Wir wählen Zukunft - Verband der Chemischen Industrie
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M Ä R Z 2021 Politikbrief Wir wählen Zukunft Politik und Regierung sind im Krisenmodus. Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag, unser Berufsleben und den politischen Diskurs ver- ändert. Die TV-Talkshows stehen ebenso wie die Diskussionen in den sozialen Netzwerken vorwiegend im Zeichen der Krise. Öffentliche Ver- anstaltungen finden im Superwahljahr 2021 nicht wie gewohnt statt. Die Chemie- und Pharmaindustrie ist in besonderer Weise gefordert: Sie hat nicht nur akute Nothilfe mit der Desinfektionsmittel-Plattform geleistet sowie das Testen und Impfen ermöglicht, sondern gewähr- Zukunft leistet über die Krise hinweg sichere Produktion. Sie hat somit weiter- hin Beschäftigung und Wohlstand ermöglicht – trotz maximal erschwerter Bedingungen. Als starkes Industrieland mit wettbewerbsfähigen Produktions- standorten hat Deutschland eine gute Ausgangsposition, um mit den Folgen der Krise fertig zu werden. Diese Position gilt es auszubauen und zu stärken. Deshalb kommt es jetzt darauf an, die Vorteile, Voraussetzungen und konkreten Vorschläge für optimale Pro duktionsbedingungen herauszustellen. Auch wir als Chemiebranche wollen klar sagen, was wir brauchen – und was Deutschland nützt. Der Wahlkampf bietet uns die Chance, Prioritäten neu zu diskutieren, um somit eine gute Zukunft für Deutschland mitzugestalten. Wechsel vom Krisen- in den Wachstumsmodus Die neue Bundesregierung muss gemeinsam mit der Wirtschaft die Pandemie in den Griff bekommen. Das sind wir all jenen, die weniger gut durch die Krise gekommen sind und vor allem den Jüngeren schuldig. Grundlage dafür sollte Nachhaltigkeit in ihrem engsten Sinne sein: unter gleichrangiger Berücksichtigung von Ökonomie, Ökologie und sozialen Belangen. Dafür brauchen wir Investitionen und Innovationen – etwa für Klimaschutz, den Gesundheitssektor und die Digitalisierung unserer Schulen. Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen bieten für all das einen idealen Orientierungspunkt. Doch das alles gibt es nicht zum Nulltarif. Klimaschutz und Wachstum verbinden Gerade den Klimaschutz voranzubringen, ist eine Herkulesaufgabe. Was gab es in den vergangenen zwanzig Jahren nicht schon an Zielsetzungen und Regularien! Eines davon: das EEG. Einst als gut gemeinte Starthilfe für die Erneuerbaren konzipiert, hat es sich zu einer bürokratischen Geldschleuder gemausert. Es gehört deshalb abgeschafft. Um Treibhausgasneutralität zu errei- chen, muss stattdessen sehr viel Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu möglichst niedrigen Preisen produziert und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Industrie gesichert werden. Wie das für unsere Branche gelingt, erarbeiten wir mit anderen Schlüsselbranchen und weiteren Stakeholdern in der Plattform Chemistry4Climate. Klar ist schon jetzt: Ein wichtiger Treiber sind innovative Technologien für neue Energietechniken und Produktionsverfahren. Nutzen wir die vor uns liegende Wahl, um diesen und vielen weiteren Innovationen den Weg zu ebnen. Machen wir gemeinsam Zukunft möglich! Christian Kullmann Präsident des Verbands der Chemischen Industrie
