Haushaltsrede 2023/24 Bündnis 90 / Die Grünen, Ortsverband Remchingen

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Haushaltsrede 2023/24 Bündnis 90 / Die Grünen, Ortsverband Remchingen
Haushaltsrede 2023/24
              Bündnis 90 / Die Grünen, Ortsverband Remchingen

  zur Verabschiedung des Doppelhaushaltsplans 2023/24 und der Wirtschaftspläne 2023/24 für
 Gemeindewerke und Altenpflegeheim in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats Remchingen
                                  am 15. Dezember 2022

Nach den beiden Corona-geprägten Jahren 2020/21 bestand zu Beginn des
Jahres die Hoffnung auf eine Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens
und eine wirtschaftliche Erholung. Aber schon am 24. Februar stoppte der
Angriff Russlands auf die Ukraine diese Hoffnung. Natürlich steht dabei
zuallererst das unermessliche Leid der ukrainischen Bevölkerung an erster
Stelle. Aber auch für den Rest der Welt und uns in Remchingen zeigen sich
direkte Auswirkungen. Der Anstieg der Energiepreise und die hohe Inflation
treffen uns alle. Auch für den Gemeindehaushalt sind dies große
Herausforderungen. Der vorliegende Haushaltsentwurf zeigt, dass wir uns
dieser Aufgabe stellen. Bei aller Vorsicht sollen die notwendigen Projekte und
Infrastrukturmaßnahmen fortgesetzt und auch neue angegangen werden.

Die Ansätze des Doppelhaushalts sind der ungewissen Aussicht geschuldet.
Die Erträge sind mit jeweils rd. 36 Mio. € für 2023 und 2024 vorsichtig am
unteren Rand der letzten Steuerschätzung angesetzt. Wir hoffen auf eine
günstigere Entwicklung, die unserer Kommune weiteren Spielraum brächte.
Die Investitionsplanungen für 2023 mit über 8 Mio. € und für 2024 mit über
11 Mio. € zeigen, dass die wichtigsten Punkte angegangen werden. Aber
einiges wird in die Jahre danach verlagert. Angesichts der Unwägbarkeiten
müssen wir die weitere Entwicklung im Blick behalten. Ist sie positiv, können
wir weiteres angehen. Sollte es schlechter kommen, müssen wir
gegensteuern.

Kürzlich ist noch eine weitere Unwägbarkeit hinzugekommen. Unser
Bürgermeister hat sich als Landrat im Bodenseekreis beworben und ist dort
der einzige Bewerber. Ein Wechsel in den Bodenseekreis stünde schon in der
ersten Hälfte des kommenden Jahres an, was erhebliche Auswirkungen auf
unsere Verwaltung, ihre Abläufe, Routinen und die Kommunikation hätte.

Diese Abläufe, Routinen und Informationen zu gewährleisten, ist ein
immer wiederkehrendes Tagesgeschäft – für die Verwaltung, aber auch für
den Gemeinderat. Sie sind so einzurichten, dass wir frühzeitig erkennen, was
erforderlich wird und wann es erforderlich wird. Wir wünschen uns, dass das
Miteinander von Bürgerschaft und Verwaltung noch offener wird, unsere
Verwaltung aufmerksam und schnell auf Bürgeranfragen reagieren und
Hinweise aufgreifen kann. Die ämterübergreifende Zusammenarbeit muss
gestärkt werden. Als Gemeinderat wünschen wir uns mehr Information, um
als politisches Gremium eigene Schwerpunkte setzen zu können. Hieran
arbeiten wir fraktionsübergreifend und sind zuversichtlich, dies mit einer
Überarbeitung der Vereinsförderrichtlinie, einer Initiative zur Entwicklung der
Ortsmitte in Singen und vielen kleineren Maßnahmen zeigen zu können.
Nicht nur künftigen Generationen dient es, wenn wir für die wachsende
Nachfrage ein ausreichendes Angebot an Krippen- und
Kindergartenplätzen haben. Dies ist auf einem guten Weg, wie wir heute in
der Hauptstraße 100 sehen konnten, wo ein neuer Kindergarten mit bis zu 25
Plätzen entsteht. Des Weiteren stehen wir vor dem Neubau eines Kinder- und
Jugendcampus bei der Realschule in Wilferdingen, welcher Betreuungsplätze
für 75 Kinder bietet Dieses Vorhaben dient zugleich der drängenden
Modernisierung der Kernzeit. Mit der Ergänzung um eine Mensa ist dies aber
auch der Einstieg in eine Ganztagesbetreuung unserer Schülerinnen und
Schüler. Auch in Singen wird die Kernzeit erfreulicherweise die benötigte
Erneuerung erhalten.

