Forschungsorientierte Lehre im Lehramts-Studium: Eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten in der Bachelor-Arbeit

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Forschungsorientierte Lehre im Lehramts-Studium:
       Eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten
                in der Bachelor-Arbeit

   Christine Eckert, Tatjana Spaeth-Hilbert, Margarete Imhof

1. Einführung
Im Zuge des Bologna-Prozesses durchläuft das europäische Hochschulsystem eine
tiefgreifende Veränderung (Braun/Hannover 2011). Die Teilnehmerländer haben
sich dazu verpflichtet, die Hochschulausbildung kompetenzorientiert zu gestalten.
Damit wird die Inputsteuerung in den Bildungs- und Ausbildungsplänen, d.h.
staatliche Regulierung der Angebotsseite wie z.B. Studienangebote und Lehrplä-
ne, abgelöst und durch eine Output-Steuerung ersetzt, d.h. die Ergebnisse und
Wirkungen von Bildung werden kontrolliert, in diesem Falle die im Studium
erworbenen Kompetenzen. Weinert (2002, S. 27) definiert Kompetenzen als „bei
Individuen verfügbare oder von ihnen erlernbare kognitive Fähigkeiten und Fer-
tigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen sowie die damit verbundenen motivatio-
nalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlö-
sungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu
können.“ Aus dieser Definition geht hervor, dass Kompetenzen neben fachbezo-
genen Kenntnissen zu einem Lerngegenstand auch methodische, d.h. Problemlö-
sefähigkeiten, personale, d.h. Motivation, und soziale Kompetenzen umfassen. Im
„Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ (KMK 2005) werden
die Kompetenzen, die im Studium gefördert werden sollen, beschrieben. Dazu
gehören sowohl Fachkompetenzen (fachspezifisches Wissen & fachspezifische
Fertigkeiten) als auch Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz (vgl. auch
Baumert/Kunter 2006). Anhand der dort beschrieben Kriterien ist es möglich,
Lernergebnisse über die am Bologna-Prozess beteiligten Staaten hinweg mitein-
ander zu vergleichen.
Mit der Output-Orientierung verändern sich auch die Funktionen von Hochschul-
lehre. Sie dient nicht mehr ausschließlich dazu, fachspezifisches Wissen zu ver-
mitteln. Vielmehr geht es darum, den Studierenden Lerngelegenheiten zu bieten,
in denen sie ihr fachliches und methodisches Wissen entwickeln, einsetzen und
reflektieren. Lerngelegenheiten werden definiert als Merkmale des Hochschulun-
terrichts, durch die systematisch bestimmte Lernprozesse ausgelöst werden. Als
Elemente in den angestrebten Lehr-Lernprozessen können genannt werden: Stu-
dierende motivieren und aktivieren, flexibel einsetzbares Wissen mit Hinblick auf
Erprobung und Anwendung erarbeiten sowie Handlungsfähigkeit und Entschei-
dungsfähigkeit in authentischen Situationen vermitteln, um ein tiefgreifendes
fachliches Verständnis zu erzeugen. Studierende lernen auf diese Weise zu verste-
hen, wie Wissensbestände erarbeitet werden, wie der forschungsmethodische
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Zugang und die theoretischen Modelle einer Disziplin zusammenhängen und wie
sie diese Interaktion auch selbst gestalten können und so mit einem forschenden
Habitus in die Disziplin hineinwachsen.
Wie können wir dies auf die Ausbildung der angehenden Lehrer/innen übertra-
gen? Was heißt eigentlich Forschungsorientierung im Lehramts-Studium und was
müssen Studierende können? In den Standards für die Lehrerbildung der Kultus-
ministerkonferenz (KMK 2004) werden fünf Grundkompetenzen und -anfor-
derungen definiert. Vier dieser Anforderungen beinhalten, dass Lehrer/innen wis-
senschaftliche Kenntnisse und Kompetenzen haben müssen (KMK 2004, S. 3):

