Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten

 
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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
Integrierter Pflanzenschutz 2022
   Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz
         im Haus- und Kleingarten
Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
I NHALT

Einleitung........................................................................ 3                                     Rittersporn, Gemswurz, Lupine, Dahlie, ­
Rechtliche Änderungen .................................................. 3                                               Ringelblume...............................................................................36
Integrierter Pflanzenschutz ............................................ 4                                               Rose...............................................................................................36
Vorbeugende Maßnahmen.............................................. 4                                                    Stockmalve..................................................................................37
  Kulturgerechter Standort......................................................................4                        Tulpe.............................................................................................37
  Düngung ....................................................................................................4        Rasen und Blumenwiese.........................................38
  Fruchtwechsel und Mischkultur.........................................................4                              Wege und Plätze......................................................39
  Robuste Sorten und Arten...................................................................4                    Hinweise zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln...... 40
  Aussaat und Pflanzung...........................................................................5                  Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang mit
  Kulturhygiene ..........................................................................................5          Pflanzenschutzmitteln..........................................................................40
  Pflanzenstärkungsmittel.........................................................................5                  Bienenschutz...........................................................................................40
  Nützlinge und deren Förderung.........................................................5                            Schutz der Bestäuberinsekten...........................................................40
Physikalische, biologische, biotechnische                                                                            Wasserschutz............................................................................................40
Maßnahmen..................................................................... 6                                     Wartezeiten..............................................................................................41
Grundstoffe...................................................................... 6                                  Dosierung ................................................................................................41
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ......................... 6                                                      Entsorgung von Packungen, Restmengen und
  Allgemeine Hinweise ............................................................................6                  Restbeständen alter Pflanzenschutzmittel.....................................41
  Rechtliche Bestimmungen....................................................................7                       Wetterdaten ............................................................................................41
Krankheiten, Schädlinge und nichtparasitäre                                                                       Im Haus- und Kleingarten zugelassene
Schadsymptome............................................................... 7                                    Pflanzenschutzmittel .................................................... 42
  Obst............................................................................7                                  Definition Schottergarten...................................................................50
       An mehreren Obstarten ­vorkommend............................... 7                                         Titelthema „Blatthornkäfer“......................................... 51
       Kernobst (Äpfel, Birnen, Quitten).................................... 10                                   Haftungsausschluss....................................................... 51
       Steinobst (Kirschen, Zwetschen, ­Mirabellen,                                                               Impressum..................................................................... 52
       Pfirsiche, Aprikosen)............................................................... 13
       Strauchbeerenobst (Johannisbeeren,
       Stachelbeeren, Holunder, Heidelbeeren,
       Himbeeren, Brombeeren u. a.)............................................ 16
       Erdbeere...................................................................................... 18
       Schalenobst................................................................................. 18
       Tafeltrauben................................................................................ 18
     Gemüse.................................................................... 19
       Bohne........................................................................................... 19
       Gurke............................................................................................20
       Kartoffel...................................................................................... 21         G R U N D S Ä T Z E D E S I N T E G R I E RT E N P F L A N Z E N SCH UTZES
       Kohl..............................................................................................22
       Knollensellerie..........................................................................24
       Lauch............................................................................................25
       Möhre...........................................................................................25
       Petersilie......................................................................................25                                                        Pflanzen­
                                                                                                                                                               schutzmittel
       Rettich und Radieschen.........................................................26
       Salat...............................................................................................26
       Spinat ..........................................................................................27
       Tomate ........................................................................................27                                                        Grundstoffe
       Zucchini .....................................................................................28
       Zwiebel .......................................................................................28
       An mehreren Gemüsearten ­vorkommend.......................29
                                                                                                                                                    physikalische, biologische,
     Ziergehölze..............................................................30                                                                   biotechnische Maßnahmen:
     Zierpflanzen.............................................................34                                                                   Fallen, Leimringe, Lockstoffe,
       An mehreren Zierpflanzen ­vorkommend........................34                                                                              Nützlinge, Absammeln, Netze,
                                                                                                                                                                usw.
       Aster, Sommeraster..................................................................34
       Chrysantheme, Margerite......................................................35
       Fuchsie.........................................................................................35                                   vorbeugende Maßnahmen:
                                                                                                                                 kulturgerechter Standort, robuste Sorten und Arten,
       Gladiole.......................................................................................35                        Düngung, Nützlingsförderung, Pflanzenstärkungsmittel,
       Pelargonie....................................................................................36                                                 usw.
       Pfingstrose...................................................................................36

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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
INTEGR IERTER PFLA NZEN SCHU TZ

Einleitung
In dieser Broschüre werden Empfehlungen und Hinweise zu Pflanzenschutzfragen im Gartenbereich unter besonderer Be-
rücksichtung des integrierten Pflanzenschutzes gegeben. Wichtige Schadorganismen werden beschrieben. Das Heft infor-
miert außerdem über die gesetzlichen Bestimmungen, die bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln einzuhalten sind.
Weiterhin wird Wissen zum Schutz und der Förderung der Biodiversität und von Nützlingen im Haus- und Kleingarten ver-
mittelt. Alternative Bekämpfungsmöglichkeiten werden aufgezeigt. In den Tabellen am Schluss des Heftes sind Beispiele für
zugelassene Pflanzenschutzmittel im Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau aufgeführt. Da es im Laufe des Jahres zu Neuzu-
lassungen oder Änderungen bei den Pflanzenschutzmitteln kommen kann, achten Sie bitte auf entsprechende Bekanntma-
chungen des Pflanzenschutzdienstes in der Fachpresse.
Aktuelle Pflanzenschutzinformationen für den Haus- und Kleingarten erhalten Sie bei der Gartenakademie Ba-
den-Württemberg e.V. (www.gartenakademie.info). Aktuell zugelassene Pflanzenschutzmittel finden sich auf www.
hausgarten.pflanzenschutz-information.de. Bei der Gartenakademie Rheinland-Pfalz besteht die Möglichkeit,
einen kostenlosen Newsletter unter www.gartenakademie.rlp.de zu abonnieren. Ein kostenfreies Online-Bil-
dungsangebot zum Pflanzenschutz bietet die Virtuelle Hochschule Bayern (www.vhb.org).

Rechtliche Änderungen                                                nicht mehr angewandt werden und sind fachgerecht zu
                                                                     entsorgen. Nicht von dem Verbot betroffen sind Mittel mit
HINWE IS ZU GLYPHOS AT                                               dem Wirkstoff Acetamiprid.
Anwendungen von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln
sind im Haus- und Kleingarten im Rahmen der zugelasse-               B I O D I V E RS I T Ä T S ST Ä R K U N G S G E S E T Z
nen Anwendungsgebiete zulässig, werden von der amtlichen
                                                      Gemäß §34 a des Biodiversitätsstärkungsgesetz (BiodivStG)
Beratung in Baden-Württemberg jedoch nicht empfohlen. des Landes Baden-Württemberg gelten darüberhinaus weiter
Dies betrifft Roundup-Produkte und vergleichbare Produk-
                                                      reichende gesetzliche Regelungen für die Anwendung von
te. Das Verbot von Glyphosat wurde von Naturschutzgebie-
                                                      Pflanzenschutzmitteln im Privatgarten. Je nach Landschafts-
ten, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und  raum, in dem sich der Privatgarten befindet, sind Einschrän-
gesetzlich geschützten Biotopen auf Kern- und Pflegezo-
                                                      kungen nach Tabelle 1 zu beachten.
nen von Biosphärenreservaten sowie auf Wasserschutzgebie-
                                                      Zu den Pflanzenschutzmitteln, die für den ökologischen An-
te und Heilquellenschutzgebieten ausgedehnt. Naturschutz-
                                                      bau zugelassen sind, gehören z. B. Fettsäuren (sofern diese
und andere Schutzgebiete können für Baden-Württemberg nicht als Herbizid eingesetzt werden), Pflanzenöle, Paraffinöle,
im Kartendienst der LUBW nachgeschlagen werden unter  Schwefel, Pyrethrine, Präparate auf Bakterien- bzw. Virenbasis.
www.lubw.baden-wuerttemberg.de >Daten- und Kartendienst >Natur
                                                      Diese Mittel sind im hinteren Tabellenteil farbig hervorgeho-
und Landschaft >Alle Schutzgebiete >Schutzgebiete (Karte).
                                                      ben. Wenn Unsicherheiten bestehen, in welchem Landschafts-
                                                      raum sich der Privatgarten befindet, wird empfohlen, sich an
VE R B OT VON NEONICOTI N O I DEN                     die Gemeinde zu wenden. Darüber hinaus steht der Karten-
Mittel mit den insektiziden Wirkstoffen Clothianidin, dienst der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg un-
Thiacloprid, Thiamethoxam und Imidacloprid dürfen ter www.udo.lubw.baden-wuerttemberg.de zur Verfügung.

