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HISTORISCHE BRAUWEISEN UND WIE SIE HEUTE NOCH EIN- SATZ FINDEN IN DER BRAUBRANCHE Abschlussarbeit am Institute of Masters of Beer 15. SEPTEMBER 2019 MARKUS ERNST Flüssiger Genuss Markus Ernst, Kammerer-Jungmann-Str. 7, 85375 Neufahrn
Allgemeines vorab | Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? | 1.1 Vorwort: Im Rahmen meiner Recherche zu der Historie der bekanntesten Bierstile der Welt, bin ich unter anderem darauf aufmerksam ge- worden, dass sich die Welt der Biere und der Bierproduktion erst in den letzten ungefähr 150 bis 200 Jahren deutlich weiterentwickelt hat. Dies war Grund genug für mich, dass ich mich auch einmal näher mit dem Einsatz von Technik beschäftigen wollte, die sich nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft befindet und dennoch die Möglichkeit besitzt hervorragende Biere zu produzie- ren. Ziel war es nach Möglichkeit neben der Betrachtung der verschie- denen Technologien auch immer entsprechende Biere zu verkosten und vielleicht auch an Hand der Verkostung Rückschlüsse auf den Einfluss der jeweilig eingesetzten Technologien zu ziehen. Sofern es möglich war, habe ich den direkten Kontakt zu den Brauern und Braumeistern gesucht, welche mit der eingesetzten Technik Erfah- rung hatten und mir auch die Eigenheiten ihres Prozesses erläu- tern konnten. Der Fokus für die Recherchen lag dabei auf Deutschland, wobei auch etwas Brauhistorie Großbritanniens aufgearbeitet wurde. Die Auswahl der Brauereien und Biere erfolgte nach der Möglichkeit diese aufzusuchen bzw. die Biere zu erwerben und auch danach, ob die Brauerei im kommerziellen Sinne Bier produziert und nicht nur zu gelegentlichen Anlässen. Somit konnte der im Hinblick auf das Thema der Masterarbeit sehr interessante Bereich der skandi- navischen und osteuropäischen Brautraditionen und deren heute noch sehr ursprünglich hergestellten Biere leider nicht näher be- leuchtet werden, aber dies ist dann sicher eine Aufgabe für kom- mende Bierreisen. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 1 von 49
Allgemeines vorab | Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? | 1.1 Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeines vorab ....................................................................................... 3 1.1. Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? ............................ 3 1.2. Stand der Technik heute ...................................................................... 5 2. Angetroffene Technik .................................................................................. 7 2.1. Läutern ohne Hackwerk und mit offenem Läutergrant ........................ 7 2.2. Läutern mit Läuterdom und Läuterstange ......................................... 10 2.3. Heizen mit Holzfeuerung .................................................................. 11 2.4. Kraftübertragung mittels Transmission ............................................. 14 2.5. Steinbierherstellung .......................................................................... 15 2.6. Kühlschiff ......................................................................................... 17 2.7. Berieselungskühler ............................................................................ 19 2.8. Offene Gärbottiche ........................................................................... 21 2.9. Einsatz von Holzfässern in der Gärung und Lagerung ....................... 22 2.10. Yorkshire Square .............................................................................. 24 2.11. Burton Union System ........................................................................ 25 2.12. Brauen mit Schwerkraft und Muskelkraft ......................................... 25 3. Verkostete Biere ........................................................................................ 27 3.1. Augustiner Bräu Kloster Mülln Salzburg Märzen-Bier ..................... 27 3.2. Dachsbräu Weilheim Dachs Urhell ................................................... 28 3.3. Museums- und Traditionsbrauerei Wippra Kupferbier ...................... 29 3.4. Uerige Altbier ................................................................................... 30 3.5. Brauhaus Leikeim Steinbier .............................................................. 31 3.6. Brauerei Gasthof Höhn Görchla ........................................................ 32 3.7. Museumsbrauerei Markus Wasmeier Freilichtmuseum Märzen ........ 33 3.8. Brouwerij 3 Fontainen Cuvée Armand & Gaston Honning ............... 34 3.9. Samuel Smith Brewing Yorkshire Stingo .......................................... 36 4. Fazit ........................................................................................................... 37 5. Danksagung ............................................................................................... 38 6. Verweise .................................................................................................... 39 Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 2 von 49
Allgemeines vorab | Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? | 1.1 1. Allgemeines vorab 1.1. Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? Die Geschichte alkoholischer Getränke oder Speisen ist sicher schon so alt wie die Menschheit selbst. Neben allen möglichen Getränken und Speisen, die mit vergorenen Früchten hergestellt wurden, spielt vor allem auch Bier eine wichtige Rolle. An vielen früheren Gebets- und Feststätten lassen sich Hinweise auf Bier- herstellung finden. Man ist nach aktuellen Erkenntnissen sogar soweit, dass man meint die Entwicklung vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit lässt sich auf das „Verlangen“ nach Bier und dem Getreideanbau zur Bierherstellung zurückführen. Funde belegen, dass häufig bei Opfergaben auch Bier mit geopfert wurde. Ebenso gibt es Belege für die professionelle Bierherstellung innerhalb der Kultstätten, wie zum Beispiel Göbekli Tepe. Auch während der der ägyptischen Hochzeit im Zeit- alter der Pharaonen war Bier ein wichtiges Getränk und es gibt Hinweise und „Aufzeichnungen“, die erste Belege für Bier als Zahlungsmittel nachweisen. Die- ser Brauch, seine Arbeiter mit Bier zu entlohnen, hielt sich in Europa noch bis mindestens zur Mitte des 19. Jahrhunderts, da Erntehelfer und Angestellte auf den Höfen sehr häufig mit Kost und Logis entlohnt wurden. Dies bedeutete eben auch ausreichend Bier zur Verfügung zu stellen. Der Grund Bier als flüssige Bezahlung zu nutzen war dabei nicht die Zufriedenstellung der Arbeiter durch einen Rausch, sondern vielmehr die Sicherstellung