      1.      „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lernen. Ihre Kernauf-
              gabe ist die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestal-
              tete Planung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen
              sowie ihre individuelle Bewertung und systemische Evaluation.“
      2.      „Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungs- und Beratungsaufgabe
              im Unterricht und bei der Vergabe von Berechtigungen für Ausbil-
              dungs- und Berufswege kompetent, gerecht und verantwortungsbewusst
              aus. Dafür sind hohe pädagogisch-psychologische und diagnostische
              Kompetenzen von Lehrkräften erforderlich.“
      3.      „Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter
              und nutzen wie in anderen Berufen auch Fort- und Weiterbildungsange-
              bote, um die neuen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse
              in ihrer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen.“
      4.      „Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Schulentwicklung, an
              der Gestaltung einer lernförderlichen Schulkultur und eines motivieren-
              den Schulklimas. Hierzu gehört auch die Bereitschaft zur Mitwirkung
              an internen und externen Evaluationen.“

Welche Anforderungen ergeben sich aus den Kompetenzen, die die Kultusminis-
terkonferenz formuliert? Lehrer/innen müssen ihr unterrichtliches Handeln an
wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren, hohe (wissenschaftliche) Standards
in der Diagnostik von Lernvoraussetzungen anlegen, neue wissenschaftliche Er-
kenntnisse fortlaufend wahrnehmen und bei der Planung von Unterricht und der
Gestaltung von Lehr-Lernumgebungen berücksichtigen, ihr eigenes Handeln
sowie ihre Schule kritisch und systematisch hinterfragen und reflektieren. Darauf
aufbauend ergeben sich auch Konsequenzen für die Universitäten, die angehende
Lehrer/innen ausbilden. Somit stellt sich die Frage, welche Kompetenzen Univer-
sitäten im Lehramts-Studium bilden und fördern müssen. Zukünftige Lehrer/innen
müssen lernen, Forschungsergebnisse und die dazugehörige Fachliteratur kritisch
zu rezipieren und für ihren Unterricht zu nutzen, wissenschaftliche Standards für
Messungen kennen und anwenden können, über Kenntnisse zu wissenschaftlichen
Prozessen verfügen und selbst für Evaluationszwecke anwenden können. Erst auf
dieser Basis werden die kritische Rezeption von Forschungsergebnissen und die
evidenzbasierte Organisation von Unterricht möglich (vgl. Hattie 2012).
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2. Projektbeschreibung: Entwicklung von Forschungskompetenzen
Ausgehend von den Ansprüchen und Kompetenzerwartungen, die an Absolven-
ten/innen der Lehramts-Studiengänge gestellt werden, stellt sich die Frage, welche
Lehrformen geeignet sind, die Studierenden so zu fordern und zu fördern, dass sie
diese Kompetenzen erzielen. Das an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
geltende Modulhandbuch für das Bachelor-Studium in den lehramtsbezogenen
Studiengängen im Fach Bildungswissenschaften sieht keine explizite Methoden-
ausbildung der Lehramts-Studierenden vor. Dies greift aus zwei Gründen zu kurz,
denn erstens ist eine wissenschaftliche Arbeit wie die Bachelor-Arbeit nicht ohne
methodische Kenntnisse zu bewältigen und zweitens ist der Beitrag einer wissen-
schaftlichen Disziplin ohne methodische Kenntnisse nicht zu erschließen.

2.1 Zielstellungen des Projektes
Um die erforderlichen Kompetenzen Lehramts-Studierenden zu vermitteln, haben
wir ein Konzept zur Vertiefung von Forschungsorientierung bei besonders an der
Psychologie interessierten Studierenden entwickelt. Ziel des Projektes ist es, den
Studierenden methodische Grundlagen der Psychologie zu vermitteln, indem sie
durch die eigene Bachelor-Arbeit begleitet werden. So werden methodische
Kenntnisse und Kompetenzen unmittelbar relevant und praktisch eingeübt.
Das Angebot richtet sich an Studierende, die ein konkretes Ziel vor Augen haben,
nämlich die Anfertigung der eigenen Bachelor-Arbeit. Die Vermittlung von For-
schungskompetenz erfolgt in drei Phasen. Zunächst werden in einer ersten Phase
grundlegende wissenschaftliche Kenntnisse und Kompetenzen vorgestellt und
eingeübt. Die Studierenden lernen Theorien kennen, sie recherchieren und verar-
beiten Originalarbeiten und sie erarbeiten aus der kritischen Rezeption eigene
Forschungsfragen, die als Ausgangspunkt für eine eigene Arbeit dienen. Darauf
aufbauend durchlaufen die Studierenden in der zweiten Phase den wissenschaftli-
chen Prozess von der Planung, Durchführung, Auswertung und Verschriftlichung
einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit. So nutzen die Studierenden ihre neu
erworbenen Kenntnisse direkt in einem forschungspraktischen Kontext. Sie über-
nehmen Verantwortung für den Umgang mit Versuchsteilnehmern/innen, sie
lernen das Forschungsfeld kennen und sie entwickeln eine Identität als For-
scher/innen. In der dritten Phase ist angestrebt, dass die Studierenden sich in Form
von Aufsätzen, Postern oder Vorträgen mit den Erkenntnissen ihrer wissenschaft-
lichen Tätigkeit in den Fachdiskurs einbringen bzw. ihre Ergebnisse den Ver-
suchsteilnehmern/innen zurückmelden. Die einzelnen Phasen erläutern wir im
Folgenden ausführlicher.

