Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern

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Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern
Herz—
beben
 CAMERATA BERN
 Antje Weithaas
 So 12.12.2021 — 17.00 Uhr
 Zentrum Paul Klee Bern
 Werke von Mendelssohn Bartholdy,
 Weinberg und Beethoven
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Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern
Herzbeben
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                                                        Antje Weithaas – Leitung und Violine

                                                        Sonntag, 12. Dezember 2021 — 17.00 Uhr
                                                        Bern, Zentrum Paul Klee

                                                                Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)
                                                                Streichquartett No. 6 in f-Moll op. 80,
                                                                Fassung für Streichorchester

                                                                Mieczysław Weinberg (1919–1996)
                                                                Concertino für Geige und Streich­-
        CAMERATA BERN
                                                                ­orchester op. 42
        © Julia Wesely

                                                                Ludwig van Beethoven (1770–1827)
                                                                Streichquartett Nr. 14 in cis-Moll op. 131,
                                                                Fassung für Streichorchester

Anstelle der Konzerteinführung vor Ort bieten wir auf
u­nserer Website einen Podcast mit SRF-Musikredaktor
Benjamin ­Herzog an – auch zum Nachhören.

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Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern
Zum Programm
    Über die Darstellung von Stimmungen in der Musik                                                                                  So hat es Felix Mendelssohn gemacht.
    Kunst diente schon immer der Darstellung von Stimmungen und                                                                       Sein Streichquartett Nr. 6 in f-Moll ist
    Emotionen, jenen Regungen, die gemeinhin das Herz bewegen.                                                                        das düsterste Werk, das er je schrieb. Die
    Die Musik ist keine Ausnahme, auch sie kann als Katharsis die-                                                                    Klänge sind traurig und wütend, von Ver-
    nen. Dies gilt nicht nur für Komponierende, sondern auch für                        Zum Abschied                                  söhnung ist nichts zu hören. Die Komposi-
    diejenigen, die musizieren oder zuhören. Auf diese Weise wird                       Als Felix Mendelssohns begabte und            tion bricht die damals gültigen Regeln des
    die CAMERATA BERN durch Beethoven, Mendelssohn und Wein-                            geliebte Schwester Fanny Hensel am Frei-      Streichquartetts, um den Schmerz und
    berg ihre Anthologie der Herzbeben vorstellen.                                      tag, dem 14. Mai 1847 für eines ihrer sonn-   die Verzweiflung des Komponisten auszu-
                                                                                        täglichen Musikkonzerte probte, erlitt sie    drücken. Das Werk beginnt mit einer Flut
            Während der Barockzeit fand eine vertiefte Beschäftigung von Musi-          einen Schlaganfall, der sie noch am sel-      von Tremoli, schüttelt sich wortwörtlich
            ker*innen mit Rhetorik statt, das heisst mit der Fähigkeit der Musik,       ben Tag ganz plötzlich und unerwartet im      und bricht dann in ein starkes, fast thea-
            Sprache und Stimmungen zu repräsentieren. Beispielsweise das                Alter von 41 Jahren das Leben kostete. Ihr    tralisches Drama aus. Jede Bewegung
            ­Tremolo, das für Sturm steht, bestimmte Tonarten (Modi), die Traurigkeit   Bruder blieb in grosser Trauer zurück.        spiegelt Angst, Schmerz und Wut wider
             oder Freude vermitteln, oder Dissonanzen, die Schmerzen ausdrücken.                                                      und wohl auch die Verzweiflung darüber,
             All diese Ideen waren damals an den gesungenen Text gebunden, des-         Niemand ist auf den Verlust eines gelieb-     dass Mendelssohn den Grund für den frü-
             sen Aussagen und Ideen mit den Klängen gestaltet und veranschaulicht       ten Menschen vorbereitet, und Mendels-        hen Tod seiner Schwester nicht versteht.
             wurden. Jede*r Komponierende experimentierte mit den Möglichkeiten         sohn war es auch nicht. Natürlich ist es      Auf der anderen Seite gibt der dritte Satz
             seiner oder ihrer Zeit, um etwas so Abstraktes wie menschliche Emotio-     sehr wichtig, wie man mit einem solch         eine kleine Atempause vor dem Sturm,
             nen und Gefühle hörbar zu machen.                                          traurigen Vorfall und dem eigenen Leiden      ohne jedoch die Atmosphäre der Traurig-
                                                                                        umgeht. Wie kann man die Trauer loslas-       keit und Melancholie zu verlassen. Mit
            Aufgrund von Herkunft, Kontext und Ausbildung ist anzunehmen, dass          sen und mit dem Leben weitermachen?           all diesen musikalischen Effekten stellt
            die Ideen einer früheren Generation immer in der Musik des modernen         Viele von uns finden Trost in der Familie     Mendelssohn dieses traurige Ereignis so
            Komponierenden wiederzufinden sind. So hält diese Tradition, Gefühle        und in der Gemeinschaft, in der Religion      herzzerreissend dar, dass man gar nicht
            in Musik darzustellen, bis heute an. Es liegt damit wohl an der jahrhun-    oder in der Natur, vielleicht auch durch      anders kann, als mitzuleiden.
            dertealten Tradition, dass auch heute noch in der westlichen Musikkultur    Malen oder Musizieren, oder sogar durch
            Moll-Tonarten mit Traurigkeit und Dur-Tonarten mit Freude konnotiert        das Komponieren und Anfertigen einer          Fortsetzung Seite 6  