eines bekömmlichen Getränkes, welches auf Grund der Inhaltstoffe wie Ethanol und Hopfenbitterstoffe, sowie des niedrigen pH-Wertes bedenkenlos genossen werden konnte. Besonders hervorzuheben sei dabei noch die Zweitteilung Europas. Während der Süden, klimatisch bedingt, geschichtlich eher Wein dominant war, sind bei den keltischen Völkern eher Biere getrunken worden und somit war dort auch das Brauen verbreitet. Dabei ist die einfache Herstellung von alkoholischen Getränken aus Früchten ohne weiteres Zutun möglich, da die Zusammensetzung von Früchten eine alko- holische Gärung ohne aufwändige Verarbeitungsschritte möglich macht. Zudem die Oberfläche der Früchte zumeist schon von Hefen und anderen „gärfreudigen“ Mikroorganismen „bevölkert“ wird. Zur Bierherstellung Bedarf es hingegen schon etwas mehr Verständnis für die en- zymatischen Vorgänge oder zumindest das Wissen um eine weitere Verarbeitung. Die Stärke allein lässt sich nicht ohne weiteres Vergären. Dennoch belegen Funde aus der frühen Eisenzeit, dass zum Beispiel in der Siedlung von Eberdingen- Hochdorf schon Rückstände von Malz zu finden sind, die auf eine Verarbeitung Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 3 von 49
Allgemeines vorab | Woher kommt Bier bzw. wie kam das Bier zu uns? | 1.1 von Getreide zur gärfähigen Form hinweisen. Somit scheint es bereits vor vielen tausend Jahren schon erste Mälzversuche und wohl auch geglückte Mäl- zungen gegeben zu haben. Glücklicherweise gab es auch misslungene Versuche, deren Rückstände hilfreiche Hinweise auf die damalige Bierproduktion bzw. im Falle der Funde in der besagten keltischen Siedlung auf die Mälzung geben. Auch in der antiken Siedung Tall Bazi, welche sich im Norden Syriens befindet, lassen sich Hinweise finden, wie dort Getreide vermälzt wurde. Mit der Art dort zu mälzen und natürlich anschließend auch zu brauen, beschäftigte sich Professor Martin Zarnkow und sein Team schon im Jahr 2006. Sie mälzten jedoch nicht nur, sondern stellten anschließend auch ein Bier aus dem erzeugten Malz her. 1 Der Bedarf an Bier war dabei insgesamt so groß, dass man glücklicherweise das im Nahen Osten ursprünglich wildwachsende Getreide kultivieren konnte und es so den Weg auch nach Europa und heutzutage überall hin auf die Welt fand. Auch wenn der Mensch durch diverse Züchtungen den Ertrag und auch die Möglichkeit der Nutzung in der Bierproduktion deutlich verbesserte und die Ähnlichkeit zur Ausgangspflanze nicht mehr ohne weiteres zu erkennen ist, scheint es aktuell be- legt, dass heutige Getreide auf die ursprünglichen Gräser zurückzuführen sind. Mit den Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden entwickelte sich die ursprüngli- che Herstellung von Bier hin zur heute hochtechnologischen Bierproduktion in der Brauindustrie. 1 Brauwelt International, 2006/V, Cold mashing process – a technology possibly used in ancient times in the Orient Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 4 von 49
Allgemeines vorab | Stand der Technik heute | 1.2 1.2. Stand der Technik heute Abbildung 1Prozessschema Brauprozess; Deutscher Brauerbund2 Der Stand der Technik in der Brauindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht revolutionär verändert, dennoch sind durch sukzessive kleine Änderungen größere Änderungen bewirkt worden. Von den grundsätzlichen Prozessen kann sich auch nicht viel verändern, da ein Bier ob im großen oder kleinen Maßstab von den Prozessschritten mehr oder weniger immer gleich produziert wird. Eine Brauerei nach aktuellem „Industriemaßstab“ setzt voll und ganz auf Edel- stahl als Material. Verwendet werden je nach Bedarf Walzenmühlen oder Ham- mermühlen. Beim Einsatz von Walzenmühlen wird aktuell auf eine Konditionie- rung des Malzes gesetzt. Dies bedeutet, dass die Malzkörner mit einer bestimmten Menge Wasser beaufschlagt werden, um ein bestmögliches Mahlergebnis zu er- halten und dabei nach Möglichkeit die Spelzen vollständig zu erhalten. Um Ver- klumpungen zu verhindern und das Malzschrot möglichst optimal mit Wasser zu versetzten gibt es diverse Systeme, die das Schrot ziemlich direkt nach dem Schroten und vor dem Maischegefäß schon mit Wasser vermischen. Im Sudhaus setzen größere Brauereien, nach deutschem Standard, auf eine Maischepfanne, 2 Abbildung „Wie unser Bier entsteht“, Deutscher Brauerbund, Mediendatenbank, https://www.brauer- bund.de/presse/mediendatenbank.html Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 5 von 49
Allgemeines vorab | Stand der Technik heute | 1.2 einen Läuterbottich, eine Sudpfanne mit Innenkochsystem und Pfan- nendunstkondensator, sowie einem Whirlpool. Alternativ gäbe es auch die Mög- lichkeit einen Maischefilter, anstatt dem Läuterbottich einzusetzen, dann wird in der Regel aber auch mit einer anderen Mühle gearbeitet, wie zum Beispiel einer Hammermühle. Während früher noch in Gär- und Lagerkeller unterschieden wurde, werden heute größtenteils zylindrokonische Tanks eingesetzt, die sowohl als Gär- wie auch als Lagertank eingesetzt werden, ohne das Bier noch von einem zum anderen Tank schlauchen zu müssen. Bei dieser Technik spricht man vom 1-Tank-Verfahren, während vor 100 bis 150 Jahre nur das sogenannte 2- oder 3-Tank-Verfahren an- gewendet wurde, bei welchem für die Schritte Hauptgärung, Nachgärung und Rei- fung noch jeweils eigene Tanks oder Fässer verwendet wurden. Bei der Abfüllung hat sich wohl das meiste getan. Vor 150 Jahren gab es eigentlich nur Biere in Holzfässern und gelegentlich wurde auch in Flaschen abgefüllt, die zumeist aber bei der Produktion von Wein abgefallen sind. Heutzutage gibt es Anlagen, die innerhalb von Bruchteilen von Sekunden Flaschen befüllen und theoretisch inner- halb weniger Sekunden vom Verlassen der Flaschenwaschmaschine bis zum Ein- packen eine Flasche Bier befüllen und verkaufsfertig herrichten. Grundsätzlich lässt sich noch festhalten, dass weitestgehend alle Prozessschritte automatisiert sind, um wirklich reproduzierbare Biere herzustellen und die Aus- wirkung des menschlichen Einflusses so gering wie möglich zu halten. Natürlich stehen hinter den Prozessen, gerade in der Entwicklung immer noch die gleichen Vorgänge wie bei einem nicht automatisierten Ablauf, aber nach der Rezeptent- wicklung und -etablierung möchte man möglichst konstante Bedingungen. Eine besonders sensorisch sehr auffällige Veränderung der letzten Jahrzehnte ist die sukzessive Reduzierung des Sauerstoffeintrages während des Sudprozesess und auch während der Gärung und Lagerung. Der Würze bzw. dem Bier soll wirk- lich nur das an Sauerstoff zugetragen werden, was auch vom Braumeister ge- wünscht ist und auch nur an den Stellen wo es nötig ist, sprich bei der Belüftung der Würze vor dem Anstellen, also vor der Hefegabe. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 6 von 49