2.2 Methodisches Vorgehen
Phase 1: Kompetenzerwerb
Ziel dieser ersten Phase ist es, den Studierenden Kenntnisse und Kompetenzen in
empirischen Forschungsmethoden zu vermitteln. Hierzu haben die Studierenden
die Möglichkeit, eine fakultative Übung mit insgesamt fünf Unterrichtseinheiten à
1.5 Stunden zu besuchen. Basierend auf den o.g. Kompetenzen, über die Leh-
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rer/innen in ihrem Beruf verfügen sollen, fokussierte die Übung auf folgende
Inhalte: So sollten die Studierenden 1) Formen empirischer Arbeiten kennenlernen
und voneinander abgrenzen können, 2) lernen, wissenschaftliche Fragestellungen
im Sinne von Hypothesen zu formulieren, 3) Kriterien wissenschaftlichen Arbei-
tens kennenlernen, 4) eine auf ihrer Fragestellung basierende Literaturrecherche in
psychologischen Datenbanken durchführen können, 5) sich grundlegende prakti-
sche methodische Kenntnisse aneignen, um wissenschaftliche Daten zu erfassen,
auszuwerten und adäquat zu interpretieren und 6) sich fächerübergreifende Kom-
petenzen aneignen (Zeitmanagement für die Planung, Durchführung und Präsenta-
tion einer wissenschaftlichen Arbeit; vgl. Spaeth-Hilbert/Imhof 2013)

Phase 2: Durchführung einer wissenschaftlichen Arbeit
Ziel der zweiten Phase ist, dass die Lehramts-Studierenden ihre Kenntnisse und
Kompetenzen festigen und anwenden (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Komponenten in der zweiten Phase der Bachelor-Arbeit greifen ineinander.

