach Schüleran- gaben häufig gesehenen Programmgenres (s.u.), wird allerdings deutlich, dass hier von ei- nem erweiterten Informationsbegriff der Schüler/-innen ausgegangen werden muss, der nicht mit dem Bedürfnis nach Nachrichten oder politischen Informationssendungen gleichgesetzt werden darf. Habitualisiertes Fernsehen zu bestimmten Zeiten wird von 40 Prozent als häufiges Nut- zungsmotiv genannt - hier sind die Mädchen deutlich stärker vertreten, aber auch die jüng- sten Befragten im Alter zwischen 12 und 13 Jahren. Mit einem gewisssen Abstand werden drei weitere Motive etwa gleich häufig genannt: 30 Prozent sehen häufig fern, wenn sie sich "richtig amüsieren und viel lachen wollen", jeweils 29 Prozent, um "richtig entspannen" zu können bzw. weil sie sich "alleine" fühlen. Ein Viertel der befragten Schüler gibt an, häufig fernzusehen, "wenn Sendungen kommen, aus denen man etwas lernen kann". 5 bzw. 4 Pro- zent sehen nach eigenen Angaben häufig fern, wenn sie Angst haben bzw. traurig sind.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 8 Die genannten Motive spiegeln sich auch in der Sehhäufigkeit verschiedener Programmgen- res wider. Nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, sondern auch ganz generell besteht bei der Frage oder Bewertung von Programmsparten die Gefahr, daß einzelne Sendungen je nach Blickwinkel des Betrachters verschiedenen Sparten zugeordnet werden können. Eben- so problematisch ist hier auch die Differenzierung zwischen einzelnen Filmen eines Genres oder Serien. Darum wurden verschiedene Sendungsformen zu 13 Vorgaben zusammenge- faßt, die für den Befragten möglichst eindeutig faßbar sind. Die Schüler/-innen wurden je- weils gefragt, ob sie sich Sendungen dieser Art häufig, gelegentlich, selten oder nie anse- hen. Die von Schülern am häufigsten gesehenen Programmsparten fallen zunächst in den fiktio- nalen Bereich: 58 Prozent nennen "Comedy-Serien/Filme zum Lachen", 51 Prozent "neue aktuelle Spielfilme". "Musiksendungen" im Fernsehen sehen sich nach eigenen Angaben mit 53 Prozent mehr Mädchen als Jungen (43 Prozent) an. Erst an vierter Stelle rangieren "Ac- tion-/Abenteuerfilme bzw. -serien" (40 Prozent). Bei Hauptschülern wird dieses Genre aller- dings am zweithäufigsten genutzt. "Sportsendungen" werden zwar von 37 Prozent der be- fragten Schüler/-innen häufig gesehen, dieses Genre polarisiert aber erwartungsgemäß stark hinsichtlich des Geschlechts des Befragten (Jungen 55 Prozent, Mädchen 18 Prozent). "Tägliche Fortsetzungsserien/daily soaps" hingegen werden vor allem von Mädchen gese- hen, mit 48 Prozent liegt dieses Genre bei ihnen auf Platz vier (Jungen: 18 Prozent). "Nachrichten/Informationssendungen" sehen nach eigenen Angaben 26 Prozent häufig. Hier sind es vor allem Berufsschüler bzw. Schüler im Alter zwischen 16 und 17 Jahren. 10 Pro- zent geben an, sich häufig „tägliche Talkshows anzusehen, dieses Genre wird vor allem
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 9 häufig von Schülerinnen und Schülern mit geringerer formaler Bildung gesehen. Das häufige Sehen von "Grusel-/Horrorfilmen" nennen 19 Prozent, unabhängig vom Geschlecht. Auch hier sind Hauptschüler überproportional vertreten. Insgesamt geben Schüler/-innen mit eigenem Fernseher bis auf zwei Programmgenres im- mer an, Sendungen solcher Art häufiger zu sehen als Schüler/-innen ohne eigenen Fernse- her: "Nachrichten/Informationssendungen" und "Krimis/Krimiserien" werden häufiger von Schüler/-innen gesehen, die kein eigenes Fernsehgerät haben. