Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz in der oö. Landesverwaltung - Grundsätzliches zum Themenbereich und zur Implementierung in den ...
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Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz in der oö. Landesverwaltung Grundsätzliches zum Themenbereich und zur Implementierung in den ZPS-Prozess Stand, August 2014
Medieninhaber & Herausgeber: Amt der Oö. Landesregierung Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Soziales, Integrationsstelle OÖ Bahnhofplatz 1, 4021 Linz Telefon 0732 / 7720-15221, Fax 0732 / 7720-215619 E-Mail: so.post@ooe.gv.at www.integrationsstelle-ooe.at Linz, 2013
... Vielfalt in der oberösterreichischen Bevölkerung ... "Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen Windmühlen." (chinesisches Sprichwort) Unsere Gesellschaft ist im Wandel – und das nicht erst seit gestern. Gesellschaften sind geprägt durch Veränderungsprozesse, die in den unterschiedlichsten Ausprägungen auf vielen unterschiedlichen Ebenen stattfinden und unser Zusammenleben in vielfältiger Art und Weise beeinflussen. Eine Vielfalt an Lebensstilen (Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher, Patchwork-Familien, Singlehaushalte), Migration, Alter, Gesundheitszustand, sozialer Status, Wohnsituation, individuelle Entscheidungen über Bildungswege und Berufswahl, persönliche Interessen und Freizeitgestaltung machen deutlich, wie heterogen sich die Bevölkerung Oberösterreichs aber auch unsere Gesellschaft an sich gestaltet. Bei näherem Hinsehen werden wir merken, dass uns das Bild der "echten" Oberösterreicherin, des "echten" Oberösterreichers - das wir in unseren Köpfen tragen - nur sehr selten auf der Straße begegnet. Zuwanderung und somit die Zugehörigkeit zu einer bestimmten "Kultur" werden im gesellschaftlichen Diskurs oft in den Mittelpunkt gestellt, wenn es darum geht Veränderungsprozesse und Probleme zu erklären. Es kommt also zu einer sogenannten "Kulturalisierung" sozialer Herausforderungen und Problemlagen: bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft - zurzeit vorwiegend Musliminnen und Muslime in ihrer Gesamtheit, aber auch Zuwanderinnen und Zuwanderer aus verschiedenen Herkunftsländern – werden im öffentlichen Diskurs für unterschiedlichste gesellschaftliche Probleme in die Verantwor- tung gezogen und es werden pauschale Zuschreibungen gegenüber einem Teil unserer Gesellschaft gemacht, der in sich sehr differenziert ist. Gegenwärtig ist Zuwanderung jedoch nur einer von vielen Faktoren, der unsere Gesellschaft nachhaltig gestaltet. Es ist vor allem wichtig, sich durch diesen oft auch "sichtbaren" oder "hörbaren" Faktor den Blick auf das Ganze nicht zu versperren. Neben Merkmalen, wie Hautfarbe, Auftreten, Kleidungsstil, Sprachkenntnisse etc., prägen eine Vielzahl von Entscheidungen, Vorlieben, Interessen, Fähigkeiten etc. die jeweilige Persönlichkeit und individuelle Lebensgestaltung um ein Vielfaches mehr und verdienen die eigentliche Aufmerksamkeit.
Die Migrantin oder der Migrant, von dem wir so oft lesen und hören ist immer auch ein Individuum, das sich aufgrund unterschiedlicher Einflüsse, Möglichkeiten und/oder Entscheidungen, die sie oder er im Laufe ihres oder seines Lebens getroffen hat, von anderen Individuen in Vielem unterscheidet, aber auch einmal mehr und einmal weniger Ähnlichkeiten zu anderen Menschen aufzeigt. Unter Berücksichtigung dessen scheint es nicht zielführend, von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund als zwei jeweils einheitlichen, sich gegenüberstehenden Gruppen zu sprechen und diese in bestimmten Bereichen gegeneinander auszuspielen. Das Land Oberösterreich als einer der größten Arbeit- und Auftraggeber, aber auch als Dienstleistungsunternehmen erfüllt vielfältige Funktionen und Aufgaben und steht als solches vor der Herausforderung, die soeben beschriebene Vielfalt wahrzunehmen und anzuerkennen, die darin liegenden Chancen und Potenziale aber auch Schwierigkeiten zu sehen und darauf zu reagieren. Angesichts der Komplexität dieser Angelegenheit sollen das vorliegende Dokument und die in weiterer Folge geplante Vorgehensweise aller Dienststellen des Landes Oberösterreich als Unterstützung in der konkreten Auseinandersetzung mit der Thematik Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz einerseits, aber auch in der themenspezifischen Analyse der eigenen Organisationseinheit andererseits dienen, um so dem Ziel der Verankerung der Querschnittsthematik Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz in den strategischen Prozessen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV) einen Schritt näher zu kommen. Die Verantwortung für die Umsetzung des Prozesses liegt bei den Leiterinnen und Leitern der Direktionen, Abteilungen und Bezirkshauptmannschaften bzw. bei den zuständigen Mitgliedern der Landesregierung. Die istOÖ (Integrationsstelle des Landes Oberösterreich) als fachlich kompetente Stelle ist zur Unterstützung und Begleitung des Prozesses in inhaltlicher Sicht bereit. Ich lade Sie ein, dieses Angebot zu nützen. Dr. Eduard Pesendorfer Landesamtsdirektor
INHALTSVERZEICHNIS ... Einleitendes zu Aufbau und Inhalt sowie Ausblick ... ....................................... 7 … Gesellschaftliche Vielfalt als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Interkulturalität …............................................................................................... 9 Was verstehen wir unter Interkulturalität? .................................................................. 12 … Strategien und Konzepte im Umgang mit Vielfalt … ....................................... 13 Gender Mainstreaming .................................................................................................. 13 Diversity Management................................................................................................... 13 Interkulturelle Orientierung/Interkulturelle Öffnung – Vielfalt leben/Vielfalt gestalten ........................................................................................................................................ 