Insolvenz des Lizenzgebers - Lösungsansätze aus der Praxis
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Insolvenz des Lizenzgebers - Lösungsansätze aus der Praxis Dr. Ralph Oliver Graef, LL.M. (NYU) Rechtsanwalt, Attorney-at-Law (New York) und Partner der Medienrechtskanzlei Kanzlei Unverzagt von Have, Hamburg, mit den Tätigkeitsschwerpunkten Urhe- ber- und Verlagsrecht sowie Film- und Fernsehrecht, Lehrbeauftragter der Ham- burg Media School
1. Einführung Wie bereits unter B 1.9 (Gläubigerrechte in der Insolvenz) und B 3.4 Nr. 3 (Die Stellung des Kulturschaffenden und -verwerter in der Insolvenz) dargestellt wur- de, hat der Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz des Lizenzgebers nach ganz überwiegender Ansicht ein unabdingbares Wahlrecht gemäß § 103 Abs. 1 Insol- venzordnung (InsO), d. h. er kann einen zum Zeitpunkt des Insolvenzfalls nicht vollständig erfüllten Vertrag erfüllen oder auch nicht. Dies gilt auch dann, wenn die Auswertung der Rechte bereits begonnen hat. 1 Mit Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Vorliegen eines Eröffnungsgrundes i.S.d. § 16 InsO (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsun- fähigkeit oder Überschuldung) eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfah- ren und ernennt einen Insolvenzverwalter. Mit der Eröffnung des Insolvenzver- fahrens geht die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über und verlie- ren die noch offenen Ansprüche ihre Durchsetzbarkeit. 2 Wenn der Insolvenzver- walter die Erfüllung aus einem gegenseitig noch nicht erfüllten Vertrag verlangt, wird der ursprüngliche Vertrag „enthemmt" und wieder voll durchsetzbar. Die Gegenleistung wird dann zur Masseschuld aufgewertet, d.h. der Vertragspartner muss sich nicht mit der Quote zufrieden geben. 3 Wählt der Insolvenzverwalter jedoch Nichterfüllung, wird das Vertragsverhältnis umgestaltet und an Stelle der beiderseitigen Erfüllungsansprüche tritt der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 103 Abs. 2 InsO. Dieser wird als einfache Insolvenzforderung lediglich mit der Quote bedient. Sind mehrere Gläubiger schadensersatzberechtigt beläuft sich dir Quote häufig auf lediglich 3 % - 5 % maximal 10 % im Verhältnis zu der für die Verteilung zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse. Neben Lizenznehmer L existieren noch zwei weitere gleichrangig und in gleicher Höhe zu befriedigende Insolvenzgläubiger. Aufgrund der nicht erfolgten Einräumung des Lizenzrechts hat L einen Schadensersatzanspruch in Höhe von E 9000. Der Insolvenzverwalter erzielt einen Betrag zur Insolvenzmas- se von 3000 E. Der Lizenznehmer L kann lediglich die auf ihn entfallende Quote von 1/3 aus der zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse, also 1000 E, verlangen. Obwohl die Rechtsnatur von Lizenzverträgen seit jeher umstritten ist, wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass Lizenzverträge Nutzungsverträge eigener Art sind.4 Den Gegenstand des Lizenzvertrags bildet die Einräumung von Nut- zungs- bzw. Verwertungsrechten eines geschützten Rechts auf eine bestimmte Zeit. Damit steht der Lizenzvertrag dem Pachtvertrag gemäß § 581 BGB nahe. Diese rechtliche Qualifizierung des Lizenzvertrages führte dazu, dass nach der alten Rechtslage in Deutschland Lizenzverträge nach den Vorschriften der Kon- kursordnung (KO) vom Konkursverwalter nicht einseitig beendet werden konn- ten. Die für Pachtverträge geltende Vorschrift des § 21 Abs. 1 KO, welche die Konkursfestigkeit von Pachtverträgen festschrieb, wurde auf Lizenzverträge
