HEIZEN MIT STROH Wertschöpfung für Landwirtschaft und Kommunen - WÄRME AUS STROH NACHHALTIG WERTSCHÖPFEND - Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe
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heizen.fnr.de HEIZEN MIT STROH Wertschöpfung für Landwirtschaft und Kommunen WÄRME AUS STROH NACHHALTIG WERTSCHÖPFEND
IMPRESSUM Herausgeber Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) OT Gülzow, Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/6930-0 Fax: 03843/6930-102 info@fnr.de www.fnr.de Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Text Dr. Hermann Hansen, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. Dr. Hubert Heilmann und Dr. Matthias Dietze, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Katharina Heinbach, Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Dr. Beatrix Romberg, Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern Jochen Thomsen, Treurat & Partner GmbH Redaktion Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Bilder Titel: AP/Fotolia.com, BEKW Bioenergiekraftwerk Emsland GmbH & Co. KG, lensescape.org, FNR/Dr. H. Hansen, tangram/K. Grümmert Sofern nicht am Bild vermerkt: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) Gestaltung/Realisierung www.tangram.de, Rostock Druck www.druckerei-weidner.de, Rostock Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis Bestell-Nr. 795 1. Auflage FNR 2015
VORWORT Die Energie- und Klimaziele der Bundesregierung sehen vor, ca. 20 Jahren in Betrieb sind. Auf den Fachtagungen und in den Primärenergieverbrauch und die Treibhausgasemissio- dieser Informationsbroschüre werden Ihnen ausgewählte nen deutlich zu reduzieren. Die Verbesserung der Energieef- Heizungsanlagen bzw. Heizwerke für Stroh, Miscanthus und fizienz im Gebäudebereich und die Substitution von fossilen sonstiges Halmgut sowie Erfahrungen aus dem Anlagen- durch erneuerbare Energieträger in der Wärmeversorgung betrieb vorgestellt. Den Planern und Betreibern von Stroh- können maßgebliche Beiträge zur Erreichung dieser Ziele heizungen sei an dieser Stelle dafür gedankt, dass sie ihre leisten. Kenntnisse und Erfahrungen mit anderen zu teilen bereit sind. Die erneuerbare Wärme gilt aufgrund ihrer großen ungenutz- ten Potenziale als „schlafender Energieriese“ in Deutsch- Das Betreiben von Strohheizungen stellt an Planer und Be- land. Biomasse ist mit einem Anteil von nahezu 90 % der treiber besondere Ansprüche. Um erfolgreich zu sein, muss wichtigste Energieträger für erneuerbare Wärme. Neben den die Bereitstellung von Stroh zum Heizen schon bei der Aus- allgemein bekannten Biobrennstoffen, wie z. B. Scheitholz, saat des Getreides bedacht werden. Und wer es gut macht, Hackschnitzel und Holzpellets, stehen aus dem Bereich der der kann ein Äquivalent von 4.000 bis 6.000 l Heizöl je Hek- Nebenprodukte und Reststoffe enorme Mengen an Biomas- tar Fläche ernten. Was dies für Wertschöpfung und Beschäf- se für eine energetische Nutzung zur Verfügung. So können tigung in den Regionen bedeutet, zeigen Ihnen Experten etwa 10 Mio. t Getreidestroh – von insgesamt anfallenden nachfolgend auf. Zudem erhalten Sie Daten zur Wirtschaft- jährlichen Strohmengen in Höhe von über 40 Mio. t – ener- lichkeit von Strohheizungen sowie aktuelle Informationen getisch genutzt werden. Die Fachtagungsreihe „Heizen mit zu den rechtlichen Regelungen, zu Genehmigungsverfahren Stroh – Wertschöpfung für Landwirtschaft und Kommunen“ und Fördermöglichkeiten. und die hier vorliegende Broschüre sollen dazu beitragen, dieses Aufkommen an Stroh und anderem Halmgut künftig Nutzen Sie die Gelegenheit, sich dazu aus erster Hand zu stärker zu mobilisieren und in Nutzung zu bringen. informieren! Die Nutzung von Stroh und anderem Halmgut kann zur Er- reichung der Energie- und Klimaziele und zu mehr Beschäf- tigung und Wertschöpfung in ländlichen Regionen beitragen und – was Sie vielleicht noch mehr interessiert: Ihre Energie- kosten senken und langfristig stabilisieren. Strohheizungen sind in Deutschland bisher kaum be- Dr.-Ing. Andreas Schütte kannt. Die Schornsteinfeger führen in ihren Statistiken rund Geschäftsführer Fachagentur 100 Strohheizungsanlagen, von denen einige schon seit Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) 2
©©tangram/K. Grümmert INHALT 1 Einleitung 4 2 Stroh als Brennstoff 6 3 Feuerungsanlagen für Stroh und Halmgut 9 4 Planung eines Wärmenetzes 12 5 Planung und Umsetzung von Heizungen für Stroh und Halmgut 13 6 Mecklenburg-Vorpommern fördert Biomasseprojekte zur Wärmeerzeugung 14 7 Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung 16 7.1 Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit einer Strohheizung 16 7.2 Wertschöpfung und Beschäftigungseffekte durch dezentrale, regionale Energieversorgungsstrukturen mit Biomasseanlagen 18 8 Praxisbeispiele für Heizungsanlagen für Stroh, Miscanthus und sonstiges Halmgut 21 8.1 Strohheizung Gülzow 21 8.2 Strohheizung Farwick 24 8.3 Strohheizung Dennin 26 8.4 Strohpellet-Heizanlage der Hof Sonderanlagenbau GmbH 28 8.5 Biomasseheizung Campus Klein-Altendorf 30 8.6 Heizkraftwerk Stauferpark 32 8.7 Heizwerk für Niedermoorbiomasse 34 8.8 Drehrohrkessel der Vikima Seed A/S 36 9 Weiterführende Informationen 38 9.1 Adressen 38 9.2 Literaturhinweise und Links 40 3
1 EINLEITUNG Auf über 6 Mio. ha wird in Deutschland Getreide angebaut, stoffen sind u. a. die nachhaltige und relativ preisstabile was etwa der Hälfte der verfügbaren Ackerfläche entspricht. Verfügbarkeit zu nennen. Für viele Dörfer und Städte kann Der Anbau von Ölsaaten belegt ca. 1,4 Mio. ha. Körnermais der Aufbau einer Nahwärmeversorgung auf Basis von regi- steht auf rund 480.000 ha Ackerfläche. Das bei der Ernte onal verfügbarer Biomasse ein bedeutender Beitrag zur Da- der Körner anfallende Stroh wird zum Teil für die Erhaltung seinsvorsorge sein und den Bürgern eine langfristig stabile der Bodenfruchtbarkeit benötigt. Dazu soll die Humusbi- und preiswerte Wärmeversorgung bieten. Unbeachtet sind in lanz, bezogen auf die in der Regel drei- oder viergliedrige herkömmlichen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen die Vorzü- Fruchtfolge, ausgeglichen sein. Für die Praxis bedeutet dies, ge, die Wärme aus Biomasse zusätzlich noch für Arbeit und dass z. B. beim Drusch von Gerste und/oder Raps das Stroh Wertschöpfung in der Region leisten kann. gehäckselt, auf Druschbreite verteilt und bei nachfolgender Bodenbearbeitung in diesen eingearbeitet wird, während im Es sind rund 50 % des Endenergieverbrauchs in Deutsch- Jahr mit Weizenanbau Weizenstroh ins Schwad gelegt und land, die auf Wärmenutzungen in Haushalten, Industrie