TABELLE 1: EINSCHRÄNKUNGEN BEI DER ANWENDUNG VON PFLANZENSCHUTZMITTELN IM PRIVATGARTEN IN VERSCHIE­D E­N EN
LANDSCHAFTSRÄUMEN GEMÄSS BIODIVERSITÄTSSTÄRKUNGSGESETZ UND PFLANZENSCHUTZANWENDUNGSVERORDNUNG

                                                                            Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
Landschaftsraum
                                                                chemisch-synthetische           für den ökologischen Anbau zugelassen
Naturschutzgebiete                                                                                                            
Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten                                                                                  
gesetzlich geschützte Biotope                                                                                                 
Naturdenkmale                                                                                                                 
Entwicklungszonen von Biosphärengebieten                                                                                      
Landschaftsschutzgebiete                                                                                                      
Naturparke                                                                                                                    
                                                                                                                               
Natura 2000-Gebiete: FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete                                                keine Insektizide mit B1–B3 oder NN410 in
                                                                                                                       FFH-Gebieten
Wasserschutzgebiete und Heilquellenschutzgebiete                                         Verbot von Glyphosat

 = Anwendung ist nicht zulässig    = Anwendung ist zulässig

                                                                                                                                                    3
Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
I NTEGRIE RT E R P FLAN Z E NSC H UT Z

B I ODIV E RSITÄT                                                zenschutzes. Weitere Hinweise bietet die „Leitlinie zum
Der Klimawandel hat weltweite Folgen für das Leben von           integrierten Pflanzeschutz im Haus- und Kleingartenbe-
Menschen, Pflanzen und Tieren. Die Abnahme der biologi-          reich“ (www.kleingarten-bund.de >gartenpraxis >pflanzengesundheit
schen Vielfalt wirkt sich auf Gesellschaft, Ökologie und Wirt-   >­leitlinie-ips).
schaft aus. Das Land Baden-Württemberg unterstützt mit
dem „Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Viel-
falt“ Projekte, die Lösungen zum Erhalt unserer Nahrungs-        Vorbeugende Maßnahmen
und Lebensgrundlagen wie fruchtbare Böden, Wasserhaus-
halt und Klima erarbeiten sollen. Ein naturnaher Garten trägt    Kulturgerechter Standort
zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei und fördert Nütz-
linge. Wenn nützliche Raubmilben, Ohrwürmer, Blumen-             Durch sachgerechten Anbau ist es möglich, dem Befall durch
wanzen, Wildbienen, Schlupfwespen und Spinnen im Som-            Schädlinge und vor allem Krankheiten entgegenzuwirken.
mer genügend Nahrung im Garten finden und im Winter, z.          Bei Saat und Pflanzung ist darauf zu achten, dass die Pflanzen
B. in einem Insektenhotel, in bedeckten Böden und Stauden-       einen ausreichenden Standraum erhalten. Die Standortan-
beeten Verstecke zum Überwintern finden, treten im Jahres-       sprüche der Pflanzen an Schatten, Sonne sowie sauren oder
verlauf weniger Probleme mit Schädlingen, wie Blattläusen        alkalischen Boden sollten berü­ck­sichtigt werden. Die Struk-
oder Raupen, auf. Vor allem einheimische Blütenpflanzen in       tur von schweren Böden kann durch Zufuhr von Humus in
Blumen- und Gemüsebeeten bieten vielen Insekten Nah-             Form von Kompost, Mist oder Gründüngung verbessert wer-
rung. Der „Bienenweidekatalog – Verbesserung der Bienen-         den.
weide und des Artenschutzes“ gibt Auskunft über den Nut-
zen einheimischer Pflanzen als Insektennahrung, abrufbar         Düngung
unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de >Service >Publikatio­ nen;
das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft         Eine Kompostbereitung gehört in jeden Garten. Kompost
(BMEL) stellt Informationen zu bienenfreundlichen Pflanzen     sorgt für ein stabiles Bodengefüge, das die Ver­­schlämmung
für Balkon und Garten bereit (www.bmel.de). Informationen      des Bodens verringert oder verhindert und die Durchlüf-
zu Wildbienen, Nisthilfen und Wirtspflanzen bietet www.­       tung sowie das Wasserhaltevermögen des Bodens verbessert.
wildbienenwelt.de.                                             Kompost beschleunigt die Erwärmung im Frühjahr, fördert
Zu den bienenfreundlichen Blühpflanzen zählen z. B. Dol-       das Bodenleben und setzt zudem langsam Pflanzennährstof-
denblütler (Wiesenkerbel, Dill, Petersilie, Möhren u. a.),     fe frei. Insgesamt bewirken diese Eigenschaften optimale
Korbblütler (Schafgarbe, Ringelblumen, Margariten u. a.)       Standortverhältnisse und wirken so indirekt einem Krank-
Heil- und Gewürzkräuter, Holunder oder blühende Zwie-          heits- und Schädlingsbefall entgegen. Durch die Aussaat ver-
beln und Lauchpflanzen.                                        schiedener Gründüngungs­pflanzen wird der Boden gut be-
                                                               schattet und das Unkraut unterdrückt. Weitere Vorteile sind
                                                               eine gute Durchwurzelung und eine Anreicherung des Bo-
Integrierter Pflanzenschutz                                    dens mit organischer Substanz. Manche Pflanzen (Legumino-
                                                               sen) binden Stickstoff aus der Luft, der den nachfolgenden
Der integrierte Pflanzenschutz stellt eine Kombination Pflanzen zugute kommt. Beim Einsatz von Düngern ist auf
von Verfahren dar, bei denen unter vorrangiger Berück- die richtige Aufwandmenge und Verteilung zu achten. Regel-
sichtigung vorbeugender sowie direkter biologischer, mäßige Bodenuntersuchungen sind hilfreich.
biotechnischer und mechanischer Bekämpfungsmaß-
nahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutz- Fruchtwechsel und Mischkultur
mittel auf das notwendige Maß beschränkt wird. Der
integrierte Pflanzenschutz dient als Leitbild des praktischen Der mehrmalige Anbau derselben Pflanzenart oder nahe ver-
Pflanzenschutzes und bezieht sämtliche der Gesunderhal- wandter Arten auf glei­chen Flächen führt häufig zu einer
tung der Kulturpflanzen dienenden Maßnahmen, wie Ver- Übervermehrung von Schädlingen und Krank­heitserregern.
fahren des Pflanzenbaues, der Pflanzenernährung und des Der Fruchtwechsel, also der Anbau verschiedener Pflanzen-
Pflanzenschutzes zur Schaffung optimaler Wachstumsbedin- arten nacheinander, ist geeignet, um größere Schäden zu ver-
gungen für jede angebaute Kulturart ein. Bei allen Überle- hindern. Auch durch Mischkultur kann einem verstärkten
gungen, wie Pflanzenkrankheiten und Schädlinge abgewehrt Auftreten von Schädlingen und Krankheiten entgegenge-
werden können, muss daher die Nutzung der Anbaumaßnah- wirkt werden.
men zur Förderung des Wachstums und zur Gesunderhaltung
der Pflanzen im Vordergrund stehen. Pflanzenschutzmittel Robuste Sorten und Arten
(PSM), ob chemisch-synthetisch oder für den ökologischen
Anbau zugelassen, sollen nur in Ausnahmefällen angewen- Wie gut oder wie schlecht sich eine Pflanze entwickelt, hängt
det werden. Die Pflanzenschutzpyramide (s. Seite 2) veran- häufig von der Sorten­wahl ab. Nicht alle Sorten von Obst,
schaulicht die Pflanzenschutzstrategie des intergrieten Pflan- Gemüse und Zierpflanzen eignen sich für jeden Garten. Für