analog angewendet.' Der Konkursverwalter konnte Lizenzverträge daher nicht einseitig beenden. Für Insolvenzverfahren, die nach dem 1.1.1999 beantragt worden sind, ist nicht mehr die Konkursordnung maßgeblich, sondern die Insolvenzordnung. Nach der neuen Rechtslage der Insolvenzordnung wird auf Lizenzverträge § 108 InsO, der ein Fortbestehen von Dauerschuldverhältnissen vorsieht, nicht angewendet. Auch eine analoge Anwendung scheidet aus, da nach herrschender Meinung trotz der Nähe des Lizenzvertrages zum Pachtvertrag die Regelung des § 108 InsO ledig- lich „unbewegliche Gegenstände" umfasst. 6 Daher ist § 103 InsO auf Lizenzver- träge uneingeschränkt anwendbar und räumt dem Insolvenzverwalter ein Wahl- recht ein. Dem Insolvenzverwalter ist es möglich, die Erfillung eines Lizenzvertrages mit dem Lizenznehmer abzulehnen, wenn er der Auffassung ist, dass durch den be- reits abgeschlossenen Lizenzvertrag keine marktgerechten Konditionen erzielt werden und er bessere Konditionen mit einer neuen Verwertung erzielen kann. Bei der Prüfung, ob die Erfüllung eines § 103 InsO unterfallenden Vertrages für die Masse vorteilhaft ist, hat der Insolvenzverwalter freie Hand.' Im Falle der Wahl der Nichterfüllung hat Lizenznehmer lediglich einen Schadensersatzan- spruch, der sich nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts über den Scha- densersatz statt Leistung gemäß §§ 281, 283 BGB iVm §§ 249 ff BGB richtet. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem finanziellen Interesse, das der Lizenznehmer an der kommerziellen Verwertung der Lizenzrechte während der vereinbarten Laufzeit hatte und umfasst auch entgangenen Gewinn. Die Insolvenz des Lizenzgebers kann für den Lizenznehmer, für den das durch die Lizenz eingeräumte Nutzungsrecht nicht selten eine wesentliche Geschäfts- grundlage darstellt, ebenfalls schwere wirtschaftliche Folgen haben, sollte der Insolvenzverwalter die weitere Vertragserfüllung verweigern. Hier soll im folgenden auf die wichtigsten Lösungsansätze eingegangen werden, die die Praxis entwickelt hat, um die Stellung des nicht insolventen Vertragspart- ners zu schützen und zu verbessern.
2. Wirksamkeit von Kündigungsklauseln in Lizenzverträgen Nach bisher ganz herrschender Ansicht kann das Wahlrecht des Insolvenzverwal- ters im Interesse der Gläubiger durch keinerlei vertragliche Vereinbarung ausge- schlossen werden.' Dennoch finden sich in Lizenzverträgen häufig Kündigungs- klauseln für den Fall der Insolvenz eines Vertragspartners. Es ist anerkannt, dass der Einbau solcher Klauseln das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nicht beschneiden kann. So besagt § 119 InsO ausdrücklich, dass Vereinbarungen, durch die im Vor- aus die Anwendung der §§ 103-118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt werden sollen, unwirksam sind. § 119 InsO verhindert damit, dass die Rechte des Insol- venzverwalters (Wahlrecht gemäß § 103, Kündigungsrechte gemäß §§ 109 Abs. 1 S. 1, 113 I, Rücktrittsrecht gemäß § 109 Abs. 2 S. 1) ausgeschlossen oder einge- schränkt werden.' Bei internationalen Verträgen wird zu Recht angenommen, dass entsprechende Vertragsklauseln, die zu einer Verdrängung des § 103 InsO führen, gegen den deutschen ordre-public-Grundsatz (Art. 6 EGBGB) verstoßen.'" In Lizenzverträgen häufig verwendete Klauseln, wie die folgende, sind daher unwirksam: „Wird über das Vermögen des Lizenzgebers ein gerichtliches Vergleichs- oder Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet, so bleiben die auf den Lizenznehmer übertragenen Rechte davon unberührt. Wird über das Vermögen des Lizenzneh- mers ein derartiges Verfahren eröffnet, so hat der Lizenzgeber das Recht, diesen Vertrag durch fristlose Kündigung zu beenden, sofern der Lizenznehmer die bei der Verfahrenseröffnung fällige Lizenzvergütung nicht innerhalb von drei Mona- ten nach Fälligkeit und voriger Mahnung