Zeitgemäß muss auch die Ausstattung unserer Schulen sein. Die
Ertüchtigung gealterter Gebäude darf nicht auf die lange Bank geschoben
werden. Die unabdingbare „Digitalisierung“ ist in den kommenden Jahren bei
allen Remchinger Schulen fortzusetzen. Dies betrifft die Hardware, aber auch
die Software und ihre Betreuung und Wartung durch eine IT-Fachkraft der
Gemeindeverwaltung. Der Gemeinderat selbst hat einen Schritt in die Zukunft
gemacht, das Ratsinformationssystem wurde ausgebaut. Hier gilt es nun
z.B. die Satzungen den Remchingerinnen und Remchingern digital zugänglich
zu machen. Gemeinderatsvorlagen wie auch die Protokolle der öffentlichen
Sitzungen sind der Öffentlichkeit früher und umfangreicher zugänglich zu
machen. Das schließt die Bebauungspläne sowie ein weiterhin zu schaffendes
Ausgleichsmaßnahmen-Kataster mit ein. Sinnvollerweise verknüpfen wir dies
mit den interaktiven Angeboten des Landes.

Veränderungen finden auch in unserem Altenpflegeheim statt. Was die
Mitarbeiter all die Jahre und insbesondere in der Corona-Lage leisten, kann
gar nicht hoch genug geschätzt werden. Dafür ein riesiges DANKESCHÖN!!!
Zur Einzelzimmervorgabe verhält sich die Verwaltung eher skeptisch,
gleichwohl steht eine räumliche Erweiterung an. Diese Investition weist
allerdings über den Doppelhaushalt hinaus. Eine große Veränderung war
bereits die Betriebs- und Personalübernahme durch die Gemeinde. Erstmals
wurde der Jahresabschluss einer intensiven Prüfung durch eine
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterzogen und die Wirtschaftsplanung von
der Deutschen Krankenhausgesellschaft unterstützt.

Remchingen hat als Unterzentrum aber auch andere Aufgaben und in den
kommenden Jahren noch viel vor. Darauf müssen wir personell und
organisatorisch vorbereitet sein. Betriebswirtschaftliche Unterstützung ist
nicht nur im Altenpflegeheim von Nutzen. Bei der Umsatzbesteuerung
erwartet uns zum 1. Januar ein erheblicher Umstellungsaufwand. Auch auf
anderen Gebieten ist ein vertiefter Umgang mit Zahlen und Kennziffern
sinnvoll. Aus unserer Sicht ist hier eine personelle Ergänzung angezeigt.

Für die Radwege werden einzelne Teilstücke angegangen, ein vertiefter
gesamtheitlicher Planentwurf steht weiterhin aus. Die verkehrliche Gestaltung
der Königsbacher, der Kinzigstraße und auch anderer Bereiche ist eine
Herausforderung. Darüber hinaus wollen wir eine zweite Fahrradverbindung
zwischen Singen und Wilferdingen. Im Kreistag haben wir einen Antrag auf
den Weg gebracht, Gemeinde- und Kreisverwaltung prüfen derzeit die
Umsetzbarkeit. Innerorts plädieren wir für Fahrradstreifen auf der B10, eine
durchgängige Markierung der Radwege und Fahrradwege durch die Billäcker
in Richtung Raiffeisenstraße und nach Singen.

Gehwege hat Remchingen deutlich mehr als Radwege, sie müssten nur auch
begehbar sein. Hier hoffen wir auf die Einsicht der Parkenden und unseren
gemeindlichen Ordnungsdienst. Wichtig ist auch ihre bauliche Unterhaltung
und ihr Ausbau, mehr Ampeln und Fußgängerüberwege.

Beim ruhenden Verkehr erwarten wir eine Nachschau zur
Parkraumbewirtschaftung rund um Kulturhalle und Freibad. Das
Narrenplätzle ist auf unsere Anregung als Parkplatz hergerichtet, leider fehlt
die Photovoltaik und der Ladepunkt für Elektroautos. Beides haben wir mit
beantragt.

Verwaltung und Gemeinderat müssen noch intensiver an zukunftsweisenden
Verkehrskonzepten arbeiten. Remchingen macht hier viel, aber es geht mehr.
Zehn Jahre haben wir uns für ein Carsharing eingesetzt, nun steht
Stadtmobil mit zwei Fahrzeugen am Bahnhof und die Firma deer mit
Elektroautos für Nöttingen und Wilferdingen in den Startlöchern. Wir müssen
viele dieser Entwicklungen fördern und ausbauen, um innerorts und ins
Umland bessere Verbindungen zu schaffen. Das Abruftaxi nach Keltern
überzeugt uns derzeit schon aus finanziellen Gründen nicht. Der stündliche
IRE-Halt nach Karlsruhe und Stuttgart hier in Remchingen überzeugt uns
hingegen sehr. Dafür haben wir, andere Gemeinderatsfraktionen und auch die
Verwaltung über viele Jahre in der regionalen Fahrplankonferenz und
andernorts gekämpft. Nun hoffen wir, dass die Bahn auch beim
Bahnhofsausbau endlich tätig wird. Unsere Bundestagabgeordnete und
viele andere Menschen würden Remchingen gerne mit Rollstuhl und Bahn
erreichen können. Unsere Haushaltplanung ist darauf vorbereitet.