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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
INTEGR IERTER PFLA NZEN SCHU TZ

einen Klimaraum ungeeignete Arten sind in diesem Gebiet        Draht- oder Kunststoffstäbe säubern. Auch durch Unkräu-
viel stärker durch Krankheiten und Schädlinge gefährdet,       ter werden Krankheiten und Schädlinge weiter verbreitet.
da sie keine optimalen Wachstumsbedin­gungen haben. Die        Unkräuter entfernt man am besten mit der Hacke. Auch das
Verwendung von gesundem Saatgut ist wichtig. Altes Saat-       Mulchen eignet sich gut zur Unterdrückung der Unkräuter.
gut kann zu einem erheblichen Ausfall wegen verminderter
Keimfähigkeit führen. Bei der Auswahl des Saat- und Pflanz-    Pflanzenstärkungsmittel
guts sollte man auch auf widerstandsfähige Sorten achten. Im
Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau gibt es eine ganze Rei-     Pflanzenstärkungsmittel sind Stoffe und Gemische ein-
he von Sorten, die gegen Schorf, Echten Mehltau und andere     schließlich Mikroorganismen, die ausschließlich dazu be-
Krankheiten wenig anfällig sind.                               stimmt sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu
                                                               dienen, soweit diese nicht als Pflanzenschutzmittel zugelas-
Aussaat und Pflanzung                                          sen sind (www.bvl.bund.de >Pflanzenschutzmittel >Für Anwender
                                                               >Zugelassene Pflanzenschutzmittel >Pflanzenstärkungsmittel).
Flache Saat liefert im Allgemeinen schneller und kräftiger
wachsende Pflanzen. Die Dauer des durch Krankheiten und        Nützlinge und deren Förderung
Schädlinge besonders gefährdeten Jugendsta­diums wird da-
durch herabgesetzt. Der Zeitpunkt der Saat oder der Pflan-     Nützlinge sind die natürlichen Gegenspieler von Organis-
zung sollte bei bestimmten Kulturen so gelegt werden, dass     men, die unse­re Kulturpflanzen schädigen. Die bekannten
die empfindlichen Stadien der Pflanzen und Hauptentwick-       Nützlinge treten im Garten auf natürliche Weise auf. Be-
lungszeit der Schaderreger nicht zusammentreffen.              stimmte Nützlingsarten können aber auch käuflich erworben
                                                               und im Garten freigesetzt werden. Aus der Vielzahl der Nütz-
Kulturhygiene                                                  linge sollen hier die wichtigsten aufgeführt werden.
                                                               Der Marienkäfer und seine schiefergrauen, mit hel­len Fle-
Für Hygiene muss man nicht nur bei Mensch und Tier, son-       cken gezierten Larven, sind besonders als Vertilger von Blatt-
dern auch bei Pflanzen sorgen. Kranke Pflanzen bedeuten        läusen aktiv. Besonders auffällig sind die Larven des Asiati-
in jedem Fall eine Gefahr für die gesunden. Durch boden-       schen Marienkäfers aufgrund ihrer seitlichen orangefarbenen
bürtige Erreger befallene Pflanzen und Pflanzenteile sollten   Streifen.
deshalb nicht auf den Kompost geworfen werden. Entweder        Von der Florfliege leben nur die Larven räuberisch. Das er-
werden die Pflanzen verbrannt oder zum Hausmüll gegeben.       wachsene Insekt hat grü­ne netzartige Flügel und legt seine Eier
Eine besondere Gefahr geht von virusbefallenen Pflanzen aus    auf Stielen ab. Die Larven sind etwa 10 mm groß und braun ge-
(so bei Gurken und Tomaten). Blattläuse oder andere Insek-     sprenkelt. Ihre kräftigen Mundwerkzeuge dienen zum Festhal-
ten, die an solchen Pflanzen saugen, können die Krankheit      ten und Aussaugen der Beute. Florfliegen können von Nütz-
auf die Nachbarpflanze übertragen. Auch durch gegenseitiges    lingszuchten bezogen und in geschlossenen Räumen sowie
Berüh­ren der Pflanzen im Bestand kann es zu einer Übertra-    bedingt auch im Freien gegen Blattläuse eingesetzt werden.
gung kommen. Außerdem werden Viren und andere Krank-           Weitere wichtige Blattlausverzehrer sind die Larven der wes-
heiten durch den Menschen beim Arbeiten in den Beständen       penähnlich aussehenden Schwebfliegen. Diese sind häu-
(Ausgeizen, Aufbinden) verbreitet.                             fig an Blüten zu beobachten, über denen sie oft in der Luft
Beim Pflanzen von Setzlingen muss man darauf achten,           verharren. Die Larve ist kopf- sowie fußlos und gelblich bis
dass nur die gesunden in den Boden kommen, kranke oder         braun gefärbt. Man findet sie häufig in Blattlauskolonien. Sie
schwächliche dagegen aussortiert werden.                       kann mit einer kleinen Raupe verwechselt werden.
Schädlinge oder Krankheiten können durch verseuchte Erde,      Schlupfwespen sind Parasiten, die ihre Eier in die Wirts-
die an Werkzeugen, Schuhen oder Pflanzen haftet, weiter-       tiere legen. Die ausschlüpfenden Larven fressen während ih-
verschleppt werden. In diesen Fällen sollten Werkzeuge und     rer gesamten Entwicklung in dem Wirt und verlas­sen ihn
Schuhe immer gereinigt werden. Zur Hygiene gehört auch         erst als erwachsene Schlupfwespe. Im Freiland werden vor
das Rei­nigen von Pfählen und Stangen, die man zum An-         allem Blattläuse sowie Eier oder Raupen von Schmetterlin-
binden der Pflanzen verwendet. Am einfachsten lassen sich      gen parasitiert. Im Kleingewächshaus können die käuflich

LIE FE R ANTEN VON NÜ TZLI N G EN
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• e-nema GmbH (www.e-nema.de), Tel.: (04307) 8295-0, info@e-nema.de
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• Öre Bio-Protect Biologischer Pflanzenschutz GmbH (www.oere-bio-protect.de), Tel.: (04307) 5016, o­ ere-bio@t-online.de
• re-natur GmbH Biologischer Pflanzenschutz (www.re-natur.de), Tel.: (04323) 90100, info@re-natur.de
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Weitere Nützlingsproduzenten finden Sie unter www.ltz-augustenberg.de >Arbeitsfelder >Pflanzenschutz >Nützlinge

