Hundeeinsatz in Wildtierforschung und Naturschutz - Wie Hunde Monitoring und Forschung unterstützen können - Waldwissen.net

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FVA-einblick 1/2018                                                                                                   19

Hundeeinsatz in Wildtierforschung und Naturschutz -
Wie Hunde Monitoring und Forschung unterstützen können
von Felix Böcker

Dass Hunde uns mit ihrer guten        Rückblick                               Monitoringmethoden sind mangels
Nase bei verschiedenen Aufgaben                                               geeigneter Alternativen auch heute
unterstützen können, ist längst be-   Das Monitoring von Tier-, Pflan-        noch invasiv und können die Tiere
kannt. Neben Einsatzgebieten wie      zen- oder Pilzarten ist heute ein       stören. In vielen Fällen scheint hier
dem Polizeidienst oder der Jagd,      wesentlicher Bestandteil der Um-        der Einsatz von speziell trainierten
werden Hunde inzwischen auch          weltforschung, der sowohl für die       Hunden eine sinnvolle Ergänzung
bei der Suche nach Arthinweisen       Wissenschaft, als auch für das Ma-      zu sein (Tom 2012). Verschiedene
für wissenschaftliches Monitoring     nagement von Arten oder sogar Öko-      wissenschaftliche Untersuchungen
oder den Naturschutz eingesetzt       systemen nicht mehr wegzudenken         haben bereits gezeigt, dass der Ein-
(BRAUN 2013). Die Einsatzmög-         und teilweise auch vorgeschrieben       satz von Spürhunden Fehlerquellen
lichkeiten sind hier divers und na-   ist. In den meisten Fällen wird das     eliminieren und homogene Datensät-
hezu unerschöpflich.                  Monitoring in Feld und Flur von Per-    ze von hoher Qualität erbringen kann
                                      sonen durchgeführt, die ein besonde-    (Gutzwiller 1990, Vynne et al. 2011,
                                      res Fachwissen vorweisen müssen.        Arandjelovic et al. 2015).
                                      Nur so ist es in vielen Fällen mög-     Bereits Mitte des vergangenen Jahr-
                                      lich Hinweise auf eine bestimmte Art,   hunderts wurden Hunde dafür einge-
                                      oder die Individuen selbst zu finden.   setzt Raufußhühner aufzuspüren und
                                      Der Mensch ist hierbei meist allein     anzuzeigen. Diese Methodik – das
                                      auf seine Augen angewiesen. Zudem       Aufspüren von Niederwild mit Hilfe
                                      muss er sich beispielweise bei der      von Vorstehhunden – ist in der Jagd
                                      Suche nach Tierarten an deren Akti-     schon lange bekannt, doch wurde sie
                                      vitätszeiten anpassen und häufig viel   hier erstmals angewendet, um die
                                      Zeit aufwenden, um die gewünsch-        Hühner für Bestandsuntersuchungen
                                      ten Ergebnisse zu erlangen. Viele       zu zählen. Der Erfolg dieser Methode

                                      Abb. 1: Vorstehhund im Einsatz bei Raufußhuhnzählungen im Projekt
                                      „Auerhuhn & Windenergie“                          (Foto: Julia Taubmann)
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                                                                                 aufzuspüren und anzuzeigen. Mittler-
                                                                                 weile haben etliche Projekte in allen
                                                                                 Gegenden der Erde bewiesen, dass
                                                                                 der Einsatz trainierter Hunde einen
                                                                                 erheblichen Mehrwert bringen kann
                                                                                 (Long et al. 2007, Reed et al. 2011).
                                                                                 Tiere oder Pflanzen verschiedener
                                                                                 Artengruppen oder deren Hinweise
                                                                                 konnten somit erfolgreich untersucht
                                                                                 werden. Neben terrestrisch leben-
                                                                                 den Säugetieren, Reptilien oder Vö-
                                                                                 geln wurden Hunde beispielsweise
                                                                                 auch bei der Erforschung von Walen
                                                                                 (Lundin et al. 2016) oder Fliegen ein-
                                                                                 gesetzt.