14 … Entwicklungen auf europäischer Ebene und in Österreich … ....................... 18 … Interkulturelle Öffnung der oö. Landesverwaltung …..................................... 20 Ausgangspunkt und Zielsetzungen ............................................................................. 20 Verwaltungsinternes Netzwerk für Integration und Diversität ................................... 21 Integrationsverständnis des Landes OÖ 21 Kernziel 22 Zielgruppe 22 Grundsatzbeschluss zur Implementierung der Querschnittsthematik Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz in den ZPS-Prozess/WOV 2021 ................ 27 Interkulturelle Öffnung als Bestandteil der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV 2021) .................................................................................................................... 29 Strategieprozess - Checkliste................................................................................ 31 Anhang .................................................................................................................... 32
... Einleitendes zu Aufbau und Inhalt sowie Ausblick ... Wie bereits im Vorwort erwähnt, erfüllt das Land Oberösterreich als einer der größten Arbeit-, Auftraggeber, aber auch Dienstleistungsunternehmen vielfältige Funktionen und Aufgaben für die Bevölkerung und steht vor der Herausforderung die Vielfalt in der oberösterreichischen Gesellschaft wahrzunehmen und anzuerkennen, die darin liegenden Chancen und Potenziale aber auch Schwierigkeiten zu sehen und darauf zu reagieren. Aus diesem Grund hat es sich das Amt der oberösterreichischen Landesregierung zur Aufgabe gemacht, die Thematik "Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz" in die strategischen Prozesse des Landes zu implementieren. Sinn und Zweck dieses strategischen Papiers ist es, die jeweiligen Organisationseinheiten der oberösterreichischen Verwaltung bei der Umsetzung dieser Aufgabe zu unterstützen. Als primäre Zielgruppe gelten die Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen politischen Büros, die jeweiligen Leiterinnen und Leiter der Organisationseinheiten, sowie die zuständigen Controllerinnen und Controller. In weiterem Sinne sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasst, da das Vorgehen in der jeweiligen Verwaltungseinheit breit kommuniziert und diskutiert werden soll, um so ein möglichst hohes Maß an Transparenz1 zu gewährleisten. In einem ersten Schritt soll das vorliegende Dokument dazu dienen, verschiedene Zugänge im Hinblick auf die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt in Unternehmen, Organisationen und Institutionen zu beschreiben, grundlegende Entwicklungen im Zusammenhang mit der Thematik speziell in Oberösterreich darzulegen und eine Verknüpfung mit den strategischen Prozessen des Landes Oberösterreich herzustellen. In weiterer Folge wird es Aufgabe der jeweiligen Organisationseinheiten des Amtes der oberösterreichischen Landesverwaltung sein, die Thematik "Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz" in ihren Arbeitsalltag zu integrieren, weshalb ab Anfang des Jahres 2013 geplant ist, die inhaltliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen 1 eine der auf S. 16 genannten Voraussetzungen für das Gelingen eines organisationsinternen Veränderungsprozesses 7
lebensbereichsspezifischen Aspekten von "Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz" im Rahmen von Workshops zu intensivieren. Als Kurzanleitung für die zuständigen Controllerinnen und Controller dient eine Checkliste, welche die im ZPS-Prozess konkret umzusetzenden Schritte zusammenfasst. Sowohl im Verlauf des vorliegenden Dokumentes, der Checkliste, als auch in den dazugehörigen Word-Dokumenten im Anhang wurde die umfassende Thematik „Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz“ nicht zuletzt aus Gründen der Lesbarkeit unter dem Begriff „Migration“ zusammengefasst. 8
… Gesellschaftliche Vielfalt als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Interkulturalität … Der Begriff Vielfalt/Diversity ist in diesem Zusammenhang als faktische Gegebenheit in Hinblick auf die Zusammensetzung der Gesellschaft zu verstehen. Die folgende Grafik soll auf einen Blick darstellen, welch unterschiedliche Faktoren die Lebenswelten von Kundinnen und Kunden, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes der Oö. Landesregierung beeinflussen können. Da der Begriff der Vielfalt/Diversity sehr breit gefasst ist, soll er in Hinblick auf dieses Strategiepapier mit dem Ziel einer interkulturellen Öffnung der oö. Landesverwaltung als Ausgangspunkt dienen und vor allem dazu anregen, die Mehrdimensionalität der Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden bei der (Weiter)Entwicklung von Maßnahmen und Produkten, aber auch im Prozess nicht aus dem Auge zu verlieren. 9
Wenn hier von Vielfalt/Diversität die Rede ist, so ist diese in einem breiten Sinn zu verstehen und soll anhand des Modells "4 Layers of Diversity" nach Gardenswartz und Rowe veranschaulicht werden: Abbildung 1: Gardenswartz, L. u. Rowe, A.: Diverse Teams at Work; Society for Human Resource Management 2002, bearbeitet durch istOÖ 2012 10
Innerster Kreis - PERSÖNLICHKEIT "Persönlichkeit" ist die Dimension im Zentrum des Modells und umfasst alle Aspekte einer Person, die als "persönlicher Stil" bezeichnet werden können. Zweiter Kreis - INNERE DIMENSIONEN Die "Inneren Dimensionen" oder auch "Kerndimensionen" - Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, geistige und körperliche Fähigkeiten, nationale Herkunft/Ethnie, soziale Herkunft - gelten als vom Individuum relativ unveränderbar und werden auch in entsprechenden Gleichbehandlungs-Gesetzen berücksichtigt. Dritter Kreis - ÄUSSERE DIMENSIONEN Die "Äußeren Dimensionen" - Wohnort, Einkommen, Gewohnheiten, Freizeitverhalten, Religion/Weltanschauung2, Ausbildung, Berufserfahrung, Auftreten, Elternschaft, Familienstand - zeichnen sich durch Veränderbarkeit aus. Äußerster Kreis - ORGANISATIONALE DIMENSIONEN Die "Organisationalen Dimensionen" schließlich sind durch die Art der Zugehörigkeit innerhalb einer Institution oder Organisation bestimmt3. 2 "Religion" bzw. "Weltanschauung" bilden eine Ausnahme im Schema, was auch durch die farbliche Hervorhebung zum Ausdruck gebracht wird. Sie könnten aus zwei Gründen zum Kreis der "Inneren Dimensionen" gezählt werden: Zum einen sind Religion und Weltanschauung nicht immer frei wählbar, zum anderen besteht im Hinblick darauf ein rechtliches Verbot der Benachteiligung. 3 Zu beachten ist, dass die Faktoren der organisationalen Dimensionen je nach Organisationstyp variieren. 11
