HIRTEN - Die Filmmusikseite - Mehr über Filmmusik 1000 ...

 
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Ausgabe 11
                                                             August 1997, Fr. 8.50

HIRTEN
Das Farhmagazin für Filmmusik             5                 UFR NA [

           (Era
                                                                SISNIIUNBSINN AI:

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                                                                             | Patrick Doyle

  | Spotlights:
  | Alfred Newman
  Jerry Goldsmith in Concert
  | Star Wars Saga
  1 Cine Music 1997
  i über 50 Rezensionen
  1 und vieles mehr...

                               © 2022 filmmusicjournal.ch
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|       The Film Music Journal                                                                                                            Ausgabe 11            |

    In eigener Sache                                                                                   NUMBER ONE
    Liebe LeserInnen,                                                                                               ae
    Ist das Internet nicht eine tolle Sache?,Ach nein, jetzt kommt der auch noch mit dem
    Herumsurfen“, höre ich die einen stöhnen, „endlich hat er gemerkt, dass es sowas                  in CD-Soundtracks / Musicals
    überhaupt gibt‘, meinen vielleicht die anderen. Keine Angst, ich werde keine langen und                Video deutsch - englisch
    zukunftsweisenden Reden über dieses Zeitphänomenverlieren. Nur soviel sei mir erlaubt:
    Wer über e-mail verfügt und in diverse Chats verwickelt ist oder war, wird wissen wie                   aktuelle Liste kostenlos
    langweilig es ist, wenn sich Dutzende von besserwisserischen Nörgler mit den kommenden                  schriftlich oder per Fax
    Star Wars-Filme Teil 4 bis 8 und deren Musik auseinandersetzen („doch, das Hauptthema
    gehört einfach dazu“ - „er muss unbedingt das Force-Thema beibehalten“) oder sich über
                                                                                                           01 / 720 65 61 anfordern
    das hach so hübsche Auklappbooklet von The Lost World auslassen. Immer wieder für
    gewaltigen Gesprächsstoff sorgt eine neue Musik von James Horner, die den auch sogleich                 Filmmusik / Video Versand
    zerstampft und niedergemacht wird, worauf sich die „Ritter des heiligen Grals, äh, Horners“
    über die mutmasslichen Filmmusikbanausen hermachen - und man sich vor Gericht
                                                                                                          Froschmayer Thalwil
    wiedersieht. Kaum zu glauben? Na dann abins Internet, viel Spass beim Abenteuerurlaub!               Postfach 1570, 8801 Thalwil
                                                                                                         Ladengeschäft: Gotthardstr. 55
    Nur kurz angesprochen sei sie hier, die vergangene Oscarverleihung mit ihrem grossen                       Tel. 01 / 720 66 52
    (und verdienten) Gewinner The English Patient. Ist es nicht verrückt, da gewinnt der gute
    Alan MenkenJahrfür Jahr das güldene Männchen und dann, mit seinem eigentlich besten
    Werk, wird ihm der verdiente Gewinn verweigert? Glückwunsch Rachel Portmann, die den
    Unbesiegbaren besiegte und mit Getösse auf die Bretter schickte. Gabriel Yared holte sich      The Film Music Journal,
    (ganz im Sinne des Bacalov-Syndromes) das Prestige in der Sparte Drama ab. Wie hätte
                                                                                                   Juli 1997
    ich es doch Elliot Goldenthal gegönnt, für seinen grossartigen Score zu Michael Collins
    endlich einen längst verdienten Oscar abzuholen. Aber eben, seit zehn Jahren hat gerade
                                                                                                   Ausgabe 11
    mal ein Komponist, für den ich jeweils pro Oscarnacht mitzittere, den Oscar geholt: John
    Barry für Dances with Wolves. Alle anderen, ob James Horner oder Jerry Goldsmith               Editor & Layout:
    guckten in die Röhre - und das werde ich wohl auch nächstes Jahr wieder tun, wenn es
                                                                                                   Philippe Blumenthal
    heisst: „...and the Oscar goes to...“.
                                                                                                   Cover & Artwork:
    Philippe Blumenthal                                                                            Steve Logan Krebs
                                                                                                   Vertrieb:
    Patrick Ruf weilt nach wie vor in New York und geniesst das Jetset-Leben eines                 Andreas Schweizer
    Auslandschweizers in vollen Zügen (alright, Pat, you're going to hit the shit out of me next
    time, | know...). Alle dringenden Anfragen, Wünsche, Probleme rund um The Film Music           Published by:
    Journalsollten deshalb bitte direkt an mich gestellt werden.                                   The Swiss Film Music Society
    Redaktionsanschrift:                            Sekretariat (Abonnements, Inserate):           Autoren dieser Ausgabe:
    Philippe Blumenthal                             Patrick Ruf                                    Patrick Ruf, Philippe Blumenthal,
    Rötistr. 7                                      Jungholzhof 3
                                                                                                   Steve    Krebs,   Ronald    Kuss,
    CH-4513 Langendorf                              CH-8050 Zürich
    Tel./Fax: 032 /623 45 09                        Tel/Fax: 01 / 313 14 04                        G.Theytaz, Klaus Post, Matthias
    E-Mail: Film.Music.Journal@buemplizer.ch        E-Mail: Patrick.Ruf@ubs.com                    Wiegandt, Andy Gray.

                                                                                                   Besten Dank an:
    Inhaltsverzeichnis                                                                             Roland Jordan, Patrick Doyle,
                                                                                                   Mohan Mani, David Arnold, Vasi
    COVER N N 1
                                                                                                   Vangelos, Christopher J.Malone,
    Editorial re a ne ee >
                                                                                                   Stefan Jania.
    Übliches &:Anderese en ee                                                        8
    Intemiewimit-David- Arnold 2. Teil. nn. ee we es                                 4             Das Film Music Journal ist das offizielle Organ der
                                                                                                   Swiss Film Music Society. Die Swiss Film Music
    Alfred Newman auf CD - Eine Umschau................-...uursesssseseseeennnnnn    6
                                                                                                   Society verfolgt mit dem Verkauf dieses Magazins
    Jerry Goldsmith in Concert: A Night in Hollywood..............................   12            keinerlei kommerzielle Absichten. Der Verkaufspreis
    BücherReading. the Sscore......0, 2 u u ne                                       8             des Film Music Journalist lediglich unkostendeckend.
    Action Scores der 80er.und 90er Beiliran. m a ee                                 16            Das Copyright der einzelnen Artikel und Fotos in dieser
                                                                                                   Publikation      obliegt   den      jeweiligen   Autoren.
    AuskdemBostsackıstandpunkterner 22.2 ea. a aan                                   18            Vervielfältigung, Nachdruck, etc. sämtlicher in dieser
    Bie.Star\Varsısagan.ccn aan ee                                                   20            Publikation veröffentlichter Artikel und Fotos ist nur mit
    ECDEREZENSionen 2. ne es EN                                                      23            ausdrücklicher Genehmigung der Autoren und des
                                                                                                   Herausgebers (Publisher) gestattet. Die Meinungen der
    Bewertungen ns ar dee                                                            34            Autoren muss nicht automatisch der Meinung der
    »Eove-Eilm.MUsierer Nee er                                                       35            Swiss Film Music Society oder der Redaktion
    Einei£ragecdes.Überbliecks. u... ee                                              36            entsprechen.
                                                                                                   Wer The Film Music Journal abonnieren möchte,
    Ikhesscore.ofthe Year 1996: en. ee ee                                            °7            schreibt an: Patrick Ruf, Jungholzhof 3, 8050 Zürich.
    estauizeilmen Wettbewerb: nee ee                                                 37            Ein Abonnement kostet Fr. 30. Der Einzelverkaufspreis
    Ginemusie 197 mr een                                                             38            des Film Music Journals beträgt sFr. 8.50 (im
                                                                                                   Jahresbeitrag enthalten).
    Cinemusic - (K)ein gelungenes Festival....................22..uuu0n2022202 een   41            Auslandsüberweisungen bitte nur per internationaler
    Zum Gedenken: Tony Thomas & Brian May.......................eeeeene >            42            Postüberweisung oder Fr. 30.-/DM 40.- gut verpackt in
    Spending.MoneyänıNew work 22 er nen                                              43            einem Briefumschlag (Vermerk SFMS) an Patrick Ruf,
                                                                                                   Adresse siehe oben.
    PatrieDoyle&insSshorti. kann ee                                                  45
                                                                                                   © The Swiss Film Music Society 1997

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Übliches & Anderes                                                                                                                    Kluges & Gescheites

                                               WESEN
                                      Kluges & Gescheites von Philippe Blumenthal und Patrick Ruf

New Releases: Sand Pebbles, Tora!Tora!Tora!, Patton                                > Lost World-CD Track Timing:
(Goldsmith, Rerecordings), Who's Afraid of Virgina Wolf                                               . The Lost World (3:33)