            sind. Diese Grundsätze wurden zu einer Konvention, mit der man sich         Hommage für die Person, die nicht mehr
            spontan identifiziert, wenn man mit dieser Tradition verbunden ist.         bei uns ist.

            Das heutige Konzert wird sich genau mit diesem Konzept der Musik als
            einer Art Hilfsmittel beschäftigen, durch das Affekte und Gefühle dar-
            gestellt werden. Die Musik wird damit zum Herzbeben, mit dem wir auf
            unsere Seele reinigend wirken können.
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Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern
Zur Tradition                                                                             Obwohl es sich um ein Werk von kleinem        Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb
Mieczysław Weinberg musste im Sep-                                                        Umfang handelt, ist der Soloteil recht        hatte er seine Bewunderer*innen und
tember 1939 aufgrund der Judenverfol-                                                     anspruchsvoll, da er gelegentlich Dop-        Menschen, die ihn im Leben schätzten.
gung durch das nationalsozialistische                                                     pelgriffe und einige Passagen und Spie-       Denn genauso, wie Beethoven Revolutio-
Deutschland seine Familie zurücklassen       1953 wurde er wegen «jüdisch-bürgerli-       lereien in den hohen Lagen aufweist. Das      när war, setzten sich seine Ideen mit der
und aus seiner Heimat Polen fliehen. Die,    chem Nationalismus» verhaftet und kam        Orchester spielt in den thematischen          Zeit durch. Und genauso gab es bereits
die er zurücklassen musste, wurden von       erst dank der Hilfe Schostakowitschs         Expositionen des Solisten eine unterge-       vor ihm Revolutionäre, deren innovative
der deutschen Wehrmacht ermordet.            nach Stalins Tod wieder frei. Er war ein     ordnete Rolle, beschränkt sich zunächst       Ideen sich nach einer Weile durchsetzen
Weinberg, damals 20 Jahre alt, liess sich    Komponist, der mit seiner nationalen         auf die Begleitfunktion und greift nur        und etablieren konnten. Danach werden
in Minsk nieder, wo er das in Warschau       Tradition brach und einen Stil schuf, der    gelegentlich die von der Solovioline vor-     sie grösste Beliebtheit erreichen und zum
begonnene Musikstudium wieder auf-           die Musik seiner neuen Wahlheimat ein-       getragenen Ideen auf. Nur selten tritt es     Mainstream werden, bis ein neuer Revo­
nahm. Bereits zwei Jahre später musste       bezog. Obwohl die Komponisten seines         mit solcher Klarheit hervor wie im ein-       lutionär auftaucht, der wiederum für
er aber erneut fliehen. Schliesslich liess   Landes eine experimentellere Richtung        dringlichen Mittelteil des dritten Satzes.    Innovation sorgen wird.
er sich in Moskau nieder, wo er eine enge    einschlugen, distanzierte er sich nie völ-
Freundschaft mit Dmitri Schostakowitsch      lig von Polen.                               Zum Experimentieren                           In diesem Sinne präsentiert sich der
schloss und bis zu seinem Tod im Jahr 1996                                                Beethoven war zu seiner Zeit eine Aus-        bereits völlig taube Beethoven melancho-
blieb. Weinberg hatte ein schwieriges        Gerade in dieser Zeit komponierte er         nahme. Wobei man bedenken muss, dass          lisch und introspektiv durch sein Streich-
Leben, nicht nur wegen seiner jüdischen      trotz der Schwierigkeiten weiter, mög-       alles, was über ihn gesagt und wie er kom-    quartett op. 131. Das Werk ist in sieben
Herkunft, sondern auch wegen seines          licherweise um seine Seele zu entlasten      mentiert wurde, und alles, was wir über       Teile gegliedert, einen mehr als op. 130.