Was verstehen wir unter Interkulturalität? In den folgenden Kapiteln wird beschrieben, dass das Amt der Oö. Landesregierung sich im Sinne einer Interkulturellen Orientierung zu einem Prozess der Interkulturellen Öffnung bekennt, weshalb in einem ersten Schritt zu klären ist, was unter „Interkulturalität“ zu verstehen ist. Ausgehend von den weiter oben dargestellten Dimensionen von Vielfalt (siehe Abb.1) bezieht sich der Begriff der Interkulturalität nicht auf das Verhältnis zwischen Österreicherinnen bzw. Österreichern und Migrantinnen bzw. Migranten als jeweils homogene Gruppe, sondern bezeichnet vielmehr das Verhältnis und das Zusammenspiel unterschiedlichster Faktoren, die jeweils individuelle Lebenswelten beeinflussen und gestalten. "Interkulturalität bezeichnet (also) das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Lebensformen. Interkulturalität reduziert sich nicht auf das Verhältnis von (Einheimischen) und Zugewanderten, sondern umfasst Unterschiede des Geschlechts, des Alters, der Religion, der sexuellen Orientierung, der körperlichen Ausstattung, der sozioökonomischen Lage, aber auch Unterschiede zwischen Betriebs- und Verwaltungskulturen."4 4 Schröer, H.: Interkulturelle Öffnung und Diversity Management. In: Migration und Soziale Arbeit, 31.Jg., H.3/4, S. 203-211 12
… Strategien und Konzepte im Umgang mit Vielfalt … Im Zusammenhang mit Vielfalt gibt es unterschiedliche Ansätze und Konzepte, die jeweils auf verschiedenen Ebenen wirksam werden: Gender Mainstreaming Als wohl bekanntestes Beispiel in diesem Bereich ist das Konzept des Gender Mainstreaming zu nennen, das es sich zum Ziel setzt, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen gesellschaftlichen Ebenen herzustellen und auch bereits Eingang gefunden hat in die strategischen Prozesse des Landes Oberösterreich5. Zu dem Zweck der Zielerreichung und als Antwort auf die in Österreich geltenden Gleichbehandlungsgesetze6 wurden etwa beim Amt der Oö. Landesregierung Fachstellen für verschiedene Bedürfnisgruppen eingerichtet (Gleichbehandlungsbeauftragte, Gleichbehandlungskommission, Antidiskriminierungsstelle, Frauenreferat, Integrationsbeauftragte etc.), aber auch in diversen Firmen, Organisationen oder Institutionen. Sie sind unter anderem mit der Analyse der aktuellen Situation und der allfälligen Entwicklung von Fördermaßnahmen betraut und gelten als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die jeweilige betroffene Gruppe. Diversity Management Diversity Management ist ein aus der Wirtschaft stammender Begriff, der sich in den 1960er Jahren in den USA entwickelte und sich in den letzten Jahren auch in europäischen Unternehmen durchgesetzt hat. Hier ist es erklärtes Ziel, sich die Vielfalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren verschiedenen Ausprägungen (siehe Abb. 1) im Unternehmen zu Nutze zu machen, um eine Gewinnsteigerung zu erzielen. In neueren Ansätzen des Diversity Managements rückt 5 Oö. Frauenförderprogramm "Balance – Wege zur Gleichstellung", Gender Budget Analyse - GBA-Leitfaden für bewirtschaftende Stellen der Landesverwaltung Oberösterreich, 2008 6 Bundesgesetz über die Gleichbehandlung, Oö. Landes-Gleichbehandlungsgesetz, Oö. Antidiskriminierungsgesetz 13
- neben dem wirtschaftlichen – zunehmend auch der Aspekt der sozialen Verantwortung von Unternehmen ins Blickfeld. Das Konzept des Diversity Management ist stark wirtschaftlich geprägt und lässt sich nicht zu 100% auf soziale und öffentliche Einrichtungen übertragen. Die Grundidee von Diversity Management – die Wahrnehmung und Anerkennung von Vielfalt – wird jedoch aufgenommen und in Strategien zur Organisationsentwicklung von sozialen und öffentlichen Einrichtungen weiter entwickelt. Interkulturelle Orientierung/Interkulturelle Öffnung – Vielfalt leben/Vielfalt gestalten Interkulturelle Orientierung bezeichnet das Bekenntnis oder die Vision einer Organisation zur gleichwertigen Anerkennung von Vielfalt. Sie schlägt sich als strategische Ausrichtung im Leitbild einer Organisation nieder, wird in den jeweiligen Zielen konkretisiert und verpflichtet die Organisation zur Querschnittsaufgabe Interkulturelle Öffnung.7 Interkulturelle Öffnung beschreibt den bewusst zu gestaltenden Prozess, der sich aus dem Bekenntnis zu interkultureller Orientierung ergibt. Interkulturelle Öffnung ist also als Prozess zu verstehen, der (selbst)reflexive Lern- und Veränderungsprozesse von und zwischen unterschiedlichen Menschen, Lebensweisen und Organisationsformen ermöglicht, Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen in den zu öffnenden Organisationen abbaut, und Anerkennung und Gleichheit schafft.8 Um diesen Prozess in Gang zu bringen, müssen verschiedenste Maßnahmen in einer Organisation ergriffen werden. Der Fokus in einem strategisch angelegten Prozess der "Interkulturellen" Öffnung einer Organisation liegt in einem ersten Schritt meist auf Migrantinnen und Migranten. Diese sind jedoch keinesfalls als homogene Gruppe zu behandeln, denn auch der Faktor Herkunft bzw. Migrationshintergrund steht in Wechselwirkung mit anderen, sei es klassischen, aber auch weiter gefassten Diversitätsmerkmalen (s. Abb. 1). 7 Schröer, H.: Interkulturelle Orientierung und Diversity-Ansätze. In: Fischer, V./Springer, M. (Hrsg.) Handbuch Migration und Familie: Grundlagen für die Soziale Arbeit mit Familien. 2011, S. 310 8 Schröer, H.: Interkulturelle Orientierung und Diversity-Ansätze. In: Fischer, V./Springer, M. (Hrsg.) Handbuch Migration und Familie: Grundlagen für die Soziale Arbeit mit Familien. 2011, S. 310 14