Angetroffene Technik | Läutern ohne Hackwerk und mit offenem Läutergrant | 2.1 2. Angetroffene Technik In diesem Abschnitt werden verschiedenste Techniken aufgeführt und erläutert, die eben nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, so aber noch regelmäßig eingesetzt werden und nicht nur wenige Male im Jahr zu besonderen Anlässen. Sicherlich handelt es sich hierbei nur um eine Auswahl und die Liste kann gar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, zudem es selbst bei sehr ähnlicher Technik immer noch weitere kleine Unterschiede gibt, die sich einfach mit der Zeit in den einzelnen Braustätten entwickelt haben. Es beginnt allein mit der Verfügbarkeit unterschiedlicher Werkstoffe zur Herstellung der Brauutensi- lien in den einzelnen Regionen und endet in den regional unterschiedlichen Vor- lieben und Geschmäcker der Brauer und der Konsumenten. 2.1. Läutern ohne Hackwerk und mit offenem Läuter- grant Beim Läutern wird heutzutage ein sogenann- tes Hackwerk eingesetzt, welches durch eine langsame radiale Bewegung der zackenför- migen Hackmesser dafür sorgt, dass sich der Treberkuchen, also die Filterschicht für die Maische, nicht zusetzt und man kontinuier- lich läutern kann. Dabei lässt sich die Höhe des Hackwerkes und somit auch die Schnitt- tiefe variieren, sodass man gezielt und wohl dosiert agieren kann. Umso weiter die Läu- terarbeit vorrangeschritten ist, desto wahr- scheinlicher ist es auch, dass sich die Filtra- tionskanäle innerhalb des Treberkuchens zu- setzen. Vor der Einführung eines solchen Hackwerkes wurde der Läuterbottich häufig Abbildung 2 Läuterbottich der Museums- und Traditi- auch zusätzlich noch als Maischebottich onsbrauerei Wippra, teilentleert Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 7 von 49
Angetroffene Technik | Läutern ohne Hackwerk und mit offenem Läutergrant | 2.1 verwendet. Auch heute gibt es diese Kombination vor allem bei kleineren Braue- reien noch. In dem hier abgebildeten Bottich befind sich zwar ein Rührwerk am Boden, um während des Einmaischens die Maische in Be- wegung zu halten und so eine Verklumpung des Malzschrotes zu verringern oder gar zu verhindern, dennoch ist es mit diesem einfa- chen Rührflügel nicht möglich ohne grobe Be- schädigung des Treberkuchens für eine Auflo- ckerung innerhalb dessen zu sorgen. Daher war es teilweise üblich, und wird manchmal heute auch noch so gemacht, die Vorderwürze und anschließend auch die Nachgüsse voll- Abbildung 3 Läuterbottich der Museums- und ständig ablaufen zu lassen und vor oder wäh- Traditionsbrauerei Wippra, Rührflügel rend des Anschwänzens den Treberkuchen nochmal komplett aufzuhacken und wieder in Bewegung zu bringen, und so mit jeder Nachgussgabe quasi den Läutervorgang wieder von vorne zu beginnen. Sprich noch eine weitere Läuterrast, noch einmal mittels der Läuterhähne am Läu- tergrant zu überprüfen, ob die Würze blank läuft und die Trübwürze noch einmal zurück zu pumpen. Im ersten Moment etwas ungewöhnlich erschien bei der in Wippra anzutreffenden Technik, das Fehlen des Anschwänzapparates, da so die „Zerstörung“ des Treber- kuchens während des Anschwänzens quasi nicht verhindert werden kann. Aber im Nachhinein betrachtet, wäre ein Anschwänzapparat unnötige technische Spie- lerei gewesen, da der Treberkuchen ja sowieso nach bzw. während dem An- schwänzen wieder komplett aufgehackt wird. Entsprechend befremdlich war es auch den Treberkuchen „trocken“ laufen zu las- sen, da dies heutzutage tunlichst verhindert wird, um ein zusammenbrechen und versiegen der Läuterkanäle zu verhindern. Etwas einfacher und mit einem höheren Restrisiko des Zusetzens der Treber- schicht, aber durchaus auch üblich, ist es die Nachgüsse auch ohne Hackwerk über einen Anschwänzapparat noch vor dem Trockenlaufen auf die Läutermaische zu geben und darauf zu setzten, dass solange ausreichend Filterkanäle vorhanden sind, bis auch der letzte Nachguss durchgeronnen ist, die Sudpfanne gefüllt ist oder der gewünschte Stammwürzegehalt im Glattwasser oder Würze erreicht ist. Diese Technik des Läuterns und Nachgüsse Gebens ist im Bereich der Hob- bybrauer Standard. Hierbei sollte der Treberkuchen aber, wie bereits erwähnt, möglichst nicht trockenlaufen. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 8 von 49
Angetroffene Technik | Läutern ohne Hackwerk und mit offenem Läutergrant | 2.1 Das besondere beim Überprüfen, ob die Würze schon klar läuft, ist bei alten Anlagen der offene Läutergrant. Dies bedeutet, dass die einzelnen Quellgebiete separat über je einen Auslass mit einem eigenen Hahn geregelt werden und so- lange die Trübwürze zurückgepumpt wird, bis wirklich jedes einzelne Quellgebiet klare Würzen liefert. Wenn erst einmal alle Läuterhähne das gewünschte Ergebnis lie- fern und die richtige Fließge- schwindigkeit gefunden wurde, ist eine der Brauertu- genden gefragt, nämlich die Geduld. Nach Möglichkeit sollten die einzelnen Hähne nämlich nicht mehr verstellt werden, bis man mit dem Läu- tern fertig ist. Abbildung 4 Läutergrant der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 9 von 49
Angetroffene Technik | Läutern mit Läuterdom und Läuterstange | 2.2 2.2. Läutern mit Läuterdom und Läuterstange Bei der Läuterarbeit kommt es vor allem darauf an möglichst gleichmä- ßig die Würze aus dem gesamten Treberkuchen zu ziehen, um nicht unnötig Extrakt zu verschenken und auf der anderen Seite bestimmte Be- reiche nicht zu sehr auszulaugen. Dazu gibt es in der Regel über den ganzen Läuterbottich verteilt soge- nannte Quellgebiete, welche ganz banal ausgedrückt für die verschie- denen Ausläufe unterhalb des Senk- bodens stehen. Früher gab es deutlich weniger Quellgebiete und im Falle der Mu- seumsbrauerei im Markus Wasmei- ers Freilichtmuseum im sogenann- ten Altbayrischen Dorf gibt es genau Abbildung 5 Läuterbottich ohne Läuterblech, mit Läuterdom und ein Quellgebiet und die Fließge- Läuterstange, Museumsbrauerei Markus Wasmeier Freilichtmu- schwindigkeit wird mittels einer seum Läuterstange geregelt. Diese ver- schließt dabei je nach Tiefe das Quellgebiet vollständig oder nur teilweise. Zur Kontrolle des Läuterdrucks und somit auch der Läutergeschwindigkeit wird zu- sätzlich in den Läuterbottich der sogenannte Läuterdom über das Quellgebiet „ge- stülpt“. Dadurch wird oberhalb des Quellgebietes ein Bereich vom Treber abge- schirmt. Das Besondere daran ist, dass sich innerhalb des Läuterdoms dann Würze ansammelt und man so die Möglichkeit hat die eingestellte Läutergeschwindig- keit zu kontrollieren, um gegebenenfalls die Läuterstange nach zu justieren. So verhindert man, dass man zu schnell läutert und die Würze aus der filternden Tre- berschicht genauso schnell nachlaufen kann, wie sie durch das Quellgebiet ab- fließt. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 10 von 49