mit Kündigungsandrohung bezahlt. Ein Kündigungsrecht des Lizenzgebers besteht nicht, sofern ein Dritter, an den Lizenznehmer die vertragsgegenständlichen Rechte abgetreten hat, die bei der Verfahrenseröffnung fällige Lizenzvergütung innerhalb von drei Monaten bezahlt." Es bleibt auch dann beim Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO, wenn der Lizenzgeber die Auswertungsrechte auf den Verwerter bereits übertra- gen hatte und das zu ihrer Nutzung erforderliche Material im Zeitpunkt der Er- öffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Lizenzgebers dem Li- zenznehmer bereits überlassen worden ist. In diesem Zusammenhang sei jedoch auf die jüngst ergangene höchst bedeutsame Entscheidung des BGH zur Wirksamkeit einer Kündigungsklausel im Insolvenz- fall hingewiesen. Hier hatte der BGH entschieden, dass der Eintritt einer durch eine außerordentliche Kündigung aufschiebend bedingten Übertragung von Nut- zungsrechten im Insolvenzfalle nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO unterliegt". In diesem Fall war jedoch die Kündigungsmöglichkeit nicht nur speziell für den Insolvenzfall vorgesehen, sondern allgemein bei Vorlie- gen eines wichtigen Grundes. Die Parteien hatten die so auch im BGB vorgese-
heue Regelung in ihren Vertrag aufgenommen, dass ein wichtiger Grund dann vorliegt wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile einem Vertragsteil die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Es wäre also auch bei jeder anderen Kündigung aus wichtigem Grund zu einem (automatischen) Übergang der Nut- zungsrechte auf den Lizenznehmer gekommen. Nach zutreffender Ansicht des BGH beeinflussten somit weder die Insolvenzeröffnung noch die Erfüllungsab- lehnung durch den Insolvenzverwalter ein vertraglich eingeräumtes Kündigungs- oder Rücktrittsrecht.' 2 Entscheidend war daher allein, ob die vertraglichen Vor- aussetzungen für die Kündigung oder den Rücktritt vorlagen und ob das Recht aus dem Vermögen des Schuldners (= Lizenzgeber) bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ausgeschieden war, so dass für ihn keine Möglichkeit mehr bestand, es aufgrund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen. Der BGH entschied somit im Ergebnis allein über die Frage, ob eine aufschie- bend bedingte Rechtsübertragung mit den Vorschriften der Insolvenzordnung vereinbar ist. Eine aufschiebend bedingt erklärte Übertragung ist daher nach der Auffassung des Gerichts im Insolvenzfall als bereits bestehendes Recht zu be- handeln, auch wenn der Eintritt der Bedingung erst nach der Insolvenzeröffnung stattfindet. Der BGH nahm es im vorliegenden Fall somit hin, dass die Wahl der Nichterfüllung seitens des klagenden Insolvenzverwalters im Ergebnis durch die vorliegende Vertragsgestaltung unterlaufen wurde. Da sich das Urteil aber expli- zit nur auf diese allgemein gehaltene Kündigungsklausel bezog und auch beide Vertragsteile zur Kündigung berechtigt waren, wird man jedoch auch weiterhin davon ausgehen müssen, dass ein speziell für den Fall der Insolvenz eingeräumtes Kündigungsrecht unwirksam ist. Allein die nachstehende Kündigungsklausel hat sich somit als insolvenzfest erwiesen und kann gestalterisch eingesetzt werden: Dieser Vertrag kann von jedem Vertragsteil nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes — ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist — gekündigt werden. Ein wich- tiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündi- genden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwä- gung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann. Bei Kündigung dieses Vertrages durch einen der Vertragspartner gehen die Source- Codes von A. in der zum Zeitpunkt der Kündigung