musikalischen Stils; seine Werke wurden      und seine Sorgen mitzuteilen. Viele sei-     ihn wissen, erst nach Beethovens Tod          Geschrieben ist op. 131 in cis-Moll, der
zwar dank des Einflusses von Schostako-      ner Werke wie das Concertino, das heute      bekannt wurde und grösstenteils, wenn         emblematischen Tonart der Mondschein-
witsch während der Verurteilung der «For-    vorgestellt wird, wurden zu Lebzeiten        nicht konstruiert, dann zumindest arg         sonate. Diese wird dank dem Revolutio-
malisten» 1948 nicht verboten, Weinberg      des Komponisten nicht uraufgeführt.          beschönigt ist. Seine Figur gilt noch heute   när und Trendsetter Beethoven als eine
blieb jedoch eine Randfigur in der sowje­    Das Concertino op. 42 für Violine und        als Vorbild: Kein*e ernsthafte Musiker*in,    Tonart mit tragischem, hellklingendem
tischen Musikszene. Er musste seinen         Orchester entstand 1948 im Schatten          wer nicht zumindest eine Büste Beetho-        und vornehmem Charakter in die Musik-
Lebensunterhalt mit Kompositionen für        der sowjetischen Formalismusdebatte,         vens im Wohnzimmer neben dem Klavier          geschichte eingehen.
das Theater und den Zirkus bestreiten.       die Weinberg bedrohte. Es zeigt eine         stehen hat.
                                             klassizistische Grundhaltung und nimmt                                                     Pablo Cáceres A.
                                             eine an die Tonalität gebundene musikali-    So war es eine Eigenart Ludwig van Beet-
                                             sche Sprache an, wenn auch mit gewissen      hovens, immer innovativ zu sein und stän-
                                             Freiheiten innerhalb der Tonarten a-Moll     dig die Grenzen des Machbaren zu spren-
                                             und g-Moll im zweiten Satz. Die Tempo-       gen. Er schwamm immer gegen den Strom.
                                             bezeichnungen Allegretto cantabile, Lento
                                             und Allegro moderato poco rubato weisen
                                             bereits auf den überwiegend lyrischen
                                                                                                                                        Dieser Text wurde im Rahmen eines Programmheft-
                                             Charakter der Komposition hin, mit der
                                                                                                                                        seminars am Institut für Musikwissenschaft der Uni-
                                             Weinberg seine grossen kompositori-                                                        versität Bern konzipiert, diskutiert und redaktionell
                                             schen Fähigkeiten zeigt.                                                                   betreut.
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Herz-beben CAMERATA BERN - Antje Weithaas So 12.12.2021 - 17.00 Uhr Zentrum Paul Klee Bern
Biografie Antje Weithaas
    Leitung und Violine
    Energiegeladen durchdringt Antje Weithaas mit ihrer musika-
    lischen Intelligenz und ihrer beispiellosen technischen Souve-
    ränität jedes Detail im Notentext. Ihre Bühnenpräsenz fesselt,
    ohne sich je vor das Werk zu drängen. Als Solistin ­arbeitet sie
    mit den grossen deutschen Radio-Orchestern sowie internatio-
    nalen Spitzenorchestern. Zu ihren Partnern am D  ­ irigentenpult
    zählten dabei Künstler wie Vladimir ­    Ashkenazy, Sir Neville
    ­Marriner und Marc Albrecht.