Angetroffene Technik | Heizen mit Holzfeuerung | 2.3 2.3. Heizen mit Holzfeuerung 3 Während heute üblicherweise mittels Dampf im Sudhaus in- direkt geheizt wird, wurde frü- her direkt über (offenen) Feuer oder Glut gesotten. Dies hat auch zur Folge, dass man wäh- rend des Maischens und auch während des Kochens ständig rühren muss, um ein Anbren- nen der Würze zu verhindern. Eine angebrannte Würze hat einen Eigengeschmack, der sich negativ auf das spätere Bier auswirkt. Je nach Aus- stattung der Brauerei war es üblich durch Ziehen von Teil- maische, also der Entnahme einer bestimmten Menge an Maische, und Sieden dieser Teilmenge, sowie anschlie- ßender Rückgabe in den Mai- Abbildung 6 Sudpfannenofen, Museumsbrauerei Markus Wasmeier Frei- schebottich, die Temperaturen lichtmuseum für die Rasten einzustellen. Dieses Verfahren ist das soge- nannte Dekoktionsverfahren und findet auch heute noch Einsatz in modernen Brauereien. Man sagt den Bieren, die im Dekoktionsverfahren hergestellt wurden, nach, dass sie einen kräftigeren und volleren Geschmack haben. Sicherlich liegt das am thermischen Aufschluss der Stärke während des Kochens. Mittlerweile wird jedoch überwiegend das Infusionsverfahren angewandt, bei dem die einzel- nen Rasten durch Erwärmen der ganzen Maische erreicht wird. Der Vorteil dabei ist, dass die Würze nicht ganz so schnell anbrennt, aber dennoch muss während des Maischens und auch während des Siedens gerührt werden, um ein Anbrennen zu verhindern. Mögliche Brennstoffe waren unterschiedlichste Holzarten, aber auch Kohle bzw. Koks kamen dabei zum Einsatz. Dabei kam es vor allem auf die unterschiedlichen 3 Sudpfannenofen, Museumsbrauerei Markus Wasmeier Freilichtmuseum, von Markus Wasmeier Freilichtmu- seum Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 11 von 49
Angetroffene Technik | Heizen mit Holzfeuerung | 2.3 Energiewerte der eingesetzten Brennstoffe drauf an. Entscheidend dabei ist sowohl die reine Energieleistung, aber auch die Dauer der Energiezufuhr. Teil- weise wurden und werden dabei auch unterschiedliche Holzarten oder auch Holz und Kohle miteinander kombiniert. Besonders geeignet scheint beim Heizen mit Holz allein das Fichtenholz zu sein, da es schnell zu entzünden ist, gut und zügig abbrennt und somit auch direkt Hitze entwickelt, dabei aber auch schnell genug abgebrannt ist, um während der Rasten die benötigte Menge an Glut zu haben. Beim der Befeuerung mit Holz bedarf es schon einiger Erfahrung. Man benötigt dazu ein gewisses Gefühl für die richtige Menge an Holz, um die gewünschte Temperatur entsprechend zu erreichen und im Falle der Maischerasten auch zu halten. Gerade diese Rasttemperaturen gilt es gut zu kontrollieren. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten die Hitze entsprechend zu regulieren. Im Optimalfall habe ich beim Erreichen der Rast nur noch Glut und keine bren- nenden Hölzer mehr und die Temperatur steigt nicht weiter an. Häufig ist dies jedoch leider nicht der Fall und dann werden die noch nicht glühenden, sondern brennenden Hölzer ein Stück herausgezogen, um so einen weiteren Anstieg der Temperatur zu verhindern, aber auf der anderen Seite nicht die Temperatur zu verlieren. Ein Erlöschen des Feuers oder Herabsinken der Temperatur bedeutet in der Folge auch Verzögerungen beim Erreichen der nächsten Rast, sei es einfach durch schlechtere Heizraten, da das neu aufgelegte Holz nicht ausreichend Hitze zum Entzünden hat und nur teilweise zu brennen beginnt oder sogar das ganze Feuer neu eingeschürt werden muss. Bei erfahrenen Biersiedern ist das Heraus- ziehen der Holzscheite zumeist jedoch gar nicht mehr nötig, da diese die benötigte Holzmenge, durch das Wissen um ihr Sudwerk und ihre Hölzer, meist recht genau einzuschätzen wissen. Besonders vorteilhaft haben sich vor allem ältere Sudwerke aus Schwarzeisen gezeigt, da sie die Temperatur nicht so schnell verlieren, wie es zum Beispiel Kupfersudwerke tun. Schließlich muss das Ziel ja auch sein die Ras- ten möglichst auf konstanter Temperatur zu halten und anschließend zügig die geforderte folgende Rasttemperatur zu erreichen. Eine weitere häufig angewandte Variante zur Steuerung der Temperatur war der Einsatz von nassen Spänen oder beim Einsatz von Doldenhopfen das abgetrennte Blattwerk der Hopfendolden. Besonders häufig war diese Variante beim Einsatz von Kohle oder Koks anzutreffen. Diese feuchten Späne oder feuchten Blätter wurden feucht auf die Glut bzw. das Feuer gelegt und verhinderten somit einen weiteren Anstieg der Temperatur. Nach dem Ende der Rast wurden die noch feuchten Blätter und Späne wieder entfernt oder sie waren bis dahin schon soweit getrocknet, dass sie auch wieder das Brennen anfingen und somit auch die Pfanne beheizten. Bei der Nutzung eines Kühlschiffes in Kombination mit Doldenhop- fen, bot sich vor allem die Nutzung eines Hopfenseihers an, der entsprechend das Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 12 von 49
Angetroffene Technik | Heizen mit Holzfeuerung | 2.3 Blattwerk zurückhält und man dieses anschließend zur Temperaturrege- lung einsetzen konnte bzw. kann. Da mittlerweile aber wenig Doldenhopfen ein- gesetzt wird und nasse Späne auch nicht immer zur Verfügung stehen, wird heut- zutage schlicht Wasser eingesetzt, um die weitere Aufheizung zu verhindern. Doch auch dabei gilt es die passende Menge an Wasser aufzuspritzen, um die Glut am Leben zu erhalten, aber eine weitere Erwärmung zu verhindern. Häufig verfügen diese alten Pfannen zusätzlich über verschiedene Möglichkeiten das entstehende Rauchgas zu leiten. So kann man auch über Steuerung und Rege- lung des Abgases und somit auch der warmen bzw. heißen Luft die Temperatur in der Pfanne kontrollieren. Hat man zum Beispiel eine Sudpfanne mit zwei Zügen für die Abluft, kann man die Hitze reduzieren, in dem man die Rauchgase schon nach dem ersten Zug aus dem Schornstein ausleitet und nicht noch ein weiteres Mal um die Pfanne herumleite. Oder man reguliert die Sauerstoffzufuhr durch Öffnen und Schließen der Ofentür und sorgt so für mehr oder weniger Hitze an der Sudpfanne. Neben den bisher genannten Einflüssen wie die Bauweise des Sudhauses oder auch die Art des eingesetzten Brennstoffes, spielt gerade beim Heizen mit Feuer auch das Wetter und der Luftdruck eine entscheidende Rolle und auch dies muss der erfahrene Biersieder bedenken. Somit haben wir es hier mit einem ein weiteren Grund zu tun, warum früher die erfahrensten Brauer die Biersieder waren. Vor allem im fränkischen Raum kann man heute noch ein paar wenige Brauereien finden, die wirklich noch ihre teilweise auch recht großen Sudwerke mit Holz befeuern. Da die Arbeit mit Holz jedoch um einiges schwieriger ist als das Heizen mit Gas oder Öl, wurden in den letzten zwei Jahrzenten sehr viele dieser kleinen Anlagen auf Gas umgerüstet. Nichtsdestotrotz bleibt dabei ein gewisses Risiko, da diese alten Anlagen auch in der Regel direkt befeuern und die Wärmeübertra- gung lange nicht so effektiv ist, wie diejenige von modernen Anlagen mit Innen- oder Außenkochern. Zudem läuft man immer Gefahr, dass man während der Mai- schearbeit die Maische anbrennen lässt und man im schlimmsten Fall den Sud verwerfen muss. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 13 von 49