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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
I NTEGRIE RT E R P FLAN Z E NSC H UT Z

zu erwerbenden Schlupfwespen Encarsia formosa gegen die           Durch Schaffung von Versteckmöglichkeiten, z. B. Reisighau-
Weiße Flie­ge und Aphidius colemani gegen Blattläuse einge-       fen oder Hecken, können Laufkäfer gefördert werden. Ton-
setzt werden. Parasitierte Blattläuse sitzen fest und verfärben   blumentöpfe mit Holzwolle, die am Stamm oder Ast anlie-
sich braun. Die Parasitierung von Weißen Fliegen kann an          gen, werden mit Vorliebe von Ohrwürmern besiedelt.
der Schwarzfärbung der Larven erkannt werden. Die Schlupf-        Wildbienen, Schlupfwespen, Käfer, Ohr­würmer und an-
wespe Trichogramma dendrolimi ­parasitiert die Eier des Apfel-    dere Insekten können in jedem Garten mit einfachen Nisthil-
wicklers (Obstmade). Zur Bekämpfung des Pflaumenwicklers          fen gefördert werden. Geeignet sind z. B. Hartholzblöcke mit
(Pflaumenmade) wird die ver­wandte Art Trichogramma cacoe-        unterschiedlich weiten Bohrungen, Bambusstäbe, Schilfrohr-
ciae eingesetzt. Beide Schlupfwespen werden auf Karten ge-        bündel und Loch­steine.
liefert. Darin enthalten sind von den Schlupfwesen parasi-        Die Ansiedlung von Vögeln und Fledermäusen kann durch
tierte Mehlmotteneier, die in regelmäßigen Abständen in die       das Anbringen von ge­eigneten Nistkästen gefördert werden.
betreffende Kultur ausgebracht werden.                            Steinriegel, Reisig- oder Laubhaufen bieten Igeln, Spitz-
Die Larven einiger Gallmücken sind ebenfalls Nützlin-             mäusen, Wieseln, Eidech­sen und anderen Tieren Schutz.
ge. Sie sind etwa 2–3 mm groß und saugen an Blattläusen
und Spinnmilben. Man findet die ro­sa gefärb­ten Larven oft-
mals inmitten von Blattlauskolonien. Für die Bekämpfung im        Physikalische, biologische,
Kleinge­wächshaus können räuberische Gallmückenlarven im
Handel bezogen werden.
                                                                  biotechnische Maßnahmen
Raubmilben ernähren sich hauptsächlich von Spinnmilben.           Zu den nicht-chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten im
Sie saugen die beweglichen Spinnmilben und teilweise auch         Haus- und Kleingarten zählen mechanische, biologische, bio-
deren Eier aus. Wenn Raubmilben nicht durch den Einsatz           technische, optische sowie thermische Maßnahmen. Oftmals
von Pflanzenschutzmitteln geschädigt werden, sind sie meist       werden diese mit Kultur- und Pflegemaßnahmen im Garten
in der Lage die Spinnmilben zu regulieren. Bestimmte Arten        sinnvoll kombiniert. Sofern vorhanden, werden gezielte Maß-
können im Freiland überwintern. Im Kleingewächshaus müs-          nahmen gegen spezifische Schadorganismen in den nachfol-
sen die Raubmilben zur Bekämpfung der Spinnmilben ausge­          genden Kapiteln genannt.
setzt werden.
Verschiedene Wanzenarten, z. B. Blind- und Blumen-
wanzen, leben räuberisch. Sie ernähren sich hauptsächlich         Grundstoffe
von Blattläusen, Raupen, Spinnmilben, Kartoffelkäferlarven
und anderen Schädlingen. Die Wanzen sind meist grau-braun    Die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 bietet die Möglich-
oder grünlich, ihre Larven sind hellbraun oder hellgrün ge-  keit unbedenkliche Stoffe, die nicht in erster Linie für den
färbt und flügellos.                                         Pflanzenschutz verwendet werden, aber dennoch für die Be-
Im Garten kommen noch viele weitere Nützlinge vor, so z. B.  kämpfung bestimmter Schaderreger von Nutzen sind, als
Laufkäfer, die die Eier der Kohlfliege verzehren, Weichkä-   Grundstoffe einzustufen. Aus diesen Stoffen können For-
fer, die sich von Blattläusen und Raupen ernähren, oder der  mulierungen zu Pflanzenschutzzwecken selbst hergestellt
Ohrwurm, der Blattläuse und Blutläuse vertilgt. Außerdem     werden (z. B. Bier, Essig, Zwiebelöl u. v. m.). Bei der Anwen-
zählen zu den nützlichen Tieren Kröten, verschiedene Vo-     dung von Grundstoffen ist jedoch zu beachten, dass diese
gelarten, Igel, Maulwürfe und Spinnen.                       vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi-
                                                             cherheit (BVL) für bestimmte Anwendungsgebiete mit ent-
Damit Nützlinge im Garten gute Dienste leisten können, sprechenden Zubereitungshinweisen genehmigt sein müssen
müssen sie geeignete Lebensbedingungen vorfinden. Wich- (www.bvl.bund.de >Pflanzenschutzmittel >Für Anwender >Anwen-
tig ist, vor geplanten Pflanzenschutzmaßnahmen die Pflan- dung von Grundstoffen).
zen auf das Vorhandensein von Schädlingen und Nützlingen
zu kontrollieren. Bei Marienkäfern ist es besonders wichtig,
die ersten zuwandernden Tiere nicht durch Spritzungen zu Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
beeinträchtigen. Blühende Pflanzen, vor allem Doldenblütler
und Korbblütler, sind Nahrungsquellen für Schweb­flie­gen Allgemeine Hinweise
und locken diese Nützlinge in den Garten.
Florfliegen haben während der Wintermonate eine sehr Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang Pflanzen-
geringe Überlebensrate. Florfliegenhäuschen (mit Weizen- schutzmittel im Garten zum Einsatz kommen, sollten grund-
stroh gefüllte Holzkästen) bieten ihnen ein sicheres Über- sätzlich folgende Aspekte berücksichtigt werden:
winterungsquartier. Die rot- oder braunfarbigen Kästen sind • ein gewisser Grad an Handarbeit ist nicht vermeidbar
auf 1,5 bis 1,8 m hohen Pfählen anzubringen die Aufstellung • optische Mängel am Erntegut sind tolerierbar
sollte im September erfolgen. Der Schutz kann noch verbes- • in der Regel werden keine Höchsterträge angestrebt
sert werden, wenn die Kästen über Winter in kühlen, regen- Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist auf das not-
geschützten Räumen (z. B. Feldscheunen) gelagert werden. wendige Maß zu beschränken.

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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
MEH RER E O B STARTE N                                                                                                 O BST