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte im gemeinsamen Sehen mit den Eltern liegen, nach deren Präfe- renzen sich die Kinder und Jugendlichen in der Regel richten müssen. 3.4 Rezeptionssituation Fast jede(r) zweite Schüler/-in sitzt in der Regel alleine vor dem Fernsehgerät (45 Prozent). Dies sind häufiger Jungen (52 Prozent) als Mädchen (38 Prozent), verstärkt Ältere (53 Pro- zent) statt Jüngere (36 Prozent). Mit 49 Prozent ist davon knapp die Hälfte mit dieser Situati- on zufrieden bzw. begrüßt es explizit, alleine fernzusehen. 27 Prozent der Alleinseher ist es egal, ob andere mit dabei sind, 22 Prozent hätten es dagegen lieber, mit anderen zusammen fernzusehen. Überdurchschnittlich häufig äußern Schüler mit eigenem Fernseher sowie Haupt- und Berufsschüler diesen Wunsch. Wird hauptsächlich mit anderen zusammen ferngesehen, dann handelt es sich bei 61 Pro- zent der Befragten meist um Geschwister, bei 46 Prozent um die Eltern und bei 20 Prozent um Freunde (Mehrfachnennungen).
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 10 75 Prozent der Schüler sind zu Hause keinerlei Reglement bzw. Vorschriften bezüglich ihres Fernsehkonsums ausgesetzt. Dieser Wert sinkt erwartungsgemäß mit dem Alter der befrag- ten Schüler/-innen, liegt bei den 12- bis 13jährigen aber mit 58 Prozent noch immer sehr hoch. Wenn im Elternhaus auf das Fernsehverhalten Einfluß genommen wird, dann betrifft dies überwiegend die Sendezeit und die generelle Sehdauer. Auf durch die Kinder und Ju- gendlichen rezipierten Inhalte bzw. Sendungen wird hingegen weitaus weniger eingewirkt. 3.5 Informiertheit und Gespräche über TV-Hintergründe Ein kompetenter und bewußter Umgang mit dem Fernsehen setzt gewisse Kenntnisse über das Medium voraus. In dieser Untersuchung wurde versucht, die Informiertheit der Schüler/- innen über Hintergründe des Fernsehens anhand von fünf Aspekten (Produktion, Besitzver- hältnisse, Wirkungen, Kosten und Fernsehtechnik) zu überprüfen. Die Schüler/-innen wurden jeweils gebeten, selbst einzuschätzen, ob sie sich über diese Bereiche sehr gut, gut, weniger gut oder gar nicht informiert fühlen. Insgesamt glauben sich bei keiner der vorgegebenen Kategorien mehr als 7 Prozent der Schüler/-innen sehr gut informiert diesen Zustimmungswert erreichte das Statement "Bin sehr gut informiert, welche Wirkungen das Fernsehen auf Zuschauer hat". Sehr gut bzw. gut informiert über Wirkungen des Fernsehens glauben sich 47 Prozent, übrigens deutlich mehr Wenig-Seher als Viel-Seher (52 bzw. 40 Prozent). 35 Prozent der befragten Schüler/-innen meint, sehr gut/gut über die Produktion von Fern- sehsendungen informiert zu sein, 31 Prozent darüber, wie Fernsehtechnik funktioniert. Am schlechtesten ist der Informationsstand darüber, wer die Eigentümer einzelner Fernsehpro- gramme sind: Nur 12 Prozent fühlen sich darüber sehr gut/gut informiert. Über die Kosten des Fernsehens glauben sich 22 Prozent sehr gut bzw. gut informiert. Ob diese Einschät- zung auf den monatlich zu entrichtenden Fernsehgebühren basiert oder sich beispielsweise auf Kenntnisse über Produktionskosten generell bezieht, ist hieraus nicht ersichtlich und müßte an anderer Stelle untersucht werden. In allen Kategorien steigt der Grad der Informiertheit mit dem Alter an, männliche Schüler fühlen sich deutlich besser informiert als weibliche, und Schüler ohne eigenen Fernseher glauben ebenfalls, mehr über das Fernsehen zu wissen als Schüler mit eigenem Fernseher.