Angetroffene Technik | Kraftübertragung mittels Transmission | 2.4 2.4. Kraftübertragung mittels Transmission Diese Art der Energie- übertragung ist wohl mit die älteste in der Brauerei anzutreffende. Was ur- sprünglich vermutlich mit Wasserantrieb oder auch von Vieh angetrie- ben begann, sich über die Dampfmaschine hinzu Motoren entwickelte, war eine Variante, um gewonnene An- triebsenergie an einen Abbildung 7 Kraftübertragung mittels Transmission im Sudhaus der Museums- und anderen Ort zu transfe- Traditionsbrauerei Wippra rieren. Der entschei- dende Vorteil im Ver- gleich zu den alternativ eingesetzten oder auch teilweise kombiniert eingesetzten Zahnrädern ist vor allem die Möglichkeit der Übertragung über weitere Strecken mit einem geringeren Materialaufwand. Entscheidend dabei sind die Transmissi- onsriemen. Diese verbinden die verschiedenen Antriebsstangen und Antriebsrä- der und übertragen so die Energie. Dies geschieht natürlich nicht verlustfrei, al- lerdings lässt es sich über die Verwendung unterschiedlich großer Räder einiger- maßen kompensieren. Heutzutage sind die reißfesteren synthetischen Riemen im Einsatz, traditionell wurden jedoch Lederriemen verwendet, die auf die entspre- chende Länge gekürzt und vernäht wurden. Die Gefahr bei der Nutzung von Transmissionsriemen besteht vor allem darin, dass die Riemen unerwartet abspringen oder sogar reißen. Dabei besteht nicht nur die Gefahr das sich durch den unkontrollierten Riemen einer der Brauer verletzt, es besteht zudem auch die Gefahr, dass bei dadurch aussetzendem Rührwerk die Würze oder Maische anbrennt und somit der Sud im schlimmsten Fall verworfen werden muss. Ein besonderes Augenmerk gilt somit zu jeder Zeit den Riemen, um sich selbst zu schützen und auch die Würze im Falle eines Falles schnellst möglich wieder in Bewegung zu bringen. Eine Ablenkung des Biersieders ist da- bei möglichst zu vermeiden. Um Dr. Norbert Gehring von der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra zu zitieren: „Handystrahlen lassen die Riemen porös werden“. Mit diesem Aus- spruch möchte der Brauereibesitzer eben auf die Gefahr durch die Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 14 von 49
Angetroffene Technik | Steinbierherstellung | 2.5 Transmissionsriemen und die möglichen Folgen einer Unachtsamkeit hin- weisen, die eine ständige Aufmerksamkeit benötigen und die heutzutage allge- genwärtige Nutzung des Handys eben zu Unachtsamkeit führt und dadurch die Riemen außer Acht gelassen werden. 2.5. Steinbierherstellung Schon lange finden Kessel aus unterschiedlichsten Metallen Anwendung beim Brauen. Man kann sicherlich soweit gehen und behaupten, dass sowohl Kupfer- pfannen als auch Schwarzeisenpfannen traditionell in Brauereien eingesetzt wer- den, auch wenn sie mittlerweile durch Gefäße aus Edelstahl ersetzt wurden und werden. Häufig waren diese jedoch sehr teuer in der Anschaffung, erst recht, wenn man eine bestimmte Größe benötigte, um die gewünschte Menge an Bier herstel- len zu können. In Deutschland gab es dabei mehrere Möglichkeiten dieses Prob- lem zu lösen. Die erste und gerade im Süddeutschen sehr verbreitete 4Art ist die Einrichtung von Kommun-Brauhäusern, welche der Gemeinschaft zur Verfügung standen und man dort nach Verfügbarkeit sein Bier sieden konnte, um es anschließend bei sich in den eigenen Kellern zu vergären. Auch heute gibt es diese Tradition noch und das so- genannte Zoigl-Bier hat dort auch seinen Ur- sprung. Weil das „Zoigl“, also das Schild mit dem Brauerstern, anzeigte, wessen Bier fertig war, um gemeinsam ausgetrunken zu werden. In Norddeutschland, wie zum Beispiel der Stadt Einbeck, wurde das Problem anderweitig gelöst. Hier gab man die Sudpfanne von Haus zu Haus weiter. Dabei wurde zumeist ein enor- mer Aufwand betrieben, da die Sudpfanne häufig nicht nur an einem anderen Ort aufge- stellt wurde, sondern auch zur besseren Ener- Abbildung 8 Steinkorb für Steinbierherstellung der gieeffizienz jedes Mal aufs Neue eingemauert Brauerei Leikeim wurde, um anschließend bei der Weitergabe wieder „freigeschlagen“ zu werden. Wo es diese Möglichkeiten der gemeinsamen Nutzung einer Sudpfanne nicht gab, musste man sich auf eine andere Art und Weise zu helfen wissen. Sicherlich gab es die Möglichkeit einen Teil abzutrennen und kleinere Mengen zu erhitzen oder 4 Steinkorb Steinbier Leikeim, Wikipedia-Autor Trollhead, https://de.wikipedia.org/wiki/Steinbier#/media/Da- tei:Steinkorb_Steinbier_Leikeim.jpg Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 15 von 49
Angetroffene Technik | Steinbierherstellung | 2.5 sogar zu kochen und diese anschließend wieder hinzuzugeben, aber war dies doch auch mit großem Aufwand und einer erheblichen Verbrennungsgefahr verbunden. Eine weitere beliebte Variante war die Nutzung von heißen Steinen, um die Mai- sche und auch die Würze auf entsprechende Temperaturen zu bringen. Dabei wur- den die Steine in der Glut erhitzt und anschließend in die zu erwärmende Würze oder auch Maische gegeben. Dies hatte den Vorteil, dass man zum Brauen auch Holzbottiche verwenden konnte und nicht auf die sehr teuren Varianten aus Me- tall zurückgreifen musste. Sucht man nach historischen Belegen findet man Nach- weise über Steinbier und dessen Herstellung vor allem in Österreich, dort im spe- ziellen Kärnten und der Steiermark. Aber auch Skandinavien soll eine Steinbier- tradition haben. Überliefert und für jemanden, der keine der skandinavischen Sprachen versteht am verständlichsten, sind die Rezepturen für das Kärntner Steinbier. Häufig wur- den Schüttungen aus einer Mischung von Gerstenmalz und Hafer gewählt, aber auch Varianten aus Gerstenmalz und Weizen(-malz) waren üblich. Die Steine brachten dabei neben den Karamell-Aromen des Zuckers auch noch einiges an Raucharomen mit in das Bier ein. Heutzutage werden die Steinbiere nicht mehr allein durch die Zugabe von heißen Steinen erhitzt, sondern die Gabe von Steinen dient dabei mehr oder weniger nur der Karamellisierung des in der Würze befindlichen Zuckers. Ob diese Steine an- schließend auch noch in die Gärbottiche gekommen sind oder kommen, um den karamellisierten Zucker zu vergären, lässt sich nicht genau bestätigen, aber grund- sätzlich auszuschließen ist es nicht5. 5 https://de.wikipedia.org/wiki/Steinbier, 30.08.2019 Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 16 von 49