Es gilt also, die Unterschiedlichkeit der Lebenswelten von Migrantinnen und Migranten wahrzunehmen, zu reflektieren und als Organisation in verschiedenen Bereichen (v.a. Kundinnen- und Kundendimension, Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterdimension sowie Prozessdimension) darauf zu reagieren. Jedenfalls ist es nicht Ziel des Prozesses der Interkulturellen Öffnung im Ergebnis eine Palette an „Sonderprodukten“ für Migrantinnen und Migranten zu entwickeln oder Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund des Faktors Herkunft als benachteiligte und deshalb zu begünstigende Gruppe anzusehen. Vielmehr ist genau darauf zu achten, welche Umstände und Faktoren für eine mögliche Ungleichbehandlung und eventuelle Zugangsbarrieren verantwortlich sein können. Der Faktor Herkunft ist dabei bewusst als einer von anderen möglichen Faktoren – etwa Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, körperliche und geistige Fähigkeiten, soziale Herkunft, berufliche und familiäre Situation, Bildungsstand, Wohnverhältnisse etc. – mitzudenken. Allgemeine Voraussetzungen für den Prozess der Interkulturellen Öffnung Bei dem soeben umschriebenen Ansatz der interkulturellen Öffnung handelt es sich um eine Strategie der Unternehmens- und Organisationsentwicklung, die einen Veränderungsprozess in der gesamten Organisation einleitet und in drei Dimensionen unterteilt werden kann: Dimension Kundinnen und Kunden Dimension Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dimension Prozess 15
Damit ein derartiger organisationsinterner strategischer (Veränderungs)prozess gelingen kann, bedarf es in erster Linie ... ... eines klaren Auftrages.9 ... eines klaren Kommitments auf Führungsebene.10 ... der Analyse und Reflexion der organisationsinternen Ist-Situation. ... der Festlegung organisationsinterner Ziele. ... der Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. ... eines hohen Maßes an Transparenz und interner Kommunikation. Wesentlich ist, dass auch eine Ist-Stands-Analyse in Bezug auf Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz kein punktueller, einmaliger Vorgang sein kann, sondern erst durch Kontinuität und kritische Beobachtung der organisationsinternen Ziele und Maßnahmen und deren Wirkung an Wert und Aussagekraft gewinnt. Der Begriff der interkulturellen Öffnung umfasst somit nicht nur die Analyse einzelner bestehender Angebote, sondern es geht vielmehr darum, politische Programme, mehrjährige Strategieprozesse und die Resultate und Auswirkungen bestimmter Politiken in die Analyse mit einzubeziehen. Wesentliche Aspekte des Prozesses der interkulturellen Öffnung in der Verwaltung lassen sich wie folgt zusammenfassen11: Die Formulierung politischer Gleichstellungsziele ist einer der Hauptbestandteile der interkulturellen Öffnung innerhalb der Verwaltung. Sie sind der zentrale Ausgangspunkt und Maßstab für die Evaluierung von Maßnahmen und abteilungsinternen Zielsetzungen zur interkulturellen Öffnung. Die partielle Analyse einzelner Maßnahmen ist noch keine interkulturelle Öffnung, vielmehr ist eine möglichst umfassende Analyse der Ist-Situation in den jeweiligen Abteilungen im Hinblick auf Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz anzustreben. 9 Regierungsbeschluss vom 08. August 2011, Details siehe S. 23 10 Auseinandersetzung mit der Thematik innerhalb des VIN, das unter der Leitung des Herrn Landesamtsdirektors steht 11 Gender Budget Analyse - GBA Leitfaden für bewirtschaftende Stellen der Landesverwaltung Oberösterreich, 2008 16
Die Ergebnisse einer Ist-Stands-Analyse in Bezug auf Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz können Indiz für mögliche, tiefer liegende Ungleichheiten in der Verteilung von Chancen und beim Zugang zu Ressourcen sein. Diese Ungleichheiten gilt es schrittweise aufzudecken und ihnen in einem weiteren Schritt entgegen zu wirken. 17
… Entwicklungen auf europäischer Ebene und in Österreich … "Integrationspolitik ist im Kern Herstellung von Chancengleichheit."12 Diese Ansicht vertraten auch die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, als sie die Integration von Drittstaatsangehörigen – trotz Regelungskompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten – in dem "Haager Programm" im November 2004 als eine von zehn Prioritätsbereichen der Europäischen Union festlegten und sich der Europäische Rat auf gemeinsame Grundprinzipien für die Politik der Integration von Einwanderinnen und Einwanderern in der EU verständigte. Der Fokus liegt auf einer umfassenden Antidiskriminierungspolitik aber auch auf der besseren Koordinierung der Integrationspolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten.13 Die genannten Grundprinzipien stellen den kleinsten gemeinsamen Nenner in der europäischen Integrationspolitik dar und bedürfen aufgrund ihres lediglich deklaratorischen Charakters der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten.14 Auf Bundesebene übt "(d)as Bundesministerium für Inneres (...) im Themenfeld Integration bundesweit eine koordinierende Funktion aus und leistet mittels Förderungen einen wesentlichen Beitrag dazu, Integration in Österreich zu ermöglichen."15 Die Einrichtung eines Staatssekretariats für Integration 2011 wird auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres als "wichtiger und notwendiger Schritt für die Integrationspolitik (beschrieben). Aufgabe (sei) es, die Chancen und Herausforderungen von Integration aktiv anzugehen und zu einer Versachlichung des Themas beizutragen."16 In den letzten Jahren entstanden in verschiedenen Bundesländern Landesintegrationsleitbilder, so in Tirol (2006)17, Oberösterreich (2008)18, Niederösterreich 12 „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“, Das Berliner Integrationskonzept, Drucksache 16/0715, 2007, S. 3 13 "Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union", 2005 14 Bendel, P./Haase, M.: "Integrationspolitik der Europäischen Union", 2008 15 http://www.bmi.gv.at/cms/BMI/integration/, 16.09.2011 16 http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_staatssekretaer/, 16.09.2011 17 "Integration mit Zugewanderten – Integrationskonzept des Landes Tirol mit Maßnahmenempfehlungen, 2006, zum Download unter: http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/gesellschaft-und- soziales/integration/integrationsleitbild/integrationskonzept.pdf, 28.03.2012 18 "Einbeziehen statt Einordnen – Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich", 2008, zum Download unter: http://www2.land- oberoesterreich.gv.at/internetpub/InternetPubPublikationDetail.jsp?pbNr=1367&kriterien=Themen, 28.03.2012 18
