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LSH-Newsletter vom 30.09.2022 Herzlich willkommen zum NL der emsigen Ameisen. Deren Arbeitsstil haben wir nie so ganz durchschaut, ist uns aber sympathisch. Einfach mal ein bisschen Wind machen und hin und her wuseln. Ein Team um den Biologen Patrick Schultheiss von der University of Hongkong hat sich nun von diesen umtriebigen Ameisen inspirieren lassen und ganz ge- nau nachgezählt: Es gibt 20 Billiarden von ihnen auf der Erde, was einer 20 mit 15 Nullen entspricht. Wir hoffen, dass unsere traditionelle Sommer-Ameisenstraße auf dem Sims des Institutsgebäudes mitberücksichtigt wurde, die stets im Nirwana endet. Nicht, dass die Zählung wieder von vorn beginnen muss! https://sz.de/1.5660106 I. Eilmeldung < Kann Wissenschaft verständlich sein? > So lautet der Titel eines Buches von Ernst Glaser Zu welchen Erkenntnissen Ernst Glaser gelangt aus dem Jahre 1965, das wir nur deshalb zur ist, wissen wir leider nicht, weil wir selbst keine Kenntnis nahmen, weil doch tatsächlich eine Stu- Bücher lesen. Wir rufen aber erschrocken aus: dentin aus unserer Institutsbibliothek ein echtes „Gott behüte! Verständlichkeit wäre der Tod der Buch, und dann noch eines aus der Steinzeit, aus- Wissenschaft!“ leihen wollte. II. Law & Politics < Das Eichhörnchen-Prinzip > Nach den Ameisen nun also die Eichhörnchen gewesen. Das Recht auf informationelle Selbstbe- und deren Prinzipien. So berichtet Wolfgang Ja- stimmung schütze den Einzelnen gegen informa- nisch von der Süddeutschen Zeitung, das Bundes- tionsbezogene Maßnahmen, die für ihn weder verfassungsgericht habe es der Polizei untersagt, überschaubar noch beherrschbar seien. Erken- von einem Sprayer „nach dem Prinzip Eichhörn- nungsdienstliche Maßnahmen seien auf das zu be- chen“ eine Datenbank mit verschiedenen Fotos schränken, was „konkret notwendig“ für ein sowie Finger- und Handflächenabdrücken anzu- Strafverfahren sei. legen, um für etwaige künftige Fälle gewappnet zu sein. https://sz.de/1.5641894 Diese erkennungsdienstlichen Maßnahmen seien Auch die berüchtigte Vorratsdatenspeicherung, für die Aufklärung der Sprayaktion gar nicht nötig über die wir immer wieder mit Schaum vor dem Mund berichteten und der es nunmehr hoffent- lich endgültig an den Kragen ging, stand für die
NL vom 30.09.2022 anlasslose Speicherung zahlreicher Verkehrsdaten „auf Vorrat“, also für eine mögliche spätere Nut- Aber die Eichhörnchen sammeln beileibe nicht zung. ohne Sinn, Zweck und Verstand, wie uns von NABU bestätigt wird: https://strafrecht-online.org/nl-2015-10-23 [II.] „Doch wer versteckt, muss auch wiederfinden. https://strafrecht-online.org/spon-vorrat-22 Deshalb sind bei Tierarten, die Nahrungsverste- cke anlegen, bestimmte Hirnareale besonders aus- Und um ein drittes Beispiel aus diesem schier un- geprägt, um die Versteckorte zu speichern. So erfindlichen Reservoir der anlasslosen Sammel- versteckt das nordamerikanische Rothörnchen wut zu nennen: Im Kampf gegen den Kindes- schätzungsweise etwa 10.000 Nüsse pro Saison missbrauch will die Kommission nunmehr Chats und findet die allermeisten wieder! Manche De- auf verdächtige Inhalte hin scannen lassen. pots werden sogar ausgegraben, die Qualität über- prüft und dann erneut vergraben. https://sz.de/1.5636760 Beim Finden spielt auch der Geruchssinn eine Wir wollen an dieser Stelle gar nicht ein weiteres Rolle. Selbst durch die Schneedecke hindurch er- Mal gegen unverhältnismäßige Grundrechtsein- schnuppern die Tiere ihre Vorratslager. Nicht ge- griffe ohne Anlass wettern, auch weil wir diesbe- fundene Samen füllen zwar nicht den Magen der züglich ein wenig müde geworden sind. Aber wir Hörnchen, aber erfüllen auch ihren Zweck: Aus finden es echt gemein, dass plötzlich das Eich- ihnen können neue Bäume sprießen und den hörnchen in den Dreck gezogen wird, dem impli- Wald ergänzen! Eichhörnchen bauen sich also ih- zit vorgeworfen wird, es sammele einfach mal so. ren Lebensraum ein Stück weit selbst.