und für eine spätere Nutzung in Ballen gepresst wird. Gewerbe entfallen. In Bezug auf Haushalte sind es sogar rund 70 % des Energieverbrauchs, welche zu Lasten von In Ackerbauregionen mit hohem Strohaufkommen und ge- Raumwärme und Warmwasser gehen. Wärme aus Biomasse ringer Nachfrage nach Stroh für Nutzungen z. B. im Bereich hat einen Anteil von nahezu 90 % an der insgesamt bereit Tierstreu, Tierfutter oder Garten- und Landschaftsbau wer- gestellten erneuerbaren Wärme. Seit 5 Jahren stagniert die den aber auch große Mengen Stroh, die für einen Humusbi- erneuerbare Wärme. Es wurde gerade einmal ein Zuwachs lanzausgleich nicht notwendig sind, gehäckselt und in den von einem Prozentpunkt auf 9,9 % erneuerbare Wärme an Boden eingearbeitet. der gesamten Wärmebereitstellung erreicht, während die er- neuerbare Stromerzeugung – dank EEG – von 17 auf 27,8 % Hier liegen Potenziale an Biomasse vor, die einer Nutzung stieg. Unter Berücksichtigung der Entwicklung des EEG und zugeführt werden können. Mit der Nutzung von Stroh kann dessen aktueller Ausgestaltung ist aus Biomasseheizkraft- ein Beitrag zur Schaffung von Arbeit und Wertschöpfung in werken und Biogasanlagen für die kommenden Jahre ein nur der Region, zur Schonung von fossilen Ressourcen und zum noch begrenzter Zubau und somit Zuwachs bei Strom- und Klimaschutz geleistet werden. Wärmelieferungen zu erwarten. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und das Bei Beachtung des Ausbauziels 14 % Anteil erneuerbare Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) haben die Wärme in 2020 und der im Rahmen der Evaluierung von För- verfügbaren Strohpotenziale auf Landkreisebene bewertet. dermaßnahmen im Bereich erneuerbare Wärme ermittelten Die Potentialstudien zeigen, dass unter Berücksichtigung sehr hohen CO2-Vermeidungseffizienz und gegenüber ande- sonstiger Nutzungsansprüche in Deutschland insgesamt rer erneuerbarer Wärme sehr viel besseren Kosteneffizienz rund 10 Mio. t Stroh für eine energetische Biomassenutzung von Maßnahmen zur Bereitstellung von Wärme aus Biomas- verfügbar sind. Mit einem Heizwert von rund 4 kWh/kg für se wird erkennbar, dass ein weiterer Zubau von Biomassean- trockenes Stroh entspricht dies einem Heizöläquivalent von lagen vorteilhaft und notwendig ist. 4 Mio. t Heizöl. Für die Erreichung der Energie- und Klimaziele der Bun- Mit der Errichtung von Strohheizungsanlagen zur Wärme- desregierung kommt dabei den nachhaltig verfügbaren versorgung von z. B. landwirtschaftlichen Gebäuden in der Nebenprodukten und Reststoffen aus der Land- und Forst- Schweine- und Geflügelzucht oder mit Strohheizwerken zur wirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Es ist geboten, die netzgebundenen Nah- und Fernwärmeversorgung in Dörfern bisher ungenutzten Biomassepotentiale im ländlichen Raum und Städten kann Stroh und anderes Halmgut in Wert ge- insbesondere bei Getreidestroh, bei Halmgut aus der Land- setzt werden. Gleichzeitig wird durch die Substitution von schaftspflege aus auch bei speziell angebauten Großgräsern z. B. Heizöl oder Gas durch den festen Biobrennstoff Stroh besser zu erschließen. der CO2-Ausstoß deutlich gesenkt. Als weiterer vorteilhafter Aspekt ist anzumerken, dass es bei der Strohnutzung nicht Eine angemessene Förderung im Bereich Biowärme ist not- zu einer Verschärfung von Flächenkonkurrenzen und uner- wendig, um u. a. die externen Kosten der Nutzung fossiler wünschten Landnutzungsänderungen kommt. Energieträger sowie spezifische Investitionskostennachteile für Biomasseanlagen gegenüber Öl- und Gasheizungen aus- Wärme aus Biomasse und insbesondere aus den landwirt- zugleichen. Hierfür können Investitionsförderprogramme schaftlichen Nebenprodukten und Reststoffen kann vielfäl- des Bundes und der Länder in Anspruch genommen werden. tige Vorzüge bieten. Gegenüber importierten fossilen Brenn- 4
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) In den nachfolgenden Kapiteln bietet diese Broschüre we- gewährt gemäß der novellierten Richtlinie zur Förderung sentliche grundlegende Informationen zum Heizen mit Stroh von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im und anderem Halmgut und stellt Ihnen dazu ausgewählte Wärmemarkt (Marktanreizprogramm) ab 1. April 2015 eine Praxisbeispiele vor. verbesserte Förderung für Biomasseanlagen und für andere Anlagen zur Bereitstellung erneuerbarer Wärme. Auch aus Vertiefende Informationen für die Planung und Umsetzung den Mitteln der europäischen Strukturfonds und aus Lan- von Biomasseanlagen und Bioenergiedorf-Projekten enthal- desprogrammen werden Maßnahmen im Bereich erneuer- ten die in Kapitel 5 genannten Leitfäden und Handbücher. bare Wärme gefördert. ©©Pixelwolf2/Fotolia.com 5
2 STROH ALS BRENNSTOFF Alle Arten von Stroh und Halmgut eignen sich grundsätz- Der Heizwert von Stroh und anderen festen Biobrennstoffen lich als fester Biobrennstoff. Für eine energetische Nutzung wird maßgeblich durch den Wassergehalt bestimmt. Stroh kommen neben dem Stroh der verschiedenen Getreidearten bzw. sonstiges Halmgut mit einem Wassergehalt unter 20 %, auch das Stroh von Raps, Sonnenblumen und Körnermais besser noch unter 15 %, ist als Brennstoff bestens geeignet. in Frage. Auch Gräser bzw. Heu von Wiesen und speziell für Die Brennstoffeigenschaften sind umso günstiger, je reifer die Energiegewinnung angebaute Großgräser wie Miscan- und trockener das Stroh ist. Bei günstigen Witterungsbe- thus, Szarvasi und Rohrglanzgras sowie weitere sogenannte dingungen zur Erntezeit kann Stroh mit Wassergehalten von Energiepflanzen kommen für eine Nutzung als Brennstoff in etwa 10 bis 15 % eingefahren werden. Vorzüglich ist für Betracht. Feuerungsanlagen sogenanntes „graues Stroh“, das in einer mehrtägigen Feldliegezeit Tau und ggf. Regen ausgesetzt war, wodurch sich die Alkalimetall- und Chlorgehalte im Stroh reduzieren. Stroh sollte in der Weise geborgen und gepresst werden, dass es keine Fremdbestandteile wie z. B. Sand, Lehm und Steine sowie Folien oder Bänder enthält. Bei Getreidebeständen für die energetische Strohnutzung kann bereits ab Bodenbearbeitung und Aussaat auf eine gute Brennstoffqualität hingewirkt werden. Angefangen von der Fruchtfolgeplanung mit zeitlichem Abstand einer Bo- denkalkung mit chlorhaltigen Düngemitteln über sorgfältige Steinlese nach der Aussaat, Düngung und Pflanzenschutz- maßnahmen bis zu Druschtermin und Strohbergung gibt es viele Ansatzpunkte für die Beeinflussung der Stroh- und Brennstoffqualität. ©©richard_pinder/Fotolia.com Vorteilhaft sind u. a. die Vermeidung von chlorhaltigen Dünge- mitteln und abreifeverzögernden Pflanzenschutzmitteln