Um dies zu ermöglichen, greifen drei Komponenten ineinander: Die Studierenden
arbeiten selbständig an ihrer Bachelor-Arbeit und werden kontinuierlich von ihrer
Betreuerin unterstützt. Zudem haben die Studierenden Gelegenheit, an einem
Schreibcoaching teilzunehmen. Ziel dieses Coachings ist, die Studierenden in
ihrem aktuellen Schreibprozess zu unterstützen. Hierzu können sie ein fakultati-
ves, semesterbegleitendes Kolloquium besuchen. Mittels Lernstationen erhalten
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die Studierenden die Möglichkeit, unter Anleitung die einzelnen Abschnitte ihrer
Bachelor-Arbeit zu bearbeiten. Eine wesentliche Kompetenz, die sich die Studie-
renden im Rahmen des Schreibcoachings aneignen sollen, ist, sich SMARTe Ziele
zu setzen. Die Studierenden lernen schrittweise, Ziele spezifisch, messbar, akzep-
tabel, realistisch und terminiert zu formulieren.
Aus motivationspsychologischer Sicht sind realistische Ziele wichtig, um die
anstehende Arbeit in überschaubare Einheiten zu zerlegen und um den Fortschritt
der Arbeit für sich und andere erkennbar zu machen. Dieses Vorgehen wird im
Kontext arbeits- und organisationspsychologischer Maßnahmen sehr häufig an-
gewandt, hat aber längst auch Eingang in Maßnahmen der Schul- und Unterrichts-
entwicklung gefunden (vgl. Hänssig/Petras 2006, Miller 2010, Silvia 2007).
Mittels der SMARTen Ziele unterteilen die Studierenden ihre Bachelor-Arbeit in
kleinere Einheiten. Jede Übungseinheit setzt sich aus drei Komponenten zusam-
men: Im ersten Teil nennen die Studierenden ihre SMARTen Ziele der vorange-
gangenen Woche und geben an, welches Ziel sie erreicht haben und welches Ziel
möglicherweise zu unrealistisch oder zu unspezifisch war. Im zweiten Teil bear-
beiten sie eine von neun Lernstationen (1) Ziele wissenschaftlichen Arbeitens, 2)
Literaturrecherche & Auswahl geeigneter Literatur, 3) Aufbau & Gliederung der
Bachelor-Arbeit, 4) Abstract & Titel, 5) Einleitung, 6) Theoretischer Hintergrund,
7) Methode, 8) Ergebnisse, 9) Diskussion). Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für
einen Abschnitt einer Lernstation. Auch in diesem zweiten Sitzungsteil formulie-
ren die Teilnehmer SMARTe Ziele. Während dieser Zeit haben die Studierenden
Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und der Dozentin bei Unklarheiten
Fragen zu stellen. Jede Sitzung schließt damit, dass die Studierenden angeben, ob
sie ihr Ziel für diese Einheit erreicht haben und welche SMARTen Ziele sie sich
für die kommende Woche vornehmen.

              SETTING THE STAGE – ODER: TITEL UND ABSTRACT
                          IHRER BACHELORARBEIT

          :    Die APA (2010) liefert Hinweise darauf, was einen guten Ti-
               tel ausmacht. Damit Sie die Informationen auf einen Blick
               haben und überprüfen können, ob der Titel Ihrer Bachelo-
               rarbeit diese Eigenschaften besitzt, finden Sie im Folgen-
               den eine Checkliste. Diese soll Ihnen dabei helfen, Ihren Ti-
               tel zu formulieren und Ihren roten Faden schon im Vorfeld
               auf den Punkt zu bringen.
                Mein Titel…                                                Ja/Nein
                … fasst den Hauptgedanken meiner Arbeit einfach, und

Abbildung 2: Auszug aus einer Lernstation im Rahmen des Schreibcoachings
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Phase 3: Verwertung und Veröffentlichung
Als abschließendes Ziel gilt die Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs. Hierzu
präsentieren die Studierenden ihre Arbeiten auf dem Tag der Bachelor-Arbeit,
stellen ihre Arbeiten in der Bibliothek oder auf geeigneten Internetportalen bereit
und berichten ihre Ergebnisse auch den teilnehmenden Schulen. Aufgrund der
hohen Qualität der Arbeiten konnten diese zum Teil bereits in Fachzeitschriften
veröffentlicht und im Rahmen von Vorträgen auf Fachkonferenzen präsentiert
werden. Folgende Übersicht führt exemplarisch Bachelor-Arbeiten von Lehramts-
Studierenden auf, die im Fach Psychologie durchgeführt wurden und die als Pub-
likationen oder als Vorträge in das Fach eingebracht wurden. In der unten stehen-
den Liste sind die Namen der Bachelor-Kandidaten/innen fett gedruckt. Die ande-
ren Autorinnen sind in aller Regel die Betreuerinnen.