“ Zugegeben machen wir gerade auch bei unseren https://strafrecht-online.org/nabu-eichhoernchen Institutseichhörnchen eine gewisse Hektik in der Nähe des Haselnussbaums aus, die wir nicht Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass dies die nachvollziehen können. Denn wir haben Sie be- europäischen Eichhörnchen nicht hinbekommen. reits mehrfach darüber informiert, dass Urban Also: Hände weg von diesen Bildern im Zusam- Wildlife in Freiburg allein den Steinmarder und menhang mit der anlasslosen Sammelwut des den Igel in unserem Institutsgarten vor die Linse Staates. Auch wenn der Teufel ein Eichhörnchen bekam, die sich einen Kehricht um die Haselnüsse sein soll. kümmern. Das dürfte doch auch den Eichhörn- chen nicht entgangen sein, es sei denn, sie halten streng die Nachtruhe ein. III. Ratgeber LSH < heute: Alles zum Studienbeginn > Der LSH rühmt sich in bescheidener Selbstein- Kategorie, die man nicht braucht“, die nicht nur schätzung, die für ein erfolgreiches Studium es- zufällig das Kernelement des Newsletters seit senziellen Bausteine für Sie parat zu haben. Wir mehr als 20 Jahren ausmacht. meinen nicht etwa unser solides strafrechtliches Halbwissen, das wir gerne als das Nonplusultra „Und wie steht es mit einer Wohnung oder einem verkaufen, sondern vielmehr unsere umfängliche Zimmer, Ihr Schlaumeier?“ werden Sie vielleicht Mensa-Expertise, die sich RH in nunmehr fast einwenden. „Ein Bude liegt uns nämlich durchaus vier Jahrzehnten angeeignet hat, oder eben „die am Herzen, und wir sehen hier kein Land.“ -2-
NL vom 30.09.2022 Auch diese Frage bringt uns keinesfalls aus dem habe wegen der miesen Wahlbeteiligung selbst Konzept. So verweisen wir in diesem Fall einfach Dreck am Stecken. Der Student wolle einfach nur auf https://www.wohnheim-freiburg.de, bei der studieren, eine Bude haben und vielleicht mal mit es laut Bezeichnung im Browser-Tab um ein „Stu- einer „Ausgehbegleitung“ oder „Couleurdame“ dentenwohnheim“ gehen soll und attraktiver „vögeln“, auch wenn er sie nicht so nenne. Nicht Wohnraum zur Verfügung steht: mehr und nicht weniger. „Die Zimmer sind zwischen 16 und 20m² groß https://strafrecht-online.org/taz-warnung und befinden sich im dritten Stock des Hauses. Möbel sind bereits vorhanden, können aber auch Lustig. Der „Beitrag“ von Christian Füller ist selbst mitgebracht werden, so dass der freien Ge- mehr als zehn Jahre alt, in denen sich einiges in staltung deiner neuen Bleibe nichts im Wege der Genderdebatte getan hat, wie wir gerne zuge- steht. Die Zimmer verfügen über kostenloses In- stehen. Aber ganz so einfach war es auch schon ternet und kosten 300,- € im Monat inkl. aller Ne- 2011 nicht. Wenn Füller das misogyne Frauenbild benkosten.