(2008) und Vorarlberg (2010)19. Das Land Steiermark verabschiedete 2011 eine "Charta des Zusammenlebens in Vielfalt in der Steiermark"20. Die Ansätze - so sie auch im Detail differieren - sind einander ähnlich und gehen kurz zusammengefasst davon aus, dass Integration als Querschnittsaufgabe und andauernder zweiseitiger Prozess mit dem Ziel des gleichberechtigten Zugangs aller zu den gesellschaftlichen Ressourcen zu verstehen ist. Auch in den verschiedenen Integrationsleitbildern wird unter anderem von einer "Öffnung der Institutionen" gesprochen, um so einer Benachteiligung bestimmter Gruppen entgegen zu wirken. Als integrationspolitischer Ansatz auf Städteebene ist zum Beispiel jener der Stadt Wien zu erwähnen. Sie versteht Integration als Prozess, der "(...) sowohl für die Aufnahmegesellschaft als auch für die Zuwanderinnen und Zuwanderer mit Aufgaben und Herausforderungen verbunden (ist). Er zielt auf Gleichberechtigung und Chancengleichheit ab. Respekt und gegenseitige Anerkennung sind dabei unerlässlich."21 Auf Verwaltungsebene hat sich die Stadt Wien für ein integrationsorientiertes Diversitätsmanagement entschieden. „(Dieses) wird in Wien als gesamtstädtische Aufgabe verstanden. Es betrifft alle Geschäftsgruppen und Fachabteilungen. Das Ziel ist, Dienstleistungen der Stadtverwaltung zielgruppengerecht anzubieten.“22 19 "Gemeinsam Zukunft gestalten – Integrationsleitbild des Landes Vorarlberg, 2010, zum Download unter: http://www.vorarlberg.at/pdf/gemeinsamzukunftgestalten.pdf, 28.03.2012 20 Charta des Zusammenlebens in Vielfalt in der Steiermark, 2011, zum Download unter: http://www.zusammenleben.steiermark.at/cms/dokumente/11519330_61796466/f5726c69/Charta_Unterlage n_22062011_Web.pdf, 28.03.2012 21 http://www.wien.gv.at/menschen/integration/, 16.09.2011 22 http://www.wien.gv.at/menschen/integration/diversitaet/stadt.html, 16.09.2011 19
… Interkulturelle Öffnung der oö. Landesverwaltung … Ausgangspunkt und Zielsetzungen Ausgangspunkt und Grundlage für die Intensivierung der Auseinandersetzung mit dem Thema Integration innerhalb der oberösterreichischen Landesverwaltung und in weiterer Folge für die Erarbeitung dieses Leitfadens ist das Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich. Dieses wurde in den Jahren 2005 – 2007 in einem partizipativen Prozess unter Beteiligung zahlreicher relevanter Akteurinnen und Akteure aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft erarbeitet und 2008 fertig gestellt. Als Basis für die Auseinandersetzung mit und Gestaltung von Integrationspolitik in Oberösterreich wurden unter anderem vier integrationspolitische Leitlinien entwickelt, die sich an die Dimensionen von Vielfalt23 anlehnen: Vielfalt leben - Anerkennung der Pluralität der Bevölkerung Teilhabe sichern - Sicherung des gleichberechtigten Zugangs zu den gesellschaftlichen Ressourcen Zusammenhalt stärken - Förderung eines respektvollen Umgangs der Gesellschaft miteinander Gemeinsam Verantwortung tragen - jede/r Einzelne, alle privaten und öffentlichen Institutionen übernehmen Verantwortung für den Integrationsprozess und bringen ihre Potenziale und Fähigkeiten ihren Möglichkeiten entsprechend ein 23 siehe Abbildung 1, Seite 10 20
Verwaltungsinternes Netzwerk für Integration und Diversität Ausgehend von den integrationspolitischen Leitlinien und als Umsetzung einer der erarbeiteten, übergeordneten strategischen Maßnahmen des Integrationsleitbildes wurde mit Jänner 2010 das Verwaltungsinterne Netzwerk für Integration und Diversität – im Folgenden VIN genannt - eingerichtet. Das VIN ... ... dient dem Informationsaustausch und der Vernetzung zum Thema Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz. ... steht unter dem Vorsitz des Herrn Landesamtsdirektors. ... wird fachlich und organisatorisch begleitet durch die istOÖ. ... setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Organisationseinheiten. ... trifft sich zweimal jährlich. ... hat es sich zum Ziel gesetzt, die Querschnittsthematik Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz in den strategischen Prozessen der oö. Landesverwaltung zu verankern. Integrationsverständnis des Landes OÖ Im Rahmen der 4. Sitzung des VIN vom 17. Mai 2011 wurde das Verständnis der oö. Landesverwaltung von Integration folgendermaßen umschrieben: "Integration" bedeutet für die oberösterreichische Landesverwaltung, auf struktureller Ebene24 einen Beitrag für ein gelingendes Zusammenleben aller gesellschaftlichen Gruppen in allen Lebensbereichen zu leisten und für alle Menschen im Land Oberösterreich – mit all ihren Unterschiedlichkeiten – Rahmenbedingungen für Chancengerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe zu schaffen, um so der gegebenen und wachsenden Vielfalt/Diversität der oberösterreichischen Bevölkerung gerecht zu werden. 24 Einbeziehen statt Einordnen, Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich, 2008, S. 10f 21