Publikationen (Auswahl):
Adams, T. (2012). Schülerexperimente im Chemie-Anfangsunterricht in der 8.
Jahrgangsstufe. Eine empirische Untersuchung zum Einfluss auf Interesse und
Motivation. In ZBH (Hrsg.), Bachelor-Arbeiten in Mainz (S. 14-16). Mainz: Jo-
hannes Gutenberg Universität.
Hilbert, T. S., Fabriz, S., Imhof, M. & Hargesheimer, J. (2012). Smarter lehren
mit SMART-Boards. Der Einsatz interaktiver Whiteboards im schulischen Unter-
richt. In M. Krämer, S. Dutke & J. Barenberg (Hrsg.), Psychologiedidaktik und
Evaluation IX (S. 277-284). Aachen: Shaker Verlag.
Hilbert, T. S. & Terrero, Y. M. (2012). Psychologie-Vorlesungen aus der Kon-
serve: Lernerfolg einer Vorlesungsaufzeichnung im Vergleich zum Besuch der
Präsenzvorlesung. In M. Krämer, S. Dutke & J. Barenberg (Hrsg.), Psychologie-
didaktik und Evaluation IX (S. 163-170) . Aachen: Shaker Verlag.
Hilbert, T. S. & Schüller, I. (in Vorbereitung). 40 Jahre nach Ingenkamp: Eine
Replikationsstudie zur Vergleichbarkeit von Zensuren.
Hofmann, J., Weisrock, L. & Hilbert, T. S. (2012). Wer und was stört Unter-
richt? Unterrichtsstörungen aus Sicht von Lehrern und Schülern. In ZBH (Hrsg.),
Bachelor-Arbeiten in Mainz (S. 12-13). Mainz: Johannes Gutenberg Universität.
Imhof, M., Mikulla, C., Kupfer, S. & Trietsch, R. (im Druck). Zuhören als
Voraussetzung und Ergebnis von Unterricht: Einstellungen von Lehrerinnen und
Lehrern zum Zuhören im Unterricht. In B. Eriksson & N. Tuor (Hrsg.), Sprechen
und Zuhören – gefragte Kompetenzen? Überzeugungen zur Mündlichkeit in Schu-
le und Beruf. Bern: hep-Verlag.
Staudinger, A. (2012). Leon ist fleißig, Özlem nicht. Namensbezogene Eigen-
schaftsattribution im schulischen Kontext. In ZBH (Hrsg.), Bachelor-Arbeiten in
Mainz (S. 9). Mainz: Johannes Gutenberg Universität.

Vorträge:
Hilbert, T. S. & Schüller, I. (2012). 40 Jahre nach Ingenkamp: Eine Replikations-
Studie zur Vergleichbarkeit von Zensuren. Vortrag auf dem 48. Kongress der
Deutschen Gesellschaft für Psychologie, 23.-27.09.2012 in Bielefeld.
FORSCHUNGSORIENTIERTE LEHRE IM LEHRAMTS--STUDIUM: … 317

Hilbert, T. S. & Terrero, Y. M. (2012). Psychologie-Vorlesungen aus der Kon-
serve: Lernerfolg einer Vorlesungsaufzeichnung im Vergleich zum Besuch der
Präsenzvorlesung. Vortrag auf der Tagung Psychologiedidaktik und Evaluation
IX, 18.-19.05.2012 in Münster.
Hilbert, T. S. & Schüller, I. (2012). Are pupils with good maths grades really
good in maths – or just better than their classmates? Paper accepted for the SIG11-
meeting, 13.-15.06.2012 in Bergen, Norway.
Imhof, M., Hilbert, T. S., Fabriz, S. & Hargesheimer, J. (2012). Smarter lehren
mit SMART-Boards. Der Einsatz interaktiver Whiteboards im schulischen Unter-
richt. Vortrag auf der Tagung Psychologiedidaktik und Evaluation IX, 18.-
19.05.2012 in Münster.

3. Ergebnisse und Projekterfahrungen
Die Ergebnisse des Projekts sind nicht im strengen Sinne geplant evaluiert wor-
den. Wir möchten hier aber Kriterien bereitstellen, an denen sich zeigen lässt, dass
das Projekt die angestrebten Ziele erreicht hat und dass es Erfolg versprechend
ausgebaut werden kann. Dazu betrachten wir

a) die Vielfalt der Themen
Die Studierenden haben sich in den Bachelor-Arbeiten einer großen Bandbreite
von Themen angenommen, die aus ihrer Sicht für das Berufsfeld Lehramt relevant
sind. Die folgende Auswahl kann das illustrieren
• Lehren, lernen und diagnostizieren in Fächern,
• Untersuchungen zur Gestaltung von Lernumgebungen,
• Einfluss von Einstellungen und Motivation auf den Lernprozess,
• Untersuchungen zu Einstellungen von Schülern/innen und Lehrern/innen zu
    schulbezogenen Fragen, z.B. zu neuen Medien im Unterricht, zu Störungen im
    Unterricht,
• Projekt „Vom Labor ins Klassenzimmer“: Erprobung von Unterrichtsmetho-
    den und Vergleich der Effektivität von Unterricht nach bestimmten Kriterien.