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 11 Um aber überhaupt informiert sein können, müssen den Schüler/-innen Informationsquellen zur Verfügung stehen. Eine Möglichkeit stellen hier Gespräche über das Fernsehen inner- halb der Familie, in der Schule und unter Freunden dar. Anhand von fünf Themenbereichen konnten die befragten Schüler angeben, ob sie darüber häufig, gelegentlich, selten oder nie mit den oben genannten Gesprächspartnern reden. In der Familie ist "Gewalt im Fernsehen" bei 22 Prozent der Schüler/-innen häufig ein The- ma. Darüber hinaus geben 12 Prozent an, häufig über die Wirkungen des Fernsehens zu sprechen. Aufgrund der Komplexität des Wirkungsbegriffs ist auch hier unklar, was im ein- zelnen unter Wirkungen verstanden wird. Unterstützt durch andere Teilergebnisse dieser Untersuchung liegt aber die Vermutung nahe, daß sich der Begriff "Wirkungen" hauptsäch- lich auf die Gewaltdebatte beschränkt. Mit zunehmendem Alter der Befragten finden Gesprä- che über Wirkungen des Fernsehens häufiger statt, Wenig-Seher und Schüler ohne eigenen Fernseher sprechen in der Familie häufiger darüber als Viel-Seher und Fernsehbesitzer. Eher selten bzw. gar nicht unterhält man sich in den Familien darüber, wie Fernsehen ge- macht wird. 59 Prozent der Schüler geben an, über dieses Thema zu Hause noch nie ge- sprochen zu haben. Auch in der Schule bzw. im Unterricht ist Gewalt im Fernsehen bei 28 Prozent häufig ein Thema - Gymnasiasten sind hier unterdurchschnittlich vertreten. Wirkungen des Fernsehens - auch hier gilt die oben angesprochenen Problematik - sind bei 16 Prozent häufig Thema im Unterricht, vor allem bei Älteren und Berufsschülern. 12 Prozent der Schüler/-innen geben an, daß Lehrer häufig darüber reden, wie lange man fernsehen sollte. Auch in der Schule erfahren die Schüler nicht viel darüber, wie Fernsehen gemacht wird, 55 Prozent
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 12 der Schüler geben sogar an, nie darüber zu sprechen. Im übrigen sprechen sich 32 Prozent der Schüler dafür aus, daß das Thema "Fernsehen" häufiger im Unterricht behandelt werden sollte. Rückschlüsse auf das grundsätzliche Verhältnis zwischen Schule und Fernsehen lassen die Aussagen der Schüler/-innen zu, wenn sie eigene Lehrer einschätzen sollen. Nach dem An- teil der eigenen Lehrer gefragt, die sich dafür interessieren, was die Schüler sich im Fernse- hen anschauen, geben 63 Prozent der Schüler an, daß dies weniger als die Hälfte der Lehrer sei. Diese Einschätzung ist allerdings stark geschlechtsspezifisch, offenbar sehen sich Jun- gen weniger im Interessenskreis ihrer Lehrer (70 Prozent Zustimmung) als Mädchen (55 Prozent). Nur 12 Prozent der Schüler trauen den meisten ihrer Lehrer zu, Fragen zum Fern- sehen beantworten zu können, 30 Prozent der Schüler glauben sogar, daß nur die Hälfte ihrer Lehrer dazu in der Lage sei. Außerdem glauben drei Viertel aller Schüler/-innen, daß sich weniger als die Hälfte ihrer Lehrer die gleichen Sendungen im Fernsehen anschauen wie sie selbst. Mehr als die Hälfte der Schüler/-innen glaubt, daß ihre Lehrer dem Fernsehen als Lernbzw. Informationsmedium gegenüber eher positiv eingestellt sind. Gefragt nach dem Anteil der Lehrer, die der Meinung sind, daß Schüler im Fernsehen nützliche Dinge erfahren können, glauben 17 Prozent der Schüler/-innen, daß die meisten ihrer Lehrer dieser Meinung sind, weitere 37 Prozent meinen, daß dies auf die Hälfte der eigenen Lehrer zutrifft. Über- durchschnittlich teilen diese Einschätzung jüngere Schüler/-innen sowie Haupt-, aber auch Berufsschüler. Das Gespräch mit den Freunden/Schulkameraden über das Fernsehen wird erwartungsge- mäß überwiegend an speziellen Filmen oder Sendungen festgemacht. Fast jeder fünfte Be- fragte gibt aber an, mit Freunden auch häufig über Gewalt im Fernsehen zu reden.