Ein Thema, welches die öffentliche Diskussion in den letzten Wochen
dominiert, ist die dringendst notwendige Sanierung von Hallenbad mit
Schulturnhalle der Singener Bergschule. Wir möchten diese wichtige
Einrichtung erhalten. Das Hallenbad gewährleistet die Schwimmausbildung
durch Schulen und DLRG. Die Bäder sind ein Aushängeschild unserer
Gemeinde, was auch die rege Nutzung aus der Umgebung zeigt. Es bleibt
auch nach der ablehnenden Entscheidung des Bundes in dieser Woche zu
hoffen, dass unsere vorgesehenen Haushaltsmittel durch Fördermittel des
Bundes bei einem neuen Anlauf verstärkt werden. Wir und andere Fraktionen
hatten dazu unsere Bundestagsabgeordnete um Unterstützung gebeten.

Die 24h-Rettungswache des Kreis-DRK ist ein Gewinn für die ortsnahe
Notversorgung. Wir hoffen, dass die letzten Feinheiten zum neuen Standort
an der Wilferdinger Spange zeitnah geklärt sind, sodass mit dem Bau
begonnen werden kann. Der Standort bietet Synergien mit örtlichem DRK
und DLRG.

Auch unsere Feuerwehr braucht tragfähige Lösungen. Organisation und
Aufgabenzuschnitt bedürfen passender Räumlichkeiten. Die sechste
Fahrzeugbox am Standort Billäcker steht kurz vor der Fertigstellung. Das ist
auch für unseren Hochwasserschutz bedeutsam, denn die dafür
vorgehaltenen Sandsäcke waren lange Zeit nicht zugänglich. Jetzt werden die
Sandsäcke schneller einsatzbereit. Der Neubau der Feuerwehrwache Süd
kann nach einer letzten Abstimmung der Bedarfe endlich begonnen werden.
Eine Fahrzeugmodernisierung der ist vorgesehen.

Wir haben in Remchingen noch eine ganze Reihe anderer ehrenamtliche
und gemeinnützige Einrichtungen, die für unser gemeindliches und
gesellschaftliches Leben von herausragender Bedeutung sind. Diese wollen
wir bei ihren Zukunftsinvestitionen und ihrem täglichen Einsatz für unser
Gemeinwesen weiter unterstützen. Sperlingshof, Diakonie und Turnerbund
Wilferdingen werden wir mit erheblichen Mitteln fördern. Wir sehen dies als
eine gute Investition in die Zukunft unserer Gemeinschaft.
Fraktionsübergreifend werden wir uns dafür einsetzen, dass unsere
Vereinsförderung dieses ehrenamtliche Engagement weiter unterstützt.

Die Veränderungen, die die nun freigegebene Nöttinger Ortsumgehung für
Nöttingen und Darmsbach bedeutet, sind möglichst gewinnbringend für alle
Bürgerinnen und Bürger zu nutzen. Der überörtliche Verkehr muss über die
Ortsumfahrung geleitet werden, damit eine lebenswerte Gestaltung des
Zentrums um die Karlsbader Straße möglich wird.

Lebenswert müssen auch die Lebens- und Wohnbedingungen für Geflüchtete
sein. Einen Beitrag dazu wird die neue Unterkunft in der Lailingstraße sein.
Bei der derzeitigen Weltlage müssen wir mit weiter steigenden Zahlen
rechnen, für die tragfähige Lösungen zu entwickeln sind. Leerstehende
Wohnungen zur Verfügung zu stellen, wäre eine wichtige Unterstützung,
gemeindeeigene Wohnungen sollten allesamt ein Mindestmaß an
Wohnqualität bieten und die üblichen Energiestandards erreichen.