sowie ein Druschtermin nach Eintritt der Vollreife des Getreides. Nach dem Drusch wirken sich einige Tage Feldliegezeit positiv aus. MASSNAHMEN FÜR STROH ALS BRENNSTOFF Miscanthus • Steinlese Während Getreidestroh und Miscanthus in etlichen landwirt- • Vermeidung chlorhaltiger Düngemittel (Bodenkalkung, schaftlichen oder gewerblichen Strohheizungen bzw. Biomas- Düngung im Bestand) seheizwerken erfolgreich eingesetzt werden, kommen die an- • Vermeidung abreifeverzögernder Pflanzenschutzmittel deren Halmgutarten und Energiepflanzen nur vereinzelt zum • Drusch nach Erreichen der Vollreife des Getreides Einsatz bzw. werden im Rahmen von Forschungs- und Entwick- • Schwad einige Tage liegen lassen lungsvorhaben auf ihre Brennstoffeignung untersucht. • PickUp der Presse hoch einstellen (damit keine Steine, Sand/Lehm aufgenommen werden) Aufgrund des im Vergleich zu anderen festen Biobrennstoffen • bei Wassergehalten unter 15 % pressen geringeren Masse/Volumen-Verhältnisses haben Stroh-/Halm- • überdachtes bzw. abgedecktes Strohlager gutballen eine geringere Energiedichte und ergo einen höhe- ren Bedarf an Transport- und Lagerraum. Die Transportwürdig- keit von Stroh und anderem Halmgut ist daher begrenzt. Es Bei engen Raps-Getreide-Fruchtfolgen sowie auch witte- gibt daher auch kaum einen überregionalen Wettbewerb um rungsbedingt können Getreideernte und Bergung größerer Stroh. Von Region zu Region können Strohpreise erheblich va- Strohmengen in kurzen verfügbaren Zeitspannen zwischen riieren. So sind z. B. in Regionen mit ausgeprägter Pferdezucht Druschtermin und Folgebestellung der Ackerfläche eine Her- und Pferdehaltung oder Gemüseanbauregionen deutlich hö- ausforderung für den Landwirtschaftsbetrieb darstellen. Eine here Preise zu erzielen als in Getreideanbauregionen mit gerin- längere Feldliegezeit kann unter Umständen zusätzliche Kos- ger Nachfrage nach Stroh. ten verursachen (z. B. für das zur Strohtrocknung notwendige 6
©©countrypixel/Fotolia.com Trockenes Stroh wird zu Ballen gepresst. Wenden der Schwaden). Eine dadurch bedingte erheblich heitlichen Partien zum Einsatz kommen. Bei der Ein- und verzögerte Aussaat der Folgefrucht kann zu Ertragsminderun- Auslagerung der Ballen und beim Einsatz als Brennstoff gen führen, die als Kosten dann ebenfalls dem Stroh zuzu- sollte darauf geachtet werden, dass das Stroh möglichst rechnen wären. Sorte für Sorte und Feldblock für Feldblock genutzt wird. Die Feuerungsparameter des Kessels lassen sich dann leichter Es wird empfohlen, Stroh vom Vorgewende und von sonsti- optimal für die jeweilige Partie einzustellen. gen Feldrändern nicht als Brennstoff zu nutzen, da dieses ge- genüber dem Stroh in der Fläche i. d. R. erhöhten Beikrautbe- Stroh, Heu und anderes Halmgut haben einen deutlich satz und andere ungünstige Eigenschaftsparameter aufweist. höheren Aschegehalt als Holzbrennstoffe. Eine typische Holzfeuerung ist daher nicht für einen Einsatz von Stroh als Je nach den Anforderungen der Strohheizung sind Quader- Brennstoff geeignet. Strohheizkessel bzw. Biomassefeuerun- ballen- oder Rundballenpressen einzusetzen und Pressen- gen für Halmgut und andere feste Biobrennstoffe mit erhöh- typ und Pressdichte ggf. nach den Anforderungen der Bio- tem Aschegehalt sind technisch so ausgelegt, dass sie die masseanlage zu wählen. Die Ballen sollen auf trockenem, Asche zuverlässig vom Rost entfernen und aus dem Kessel befestigtem Boden unter Dach bzw. unter Plane gelagert austragen können. Strohheizungen sind daher mit z. B. be- werden. Eine Lagerung von Stroh zum Heizen ohne Abde- wegten und ggf. gekühlten Rosten teurer als Holzheizungen ckung im Freien scheidet wegen des erheblichen Feuchtig- vergleichbarer Leistung. Eine Kühlung im Glutbettbereich ist keitseintrages aus. zur Vermeidung von Ablagerungen notwendig, da halmgut- artige Brennstoffe im Vergleich mit Holz deutlich geringere Bei der Anlieferung bzw. Einlagerung an der Strohheizungs- Ascheerweichungstemperaturen haben. anlage ist die Strohqualität zu prüfen, insbesondere hin- sichtlich Wassergehalt und Verunreinigungen. Miscanthus enthält ca. 4 % Asche, Getreidestroh etwa 5 bis 6 % Asche und Gräser/Heu bis 9 %, während Holzbrenn- Zu feuchtes und inhomogenes Stroh kann im Kessel zu stoffe einen Aschegehalt von nur ca. 0,5 bis 2 % aufweisen. technischen Problemen (Schlackebildung, Ablagerungen, In einer Strohheizungsanlage fällt die Asche in Form von Ascheaustrag) führen und erhöhte Schadstoffemissionen Rostasche, Zyklonasche und Filterasche an. Die Asche der und Geruchsbelästigungen zur Folge haben. Stroh und letzten filternden Einheit (z. B. Gewebefilter oder Elektro-Ab- Halmgut sollte in einer Strohheizungsanlage in großen, ein- scheider) ist zu entsorgen. Die Rostasche und die Asche aus 7
dem Zyklonabscheider kann ggf. als Düngemittel genutzt TABELLE 2: VERGLEICH DER EIGENSCHAFTEN VON bzw. für die Düngemittelherstellung verwendet werden. In GETREIDESTROH UND HOLZHACKSCHNITZEL der Asche von Stroh bzw. sonstigem Halmgut finden sich die ursprünglich im Stroh enthaltenen Mineralien wieder. Dies Stroh Hackschnitzel ist einerseits als Nährstoffentzug durch die Strohbergung (Quaderballen) (Kiefer) zu berücksichtigen. Andererseits kann durch die Rückfüh- Dichte in kg/m3 130 203 rung der Asche auf die Ackerflächen dieser Nährstoffverlust wieder ausgeglichen werden. Die Aschenutzung kann damit Spanne Wassergehalt in % 10 bis 20 15 bis 50 ein wichtiger Bestandteil des betrieblichen Nährstoffkreis- laufes sein und ist in Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur Heizwert Hi in kWh/kg 3,96 4,33 (bei w = 15 %) Strohheizung (Entsorgungskosten vs. Düngerwert) zu be- rücksichtigen. Die Düngereignung, die Aschequalität und Heizwert Hi in kWh/m3 bei die Nährstoffverfügbarkeit sind durch Analysen in z. B. land- typischem Wassergehalt 513 745 wirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (Stroh w = 15 %, feststellen zu lassen. Hackschnitzel w = 30 %) Aschegehalt in % 4 bis 8 1 bis 1,5 TABELLE 1: TYPISCHE EIGENSCHAFTEN VON GETREIDESTROH Eigenschaft Wert Quelle Für einen stabilen, störungsfreien Betrieb einer Strohheizung Maße* 1,2 x 1,3 x 2,5 m ist es notwendig, bereits frühzeitig auf große einheitliche Landwirtschaftsbetrieb Partien hinzuwirken. Hierzu sind unbedingt die Qualitätsan- Gewicht* 505 kg Zehna forderungen und Hinweise für die Bereitstellung von guten Dichte* ca. 130 kg/m3 Brennstoffqualitäten an die Stroh liefernden Landwirte und Heizwert Hi 14,3 MJ/kg FNR: Basisdaten die ggf. für Pressen und Bergen beteiligten Lohnunterneh- (bei 15 % 3,96 kWh/kg Bioenergie men zu übermitteln und