                                                                                       oOoONOITPRWOMND—
(North, rerecorded by Goldsmith), Deadfall (Barry), To                                                . The Island Prologue (5:03)
Kill a Mockingbird (Bernstein, Rerecording), Psycho,                                                  . Malcolm’s Journey (5:44)
Torn Curtain (Herrmann, Rerecordings by McNeely), G.l.                                                . The Hunt(3:30)
Jane (Jones), 20'000 Leagues under the Sea (Snow),                                                    . The Trek (5:23)
True Women (Bruce Broughton), Film Music of Ken                                             . Finding Camp Jurassic (3:03)
Wannberg 3, Batman - Symphony for a Dark Knight,                                            . Resuing Sarah (4:01)
Frances (Barry),                      Maniac (Chattaway),         Invasion (Don             . Hammond's Plan (4:30)
Davis),                   Men    in    Black   (Elfman),    Air     Force   One             . The Raptor's Appear (4:30)
(Goldsmith/McNeely), Le Jour et la Nuit (Jarre), Hercules                                  10. The Compys Dine(5:07)
(Menken), Out to Sea (D.Newman).                                                           11. The Stegosaurus (5:20)
                                                                                           12. Ludlow's Demise(4:27)
Scoring Assignments: 007-Tomorrow Never Dies,                                              13. Visitor in San Diego (7:37)
Godzilla (Arnold), Great Expectations (Doyle), Lost in                                     14. Finale and Jurassic Park Theme (7:54)
Space, Deep Rising (Goldsmith), The Game (Shore),
Free Willy 3 (Edelman), Watch that Man (Young), The                                > Folgende „Promotional Releases“ sind seit Drucklegung
Horse Whisperer (Barry), Seven Years in Tibet                                        dieser Ausgabe auf dem Markt und unter den in der
(Williams), Prince of Egypt (Zimmer), Kull the Conqueror                              Rubrik                  Rezensionen       (Promotional     Releases)
(Joel Goldsmith).                                                                     aufgeführten Adressenerhältlich:
                                                                                      Flatliners/Falling Down (Howard), Project X/The Hand
Gerüchteküche: Titanic (Regie: James Cameron) startet                                 (Horner), Young Guns Il/Mac and Me/American Anthem
erst im Herbst, deshalb wird die CD wohl auch nicht wie                               /Silvestri), King Richard and the Crusaders (Steiner),
versprochen im Juli erscheinen.                                                       Buffalo Girls (Holdridge), Upon this Rock (Lewis), In Cold
Murderat 1600 von Christopher Young wird mit grösster                                 Blood (Mann), Sripes, Carpetbaggers (Bernstein). Naked
Sicherheit nicht auf CD erscheinen, zu teuer!                                         Face (Lewis). Livin in Peril (Miller), Compilation, Tin Cup
Gone Fishin’ scheint ein ziemlicher Flop zu sein,                                     (Ross), Relic (Debney).
weshalb Randy Edelmans Musik wahrscheinlich nie das                                   Ausführliche Rezensionen im nächsten Heft!!!
Licht des Tages als CD sehen wird.
                                                                                      Im aktuellen Magazin der Jerry Goldsmith Film Music
Weres nicht mehr erwarten kann, hier die Tracktitel der                               Society, Legend, ist das in Heft 9/10 und 11 präsentierte
kommenden expanded Star Trek - The Motion Picture                                     Interview mit David Arnold im Original zu lesen. Weitere
CD (deren Erscheinungsdatum aber nach wie vor                                         interessante Themen: The Russia House (eine
ungewissist):                                                                         Analyse), Babylon 5, Scoring Session von G.l. Jane
                                                                                      usw. Sehr empfohlen - nicht nur für Goldsmith-Fans!
                .    llia's Theme (2:59),                                             Kontakt: Jonathan Axworthy, 102 Horndean Road,
 oOoOSNSOUIPR@OPM—

                .    Main Title/KlingonBattle (6:53)                                  Emsworth, Hants PO 10 7 TL.
                .    Total Logic (3:52)*
                .    The Enterprise (5:59)                                            Die Gewinner des James Horner-Wettbewerbs sind:
                .    Leaving Drydock(3:33)                                            Thomas Hartwig/D-Braunschweig, Bernd Klotzke/ D-
                .    Spock's Arival (2:01)*                                           Bredstedt, Marco Kälin/Einsiedeln, Franz Dorsch/D-
                .    The Cloud (4:59)                                                 Landau und Regula Morgenegg/Spiegel.
                . Vejur Flyover (4:58)                                                Die richtigen Antworten lauteten natürlich: Teil 2 (Aliens)
        . Forcefield (5:03)*                                                          und Fievel. Herzliche Gratulation und viel Spass mit den
       10. Games* / Spock's Space Walk (8:03)                                         CDs.
       11. Inner Workings (3:08)*
       12.Vejur Speaks*/The Meld/Good Start* (9:34)                                   Dem zuständigen Redaktor soll bei Anhörung von Con
       13. End Title (3:23)                                                           Air derart übel geworden sei, dass er es nicht mehr
                      * = bisher unveröffentlichte Tracks                             schaffte, sich zu einer Rezension aufzuraffen. Selbiges
                                                                                      sei ihm übrigens bereits bei Goldeneye passiert. Er hat
Unter folgender Internetadresse sind genaue inhaltliche                               die Rezension nun einem Kollegen überlassen, der die
Angaben (in welcher Nummer finde ich was über                                         CD im nächsten Heft besprechenwird...?
welchen Komponisten / Film etc.) verschiedenster
Filmmusikmagazine (Soundtrack!, Films Score Monthly,                                  Es gibt zwei CD-Versionen von Independence Day, die
Limited Edition, Film Music Journal, usw.) zu finden (mit                             sich jedoch nur im ersten Track unterscheiden.
bestem Dank an Stefan Jania):                                                         Herauszufinden welche Version man selber im Regal
 http: /home.t-online.de/home/sjania/st-mags.htm                                      stehen hat, ist einfach: CD in den Player und los geht's.
                                                                                      Startet die Musik bei 0:01 hat man die erste, eigentlich
007-Gerüchte: Da John Barry nur unter der Bedingung,                                  falsche Version, startet die Musik bei 0:04, so ist man im
auch den Titelsong zu schreiben, den aktuellen Bond-                                  Besitze der zweiten, „richtigen“ Version.
Film scoren wollte, sollen die Produzenten dankend                                    Grund der Verwechslung war ein falsches Masterband,
abgelehnt                   haben.     David Arnold,       der es    sich   aber      das zur Herstellung der CD benutzt wurde. David Arnold
dennoch nicht nehmenliess und einen Song schrieb, ist                                 liess den Fehlerkorrigieren.
bekanntlich vielumjubelter Nachfolger.

                                                                   © 2022 filmmusicjournal.ch
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|      David Arnold                                                                              Musik bedeutet für mich Melodie

                            PRTELTA
          Ein Interview mit David Arnold «rw
                                                   von Philippe Blumenthal

    Im ersten Teil des Interviews sprach David Arnold über seinen musikalischen Werdegang, seinen ersten grossen
    Film (The Young Americans), John Barry, Stargate, Independence Day und seine Erfahrungen mit Hollywood
    am Beispiel von Judge Dredd. Folgend nun also der abschliessende zweite Teil des Gesprächs, das im Herbst des
    vergangenenJahresstattfand.

    ? Wie würdest Du die Zusammenarbeit mit Nicholas Dodd,         Duschen. Das Hauptthema für Stargate fiel mir auf einer
    Deinem Orchestratoren und Dirigenten beschreiben?              Autobahn in England ein, während ich unterwegs zur
                                                                   Hochzeit eines Freundes war. Es geschah einfach, ich
    David Arnold: Obwohl wir sehr viel zusammen machen, sind       dachte nicht mal darüber nach. Last of the Dogmen war
    wir sehr verschieden. Doch wenn es um Musik geht...wenn        wieder anders. Ich schaute mir den Film seit fünf Wochen
    Nicholas beispielsweise eine Probe mit dem Orchester           an und wusste nicht was tun. Ich hatte nichts, Panik kam
    macht, machen beide, er und:ich, Notizen was man ändern        auf. Es war an einem Sonntagmorgen. Ich stand auf, ging
    oder verbessern sollte. 95 Prozent davon, was auf meiner       unter die Dusche und plötzlich hörte ich diese Melodie. So
    Liste steht, steht auch auf seiner. Wir verbringen viel Zeit   war's.
    damit die Orchestrationen und bestimmte Details                Bei Independence Day sass ich sehr häufig vor dem
    durchzugehen. Er kommt zu mir und wir gehen ein Stück          Klavier, schuff die Themen dort aus. Ich wusste was ich
    durch, dann nimmt er meine Orchestrationen und geht an         wollte und was vor sich ging. Ausserdem benutze ich ein
    die Arbeit. Am nächsten Tag kommt er zurück und wir            Computer Setup um dem Regisseur einen ungefähren
    schauen es uns gemeinsam an. Wir haben eine sehr enge          Eindruck vermitteln zu können, wie es klingen könnte. Das
    Zusammenarbeit und er macht seinen Job absolut brillant.       ist eine äusserst zeitsparende Sache. Ich habe keine Angst
    Ich gebe ihm viel Freiheit um seine Ideen auszuprobieren,      vor der Technologie. Ich mag sie, benutze sie, arbeite mit
    dabei beharrt Nicholas aber nie darauf. Wenn er mir eine       ihr. Aber Synthesizer und Computer sind nur Werkzeuge,
    kontrapunktive Melodie vorschlägt und sie mir nicht gefällt,   die einem nicht wirklich weiterhelfen können, wenn die Idee
    radiert er es einfach aus. Weisst du, uns beiden ist die       nicht schon vorhanden ist.
    Musik das wichtigste. Wir wollen beide eine ausgezeichnete
    Arbeit abliefern, dabei kommenuns keine Egosin den Weg.
    Nicholas will nicht auf Biegen und Brechen Komponist sein.
    Er hat sein eigenes Leben und macht was er mag.
    Wir haben einfach eine sehr gute und musikalisch
    produktive Zusammenarbeit.

