Hintergrund zur Grünen Gentechnik
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Hintergrund zur Grünen Gentechnik 1. Was ist Gentechnik? Erbgut von Vater- und Mutterpflanze zusammen gebracht und von der Natur durch Rekombination Die Gentechnik ist eine von vielen Methoden, die neu gemischt. Diese Neuverteilung des genetischen zum Werkzeugkasten der modernen Biotechnologie Materials bildet die Basis für die natürliche genetische gehören. Die Biotechnologie wird als Anwendung von Variabilität aller Organismen. Für Pflanzenforscher Naturwissenschaft und Technologie an lebenden ist die Gentechnik eine wertvolle Methode, um die Organismen, deren Teilen, Produkten oder Modellen Züchtung neuer Sorten voranzutreiben. Um sie verstanden. Die Pflanzenbiotechnologie bedient sich hervorzubringen, muss das Genom (die Gesamtheit moderner Methoden der Biochemie, Systembiologie, der Erbinformationen) der Pflanzen verändert werden. Mikrobiologie, Molekularbiologie (-omics) und Dies war schon vor Tausenden von Jahren so. Schon Verfahrenstechnik, um Nutzpflanzen zu verbessern, damals waren Pflanzen mit Erbgutveränderungen pflanzliche Inhaltsstoffe (Phytochemikalien, Sekundär- (Mutationen) besonders interessant für die Züchtung metabolite) oder Fasern zu gewinnen oder um pflanz- von Nutzpflanzen. Nur konnten sich die Bauern dabei liche Enzyme bzw. Wirkprinzipien für neue Anwen- nicht am Genom, sondern lediglich am äußeren dungsbereiche zu erschließen. Man spricht von Erscheinungsbild, dem sogenannten Phänotyp, gentechnischen Verfahren, wenn das Erbgut (Desoxyri- orientieren. Aber auch sie nutzten zufällige, nützliche bonukleinsäure, DNS) von Organismen oder Zellen Mutationen - und wählten nach äußerlichen Kriterien gezielt verändert wird. Der Begriff Gentechnik umfasst diejenigen Pflanzen für eine Weiterzucht aus, die am also die Veränderung und Neuzusammensetzung von besten geeignet erschienen. Auf diesem Weg hat sich DNS-Sequenzen im Reagenzglas oder in lebenden durch sorgsames, aber sehr langwieriges Kreuzen und Organismen sowie das künstliche Einbringen von DNS Rückkreuzen die genetische Zusammensetzung von in lebende Organismen. Ein solcher Vorgang wird auch Pflanzen stark verändert. So wurde der Weg geebnet als Rekombination bezeichnet und kommt auch in der z. B. für süße Äpfel und große Maiskolben, wie wir sie Natur vor. So wird bei der Kreuzung von Pflanzen das heute als Produkte von Nutzpflanzen kennen. Kleine Geschichte der Gentechnik Was beim Kreuzen auf genetischer Ebene passiert, virale DNS ins Erbgut des Bakteriums Escherichia blieb lange im Verborgenen – bis Gregor Mendel coli – der erste sogenannte rekombinante Organismus schließlich im 19. Jahrhundert mit seiner Verer- war geschaffen: die Geburtsstunde der Gentechnik. bungslehre die Grundlage für die heutige moderne Genetik legte. Ein weiterer wichtiger Meilenstein Die Gentechnik ist wesentlicher Teil der Bio- war die Entdeckung der Desoxyribonukleinsäure technologie. Diese wiederum umfasst noch sehr viel (DNS) durch James Watson und Francis Crick im mehr Methoden. Hierzu gehören u. a. die Analyse, Jahr 1953. Das Wissen um die Zusammensetzung gezielte Herstellung oder funktionelle Nutzung von des Erbguts aus Nukleinsäuren – den Grundbau- Molekülen, ganzen Zellen oder Organismen. Die steinen des Lebens – hat gentechnische Methoden Biotechnologie ist aber eigentlich schon eine sehr überhaupt erst möglich gemacht. 