Mitarbeiter der Betriebe im Umgang Wassergehalt) ca. 513 kWh/m3 Deutschland, 2014 mit Stroh zu schulen. ca. 2.000 kWh/Ballen entspricht Aus verbrennungstechnischer Sicht ist ausgewaschenes Heizöl- ca. 200 l Heizöl/Ballen äquivalent „graues“ Stroh gegenüber frischem „gelben“ Stroh zu be- (bei Ballengewicht 505 kg, w = 15 %) vorzugen. Sofern möglich, sollten daher einige Tage Feldlie- gezeit nach dem Drusch eingeplant werden. Beim Pressen Aschegehalt/ muss die Pickup ausreichend hoch eingestellt werden, da- 6,1 % TLL (www.tll.de) Ascheanfall mit die aufnehmenden Zinken der Presse keine Steine, Sand Inhaltsstoffe/ und Lehm ins Strohschwad und in den Ballen befördern. Je Nährstoffe nach Heizkessel sind Rund- oder Quaderballen zu pressen. C 47,8 % i. TM EVA-Projekt, LFA Für Strohheizungen mit Ballenförderband und Ballenauflöser N 0,55 % i. TM Mecklenburg-Vorpommern sollen Pressen mit Schneidwerk zum Einsatz kommen, die P 0,52 % i. TM (www.eva-verbund.de) das Stroh beim Pressvorgang auf ca. 20 cm einkürzen. K 1,07 % i. TM Mg 0,10 % i. TM Für vertiefende Informationen zu Stroh als Brennstoff wird * für einen Strohballen (Quaderballen) auf die Kapitel 4 und 6 im Handbuch Bioenergie Kleinan- lagen verwiesen. In Tabelle 4.1 auf Seite 47 im Handbuch werden wichtige Elementgehalten in Stroh/Halmgut und in anderen festen Biobrennstoffen verglichen. Tabelle 4.2. und Abbildung 6.29 zeigen verbrennungstechnische Kenndaten von Stroh-/Halmgut-Brennstoffen. https://mediathek.fnr.de/handbuch-bioenergie-klein- anlagen.html ©©Paulista/Fotolia.com 8
3 FEUERUNGSANLAGEN FÜR STROH UND HALMGUT Für die Wärmeerzeugung aus Stroh und anderem Halmgut Gerlinger, Guntamatic, TwinHeat). Allerdings liegen der FNR werden unterschiedliche Bauarten von Feuerungsanlagen bisher keine Bestätigungen vor, dass im Leistungsbereich am Markt angeboten. Mehrere Firmen bieten Schüttgutfeu- 4 bis 100 kW angebotene Kessel über die nach der Novelle erungen an, in denen das Halmgut (u. a. Stroh, Heu, Miscan- der Kleinfeuerungsanlagenverordnung (1. BImSchV) ge- thus) in geschnittener bzw. gehäckselter oder auch pelletier- forderte Typprüfung für Halmgutbrennstoffe verfügen. Seit ter Form eingesetzt wird (u. a. LIN-KA, ÖKOTHERM®, NESTRO, 2014 wird von einem Hersteller eine Halmgutfeuerungslage Schmid, TwinHeat, WERKSTÄTTEN etc.). Ein Hersteller bietet als Drehrohrkessel (WERKSTÄTTEN, 500 kW) angeboten. Ganzballenfeuerungen als Strohballenvergaserkessel an, bei denen ganze Ballen in den Füllraum des Vergaserkessels Eine Tauglichkeit und Zuverlässigkeit für Halmgutbrenn- eingebracht werden (nicht automatisierte Brennstoffzufuhr). stoffe wird bei den Feuerungen dadurch erreicht, dass die Temperaturen im Glutbettbereich durch Verbrennungsluft- Anlagen mit Ballenauflösern für Stroh-/Halmgutballen kom- führung und Wasserkühlung (Wasserwärmetauscher un- men in Deutschland im Leistungsbereich über 100 kW zum ter der Brennmulde; wasserführendes, bewegtes Rost) so Einsatz. Mit Leistungen zwischen 400 kW und 1.000 kW niedrig gehalten werden, dass die Asche nicht erweicht und versorgen sie z. B. Sauen- und Geflügelställe in Landwirt- anhaftet. Auch ein kontinuierliches In-Bewegung-Halten von schaftsbetrieben sowie Wohngebäude, Bürogebäude und Brennstoff und Asche ist dienlich, um Verschlackungen und Gewächshäuser in Kommunen über Nahwärmenetze mit Anbackungen von Asche zu vermeiden. Oft kommen beide Wärme. Strategien zusammen zum Einsatz. Zudem kommen Schie- ber und Schnecken zur Anwendung, um die vergleichsweise Für Brennstoffe, die bereits als Schüttgut vorliegen (z. B. (gegenüber Holzbrennstoffen) großen Aschemengen vom Miscanthus und sonstiges Häckselgut, Strohpellets, Reini- Rost und aus dem Kessel zu entfernen. Insbesondere bei gungsabgänge der Saatgutaufbereitung, Presskuchen etc.), Anlagen größerer Wärmeleistung ist eine zuverlässige, leis- bietet sich der Einsatz einer Rost- bzw. Schubbodenfeuerung tungsstarke automatische Entaschung des Kessels unver- mit gekühltem Rost an (vgl. hierzu Kapitel 6 im Handbuch zichtbar. Der Wartung der Anlagen kommt eine besondere Bioenergie Kleinanlagen). Solche Anlagen werden bereits ab Bedeutung zu – dazu geben die Hersteller Anweisungen und ca. 10 kW Nennwärmeleistung angeboten (u. a. Hargassner, Pläne, die sorgfältig erfüllt werden müssen. Quelle: Handbuch Bioenergie Kleinanlagen – FNR Abbildung 1: Halmguttaugliche Schubbodenfeuerung mit wassergekühlter Brennmulde 9
©©tangram/K. Grümmert Förderband mit Brennstoffvorrat für die Strohheizung Ganzballenfeuerungen werden in Deutschland ab einem Leistungsbereich von ca. 70 kW für Rundballen angeboten (Herlt). Hierbei handelt es sich entweder um automatisch beschickte Anlagen oder um Anlagen, die per Traktor oder Teleskoplader nacheinander mit Ballen bestückt werden. Während in Dänemark auch Ganzballenfeuerungen mit oberen Abbrand – und entsprechend ungünstigen Abbrand- und Emissionsbedingungen – eingesetzt werden, kommen in Deutschland nur Ganzballenfeuerungen mit unterem Abbrand zum Einsatz. Bei diesem Feuerungsprinzip ist der Verbrennungsverlauf deutlich ausgeglichener und besser re- gelbar als bei absetzig beschickten Anlagen mit Oberbrand. Doch sind bei Ballenvergaseranlagen mit Chargenabbrand im Verlauf der Verbrennung Schwankungen von Leistung, Temperatur und Schadstofffreisetzung (z. B. Kohlenstoffmon- oxid) zu verzeichnen. Ganzballenfeuerungen sollten daher unter Volllast zu betrieben werden und dazu mit ausreichend großen Wärmespeichern ausgestattet sein. ©©tangram/K. Grümmert Bei Halmgut- und Strohfeuerungen ist auf eine hinreichende Korrosions- und Verschleißbeständigkeit der Anlagenbau- teile zu achten. Vor allem der Chlorgehalt im Halmgut kann bei der Verbrennung zu aggressiven Rauchgasbestandteilen führen. Hersteller verwenden u. a. Edelstahl für die Wärme- tauscher und Siliziumcarbid für Feuerraumauskleidungen. Zellenradschleuse am Strohkessel 10