    ? Du dirigierstja für gewöhnlich nicht?

    David Arnold: Ich hab's auch schon gemacht, aber ich
    weiss, dass ein guter Dirigent eine ausgezeichnete
    Einspielung aus einem Orchester herausholen kann. Ohne
    den enormen Druck, den eine Filmproduktion erzeugt, würde
    ich öfter selber dirigieren. Es ist wirklich von Vorteil
    jemanden wie Nicholas Dodd um sich zu haben, denn erist
    unglaublich schnell und kennt, da er ja sehr eng mit mir
    zusammenarbeitet, den Score. Meine Fähigkeiten liegen
    schon eher im Bereiche des Abmischraumes, des
    Kontrollraumes, wo ich mit den Produzenten, Regisseuren,
    Autoren usw. diskutiere. Die sitzen alle im Kontrollraum und
    ich versuche sie bei Laune zu halten. Während Nick also mit
    dem Orchester probt, lausche ich mit einem Ohr der Musik
    und mit dem anderen den Gesprächen der Leute um mich
    herum. Keine einfache Sache, wenn mangleichzeitig darauf
    achten muss, dass die Musik, die wir aufnehmen mir, den
    Produzenten und dem Regisseur gefallen.
    Nick (Dodd) ist absolut einmalig in Sachen Proben und
    Dirigieren. Bei den grossen Filmen hast du einfach so und      ? Und Du magst ja das Orchester, Du bist so eine Art
    so viele Minuten in einer gewissen Zeit aufzunehmen, ich       „orchestraler Typ“. Hast Du keine Angst schubladisiert zu
    gebe also freimütig zu, dirigieren ist nicht meine stärkste    werden?
    Seite. Aber ich habe es schon gemacht und ich würde es
    anlässlich eines Konzertes sofort tun.                         David Arnold: Davor habe ich überhaupt keine Angst. Diese
                                                                   Schubladisierungen sind lächerlich, typisch Hollywood. Die
    ? Wann „kommt“ das Thema, die Melodie?                         Filme, für die ich bekannt bin sind nun einmal Stargate und
                                                                   Independence    Day,   mit   diesem grossen,     traditionellen
    David Arnold: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es          Orchsterscore. Aber natürlich mache ich auch anderes. Ich
    immer und überall geschehen kann. Manchmal wenn ich im         gebe dem Film, was er verlangt. Beide Filme sind eigentlich
    Bett bin, beim Spazieren, Autofahren oder sogar beim           so richtig „altmodisch“, von der enormen technologischen

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David Arnold                                                                                   Musik bedeutet für mich Melodie

Entwicklung abgesehen, die sie uns vorführen. Sie                unvorstellbar ekelhafte Passagen darin. Eine davon ist
verlangten irgendwie nach dieser Art traditionellem Scoring,     besonders abscheulich...wie...uuuh...nein, ich kann es Dir
um ihnen diese bestimmte Grösse zu verleihen, diesen             nicht erzählen. Es ist zu scheusslich - und das macht es
dramatischen Impakt, Romantik und Emotionen. Weisst Du,          gerade interessant (hämisch!). Aber eben, es wäre ein
ich würde mich nie für eine Musik entschuldigen, die ich als     weiterer Film mit Ausserirdischen (nach Stargate und ID4,).
für den Film richtig empfinde und ich meine, dass die            Es gibt ein Zeichentrickprojekt bei Warners, aber ich habe
Scores, die ich geschrieben habe den Nerv des Films              bisher noch bei keinem Film zugesagt. Ausserdem habeich
getroffen haben. Zufälligerweise sind die halt orchestral und    die Rolle eines „Ausführenden Produzenten“für die Songs in
sehr melodiös. Ich liebe Melodien und ich möchte ihnen           David       Duchovnys     Film   Playing    God      übernommen.
Bedeutsamkeit im Score zukommenlassen. Ich will damit            Ausserdem habe ich mit Ronald (Emmerich) und Dean
nicht sagen, dass es nicht fantastische Synthesizermusiken       (Devlin) über deren neues Projekt gesprochen. (Alien:
oder gute, total atmosphärische Scores gibt, aber ich liebe      Resurrection      soll von Dante's Peak-Komponist John
nun einmal Melodien. In meinen Musiken soll die Melodie          Frizzell gescort werden, doch gibt es auch schon wieder
einen wichtigen Aspekt erfüllen. Das wird bei mir wohl immer     andere Gerüchte...phb)
einer der wichtigsten Punkte sein, denn was ich mir auch
ansehe, schaue ich in „melodischer“ Art und Weise, anstatt
auf strukturell rhythmischer Ebene, an. Musik bedeutet für             Ein Regisseur verbringt zwei Jahre seines
michin erster Linie Melodie.
                                                                             Lebens damit, den Film
? Schaust Du Dir den fertigen Film im Kino an?                    zusammenzubekommen, also ist es doch mehr.
David Arnold: Ja, das ist der Zeitpunkt wo ich dem Film            als recht, dass ich auch etwas von meinem
Lebewohl sage. Ich geniesse es im Kino mit ein paar Leuten                         Leben dafür „opfere‘.
zu sitzen, für mein Ticket zu bezahlen und mir den Film
anzusehen.
                                                                 ? Godzilla?
? Und dann nie wieder?
                                                                 David Arnold: Möglicherweise Godzilla, ja. Es könnte eines
David Arnold: Vielleicht. Würde ich sechs Filme pro Jahr         von vier Möglichkeiten sein, es hängt also alles noch in der
machen, würde ich mir den Film wahrscheinlich nicht mehr         Luft. Ist es ein Film, den ich wirklich machen möchte,
ansehen.                                                         grossartig, dann mache ich ihn. Gibt es nichts, das mich
Ich nehme meine Arbeit sehr ernst. Ein Regisseur verbringt       tatsächlich reizen würde, okay, vergessen wir's. Ich bin nicht
zwei    Jahre   seines   Lebens   damit,    den     Film         so sehr daran interessiert alles zu machen, was man mir
zusammenzubekommen, also ist es doch mehr als recht,             „nachwirft“ und damit viel Geld zu verdienen. Irgendwie
dass ich auch etwas von meinem Leben dafür „opfere“. Ich         schulde ich es der Filmmusik, nur das zu tun, was ich am
mag es, in den ganzen Prozess, und in den Film im                besten kann, als „in Mode zu sein“, sechs Filme im Jahr zu
speziellen, involviert zu sein und versuche mein Bestes um       scoren und in zwei oder drei Jahren schon wieder weg vom
den Film zu unterstützen. Wenn dann alles fertig ist, sehe       Fenster sein. Ich hoffe, dass die Filme, die ich machen
ich mir den Film gerne im Kino an und kann ganz ehrlich          werde, mir etwas bedeuten und die drei oder vier Monate
sagen, was gut war, was absoluter Mist war und was besser        meines Lebens, die ich damit verbringe, wert sind. Ich
hätte sein können.                                               nehme meine Arbeit sehr ernst, möchte                meine Musik
                                                                 aufregender, qualitativ besser machen,               mich weiter
? Hörst Du Dir eigentlich heute noch Filmmusik an? Eine CD       entwickeln.
in den Player und geniessen?                                     Mir liegt viel daran, welche Richtung die Filmmusik
                                                                 einschlägt und dass Filmmusik die Leute weiterhin so zu
David Arnold: Nicht mehr so oft wie früher. Ich höre mir viele   begeistern vermag wie seinerzeit The Planet of the Apes,
Scores an, aber vor zwei Jahren waren es bestimmt einige         Alien, Psycho oder A Fistfull of Dollars. Früher gab es
mehr. Heute bleibt nicht mehr so viel Zeit um Filmmusik zu       einfach mehr Scores, die einem ein „Oh mein Gott!“
hören. Ich kaufe weniger und höre mir weniger an, aber ich       entlockten als heute. Ich versuche, dieses Gefühl ein
verfolge sehr genau was solosist.                                bisschen aufleben zu lassen. Ich möchte etwas schaffen,
                                                                 das mir persönlich sehr viel bedeutet und hoffe, dieser
?   Also,    ausser   John   Barry,   welches    sind   Deine    Enthusiasmusist in meiner Musik zu hören.
Lieblingskomponisten?
                                                                 ? Da bin ich mir ziemlich sicher. Vor kurzem erzählte mir ein
David Arnold: John Williams ist ein Genie. Ich meine Ennio       Leser: „Weisst Du was? Wenn John Williams stirbt, haben
Morricone könnte [dieser Tage] mehr aus sich herausholen.        wir schon einen Nachfolger...“. Wie denkst Du darüber?
Er war einer derjenigen, die das gesamte Genre des
Filmmusikkomponierens   verändert  haben. Was   er               David Arnold: (lacht lange) Für mich heisst das, jemand ist
vollbrachte, erweiterte die musikalischen Grenzen in der         Willens genung dem Film offensichtlich das zu geben, was
Filmmusik. Dasselbe gilt für Jerry Goldsmith, aber ich           er verlangt. Ich kopiere nie John Williams, niemals. Alles
glaube, er macht derzeitig einfach zu viel. Ich kann mir         was ich mit ihm teile ist ein Sinn für die Melodie und ein Sinn
einfach nicht vorstellen, so viele Filme zu machen und dabei     für   das    Drama.     Weisst   Du,   momentan     geschieht       es
stets innovativ, originell und aussergewöhnlich zu sein. Das     desöfteren, dass Musik für eine Klancollage geopfert wird,
sollte eigentlich immer das Ziel sein, aber mir 8 Filmen pro     eine Ansammlung an Geräuschen, die einen Score
Jahr...!                                                         darstellen sollte, möglicherweise von einem Sound Designer
Thomas Newman ist unglaublich. Seine Musik ist äusserst          gemacht. Es gibt nur noch wenige Scores, die einen wirklich
originell, unterhaltend und völlig dem Film verschrieben.        bewegen können unddie einem etwas mitgeben.
                                                                 Ich bin der erste, der zugibt, das er noch viel zu lernen hat,
? Welche Projekte stehen bei Dir demnächst an?                   aber ich meine, ich habe ein recht ordentliches Debüt
                                                                 hingelegt.
David Arnold: Ich weiss nicht. Man hat mir das Script zum
neuen Alien Film geschickt. Ich hab's gelesen. Es gibt           ? Zweifelsohne. Danke für das Interview.