Angetroffene Technik | Kühlschiff | 2.6 2.6. Kühlschiff Das Kühlschiff erfüllte in früherer Zeit mehrere Funkti- onen und war vor der Erfin- dung des Plattenkühlers quasi alternativlos in der Brauerei. Eine der wichtigsten Funktio- nen war und ist das Entfernen des Heißtrubes. Dabei setzen sich die groben Trübungspar- tikel am Boden des Kühl- schiffes ab und die Würze kann abgezogen werden. Früher war noch das soge- nannte „Aufkrücken“ üblich. Hierzu wurde der bereits ab- gesetzte Heißtrub ein weite- res Mal aufgewirbelt und dadurch sollten bisher zu kleine Partikel auch noch ge- bunden werden und dadurch deutlich weniger Trubpartikel Abbildung 9 Kühlschiff inklusive Hopfenseiher der Museumsbrauerei Markus in der Würze sein. Um diesen Wasmeier Freilichtmuseum Vorgang zu beschleunigen, wird schon in älteren Lehrbü- chern eine optimale Höhe der Würze im Kühlschiff von etwa 10 cm beschrieben6. Für die optimale Entfernung des Trubes ist über bzw. vor dem Ablauf des Kühl- schiffes noch ein Sieb, welches den Heißtrub zurückhalten sollte, falls etwas mit- gerissen wird. Und im Gärkeller wurde bzw. wird die Würze noch durch einen Trubsack aus Baumwolle gelassen, um auch den Kühltrub noch zu entfernen. Eine weitere Funktion zur Verbesserung des Biergeschmackes soll das soge- nannte „Ausstinken“ der Würze bewirken. Dies ist letztlich nur das Ausdampfen von unedlen und ungewollten Aromen aus der noch dampfenden Würze. Diese fehlende Ausdampfung hatte vor allem bei der Einführung bzw. Etablierung von Gegenstromkühlern zur Abkühlung der Würze auf die entsprechende 6 Brauerhandbuch für den Lehrling, Brauer, Vorderburschen und Brauereikaufmann, Dr.-Ing. Karl Hennies, Mün- chen, Verlag der Deutschen Arbeitsfront G.m.b.H Berlin, 1937 Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 17 von 49
Angetroffene Technik | Kühlschiff | 2.6 Anstelltemperatur und der Einführung des Whirlpools zur Heißtrubentfer- nung zu deutlichen Veränderungen im Aroma und im Geschmack geführt. Eine weitere Funktion bzw. vermutlich die ursprünglichste Funktion des Kühl- schiffes ist das Abkühlen der Würze auf Anstelltemperatur. Wie C.H. Schmidt7 in seinem Buch schreibt war es dazu empfehlenswert einen möglichst zugigen Ort für das Aufstellen des Kühlschiffes auszuwählen oder gegebenenfalls mit einem Ventilator nachzuhelfen. Meist wurden bzw. werden Kühlschiffe daher im obers- ten Stockwerk der Brauerei aufgestellt und der Luftdurchsatz durch Öffnen oder Schließen der Fenster geregelt. Zumeist werden dazu Jalousien an den Fenstern angebracht. Das Abkühlen der Würze soll möglichst zügig auf 50-60°C geschehen und inner- halb von 3 Stunden abgeschlossen sein. Anschließend wird die Würze heutzutage üblicherweise über einen Plattenkühler auf Anstelltemperatur gekühlt. Dennoch gibt es noch vereinzelte Brauereien, die dann eher traditionell noch den Beriese- lungskühler verwenden, um die gewünschte Temperatur zu erreichen 8. Bevor es diese beiden Möglichkeiten der Kühlung gab, wurde die Würze meist über Nacht auf dem Kühlschiff gelassen, um die Anstelltemperatur zu erreichen. Bei der Verwendung von Doldenhopfen wurde/wird dem Kühlschiff der soge- nannte Hopfenseiher, oder im englischen Hopback, „vorgeschalten“, welcher das viele Blattwerk von der Würze trennt, um am Ende eine fast klare Würze zu er- halten. Professor Doktor Narziss beschreibt den Hopfenseiher in seinem Buch „Die Bierbrauerei Band 2“ wie folgt: „Der Hopfenseiher ist in seiner einfachsten Form ein rundes oder viereckiges Gefäß mit Boden- und Seitensieben. Er ist meist im Sudhaus unterhalb der Würzepfanne oder bei kleinen Sudwerken auch auf dem Kühlschiff selbst aufgestellt. Die Hopfentreber werden von Hand durch Ausklap- pen einer Seitenfläche etc. entfernt“910. Heutzutage findet das Kühlschiff hauptsächlich Anwendung bei der Herstellung von Lambics und gehört da auch zu den Standardgerätschaften, die man dringend in einer eben solchen Brauerei haben sollte. Zwar geschieht die meiste Beeinflus- sung der Würze in den entsprechenden Holzfässern und Foedern, dennoch trägt auch das Kühlschiff und die darüber befindlichen Balken etc. zur Entwicklung der eigenen Hausflora bei. 7 Grundsaetze der Bierbrauerei nach den neueßten Technisch-chemischen Entdeckungen, Christian Heinrich Schmidt, Weimar, B.F. Voigt,1853 8 Brauerhandbuch für den Lehrling, Brauer, Vorderburschen und Brauereikaufmann, Dr.-Ing. Karl Hennies, Mün- chen, Verlag der Deutschen Arbeitsfront G.m.b.H Berlin, 1937 9 Die Bierbrauerei Band 2: Die Technologie der Würzebereitung, Prof. Dr. Ludwig Narziss und Prof. Dr. Werner Back, 8. Auflage, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, 2009 10 https://www.barthhaasgroup.com/images/mediacenter/downloads/pdfs/344/2010-8-was-macht-eigentlich-der- alte-hopfenseiher.pdf Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 18 von 49
Angetroffene Technik | Berieselungskühler | 2.7 Bei der Anwendung des Kühlschiffes muss man vor allem auf die „Kühl- leistung“ achten. Da diese natürlich stark von der Außentemperatur abhängig ist, ist es fast nicht möglich im Sommer zu brauen. Dies spiegelte sich vor Jahrhun- derten schon in der Festlegung von Brauverboten über den Sommer hinweg und auch heute brauen eben die Lambic-Brauer nicht während der heißen Sommer- tage. Wollen wir hoffen, dass der Klimawandel nicht weiter voranschreitet, denn sonst werden die produzierten Mengen an klassischen Lambic-Bieren immer we- niger, da das Zeitfenster zum Brauen auch immer kleiner wird. 2.7. Berieselungskühler 11 Abbildung 10 Bild des Kühlschiffes der Augustiner Bräu Kloster Mülln Salzburg Im Gegensatz zum Kühlschiff ist der Berieselungskühler weitestgehend „ausge- storben“ in der heutigen Zeit. Vereinzelt finden sich noch Brauereien, die auf diese Art der Technik einsetzen, um die heiße Würze auf der einen Seite abzu- kühlen und auf der anderen Seite die Würze mit ausreichend Sauerstoff für die anfängliche Vermehrung der Hefen anzureichern. Der Berieselungskühler ist eine recht einfache Konstruktion. Die noch heiße Würze wird an einer an Wellblech erinnernde Oberfläche außen von oben nach unten vorbeigeleitet. Innerhalb der „Wellblechkonstruktion“, welches eigentlich übereinander liegende Kupferrohre sind, läuft die Kühlflüssigkeit (früher kaltes Wasser oder Eiswasser, heutzutage ist auch Kühlflüssigkeit möglich). Durch den Kontakt mit der Oberfläche, also der Trennschicht, wird die heiße Würze herun- tergekühlt und gleichzeitig durch den Luftkontakt mit Sauerstoff angereichert. 11 Bild von der Website: https://www.augustinerbier.at/die-brauerei/braukunst/, 30.08.2019 Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 19 von 49