Rechtliche Bestimmungen                                         zu sorgen ist. Gegen einige Schaderreger sind rechtzeitige
                                                                und gründliche Schnittmaßnahmen eine effektive Form des
Im Pflanzenschutzgesetz sind die Zulassung, der Verkauf         Pflanzenschutzes, z. B. bei Holzkrankheiten, Apfelmehl-
und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln geregelt.           tau, Stachelbeermehltau oder Blattlauskolonien. Auf diese
Pflanzenschutzmittel, die im Haus- und Kleingarten einge-       Weise können der Krankheits- und Schädlingsbefall einge-
setzt werden können, werden speziell für diesen Bereich         dämmt und die direkten Bekämpfungmaßnahmen auf weni-
zugelassen. Es werden nur Mittel mit einem geringen Ri-         ge Eingriffe reduziert werden.
siko bzgl. Anwendung und geringer Toxizität zugelassen.
Darüberhinaus erfüllen diese spezielle Anforderungen hin-       A N ME H R E R E N O B STA RT E N ­V O R KO MME N D
sichtlich Gesundheit, Naturhaushalt, Dosierfähigkeit, Ver-
packungsgröße und Anwendungsform. Die Verpackungen              Spinnmilben
enthalten die Aufschrift „Anwendung durch nichtberuf-           Im Garten haben die Spinnmilben meist keine große Be-
liche Anwender zulässig“. Pflanzenschutzmittel dürfen           deutung, da sie durch natürliche Feinde, wie z. B. Raubmil-
nur in den in der Gebrauchsanleitung genannten Anwen-           ben oder Raubwanzen, reguliert werden. Manchmal können
dungsgebieten (Kombination aus Kultur und Schadorga-            Spinnmilben jedoch durch Massenvermehrung die Kultur-
nismus) eingesetzt werden. Anwendungen außerhalb dieser         pflanzen erheblich schädigen. An Obstgehölzen treten vor al-
Anwendungsgebiete sind eine Ordnungswidrigkeit. Rest-           lem die zwei Arten Obstbaumspinnmilbe und Gemeine
mengen von Mitteln, deren Zulassung beendet ist, dürfen         Spinnmilbe auf. Die kleinen, ca. 0,4 mm rötlich oder gelb-
in der Regel noch 18 Monate aufgebraucht werden. Die            lich gefärbten Tiere, findet man ab Ende April vorwiegend
im Fachhandel für einige Pflanzenschutzmittel angebote-         auf der Unterseite der Blätter. Befall zeigt sich an punktför-
nen Packungsgrößen für „Profi-Gärtner“ u. ä. halten Mit-        migen, durch das Saugen verursachten Aufhellungen auf den
telmengen für 1000 m² und mehr bereit. Ihre Anwendung           Blättern, die später eine bleichgraue bis bronzefarbene Fär-
setzt den Sachkundenachweis voraus und geht damit über          bung annehmen.
den Rahmen des Kleingartens hinaus. Sie werden in diesem        Wenn an Obstgehölzen dennoch Spinnmilben stärker auftre-
Heft daher nicht berücksichtigt.                                ten, kann gegen die überwinternden Stadien bei Kern- und
Zum Haus- und Kleingartenbereich gehören Freilandflä-           Steinobst und in Strauchbeeren eine Austriebsbehandlung
chen des Garten (
Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
O B ST                                                                                                   M EH R ER E O BSTARTEN

Kolonie der Mehligen Apfelblattlaus               Foto: LTZ/Archiv   Raupe des Kleinen Frostspanners                     Foto: LTZ/Archiv

Blattläuse                                                           rethrine + Rapsöl zugelassen, z. B. Spruzit AF Schädlingsfrei
Unter den saugenden Insekten sind es vor allem die verschie-         (50 ml/100 m² und m Kronenhöhe, max 2 Anwendungen/
denen Arten von Blattläusen, die bei einem stärkeren Auf-            Befall, Wartezeit 3 Tage). Gegen Blattläuse an Apfel ist auch
treten Schäden verur­sachen können. An Kernobst sind das             die Anwendung von Lizetan Plus Schädlingsfrei AF mit dem
die Mehlige Apfel­blattlaus (Lausäpfel) und die seltener             Wirkstoff Flupyradifurone (50 ml/100 m² und m Kronenhö-
auftretende Mehlige Birnenblattlaus. Beide Blattlausar-              he, max. 1 Anwendung, Wartezeit 14 Tage) möglich. Das
ten sind rötlich-grau bis blau-schwarz gefärbt, ältere Stadien       Mittel sollte nur bei starkem Schädlingsdruck angewendet
weiß-grau bepudert. Die früh auftretende Apfelfaltenlaus             werden. Das Präparat ist als Pumpspray anwendungsfertig
verursacht auffallende Blattschäden, meist beschränkt auf            formuliert und eignet sich somit nur für kleinkronige Bäu-
Einzelbäume. Die Grüne Apfelblattlaus ist nur an jungen              me. In Erdbeeren ist gegen Blattläuse und andere saugen-
Apfelbäumen von Be­deutung. An Steinobst schädigen die               de Insekten z. B. die Kali-Seife Neudosan Neu Blattlaus-
schwar­zen Kirschenblattläuse, die Kleine und die Meh-               frei (4 ml/m², möglichst weiches Wasser bzw. Regenwasser
lige Pflaumenblatt­laus, die Hopfenblattlaus sowie die               verwenden) und in Erdbeeren im Gewächshaus gegen sau-
Grüne Pfirsichblattlaus. Bei Johannisbeeren sind die Jo-             gende und beißende Insekten z. B. Axiendo Garten Schäd-
hannisbeertrieblaus und die Johannisbeerblasenlaus zu                lings-frei (1 ml/m², max 2 Anwendungen, Wartezeit 3 Tage)
nennen.                                                              zugelassen.
Das Wegschneiden befallener Pflanzenteile und der gezielte
Einsatz von Florfliegen vermindert den Blattlausbefall. Die          Frostspanner
Förderung des Ohrwurms (z. B. mit holzwollegefüllten Blu-            Der Kleine Frostspanner ist an vielen Kulturen ein bedeu-
mentöpfen) unterstützt zusätzlich die Blattlausregulierung.          tender Schädling (Baumobst, Strauchbeeren, Zierpflanzen).
Bei einem stärkeren Blattlausbefall kann je nach Obst­art mit        Die hellgrünen Frostspannerräupchen fressen im Frühjahr an
einem der folgenden Präparate Abhilfe geschaffen werden. In          den Blättern, Blüten und jungen Früchten. Charakteristisches
allen Obstkulturen ausgewiesen sind die nicht bienengefähr-          Merkmal sind die spannerartigen Bewegungen dieser Rau-
lichen, anwendungsfertigen Kali-Seifen, wie z. B. Neudosan           pen bei der Fortbewegung („Katzenbuckel“). Der Schaden
AF Neu Blattlausfrei, Chrysal Blattläuse Stop Pumpspray u. a.        ist aber in der Regel geringer, als es zumeist den Anschein
(Sprühanwendung, tropfnass spritzen).                                hat. Die Falter schlüpfen ab Ende Oktober/Anfang Novem-
Im Kern- und Steinobst stehen gegen Blattläuse auch anwen-           ber. Nur die Männchen können fliegen. Die Weibchen sind
dungsfertige Rapsöl-Präparate zur Verfügung (z. B. Pflanzen          flügellos und müssen daher zur Eiablage am Stamm in den
Paral Blattlaus-Frei S, Schädlingsfrei Hortex, Schädlingsfrei        Kronenbereich klettern. Um dies zu verhindern, hat sich das
Naturen AF; unverdünnt sprühen, max 3 Anwendungen),                  Anlegen von Leimringen um den Stamm im Herbst (Ende
bei Kernobst und Kirschen außerdem Rapsöl-Mittel (z. B.              Oktober) bewährt. Die flugunfähigen Weibchen werden auf
Schädlingsfrei Naturen, Naturen Austriebs-Spritzmittel).             diese Weise daran gehindert, ihre Eier in der Baumkrone ab-
Diese Mittel haben keine Wartezeit. Sie wirken jedoch nur,           zulegen. Der Leimbelag ist im Februar/März zu erneuern, um
wenn die Blattläuse direkt getroffen werden. Daher ist ein           ein Überwandern von Räupchen zu ver­hin­dern, die aus den
frühzeitiger Einsatz, ehe sich die befallenen Blätter einrol-        unterhalb des Leimrings abgelegten Eiern schlüpfen.
len, anzuraten. Dies erfordert regelmäßige Kontrollen der            Zur direkten Bekämpfung der Frostspannerraupen sowie
Pflanzen auf Schädlingsbefall. Die Behandlungen sind nach            auch der Raupen von Gespinstmotten, Miniermotten, Eulen-
Möglichkeit auf die befallenen Pflanzenteile zu beschrän-            und Wicklerarten eignen sich bei star­kem Befall, der bis zu
ken, um die Aktivität der Nützlinge wenig zu beeinträch-             Kahl­fraß führen kann, verschiedene Bakterien-Präparate auf
tigen.                                                               der Basis von Bacillus thuringiensis. In Kernobst ist z. B. Xen-
Gegen Blattläuse an Kernobst, ausgenommen die Mehlige                Tari und bei Kern- und Steinobst z. B. Dipel ES anwendbar
Apfelblattlaus, sind mehrere Präparate auf der Basis von Py-         (unterschiedliche Wartezeiten beachten). Die Spritzung soll-