aktuellen Version inkl. der Nut- zungs- und Vertriebsrechte dieser Version auf B. über Für den Übergang der Sour- ce-Codes sowie der Nutzungs- und Vertriebsrechte zahlt B. eine einmalige Vergü- tung in Höhe des Umsatzes der letzten sechs Monate vor Ausspruch der Kündigung. Der potentielle Anwendungsbereich dieser vertraglichen Lösungsmöglichkeit ist jedoch als äußerst gering einzuschätzen. In der Realität wird nämlich die Bereit- schaft des Lizenzgebers nicht ausgeprägt sein, einer vollständigen Übertragung seiner Rechte im Fall der Kündigung der Lizenz zuzustimmen, und zwar für jeden Fall des wichtigen Grundes und nicht nur beschränkt auf den Fall der insol- venzbedingten Kündigung.13
3. Lösungsansätze Wie dargestellt, eröffnet nur die Ausübung eines allgemeinen Kündigungsrechts aus wichtigem Grund im engen Rahmen eine Möglichkeit, das Wahlrecht des Insolvenzverwalters zu unterlaufen. Dazu wäre allerdings in der Praxis die Be- reitschaft des Lizenzgebers erforderlich, einer vollständigen Übertragung seiner Rechte im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund generell zuzustimmen. Das würde bedeuten, dass es etwa bei einer Kündigung wegen wesentlicher Än- derung der Verhältnisse auf Seiten des Lizenznehmers zu einer Nutzungsrechts- übertragung kommen könnte, da die Kündigungsklausel, wie dargelegt, nicht explizit auf den Insolvenzfall beschränkt sein dürfte. Ungeachtet des eingeschränkten Anwendungsbereiches bietet die tägliche Praxis eine Vielzahl von anderen pragmatischen Lösungsansätzen zu einer „Relativie- rung" des § 103 InsO aus Sicht des Lizenzgebers, des Lizenznehmers als auch des Sub-lizenznehmers, die nachstehend dargestellt werden sollen: 3.1 Buy-out deals Ein möglicher Ansatz zur Auflösung dieses Dilemmas ist, dass das in § 103 InsO normierte Wahlrecht des Insolvenzverwalters nur bei nicht oder nicht vollständig erfüllten Lizenzverträgen ausgeübt werden kann. Rechte aus bereits erfüllten Verträgen fallen demnach nicht mehr in die Insolvenzmasse des Lizenzgebers. Sobald auch nur eine Partei ihrer Leistungsverpflichtung vollständig, das heißt ohne noch so geringen Rückstand nachgekommen ist, ist der Anwendungsbereich von § 103 Abs. 1 InsO nicht eröffnet, womit der Insolvenzverwalter im wahrsten Sinne des Wortes „keine Wahl" hat — er bleibt an den Vertrag gebunden. Als Erfüllung sind dabei auch die anerkannten Erfüllungssurrogate zu sehen, z.B. die Aufrechnung, die Annahme an Erfüllung Statt und die Hinterlegung gemäß § 378 BGB: 4 Auf Seiten des Lizenzgebers wird teilweise angenommen, dass dieser den - Vertrag bereits dann erfüllt hat, wenn er dem Lizenznehmer die Nutzungsrechte eingeräumt hat. 15 Hiergegen spricht jedoch der Charakter des Lizenzvertrages als Dauerschuldverhältnis. Ein Lizenzgeber hat den Vertrag erst dann erfüllt, wenn er dem Lizenznehmer auch tatsächlich über die vereinbarte Laufzeit hinweg die Rechte zur uneingeschränkten Nutzung eingeräumt hat, also nicht nur mit Rech- teverschaffung, sondern erst mit Rechteerhaltung bis zum Auslaufen des Vertra- ges. 16 Auf Seiten des Lizenznehmers gilt der Lizenzvertrag als erfüllt, wenn er die volle Lizenzgebühr bezahlt hat. Dies dürfte bei buy-out deals und Pauschal- zahlungen der Fall sein, nicht aber bei einer — üblicherweise vereinbarten — Zah- lung in Raten oder bei Erfolgsbeteiligungen. Zur Erfüllung gehört regelmäßig aber auch die Pflicht zur Auswertung der Rechte, es sei denn diese ist abbedun- gen. Diese Pflicht hat der Lizenznehmer erst dann erfüllt, wenn er die vereinbar- ten Verwertungskanäle vollständig ausgereizt hat. Trifft ihn keine vertragliche Auswertungspflicht, ist er lediglich zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühr verpflichtet.