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Alfred Newman auf CD                                                                                        Eine Umschau        |

                          Alfred Newman auf CD:
                                            Eine Umschau
                                                von Matthias Wiegandt

Die   immense      Neu-   und   Wiederveröffentlichungs-       Edition abschreckend zu Buche. Ich möchte also versuchen,
Maschinerie erfaßt zusehends auch die Komponisten des          bei aller Subjektivität Hinweise für Einsteiger zu geben.
sogenannten Goldenen Hollywood-Zeitalters, also der            DerArtikel versteht sich nicht als Newman-Diskographie, er
dreißiger bis frühen fünfziger Jahre. Während man              sondiert vielmehr die derzeit (nach meinem Wissensstand,
allerdings hinsichtlich des Outputs von David Raksin oder      mancher Titel wird ja rasch wieder abgesägt oder unverhofft
Roy Webbnicht eben verwöhntwird, profitieren andere vom        angeboten) erhältlichen CD-Aufnahmen, wobei etliche der
Trend. Zu ihnen gehört der 1970 verstorbene Alfred             Titel kaum im CD-Laden an der Ecke stehen werden,
Newman,     dessen   individuelle Verwandschaftsgrade          sondern über die bekannten Versandadressen zu beziehen
gegenüber   den aktuellen Newman-Clanmitgliedern in            sind. Wer in Second-Hand-Shops auf weiteres stößt, mag
Hollywood    (David,      Thomas,   Randy...)   hier   nicht   selbst überlegen, was ihm die Sache wert ist.
weiterverfolgt werden, wie ich überhaupt die schon so oft      Nach einer kurzen Skizze zu Newmans musikalischem Stil
nacherzählten biographischen Details auslassen möchte;         schließen     sich    mehr     oder    weniger    ausführliche
                                                               Besprechungen der CDs an, wobei man prinzipiell zwischen
                                                               offziellen und „grauen“ bis „schwarzen“ Editionen zu
                                                               unterscheiden hätte. Freilich stellt sich die Lage nicht ganz
                                                               übersichtlich dar. Aus diesem Grund gliedere ich in drei
                                                               Teile: die erste Sektion wendet sich speziell an
                                                               New(man)comer, die zweite enthält als Ergänzung das, was
                                                               ich als Newman-Basis-Sammlung bezeichnen würde, die
                                                               dritte schließlich verweist auf eher akzidentelle Einträge,
                                                               welche für den Komplettisten natürlich auch unentbehrlich
                                                               sind. Bei den einzelnen Werken wird allerdings darauf
                                                               verzichtet, jede erhältliche Einspielung zu vergleichen. How
                                                               the West Was Won gab und gibt es in diversen Original-
                                                               und Re-Issues sowie auf vielen Sampler-CDs. Vergleiche
                                                               werdenaber nur angestellt, wo es m.E. von Bedeutungist.

                                                                                              *

                                                               Gemeinsam mit den Partituren von Franz Waxman, Max
                                                               Steiner, Erich Wolfgang Korngold, Roy Webb, Victor Young
                                                               und anderen verkörpert Alfred Newmans Filmmusik
                                                               insgesamt gesehen das, was man bei Unterdrückung
                                                               individueller Eigenarten als den „alten“ Hollywoodstil
                                                               charakterisiert. Im Zeichenfunktionierender Studiokultur und
                                                               Music Departments wurde meist für Orchester gearbeitet,
                                                               sujetorientiet, mit hohem Gefühlspegel, blech- bzw.
                                                               streicherdominant       in    entsprechenden     Situationen
                                                               „untermalt“. Der mitunter stark bildbezogene, bei Max
                                                               Steiner exzessive Stil ungeschützter Emotionalität behagt
                                                               vielen jüngeren Filmmusikfans nicht. Sie sind nicht mit
                                                               diesen Idiomen, d.h. der besonderen Musiksprache jener
                                                               Epoche, aufgewachsen und schätzen stattdessen die
Photo courtesy ofMartha Newman Ragland
                                                               Lyrismen von Patrick Doyle oder James Horner, den coolen
                                                               Sound der 70er oder heroische, elektronikbeflügelte
man kann sich ja in Tony Thomas’ Filmmusikbüchern oder         Aufwallungen aktueller Komponisten höher ein als die
auch bei Christopher Palmer bestens darüber informieren,
                                                               Abenteuermusik früherer Tage. Militär auf der Leinwand?
wie Newman als Musiker und 20th Century Fox-Funktionär
                                                               Das defilierte bei Steiner und Newman mit einem Marsch im
zu den dominanten Figuren des Hollywood-Musikbetriebs          Schlepptau, romantische Szenen eine heute meist „kitschig“
gehörte, immer auf Förderung jüngerer Talente bedacht,
                                                               (wie immer man damit umgeht: Horners Caspar-"Lullaby“ist
prominent etwa Jerry Goldsmith. Stattdessen seien hier die
                                                               ja auch nichts anderes als „Kitsch“; auf des Hörers
in letzter Zeit vermehrt auf den Markt gelangten, teilweise
                                                               Empfänglichkeit für ebensolchen kommt es an) aufspielende
als Bootleg oder offizielle limitierte Ausgabe edierten CD-
                                                               Streicherformation, nachdenkliche Szenen erhielten gern
Veröffentlichungen gesichtet. Dabei wenden sich die
                                                               Holzbläsersoli. Alles in allem versuchten die genannten
Ausführungen weniger an jene, welche seit Jahr und Tag
                                                               Komponisten nur selten, die Hollywood-Konventionen zu
Alfred Newmans Musik kennen und sammeln als an die
                                                               untergraben oder zu konterkarieren; sie wirkten auf ihre
weniger Vertrauten. Gewiß, wer generell keine Filmmusik
                                                               Weise am Erhalt der Illusion mit, oft genug mit
vor Star Wars kaufen will, dem ist auch mit moralischem
                                                               faszinierenden   Resultaten.       Leider   klingen   die   alten
Zeigefinger nicht zu helfen. Im speziellen Fall Newmans
                                                               Filmtonspuren oft derart schlecht, daß man von der
aber stehen auch die teils hohen Preise bei keineswegs
                                                               unablässig strömenden Musik nicht viel mitbekommt. Um so
durchgängig ansprechender Qualität der Musik und der
                                                               beglückter nimmt man schon darum die veröffentlichten