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 13 3.6 Meinungen über das Fernsehen Unabhängig von Motiven und Anlässen, die Schüler/-innen (bewußt oder unbewußt) vor dem Fernsehgerät Platz nehmen lassen, hatte die Befragung das Ziel, mittels vorgegebener Statements differenziertere Meinungen über und eigene Erfahrungen mit dem Fernsehen zu ermitteln. Zunächst zu den Meinungen zum Fernsehen. Die Schüler/-innen sollten hier angeben, ob die jeweilige Aussage ihrer Meinung nach voll und ganz, weitgehend, weniger oder gar nicht zutrifft. Dabei ist bei einigen Aussagen nicht auszuschließen, daß das Anwortverhalten der Schüler/-innen entsprechend der sozialen Erwünschtheit beeinflußt ist. Durch eine dement- sprechende Frageformulierung wurde versucht, dieses Phänomen weitgehend aufzufangen. Den höchsten Zustimmungsgrad (trifft voll und ganz zu) über elf Aussagen erreichte mit Ab- stand das Statement "es wird zuviel aus Gewohnheit ferngesehen" (62 Prozent). Diese kriti- sche Haltung, die in diesem Ausmaß unter Vorbehalt zu betrachten ist (s. o.), nehmen vor allem ältere bzw. Berufschüler, aber auch Schüler ohne eigenen Fernseher ein. Jeweils 42 Prozent der Schüler/-innen stimmen auch voll und ganz zu, daß das Fernsehen "zu viel Zeit in Anspruch nimmt" und daß "zuviel Brutalität und Gewalt" gezeigt wird - letzeres finden vor allem Mädchen (53 Prozent). Nach dieser etwas aufgesetzt wirkenden, distanzierten Mei- nung zum Fernsehen sagen dann aber 40 Prozent, daß Fernsehen "etwas für die ganze Familie sei", vor allem jüngere bzw. Hauptschüler sehen dies so. Voll und ganz bzw. weitge- hend stimmen dieser Aussage, abweichend vom Durchschnitt (70 Prozent), dann sogar 81 Prozent der Hauptschüler sowie 81 Prozent der Vielseher zu. Dies könnte als Indiz dafür gesehen werden, daß dem Fernsehen die Fähigkeit zugesprochen wird, die Familie bei einer gemeinsamen Tätigkeit zu versammeln. Dass man im Fernsehen "viele Dinge lernen kann, über die man sonst nichts erfährt", mei- nen 36 Prozent, überdurchschnittlich stimmen dieser Aussage Schüler/-innen zwischen 12 und 13 Jahren, aber auch Hauptschüler zu. Den Abwechslungsreichtum des Fernsehens ("bringt ständig etwas Neues") bestätigen durchschnittlich 32 Prozent, auch hier stimmen Hauptschüler mit 50 Prozent überdurchschnittlich zu. Ebenfalls lobt ein knappes Drittel, daß man im Fernsehen "immer etwas Interessantes" findet (30 Prozent). Gleichzeitig stimmen aber auch 38 Prozent voll und ganz zu, daß man den "bei den vielen Programmen und Sen- dungen leicht die Übersicht verliert", wobei die jüngsten Befragten (12 bis 13 Jahre) hier nach eigenen Angaben die geringsten Schwierigkeiten haben. Als Gesprächsstofflieferant ("regt zum Gespräch mit anderen an") gilt das Fernsehen bei einem knappen Viertel der