1973 übertrugen alte Wissenschaft, weil die Nutzung lebender Forscher schließlich erstmals DNS von einer Organismen für die Lebensmittelherstellung vom Lebensform in eine andere: Die US-amerikanischen Menschen bereits seit Jahrtausenden praktiziert Forscher Stanley Cohen und Annie Chang an der wird (z. B. beim Bier brauen oder Brot backen). Stanford University und Herbert Boyer an der Mit der Entschlüsselung von ganzen Genomen University of California in San Francisco integrierten
eröffnen sich heute jedoch ganz neue, zielgerichte- tere Möglichkeiten. Einen großen Innovationsschub leistete beispielsweise die vollständige Erbgut- Entschlüsselung der Modellpflanze Ackerschmal- wand (Arabidopsis thaliana), die im Jahr 2000 gelang. Das Reisgenom wurde schließlich 2002 entziffert – ebenfalls ein Meilenstein in der Pflanzen genomforschung. Derzeit arbeiten Forscher – unter deutscher Leitung und mit Unterstützung des BMBF – an der Entschlüsselung des Gerstengenoms. Für die Pflanzenzüchter von heute bedeuten die Daten von Erbgutsequenzen vor allem eine Zeitersparnis, größere Effizienz und geringere Kosten. Sind bestimmte nützliche Eigenschaften Unter deutscher Leitung wird derzeit das Genom der Gerste von Pflanzen nämlich auf genetischer Ebene entschlüsselt. Quelle: Rainer Sturm/pixelio.de verstanden, die verantwortlichen Gene im Erbgut lokalisiert und kartiert, lässt sich dieses Wissen in der Züchtung gezielt einsetzen. 2. Methoden der Pflanzenzüchtung Dabei werden bei der Züchtung einer neuen Sorte drei Phasen unterschieden: Mit der ersten Auslese von Urformen des Weizens im fruchtbaren Zweistromland begann vor etwa 12.000 • Schaffung von genetischer Variation durch Kreuzung Jahren die Pflanzenzüchtung. Über Jahrtausende von Pflanzen wurden die Werkzeuge der Pflanzenzüchtung weiter- entwickelt, um bessere Sorten und hochwertiges • Auslese von Nachkommen mit den gewünschten Saatgut zu erzeugen. Heute bedienen sich die Züchter Eigenschaften verschiedener Methoden, um ihre Ziele zu erreichen. Diese Ziele sind bis heute gleich geblieben: Züchter • Vermehrung und Erhaltung der neuen, selektierten wollen die genetische Zusammensetzung von Pflanzen Pflanzen so verändern, dass am Ende möglichst ertragreiche Sorten mit nützlichen Eigenschaften entstehen. Dieser Prozess der Kreuzung und Auslese ist sehr mühsam. Bis eine neue Sorte entwickelt ist, können Die klassische Züchtung ist dabei ein langwieriger mitunter Jahrzehnte oder mehr vergehen. So hat es mit Prozess der Selektion (Auslese). Er zeichnet sich durch klassischer Züchtung gut zwanzig Jahre gedauert, um ständiges Kreuzen und Rückkreuzen aus. So wird bei Rapssorten mit guten Ertrags- und Anbaueigenschaften der heute überwiegend angewendeten Kombinations- zu züchten, die keine Erucasäure sowie nur wenig züchtung das gesamte Erbgut zweier Kreuzungseltern Glucosinolat enthalten. Dies war Vorraussetzung dafür, neu vermischt und nach den Mendelschen Gesetzen dass Rapsöl überhaupt als Speiseöl für den Menschen auf die Nachkommenschaft verteilt. Die Nachkommen verwendet werden kann. Zuvor galt Rapsöl als unge- werden über mehrere Generationen gezielt entspre- nießbar. chend des vorher festgelegten Zuchtzielsausgelesen.