Quelle: Handbuch Bioenergie Kleinanlagen – FNR (nach Herlt) Abbildung 2: Schema einer Rundballenfeuerung für Halmgut Für die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen gemäß Aufgrund der nach 1. BImSchV notwendigen Typprüfung 1. BImSchV für Anlagen mit 4 bis 100 KW Nennwärme- unter Verwendung des vom Hersteller zugelassenen halm- leistung und gemäß TA Luft für Anlagen ab 100 KW ist bei gutartigen bzw. getreideartigen Biobrennstoffs (Auslegung Halmgutfeuerungen ein Einbau von Partikel-/Staubfiltern der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz LAI zur bzw. -abscheidern notwendig. Als Abgasreinigungseinrich- 1. BImSchV) bieten derzeit noch keine Hersteller Feuerungs- tungen kommen Fliehkraftabscheider, Gewebefilter und anlagen im Leistungsbereich von 4 bis 100 kW explizit für Elektro-Abscheider zum Einsatz. Sekundärwärmetauscher Halmgutbrennstoffe an. Anlagen werden ab 100 kW ange- zur Rauchgaskondensation, die ebenfalls eine gewisse boten. Für diese Anlagen ist ein vereinfachtes Genehmigungs- Staubabscheidung ermöglichen können, sind für die Halm- verfahren nach 4. BImSchV durchzuführen. In jedem 3. Jahr gutverbrennung aufgrund der hohen Staubbelastung und haben Betreiber dieser Anlagen die Einhaltung der Emissions- der Korrosionsrisiken eher ungeeignet. Das gleiche gilt für anforderungen nach TA Luft nachzuweisen. Wäscher und Katalysatoren. Fliehkraftabscheider (Zyklone) werden in mittleren und größeren Biomassefeuerungen zusätzlich zu Gewebefil- tern bzw. Elektro-Ascheidern eingesetzt. Zyklone können Partikel ab etwa 2 µm Durchmesser abscheiden und die Staubbelastung der nachfolgenden Feinstaubfilter deutlich mindern. Dies reduziert die Menge an Asche in der „letzten filternden Einheit“, die nicht als Dünger genutzt werden darf und zu entsorgen ist und somit auch die Entsorgungskosten der Asche. Bei Halmgutfeuerungen kommen als Staubfilter z. B. her- kömmliche Gewebefilter (Tiefen- und Oberflächenfilter) zum Einsatz. Die Gewebefilter werden durch regelmäßige Druck- luftstöße automatisch abgereinigt. 11
4 PLANUNG EINES WÄRMENETZES Ausgangspunkt der Planungen eines Wärmenetzes sind Für dieses Temperaturniveau sind Wärmeverluste von 0,023 die Absatzerwartungen und die für eine Trassenverlegung bis 0,027 W/m • K der Temperaturdifferenz stündlich anzu- verfügbaren Flurstücke. Zur Absicherung der Absatzerwar- setzen. Die Wärmeverluste werden durch die Auswahl der tungen sowie der ersten Maßnahmen zur Vermarktung der Material- und Verarbeitungsformen des Rohres bestimmt. Wärme werden die potentiellen Kunden im Rahmen von In den anzuschließenden Häusern wird eine Übergabestati- Veranstaltungen über das Vorhaben informiert. Ergänzend on installiert. In dieser Station werden Umwälzpumpen und zu den Veranstaltungen werden die Kunden über deren Leis- Mess-, Steuer- und Regelinstrumente installiert. Diese Stati- tungs- und Wärmebedarf befragt. Die Antworten sind als Teil on kann in indirekter Art ausgeführt werden, sodass die Wär- einer schriftlichen Interessensbekundung zu erfassen. Auf me über einen Plattenwärmetauscher auf das hydraulische der Basis dieser schriftlich vorliegenden Interessensbekun- System des Hauses übergeben wird. In diesem Fall bedarf dungen ergibt sich ein Netzplan, der Grundlage für die Mo- es keiner weiteren Anpassung der Systeme, hausintern und dellberechnungen ist. Die Netzverluste sind zu berechnen wärmenetzseitig, untereinander. Die alternative Ausführung und eine für die jeweils zugrunde gelegte Netzausdehnung ist die direkte Art der Wärmeübergabe. Hier wird das Wär- sinnvolle Verwendung von Dämmstärken anzuwenden. meträgermedium durch die Station hindurchgeführt und in das hydraulische System des Hauses geleitet. Die Wärme- Ziel der Gestaltung des Netzverlaufes und der Abnahme- übertragung erfolgt dann in den Heizkörpern in den Räumen mengen ist es, ein Gewinnoptimum zu erreichen, das sich des versorgten Hauses bzw. in der Trinkwasseraufbereitung. einerseits aus den Erträgen aus Wärmelieferungen und Fi- nanzierungszuschüssen und andererseits aus den Investi- Die Trennung empfiehlt sich bei der Versorgung von Be- tionskosten des Netzes ergibt. Insoweit bedarf es der Ziel- standsgebäuden, in denen unterschiedliche technische konstellation, die das gegenwärtig erzielbare, rechnerische Ausführungsqualitäten der hausinternen Systeme vorliegen Modelloptimum darstellt. und deren Unterschiede mit den Betriebsbedingungen des Wärmenetzes hinsichtlich Temperatur und Druck nicht in Der Versorgung der Wärmekunden und den Berechnungs- Einklang zu bringen sind. Auch bietet es die Möglichkeit der grundlagen für das Modell liegen dabei folgende Konditionen Verwendung von aufbereitetem Wasser in dem Wärmenetz, zugrunde: welches zur Verbesserung der Wärmeübertragung und zur • Sämtlicher Wärmebedarf wird durch den Versorger gelie- Reinhaltung der Anlagen beiträgt. fert. • Der Versorger stellt eine Übergabestation mit Wasserspei- Die Regelung der Übergabestation entspricht dem heutigen cher zur Trinkwasseraufbereitung. Stand der modernen Heizungstechnik. Die Einbindung von • Ein Pufferspeicher gleicht über den Tag verteilt den stünd- Außentemperatur und Zeitschaltung sind Mindestanforde- lichen Wärmebedarf aus. Hierbei ist auch der Einsatz von rungen an die Regelung. Die Umwälzpumpe ist bedarfsge- Mess-, Steuer- und Regeltechnik in den Stationen und recht und damit hocheffizient gesteuert. Hausintern können Trinkwasserspeichern zu berücksichtigen. weitere Maßnahmen zu einer weiteren Optimierung des Ge- samtsystems führen. Hier sind der hydraulische Abgleich und Mithilfe dieser Grundlagen wird eine Massenerhebung auf die Einbindung eines Pufferspeichers zur Trinkwasseraufbe- Basis des o. a. Netzplanes vorgenommen. Die erforderlichen reitung für die Leistungsverteilung in Abhängigkeit vom wirt- Rohrquerschnitte und Dämmstärken der Stränge werden schaftlichen Nutzen für den Endverbraucher anzuraten. entsprechend der jeweiligen Verbraucher ausgelegt. Der Leistungsbedarf der kältesten denkbaren Stunde des Jahres bestimmt über die Rohrquerschnitte. Die Pumpenleistungen und Druckverhältnisse werden in dieser Berechnung simu- liert. Die Dämmstärke und der Rohrquerschnitt beeinflussen den Wärmeverlust des Rohres wesentlich. Die Bandbreite der Verluste reicht hierbei von 0,035 und 0,023 W/m • K der Temperaturdifferenz zwischen Wärmeträger- und Erdreich- temperatur stündlich. ©©FNR/Dr. H. Hansen Die Wärmenetzplanungen müssen demzufolge ein Mindest- temperaturniveau für die Versorgung der Häuser definieren. Üblicherweise ist dies eine Mindesttemperatur von 70 °C, um die Hygieneanforderungen an Trinkwasser zu erfüllen. Kunststoffmantelrohre für Nahwärmenetz 12