             Ihre ansteckende Begeisterungsfähigkeit macht Antje Weithaas auch
             zu einer gefragten Leiterin bei Play-conduct-Projekten internationaler
             Kammerorchester. Fast zehn Jahre war sie als künstlerische Leiterin für
             das musikalische Profil der CAMERATA BERN verantwortlich und arbeitet
             weiterhin regelmässig mit dem Ensemble zusammen.

             Antje Weithaas gewann 1987 den Kreisler-Wettbewerb in Graz, 1988
             den Bach-Wettbewerb in Leipzig und 1991 den Internationalen Joseph-
             Joachim-Violin-Wettbewerb in Hannover. Einige Jahre lehrte sie als Pro-
             fessorin an der Berliner Universität der Künste; 2004 wechselte sie an die
             Hochschule für Musik Hanns Eisler.

                                                                                          Antje Weithaas
                                                                                           © Marco Broggreve
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CAMERATA BERN                                                  Nächste Konzerte und
                                                                    Veranstaltungen
     1. Violine                                 Viola
     Antje Weithaas                             Anna Puig Torné
     Hyunjong Reents-Kang                       Alejandro Mettler   Two Holy Trinities                          Nach(t)schicht
     Simona Bonfiglioli                         Friedemann Jähnig
     Lily Higson-Spence                                             Sonntag, 9. Januar 2022 — 17.00 Uhr         Samstag, 7. Mai 2022 — 19.30 Uhr
                                                Cello               Bern, Zentrum Paul Klee                     Bern, Theatersaal National
     2. Violine                                 Thomas Kaufmann     —                                           —
     Michael Brooks Reid                        Martin Merker       Steven Isserlis – Leitung und Violoncello   Reto Bieri – Gastgeber,
     Sibylla Leuenberger                                            Werke von Bach, Haydn, Mozart               Klarinette, Leitung, Konzept
     Yuki Kasai                                 Kontrabass          und Weiteren                                Lara Stanic – Audio-Design,
     Simone Roggen                              Käthi Steuri                                                    Tonspur, Radio Nachtschicht
                                                                                                                Markus Güdel – Licht-Design
                                                                    Saitenzeiten                                Werke von Adams, Golijov, Beethoven
                                                                                                                und Weiteren
                                                                    Sonntag, 13. Februar 2022 — 17.00 Uhr
                                                                    Bern, Zentrum Paul Klee
                                                                    —                                           Wohin aber gehen wir
     Impressum                                                      Rainer Schmidt – Leitung und Violine
                                                                    Werke von Haydn, Brunner und Brahms         Samstag, 4. Juni 2022 — 17.00 Uhr
     Redaktion: CAMERATA BERN                                                                                   Bern, Zentrum Paul Klee
     Lektorat: Seidel – Lektorat & Text, Bern                       Mit Konzerteinführung durch Schüler*­       —
     Gestaltung: diff. Kommunikation AG, Bern                       innen der Schwerpunktklasse Musik des       Suyeon Kang – Leitung und Violine
     Druck: Tanner Druck AG, Langnau                                Gymnasiums Oberaargau Langenthal:           Gabrielle Brunner – Konzept und
                                                                    16.15 Uhr, Seminarraum Nord 1               Composer in Residence
     Änderungen vorbehalten.                                                                                    Werke von Henze, Brunner, Schubert
                                                                                                                und Weiteren
                                                                    Geister-Variationen

                                                                    Donnerstag, 10. März 2022 — 20.00 Uhr
                                                                    Grenoble, MC2
     Danke                                                          Sonntag, 13. März 2022 — 17.00 Uhr
                                                                    Bern, Casino Bern
                                                                    —
                                                                    Patricia Kopatchinskaja – Konzept,          Weitere Konzerte und
                                                                    Leitung und Violine                         Informationen finden Sie unter
                                                                    Werke von Schütz, Scelsi, Schumann
                                                                    und Weiteren                                cameratabern.ch
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IN FLAGRANTI
«Wenn wir ein neues
Kapitel aufschlagen.»
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