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Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
MEH RER E O B STARTE N                                                                                                     O BST

                                                                      zeitig zu erken­nen. Erdauswürfe, unterirdisch abgefressene
                                                                      Kulturpflanzen und Unkräuter sowie große Gänge, die man
                                                                      bei der Gartenarbeit findet, zeigen den Schermausbefall an.
                                                                      Die Erdhaufen sind flach und unregelmäßig und mit Gras-
                                                                      und Wurzelresten durch­setzt, anders als die des Maulwurfs,
                                                                      die hoch, rund und regelmäßig sind. Der Schermausgang
                                                                      befindet sich neben den Erdhaufen, da die Schermaus die
                                                                      Erde schräg aus dem Gang herausschiebt. Der Maulwurf
                                                                      drückt die Erde dagegen senk­recht nach oben. Geöffne-
                                                                      te Schermausgänge werden von der Schermaus nach kur-
                                                                      zer Zeit von innen mit Erde verstopft (verwühlt). So kann
                                                                      man feststellen, ob ein Gang „befahren“ ist. Diese soge-
Kirschessigfliegenbefall an Erdbeere          Foto: H. Rauleder/LTZ   nannte „Verwühlprobe“ ermöglicht es, den Schermausgang
                                                                      vom Gang des Maulwurfs zu unterscheiden. Die Schermaus
te möglichst nur bei warmer Witterung (über 15 °C) erfolgen,          stopft den Gang fest, oft 10 bis 20 cm weit, zu. Der Maul-
wenn die Räup­chen fraßaktiv sind, da sonst der Erfolg leidet.        wurf dagegen schiebt nur etwas Erde lose an die Gang­
Singvögel tragen wesentlich zur Reduzierung der Frostspan-            öffnung. Das Auffinden der unterirdischen Gänge wird
ner bei, da sie die Raupen in erheblicher Menge an ihre Jun-          durch einen Schermaus-Suchstab erleichtert. Es ist ein ei-
gen verfüttern.                                                       serner Stab mit konusartig verstärkter Spitze. Man stößt den
                                                                      Stab dort, wo man Befall vermutet, in die Erde und spürt an
Kirschessigfliege                                                     seinem ruckartigen Einsinken, wenn man einen Schermaus-
Die seit 2011 in Deutschland auftretende Kirschessigfliege ver-       gang getroffen hat.
ursacht teils starke Fruchtschäden an Stein- und Beerenobst.          Bekämpfung: Am sichersten und billigsten ist der Fang mit
Die zur gleichen Fliegenfamilie wie die einheimischen Obst-           Fallen (verschiedene Typen im Handel). Er ist nur bei extrem
oder Essigfliegen gehörende Fliegenart befällt im Gegensatz zu        lockerem Boden schwierig. Der Schermausgang wird soweit
diesen bereits reifende und erntereife Früchte. Die weiblichen        geöffnet, bis er in festere Bodenschichten führt (etwa unter
Fliegen sind durch ihre sichelförmige, stark gezähnte Eiablage-       einem Gartenweg). Bei größeren Obstbäumen sollte die Falle
apparatur in der Lage, die intakte Fruchthaut zu „durchsägen“         außerhalb der Baumscheibe aufgestellt werden. Die Falle ist
und ihr Ei in die gesunden Früchte abzulegen. Die Männchen            stets empfindlich einzustellen. Eine wirksame vorbeugende
sind an einem auffälligen schwarzen Fleck am Ende der Flü-            Methode ist die Verwendung von engmaschigen Drahtkör-
gel zu erkennen. Die aus Asien stammende Kirschessigfliege            ben um den Wurzelballen bei der Neupflanzung von Obst-
befällt Früchte weichschaliger Obstarten, insbesonderer Kir-          bäumen, von denen z. B. ein faltbarer Korb (Überall Wühl-
schen, Him- und Brom- sowie Heidelbeeren und auch viele               maus-Stop; Fa. P. Überall, 71144 Steinenbronn) im Handel
fruchttragende Wildobst- und Ziergehölzarten (z. B. Holun-            angeboten wird.
der, Kornelkirsche, Mahonia, u. a.). In Gemüsekulturen wur-           Gegen Schermäuse sind für Obstkulturen im Gartenbereich
den bisher keine Schäden festgestellt.                                verschiedene zinkphosphidhaltige Wühlmausköder (Fraßgif-
Zur Überwachung des Auftretens dieser Fliege wer-                     te, siehe Tabelle S. 50) zugelassen. Alle Giftköder müssen
den Apfelessigfallen empfohlen. Gegebenenfalls können                 verdeckt ausgelegt werden, damit andere Tiere, wie Vögel,
die Früchte mit Netzen (Maschengröße
Integrierter Pflanzenschutz 2022 - Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
O B ST                                                                                                                           KERN O BST

Wildverbiss an Obstbäumen
Hasen, Kaninchen und Rehe können v. a. bei Schneela-
ge durch Fraß an Stämmen und niederhängenden Ästen oft
empfindlichen Schaden anrichten. Wo die Gartenfläche nicht
mit einem ausreichend hohen, geschlossenen Zaun um­friedet
werden kann, ist vor allem ein Schutz der Stämme der Obst-
bäume wich­tig. Hierfür eignen sich die im Handel angebo-
tenen Drahthosen oder Wild- und Fege­schutz-Spira­­len aus
Kunststoff. Einen Schutz bieten auch die Wild­schaden­ver­hü­
tungs­mittel wie Wöbra bzw. proagro Schäl- und Fraß­stopp,
die direkt aufgetragen werden. Abgeschnittene Zweige und
Äste, nach dem Schneefall unter den Bäumen verteilt aus-
gelegt, werden gern ange­nom­men und lenken das Wild von Fruchtschorf an Apfel                                                  Foto: P. Epp/LTZ