Lizenznehmer sollten im Interesse einer Erhaltung der eingeräumten Nutzungs- rechte daher "buy-out deals" anstreben, bei denen die Lizenzrechte für alle Zeiten und für alle Territorien überlassen werden. Ferner sollte darauf geachtet werden, dass keine Nebenpflichten, insb. Auswertungspflichten, bestehen. In dieser Konstellation kann davon ausgegangen werden, dass ein Lizenzvertrag bei voll- ständiger Bezahlung des vereinbarten Lizenzpreises vom Lizenznehmer bereits im Zeitpunkt der Übertragung von Rechten und Material im Sinne des § 103 Abs. 1 InsO vollständig erfüllt worden ist. Bei einer Ratenzahlung läuft der Lizenz- nehmer hingegen in Gefahr, dass der Insolvenzverwalter vor Zahlung der letzten Rate sein Wahlrecht wahrnehmen kann. Mit der typischen Situation eines „Li- zenzvertrages" hat ein „buy-out" allerdings nur noch wenig gemeinsam, da hier die kaufvertragliche Komponente dominiert. 3.2 Sub-Lizenznehmer Ein völlig eigenständiges Feld von Konflikten und Problemen liegt im Bereich der Sub-Lizenznehmer von Lizenznehmern.' 7 Hier muss bedacht werden, dass bereits der Lizenznehmer mit dem Hauptlizenzgeber über eine gesicherte Rechts- stellung des Sublizenznehmers verhandeln sollte. So sollte eine Klausel eingefügt werden, wonach der Lizenzvertrag zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer nur mit der Maßgabe aufgelöst werden kann, dass etwaige Sub-Lizenzen auch nach Beendigung des Hauptlizenzvertrages weiterhin bestehen bleiben. 18 Ohne eine solche Klausel schlägt die Kündigung oder Aufhebung des Hauptlizenzvertrages auf das Bestehen des Sub-Lizenzvertrages durch und sowohl der Lizenznehmer als auch dessen Sub-Lizenznehmer verlieren ihre Nutzungsrechte. rd! Lizenzgeber G räumt Lizenznehmer L die Nutzungsrechte an einem Car toonbild ein. Ausserdem ist L berechtigt, dem Sub-Lizenznehmer S die Nutzung des Cartoons zum Bedrucken von T-Shirts zu erlauben. Kündigt nun G wirksam seinen Vertrag mit L, so wird dadurch automatisch auch der vom Haupt- vertrag zwischen G und L abhängige Sublizenz-Vertrag zwischen L und S been- det, wenn nicht im Hauptvertrag dessen Fortbestand vereinbart worden war. 3.3 Pfandrechtsbestellung Denkbar ist auch, dass sich der Lizenznehmer vertraglich davor schützt, dass er für erbrachte Vorauszahlungen gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO auf die Insolvenz- quote verwiesen wird. Im Schrifttum wird vertreten, ein Absonderungsrecht z.B. an einer Filmlizenz einzuräumen, welches eine weitere Auswertung durch den Lizenznehmer sicherstellt, bis die erbrachten Vorleistungen durch die korrespon- dierende Nutzung der Lizenzrechte abgegolten sind. I9 Dies geschieht durch rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechtes gem. §§ 1273 ff., 398, 413 BGB, wobei hier neben der dinglichen Einigung die Pfändungsanzeige nach § 1280 BGB erforderlich ist. Der Lizenznehmer hätte sodann ein Recht auf abge- sonderte Befriedigung gern. § 50 InsO.