“ der Studentenverbindungen teilt, soll das seine Sa- che sein, und zwar allein. Auch in der schlagenden Und das Beste: In der Wiehre-Villa um die Ecke Corps Suevia sind Frauen im Übrigen nur als die der Universität kümmert sich ein Haushälterehe- besagte Ausgehbegleitung zugelassen, vermutlich paar um die Sauberkeit und die Verpflegung der aber nur dann, wenn sie was hergibt und sich be- Studenten. dingungslos hingibt. Aber Moment mal. Heißt es nicht Studierenden- Und selbst dann, wenn man für ein Zimmer nicht wohnheim? Und warum findet man auf der Seite gleich in die Verbindung eintreten müsste, ist die des Studierendenwerks dieses konkurrenzlos at- Gefahr einer Prägung durch ein nicht nur flüchti- traktive Angebot nicht? ges Umfeld hinlänglich untersucht. Neben patri- archalen Strukturen käme eine in vielen Verbin- https://strafrecht-online.org/swfr-wohnen dungen bedenkliche politische Grundhaltung hinzu, der man in den beschriebenen Gemein- Nun ja, „das Wohnheim ist nicht nur dein poten- schaftsräumen, bei Konferenzen, Vorträgen, Fei- tielles neues Zuhause, es ist auch die Heimat des ern, Bällen und weiteren Aktivitäten ohne Unter- Corps Suevia“, lesen wir auf wohnheim-frei- lass ausgesetzt wäre. Das Haushälterehepaar wie- burg.de weiter. derum wird beim Durchsaugen ein waches Auge auf die Zimmerausstattung haben und Jungle Ja, und? Meinetwegen teilen wir uns dieses Haus World ohne viel Aufhebens konfiszieren. eben. Hauptsache, ich habe ein Zimmer für 300 Euro inkl. aller davongaloppierenden Nebenkos- Und daher sind wir ganz altmodisch und rufen: ten, und gescheites Internet dazu. Wir haben so- „Finger weg!“ Und liefern den folgenden ein- gar in Gestalt der taz eine machtvolle Fürspreche- dringlichen Warnhinweis kostenlos gleich mit. rin, die man gemeinhin nicht als verbindungs- freundlich einstuft. https://www.suevia-freiburg.de/ Deren Argumentation geht so: Man solle nicht Und was ist nun mit dem Zimmer? Haltung hat wie der AStA voller Bedenken daherkommen, er ihren Preis. Weitersuchen! -3-
NL vom 30.09.2022 IV. Feuilleton < Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm > Richterin Barbara Salesch ist nach sage und Schweigerecht aufzuklären, ist dann nur konse- schreibe 10 Jahren zurück auf Sendung und die quent. Kolumnist:innen der Republik stürzen sich auf die erste Folge. „Kann ja jeder“, denken wir uns. Diese Fehler zu bemerken, um sie adäquat zum Die eigentliche Frage ist doch aber, ob das Straf- eigenen Vorteil nutzen zu können, bedarf freilich gericht auf RTL auch nach zwei Wochen noch die juristischer Expertise, die Straf- und Kultverteidi- eigenen „Qualitätsansprüche“ erfüllt oder sich ger Malte Höch – vermutlich des Drehbuchs we- wie beim Tanz mit der Limbo-Stange sukzessive gen – offenkundig nicht zuteilwird. Interveniert unterbietet. Und so haben wir uns direkt die hat er jedenfalls nicht, auch nicht, als er sich den fünfte und sechste Folge vorgenommen. verdienten Keks bei einer Tasse Kaffee im Rich- terinnenzimmer schmecken lässt. Aufgrund der Ihre zweite Arbeitswoche beginnt für Richterin imposant vor ihm in Stellung gebrachten Kom- Salesch, die sich eigentlich schon im Ruhestand mentierung zum BtMG, die bei Raubdelikten und befindet, mit einem „skrupellosen Einbruch“ – so strafprozessualen Fragen nur selten zur Lösung der Folgentitel. Die ehemaligen Häftlinge Robert rechtlicher Probleme beitragen dürfte, vermuten „Bobby“ Merten und Dennis Vollmer sind ange- wir aber, dass er sich entweder im Gerichtssaal ge- klagt, in das Haus von Bobbys Freundin Rabea irrt hat oder aber der Kommentar die Gesamtat- bzw. deren Mutter Klara Selbmann eingebrochen mosphäre einfach etwas „juristischer“ wirken las- zu sein und Bargeld in Höhe von 50.000 € gestoh- sen soll. len zu haben. Ein Blick auf seine Homepage, wo er seine „lang- Zu Beginn der Folge werden wir zunächst positiv jährigen Erfahren (sic!) bei Medienauftritten“ und überrascht, da mit der Altersarmut und der Part- den Einsatz „aktuellster Online-Rechtsdatenban- nersuche von Strafgefangenen zwei Themen an- ken“ (beck-online? juris?) als Qualitäten hervor- gesprochen werden, die ansonsten keine Öffent- hebt, rundet den verwirrenden Gesamteindruck lichkeit bekommen, uns hingegen schon sehr ab. Über ein Tablet verfügte er jedenfalls in der lange beschäftigen. Hauptverhandlung, konnte er doch darüber von seinem Platz aus Beweisvideos auf einem großen Auch was die schauspielerische Besetzung angeht, Bildschirm abspielen, um diese der Beweisauf- werden hohe Erwartungen geweckt: Anders als nahme zuzuführen. Der Verdacht, die Printfas- etwa bei den Verfilmungen von Ferdinand von sung des BtMG-Kommentars diene allein Protz- Schirachs „Terror“ oder „Gott“ bedarf es zur zwecken, erhärtet sich damit einmal mehr. Qualifikation für Barbara Salesch offenbar zweier juristischer Staatsexamina, jedenfalls sind Richte- Oberstaatsanwalt Bernd Römer findet das Argu- rin, Verteidiger und Staatsanwalt jeweils „echt“. ment, verurteilte Straftäter würden ohnehin er- neut straffällig, derart überzeugend, dass sich Doch wir werden schnell enttäuscht. Richterin Sa- seine gesamte Beweisführung im Wesentlichen lesch teilt unsere Einstellungen zu Strafgefange- hierin erschöpft. Vielleicht sind die fehlenden Ar- nen nicht, erklärt die Unschuldsvermutung impli- gumente aber auch dem Umstand geschuldet, zit für überholt und echauffiert sich erst einmal dass der Oberstaatsanwalt zwar seinen „Schönfel- über die beiden Angeklagten („Fünf Wochen der“ bereits gegen den neuen „Habersack“ einge- nach Haftentlassung und schon wieder ein Ein- tauscht, dabei aber anscheinend versehentlich bruchsversuch!“). Bereits vor Verhandlungsbe- zum Ergänzungsband gegriffen hat, in dem zu ginn qualifiziert man sich also für ein Ableh- Ablehnungsgesuchen und Diebstahlsdelikten lei- nungsgesuch. Den Angeklagten nicht über sein der wenig zu finden sein wird. Die Zuschauer:in- nen im Gerichtssaal dürften jedenfalls mit jedem -4-
NL vom 30.09.2022 gemurmelten „einmal kriminell, immer kriminell“ Fensterkulisse direkt auf eine Strafvollzugsanstalt. ihre Vorurteile gegenüber Strafgefangenen weiter Fehlt nur noch eine Seufzerbrücke wie in Vene- gefestigt haben. Von Sozialromantik wie dem dig, wo der Ponte dei Sospiri den Dogenpalast mit Ideal der Resozialisierung fehlt jede Spur. Selbst dem neuen Gefängnis verbindet und den Gefan- die herkömmliche Romantik kommt im Strafge- genen noch einen letzten Blick auf die Freiheit der richt von Barbara Salesch unserer Meinung nach Lagune gewährt. zu kurz: Auf die Frage der Richterin, was denn das Wichtigste in einer Beziehung sei, antwortet die Wer jedoch das Strafgericht von Barbara Salesch Freundin des Angeklagten: „Dass man sich gut schaut, blickt nostalgisch auf eine Zeit, in der – so findet. Also … scharf!“ vermutlich die Annahme der Produktion – zu- mindest das Fernsehen noch besser war. Die In der zweiten von uns gesehenen Folge wird es Rückkehr von Barbara Salesch reiht sich nahtlos nicht gerade romantischer. Barbara Salesch muss in die derzeit grassierende Retro-Welle des deut- über die Schuld des „Fachanwalts für Frauen“ schen Fernsehens ein: „TV Total“, „Wetten, dass Justus Krämer entscheiden, weil der Rechtsan- …?“, „Der Preis ist heiß“ oder auch „Geh aufs walt, der Männer nur vertritt, wenn er selbst Ganze!