5 PLANUNG UND UMSETZUNG VON HEIZUNGEN FÜR STROH UND HALMGUT Ein hohes Strohaufkommen in der Region und geringe gungsunterlagen vorzulegen sind. Je nach Leistung des Kes- Nachfrage bzw. fehlende alternative Nutzungsoptionen für sels (bzw. der Kessel) sowie Umfang und Komplexität des Stroh motivieren dazu, sich mit der Planung von Strohhei- Vorhabens ist abzuwägen, ob die Planung und Errichtung ei- zungen zu befassen. Hervorragend passen Strohheizungen ner Strohheizungsanlage allein in Zusammenarbeit mit dem in Landwirtschaftsbetriebe, die neben dem Ackerbau eine Hersteller bzw. Anlagenbauer von Strohheizungen realisiert Tierhaltung mit hohem Wärmebedarf betreiben und somit werden kann oder ob es geboten bzw. notwendig ist, ein den Brennstoff für die Heizung selbst erzeugen können. versiertes Ingenieur- und Planungsbüro bei der Planung und Strohheizungen kommen aber auch für eine kommunale Umsetzung des Vorhabens einzubinden. Große Anlagenbau- und gewerbliche Wärmeversorgung und für Bioenergiedör- er und Hersteller können dabei auch weitreichend oder gar fer in Frage. Hierbei handelt es sich dann meist um kom- vollständig Planungs-/Ingenieurleistungen und Energiesys- plexere Vorhaben. Ist bei der Standortbetrachtung und teme aus einer Hand anbieten. Auf dem Weg von der Idee Abwägung der regional verfügbaren Biobrennstoffe, z. B. im über Machbarkeitsstudie bzw. Vorplanung, Detailplanung Rahmen einer Machbarkeitsstudie, eine Entscheidung zu- und Bau bis zu Betrieb und Optimierung sind vielfältige Auf- gunsten einer Strohheizungsanlage gefallen, sind die Wei- gaben und Planungsschritte zu bewältigen sowie zahlreiche chen für die weiteren Planungs- und Umsetzungsschritte Auflagen und Verordnungen von Bund und Ländern zu be- wohlüberlegt zu stellen. achten. Die FNR hat die rechtlichen Hinweise, Planungshilfen sowie Projektskizze und Machbarkeitsstudie technische Informationen für kleine Biomasseanlagen, für mittlere und größere Biomasseanlagen und speziell auch für die besonderen Herausforderungen zur Entwicklung von Vor-, Entwurfs- und Ausführungsplanung komplexen Bioenergieprojekten und Bioenergiedörfern in verschiedenen Handbüchern und Leitfäden sehr umfassend Genehmigungsverfahren zusammengestellt. Hier sei u. a. auf folgende Veröffentli- chungen verwiesen: Handbuch Bioenergie Kleinanlagen, Ausschreibungsphase Dachleitfaden Bioenergie – Grundlagen und Planung von Bioenergieprojekten, Leitfaden feste Biobrennstoffe (mit Da- Lieferung, Montage, Schulung, Inbetriebnahme, tensammlung Bioenergie), Bioenergiedörfer – Leitfaden für Probebetrieb, Abnahme eine praxisnahe Umsetzung sowie Geschäftsmodelle für Bio- energieprojekte – Rechtsformen, Vertrags- und Steuerfragen. Anlagenbetrieb In den Leitfäden werden die verschieden Planungspha- Quelle: nach Fichtner (2000) sen und Aufgabenschritte, Beteiligte und deren Aufgaben, Abbildung 3: Projektphasen zur Umsetzung umfangreicherer Rechtsvorschriften sowie Hinweise zur Förderung und Finan- Bioenergievorhaben zierung als auch technische Aspekte ausführlich und nach- vollziehbar beschrieben. Für die Errichtung von kleinen und mittleren Strohheizungen zur Wärmeversorgung von Ställen, Zwar können im Geltungsbereich der 1. Bundes-Immissions- Büro und Wohngebäuden im Landwirtschaftsbetrieb sind die schutzverordnung grundsätzlich auch Strohheizungen mit Informationen im Handbuch Bioenergie Kleinanlagen be- Leistungen < 100 kW errichtet und betrieben werden, das reits hinreichend. Bei komplexeren Vorhaben, also größeren Marktangebot und Aufwand-Nutzen-Relationen sprechen Strohheizwerken insbesondere mit Verlegung von Wärmenet- jedoch derzeit eher für Strohheizungen mit größeren Leis- zen in öffentlichen Wegen und Straßen und Anschluss zahl- tungen bis zu 1.000 kW. Für diese ist ein vereinfachtes Ge- reicher Wärmeabnehmer, sollten die Hinweise in den weite- nehmigungsverfahren gemäß 4. Bundes-Immissionsschutz- ren Leitfäden sorgfältig studiert werden. verordnung durchzuführen. Für einen reibungslosen Ablauf der Planungs- und Bauphase sollten Bürger und Gemeinde An dieser Stelle wird bezüglich Planung und Umsetzung von das fürs Genehmigungsverfahren zuständige staatliche Amt Heizungen für Stroh und Halmgut nicht weiter ins Detail ge- für Umwelt frühzeitig über das Vorhaben informiert werden. gangen. Die weiterführenden Leitfäden sind online und zur Bei den Bürgern gilt es, Vertrauen und Akzeptanz zu fördern. Bestellung in der Mediathek der FNR verfügbar unter: Mit der Umweltbehörde ist zu klären, welche Genehmi- https://mediathek.fnr.de 13
6 MECKLENBURG-VORPOMMERN FÖRDERT BIO- MASSEPROJEKTE ZUR WÄRMEERZEUGUNG Die Nutzung von Biomasse zur Wärmeerzeugung bietet sich Die Förderhöhe für Einzelprojekte liegt zwischen 30 bis 50 % in einem ländlich geprägten Land wie Mecklenburg-Vorpom- des zuwendungsfähigen Betrages und ist von der Unterneh- mern besonders an. Im Land ist eine Förderung über die fol- mensgröße und Projektart abhängig. Bewilligende Stelle ist genden Richtlinien möglich: das Landesförderinstitut (LFI) MV, welches auch entspre- • Umsetzung von Klimaschutz-Projekten in nicht wirtschaft- chende Merkblätter im Internet unter www.lfi-mv.de veröf- lich tätigen Organisationen (Klimaschutz-Förderrichtlinie fentlicht. Für alle Projekte müssen die zuwendungsfähigen Kommunen) Kosten über 20.000 € und die Amortisationszeit muss über • Umsetzung von Klimaschutz-Projekten in wirtschaftlich 5 Jahren liegen. tätigen Organisationen (Klimaschutz-Förderrichtlinie Un- ternehmen) Bei der Förderung in den vergangenen zwei Jahren lag der • Gewährung von Darlehen zur Förderung von Klimaschutz- prozentuale Anteil der Biomasse-Projekte bei ca. 15 % der projekten in MV (Klimaschutz-Darlehensprogramm) gesamten bewilligten Zuschusssumme (siehe Abbildung 4). Unternehmen und Kommunen können Projekte inklusive der Beispielsweise wurde über die Klimaschutz-Förderrichtlinie vorausgehenden Machbarkeitsstudien bis 2020 mit Mitteln 2013 in Gülzow die Errichtung einer 900 kW-Strohheizungs- aus dem EFRE-Strukturfonds fördern lassen. anlage inklusive einem 1-km-Nahwärmenetz für verschie- dene Gebäude bezuschusst. Die Gesamtinvestition betrug Dazu zählen unter anderem Techniken zur 1.318.668,40 €, davon waren 876.437,88 € förderfähig. • Energieeffizienz und Energieeinsparung, Die langfristige Gesamtamortisation des Projektes konnte • Nutzung von Biomasse einschl. Stroh, mit einem EFRE-Zuschuss in Höhe von 262.931,36 € er- • Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise regenerativ reicht werden. betriebene Nahwärmenetze sowie • Speicherung von Wärme und Strom. AUSWERTUNG DER KLIMASCHUTZ-FÖRDERRICHTLINIE 2013/2014 LED 33 % 4 % andere (Speicher/Solarthermie) 36 % BHKW + Netze Zuschusssumme 13 Mio. € Energieeffizienz 12 % 15 % Biomasse-Anlagen Quelle: Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus M-V © FNR 2015 Abbildung 4: Prozentualer Anteil der Maßnahmen an bewilligter Zuschusssumme 14