Im Falle der Nichterfüllung kann der Lizenznehmer aufgrund einer Rechtspfän- dung nur im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 4277 BGB auf die Lizenz- rechte zurückgreifen kann. Daher kann ein solches Pfandrecht nur an Rechten bestellt werden, die der Zwangsvollstreckung unterliegen. Das Urheberrecht selbst kann als unübertragbares Recht grundsätzlich nicht Gegenstand der Voll- streckung sein, wohl aber die einzelnen Nutzungs- und Verwertungsrechte. 2° DieskönauchbLzvertägnüadLisuchtzrew Patente, Geschmacksmuster etc. und Kennzeichenrechte wie Marken, Firmen etc. der Vollstreckung unterfallen. Lizenzgeber G meldet Insolvenz an. Lizenznehmer L hatte sich an den ihm von G eingeräumten Lizenzrechten ein Pfandrecht bestellen lassen. Das Pfandrecht berechtigt ihn nach § 50 InsO zur vorrangigen Befriedigung seiner Ansprüche gegenüber den gewöhnlichen Insolvenzgläubigem iSd § 38 InsO. Er wird also in der Höhe des Wertes seines Pfandrechtes vollständig be- friedigt, vgl. § 170 InsO, soweit der erzielte Erlös aus der Zwangsvollstreckung in das Lizenzrecht nach §§ 166 ff InsO seine Ansprüche deckt. Die Verwertung der Lizenzrechte veranlasst der Lizenznehmer selbst, da der Insolvenzverwalter im juristischen Sinne keinen Besitz an dem Pfandrecht hat. Bei der Verwertung bietet der Lizenznehmer die Lizenzrechte dann entweder dem Insolvenzverwalter zum Kauf an oder die Lizenzrechte werden öffentlich versteigert und der Lizenz- nehmer aus dem Versteigerunperlös befriedigt. In jedem Falle wird er aber aus einem separaten „Topf" vor den normalen Insolvenzgläubigem befriedigt. Je nachdem, wie groß die Insolvenzmasse ist, und wie viele andere Insolvenzgläubi- ger ebenfalls Befriedigung suchen, kann er dadurch einen erheblichen Vorteil erzielen. Hat er etwa einen Schadensersatzanspruch aus § 103 Abs. 2 InsO wegen Nichterfüllung in Höhe von E 9000 und die Zwangsvollstreckung in die Lizenz- rechte erzielt E 7000, so wird der gesamte Betrag von E 7000 nach § 50 InsO an ihn ausgekehrt. Mit dem Rest seiner Forderung von E 2000 nimmt er an der Insolvenzquote teil. Erlöst der Lizenznehmer beim Verkauf der Lizenzrechte E 11.000 geht der Übererlös von E 2000 zur Insolvenzmasse. 3.4 Sicherungsabtretung Eine Sicherungsabtretung der Lizenzrechte durch den Lizenznehmer gegenüber einem Dritten (Sicherungsnehmer) kann das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO nicht beschränken. Der Insolvenzverwalter kann diese Rechte zur Masse „holen". Eine Besonderheit besteht jedoch, wenn die Lizenzrechte einer finanzierenden Bank zur Sicherheit abgetreten sind. Denn aus § 108 Abs. 1 S. 2 InsO folgt, dass Lizenzverträge über Auswertungsrechte, die an Dritte zur Sicherung abgetreten worden sind, insolvenzfest sind, wenn der Sicherungsneh- mer derjenige ist, der das Entstehen oder die Anschaffung der Rechte finanziert hat. In diesem Fall unterliegt der Vertrag auch nicht dem Wahlrecht des Insol- venzverwalters gemäß § 103 Abs. 1 S. 1 InsO. Das bedeutet, dass die Rechte als Sicherheit bei der Bank verbleiben. Im Bereich des geistigen Eigentums wäre