“ knapp bei Kasse ist, seinen Mandanten Andreas Beyer mit einer Statuette der Justitia erschlagen Da junge Menschen vor allem Streaming-Plattfor- haben soll. Als Zuschauer blickt man neidisch auf men nutzen, konzentrieren sich die Fernsehsen- die Göttin der Gerechtigkeit. Schließlich müssen der in konsequenter Weise auf ihr immer älter ihre verbundenen Augen dieses Elend nicht mit- werdendes Publikum und reanimieren altbe- ansehen. Als die Freundin des Angeklagten im kannte Formate. Nach zwei Folgen „Barbara Sa- Zeugenstand dann einen Ohnmachtsanfall erlei- lesch – Das Strafgericht“ sind wir skeptisch, ob det, wird die Verhandlung für zehn Minuten un- man mit manischem Blick auf die Vergangenheit terbrochen. Davon können Examenskandidat:in- den Weg in die Zukunft finden wird. Statt der nen allerdings nur träumen. Ausdifferenzierung eines Zwei-Altersklassen- Programms wünschen wir uns ein inklusives https://strafrecht-online.org/zusammenbruch-bonn Fernsehen, das Alte und Junge wieder ins Ge- spräch bringt. Wie wäre es mit „SOKO Berlin – Was den Angeklagten blüht, wenn Richterin Bar- Tag & Nacht“, dem „ZDF Fernsehgarten mit bara Salesch sie schuldig spricht, wird durch das Joko & Klaas“ oder „Schlag den Bergdoktor“? Bühnenbild nicht gerade subtil in Szene gesetzt. Zumindest Letzteres würden wir uns gerne an- Hinter dem Strafverteidiger blickt man durch die schauen. V. Forschung < Bin ich was wert und wenn ja wie viel? > Ab und zu liest man Umfragen zur Frage: „Wel- Rechtschreibprüfung auch gleich einmal rot un- che dieser Berufe genießen Ihrer Meinung nach terkringelt (70 %). Die Hochschulprofessorin und ein hohes bzw. kein hohes Ansehen?“ In der der Hochschulprofessor rangieren mit 60 % zwar jüngsten liegt wieder die Feuerwehrfrau bzw. der deutlich vor der Beamtin oder dem Beamten (30 Feuerwehrmann mit 93 % an der Spitze, gefolgt %), obwohl sie in aller Regel in diese verderbliche vom Krankenpfleger bzw. der Krankenpflegerin Kategorie fallen, aber eben auch nur im Mittel- (88 %) und beispielsweise dem Müllmann oder feld. der Müllfrau. Letztere erwähnen wir aber nur der Vollständigkeit halber, sie wird von der Word- https://strafrecht-online.org/statista-berufe -5-
NL vom 30.09.2022 Und wenn die Professorinnen und Professoren Jetzt müsste man nur noch in transparenter Weise dann noch diese vermaledeiten Studierenden- auf der Website die jeweilige Einwerbungsquote Evaluationen zur Kenntnis nehmen müssen, an benennen müssen, um den auch von den Univer- denen man heute kaum noch vorbeikommt, stel- sitäten und den Bildungsministerien erhofften len sie sich vielleicht selbstkritisch schon die Battle so richtig zu entfachen. Denn von diesen Frage: „Bin ich was wert?“ Und sie erinnern sich Drittmitteln wird immer eine gewisse Quote, der wehmütig an vergangene Zeiten, die sie jedenfalls sog. Overhead, im Wesentlichen für nichts für die aus dem Fernsehen kennen und in denen einem Verwaltung einbehalten, zudem kann man ja die und der ganzen Entourage mit dem Hinweis auf reguläre Finanzierung der Universitäten ein biss- den Professorentitel die Welt mit all ihren An- chen runterfahren. Aber würden denn diese Dritt- nehmlichkeiten österreichgleich zu Füßen lag. mittel auch in die Lehre fließen? Nicht direkt, aber die Studierenden sollten sich freuen, wenn an ih- Aber Moment mal: Welchen großen Geist stört rer Universität schlaue Menschen forschen. Man schon die Einschätzung der Studierenden oder kann sich von ihnen halt in Journals, nur eben gar des einfachen Volkes, für die der Feuerwehr- nicht im Hörsaal einen Eindruck verschaffen. mann schon seit Kinderzeiten der Traum Denn über die Drittmittel wurde ihnen zugleich schlechthin war? Von solchen Flausen sollte man ein Forschungsfreisemester eingeräumt, oder sich schleunigst freimachen. auch mal zwei. Sie meinen also, dass man es mit der „C 4-Besol- Und so boomt das Drittmittelgeschäft wie ver- dung “ definitiv