den Obstbäumen ab. Auf diese Weise kann größeren Rinden-
schäden durch Wildverbiss vorgebeugt werden.                                kelbraunes bis graubraunes, filziges Ausse­hen. Stark erkrank-
                                                                            te Blätter fallen vorzeitig ab. Ursache für dieses Schadbild ist
Unkräuter                                                                   der Schorfpilz. Sobald im Frühjahr die ersten grünen Blätt-
Durch entsprechende Zulassungen sind im Garten einige chen und Blütenknospen sicht­bar werden, besteht bei länge-
Herbizide gegen ein- und zweikeimblättrige Unkräuter bei ren Niederschlägen Infektionsgefahr. Dabei gilt die Faustre-
Obstpflanzen erlaubt. Ihre Anwendung sollte jedoch nur in gel: je länger im Frühjahr und Frühsommer die Bäume nass
Ausnahmefällen durchgeführt werden. Im Garten sind alter- sind, desto größer ist die Gefahr eines Schorfbefalls.
native Verfahren, wie Hacken, Mähen, gezielte Begrünung Wichtige vorbeugende Maßnahmen sind das Entfernen des
oder Abdeckung mit Rindensubstrat, Stroh, Folie u. a., zu Falllaubs im Winter, soweit es nicht von Regenwürmern
bevorzugen. Als Maß­nahme gegen Unkräuter sind bei Kern- abgebaut wird, um den Sporendruck zu reduzieren. Durch
und Steinobst verschiedene Essigsäure-Präparate (z. B. Cel- das jährliche Auslichten der Baumkrone wird ein schnelle-
aflor Essigsäure*)) zugelassen. Produkte mit dem Wirkstoff res Abtrocknen der Blätter nach Regenfällen erreicht. Bei ei-
Pelargonsäure sind in Obstgehölzen und Beerenobst (ausge- ner Neupflanzung sind auch weniger schorfanfällige Sorten
nommen Erdbeeren) zugelassen. Bayer Garten Unkrautfrei eine Alternative bei Äpfeln z. B. ‘Boskoop’, ‘Retina’, ‘Rewe-
Turboclean AF (Fettsäure) ist lediglich in Obstgehölzen aus- na’, ‘Freedom’, ‘Rubinola’, ‘Topaz’, ‘Summercrisp’ und ‘Barba-
gewiesen. Glyphosathaltige Mittel werden von der amtlichen rossa’; bei Birnen ‘Gellerts Butterbirne’, ‘Conference’, ‘Bosc's
Beratung in Baden-Württemberg nicht empfohlen.                              Flaschenbirne’. Man erspart sich dadurch einen nicht un­er­
                                                                            heblichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Garten.
K ER NOB ST (ÄPF EL , BIR N EN , Q U I TTEN )                               Bei einer direkten Schorfbekämpfung ist die Verhütung von
                                                                            Infektionen ab dem Austrieb bis etwa Mitte Juni notwendig.
Schorf                                                                      In dieser Zeit sind bei anfälligen Sorten je nach Witterungs­
Bei einem feuchten Frühjahr muss mit einem starken Befalls- verlauf normalerweise fünf bis acht Behandlungen im Ab-
druck durch Schorf gerechnet werden. Auf den Früchten ent- stand von 7 bis 14 Tagen erforderlich, um auch im Obstgarten
stehen kleine, dunkle Flecken, die sich bei Frühbefall nicht einen ausreichenden Erfolg zu erzielen. Im Sommer lässt die
selten zu größeren Schadstellen entwickeln und im Spätsom- Schorfgefahr nach, doch kann sich bei vorhandenem Befall
mer aufreißen. Auf den Blättern haben die Flecken ein dun- der Schorf innerhalb der Baumkrone weiter ausbreiten.
                                                                                                  Für größere Obstgärten hat sich bis
S C H A D E N S P E R I O D E N U ND BEKÄ MPF U N G SZEITPU N KTE B EI K ER NOB ST                Ende Juni auch die „10 Tage/­25 mm-
                                                                                                  Nieder­schlags­regel“ bewährt. Begin-
  Kernobst                         März   April      Mai        Juni  Juli     August September   nend mit der ersten Behandlung bei
  Schorf
                                                                                                  Knospenaufbruch wird bis zur jeweils
                                                                                                  nächsten Behandlung ein Abstand von
  Apfelmehltau                                                                                    10 Tagen eingehalten. Regnet es aber in-
                                                                                                  nerhalb dieses Zeitraums, dann wird bei
  Blattläuse
                                                                                                  einem Gesamt­nieder­schlag von mehr als
  Spinnmilben
                                                                                                  25 mm die nächste Behandlung durch-
                                                                                                  geführt. Sind andererseits während län-
  Apfelwickler/Obstmade                                                                           gerer Trockenperioden nach Ablauf von
                                                                                                  10 Tagen keine Niederschläge zu erwar-
  Birnenblattsauger
                                                                                                  ten, dann kann bis zu den nächsten be-
                                                                                                  vorstehenden Regenfällen abgewartet
                     Blüte                      Schadensperiode             Bekämpfung            werden.

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KERNOB ST                                                                                                                             O BST

Marssonina-Blattfallkrankheit an Apfel      Foto: J. Hinrichs-Berger/LTZ   Birnengitterrost                                    Foto: LTZ/Archiv

Für eine direkte Schorfbekämpfung stehen für den Garten-                   Birnengitterrost
bereich nur noch Produkte mit dem Wirkstoff Difenocona-                    Der Befall ist anfänglich durch gelbe, später leuchtend oran-
zol (z. B. Duaxo Universal Pilz-frei*), max. 4 Anwendungen,                ge Flecken auf den Blättern zu erkennen. Der Pilz infiziert
Wartezeit 28 Tage) zur Verfügung (siehe Tabelle S. 42). Diese              im Frühjahr von Befallsstellen auf dem Wacholder ausgehend
können aufgrund ihrer kurativen Wirkungsweise noch ca. 3                   die jungen Birnenblätter, im Herbst wiederum von den Birn-
Tage nach einer Schorfinfektion (d.h. nach Regenbedingun-                  blättern aus die anfälligen Wacholderarten (Juniperus sabinae,
gen) eingesetzt werden. Aufgrund der eingeschränkten Zu-                   J. chinensis ‘Pfitzeriana’ und andere, dagegen aber nicht den
lassungssituation ist eine erfolgreiche Schorfbekämpfung, be-              Säulenwacholder J. communis div. ssp.).
sonders in feuchten Jahren, nicht gewährleistet.                           Der Schaden ist meist geringer, als das Erscheinungsbild ver-
                                                                           muten lässt. Bei einem schwa­chen Befall von 1 bis 5 Flecken/
Marssonina-Blattfallkrankheit                                              Blatt ist eine Bekämpfung nicht erfor­derlich.
Seit einigen Jahren tritt an unbehandelten Apfelbäumen im                  Gegen Birnengitterrost sind Präparate mit dem Wirkstoff Di-
Streuobst sowie im Haus- und Kleingarten eine neue pilzli-                 fenoconazol (z. B. Duaxo Universal Pilz-frei*), max. 4 Anwen-
che Krankheit, die Marssonina-Blattfallkrankheit auf. Nach                 dungen, 11 ml/100 m² und m Kronenhöhe, Wartezeit 28 Ta-
reichlichen Niederschlägen und Temperaturen über 15°C                      ge) zugelassen. Die erste Behandlung erfolgt auf das junge,
verfärben sich nach Infektionen ab Juni die Blätter quitten-               frisch entfaltete Laub kurz nach der Blüte. In Extremfällen ist
gelb und weisen oberseits braune Flecken auf. Benachbarte                  es angebracht, den in unmittelbarer Nähe stehenden anfälli-
grüne Blätter zeigen ebenfalls solche Nekrosen. Bei feucht-                gen Wacholder zu ent­fernen und gegebenenfalls durch eine
warmer Witterung im Sommer breitet sich der Befall rasch                   widerstandsfähigere Sorte, z. B. Juniperus sabina ‘Wichita Blue’,
vom Stamminneren auf den ganzen Kronenbereich und auf                      J. virginiana ‘Grey Owl’ oder ‘Skyrocket’, zu ersetzen.
die Nachbarbäume aus. Infizierte, chlorotische und verbräun-
te Blätter fallen vorzeitig ab, so dass stark befallene Apfelbäu-          Apfelmehltau
me bereits im August vor der Fruchtreife völlig verkahlen,                 Die erkrankten Triebspitzen und Blätter sind ganz oder teil-
was zu erheblichen Ertrags- und Qualitätseinbußen führt und                weise von einem weißen, mehlartigen Belag überzogen. Die
die Bäume nachhaltig schwächt.                                             wichtigste Gegenmaßnahme ist der konsequente Rückschnitt
Beobachtungen zeigen, dass die schorfresistente Apfelsorte                 aller befallenen Triebspitzen bei Beginn und während des
‘Topaz‘, wie auch die Sorten ‘Boskoop‘, ‘Rubinola‘ u.a. sehr               Austriebs im Frühjahr. Auf diese Weise werden zahlreiche
anfällig sind. Als robuster gegenüber dieser neuen Krankheit               Infektionsquellen entfernt und der Be­fallsdruck gemindert.
erwiesen sich die jedoch schorfanfälligen Sorten, wie z. B.                Zur Bekämpfung des Apfelmehltaus sind nur noch Präparate
‘Gala‘ und ‘Elstar‘.                                                       mit dem Wirkstoff Difenoconazol, wie z. B. Duaxo Univer-
Fungizide mit dem Wirkstoff Difenoconazol (z. B. Duaxo                     sal Pilz-frei*) (max. 4 Anwendungen, Wartezeit 28 Tage) ein-
Universal Pilz-frei*)); siehe Tabelle S. 42), die zur Be-                  setzbar. Difenoconazol wirkt gleichzeitig gegen Schorf- und
kämpfung des Apfelschorfes eingesetzt werden, zeigen auch                  Mehltau (Mittel siehe Tabelle S. 42).
bei der Bekämpfung dieser Blattfallkrankheit eine Wirkung.
Aufgrund der langen Infektionsperiode sind Behandlungen                    Obstbaumkrebs
auch im Sommer vor oder nach Regenperioden zu empfeh-                      Die als Obstbaumkrebs bekannten wulstartigen, oft ringför-
len.                                                                       migen Wucherungen an Ästen und Stämmen werden durch
Maßnahmen, die zur Eindämmung des Apfelschorfes durch-                     einen Pilz verursacht. Er infiziert die Bäume über frische
geführt werden, wie z. B. Entfernen des Falllaubes vor dem                 Wunden wäh­rend der Vegetationsperiode, häufig auch über
Austrieb und lichter Baumkronenschnitt zur besseren Durch-                 noch nicht verkorkte Blattnarben wäh­rend des Blattfalls im
lüftung, sind auch zur Verminderung des Befallsdruckes der                 Herbst. Wichtig ist eine sorgfältige Wundpflege mit gründ-
Blattfallkrankheit hilfreich.                                              lichem Ausschneiden der Befallsstellen bis in das gesunde