daran zu denken, in der Gewährung der Minimumgarantie durch den Lizenzneh- mer eine Finanzierung iSd § 108 InsO zu sehen. Diese Variante ist jedoch entge- gen dieser vielversprechenden Auslegung nur nicht auf Lizenznehmer anwend- bar, da, wie oben unter Punkt B 1.12 Nr. 1 dargelegt, § 108 Abs. 1 S. 2 InsO lediglich „unbewegliche Gegenstände" umfasst und somit nur auf Miet- und Pachtverträge über Mobilien anwendbar sein soll. § 108 Abs. 1 S. 2 InsO ist als Ausnahme eng auszulegen und bezweckt nur die Bestandskraft der Sicherungs- abtretung von Leasingraten. 21 3.5 Bestellung einer Bankbürgschaft Zu denken ist bei außerordentlich hohen Lizenzgebühren auch an die Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft durch den Lizenzgeber, deren Be- günstigter der Lizenznehmer ist. Damit könnte sich der Lizenznehmer jenseits aller Diskussionen um Sicherungsabtretungen und Kündigungen in der Insolvenz für den Fall einer Störung im Lizenzverhältnis oder einer Insolvenz absichern. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Lizenznehmer in Besitz der Original Bürg- schaftsurkunde der Bank ist. 3.6 Bei Filmlizenzen: Koproduktion Eine Alternative ist im Bereich der Auswertung von Filmen auch, anstelle des Abschlusses eines Lizenzvertrages den Weg einer deutschen Koproduktion mit dem Lizenzgeber zu wählen. Selbstverständlich müssen hierbei alle haftungs- rechtlichen Konsequenzen einer Koproduktion bedacht werden. Die Koprodukti- on hat aber den Vorteil, dass die Rechte von den Koproduzenten als BGBGesell- schaft i.S.d. §§ 705 ff. BGB gesamthänderisch gehalten werden und damit nicht dem Zugriff des Insolvenzverwalters ausgesetzt sind. Koproduktionsverträge fallen auch nicht unter die Kündigungssperre des § 112 InsO und Regelungen über das Ausscheiden eines Koproduzenten im Falle seiner Insolvenz sind zuläs- sig. Demnach könnte hier vereinbart werden, dass ein Koproduzent ausscheidet, wenn er zahlungsunfähig wird, oder ein gerichtliches oder außergerichtliches Vergleichs- oder Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird. 3.7 Pflicht zum „Finanz Reporting"- Bieten die oben dargestellten Alternativen keine Hilfe, bleibt noch die Flucht in eine pragmatische Lösung, d.h. eine Lösung die eine Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter gem. §§ 129 ff. InsO ausschließt. Die Insolvenzanfech- tung (die ihre Entsprechung außerhalb des Insolvenzverfahrens in § 3 AnfG fin- det) soll es dem Insolvenzverwalter ermöglichen, Rechtsgeschäfte zu Lasten der Masse, die bis zu 3 Monaten vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insol- venzverfahrens vorgenommen wurden, anzufechten. Lizenznehmer könnten daher eine Pflicht zum "Finanz-Reporting" in ihre Lizenzverträge einbauen, die
es Lizenznehmern ermöglicht, rechtzeitig zu erkennen, wann ein Unternehmen notleidend wird. Insolvenzen kündigen sich häufig frühzeitig an. Läuft der Li- zenzgeber Gefahr, sich aufgrund seiner finanziellen Situation künftig nicht mehr vertragstreu verhalten zu können, kann an diesem Tatbestand ein vertragliches Kündigungsrecht des Lizenznehmers angeknüpft werden (siehe oben unter Punkt B 1.12 Nr. 2). 3.8 Nutzungsrechtsübertragung auf EU-Auslands- Gesellschaften und Eröffnung von EU-Auslandskonten Im Bereich der internationalen Rechtsverwertung ermöglicht das „Europäische Übereinkommen über Insolvenzverfahren" (EUInsVO) 22 ungeahnte Spielräume. Die sogenannte Europäische Insolvenzverordnung ist gemäß Artikel 47 EUInsVO seit dem 31. Mai 2002 in Kraft und wirkt in der EU unmittelbar, ohne dass es einer Umsetzung in nationales Recht bedarf. Von der Wirkung der EUInsVO ausgenommen sind nur Dänemark, welches der EUInsVO nicht zugestimmt hat, und natürlich