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|      Alfred Newman auf CD                                                                                           Eine Umschau       |

    Originalaufnahmen zur Kenntnis, kann man doch endlich           Als Einstieg ist diese CD denn auch bestens geeignet. Ihr
    hören, was für Musik nun tasächlich geschrieben wurde.          vorziehen würde ich jedoch eine andere, noch vielseitigere,
    Alfred    Newmans      Kompositionen      verraten   einen      doch muß man sich schon ein bißchen bemühen, um die
    außerordentlich begabten Melodiker, der zudem auf ein           Scheibe zu bekommen. Gemeint ist der alte RCA-Sampler
    exzellentes Studio-Ensemble bauen konnte. Sämtliche hier        aus den siebziger Jahren, wie die gesamte Serie von
    zu besprechenden CDs zeigen auch, daß Newman einer am           Charles Gerhardt kompetent dirigiert. Im Unterschied zum
    wenigsten avancierten Komponisten war. Nur vereinzelt           Bette-Davis-Album oder der Waxman-CD beispielsweise
    finden sich Versuche, der Musik einen „modernistischen“         scheinen europäische Händler nur noch Zufallsexemplare zu
    Anstrich zu verleihen. Stattdessen lebt der Großteil seiner     besitzen; ansonsten gibt es sie aber als US-Import, etwa bei
    Kompositionen von thematischem Einfallsreichtum, satten,        Footlight oder Intrada: Captain From Castile - Classic Film
    farbigen Instrumentationen und einer routinierten Technik,      Scores For Alfred Newman. Besagtes Album, früher auch
    auch in Zeitnöten immer eine sichere Bank Newmans. Zu           als LP erhältlich, enthält Auszüge aus einigen Newman-
    den kleinen Überraschungen zählt freilich, zu erleben, wie      Highlights, neben dem titelgebenden Score auchdie „Street
    häufig Newman eigenes Material in anderen Filmen wieder         Scene“ aus dem Monroe-Klassiker How to Marry a
    aufgegriffen hat, Liebesthemen vor allem. Einzelnes             Millionaire, Fragmente aus den als Einzel-CDs zu
    verraten die Beihefte zumal der limitierten Soundstage-         bekommenden Werken Anastasia, Airport, The Robe und
    Editionen, anderes magjederselbst als Reminiszenzenjäger        Wuthering Heights sowie The Song of Bernadette (CD
    aufspüren. Jedenfalls beschränkte sich dieser Usus nicht        angekündigt) und Down to the Sea in Ships, dazu den
    auf die „B‘-Studios, ergab vielmehr sich aus dem Umstand,
                                                                    weniger bekannten Score The Best of Everything und das
    daß jede Firma eine eigene Bibliothek mit Standardmusiken
                                                                    Titelthema aus The Bravados. Der zuletzt genannte
    für bestimmte Situationen und stetigen Rückgriff der
                                                                    Western (1958) zeigt Gregory Peck in einer ungewöhnlich
    Komponisten und ihrer Mitarbeiter unterhielt. Was daraus
                                                                    grimmigen      Rächerrolle.e    Während    der    deutsche
    wurde, haben viele Berichte mit angemessener Verärgerung
                                                                    Fernsehvorspann        Newmans Bruder als Komponisten
    festgehalten.
                                                                    ausweist, flüstert die Gerüchteküche, daß auch Hugo
    Newmans Filmkompositionen beginnen in den frühen
                                                                    Friedhofer an dem Film mitwirkte, während Alfred Newman
    dreißiger Jahren und reichen bis ins Todesjahr, zum ersten
                                                                    lediglich das hier wiedergegebene Titelthema komponiert
    Airport-Film, den es schon lange auf Tonträgern gibt und
                                                                    habe. Freilich findet es sich mannigfach während des Films
    dessen Hauptthema sicher zu den bekanntesten Newman-
                                                                    wieder. Entweder hat Alfred doch mehr geschrieben, oder
    Einfällen zählt. Eine kurze Komposition aber kennt - in
                                                                    der bzw. die Komponist(en) bediente(n) sich über weite
    welcher Fassung auch immer - wohl jeder: die Fanfare zum
                                                                    Strecken des Films seines imposanten, die Unerbittlichkeit
    Firmenlogo der 20th Century Fox.
                                                                    der Hauptfigur vorwegnehmenden Moll-Marsches, welchen
                                 *                                  man in den üblichen Western-Samplern vermißt und dessen
                                                                    Vorbild sich in Newmans Vorspannmusik zu The Gunfighter
                                                                    findet. Gerhardts Album hat vor dem bei KOCH
    Annäherungen an Alfred Newman                                   erschienenen überdies den Vorzug, daß die Interpretationen
                                                                    nicht zum aufgedunsenen Bigbandstil neigen, sondern sehr
    Wer sich bislang noch nicht um Newman-CDs gekümmert             sachlich und tiefenscharf ausgefallen sind - wie die gesamte
    hat oder nicht weiß, womit er anfangen soll, hat mehrere        Serie übrigens.
    Alternativen. Erst vor kurzem erschien ein Sampler              Eine dritte Veröffentlichung schließlich ist nicht ganz billig,
    Wuthering Heights - A Tribute to Alfred Newman mit über         weil    als   Varese-Club-CD       erschienen,    inhaltlich   und
    50 Minuten Filmmusik Newmans, gespielt vom New Zealand          hinsichtlich der Interpretationen aber ein Muß: The Film
    Symphony Orchestra, Ltg. Richard Kaufman. Die CD                Music of Alfred Newman seit 1992 in einer Auflage von
    vereinigt Scores der dreißiger und vierziger Jahre:             1200 Exemplaren lieferbar. Verschiedentlich ist behauptet
    Wuthering Heights, Prince of Foxes, David and                   worden, diese Stückzahl sei verkauft, doch manche Händler
    Bathseba, Dragonwyck, Brigham Young - Frontiersman              (oder eben Colosseum als direkte Quelle) bieten einige
    sowie Prisoner of Zenda, den Newman 1937 vertonte und           Exemplare der CD weiterhin feil. Es lohnt sich unbedingt,
    dann in der Neuverfilmung des Jahres 1952 sinnvollerweise       diese älteren Einspielungen (im einzelnen ist nicht zu
    mit seiner eigenen Musik ausstattete, natürlich neu             entnehmen, ob die Aufnahmen direkt für den Film oder
    eingespielt. Die Auswahl ist geschickt zusammengestellt,        etwas    später   vorgenommen        wurden)     kennenzulernen.
    vereint sie doch sehr unterschiedliche, samt und sonders        Erneut finden sich Highlights aus Captain From Castile
    gehaltvolle Werke Newmans, wobei mir persönlich neben           (1947) sowie kurze, meist drei bis fünf Minuten dauernde
    dem Hauptthema aus Wuthering Heights die Auszüge aus            Exzerpte aus neun anderen Newman-Filmen, von denen
    Prisoner of Zenda am besten gefallen, während                   man All About Eve, Pinky, A Royal Scandal und A Letter
    Dragonwyck etwassteril klingt: zu diesem düsteren, im 19.       to Three Wives nur selten angeboten bekommt. Dem Alter
    Jahrhundert spielenden Kostümmelodram gehören dann              der Aufnahmen muß ein wenig Tribut gezollt werden, doch
    doch die unheilvollen Bilder dazu, welche man in Prince of      hat Vareses Cheftechniker „Joe, der Gastwirt“ sein Bestes
    Foxes wiederum nicht vermißt. Wie bei derartigen                getan, um die Ausschnitte wirkungsvoll zur Geltung kommen
    Kompilationen üblich handelt es sich meist um Suiten, was       zu lassen, und die Tonqualität der Monoaufnahmen liegt
    natürlich Zusammenhänge       und     etwas   unelegante        durchwegs über dem Schnitt.
    Übergänge schafft, die es im Original Score nie gegeben         Die drei bisher genannten CDs bilden den Grundstock eines
    hat, dafür - im Verein mit digitalem Ton - beste Einblicke in   Alfred-Newman-Archivs, vereinen sie doch in gekonnten
    Newmans kompositorisches Verfahren gewährt: die plötzlich       Interpretationen     verschiedenartig      komponierte
    arrangierte Walzerseligkeit, ungehemmte Gefühlsausbrüche        Werkauszüge, oft genug deren fesselndste Momente. Wer
    mit vibrierenden Streichern, dann wieder Unterstützung der      sich mit derartigen Häppchen nicht zufriedengeben will,
    sich zuspitzenden Konflikte. Man lernt rasch, daß Newmans       sondern ganze oder zumindest ausführlich dokumentierte
    musikalische Inspirationsquellen vor allem in der deutschen     Scores bevorzugt, hat mittlerweile eine ganz ansehnliche
    Orchesterschule Wagners und Richard Strauss’ zu suchen          Wahl. Davon nun zunächstdie „Schokoladenseite“.
    sind, seltener bei Puccini und der italienischen Oper;
                                                                                                   *
    vereinzelte Effekte mag er sich auch von Ravel und de Falla
    abgeschaut haben; mit alledem wird jedenfalls             ein
    zündendes musikalisches Feuerwerk abgebrannt.