Was wir jetzt brauchen – unsere Top 10 Die deutsche Chemie- und Pharma- industrie übernimmt Verantwor- SO V IEL FORSCHUNG WIE NIE AUF WENDUNGEN FÜR FORSCHUNG UND ENT WICK LUNG tung am und für den Standort Deutschland – und das in Zeiten der Pandemie mehr denn je. Mit ihrem Bekenntnis zur Treibhausgas neutralität bis 2050 und der uner- +64,6 % 13,0 Mrd. € 4,9 Mrd. € müdlichen Suche nach Lösungen für aktuelle und künftige Heraus- 7,9 Mrd. € forderungen stellt die Branche ihre Zukunftsfähigkeit unter Beweis. 3,3 Mrd. € 8,1 Mrd. € Gleichwohl sind die Unternehmen chemische Industrie auf politische Rahmenbedingungen 4,6 Mrd. € pharmazeutische Industrie angewiesen, die ihr hohes For- schungs- und Leistungsniveau wo immer möglich fördern statt behin- dern. In der nächsten Legislatur 2005 2019* können und müssen die dafür rich- tigen Weichen in zentralen Politik- #Zukunft feldern gestellt werden. Du rchForsc * Schätzung; Quellen: Stifterverband, VCI hu ng Energie grüner und Fortschritt durch Den Pharmastandort stärken günstiger machen Innovationen vorantreiben Hochwertige und sichere Gesundheits Um die ehrgeizigen Deutschland braucht mehr Innovations- versorgung gibt es nur mit einer Klimaschutzziele bis kraft – sei es für den Durchbruch bei der starken Pharmaindustrie. 2050 zu erreichen und CO2-armen zirkulären Wirtschaft, für Kli- Damit die Unternehmen gleichzeitig die Wett maschutz und Biodiversität oder für eine massiv in innovative bewerbsfähigkeit zu erhalten, hocheffiziente und ressourcenschonende Therapien, Medikamente brauchen wir ein Vielfaches an erneuer- Landwirtschaft. Dafür müssen Techno- und Impfungen investie- barem Strom zu günstigen Preisen – auch logien wie das chemische Recycling, die ren, müssen Arzneimittel durch eine Reduzierung der Umlagen und Wasserstofferzeugung und die Biotech- ausreichend vergütet, inves- Abgaben. Sowohl das aktuelle Umlagen- nologie anerkannt und gefördert werden. titionsfreundliche Anreizstrukturen und Abgabensystem in Deutschland als Zudem müssen ausreichende Ressourcen erhalten und ausgebaut sowie das auch der derzeitige EU-Beihilferahmen bereitstehen: Gemessen am BIP sollten Preismoratorium beendet werden. sind ungeeignet, um die Transformation Wirtschaft und Staat mittel- bis langfristig Ebenso müssen Gesundheits- und zu begleiten. Zusätzliche oder höhere 3,5 Prozent in Forschung und Entwicklung Versorgungsdaten anonymisiert oder Belastungen müssen verlässlich kom investieren. Das gelingt unter anderem pseudonymisiert allen Forschungs- pensiert werden. Nur auf dieser durch den Ausbau der steuer einrichtungen – öffentlich wie privat – Grundlage wird die Industrie lichen Forschungsförderung, zugänglich gemacht werden. den Klimaschutz mit emissions zusätzliche Reallabore sowie mindernden Produkten und innovationsfreundliche Technologien voranbringen und langfristig verlässliche können. Rahmenbedingungen. P O LI T I K B R I EF MÄRZ 2021 2
Genehmigungsverfahren modernisieren Mittelstand durch Bürokratieabbau Digitalisierung und Infrastruktur und rechtssicher gestalten stärken verbessern Effiziente Genehmigungsverfahren sind Gerade mittelständische Unter Im digitalen Bereich muss in Deutschland die Basis für eine erfolgreiche Indus- nehmen sind auf einen ver der Breitbandausbau deutlich Fahrt trie. Sie müssen praktikabel und ständlichen und möglichst aufnehmen. Datenökonomie und aus- unbürokratisch sein. Dringend einfachen Rechtsrahmen reichende Kapazitäten für High-Perfor- notwendig ist daher ein Planungs angewiesen. Die seit Jahren mance-Computing sind Schlüssel für modernisierungsgesetz, das anhaltende Tendenz, durch Innovationen. Wir brauchen bis alle Prozesse zusammen mit der neue politische Projekte 2025 ein Netz, das schnell, Industrie von Grund auf neu denkt die Regulierungsdichte zu flächendeckend und und aufsetzt. Die Digitalisierung von