Das Problem: Immer wieder müssen durch Kreu- „Tomoffel“, Hybrid aus Tomate und Kartoffel). In der zungen entstandene, weniger erwünschte Eigenschaften Embryonenkultur wird der Embryo frühzeitig aus dem gezielt wieder herausgekreuzt werden. Solche Rück- Fruchtkörper entnommen und auf einem speziellen kreuzungen kosten Zeit und sind arbeitsintensiv. Nährboden in vitro zu einer vollständigen Pflanze Darüber hinaus besteht ein sehr großer Zeitaufwand kultiviert. So kann das Absterben des Embryos verhin- darin, die einmal gezüchteten Pflanzen im Testanbau dert werden, zu dem es bei Kreuzungen verwandt- heranzuziehen und auf ihre tatsächliche Praxistaug- schaftlich sehr weit entfernter Pflanzen oft kommt. lichkeit im Feld zu überprüfen. Erst dann wird ersicht- Die Protoplastenfusion bezeichnet die Verschmelzung lich, ob eine Pflanze tatsächlich die gewünschte von Zellen aus Blättern verschiedener Pflanzenarten Eigenschaft besitzt oder nicht. mit Hilfe von biotechnologischen Techniken. Auf diese Weise werden sogenannte somatische Hybride erzeugt. Auch natürlich auftretende Erbgutveränderungen (Mutationen) haben in der Evolution der Kulturpflanzen Der Einsatz biotechnologischer (inklusive gentech- eine wichtige Rolle gespielt. Die Mutationszüchtung als nischer Methoden) in der modernen Züchtung hat jüngere Methode der Kulturpflanzengewinnung wurde mehrere Vorteile für die Züchter. Dies betrifft vor allem erst möglich, nachdem man erkannt hatte, dass sich die den Zeitaufwand, der wesentlich reduziert werden natürliche Mutationsrate künstlich steigern lässt – zum kann. So lassen sich Pflanzen mit gentechnischen Beispiel, indem Pflanzensamen bestrahlt (UV, Röntgen, Methoden ganz gezielt mit bestimmten Eigenschaften Gamma) oder Pflanzen mit erbgutverändernden ausstatten. Darüber hinaus sind Merkmalsverände- (mutagenen) chemischen Substanzen (z. B. Colchicin) rungen möglich, die durch herkömmliches Züchten gar behandelt werden. Auf diese Weise sind viele heute in nicht oder nur sehr schwer möglich sind. Von trans- der Landwirtschaft eingesetzte Sorten entstanden. genen Pflanzen wird gesprochen, wenn dem Erbgut der jeweiligen Pflanzenart mindestens ein Gen künstlich Eine weitere in der Landwirtschaft häufig genutzte hinzugefügt wurde. Ganz allgemein bezeichnen Methode ist die Hybridzüchtung. Hierunter wird die Wissenschaftler derartig gezüchtete Pflanzen als Kreuzung von genetisch möglichst unterschiedlichen, gentechnisch verändert (gv). jeweils reinerbigen Pflanzenlinien verstanden – entweder der gleichen oder einer anderen Art. Eine Eine häufig in der modernen Landwirtschaft solche Kreuzung führt in der Regel zum sogenannten eingesetzte Methode aus dem Werkzeugkasten der Heterosis-Effekt, also einer – im Vergleich zu der Biotechnologie ist die markergestützte Selektion (MAS). Elterngeneration – erhöhten Ertragsleistung der Hiermit können Pflanzen schon sehr früh im Züch- Nachkommen. Bislang findet die Hybridzüchtung tungsprozess allein auf der Basis ihrer genetischen vor allem bei fremdbefruchtenden Arten (Mais, Raps, Ausstattung gezielt auf bestimmte Eigenschaften hin Sonnenblumen, Roggen und Zuckerrübe) statt und untersucht und ausgesucht (selektiert) werden. Damit hat hier zu einer deutlichen Verbesserung von Eigen- müssen – im Vergleich zur klassischen Züchtung – schaften wie Wuchs und Fruchtausbeute geführt. Bei nicht mehr so viele Nachkommen der Pflanzen Selbstbestäubern wie Weizen ist die Methode jedoch angebaut und auf ihre Praxistauglichkeit geprüft problematisch, weil eine Selbstbefruchtung der werden. Auch dies reduziert den Entwicklungsaufwand