Angetroffene Technik | Berieselungskühler | 2.7 Dabei verlaufen die Rohre mit der „Kühlflüssigkeit“ waagerecht und die Temperatur der einzelnen Röhren steigt von unten nach oben hin an. Außen vorbei läuft die zu kühlende Würze. Durch die nach unten hin kälter werdenden Rohre reicht der recht kurze Kontakt, um die Würze auf die gewünschte Anstelltempe- ratur zu bringen. Meist ist der Berieselungskühler zweigeteilt, sodass im oberen Teil nur kaltes Wasser verwendet wird und im unteren Teil Eiswasser. Dies sorgt für die optimale Abkühlung mit einem möglichst geringen Aufwand. Zudem bei der Kombination von Kühlschiff und Berieselungskühler die Würze nur um ungefähr 30 bis 40 °C heruntergekühlt werden muss. Wichtig dabei ist, dass die Würze über die kom- plette Breite des Berieselungskühlers verteilt wird, um eine möglichst optimale Kühlleistung zu erhalten. Anschließend wird die Würze im entsprechenden Gärtank oder -bottich angestellt und zu Bier vergoren. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 20 von 49
Angetroffene Technik | Offene Gärbottiche | 2.8 2.8. Offene Gärbottiche Die Entscheidung ob man noch in offenen Gärbottichen vergärt ist heute quasi schon fast philosophisch anzusehen. Es gibt viel Für und Wider für die offene Gärung bzw. heute als alternative zumeist das Vergären in zylindrokoni- schen Tanks (ZKTs). Einer der entschiedensten Vorteile dieser Tanks ist die Möglich- keit die komplette Gärung vom Anstellen bis zur Abgabe an den Drucktank vor der Be- füllung in einem Gefäß durch- zuführen, ohne dabei das Bier oder Jungbier noch einmal in andere Tanks transferieren zu müssen. Ebenso lässt sich auf Grund der Form, ein zylinder- förmiger Körper mit einem konisch zulaufenden Boden, Abbildung 11 Offener, gepichter Gärbottich der Museumsbrauerei des Mar- kus Wasmeier Freilichtmuseum daher auch der Name, die Hefe besonders gut abschießen, da sich der größte Teil der Hefe eben in diesem konischen Teil sammelt und sich sehr gut vom Bier trennen lässt. Die Brauer mit offenen Gärbottichen schwören auf ihre Art der Gärung. Beson- ders die Möglichkeit der Abtrennung der unedlen Bestandteile, die mit den Kräusen aufschwimmen und/oder in der Brandhefe hängenbleiben, werden nicht durch die natürlich Konvektion ins Bier zurückgespült, sondern mittels eines Seihlöffels abgeschöpft. Dieser Unterschied soll schmeckbar sein. Wobei dieser Vergleich natürlich immer etwas schwierig ist, da eine Brauerei ein Bier zumeist nur auf eine Art und Weise vergärt. Ich hatte zwar schon einmal die Möglichkeit Biere zu verkosten, bei denen die unterschiedlichen Chargen auf Grund eines Sys- temwechsels von drei auf ein Tank-Verfahren umgestellt wurden, dennoch waren die Biere nicht nur auf Grund der Umstellung im Gärverfahren deutlich unter- schiedlich und ein Rückschluss somit nicht möglich. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 21 von 49
Angetroffene Technik | Einsatz von Holzfässern in der Gärung und Lagerung | 2.9 Auf jeden Fall muss das Jungbier nach der Hauptgärung noch in mindes- tens einen weiteren Tank oder Fass geschlaucht werden, um es zu spunden und die Kohlensäure-Bindung im Bier sicherzustellen. Je nachdem ob man im zwei oder drei Tank-Verfahren arbeitet, wird das Bier zur Reifung und Klärung noch in ein weiteres Fass oder einen weiteren Tank transferiert, um dort zu reifen. Gerade bei Weißbier-Brauereien in Bayern findet man zum Teil auch noch Fla- schengärung. Hier wird für die Nachgärung und Reifung in der Flasche je nach Brauerei entweder eine zweite meist untergärige Hefe vor der Befüllung der Fla- schen zugegeben oder teilweise auch mit der gleichen Hefe, wie in der Hauptgä- rung eingesetzt, weiter vergoren. 2.9. Einsatz von Holzfässern in der Gärung und Lage- rung Der Einsatz von Holzfässern in der Brauerei ist in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Waren früher übli- cherweise noch in jeder Brauerei ei- gene Küfer, oder auch Böttcher ge- nannt, angestellt, um die brauereieige- nen Holzfässer und -bottiche herzustel- len und zu pflegen sowie zu reparieren, sind Küfer in der Brauerei nur noch sehr selten anzutreffen. Dies liegt vor allem daran, dass zur Bierherstellung im heutigen Verständnis die Holzfässer vor der Verwendung versiegelt werden und dieser Vorgang sehr aufwendig ist. Diese Versiegelung soll verhindern, dass zum einen die Mikroflora des Hol- zes einen Einfluss auf das Bier hat, aber viel entscheidender ist dabei noch, dass erst durch die Versiegelung die Spun- Abbildung 12 Gär- und Lagertank in der Museumsbrauerei des dung des Bieres ermöglicht wird und Markus Wasmeier Freilichtmuseum die Kohlensäure besser zurückgehalten wird. Traditionell wurde dies mit Pech gemacht. Pech ist eine Mischung aus verschiedenen harzartigen Komponenten und zumeist einem großen Anteil an Fichtenharz in der Rezeptur. Heutiges Brau- erpech ist in der Regel eher gelblich und mehr oder weniger geruchs- wie Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 22 von 49
Angetroffene Technik | Einsatz von Holzfässern in der Gärung und Lagerung | 2.9 geschmacksneutral. Historisch gesehen war dies sicherlich nicht immer so, sondern viel eher schwarz und auch mit einem kräftigen Eigengeschmack verse- hen. Da dieses Pech nicht ewig versiegelt und unendlich haltbar ist, müssen die Fässer regelmäßig neu gepicht werden. Dies führt dann auch gegebenenfalls in den ersten Einsätzen zu einem intensiveren Pecharoma im finalen Bier. Alternativ gibt es mittlerweile auch als Ersatz für das Brauerpech Lack zur Versiegelung der Fassinnenwände. Dieser gibt keinerlei Geschmack an das Bier ab und ist auch beständiger als das Pech. Bei der Herstellung von diversen Sauerbieren wird bewusst auf die Versiegelung verzichtet, um die Mikroflora aus dem Holz selbst auch bei der Gärung verwenden zu können. Diese Mikroflora sorgt dann meist für besonders vielschichtige und komplexe Aromen, die vor allem in jedem neuen Bier wieder unterschiedliche Ergebnisse liefert. Dabei kommt es vor allem auf das Geschick des Brauers an in ausreichendem Maße die Holzfässer zu reinigen, um ungewollte Mikroorganis- men zu unterdrücken und zu entfernen, aber die gewollten zu erhalten. Ebenso unversiegelt sind die Fässer beim sogenannten Barrel-Aging. Dabei wer- den fertig gebraute Biere zur Reifung in Fässer gelagert, um die Aromen aus den Holzfässern aufzunehmen. Dabei sind in der Auswahl der Kombination von Fäs- sern und Bieren quasi keine Grenzen gesetzt. Ähnlich wie bei der Whiskeyher- stellung finden sowohl nur getoastete Fässer sowie auch vorbelegte Fässer immer mehr Einsatz in der Brauerei. Bei der Gärung mit Holzfässern gibt es folglich verschiedenste Möglichkeiten. Früher wurden alle Gärvorgänge in Holzbottichen und Holzfässern vollzogen. Heute finden Holzfässer nur noch bei ganz ausgewählten Bieren Verwendung. Allen voran steht die Reifung in Holzfässern, die sicherlich gerade im bayrischen Raum noch am häufigsten anzutreffen ist. Wenn auch nicht alle im Holzfass aus- geschenkten Biere darin gereift werden. Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 23 von 49