Nicht-EU Mitgliedsstaaten wie die Schweiz oder die USA. 23 Innerhalb der EU ist es nun möglich, Vermögenswerte wie Bankkonten ins Aus- land zu verlagern oder zu lizenzierende urheberrechtliche Nutzungsrechte und sonstige Schutzrechte auf eine, ausländische Gesellschaft zu übertragen, ohne dass auf diese Vermögenswerte in einem inländischen — deutschen — Insolvenzverfah- ren zugegriffen werden kann. So richten sich zwar die Befugnisse des deutschen Insolvenzverwalters im Falle der Insolvenz eines deutschen Lizenzgebers nach deutschem Recht (Recht des Insolvenzeröffnungsstaates „lex fori concursus" Art. 4 Abs. 1, Abs. 2c EUInsVO). Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden aber dingliche Rechte Dritter, Aufrechnungslagen oder bestehende Eigentums- vorbehalte nicht berührt, wenn sich das betreffende Konto oder ein anderer in Betracht kommender Gegenstand bzw. die Rechte in einer Gesellschaft zur Zeit der Eröffnung in einem anderen Mitgliedsstaat befinden. Interessant aus Sicht von Lizenznehmern und finanzierenden Banken sind inso- weit insbesondere die Sicherungsrechte (Pfandrecht, Sicherheitsabtretung, Hy- pothek) gem. Art. 5 EUInsVO 24 oder die Aufrechnung. 25 So kann ein deutscher Lizenzgeber für die Finanzierung einer Filmproduktion, einer Computergame- Produktion oder ähnlicher Produktionen ein Konto bei einer im EU Ausland ansässigen Bank eröffnen., welches er der Bank verpfändet, und/oder im Rahmen eines Vertrages die Aufrechnung mit Forderungen der im EU Ausland ansässigen Bank zulassen. Un terstellen wir für einen Beispielsfall das Konto sei in England eröffnet worden und auf den Kontovertrag sei englisches Recht anwendbar. Wird über das Vermögen des deutschen Lizenzgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, folgt daraus, dass der deutsche Insolvenzverwalter zunächst prüfen muss, ob nach deutschem IPR ein dingliches Recht oder eine Aufrechnungslage besteht. Dies
führt ihn bei der Prüfung des Bestands von dinglichen Rechten gern. Art. 43 EGBGB zu einer Prüfung des Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet — also zu englischem Recht, da das Konto in England eröffnet wurde. Bei der Prü- fung des Bestands einer Aufrechnungslage führt ihn die Prüfung gern. Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB zu dem für den Vertrag maßgebenden Recht — im Falle der (üblichen) Rechtswahl der Parteien also ebenso wieder zu englischem Recht (sowie zu den materiellrechtlichen Bestimmungen des §§ 94 ff. InsO, 387 ff. BGB).26 Besteht im Beispielsfalle nach dem ausländischen — hier englischen — Recht ein dingliches Recht oder nach deutschem und englischen Recht eine Aufrechnungs- lage muss der Insolvenzverwalter dieses Recht unangetastet lassen. Somit lassen sich faktisch die Risiken des deutschen Insolvenzrechts bei der Lizenzierung von Rechten umgehen. Der Insolvenzverwalter hat keine Chance auf die im Ausland liegenden Vermögenswerte zuzugreifen. Der Vollständigkeit halber erwähnt wer- den soll hier zwar noch die Möglichkeit des Insolvenzverwalters zur Eröffnung eines sog. „Sekundärinsolvenzverfahrens" gem. Art. 27 ff. EUInsVO oder seine Rechte zur Beantragung von sog. „Sicherungsmaßnahmen" gem. Art. 38 EUIns- VO; bei der Durchsetzung dieser Befugnisse wird er aber erheblichen praktischen Schwierigkeiten begegnen, so dass seine Rechte ins Leere laufen.
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