Kernziel Aus diesem sehr weit gefassten Verständnis von Integration und in Anlehnung an das Integrationsleitbild entwickelte sich in Abstimmung mit den im VIN vertretenen Organisationseinheiten folgendes Kernziel: "Die Schaffung und Sicherung eines gleichberechtigten Zugangs und einer gleichberechtigten Teilhabe der Gesamtgesellschaft an den gesellschaftlichen Teilsystemen." Es geht also darum, die Verwaltung als Organisation in dem Maße zu öffnen, dass eventuelle Zugangsbarrieren, die durchaus auch für Gruppen der so genannten "Mehrheitsbevölkerung" bestehen, abgebaut werden und der Verwaltungsapparat der gegebenen gesellschaftlichen Vielfalt über die Kerndimensionen (siehe Abbildung 1) hinaus und unter Berücksichtigung allfälliger Wechselwirkungen Rechnung tragen kann. Dieses ebenfalls noch sehr allgemein formulierte Kernziel wird in einem weiteren Schritt durch eine Analyse und Reflexion für die jeweilige Organisationseinheit zu konkretisieren sein. Als Folge der fachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik soll ein eventueller Handlungsbedarf erkannt werden, Handlungsziele festgelegt werden und die Thematik Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz somit nachhaltig in die strategischen und operativen Prozesse der oberösterreichischen Landesverwaltung implementiert werden. Zielgruppe Im weitesten Sinne ist die Gesamtgesellschaft in ihrer Vielfalt und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen individuellen Lebenslagen als Zielgruppe dieses Prozesses zu verstehen. Dennoch fokussiert er in einem ersten Schritt auf Menschen mit Migrationshintergrund. 22
__________________________________________________________________________ Laut Erhebungen der Statistik Austria haben 19,4% der österreichischen Bevölkerung so genannten Migrationshintergrund, in Oberösterreich sind es 14,9% der Bevölkerung.25 Diese Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund setzt sich folgendermaßen zusammen: Wohnbevölkerung mit ausländischer Staatsbürgerschaft - primärer Migrationshintergrund also etwa Neuzuwanderinnen und -zuwanderer, aber auch länger ansässige Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht angenommen haben; OÖ. Bevölkerung nach Staatsbürgerschaft 1. 1. 2014 133.884 Personen; 9% 1.291.538 Personen; 91% Österreicher Ausländer Land OÖ, Abt. Statistik; Daten: ZMR-Populationsregister von Statistik Austria in Österreich geborene Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft - sekundärer Migrationshintergrund also Kinder von ausländischen Staatsangehörigen, die aufgrund der österreichischen Rechtslage26 mit ihrer Geburt ebenfalls ausländische Staatsbürgerinnen und -bürger werden; österreichische Staatsangehörige, die im Ausland geboren wurden - tertiärer Migrationshintergrund also eingebürgerte Österreicherinnen und Österreicher; 25 STATISTIK AUSTRIA, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2013 (Durchschnitt aller Wochen eines Jahres). Erstellt am: 02.05.2014. 26 § 7 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG) 23
OÖ. Bevölkerung nach Herkunft 1. 1. 2014 OÖ. Bevölkerung mit ausländischer Herkunft1) 23.382 75.460 Personen; Personen; 11% 36% 1.216.078 Primär Personen; 209.344 85% Personen; Sekundär 15% 110.502 Tertiär Personen; 53% ausländische Herkunft inländische Herkunft 1) Primär: ausländische Staatsangehörige, im Ausland geboren; Sekundär: ausländische Staatsangehörige, im Inland geboren; Land OÖ, Abt. Statistik; Daten: ZMR-Populationsregister von Statistik Austria Tertiär: österreichische Staatsangehörige, im Ausland geboren alle Personen, deren beide Elternteile im Ausland geboren sind Unabhängig von ihrer eigenen Staatsbürgerschaft oder jener ihrer Eltern, fallen all jene Personen unter den Begriff „Menschen mit Migrationshintergrund“, deren beide Elternteile im Ausland geboren sind. Sind nicht nur die Eltern einer Person, sondern auch sie oder er selbst im Ausland geboren, spricht man von der 1. Generation, die aktive Migrationserfahrung aufweist. Sind beide Elternteile im Ausland geboren, die Person selbst aber in Österreich, spricht man von der 2. Generation mit passiver Migrationserfahrung; OÖ. Bevölkerung nach Migrationshintergrund OÖ. Bevölkerung mit Migrationshintergrund 1) MZ 2013 209.252 Personen; 15% 60.116 Personen; 29% 1. Generation 1.190.673 Personen; 85% 149.136 2. Generation Personen; 71% Ohne Migrationshintergrund Mit Migrationshintergrund 1) Beide Elternteile im Ausland geboren; 1. Migranten-Generation: im Ausland geboren; aktive Migrationserfahrung Land OÖ, Abt. Statistik; Daten: Arbeitskräfteerhebung 2012 von Statistik Austria 2. Migranten-Generation: in Österreich geboren; passive Migrationserfahrung 24
Auch wenn der Begriff „Migrationshintergrund“ diese doch beträchtliche Gruppe von 14,9 % der oberösterreichischen Bevölkerung zu umschreiben versucht, kann dies mit einem Wort nicht gelingen. Neben der Staatsbürgerschaft, der Herkunft und der jeweiligen Aufenthaltsdauer - alle drei schon sehr differenzierende Kriterien - gibt es weitere offensichtliche Faktoren, die eine Person prägen. Wie bereits beschrieben27, liegt also eine der Herausforderungen darin, zu erkennen wo und in welchem Ausmaß eventuell bestehende Zugangsbarrieren tatsächlich auf dem Faktor Herkunft/Migrationshintergrund beruhen oder aber (auch) auf andere Faktoren – etwa Alter, Geschlecht, die sexuelle Orientierung, körperliche und geistige Fähigkeiten, die berufliche oder familiäre Situation, die soziale Schichtzugehörigkeit, den Bildungshintergrund, die Wohnverhältnisse etc. - zurückzuführen sind. Durch eine derartige Reflexion gelingt es, den tatsächlichen Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes der oö. Landesregierung gerecht zu werden und in weiterer Folge das Kernziel der "Schaffung und Sicherung eines gleichberechtigten Zugangs und einer gleichberechtigten Teilhabe der Gesamtgesellschaft an den gesellschaftlichen 28 Teilsystemen" zu erreichen. 27 vgl. Ausführungen S. 15 28 vgl. Ausführungen S. 22 25
Zusammenfassend: Wir sprechen also von und mit ... ... Asylberechtigten (anerkannten Flüchtlingen), die Österreicherinnen und Österreichern rechtlich gleichgestellt sind ... in Österreich geborenen Kindern und Jugendlichen der zweiten oder dritten Generation von Zugewanderten ... Frauen mit Kinderbetreuungspflichten, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Österreich gekommen sind ... der Putzfrau, die eigentlich Ingenieurin ist, und dem Schichtarbeiter ohne Schulabschluss, der bereits seit 20 Jahren in der Firma ist ... der Nachbarin, dem Kollegen, den Eltern des Schulfreundes der eigenen Kinder, der Kundin mit Zweitsprache Deutsch ... den Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln ... Je nach individueller Situation sind sie mit verschiedenen Fragen und Herausforderungen konfrontiert und lassen sich nicht ausschließlich über ihre Migrationsgeschichte kategorisieren. Wichtig ist es vor allem, neben dem Faktor Herkunft, die jeweilige individuelle Lebenslage des Gegenübers, also sie oder ihn als Person, wahrzunehmen. Die individuelle Lebenslage wird durch viele Faktoren - etwa sozialer oder ökonomischer Hintergrund, Bildungsstand, Beruf, familiäre Situation etc. - beeinflusst und ist kein statisches Element, sondern ständigen Veränderungen unterworfen. 26