©©FNR/Dr. H. Hansen Strohheizung Gülzow der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern Ebenso erhielt ein Unternehmen der Lebensmittelverarbei- Andere Bundesländer bieten ebenfalls Fördermöglichkeiten tung in Plate 2009 Zuschüsse in Höhe von 33.008,03 € für an, die über die jeweiligen Länderseiten verfügbar sind. Für ein Klimaschutzprojekt. Installiert wurde eine 85 kW-Stroh- die Recherche von Fördermöglichkeiten auf Länder-, Bundes- heizungsanlage, zusätzlich wurden aber auch Energieeffi- und EU-Ebene empfiehlt sich die Förderdatenbank des Bun- zienzmaßnahmen realisiert. Die Gesamtinvestitionen lagen desministeriums für Wirtschaft und Energie: bei 129.562,67 €. www.foerderdatenbank.de Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen für Klimaschutz- Projekte können nach der aktualisierten Richtlinie aus dem Darlehensprogramm für kleine, mittlere und nunmehr auch große Unternehmen kumuliert werden. Eine Ausreichung der Darlehen ist vorerst bis zum 31. Dezember 2015 möglich. Anträge können ebenfalls an das Landesförderinstitut Meck- lenburg-Vorpommern gerichtet werden. 15
7 WIRTSCHAFTLICHKEIT UND WERTSCHÖPFUNG 7.1 Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbs- Bei Strohverbrennung ist zu beachten, dass auf betrieblicher fähigkeit einer Strohheizung Ebene die Strohentnahme nur auf der Grundlage einer Hu- musbilanzierung erfolgen kann, die in Abhängigkeit von der Stroh und andere landwirtschaftlich basierte Halmgüter ste- Fruchtfolge und dem Standort bzw. standortspezifischen Hu- hen regional in relativ großen Mengen für eine energetische musgehalt vorgenommen werden muss. Die monetäre Be- Nutzung zur Verfügung. Da Stroh als Koppelprodukt der Ge- wertung des Nährstoffentzuges kann je nach Düngerpreisni- treideproduktion keinen eigenen Flächenanspruch besitzt, veau den Kosten der Strohbergung entsprechen. fallen keine Opportunitätskosten an. Somit beschränken sich die Produktionskosten auf die Strohbergung und -la- In der Summe ergeben sich Strohkosten, die in Abhängigkeit gerung sowie die Kosten des Nährstoffentzugs. Stroh ist ein von der Auslastung der Spezialtechnik in einer Spanne zwi- kostengünstiger, allerdings in der Transportwürdigkeit ein- schen 42 und 106 €/t liegen (Tabelle 3). In dem untersuch- geschränkter Rohstoff. ten Veredlungsbetrieb errechnen sich Kosten für die Stroh- bereitstellung von 68 €/t. In Mecklenburg-Vorpommern Die Strohbergung unterteilt sich in die Verfahrensabschnitte: schwankten die Marktpreise pro Tonne Stroh seit 2009 Stroh pressen, Laden, Transport, Entladen und Einlagerung. zwischen knapp 50 und fast 140 € ab Hof. Durchschnittlich Die Strohfeuerung beginnt mit der Entnahme des Strohs und kostete Stroh rund 75 €/t. endet mit der Bereitstellung thermischer Energie. TABELLE 3: ROHSTOFFKOSTEN Die größte Arbeitsspitze im Ackerbau bei hohen Mähdrusch- fruchtanteilen liegt in der Getreideernte und nachfolgender Angaben in €/t Stroh Bestellung. Hohe Schlagkraft bei der Strohbergung ist daher von bis Praxisbetrieb nötig, um die optimalen Saatzeiten der Nachfrüchte einhal- ten zu können. Dies setzt in der Regel den zusätzlichen Ein- Pressen, Laden, 22 58 38 satz von Spezialtechnik voraus. Transport Lagerung 4 24 6 Die hohen Anforderungen an die Strohqualität für die stö- rungsarme Feuerung schließen eine Feldmiete ohne Abde- Nährstoffentzug 16 24 20 ckung kategorisch aus. Entscheidend für die Lagerfähigkeit und den tatsächlichen Heizwert ist der Wassergehalt. Am Gesamt 42 106 64 günstigsten ist die Lagerung in vorhandenen landwirtschaft- lichen Altgebäuden. Beim Neubau von Strohlagerhallen ist empfehlenswert, das Lagervolumen ausreichend zu bemes- sen, um mehr als den Jahresverbrauch vorhalten zu können. Wegen der höheren Investitionen für Heizungsanlagen, die mit Festbrennstoffen befeuert werden, ist zunächst eine ge- wisse Anlagengröße erforderlich. Die Wärmebereitstellungs- kosten sind im Wesentlichen abhängig von der Höhe der Anlageninvestition und den Brennstoffkosten. Bei gleicher Leistungsklasse unterscheidet sich die Kostenstruktur einer Ölheizung diametral von der einer Strohheizung. Während der Anteil der Kapitalkosten an den Wärmegestehungskos- ten bei einer Heizölfeuerung vergleichsweise niedrig und ©©BEKW Bioenergiekraftwerk Emsland GmbH & Co. KG der Anteil der Brennstoffkosten hoch ist, verhält es sich bei einer Strohfeuerung umgekehrt. Die Wirtschaftlichkeit einer Stroh- ist gegenüber einer Ölheizung primär vom Grad der Anlagenauslastung abhängig. Die Wärmebedarfskurven landwirtschaftlicher Veredlungs- unternehmen unterscheiden sich erheblich von Privathaus- halten oder kommunalen Gebäuden. In diesen Betrieben können bei entsprechender Anlagendimensionierung hohe Auslastungen erreicht werden. Abbildung 5 verdeutlicht, Strohlagerung am Strohheizkraftwerk Emlichheim dass im Vergleich zu einer konventionellen Ölheizung und 16
WETTBEWERBSFÄHIGKEIT EINER STROHHEIZUNG (600 kW) Kosten in €/MWh bzw. ct/l 100 80 60 40 20 0 1.000 2.000 3.000 4.000 4.500 5.000 6.000 7.000 8.000 8.760 Volllaststunden (h/a) Kosten Strohheizung Kosten Ölheizung bei Heizölpreis von 0,65 €/l Quelle: M. Dietze © FNR 2015 Abbildung 5: Wettbewerbsfähigkeit einer Strohheizung (600 kW) einem aktuell niedrigen Heizölpreis von 65 ct/l die Stroh- Die dargestellte Wirtschaftlichkeit einer Strohheizung in heizung des Praxisbetriebes bereits bei einer jährlichen einem landwirtschaftlichen Veredlungsbetrieb ist nicht Auslastung von etwa 2.000 Stunden bzw. ca. 25 % eine ohne weiteres auf gewerbliche oder kommunale Betreiber Wettbewerbsgleichheit hergestellt ist. Die jährliche Anlagen- übertragbar. In einer solchen Konstellation können land- auslastung liegt tatsächlich bei 4.500 Volllaststunden. Ein wirtschaftliche Unternehmen die Funktion des Rohstofflie- gutes Verwertungspotenzial von Stroh ist in Betrieben mit feranten auf vertraglicher Basis übernehmen. Erfolgt die entsprechend hoher Volllaststundenzahl gegeben. Strohverwertung im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb, bildet die Kostenrechnung (Tabelle 3) für die Rohstoff- bereitstellung eher die untere Preisgrenze ab. Bei einer Rohstoffnutzung außerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes fallen weitere Kosten für die Lagerung und den Transport an. Die zusätzliche Gewinnspanne ist dann Ver- handlungssache zwischen den Akteuren. Für die kommu- nale bzw. gewerbliche Nutzung muss bei der Planung klar sein, wie viel maximal für den Brennstoff bezahlt werden kann. Für Betreiber einer Strohverbrennung bietet sich die Kooperation mit städtischen Wärmeversorgern an. Die An- lagendimensionierung orientiert sich an der Grundlast, um eine hohe Anlagenauslastung zu garantieren. Ein Vergleich mit herkömmlichen Energieträgern ist in Abhängigkeit von ©©tangram/K. Grümmert der Anlagengröße stets für die Investitionsentscheidung sinnvoll. Die thermische Nutzung von Stroh birgt ein großes Wertschöpfungspotenzial, das es durch innovative Konzep- te zu entwickeln gilt. Stroh – ein preiswerter Brennstoff 17