Angetroffene Technik | Yorkshire Square | 2.10 2.10. Yorkshire Square 12 Der Yorkshire Squ- are ist ein englisches Gärgefäß, welches ganz ursprünglich aus Sandstein, anschlie- ßend aus walisischem Schiefer hergestellt wurde und eine quad- ratische Form hat bzw. hatte. Moderne Yorkshire Square sind aus Edelstahl und meist rund geformt, auch wenn es nur noch sehr wenige Braue- reien in England gibt, die dieses System ein- Abbildung 13 Yorkshire Square der Samuel Smith Brewery in Tadcaster setzen. Das Besondere an dem Yorkshire Square ist die Zweiteilung. Zu Beginn wird die angestellte Würze inklusive Hefe im Kreis gepumpt. Nachdem die Hefe ange- kommen ist, wird die Zirkulation mittels Pumpe gestoppt. Zwischen den beiden Teilen des Systems gibt es eine Öffnung, durch die die Kräusen vom unteren Teil in den oberen Teil gelangen. Das enthaltene Bier trennt sich dann von der Hefe und allen unedlen Bestandteilen und fließt wieder zurück in den unteren Teil des Systems. Mit dem Yorkshire Square gibt es durch die Bauweise drei Vorteile. Zum einen kann man die Kräusen und somit die gär-aktive Hefe sehr gut vom oberen Teil ernten und zum Anstellen neuer Würze verwenden und zum anderen trennt man die ungewünschten Komponenten durch das aufschwemmen in den oberen Teil des Systems vom Rest der Würze bzw. dem Jungbier ab und man erhält so wei- chere und rundere Biere. Zuletzt wäre noch der Vorteil der guten Hefeverteilung zu Beginn der Gärung zu nennen, da die Zirkulation mittels der Pumpe dafür sorgt, dass die Hefe quasi überall in der Würze verteilt ist und so optimale Bedin- gungen herrschen. 12 Yorkshire Square der Samuel Smith Brauerei, https://www.samuelsmithsbrewery.co.uk/wp-content/uplo- ads/2015/03/Yorkshire-Squares-1307011SamuelSmiths_012-1.jpg?id=441, 10.09.2019, Samuel Smith Brewery Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 24 von 49
Angetroffene Technik | Burton Union System | 2.11 2.11. Burton Union System 13 Mit wachsendem Interesse der Engländer an Bier und immer größer werdenden Städten wuchsen auch die Brauereien. Dabei galt es vor al- lem immer mehr Bier in immer kür- zerer Zeit zu brauen und dabei mög- lichst hohe Qualität zu bieten. Dies machte die Briten sehr erfinderisch. Während man in London auf immer größer werdende Gärgefäße setzte, Abbildung 14 Kupferstich des Burton Union Systems der Bass Brauerei wurde in Burton-upon-Trend ein System erfunden, welches viele Gär- gefäße miteinander verband und zusätzlich noch ermöglichte vitale und gärfähige Hefe zu ernten und diese frische Hefe gleich wieder zu den neuen fertigen Suden zu geben, um möglichst keinen Zeitverzug zu haben. Dies waren somit auch die ersten Ansätze einer kontinuierlichen Bierproduktion. 2.12. Brauen mit Schwerkraft und Muskelkraft 14 Was früher auf Grund einge- schränkter technischer Mög- lichkeiten gang und gäbe war, ist heute auch eher eine Philo- sophie Sache und wird zu- meist nur noch auf Grund be- stehender Gegebenheiten in der täglichen Routine einge- setzt. Gemeint sind das Brauen und Transferieren von Flüssigkeiten ohne Einsatz Abbildung 15 Pfanne und Läuterbottich der Museumsbrauerei des Markus Wasmeier Freilichtmuseums von Pumpen. Ebenso wie heute galt es früher auch Ener- gie möglichst effektiv zu nutzen und wo es möglich war diese auch einzusparen. Sicherlich geschah dies auch aus dem Hintergrund heraus, dass Energie früher schwierig zu gewinnen und teuer war, die Übertragung zumeist mit extremen 13 https://miro.medium.com/max/1671/1*02Wb6Qyq9ukZOF38UfZqZA.jpeg , Etching of the Bass Union sys- tem,10.09.2019 14 Bild Nr.19 Schöpfbrauerei Hoamt Bayern Museumsbräu, Markus Wasmeier Freilichtmuseum Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 25 von 49
Angetroffene Technik | Brauen mit Schwerkraft und Muskelkraft | 2.12 Verlusten verbunden war und eine Versorgung zumeist nicht kontinuierlich sichergestellt war. Heutzutage wird das Thema Energiesparen wieder sehr hoch geschrieben, um die Umwelt möglichst wenig zu belasten, wobei die Pumpen dabei weniger in Be- tracht gezogen werden. Dennoch gibt es noch eine Menge Sudhäuser, die meisten aus dem 20. Jahrhundert, die bewusst auf Schwerkraft setzen, um die Maische oder Würze von einem Gefäß ins nächste zu schlauchen. Interessant wird es für die Qualität des Bieres auf jedem Fall nach der Hefegabe. Hefezellen leiden unter der Scherbelastung während des Pumpens und so gibt es auch ein paar wenige Brauereien, die eben diese Scherbewegung möglichst geringhalten und weitest- gehend auf den Einsatz von Pumpen verzichten und die Bewegung der Würze und des Bieres durch Schwerkraft bewerkstelligen. Der wichtigste Punkt dabei ist, dass der Auslauf des abgebenden Gefäßes oberhalb des aufnehmenden Gefäßes liegt. Zumeist war die einzige Pumpe in der Brauerei die Pumpe, die die heiße Würze nach der Sudpfanne auf das Kühlschiff unter dem Dach pumpte. 15 Eine besondere Form der Nutzung der Schwerkraft kann man in der Museums- brauerei des Markus Wasmeier Freilicht- museums erleben. Hier wird nicht nur die Schwerkraft als treibende Kraft genutzt, sondern zudem die Maische und auch die Würze mittels Schöpfkellen bzw. Schöp- feimern aus der Pfanne in die Rinne zum Läuterbottich bzw. zum Kühlschiff ge- schöpft. Dies ist nicht nur langwierig, sondern auch körperlich sehr anstren- gend, da es zumindest in der Pfanne kei- nen Auslauf gibt, sondern wirklich alles mit purer Muskelkraft nach oben heraus- geschöpft werden muss. Abbildung 16 Läuterarbeit mit Schöpfkellen in der Muse- umsbrauerei des Markus Wasmeier Freilichtmuseums 15 10_IMG_4445, Markus Wasmeier Freilichtmuseum Markus Ernst Abschlussarbeit Seite 26 von 49
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