                                                                                 Einsatz von Hunden im
                                                                                 Wildtiermonitoring der FVA
     Abb. 2: Wolfsspürhund im Training
                                                                                 Seit wenigen Jahren werden auch in
                                                                                 der Wildtierforschung der FVA Hunde
     wurde anschließend auch in anderen     Hilfe der Hunde gezielt zum Zwecke   eingesetzt, um Hinweise auf Luchs,
     Gegenden bekannt. So begann man        der Schadensbekämpfung aufzuspü-     Wolf und Auerhuhn effektiver auf-
     Ende des 19. Jahrhunderts in Austra-   ren. Mit der Weiterentwicklung von   zunehmen. Im Projekt „Auerhuhn &
     lien und Neuseeland damit, trainier-   genetischen Analysemethoden in der   Windkraft“ helfen Vorstehhunde bei
     te Hunde einzusetzen, um Füchse        Naturforschung wurde zunehmend       Reproduktionszählungen in Schwe-
     und andere invasive Tierarten auf-     auch das Monitoring von Hinweisen    den dabei, Gesperre der Vögel auf-
     zuspüren. Da diese Tierarten nicht     wie Kot, Haaren und Federn bedeu-    zuspüren. Hierüber ist es teilweise
     heimisch, sondern eingeschleppt        tender. Hier begann man nun auch     erst möglich, flächig Aussagen über
     waren und für Schäden im Ökosys-       auf weiteren Kontinenten Hunde da-   die Reproduktion der Raufußhühner
     tem sorgten, versuchte man sie mit     rauf zu trainieren, diese Hinweise   zu treffen. Im Luchsmonitoring helfen
                                                                                 Hunde immer wieder dabei, Über-
                                                                                 reste von gerissenen Wildtieren zu
                                                                                 finden. Besonders bei der Kontrolle
                                                                                 von Rissplätzen besenderter Luch-
                                                                                 se waren die Hunde eine große Hil-
                                                                                 fe, um punktgenau an die Stelle des
                                                                                 Kadavers zu gelangen. Ein solcher
                                                                                 Einsatz bedarf zwar nicht unbedingt
                                                                                 eines aufwändigen Trainings, doch
                                                                                 zeigt diese Methodik, dass effekti-
                                                                                 ver und schneller gearbeitet werden
                                                                                 kann, wenn man sich auf die Nase
                                                                                 eines suchenden Hundes verlässt.
                                                                                 Im Wolfsmonitoring Baden-Württem-
                                                                                 bergs wird zunehmend auch eine
                                                                                 Hündin eingesetzt, die gelernt hat,
                                                                                 Wolfshaare und -losung aufzuspü-
                                                                                 ren und anzuzeigen. In von Wölfen
                                                                                 besiedelten Gegenden Deutschlands
                                                                                 konnte diese Hündin bereits bewei-
                                                                                 sen, dass so mehr über die Anwe-
     Abb. 3: Darstellung eines Suchtransektes, das im Rahmen des Projek-
     tes “Auerhuhn & Windkraft” mit einem Vorstehhund begangen wurde. Der        senheit und das Verhalten von Wöl-
     Hundeeinsatz ermöglicht es, eine größere Fläche effektiv abzusuchen.        fen herausgefunden werden kann
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FVA-einblick 1/2018                                                                                                       21

(Böcker 2016). Künftig wird die          müssen     Schulungen  angeboten        den Einsatz von Artenspürhunden
FVA noch weitere aus dem Jagd-           werden, um interessierte Hunde-         zu bieten und um die Methode in
und      Wildtiermanagement-Gesetz       halterinnen und Hundehalter für ei-     Mitteleuropa bekannter zu machen,
(JWMG) abgeleitete Monitoring-           nen möglichen Einsatz ausreichend       gründete sich im Jahr 2015 der Ver-
Pflichten erfüllen, die unter anderem    fortzubilden.                           ein „Wildlife Detection Dogs e.V.“
als Grundlage für den Wildtierbericht                                            aus Personen aus Wissenschaft, Na-
dienen, der alle drei Jahre erstellt                                             turschutz und Jagd. Er bietet neben
wird. Dabei müssen unterschiedli-        Ausblick                                einem internen und öffentlichen Aus-
che Methoden eingesetzt und mit-                                                 tausch auch regelmäßig Veranstal-
einander kombiniert werden, um           Im Bereich der Wildtierforschung an     tungen an, bei denen das Training
mit möglichst geringem Aufwand für       der FVA werden zukünftige Einsät-       der Hunde verbessert und ein Infor-
Baden-Württemberg Aussagen über          ze weiterhin mit Hilfe von trainier-    mationsaustausch auf internationaler
die Bestandessituation der im JWMG       ten Hunden durchgeführt. Darüber        Ebene gewährleistet ist.
enthaltenen Wildtierarten treffen zu     hinaus ist beispielsweise auch ein
können. Zu den gegebenenfalls ein-       Einsatz in Bereichen wie dem Wald-
zusetzenden Methoden gehört neben        schutz denkbar. Trainierte Hunde
der Jagdstatistik, dem Zufallsmoni-      könnten helfen, vom Borkenkäfer
toring, dem systematischen Fotofal-      oder Laubholzbockkäfer befallene
lenmonitoring oder dem genetischen       Bäume effektiver zu kartieren. Auch
Monitoring auch der Einsatz von          könnten Hunde von Wildtierbeauf-
Spürhunden. Beim Monitoring des          tragten oder anderen kooperierenden
Baummarders beispielsweise kann          Personen in Monitoringprogramme
durch den Einsatz von Spürhunden         eingebunden werden. Die Methode
die Losung des Baummarders von           ist in Mitteleuropa noch jung. Erste
der Losung des Steinmarders klar         Projekte und Initiativen zeigen aber,
unterschieden werden. Wenn beim          dass die Nachfrage wächst und mit
landesweiten Monitoring Hunde zum        einer Etablierung in Wissenschaft       Felix Böcker
Einsatz kommen sollen, kann dies         und Forschung zu rechnen ist. Um        FVA, Abt. Wald und Gesellschaft
längerfristig nicht zentral von Seiten   eine Austauschplattform für Prakti-     Tel.: (07 61) 40 18 - 2 74
der FVA geleistet werden. Vielmehr       zierende und Interessierte rund um      felix.boecker@forst.bwl.de

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