erhöhen, muss deshalb umge- stabil ist. Es ist Zeit für Genehmigungsverfahren kann dabei kehrt werden. Zudem sollten EU-Richt- eine wirklich nachhal- unterstützen, darf aber kein Selbstzweck linien 1:1 in nationales Recht umgesetzt tige Verkehrswende für sein: Eine erweiterte Transparenz von werden, um Wettbewerbsverzerrungen den Wirtschaftsstandort Daten – etwa durch eine ungeschützte sowie unnötige zusätzliche Bürokratie Deutschland. Dazu ist Internetveröffentlichung aller Unter- zu vermeiden. der Ausbau der Verkehrsträ- lagen – darf damit nicht einhergehen. ger voranzutreiben und nach wirt- Denn dadurch würde die Sicher- Green Deal und Chemikalienstrategie schaftlicher Bedeutung zu priorisieren. heit vertraulicher Infor- für Wettbewerbsfähigkeit nutzen Integrierte Verkehrskonzepte müssen mationen gefährdet. Der Green Deal muss zu einer Wachstums- stärker berücksichtigt werden. Bahn und § Die Verfahren müssen Rechtssicherheit bieten, strategie entwickelt und von einer kraft- vollen Industriepolitik unterstützt wer- Binnenschiff sind durch Knotenpunkte zu verknüpfen. um Investitionen in den. Dazu müssen die Elemente des Green Deutschland zu fördern. Deal – etwa die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit – die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Industrie stärken. Der bisherige Fokus auf Zielvorgaben muss abgelöst werden durch klare Fahrpläne, wie diese Ziele erreicht werden sollen und welche Rahmen bedingungen dafür erforderlich sind. WE S TLICHE INDUS TRIEL Ä NDER V ERLIEREN A NTEILE A NTEILE A N A LLEN CHEMIE- UND PH A RM A PATENTA NMELDUNGEN DER ACHT WELT WEIT FÜHRENDEN N ATIONEN Westliche Länder Asiatische Länder (USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien) (Japan, China, Südkorea, Indien) 69 % 47 % 42 % 26 % 2005 2018 2005 2018 Quellen: WPI-Berechnungnen des Frauenhofer-ISI und NIW, VCI P O LI T I K B R I EF MÄRZ 2021 3
#Chem ZIELM A RK E 205 0: TREIBH AUSG A SNEUTR A LITÄT ieKlim a2050 2020 CO2 112 Mio. t 2050 – 27 % Strombedarf pro Jahr 81 Mio. t 54 TWh Referenzpfad Kohleausstieg und Effizienzsteigerung verringern – 61 % CO2 die Treibhausgase um 27 % bis 2050. 45 Mio. t 224 TWh Limitierter Technologiepfad Höhere Investitionen für neue Verfahren mit vierfachem Strombedarf verringern die Treibhausgase um 61 %. – 100 % 628 TWh Zielpfad Treibhausgasneutralität Keine Restriktionen, maximale Investitionen für alternative Verfahren mit zehnfachem Strombedarf verringern die Treibhausgase um 100 %. 0 Mio. t Treibhausgasemissionen aus Prozessen, Energiebedarf und Produkten sowie zusätzliche Investitionen; Annahme Stromkosten: 4 Cent/kWh inkl. Steuern und Abgaben Quelle: DECHEMA und FutureCamp, 2019 Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie kann ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 fast vollständig reduzieren – wenn sie große Mengen emissionsfreien Stroms möglichst günstig nutzen kann. Die Branche rechnet dafür ab den 2030er Jahren mit einem Strombedarf, der in etwa der heutigen Stromproduktion Deutschlands entspricht. Die potenzielle Entwicklung wurde anhand von drei Szenarien („Pfaden“) untersucht. Hochwertige Ernährung mit moderner Für Freihandel Im Steuerwettbewerb bestehen Landwirtschaft sichern starkmachen Steuern und Abgaben sind die wichtigste Landwirtschaft ist für eine sichere Deutschland lebt Quelle zur Erfüllung staatlicher Aufga- Lebensmittelversorgung vom Export und ben. Unternehmen tragen dazu maßgeb- systemrelevant – und Import und ist auf lich und langfristig bei und finanzieren so mit ihr die