7.2 Wertschöpfung und Beschäftigungs- effekte durch dezentrale, regionale Energieversorgungsstrukturen mit Biomasseanlagen Für die energetische Nutzung der Biomasse existiert eine Vielfalt an Einsatzbereichen und Nutzungspfaden. Insbe- sondere bei der Wärmebereitstellung auf Basis erneuerba- rer Energien kommt der Biomasse eine zentrale Rolle zu: 2014 war ein Anteil von knapp 90 % des Wärmeverbrauchs ©©ÖKOTHERM aus erneuerbaren Energien in Deutschland auf biogene Energieträger zurückzuführen (BMWi 2015). In Ergänzung zu dem Einsatz von Energieholz bestehen hier bei der ener- getischen Nutzung von Stroh und anderem Halmgut noch Ernte von Miscanthus ungenutzte Potenziale. Neben der Substitution fossiler Energieträger und den damit schöpfung“ ist grundsätzlich eine Teilmenge der gesam- verbundenen positiven Effekten für den Klimaschutz birgt ten globalen Wertschöpfung, die durch in Deutschland die Bioenergienutzung gerade im ländlichen Raum auch errichtete und produzierte erneuerbare Energien-Anlagen das Potenzial regionaler Wertschöpfungs- und Beschäfti- geschaffen wird. Zieht man von dieser gesamten globalen gungseffekte. Gegenwärtig muss ein Großteil der fossilen Wertschöpfung diejenigen Vorleistungen (d. h. bezogene Energieträger wie Kohle, Erdgas und Öl importiert werden, Waren und Dienstleistungen) ab, die aus dem Ausland kom- sodass in der Regel ein Mittelabfluss aus den Regionen für men, so verbleibt die Wertschöpfung, die dem nationalen den Import von fossilen Energieträgern oder Endenergie Bezugsraum zuzurechnen ist. Bei der Betrachtung einzelner stattfindet. Bei der Objekt- und Nahwärmeversorgung auf Regionen müssen weitere Vorleistungen aus anderen Regi- Basis biogener Energieträger wie Holz und Halmgut ist im onen abgezogen werden. Diese Vorgehensweise ist jedoch Gegensatz dazu der Einsatz regional bereitgestellter Brenn- aufgrund einer unzulänglichen statistischen Erfassung der stoffe möglich. Auch können darüber hinaus weitere Schrit- notwendigen Daten auf regionaler Ebene nicht möglich te der Wertschöpfungskette vor Ort angesiedelt werden. bzw. nicht praktikabel. Man kann die Wertschöpfung aber Dies ermöglicht die Erhaltung oder Schaffung von Arbeits- auch als Summe der Einkommen und Einnahmen der be- plätzen und den Verbleib eines Großteils der Wertschöp- teiligten Akteure in einer Region verstehen. Dann setzt sich fung in der Region. die Wertschöpfung aus folgenden Bestandteilen zusammen (siehe auch Abbildung 6): Der Begriff der regionalen Wertschöpfung wird häufig im 1. (Netto-)Gewinne der Unternehmen Zusammenhang mit erneuerbaren Energien genannt. Doch 2. (Netto-)Einkommen der Beschäftigten und was versteht man eigentlich darunter? Die „regionale Wert- 3. Steuereinnahmen der Kommunen in einer Region Kommunale Wertschöpfung Gewinne Steuern Nettoeinkommen nach Steuern der Unternehmen an die Kommune von Beschäftigten Gewerbesteuer kommunaler Anteil an der kommunaler Anteil an der (abzgl. Gewerbesteuerumlage) Einkommensteuer Abgeltungsteuer Abbildung 6: Bestandteile der Wertschöpfung auf regionaler Ebene 18
Bei den Wertschöpfungsketten regionaler Energieversor- spielsweise Landwirte, Stadtwerke, Kommunen, Genossen- gungsstrukturen mit Biomasseanlagen kann grundsätzlich schaften etc.) und Eigenkapitalgeber der Bioenergieprojekte eine Untergliederung in vier zentrale Wertschöpfungsstufen vor Ort ansässig sind. Die Gewinne der beteiligten Unterneh- vorgenommen werden: (1) Herstellung von Anlagen und men werden an die Gesellschafter ausgeschüttet oder für Komponenten, (2) Planung & Installation, (3) Anlagenbetrieb Neuinvestitionen genutzt, die Einkommen der Beschäftigten und Wartung sowie (4) Betreibergewinne. Diese Stufen kön- tragen zu einer Erhöhung der Kaufkraft der Bürger(innen) nen wiederum in Wertschöpfungsschritte unterteilt werden, in der Region bei und Unternehmen als auch Beschäftigte die je nach Technologie unterschiedlich sein können. So um- zahlen Steuern, welche direkt in die kommunalen Haushalts- fasst die Stufe Planung & Installation bei einem Biomasse- kassen fließen. Heizwerk bspw. die Planung und Errichtung der technischen und baulichen Anlagen, bei einem Wärmenetz sind hier u. a. Wie können die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte die Planung sowie Erd- und Tiefbauarbeiten zu unterschei- durch regionale Energieversorgungsstrukturen mit Biomas- den. In der Stufe Anlagenbetrieb & Wartung finden sich die seanlagen ermittelt werden? Das Institut für ökologische Bereitstellung der biogenen Brennstoffe (holzartige und Wirtschaftsforschung (IÖW) beschäftigt sich seit dem Jahr halmgutartige Biomasse), Wartungs- und Instandhaltungsar- 2010 intensiv mit dem Thema Wertschöpfung und Beschäf- beiten, die Finanzierung und Versicherung der Anlagen sowie tigung durch erneuerbare Energien. Im Rahmen der Studie ggf. das Personal für den Anlagenbetrieb. Wird die erzeugte „Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien“ Wärme nicht selbst genutzt, sondern von dem Betreiber der (Hirschl et al. 2010) hat das IÖW im Jahr 2010 und im Auf- Biomasseanlage und/oder des Wärmenetzes an weitere Ab- trag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) ein Modell nehmer verkauft, fallen zusätzlich Gewinne zzgl. darauf ge- zur Ermittlung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungsef- zahlte Steuern auf der Stufe der Betreibergewinne an. fekten entwickelt (WeBEE-Modell), welches seitdem kontinu- ierlich weiterentwickelt und um neue Wertschöpfungsketten Entscheidend für die Schaffung und den Verbleib der Wert- erweitert wurde. Mit dem Online-Wertschöpfungsrechner, schöpfung in der Region ist demnach nicht nur ein hoher welcher vom IÖW in Zusammenarbeit mit der AEE entwickelt Bestand an lokal installierten Biomasseanlagen, sondern wurde, steht zudem ein Instrument zur Verfügung, mit dem ob und in welchem Umfang Unternehmen (wie beispiels- für über 30 Wertschöpfungsketten im Bereich Bioenergie weise Planungsbüros, Handwerksbetriebe und Baufirmen), die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte auf regio- ihre Beschäftigten sowie die Betreiber der Anlagen (wie bei- naler Ebene abgeschätzt werden können.1 ©©FNR/W. Stelter Schweißer bei der Verlegung des Nahwärmenetzes 1 Im Online-Wertschöpfungsrechner sind neben den oben genannten Bioenergie-Wertschöpfungsketten weitere EE-Technologien abgebildet. Der Online-Wertschöpfungsrechner ist kostenfrei verfügbar unter der Webpräsenz www.kommunal-erneuerbar.de. 19
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