geschafft hat, die im Vergleich zu rückt, weil man sich der Forschung hingeben und „W 3“ doch noch immer den Charme des be- prestigeträchtige Gelder generieren kann. In auf- schriebenen verstaubt Altehrwürdigen voraushat? wendigen Seminaren lernt man die geheimen Er- Eben nicht, diese Kategorie spiegelt das wahre folgsfaktoren einer Bewerbung auf diese kennen, Ranking der Exzellenz nicht mehr tagesaktuell wi- in Berufungsverfahren wiederum spielen die ein- der. Dieses folgt heute definitiv aus den eingewor- geworbenen Drittmittel eine wesentliche Bedeu- benen Drittmitteln pro Jahr. tung. Und nach der jüngsten Veröffentlichung dieser Wir sind vermutlich nur deswegen mal wieder Tage liegt die Messlatte bei exakt 335.890 Euro mäkelig eingestellt, weil wir regelmäßig die oben pro Jahr. Wem hier gleich ein gehöriger Schreck beschriebene Latte reißen. Aber das Antragsge- in die Glieder fährt: Die Drittmitteleinnahmen je schäft verschlingt erhebliche Ressourcen, zudem Professur in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozi- setzen sich meist diejenigen Anträge durch, die alwissenschaften machten lediglich, aber immer- nicht abseits des Mainstreams wandeln, was den hin noch satte 142.000 Euro pro Jahr aus. Begutachtenden unheimlich wäre. Gewinnmaxi- mierung durch Systemstabilisierung eben. Wer https://strafrecht-online.org/statista-drittmittel sollte da außer uns was zu meckern haben? -6-
NL vom 30.09.2022 VI. News aus der Regio < 72 auf einen Streich > Kurz bevor wir in den Sommerschlaf verfielen, nahmen wir in der Badischen Zeitung noch diese Wir sind ferner ein wenig ratlos, was der Sinn die- beeindruckende Nachricht zur Kenntnis, die das ses Aktionismus ist, außer die Badische Zeitung tapfere Schneiderlein vor Neid erblassen lassen in Entzücken zu versetzen und einmal mehr das müsste: Auf einen Streich, nämlich eine Schwer- Racial Profiling zu befeuern oder Verdrängungs- punktaktion der Polizei auf dem Stühlinger Kirch- effekte zu befördern. Ach so, es soll um einen platz hin, wurden gleich 72 Ermittlungsverfahren „empfindlichen Schlag gegen die Betäubungsmit- mit Bezug auf das Betäubungsmittelgesetz einge- telszene“ gegangen sein. Aber natürlich! Ob sie leitet. sich davon jemals erholen wird? https://strafrecht-online.org/bz-72 Ferner galt es laut Polizeipräsidium den „offenen Handel mit Betäubungsmitteln auf dem Platz“ zu Da bleibt uns nur ein „Chapeau!“ oder „Wow!“ unterbinden. – Bei diesem Hinweis wird die und wir wenden lediglich ganz bescheiden ein, Maske schon ein klein wenig gelupft. Meinetwe- dass Schwerpunktaktionen auf Feldern der gen soll der Handel mit Betäubungsmitteln weiter ubiquitären Delinquenz stets diese Effekte haben. stattfinden, aber bitte nicht am Stühlinger Kirch- Besonders gut funktioniert dies zum Beispiel auch platz und jedenfalls ein wenig dezenter. beim Fahren ohne Fahrschein und ist demzufolge bei derartigen Aktionismustagen sehr beliebt. Wir sind schon auf den nächsten Battle zur Jah- Aber auch jenseits der Delinquenz garantieren wir resendrallye ganz gespannt, wenn es gilt, den Po- Ihnen grandiose Erfolge, wenn Sie Ihr Mailkonto lizeibedarf oder die Videoüberwachung weiter zu nach hinfällig gewordenen Nachrichten durch- forcieren. Und wir rufen salbungsvoll mit der forsten oder einmal schauen, wie es mit nicht Bergpredigt: „Wer suchet, der findet.