b) die Nachfrage der Studierenden nach Themen aus der Psychologie
Seit April 2011 hat die Abteilung Psychologie in den Bildungswissenschaften
dieses Modell umgesetzt und bis November 2012 die Betreuung von über 150
Bachelor-Arbeiten bewältigt. Das war zu dem gegebenen Zeitpunkt gut die Hälfte
aller Bachelor-Arbeiten, die in dem neuen Studiengang abgeschlossen worden
waren. Das Angebot war offensichtlich trotz des zeitlichen Mehraufwandes für die
Studierenden attraktiv genug, um eine große Gruppe von Bachelor-Studierenden
anzuziehen.

c) den Nutzen für die Studierenden
Die Aneignung von forschungsmethodischen Kompetenzen hat aus Sicht der
Studierenden entscheidende Vorteile. Dadurch, dass sie sich an einer Art „Road-
map“ durch die wissenschaftliche Arbeit orientieren konnten, hatten sie das Ge-
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fühl, gut und engmaschig betreut zu werden, sie erlebten sich subjektiv als kompe-
tent, was auch mit objektivierbaren Kriterien übereinstimmt.
Ein wichtiger „Nebeneffekt“ einer solchen koordinierten Lernumgebung besteht
auch darin, dass die Studierenden sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam
lernen. Hier wird der wissenschaftliche Diskurs in einer authentischen Situation
und ganz selbstverständlich eingeübt.
Darüber hinaus begrüßen die Studierenden die Möglichkeit, ihre Arbeiten auch
über die Uni hinaus präsentieren zu können. Einige nahmen auch die Möglichkeit
wahr, ihre Ergebnisse mit den Kooperationspartnern im Feld zu besprechen und
mit den Versuchsteilnehmern/innen zu diskutieren. Auch hier lässt sich ein gegen-
seitiger Nutzen annehmen.

d) den Kompetenzzuwachs und Basis für die Master-Phase
Der Nutzen dieser intensiven Forschungsorientierung in der Bachelor-Phase liegt
– durchaus auch aus der Sicht der Dozenten/innen zu sehen – in dem breiteren und
durch praktische Erfahrung gefestigten Vorwissen der Studierenden, auf das in der
Master-Phase gut aufzubauen ist.

4. Diskussion und Ausblick
4.1 Diskussion
Das Projekt hat von der Struktur und vom Konzept her eindeutigen Modellcharak-
ter. Es ist auf andere Fächer und Themen leicht übertragbar, denn in jeder Diszip-
lin sind Forschungsmethoden zentral und müssen erlernt werden. Die Initiative ist
nachhaltig, weil die methodischen Kompetenzen sowohl für die nachfolgende
Studienphase als auch für die spätere Praxis von Relevanz sind. Die Studierenden
wachsen auf diese Weise mit einer forschungsorientierten Haltung in das Fach
und in ihren späteren Lehrberuf hinein. Es wird abzuwarten sein, ob sich die Er-
wartung erfüllt, dass der frühe Kontakt mit konkreten Forschungsprojekten bei
den Studierenden auch das Interesse an einer wissenschaftlichen Tätigkeit weckt,
die im Bereich empirische Bildungsforschung oder fachdidaktische Forschung
liegen könnte. Gerade in diesen Feldern fehlt der wissenschaftliche Nachwuchs,
der auch Kompetenzen aus der Lehramtsausbildung mitbringt.
Die mit diesem Konzept verbundene Herausforderung ist die der personellen
Besetzung von Seiten der Hochschule. Es werden keine großen Deputate benötigt,
um dieses Programm durchzuführen, aber auch geringe Deputate sind angesichts
von personeller Knappheit nicht immer verfügbar. Mit geeigneter Anleitung, mit
Unterstützung, Feedback und Diskussionsmöglichkeit ist die Entwicklung von
Kompetenzen Studierender in einem substantiellen Umfang möglich. Wir nehmen
aus dem Projekt die Erkenntnis mit, dass auch Studierende im Nebenfach über das
Grundverständnis hinaus den kompetenten Umgang mit komplexen Forschungs-
methoden erlernen können. Zur Festigung dieser Initiative und dieser Kompeten-
zen wäre daher die Sicherung der personalen Voraussetzungen durch die Hoch-
schule eine wichtige Voraussetzung. Als „Notlösung“ stellen wir aktuell die Inhal-
te teilweise zum Selbst-Studium auf einer elektronischen Lernplattform bereit.
FORSCHUNGSORIENTIERTE LEHRE IM LEHRAMTS--STUDIUM: … 319