Pflanzen gezielt verhindert werden muss. für neue Sorten erheblich. Gleichzeitig ist eine viel tiefergehende Analyse hinsichtlich von Wechsel Auch die klassische Hybridzüchtung wurde inzwi- wirkungen verschiedener Eigenschaften möglich. schen durch moderne Methoden erweitert, die neue Werden neue Sorten auf diese Weise gezüchtet, wird Möglichkeiten eröffnen. So lassen sich durch Techniken inzwischen auch vom Smart Breeding gesprochen – wie Embryonenkultur und Protoplastenfusion auch und kaum ein professioneller Pflanzenzüchter verzichtet Hybride zwischen verwandtschaftlich sehr weit mehr darauf. entfernten Pflanzen herstellen, die auf klassische Weise nicht miteinander kreuzbar sind (bekanntestes Beispiel:
Das Prinzip der Marker-gestützten Züchtung: Von dem Gen für die Schalenfarbe gibt es zwei Ausprä- gungen (Allele). Je nachdem, welches Allel vorliegt, ist die Schale der Kartoffel rot oder weiß. Die Zahlen 1 und 0 symbolisieren einen DNA-Marker, der mit dem Genort für die Schalenfarbe gekoppelt ist. Dabei steht die 1 für rote Schalenfarbe, die 0 für weiße Schalenfarbe. Die Abbildung zeigt anschau- lich, dass mithilfe des Markers die Schalenfarbe mit hoher Sicherheit vorhergesagt werden kann. Quelle: Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung 3. Für welche Zwecke wird die Gentechnik Eines der wichtigsten Merkmale für den Pflanzen eingesetzt? züchter ist der Ertrag. Mithilfe klassischer Züchtung sowie der Pflanzenbiotechnologie konnte dieser für die Längst geht das Nutzungspotenzial von Pflanzen über meisten Nutzpflanzen in den vergangenen Jahren stetig traditionelle Verwendungen wie Nahrungsmittel, Bau- gesteigert werden. Hinzu kommen deutlich verbesserte und Brennstoffe oder Kleidung hinaus, da die Mensch- Produkteigenschaften (z. B. für Menschen genießbares heit zunehmend neue Ansprüche an Pflanzen stellt, Rapsöl oder Reissorten, die Betakarotin enthalten, eine u. a. im Hinblick auf neue und verbesserte Produkte Vorstufe des lebenswichtigen Vitamin A). und erneuerbare Ressourcen. Beispiele sind neue Arzneimittel, Biokraftstoffe sowie Vorprodukte für die industrielle Verwendung z. B. in der Feinchemie. Biotechnologische Verfahren (inklusive gentechnischer Methoden) können zudem dazu beitragen, gestiegenen ökologischen Ansprüchen gerecht zu werden und gleichzeitig betriebswirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Landwirtschaft – Mehr Effizienz auf dem Acker Moderne Nutzpflanzen, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, müssen viele Eigenschaften in sich vereinen, damit sie am Ende die erwarteten Erträge liefern. Auf den Äckern von heute steht deshalb längst nicht mehr die Wildpflanze, die einmal vor Jahrtau senden vom Menschen als Nahrungsmittel entdeckt Quelle: Jürgen Nießen/pixelio.de wurde. Stattdessen handelt es sich um Hochleistungs- Zuchtpflanzen, die angepasst an die jeweiligen Anbau- Neue globale Herausforderungen wie durch den und Klimaverhältnisse ganz spezielle Eigenschaften Klimawandel bedingte extreme Witterungsverhältnisse aufweisen. Auch die Sorten, die im ökologischen sowie der stetig steigende Nahrungsbedarf einer Landbau genutzt werden bzw. die für den privaten wachsenden Weltbevölkerung verlangen jedoch nach Anbau im Garten zu kaufen sind, haben eine lange immer besseren Sorten. In den letzten zehn Jahren sind Zuchtgeschichte hinter sich und sind keineswegs mehr als hundert gentechnisch veränderte Sorten (v. a. „natürliche unveränderte Produkte“. Mais und Soja) auf dem weltweiten Markt zugelassen worden, die heute als erste Generation von gv-Pflanzen bezeichnet werden.