                                                                                                                                            11
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Infektionsquelle durch Fruchtmumien              Foto: LTZ/Archiv   Feuerbrandinfektion an Apfel                      Foto: LTZ/Archiv

Holz und Entsorgen des kranken Holzes. Die Wunden sind              bis min­destens 30 cm ins gesunde Holz gerettet werden. Die
anschließend mit Wundverschlussmittel (z. B. LacBalsam,             verwendeten Geräte (Schere, Säge u. a.) müssen nach Ge-
Tervanol F, Baumwachse) zu verstreichen. Zur direkten Be-           brauch desinfiziert werden. Geeignet ist 70 %iger Alkohol
kämpfung ist im Haus- und Kleingarten kein Pflanzenschutz-          oder Abflammen.
mittel verfügbar.                                                   Wo es erlaubt ist, sollten gerodete Pflanzen- und Pflanzen-
                                                                    teile am besten an Ort und Stelle ver­brannt werden. Stark­
Lagerfäulen                                                         holz kann für den Hausbrand verwendet werden. Erkrank-
Lagerkrankheiten des Kernobstes werden durch verschiede-            tes Material sollte sonst über die Müllabfuhr beseitigt oder
ne Pilze verursacht. Soll ein Teil der Kernobsternte eingela-       bei einer Müllverbrennungs­anlage an­geliefert werden. Gerin-
gert werden, sind vorbeugend angefaulte Früchte, Fruchtmu-          ge Mengen von Schnittholz können auch zerkleinert kom-
mien und abgestorbene Triebe aus den Bäumen zu entfernen.           postiert werden. Dabei ist zu beachten, dass dieses befallene
Verletzungen der Früchte zur Ernte sollten vermieden wer-           Schnittmaterial nicht frei auf dem Kompost­haufen abgela-
den. Zur direkten Bekämpfung von pilzlichen Lagerfäulen ist         gert wird, sondern zur Vorbeugung einer möglichen weiteren
kein Mittel verfügbar.                                              Verbrei­tung der Krankheit mit z. B. Komposterde abgedeckt
                                                                    wird. Nach einer einjährigen Lagerung ist das Material soweit
Feuerbrand                                                          abgebaut, dass bei einer Verwen­dung im Garten keine Anste-
Die Infektionen, der für das Kernobst und verwandte Zier-           ckungsgefahr mehr besteht.
gehölzarten so gefährlichen Krankheit, erfolgen in der Regel
über die Blüten und gehen in der Folge auch auf die Triebe          Blutlaus
über. Befallene Blüten und Triebe welken, werden fahl und           Ab dem Frühsommer bis in den Herbst hinein bilden sich
färben sich später braun bis schwarz. Die Erkrankung ver-           gelegentlich an Wund- und Schnittstellen zahlreiche einzel-
läuft vor allem bei Quitten und sehr anfälligen Birnensorten        ne oder große zusammenhängende Kolonien von Blutläusen,
schnell und mit großer Intensität. Hinweis: Ähnliche Symp-          die leicht an den weißen, woll­artigen Wachsausscheidungen
tome werden aber auch z. B. durch Zweigmonilia, Obstbaum-           zu erkennen sind. Eine Folge ihrer Saugtätigkeit sind krebsar-
krebs und Triebwespe verursacht.                                    tige Wucherungen und Triebverkrüppelungen.
Befallen werden nur die apfelfrüchtigen Rosengewächse wie           Der Schädling hat im Ohrwurm einen wichtigen natürlichen
Äpfel, Birnen, Quitten und verwandte Ziergehölze (siehe             Gegenspieler, der u. a. durch das Anbringen von mit Holz-
dort). Nicht befallen werden Stein-, Beeren- und Schalen­           wolle gefüllten Blumentöpfen gefördert werden kann. Als
obst.                                                               wichtiger parasitischer Nützling ist die Blutlauszehrwespe zu
Für die Bekämpfung im Garten sind keine Pflanzenschutz-             nennen.
mittel ausgewie­sen. Nähere Hinweise können dem Merkblatt           Parasitierte Blutläuse sind schwarz gefärbt, häufig fehlt
„Der Feuerbrand gefährdet Obst- und Ziergehölze“ entnom-            ihnen die weiße Wachsausscheidung. Sie weisen oft ein
men werden. Es ist beim zuständigen Landratsamt er­hältlich         Schlupfloch auf, durch das die Zehrwespe nach Beendigung
und auch im Internet einsehbar (www.ltz-augustenberg.               ihrer Entwicklung geschlüpft ist. Die Verbreitung der Blut-
de).                                                                lauszehrwespe kann gefördert werden, indem Zweigstücke
Um stärkerem Befall durch diese Bakterienkrankheit vorzu-           mit parasitierten Blutlauskolonien in der Nähe von unpara-
beugen, ist es wichtig, dass die ersten sichtbaren Infektio-        sitierten Kolonien deponiert werden. Eine befallsmindern-
nen schon möglichst früh erkannt und entfernt werden. Die           de Maßnahme ist das Auslichtung der Krone und Entfernen
Kernobstbäume und anfälligen Ziergehölze müssen daher ab            der Wasserschosse, ggf. auch das Abbürsten bzw. Abspritzen
der Blüte bis Ende August regelmäßig auf Befall kontrolliert        der Kolonien mit einem Hochdruckreiniger. Zur direkten
werden. Erfahrungsgemäß können schwach befallene Obst-              Bekämpfung der Blutlaus ist derzeit kein Pflanzenschutz-
und Ziergehölze meist durch einen großzügigen Rückschnitt           mittel zugelassen.

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