Grundsatzbeschluss zur Implementierung der Querschnittsthematik Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz in den ZPS- Prozess/WOV 2021 Auf Grundlage der Entwicklungen im VIN wurde durch den zuständigen politischen Referenten ein Grundsatzbeschluss zur Implementierung der Querschnittsthematik Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz in den ZPS-Prozess/WOV 2021 bei der Oö. Landesregierung eingereicht und von dieser am 08. August 2011 angenommen. Der Regierungsbeschluss beinhaltet folgende Punkte: Die Integrationsstelle des Landes OÖ erarbeitet in Abstimmung mit weiteren im VIN vertretenen Abteilungen einen Leitfaden, der die Abteilungen bei der Analyse des Ist-Standes bzw. der Entwicklung und Umsetzung von Zielen und Maßnahmen hinsichtlich Integration, Diversität und interkulturelle Kompetenz unterstützen soll. Dieser Leitfaden soll eine strukturierte Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglichen und als Orientierungshilfe für die Abteilungen dienen. In Trainings zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung zum Thema Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz sollen vor allem Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter sowie Controllerinnen und Controller für die Auseinandersetzung mit der Thematik in der eigenen Organisationseinheit geschult werden. Zuständig für die Auswahl, Organisation und Durchführung dieser Schulungen ist die Abteilung Personal unter aktiver Mitwirkung der Integrationsstelle des Landes OÖ und der Abteilung Präsidium. Auf Führungsebene werden zusammen mit den Controllerinnen und Controllern und in Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern der politischen Büros interne Strategiesitzungen abgehalten. Sie dienen der Analyse des eigenen Wirkungsbereiches, eigener Leitbilder und Zielvereinbarungen hinsichtlich möglicher Anknüpfungspunkte und der Entwicklung neuer, bzw. Anpassung schon bestehender Maßnahmen in Sachen Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz. 27
Zusammenfassend: Die Implementierung der Querschnittsthematik Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz in den ZPS-Prozess/WOV 2021 ... ... ist dem im Integrationsleitbild beschriebenen Handlungsfeld "Verwaltung, Gleichstellung, Partizipation, Sicherheit" zuzuordnen29. ... fokussiert die strukturelle Ebene der Dimensionen von Integration30, welche im Zentrum der Integrationsbemühungen des Landes Oberösterreich steht. ... setzt es sich zum Ziel, allen einen gleichberechtigten Zugang zu den gesellschaftlichen Teilsystemen wie Arbeit, Bildung, Schule, Politik, Wohnungsmarkt, Gesundheitswesen etc. zu ermöglichen. ... passiert in den Dimensionen Kundinnen und Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Prozess. 29 Einbeziehen statt Einordnen, Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich, 2008, S. 60 ff 30 Einbeziehen statt Einordnen, Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich, 2008, S. 10 ff 28
Interkulturelle Öffnung als Bestandteil der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV 2021) Aufgrund des Regierungsbeschlusses vom 08. August 2011 soll die Thematik Integration, Diversität, Interkulturelle Kompetenz Bestandteil des Managementkonzepts WOV 2021 werden. Das bedeutet, dass die Thematik in den Zielfindungs-, Planungs- und Steuerungsprozess (ZPS) und in das Managementkonzept WOV 2021 eingebunden wird. Dadurch wird die Wirkungsorientierung interkultureller Öffnung explizit gemacht. Dies ist auf allen Zielsetzungs- und Planungsebenen des ZPS zu berücksichtigen: auf der normativ-konzeptionellen Ebene (Geltungszeitraum 12 Jahre, unternehmensweite Zielsetzungen) auf der strategischen Ebene (Geltungszeitraum 6 Jahre, lebensbereichbezogene Zielsetzungen) auf der operativen Ebene (Geltungszeitraum 1 Jahr, organisationseinheitsbezogene Zielsetzungen). Außerdem ist die Thematik Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz in die sieben Entwicklungsfelder der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV) zu integrieren. Diese Entwicklungsfelder sind "Wirkungsorientierung", "Kundinnen- und Kundenorientierung", "Planung und Steuerung", "gemeinsame Ergebnis- und Ressourcenorientierung", „Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterorientierung", "Wettbewerb" und schließlich "Optimierung von Strukturen und Abläufen". Die Implementierung von Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz in den ZPS- Prozessen bedeutet konkret31: · Die politischen Gleichstellungs(fach)ziele sind nun – wie im ZPS-Prozess insgesamt der Fall – gemeinsam von den Direktionen bzw. den Fachabteilungen und der Politik sowie der Bezirksverwaltungsbehörde (1. Instanz) zu formulieren, wobei im Zuge dieses Prozesses integrations- und diversitätsorientierte Ziele künftig für jeden Fachbereich festzulegen sind. Dies bedeutet, dass entsprechend der jeweiligen Kundinnen und Kunden, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedliche integrations- und 31 Gender Budget Analyse – GBA-Leitfaden für bewirtschaftende Stellen der Landesverwaltung Oberösterreich, 2008 29