“ mehr genutzten T-Shirts in Ihrem Schrank aus- sieht. VII. Leute < Berühmte Vorbilder der Zeitgeschichte > In unregelmäßigen Abständen fördern wir für un- Nicht mehr? Nicht mehr, er sollte also lediglich sere alten und treuen Leserinnen und Leser wahre der Grüßaugust sein. Schätze zutage, wenn wir sie zum Beispiel fast se- herisch über Graf Koks von der Gasanstalt infor- Dieser wird als eine Person charakterisiert, die ein mieren, vor dem Robert Habeck wie vor dem sau- repräsentatives Amt bekleidet, mit dem wie beim dischen Prinzen derzeit sicherlich strammstehen bloßen Grüßen keinerlei Machtbefugnisse ver- würde. bunden sind. Die Kombination mit dem August erfolgt dabei in Anlehnung an den Zirkusclown, https://strafrecht-online.org/nl-2019-09-20 [V.] den „dummen August“. Heute wollen wir Ihnen den Grüßaugust näher- RH hat noch einmal nachgedacht und er findet bringen. Und das nicht ohne Grund: So wurden diese Rolle nun doch gar nicht so schlecht. Beim RH kürzlich für eine Veranstaltung die eröffnen- Imbiss möchte er aber in jedem Fall dabei sein. den Worte und die Verabschiedung angetragen. Frühstücksdirektor trifft es eben fast noch besser. -7-
NL vom 30.09.2022 VIII. Events < Das Betätigungsverbot der PKK – Es ist Zeit nachzudenken > Im Zuge der Nato-Erweiterung um Schweden eine restriktive Auslegung, im Strafrecht ist zu be- und Finnland wurde einmal mehr deutlich, welche urteilen, welche Straftaten insoweit berücksichti- politische Bedeutung die türkische Regierung der gungsfähig sind und wie sich die Zurechnung ei- Existenz und dem Wirken der PKK in Europa ner Straftat zur PKK vornehmen lässt. Und über nach wie vor zuschreibt. die Kriminologie schließlich ist zu klären, welche empirische Dimension insoweit auszumachen ist Fast scheint es so, als habe das Bundesinnenmi- und ob sich in den letzten 30 Jahren Veränderun- nisterium auch deswegen derzeit kein großes In- gen ergeben haben. teresse, am Status quo des Umgangs mit der PKK in Deutschland zu rütteln. So ist bereits 1993 und Genauer: Müssen wir bei dieser Analyse nicht sol- damit vor knapp 30 Jahren der „Arbeiterpartei che Straftaten für die Beurteilung ausblenden, die Kurdistans (PKK)“ verboten worden, sich im sich erst aus dem Vereinsverbot ergeben? Wie Geltungsbereich des deutschen Vereinsgesetzes steht es insoweit mit dem Straftatbestand der Bil- zu betätigen. dung terroristischer Vereinigungen? Und welche empirischen Erkenntnismöglichkeiten gibt es In jüngerer Zeit mehren sich aber auch die Stim- überhaupt, die der PKK zuzurechnende Krimina- men, die eine Aufhebung des PKK-Verbots for- lität zu ermitteln? dern. Sie sehen sich durch die Entscheidung des belgischen Kassationshofes aus dem Jahr 2019 RH versucht aus strafrechtlich-kriminologischer bestätigt, wonach die PKK keine terroristische Perspektive eine Hilfestellung zu geben, ob in Organisation, sondern eine Partei in einem be- Deutschland eine veränderte Einstellung gegen- waffneten Konflikt sei. über der PKK geboten ist. Wenn als maßgeblicher Verbotsgrund angeführt Zeit und Ort: 25. Oktober 2022 – 20 Uhr c.t. im wurde, Zwecke oder Tätigkeiten der PKK liefen HS 1098 (KG I) den Strafgesetzen zuwider, sind das Verfassungs- recht, das Strafrecht und die Kriminologie in glei- https://tacheles-vorträge.de/ cher Weise auf den Plan gerufen. Das Verfas- sungsrecht gebietet im Hinblick auf die Bedeu- tung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit -8-