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 14 Befragten (23 Prozent): Haupt-, aber auch Berufsschüler stimmen hier stärker zu als Real- schüler und Gymnasiasten. Umgekehrt betrachten allerdings auch 19 Prozent das Fernse- hen ausdrücklich als Gesprächsverhinderer. Fernsehen als "schöne Freizeitbeschäftigung" - diesem Statement stimmt jeder fünfte voll und ganz zu. Gleichzeitig verneinen 21 Prozent der Schüler/-innen diese Aussage explizit, überdurchschnittlich die älteren bzw. Berufsschü- ler und die Wenig-Seher. Auf eine höhere Ablehnung stößt nur die Aussage zur Authentizität des Fernsehens. Nur 4 Prozent stimmen voll und ganz zu, daß das Fernsehen "die Dinge so zeigt, wie sie in Wirklichkeit sind", 43 Prozent geben an, diese Aussage treffe gar nicht zu. An dieser Stelle soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß zum Zeitpunkt der Befragung eine generelle Glaubwürdigkeitsdiskussion der Medien im Zusammenhang mit den gefälschten Reportagen verschiedener Fernsehmagazine entflammt war. Es wäre zumindest möglich, daß dies das Anwortverhalten der Schüler/-innen beeinflußt hat. Diese Meinungen über und Einstellungen zum Fernsehen der befragten Schüler/-innen re- sultieren aus einer Vielzahl unterschiedlicher Einflußgrößen, die erschöpfend weder lokali- siert noch dokumentiert werden können. Als ein nicht unbedeutender Faktor können in die- sem Zusammenhang aber persönliche Erfahrungen gelten, die die Kinder und Jugendlichen mit dem Medium gemacht haben. Das Spektrum möglicher Erfahrungen muß bei einer Te- lefonbefragung, bei der überwiegend standardisierte Fragen eingesetzt werden müssen, ent- sprechend verdichtet werden. Bei dieser Untersuchung wurden den Schüler/-innen sieben mögliche Erfahrungen vorgelesen und gefragt, ob sie diese häufig, gelegentlich, selten oder nie machen.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 15 Anhand der Erfahrungen, die Schüler/-innen häufig mit dem Fernsehen machen, wird die Vorbildfunktion des Mediums deutlich, überproportional vor allem für jüngere und Schüler/- innen mit geringerer formaler Bildung: 18 Prozent geben an, gerne so wie die Personen im Fernsehen sein zu wollen (12- bis 13jährige: 25 Prozent, Hauptschüler: 34 Prozent). Anre- gungen, bestimmte Dinge zu tun, erhalten 16 Prozent häufig aus dem Fernsehen, bei den Hauptschülern sind es bereits 34 Prozent. Jeder fünfte der befragten Schüler/-innen macht dagegen häufig die Erfahrung, daß das Fernsehen manchmal daran hindert, "andere Dinge zu tun". Die Erfahrung, daß man bei län- gerer Fernsehabstinenz "bei den Freunden nicht mehr richtig mitreden kann", machen 9 Pro- zent häufig, 11 Prozent immerhin gelegentlich. Auch erleben 6 Prozent häufig, daß ihnen Fernsehsendungen Angst machen (verstärkt Haupt- und Berufsschüler), weitere 15 Prozent machen diese Erfahrung gelegentlich. Einschlafschwierigkeiten nach dem Fernsehen haben 13 Prozent häufig/gelegentlich, schlechte Träume 11 Prozent häufig/gelegentlich. Zwar sind hiervon stärker die jüngeren Schüler/-innen betroffen, aber nicht ausschließlich. Auch jeder zehnte 16- bis 17jährige er- lebt dies zumindest gelegentlich.