gesamte freie Märkte sowie den große Teile des Gemeinwesens. Deutsch- Wertschöpfungskette. ungehinderten Zugang zu Wachstums land ist Schlusslicht im internationalen Damit Deutschland regionen und Rohstoffen dringend steuerpolitischen Wettbewerb. Deshalb auch in Zukunft auf angewiesen. Regeln für einen fairen braucht es eine Unternehmensteuer einen leistungsfähi- Wettbewerb und Fortschritte bei der reform, um den Anschluss nicht ganz gen Agrarsektor bauen weltweiten Handelsliberalisierung setzen zu verlieren. Außerdem darf die Unter- kann, der die richtige Balance wichtige Wachstumsimpulse. Der Schutz nehmenssubstanz auch weiterhin nicht zwischen Produktivität und Biodiversität geistigen Eigentums muss auf den Märk- besteuert werden, müssen die findet, brauchen die Betriebe Zugang ten gestärkt werden. Innerhalb der Euro- Sozialabgaben stabil gehal- zu optimiertem Saatgut, modernen päischen Union, dem Heimatmarkt der ten werden und braucht Pflanzenschutzmitteln, Mineraldünger deutschen Industrie, darf der Binnen- es auf internationaler und Biostimulanzien. Bei der Zulassung markt nicht durch neue nationale Ebene verbindliche Streit- muss Wissenschaftlichkeit der relevante Grenzen fragmentiert werden. beilegungsmechanismen Maßstab sein. in allen Doppelbesteue- rungsabkommen. Diese und weitere Empfehlungen für einen starken Industriestandort finden Sie auf www.vci.de P O LI T I K B R I EF MÄRZ 2021 4
Den globalen Nachhaltigkeitszielen verpflichtet Nachhaltigkeit ist für die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie MIT INNOVATI V EN LÖSUNGEN DER CHEMIEINDUS TIRE KÖNNEN WIR WE SENTLICHE N ACHH A LTIGK EITSZIELE ERREICHEN keine Vision, sondern schon längst konkrete Handlungsanleitung an ihren nationalen und internatio nalen Standorten. Die Branche versteht die „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Natio- nen als klaren Auftrag, sich stetig zu verbessern: Denn neben vielen positiven Aktivitäten, wie etwa die Erforschung und Entwicklung neuer Arzneimittel, verur- sacht sie auch potenziell negative Auswir- kungen – zum Beispiel durch den Ausstoß von Treibhausgasen, der gemindert oder gar abgewendet werden sollte. Die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaftsweise hat für die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie viele Facetten: Sie investiert in den Umwelt- schutz, erhöht ihre Energieeffizienz und bekennt sich zum Ziel der Treibhausgas- neutralität bis 2050. Sie trägt mit Pro- dukten und Verfahren dazu bei, dass Ressourcen geschont werden und die Kreislaufwirtschaft vorankommt. Zudem treibt die Branche Initiativen zur finanzi- ellen Förderung nachhaltigen Wirtschaf- tens, wie Green Bonds und Sustainable Finance, sowie Verbesserungen im Lieferkettenmanagement mit voran. Gerade in der Corona-Krise haben die Unternehmen ihr Bekenntnis zur sozia- len Dimension der Nachhaltigkeit unter Beweis gestellt, indem sie mit kreativen Ideen den Großteil ihrer Mitarbeitenden und Dienstleistungsbetriebe beschäftigt gehalten und so auch zur gesellschaft lichen Stabilität während der Lockdown- Phasen beigetragen haben. Quelle: World Business Council for Sustainable Development Impressum Herausgeber Verband der Chemischen Industrie e. V., Mainzer Landstraße 55, 60329 Frankfurt am Main, vci@vci.de, www.vci.de, twitter.com/chemieverband Redaktionsschluss 12. März 2021 Verantwortlich Jenni Glaser Agenturpartner Köster Kommunikation, GDE Kommunikation gestalten P O LI T I K B R I EF MÄRZ 2021 5
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