Viele von ihnen können sich gegen Schädlinge diesem Vorteil arbeiten Forscher an Weiterentwick- besser zur Wehr setzen. Hierzu zählt auch der Bt-Mais, lungen, die beispielsweise eine größere Reduktion von der ein Gen aus dem Bodenbakterium Bacillus thurin- chemischen Zusätzen in der Landwirtschaft erlauben. giensis (Bt) enthält und dadurch gegen den Schädling So arbeiten Forscher bereits an phosphateffizienten Maiszünsler resistent ist. Die Pflanze produziert damit und/oder stickstofffixierenden Pflanzen, die keine ein natürliches Schädlingsbekämpfungsmittel, das im oder weniger synthetische Düngemittel benötigen. konventionellen und ökologischen Landbau als Pestizid (Bt-Toxin) eingesetzt wird. Weil Pflanzen im Laufe ihrer Evolution Strategien entwickelt haben, auch an unwirtlichen Orten zu Derzeit arbeiten Forscher intensiv daran, die überleben, haben sie aber auch noch ein ganz anderes Robustheit der Pflanzen gegenüber unterschiedlichen Potenzial. So könnten sie gezielt für die Dekontamina- Klimabedingungen (Kälte, Dürre) oder Bodenverhält- tion von verseuchten Böden genutzt werden. Bislang nissen (hoher Salzgehalt) zu steigern. So arbeiten sind ungefähr 400 Pflanzenarten bekannt, die auf stark deutsche Forscher beispielsweise an einer verbesserten metallhaltigen Böden gedeihen und die die hochgif- Kältetoleranz bei Mais. Die Herkunft aus dem sonnigen tigen Stoffe sogar in ihren Blättern speichern können. Mexiko kann diese globale Nutzpflanze auch nach Die Mehrheit dieser so genannten Metall-Hyperakku- Jahrhunderten der Züchtung nicht verleugnen. Vor mulatoren hat sich dabei auf Nickel spezialisiert. allem in einem Punkt: Mais bevorzugt generell ein Andere haben eine Vorliebe für Kobalt, Kupfer, Man- warmes bis gemäßigtes Klima, mit Kaltwetterperioden gan, Zink oder Cadmium entwickelt. Manche können kommt er schlecht zurecht. Schon bei zwölf Grad gerät dabei bis zu vier Prozent ihres Trockengewichtes in der Energiehaushalt aus dem Lot. In Nordeuropa sind Metall anlegen. Wie die Pflanzen mit solch hohen derartige Temperaturen nach der Aussaat nicht selten, Dosen in ihrem Stoffwechsel überhaupt überleben was regelmäßig zu Ernteausfällen führt. Forscher können und ob sich diese Fähigkeit für eine industrielle arbeiten nun daran, die genetischen Regionen ausfin- Nutzung gezielt optimieren lässt, wird derzeit noch dig zu machen, die mit der Kältetoleranz zusammen- erforscht. Anhand von extremen Modellpflanzen hängen. Inzwischen sind erste Erfolge zu verzeichnen. müssen die Wissenschaftler beispielsweise noch Im Maisgenom konnte man Gen-Abschnitte lokali herausfinden, ob sich die Metalltoleranz auf einige sieren, in denen relevante Gene für Kältetoleranz wenige Gene reduzieren lässt – die dann mithilfe liegen. Dies gelang, indem klassische Züchtungsmetho- gentechnischer Verfahren gezielt in Nutzpflanzen den mit molekularbiologischen Verfahren wie der eingebracht werden können, mit denen sich verseuchte Genexpressionsanalyse kombiniert wurden. Nun soll Böden regenerieren ließen. dieses Wissen als Basis für Entwicklung kältetoleranter Maissorten dienen. Ernährung – Mehr Qualität auf dem Teller Umwelt – Weniger Pestizide und natürliche Die Qualität von Lebensmitteln ist ganz wesentlich von Dekontamination deren Inhaltsstoffen abhängig. Pflanzenforscher können den genetischen Ursprung dieser Inhaltsstoffe Die moderne Landwirtschaft – ob konventionell oder im Erbgut von Pflanzen aufspüren und der Züchtung ökologisch – kommt bislang nicht ohne den Einsatz wertvolle Hinweise zur Entwicklung qualitativ besserer von Pestiziden und Düngemitteln aus. Zu hoch sind die und gesünderer Produkte liefern. So ist es mithilfe der Ansprüche an Ertrag und Produktivität auf dem Acker. klassischen Züchtung gelungen, das eigentlich unge- Erst mithilfe von gentechnischen Methoden ist es nießbare Rapsöl in ein wertvolles Lebensmittel zu gelungen, Sorten heranzuzüchten, die sich selbst gegen verwandeln. Ganz ohne Genomforschung hat dies Schädlinge zur Wehr setzen können – ein Beispiel jedoch rund 20 Jahre gedauert. hierfür ist die Maislinie MON 810, die gegen den Schäd- ling Maiszünsler resistent ist und dadurch im Vergleich Mithilfe biotechnologischer Methoden kann der zum konventionellen Anbau mit weniger Pestiziden Lebensmittelherstellung heute jedoch weitaus schneller auf dem Feld behandelt werden muss. Aufbauend auf unter die Arme gegriffen werden. So haben es Forscher