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|      Alfred Newman auf CD                                                                                               Eine Umschau          |

    Die Alfred-Newman-Basis-Sammlung                                    würde ich aber doch empfehlen, eine eventuelle Möglichkeit
                                                                        des Hineinhörens mit dem „Main Title“ von The Black
    Mit gutem Recht haben Produzent George Korngold und                 Swan, einem der ersten farbigen Piratenfilme, beginnen zu
    Dirigent Charles Gerhardt ihrer Newmanplatte seinerzeit den         lassen. Ein schwungvoller Shanty eröffnet den bunten
    Titel Captain From Castile gegeben. Denn kaum ein                   Reigen übermütiger Musik, hörbar machend Newmans
    anderer Eintrag belegt so eindrucksvoll, warum man Alfred           Vergnügen an dem sich selbst nicht ganz ernst nehmenden
    Newman zu den herausragenden Hollywood-Komponisten                  Film von    Henry King.      Besonders die virtuosen
    zählen muß. Die rund 43 Minuten der CD (Facet 8103, sie             Trompetenstöße, welche bei allem Schmelz immer wieder
    erschien bereits 1987, ist noch auf dem Markt; um Beeilung          eingeschoben werden, zeigen, daß Newman durchaus
    wird hier gebeten) sind zu einem einzigen Track                     ironisch zu komponieren wußte - aber eben in Parallele zur
    zusammengezogen. Wer nicht ständig manuell vorspulen                Filmvorlage selbst. Einzelne der Nummern dieses
    will (wohin auch, es sei denn man hat sich den Einsatz in           Filmscoressind freilich stark an Bildvorgängen orientiert und
    Minute sowieso gemerkt), sollte sich also eine Halbzeitfrei
    nehmen und der Musik überlassen. Der Film selbst ist ein
    typisches Fox-Abenteuervehikel für den damaligen Star
    Tyrone Power, dessen stets etwas steife Präsenz im
    Schwung desFilms überspielt wird. Leider liefern die wie so
    oft von Tony Thomas geschriebenen Booklet-Notizen wenig
    Anhaltspunkte, um die Musik und konkrete dramatische                                                The Film Music Of
    Ereignisse aufeinander zu beziehen. Da mir der vor                                                          T
                                                                                                        Aurpen NEWMAN
    längerem gesehene Film derzeit nicht zur prüfenden
    Verfügung steht, beschränken sich die Andeutungen darauf,
    daß Newman zum einen die genretypischen Ingredientien
    einbringt: latinisierende Vorschläge und Kolorierungen für
    die Ereignisse um einen spanischen Edelmann, schwül-
    romantische    Einschübe der  Solovioline für  die
    Liebesgeschichte und ein berühmtgewordenes Thema
    („Conquest“, in x Anthologien eingegangen) für die                                                                 ver or.
    Expedition und Entschlossenheit der Gefolgsleute Cortez’
    gegen das Aztekenvolk. So peinlich das imperiale Gehabe
    des Films selbst in der Erinnerung wirken mag -: Newmans            deshalb sicher ungewohnt für diejenigen, welche bislang
    Musik besitzt ein Flair, das seine Partitur zu einer der besten     wenig Kontakt zum Hollywoodsoundtrack der Mono-Ära
    Abenteuerfilmvertonungen erhebt.                                    gesucht haben, doch gibt es genügend Abschnitte voller
    Älter   noch   (1942),    aber   klanglich   erstaunlich   frisch   virtuoser Einfälle, welche diese CD zur energischen Vorhut
    konserviert sind die beiden Scores auf einer in diesem Jahr         der Newman-Diskographie zählenlassen.
    veröffentlichten Soundstage CD (SCD 595), deren Rückgriff
                                                                        Mit absoluter Sicherheit gehört dazu auch The Robe (1953),
    auf die Mastertapes offensichtlich ohne Zwischenkopie
                                                                        einer der ersten 3D-Filme; überdies ist zumindest eine der
    möglich wurde - oder sich einer Laserdisc-Analogspur
                                                                        CD-Editionen auch stereo remastered. Das Genre des
    bedient. Die Rückseite winkt mit dem Slogan „Limited
                                                                        Epischen Films hat in musikalischer Hinsicht natürlich mit
    circulation for collectors only“, doch diese Phrase hat einen
                                                                        Miklös Rözsas Partituren von Quo Vadis bis EI Cid seinen
    unangenehmen Beigeschmack. Während es etwa im
                                                                        Meister gefunden, in Alex Norths Spartacus und Dimitri
    Bereich schöngeistiger Literatur üblich ist, im Impressum
    anzugeben, wieviele Exemplare des Buches überhaupt                  Tiomkins Fall of the Roman Empire eigenständige
    verlegt worden sind, sagt der bloße Hinweis auf eine                Nachfolger. Newmans The Robe ist aber gemeinsam mit
    begrenzte Stückzahl nicht viel aus. Denn von einigen                Waxmans The Silver Chalice einer der wenigen wirklich
    Abräumern abgesehen verkauft sich schließlich nur der               erstrangigen und nicht von Rözsa geschriebenen Sandalen-
    kleinste Teil der Soundtrack-CDs in fünfstelliger Höhe oder         Scores der 5ö0er. Gewisse stilistische Gemeinsamkeiten
    mehr. Und wie manches selbsternannten Klageführers                  finden sich hier wie da: Archaismen bei gleichzeitig
    Elegien darüber, die Bootlegger verdienten sich mit ihren           moderner Satztechnik; wortlose frömmelnde Chöre; typische
    halb- oder illegalen Pressungen Millionen, schlichtweg an           „magisch“    klingende   Instrumentationen für die
    der Realität vorbeirauschen, so darf den Produzenten                Erlösungsszenen; exzessiver Gebrauch von modalen
    zugewunken werden, sie möchten doch fürderhin auf ihren             Skalen   und    übermäßigen     Intervallen;   kaum      polyphone
    lächerlichen Kaufappetizer „limitiert“ verzichten oder die          Einschübe,    dafür    wesentlich   statisch-heroische
    tatsächliche Zahl angeben, wie Var&ese das immerhin                 Themenbildung; Dissonanzen und Märsche für die (meist
    vorgemacht hat - und im Unterschied zu deren Poledouris-            römischen) Besatzer; Harfen- und Lautensoli als Ersatz für
    oder Goldsmith-Clubveröffentlichungen ist die oben                  die nicht rekonstruierbare Musik der Antike; eingeschobene
    angeführte Newman-Anthologie auch im fünften Jahr noch in           Tänze mit jenen Exotismen, welche auch schon die Große
    einigen Exemplarenlieferbar, obwohl wie gesagt „nur“ 1200           Oper des 19. Jahrhunderts bevölkerten, und so weiter.
    gepreßt wurden.                                                     Newman ist es in jedem Fall gelungen, diese Elemente zu
    Diesen Punkt abgestrichen habend, kann es nun mit den               einem stimmungsgebenden, dem nicht eben erbaulichen
    besagten Newman-Veröffentlichungen weitergehen, denn in             Film auf die Beine helfenden Ganzen zu verflechten. Diese
    welcher Stückzahl auch immer erhältlich, markieren sie -            Musik, keineswegs komplex geformt, ist überaus eingänglich
    ebenfalls Tyrone-Power-Tableaux - weitere lohnende                  und funktioniert auch bestens für sich.
    Beispiele für Newmans Iyrischen Sinn. Son of Fury und The           Down     to    the   Sea   in   Ships   (1949)      spinnt     nettes
    Black Swan sind mit jeweils über 35 Minuten auf der CD              Seemannsgarn mit vielen Rückprojektionen und einer
    vertreten, deren Backcover wie bei Soundstage üblich allzu          ödipalen Einlage zwischen jungem und altem Abenteurer.
    großzügig bemessene Angaben im Booklet verzeichnet.                 Derartige Filme schienen Newmans Phantasie sehr
    Immerhin ist man mit gut 73 Minuten Spieldauer bestens              entgegenzukommen. Eine ganze CD würde sich kaum
    bedient. Das Südseeabenteuer des erstgenannten Films                lohnen, denn das zugrundeliegende, schon während der
    wird im letzten Stück „Return to the Islands“ von einem             Vorspanntitel chorisch intonierte Traditional    wird im
    pseudo-hawailanischen Chorstück gekrönt. Alles in allem             weiteren Verlauf des Films fast ständig auf die eine oder
                                                                        andere    Weise      ausgesponnen,      was     zwar     für    eine