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 16 4. Fazit Die Ausstattung mit Geräten der Unterhaltungselektronik ist in rheinland-pfälzischen und baden-württembergischen Haushalten, in denen Schüler/-innen zwischen 12 und 17 Jahren leben, überproportional gut. Neben dem obligatorischen Familiengerät kann fast jeder zweite Schüler über ein eigenes TV-Gerät verfügen. Vier von fünf Schüler/-innen können darüber hinaus ein Videogerät, knapp zwei Drittel der Befragten einen Computer in der Familie nut- zen. Grundsätzlich sind Schüler/-innen eher bereit, das Fernsehen gegen andere Freizeitaktivitä- ten auszutauschen. Die Kinder und Jugendlichen nutzen das Fernsehen als Ergänzung des Freizeitverhaltens und entsprechend rangiert es erst an fünfter Stelle der häufigsten Freizeit- beschäftigungen. Wesentlich wichtiger als das Fernsehen ist den Schüler/-innen beispiels- weise, Freunde zu treffen oder Musik zu hören. Auch das Zeitbudget, das Schüler/-innen für das Fernsehen verwenden, zeigt, daß das Frei- zeitverhalten nicht vom Fernsehen dominiert wird. Weniger als die Hälfte des gesamten Frei- zeitbudgets widmen Schüler/-innen dem Fernsehen. Insbesondere ältere Schüler gehören eher zu den "Wenigsehern" in der Gesellschaft. Beachtenswert ist aber, daß der Fernseh- konsum mit der Verfügbarkeit über ein eigenes Fernsehgerät ansteigt. Insgesamt sind drei Viertel der Schüler zu Hause keinerlei Reglement bzw. Vorschriften bezüglich ihres Fernseh- konsums ausgesetzt. Und: Fast jeder zweite Schüler sitzt in der Regel allein vor dem Fern- sehgerät. Der am häufigsten genannte Grund bzw. Anlaß für häufiges Fernsehen ist bei Schülern vor allem Langeweile. Aber auch das Bedürfnis nach Information wird von jedem zweiten Schü- ler als Motiv genannt. Die Hälfte der Schüler schaltet das Fernsehgerät daher durchaus ziel- bewußt ein. Nur jeder fünfte läßt sich vom Programmangebot überraschen. Bei der Pro- grammauswahl orientieren sich Schüler/-innen zum einen an Programmzeitschriften, aber auch der bekannte Sendeplatz einer Sendung ist entscheidendes Einschaltkriterium. Ein großer Teil der Befragten schaltet ganz bestimmte Sendungen immer wieder gezielt ein, dies gilt besonders für Mädchen. Schüler und Schülerinnen bevorzugen private Programme - nur 17 Prozent nennen ein öf- fentlich-rechtliches als Lieblingsprogramm. Im Schnitt haben Schüler/-innen etwa fünf Sen- der, auf die sie zurückgreifen. An der Spitze stehen PRO SIEBEN und RTL. Das Erste Pro- gramm der ARD und VIVA kommen an vierter Stelle. Am liebsten sehen die Schüler/-innen
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 17 lustige Sendungen. Comedy-Serien und Filme zum Lachen stehen an erster Stelle der Be- liebtheitsskala. Über bestimmte Zusammenhänge des Fernsehens, wie dessen Wirkung und die Produktion von Sendungen, fühlen sich mehr als ein Drittel der Schüler/-innen sehr gut bzw. gut infor- miert. Häufig sind auch bestimmte Sendungen im Fernsehen Gesprächsthema unter den Schülern. Negativ bewerten die Schüler/-innen, daß zuviel aus Gewohnheit ferngesehen wird und daß das Fernsehen zuviel Zeit in Anspruch nimmt. Jeder fünfte befragte Schüler hat auch schon die Erfahrung gemacht, daß das Fernsehen sie bzw. ihn daran hindert, andere Dinge zu tun. Der Computer hat nur für eine geringe Anzahl von Schüler/-innen eine große Bedeutung. Ein Drittel aller Schüler/-innen besitzt einen eigenen Computer, darunter sind mehr Jungen als Mädchen, mehr Gymnasiasten als Berufs- oder Hauptschüler. Gleichzeitig beschäftigen sich ein Drittel der Befragten nie mit einem PC: weder zum Arbeiten noch zum Spielen. Nur eine/r von zwölf Schüler/-innen gibt an, den PC für beide Tätigkeiten häufig zu nutzen. Die übrigen Nutzer beschäftigen sich dagegen, wenn überhaupt, nur mit einem Bereich - entweder dient der PC ausschließlich als Spielzeug oder ausschließlich als Arbeitsinstrument.
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