diversitätsspezifische Wirkungsziele zu formulieren sind, die operationalisierbar sein müssen. · Die entsprechende Grunddatenbasis stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Formulierung von integrations- und diversitätsbezogenen Wirkungszielen dar. Im Rahmen des Strategieprozesses (Eigenbild- und Fremdbildanalyse, Portfolio- Analyse, SWOT-Analyse) sollen (ab dem Jahr 2015) integrations- und diversitätsrelevante Daten erhoben und ausgewertet werden, die Kategorien Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz sind also in die Fragestellungen und Auswertungen der genannten Analyseprozesse zu integrieren. · In Bezug auf den ZPS-Prozess gesamt bedeutet dies gleichzeitig, dass Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz als Prozess der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung auf der Meilensteinebene zu verankern sind. Zusammenfassend: Auf Basis der in SWOT-, Portfolio-, Eigenbild- und Fremdbildanalyse erhobenen und ausgewerteten integrations- und diversitätsrelevanten Daten sind im Rahmen des ZPS- Prozesses gemeinsam zwischen den politischen Referentinnen und Referenten sowie den Direktionen bzw. Fachabteilungen politische Gleichstellungsziele im Hinblick auf Integration, Diversität und Interkulturelle Kompetenz und davon abgeleitet, neue Indikatoren zu definieren, und dies: in den 12-Jahreszielen, in den 6-Jahreszielen und auch in den 1-Jahreszielen. 30
Strategieprozess - Checkliste Zeitlicher Rahmen Zuordnung im Prozess Was zu tun ist X (= Landtagswahlen) – 15 Monate Eigenbild- und Fremdbildanalyse Das Thema "Migration" ist hier zu integrieren und entsprechende bis voraussichtlich Juni 2014 Fragen dazu zu stellen. X (= Landtagswahlen) – 15 Monate Chancen Risken und Stärken Hier ist das Thema "Migration" im Word Dokument einzubauen.32 bis voraussichtlich Juni 2014 Schwächen Analyse X (= Landtagswahlen) – 15 Monate Optionale Lebens- Das Thema "Migration" ist bei der Erarbeitung von Wirkungen zu bis voraussichtlich Juni 2014 /Fachbereisleitbildanpassung diskutieren und gegebenenfalls aufzunehmen Nach den Landtagswahlen Portfolioanalyse Das Thema "Migration" ist als eine Fragestellung bei der Dimension voraussichtlich ab Herbst 2015 relativer Wettbewerb und bei der Dimension Markt zu verankern und zu bewerten.33 32 siehe Anhang 33 siehe Anhang 31
Anhang 32
Chancen Risken Analyse – Themenraster Mögliche Impulse Themen Chancen Gefahren bzw. Anforderungen für die Zukunft Zielgruppen, Kunden / Kundinnen Größe (Frauenanteil, Männeranteil, Personen mit Migrationshintergrund; dort wo differenzierte Betrachtung sinnvoll ist) Altersstruktur Bedürfnisse (Gleichstellungsaspekte) Einstellungen Verhalten Ansprüche Gefährdung / Schutzwürdigkeit … Politische Entwicklungen Fachbereichsbezogen Gesellschaftsbezogen (Gleichstellung von Frauen und Männern) (Gleichstellung von Personen mit Migrationshintergrund) (Altersstruktur) EU/Bund/Land/Gemeinden Rechtliche Entwicklungen EU/Bund/Land/Gemeinden Rechtsmaterien Fachnormen … Branchenentwicklung Anbieterstruktur Nachfrageverhalten Marktbedingungen Wirtschaftliche Entwicklung Produkte 33
Mögliche Impulse Themen Chancen Gefahren bzw. Anforderungen für die Zukunft Verhalten in Bezug auf Gleichstellungsansätze (Entlohnung, Arbeitszeit, Berufsbilder,…) Technische Entwicklungen … Wirtschaftliche Entwicklungen … Ökologische Entwicklungen … Gesellschaftliche Entwicklungen Werte Einstellungen Verhalten Gleichstellungsaspekte Altersstruktur 34
Stärken Schwächen Analyse – Themenraster Themen Stärken Schwächen Mögliche Impulse bzw. Anforderungen für die Zukunft Managementorientierung Organisation Organigramm Aufgaben, Kompetenz, Verantwortungsbereiche Stellenbeschreibung Projektmanagement Steuerung / Controlling (Instrumente, Prozesse, Anwendungen) Strategische Planung Meilensteinplanung Jahresplanung Controlling-Instrumente (Berichte, MIS, ….) Führung (Dürfen, Wollen, Können, Wissen) Informations- und Kommunikationsfluss (Führungsrhythmus) Konfliktfähigkeit Zielvereinbarungen (Mitarbeiter-/ Mitarbeiterinnengespräche) Führungs-Know-how Marketing Marketingplanung Corporate Identity (Corporate Design, Corporate Behavior, Corporate Communication) Broschüren; Kommunikationsmittel … Mitarbeiterorientierung/Mitarbe iterinnenorientierung 35
Themen Stärken Schwächen Mögliche Impulse bzw. Anforderungen für die Zukunft Personalressourcen Quantität; Planung des Einsatzes von Frauen in Tätigkeitsfeldern, die früher eher männerorientiert waren Planung des Einsatzes von Personen mit Migrationshintergrund Altersstruktur Qualität Flexibilität Dienstrechtliche Rahmenbedingungen Männerkarenz Aus- und Weiterbildung Mitarbeiterbeurteilung/Mitar- beiterinnenbeurteilung Fluktuation Krankenstände Mitarbeiterinnenzufriedenheit/ Mitarbeiterzufriedenheit Betriebsklima Anreizsystem Identifikation Zufriedenheit Engagement Personalentwicklung Umsetzung PE-Konzept Spezifische Programme Gender-Mainstreaming Spezifische Programme für Personen mit Migrationshintergrund Altersstruktur (Innovations)prozesse Prozesse / Abläufe /Verfahren Standardisierungsgrad Informationsstand Qualität der Prozesse Wartung und Pflege der 36
Themen Stärken Schwächen Mögliche Impulse bzw. Anforderungen für die Zukunft Prozesse Prozessverantwortung Unterstützung durch QM Kooperationen Beziehungspotential Verhältnis zu Kooperationspartner Richtlinien für Kooperationen Technische/Sonstige Ressourcen Technik Ausbaustand Innovationsgrad Benutzerorientierung Wirtschaftlichkeit Raum Facility Management (FM); Gender Housing Qualitätsstandards Modernitätsgrad Kunden- und Mitarbeiterfreundlichkeit/Kund innen- und Mitarbeiterinnenzufriedenheit Platzangebot Finanzmittel Budgetvolumen Höhe der Manövriermasse Steuerungsinstrumente Verordnungen (HH etc.) Erfolgskontrolle / Wirtschaftliche Ergebnisse Gender-Budgeting-Analyse Umsetzung Kundenorientierung/Kundinnen orientierung 37
Themen Stärken Schwächen Mögliche Impulse bzw. Anforderungen für die Zukunft Kundenzufriedenheit / Kundinnenzufriedenheit Image / Bekanntheitsgrad Zufriedenheit mit Leistungsprogramm / Qualität / Quantität Strategien / Kunden-, Kundinnen- und Dienstleistungsorientierung Qualitätsstandards Gleichstellung von Frauen und Männern Gleichstellung von Personen mit Migrationshintergrund Altersstruktur Wirkungsorientierung Wirkungen Wirkungsziele (= mit Messgrößen hinterlegte Wirkungen) Wirkungsindikatoren / -kennzahlen Prozess der Wirkungskontrolle Zielerreichungsgrad 38
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