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Alfred Newman auf CD                                                                                                 Eine Umschau

Partituranalyse   hübsche   Aufgaben   parathielte, das             Gleiches gilt für die bei derselben Firma erschienene CD
lauschende Ohr aber kaum über 70 Minuten zu fesseln                 Nevada Smith, wie der im Folgejahr geschriebene The Fire
wüßte. Die beschwingte Kurzfassung hingegen zündet                  Creek ein Western und Newmans dfrittletzter von mehreren
prächtig, was sich wohl auch Fred Steiner und sein NPO              hundert Scores überhaupt. Dem amerikanischen Western
sowie die Ambrosian Singers dachten, und nach ein paar              ging es Mitte der sechziger Jahre dreckig, denn John Wayne
Blechfanfaren geht es sofort in medias res. Wer sich dann           wurde alt, der B-Film bestand nur noch aus einigen
noch nicht die zugehörigen Bilder vorzustellen vermag, der          jämmerlichen Nachzüglern und die großen Produktionen
hat noch nie einen auf See spielenden Abenteuerstreifen             machten gegen die - aus der Rückschau auch nicht vielen -
gesehen. Die neunminütige Suite besteht aus drei Teilen,            besten europäischen Western kaum einen Stich, von
wobei der mittlere ein Iyrisches Nebenthema „Jed“ entfaltet,        Peckinpahs Genrebeiträgen mal abgesehen. Nevada Smith
ehe der Rundkurs wieder ins mit gehörigem Aplomb                    lag irgendwo dazwischen, was auch für Newmans Musik gilt.
retournierte   Hauptthema    mündet.   Die   1987    produzierte    Die     Komposition     ist    gut       hörbar   und     zudem     im
Stereo-Darbietung sprüht nur so vor Lust am Musizieren,             Mittelpreisbereich zu bekommen, daher in dieser Sektion
und wenn man dann noch verrät, daß 20 Minuten aus                   vertreten. Kritisch könnte man freilich einwenden, daß sich
Bernard Herrmanns Musik zum von Burt Lancaster in                   der Komponist zwischen seinem alten Personalstil und
Personalunion von Hauptdarsteller und Regisseur kreierten           neuen Vorstellungen von Westernmusik (Moross, Elmer
Prä-Western The Kentuckian ebenso auf der CD vertreten              Bernstein, weniger Goldsmith)             nicht recht entscheiden
sind wie weitere kleine, teilweise sonst nicht zu hörende           konnte, aber auch seinen eigenen Hit How The West Was
Extrakte von Herrmann (Day The Earth Stood Still), Hugo             Won nicht kopieren wollte. Daher kann ich mich an die
Friedhofer (In Love and War) sowie Waxman (Sunrise at               Komposition immer nur so lange daran erinnern, wie sie
Camporello), dann steht der Anschaffung dieses Top-                 gerade im CD-Player rotiert, was nun allerdings wieder
Samplers wohl nichts mehr im Wege.                                  kritischer gemeint ist als es sich darstellt. Man denke sich
Alfred Newmans Fox-Fanfare hat im Laufe der Zeit eine               den alten Newman halt etwas aufpoliert, hier einen Blues
Erweiterung erfahren. Die frühe Version ist auf der CD How          eingestreut, da ein paar 60’s Spritzer, deshalb bleibt ein
Green Was My Valley (1941) enthalten, selbige 1993 als              uneinheitliches Bild zurück, jedenfalls kein Score, an
Teil des ersten von ursprünglich mehreren Schüben der               welchem man den Komponisten ohne weiteres erkennen
Reihe Fox Classics Series herausgekommen. Angesichts                kann.
der liebevoll restaurierten Originalbänder dieser Iyrischen         NebenPoltergeist hat Rhino mit How the West Was Won
„Irland“-Musik“ für John Fords hochkarätig besetzte Saga            den zweiten Paukenschlag anno ‘97 getan: Newmans
darf man hoffen, daß die nun doch zur Publikation                   Westernklassiker  stellt  fragos    die   aufregendste
angekündigten Scores von Herrmann & Co. ebenfalls in                Veröffentlichung des laufenden Jahres dar. Die Doppel-CD
bestmöglicher Weise       restauriert werden.   Immerhin      hat   belegt bis ins Detail, wie Newman traditionelle Melodien -
Soundstage in puncto Newman und              Herrmann schon         gleich in der Fernsehzuschauern unvertrauten Kino-
weitergemacht, und von Tsunami sind, wenn auch klanglich            Ouvertüre      werden      berühmte      Chorkantilenen
nicht zu vergleichen, weitere Scores der Mono-Ära zu                aneinandergereiht - mit eigenen wirkungsvollen Einfällen
erhoffen. Jedenfalls liegt mit How Green Was MyValley ein           „nach Americana Art“ zu verknüpfen wußte. Der von drei
neuerliches Dokument für Newmans Sensibilität bereit.               Regisseuren zusammengefügte, überernährte Western über
Siebzehn Tracks enthalten 49 Minuten, teilweise vokal und           die Geschichte Amerikas läuft als großes patriotisches
abwechslungsreich    genug,     um    die     Empfehlung            Theater über die Leinwand. Auch für diesen Film gibt es
auszusprechen, sich diese CD zuzulegen.                             eine    vokale,   aus    traditionellen      Melodien      kompilierte
Im Zweifelsfall würde ich aber doch eine andere, viel               Ouvertüre, die Szenenwechsel werden           musikalisch
traurigere Familiengeschichte bevorzugen. Wovon sie                 verbunden, Lieder als Einlagen unter die Leute gestreut -
handelt, das verkündet wohl jedem nicht völlig von                  und in der alten Kinofassung war eine Pause vorgesehen,
historischen Zusammenhängen abgekoppelten Europäer                  für    die   Newman     eine    Zwischenmusik           schrieb.   Die
der Filmtitel: The Diary of Anne Frank (1959). Sieht man            mustergültig restaurierten Musikspuren offenbaren überdies,
einmal davon ab, daß neueste Forschungen ans Tageslicht             daß der Mittsechziger Newman keineswegs sein Pulver
gebracht haben, wie der Vater in Annes Papieren retuschiert         keineswegs verschossen hatte. Zumal seine Iyrischen
worden ist und die bisherigen Buchausgaben puristische              Kapazitäten werden noch einmal spürbar, am schönsten in
Kürzungen aufweisen, erzählt der Film die tragische                 Stücken wie dem dritten der zweiten CD, „He’s Linus Boy“,
Geschichte bis kurz vor Schluß, als die Deportation ansteht.        welches zunächst als reiner Melodiestrom ohne Ziel vor sich
Im allgemeinen amüsiere ich mich sehr, wenn sich seriös             hinschwimmt, ehe sich die Umrisse von Newmans
gebende Feuilletonisten oder           Wissenschaftler über         Hauptthema herausschälen. In anderen Stücken verwischt
Hollywoods Umgang mit der              Geschichte beklagen.         sich die Grenze zwischen traditionellen                 Stücken    und
Angesichts dieses heiklen Themas kann man aber kaum                 Neukompositionen vollends. How the West Was Won stellt
anders     als    den     Kopf     über   die   rührselig           den Quintessenz-Westernscore der zwischen Copland und
zusammengeschusterte Verfilmung schütteln. Newman hat               Broughton gefundenen Lösungendar. Dank an Rhino!
daran seinen Anteil daran, und dieses Wissen um die
                                                                                                         *
historischen Hintergründe trübt ein wenig den Genuß der
CD, denn diese Partitur zählt jedenfalls zu den „Top Ten“
Newmans. Zudem bietet die CD unveröffentlichtes Material,           Erweiterung des Radius: was man sich
darunter auch die in Analogie zu Schauspielmusiken
komponierte Ouvertüre, welche man bei dunkler Leinwand              sonst noch (nicht) anschaffen sollte
anzuhören hatte. Es gibt nicht mehr viele dieser auf
Filmthemen   basierenden  Vorab-Ouvertüren   (Rözsas                Wie bei jedem Komponisten gibt es auch in Newmans
epische Filme hatten dergleichen auch), und so ist man              Schaffen ein großes Auf und Ab, wobei manche
dankbar für diese dreieinhalb Minuten. Die restlichen zwölf         Kompositionen als Film-Musik wunderbar funktionieren, für
Titel enthalten neben romantischen Themen eine Art                  sich genommen jedoch ein wenig blutleer oder aber
„Familienmusik“   sowie     martialische   Einschübe    für   die   überkandidelt wirken, jedenfalls nicht in der Weise fesseln,
braunen Horden. Alles in allem ist dies eine der drei oder          daß ich sie ohne Zögern empfehlen würde.
vier besten Tsunami-CDs, auch klanglich recht anhörbar und
übrigens kein Bootleg, so sehr die Nörgler sich dies
einreden wollen.