Dabei stehen wir einem ausufernden Flächenverbrauch für Wohn- und
Industrieflächen weiterhin kritisch gegenüber. Baulücken und Brachen zu
erschließen, hat Vorrang. Daher sollten wir die fehlenden Bebauungspläne
angehen und die bestehende Bauleitplanung aktualisieren. Sie ist der
rechtliche Rahmen einer Nachverdichtung mit privaten Grundstücken und
Brachflächen. Staatliche Unterstützung macht die Nachverdichtung auch für
die privaten Eigentümer interessant. Förderprogramme des Landes verbinden
beispielsweise Sozialwohnungsbau mit modernem Klimaschutz.
Beispielsweise bekommt eine Gemeinde für eigene Mietwohnungen fast 50%
der förderfähigen Baukosten, wenn die Miete ein Drittel günstiger als
ortsüblich ist und an Wohnberechtigte vermietet wird. Künftig stellt das Land
hierfür jährlich noch mehr als die bisherigen 250 Millionen zur Verfügung.

Die Entwicklung und Umsetzung tragfähiger Hochwasserschutzkonzepte
für Kämpfelbach und Pfinz ist eine Pflichtaufgabe und darf nicht
weitergeschoben werden. Nach den entsprechenden Anträgen aus drei
Fraktionen ist nichts geschehen. Vorhandene Retentionsflächen wurden sogar
verringert. Das neue Hochwasserrückhaltebecken ist kein Freibrief für die
Bebauung der letzten verbleibenden Flussauen. Der erreichte
Hochwasserpuffer darf nicht wieder durch neue Bebauung geschmälert
werden. Daher war es wichtig, den neuen Kindergarten nicht im Bruch
anzusiedeln. Die absehbare Zunahme von Starkregenereignissen muss ernst
genommen werden! Bei jedem Bauvorhaben und selbst wenn es einem noch
so guten Zweck dient.

Der Umgang mit den Wasserressourcen betrifft auch eine vorausschauende
Wasserspeicherung, Wasserbevorratung und Wasserverteilung. Unser sich
wandelndes Klima zwingt dazu. Im Winterhalbjahr könnte man das Wasser
speichern, das uns im Sommer fehlt. Das Problem hat nicht nur unsere
Landwirtschaft. Wir haben die Verwaltung gebeten, uns im
Flurneuordnungsverfahren zur A8 eine bereits für ein Rückhaltebecken
untersuchte Fläche zu sichern. Auch die Kanalisation ist vom steigenden
Wasserabfluss betroffen und bietet vielfältige Ansätze, dies auch positiv zu
nutzen. Beim weiteren Ausbau ist daher auf eine Trennung von Abwasser-
und Regenwasserkanalisation zu achten. Für einen verantwortungsvollen
Umgang mit dem Wasser wollen wir auch eine Änderung der
Wassergebührenstruktur angehen. Die letzte Gebührenänderung begünstigt
aus unserer Sicht den Mengenverbrauch.

Naturschutz-, Energie- und Umweltthemen müssen wir im Alltag und im
Rahmen eines aussagekräftigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichts stärker
in den Blick nehmen. Hier kann die Gemeinde noch eine Menge tun. Sie kann
beispielsweise die Ortsbeleuchtung in der Nacht wie beschlossen
ausschalten, als badischer EnBW-Aktionär auf deren kommunale Nützlichkeit
hier ganz konkret vor Ort drängen und mehr in die Photovoltaik und andere
erneuerbare Energien investieren.

Die Artenvielfalt ist auf der ganzen Welt, in Deutschland und somit auch in
Remchingen gefährdet. Auch wir können und müssen unseren Teil zu ihrem
Schutz beitragen. Deshalb bedarf es einer weiteren Reduktion des Herbizid-
und Pestizideinsatzes im Gemeindegebiet. Vielfältige und insektenfreundliche
Neubepflanzung muss das Ziel sein und nicht die möglichst einfache Pflege.
Oft ist dies aber nicht einmal ein Gegensatz. Die Gemeinde kann den Bauhof
entsprechend ausrüsten, den Landschafts- und Flächennutzungsplan
umweltbewusst gestalten und mit gutem Beispiel vorangehen.

Die Grüne Fraktion stimmt dem Doppelhaushaltsplan 2023/2024 und den
Wirtschaftsplänen für die Gemeindewerke und das Altenpflegeheim für
2023/2024 zu. Wir danken insbesondere für die frühzeitige und vertiefte
Diskussion des Investitionsprogramms.

Allen Einwohnerinnen und Einwohnern, den Kolleginnen und Kollegen im
Gemeinderat, Herr Bürgermeister und dem Verwaltungsteam danken wir für
für die gute Zusammenarbeit und das in diesem Jahr bewältigte
Arbeitspensum. Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen ein frohes
Weihnachtsfest, einen guten Jahreswechsel und ein gelungenes, erfolgreiches
und gesundes Jahr 2023.
v.l.n.r. Katharina Kammerer-Klopp, Klaus Fingerhut, Till Siegenthaler und Matteo Kammerer

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