4.2 Ausblick
Zur Optimierung des Konzepts sind eine Reihe von Möglichkeiten entwickelt
worden. Der nächste Schritt, der angestrebt wird, besteht darin, die psychologi-
schen Methoden mit Arbeiten in den Fächern und Fachdidaktiken inhaltlich zu
verzahnen. Auf diese Weise könnte das Angebot noch stärker den interdis-
ziplinären Charakter des Lehramts-Studiums aufgreifen und widerspiegeln.
Eine stärkere thematische Bündelung der betreuten Arbeiten wird avisiert und
könnte den Vorteil haben, dass die Ergebnisse der Arbeiten auch den Betreu-
ern/innen zugute kommen, indem sie Vorarbeiten zu eigenen Projekten darstellen
oder schon zur Umsetzung eigener Projekte beitragen. Dieser Aspekt darf nicht
vernachlässigt werden, da sich die Dozenten/innen sehr oft selbst noch in der
Qualifizierungsphase befinden.
Verstetigt und vertieft werden sollte auch die Qualitätssicherung bei den Arbeiten,
um Veröffentlichung und Präsentation der studentischen Arbeiten zum Regelfall
werden zu lassen. Damit wird das forschungsorientierte Profil der Autoren/innen
gestärkt und das Lehramts-Studium gewinnt an Glaubwürdigkeit als wissen-
schaftsorientiertes Studium.
Im Rahmen der Diskussion um die Kompetenzorientierung ist dieses Konzept
daher aus unserer Sicht ein wichtiger Beitrag. Die Initiative fördert die methodi-
schen, analytischen und kritischen Kompetenzen der zukünftigen Lehrer/innen.
Die eigene, positive Erfahrung mit Forschungsarbeit kann in die spätere Tätigkeit
in Schule und Unterricht einfließen, so dass die Erwartung besteht, dass die
grundsätzliche Offenheit für wissenschaftliches Vorgehen und Denken, aber auch
die Neugier und die Kompetenz zum eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten
grundgelegt wird. Damit wären wir recht nah am Kompetenzbegriff, wie wir ihn
eingangs nach Weinert (2002) bestimmt haben.

Literaturverzeichnis

Baumert, J./Kunter, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von
           Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9, S. 469-520.
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           universitären Lehre. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und
           Pädagogische Psychologie, 43, S. 22-28.
Hattie, J. (2012): Visible learning for teachers. London: Routledge.
Hänssig, A./Petras, A. (2006): Arbeit mit Portfolio in Schulpraktischen Studien –
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           Reflexives Schreiben in der Lehrerausbildung, S. 29-56, Tönning: Der
           andere Verlag.
Miller, R. (2010): Selbst-Coaching für Schulleiterinnen und Schulleiter.
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Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der
           Bundesrepublik Deutschland (KMK) (2004): Standards für die
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          Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der KMK vom
          16.12.2004. Bonn: KMK.
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der
          Bundesrepublik Deutschland (KMK) (2005): Qualifikationsrahmen für
          Deutsche Hochschulabschlüsse. Beschluss im Zusammenwirken von
          Hochschulrektorenkonferenz, Kultusministerkonferenz und Bundesmi-
          nisterium für Bildung und Forschung vom 21.04.2005. Bonn: KMK
Silvia, P. (2007): How to write a lot: A practical guide to productive academic
          writing. Washington, DC: American Psychological Association.
Spaeth-Hilbert, T. S./ Imhof, M. (2013): Bachelorarbeit in Psychologie. München:
          Reinhardt Verlag.
Weinert, F. E. (2002): Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim: Beltz.
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