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|        Alfred Newman auf CD                                                                                                       Eine Umschau |

    Sicher werden mir viele Newman-Fans nicht zustimmen,                       aufgewachsen         sein,   um   der Musik      ganz zu verfallen.
    wenn Airport, dank der Var&se-CD recht bekannt und oft im                  Schade! Es gibt keine CD, die ich aus der Grundsympathie
    TV zu sehen, hier unter „ferner liefen“ auftaucht. Gewiß, der              heraus gern höher bewerten würde als diese... Immerhin
    eröffnende Main          Title „Airport“ ist recht eingängig,              gibt es das Haupttnema- auch auf der Varese-Club-CD,
    rhythmusorientiert         und     zeitgenössisch-technokratisch           welche nun wirklich jeder haben sollte.
                                                                               Zu David und Bathseba fällt mir nicht viel ein. Auch hier
                                                                               schwelgt Newman ungehemmt im melodischen Pathos,
                                                                               bleibt aber weit hinter The Robe zurück. Es wirkt alles recht
                                                                               beliebig und wohlklingend. Nichts für jene also, die sich
                                                                               Coolness als Lebensphilosophie vorgenommen haben, eher
                                                                               ein Meilenstein auf dem Weg zur kompletten Sammlung.
                                                                               Auch Razor’s Edge, wie die beiden vorhergehendenTitel
                                                                               als limitierte Pressung verkauft, hätte man besser mit einer
                                                                               oder zwei anderen Kompositionen zusammen auf einer CD
                                                                               verstaut. Rasch macht sich Walzerherrlichkeit breit, rieselt
                                                                               im Wechsel mit sentimentalen Ergüssen durch die
                                                                               Lautsprecher rieselt. Dann doch lieber gleich Johann
                                                                               Strauß...
                                                                               Doch damit es auch einen Tiefpunkt zu vermelden gibt, sei
                                                                               hier gleich auf The Counterfeit Traitor verwiesen, ein
                                                                               Kriegsdrama mit William Holden, im Unterschied zu den
                                                                               anderen Werken ein Beitrag aus Newmans später Phase,
                                                                               da er bereits nicht mehr bei Fox residierte. Ohne den Film
                                                                               wirkt dieser Score recht armselig, es klappert und läppert
    gemacht, um dem Flugplatzdrama aus dem Warteraum zu                        sich eine Stunde unkonturierter, lediglich in dem militärisch
    helfen. Den Rest der CD habe ich allerdings mit                            inspirierten Teilen zupackender Musik zusammen, auf die
    Enttäuschung vernommen. Dem Liebesthema, welches sich                      man angesichts des Preises besser verzichten sollte, zumal
    direkt anschließt, fehlt es genau an jenem Charme, den es                  es die Produzentennicht einmal für nötig gehaltenen haben,
    in    einer     Mischung     aus     melancholisch-an-einer-Theke-         die dürftige Präsentation durch Texte oder farbige Bilder zu
    hocken und Laissez-faire anstrebt. Der typische Newman-                    stützen. Lediglich die untextierte CD selbstziert ein Bild, und
    Streichersound schwebt zwar im Raum, doch verliert er                      zwar dasjenige Newmans, allerdings in einem schaurigen
    ausgerechnet durch die öde siebziger Jahre-Atmosphäre                      poppig-rosarot (wie es ja einst angesichts der besungenen
    sein Flair.                                                                Schweine („Pigs“) für eine Pressung der besten Pink Floyd-
    Gunga Din wurde schon 1939 gedreht. Dem Engagement                         LP Animals durchaus vertretbar vorgenommen wurde).
    John Morgans verdankt sich die digitale Neuaufnahme in                     Diese CD von Counterfeit Traitor aber würde sich wohl
    den    Marco-Polo-Sampler            Historical   Romances,         ohne   nicht einmal Master Newman selbst bis zum Schluß
    dessen Highlight zu sein. Vielmehr verblaßt Newmans Musik                  anhören.
    zwischen Korngolds Ouvertüre zu Juarez und dem                             Auf den ersten Blick scheint eine weitere CD auch nichtviel
    Ausschnitt aus Devotion doch ein wenig. Sieben Stücke                      attraktiver. Doch das ändert sich, wenn man Hell and High
    verteilen sich auf fünf Tracks. Die CD als ganzeist wie ihr                Water (1954), einen Score aus Newmans mittlerer Zeit,
    „Schwestersampler“ Captain Blood sehr empfehlenswert,                      intensiver hört oder den Film (mit Richard Widmark, es geht
    wobei es in dem Fall eher das Ganze als die Details sind,                  um eine U-Boot-Mission im fernen Osten) bereits kennt.
    welche die Attraktivität ausmachen.                                        Gleich der Main Title besticht in seiner Zweiteilung, deren
    Eine Reihe von Originalmusiken Newmans taucht nach und                     erste Phase einen aggressiven Blechpanzer trägt, während
    nach aus der Versenkung auf. Nicht jedes der meist teuren                  die   zweite    in     bester     Richard      Strauss-Manier    eine
    Alben kann man vorbehaltlos empfehlen, und manchmal                        heldenhafte Melodie anstimmt. Beide Elemente werden
    drängt sich der abgenudelte Spruch vom „weniger wäre                       während der folgenden 58 Minuten (nicht jene 63, von
    mehr gewesen“ dann doch auf, so im Fall von Wuthering                      denen   die    Rückseite        des   Covers    spricht)   bearbeitet,
    Heights, jenem vielfach verfilmten romantischen Stoff von                  verfremdet, kombiniert, bis das Heldenthema viel von
    Miss Brontö, der Newmans Kollegen Bernard Herrmann                         seinem Esprit eingebüßt hat und der Zynismus des ersten
    etwas später sogar eine sehr traurige, leider wenig bekannte               Gedankens ausgebremstist. Weitere Ideen, zum Teil aus
    Oper wert war (von der Firma Unicorn als CD vertrieben).                   frühreren Filmen implantiert, reichern den gewiß nicht
    Newmans Hauptthema für die Version von 1939 (mit Merle                     eingängigen, aber mehr als nur solide gestrickten Score in
    Oberon und Laurence Olivier) gehört zu seinen schönsten                    einer Weise an, welche im Unterschied zu Razor’s Edge,
    überhaupt und windet sich durch den Score. Darin liegt aber                David and Bathseba und Counterfeit Traitor durchaus
    gerade das Problem der 1996 veröffentlichten CD. Eine                      zum Kauf der übrigens recht gut klingenden CD raten läßt.
    Stunde lang wird man als Hörer befeuert, die Musik schwillt                Texte fehlen zwar bis auf eine kurze Notiz, doch finden sich
    wieder        und   wieder      zu   ihren   Höhepunkten      an.     Im   eine Handvoll ausgesuchter Filmfotos und ein attraktives
    Zusammenhang mit diesem stimmungsvoll-schaurigen Film,                     Cover. Wenn manche Sammler durch die mäßige bis
    den man in seinem Leben nicht oft genug sehen kann,                        saumäßige Tonqualität vieler Produktionen des grauen
    funktioniert die Musik als Träger der dramatischen Handlung                Marktes vorsichtig geworden sein sollten: dieser Einwand
    bestens, läßt mit den tragischen Schicksalen der                           fällt bei Newman-CDs dieses Labels jedenfalls weg. Hell
    Hauptfiguren        mitfühlen    und    besitzt   eine   leitmotivische    and Highwater gehört zu den erfreulicheren Ausgrabungen.
    Struktur. Auf der CD, hört man sie ohne Unterbrechung                      „Mastered and restored at Misiak Mastering Hamburg, using
    Track für Track, nutzt sich diese nun die gesamte                          Cedar-Systems“. Mit vorstehendem Hinweis ist die
    Wahrnehmung ausfüllende Komposition bedauerlicherweise                     Rückseite der CD-Hülle von The Keys of the Kingdom
    rasch ab. Ich kann den Kauf der CD durchaus empfehlen,                     versehen. Dieser Film von 1944 half dabei, Gregory Pecks
    denn die einzelnen Stücke sind für sich beeindruckend, die                 Karriere zu begründen. Ähnlich wie Orson Welles in
    Interpretationen wesentlich spannungsreicher als Eimer                     manchen Szenen von Citizen Kane trat auch Peck, damals
    Bernsteins honorige Neueinspielung aus den siebziger                       28, mit schlohweißen Haaren auf (die er ansonsten bis
    Jahren; aber vielleicht muß man doch mit dem Film                          heute nicht hat), um einen schottischen Priester zu mimen.

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