NL vom 30.09.2022 IX. Die Kategorie, die man nicht braucht < Warten > Das Warten spielt im Leben von RH eine bedeut- https://strafrecht-online.org/nl-2021-09-24 [VI.] same Rolle. Schon seit 2004 lebt er streng nach der Murakami-Regel, die er im „Tanz mit dem Und dieses Mehr wäre bei all dem Warten von RH Schafsmann“ kennenlernte: fast wieder in Vergessenheit geraten, hätte nicht Hubert Wetzel in seiner sentimentalen SZ- „Was sollte ich tun? Ich wusste es längst. Einfach Geschichte „Miss You“ gerade dieses Spiel her- nur abwarten. Abwarten, bis etwas geschah. Es vorgehoben, das er in Europa vermissen werde, war immer das Gleiche. Sobald ich in der Klemme und sein Gefühl in die folgenden Worte gekleidet: saß, galt es, nichts zu überstürzen. Einfach nur „Auf dem Rückweg nach Phoenix fuhr ich durch still abwarten, bis sich etwas ereignete. Ich musste Ajo. Ich hatte eigentlich nicht vor, dort anzuhal- lediglich die Augen offenhalten und hoffen, dass ten, aber ich kam an einem Baseball-Feld vorbei. sich in dem trüben Dunst etwas rührte. Das hatte […] Es war ein Highschool-Spiel, nichts Beson- ich aus meinen Erfahrungen gelernt. Irgendwann deres. Ich wollte nur ein paar Minuten zuschauen. würde es sich schon regen. Wenn es sich um et- Doch ich blieb fast drei Stunden. Einige Eltern was Notwendiges handelte, würde es sich schon saßen auf der Tribüne, sie unterhielten sich auf regen, garantiert. Okay, ich würde geduldig war- Englisch und Spanisch und riefen zwischendurch ten.“ ihren Kindern etwas zu. Die Jungs auf dem Feld warfen, schlugen und fingen die Bälle. Der Staub Damit ist sein Leben schon einmal erheblich ent- brach die Strahlen der sinkenden Sonne. Die Zeit schleunigt. Und vielleicht war es auch diese Mur- zerfloss in milder Luft und goldenem Licht. akami-Regel, die bei RH den Ehrgeiz entfachte, zumindest zu versuchen, sich dem Baseball zu nä- Es war ein friedlicher Abend in einer kleinen ame- hern. Denn einfach ist es beileibe nicht, man muss rikanischen Stadt, begleitet von den friedlichsten, sehr lange warten, bis sich etwas rührt. Dann aber amerikanischsten Geräuschen, die man sich den- geht alles sehr schnell und meist ist man just in ken kann – dem hellen Klingen, wenn ein Base- diesem Moment nicht darauf vorbereitet, dass ball-Schläger den Ball trifft, und dem satten Klat- sich etwas regen würde, und gerade ein Bier holen schen, wenn der Ball in einem Fanghandschuh gegangen. landet. Die YouTube-Tutorials wiederum belassen es Wie gesagt, Baseball war die eine Sache, die ich in vermutlich aus gutem Grund regelmäßig bei eini- Amerika sehr gemocht habe.“ gen basalen Regeln, die das Schillernde dieser Sportart ebenso wenig abzubilden vermögen wie https://strafrecht-online.org/sz-miss-you [Probeabo] irgendwelche Highlight-Videos. Das Warten kann eben doch offensichtlich mehr sein als allein die Hoffnung auf Veränderung. Dass es beim Baseball ohnehin um viel mehr geht, Aber so haben wir Murakami auch nicht verstan- haben wir erst im letzten Jahr für Sie aufbereitet. den. -9-
NL vom 30.09.2022 X. Das Beste zum Schluss Die profunde Expertise von RH in Sachen Mensa ist in dieser NL-Ausgabe bereits ebenso hervorgehoben worden wie seine nahende Zeit als Frühstücksdirektor. Und am Mittwoch war sie wieder da, die berühmte braune Sauce zum Cordon bleu, ohne die nicht nur für Monaco Franze ein Beamtenleben gar nicht denkbar ist. https://www.youtube.com/watch?v=CalNSP3gMTs Ihr LSH, uns interessiert wenig mehr als uns selbst. -- NL vom 30.09.2022 Bisherige Newsletter finden Sie hier: https://strafrecht-online.org/newsletter/ Unter dem nachfolgenden Link können Sie Ihr Newsletter-Abonnement verwalten: https://strafrecht-online.org/newsletter/verwaltung/#TOKEN Roland Hefendehl & Team Institut für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht Tel.: +49 (0)761 / 203-2210 Mail: hefendehl@jura.uni-freiburg.de Netz: https://strafrecht-online.org - 10 -
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