geschafft, die Eignung von Kartoffeln für die Herstel- Anbauflächen zwischen der Kraftstoff- und der lung von Pommes frites zu verbessern. Sie haben Lebensmittelindustrie entstanden. Darüber hinaus genetische Marker gefunden, die die Eignung der werden bislang vor allem die öl- und zuckerhaltigen Knollen für die Produktion von Pommes frites bereits Früchte verwertet. Der Rest der Pflanze, in dem mit kleinsten Pflanzenproben im frühen Entwick- ebenfalls gespeicherte Energie enthalten ist, bleibt lungsprozess neuer Sorten erkennen lässt und somit bislang zumeist ungenutzt. als Basis für die Präzisionszüchtung dienen kann. Biotechnologische Verfahren können dazu bei Beim Weizen wiederum will die Pflanzenforschung tragen, die Effizienz der Energiegewinnung aus künftig Wege aufzeigen, unerwünschte Inhaltsstoffe pflanzlichen Rohstoffen weiter zu erhöhen. So zielen zu reduzieren. So produzieren von Fusarium-Pilzen aktuelle Forschungsanstrengungen darauf ab, Kraft- angegriffene Ähren nicht nur kleinere Körner, die zu stoff aus ganzen Pflanzen bzw. Pflanzenresten zu einer Ertragsminderung führen. Der Pilz produziert gewinnen. Bisherige Verfahren schaffen es nämlich darüber hinaus verschiedene Gifte auf den Körnern, noch nicht, den in den Zellwänden enthaltenen die somit ins Erntegut gelangen. Bei der Weiterverar- faserhaltigen Bestandteil Lignocellulose für die beitung des Getreides ist es nicht ausgeschlossen, dass bioenergetische Weiterverarbeitung aufzuschließen. diese in die Nahrung gelangen und zu chronischen Chemische und thermische Methoden stoßen dabei oder akuten Vergiftungserscheinungen führen. Bislang an ihre Effizienzgrenzen. Nun sollen gentechnisch wehren sich Landwirte mit speziellen Anbaumaß optimierte Biokatalysatoren (Enzyme) bzw. Bakterien nahmen oder chemischen Fungiziden gegen Fusarien. diese Arbeit erledigen. Dies würde nicht nur die Langfristig versprechen Fusarium-resistente Weizen- Effizienz der Energiegewinnung steigern, sondern sorten eine effizientere Lösung. So suchen Forscher auch die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion derzeit nach exotischen Resistenzquellen in chine- abmildern. Schließlich ließe sich mit der Erzeugung sischen sowie brasilianischen Sorten und kreuzen diese von Energie aus Stroh und der Nutzung aller Pflanzen- mithilfe einer markergestützten Selektion in hiesige teile bei gleicher Anbaufläche deutlich mehr Energie Hochleistungsweizensorten ein. erwirtschaften. Energie – Mobilität mit nachwachsenden Industrie – Rohstofflieferanten vom Feld Rohstoffen Fossile Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle werden Die Energiegewinnung aus pflanzlichen Rohstoffen immer knapper. Dennoch werden die meisten industri- wird in den kommenden Jahren eine immer größere ellen Produkte immer noch auf der Basis von Erdöl Rolle spielen. Noch dominieren bei Energieträgern hergestellt. Pflanzen wachsen jedoch immer wieder Erdöl und Kohle, doch ihre endlichen Vorkommen nach und sind aus diesem Grund auch für die Industrie erfordern die Suche nach Alternativen. Schon heute als alternative Rohstoffquelle zunehmend interessant. ist die Nutzung von Biomasse – also die Verwertung ganzer Pflanzen sowie pflanzlicher und tierischer Ein noch vergleichsweise junges Anwendungsfeld Abfälle – innerhalb der Bioenergie ein wesentlicher stellen dabei Biokunststoffe (Biopolymere) dar. Von der Faktor. Dies gilt sowohl für die Wärmeerzeugung, als Produktion von Biomaterialien aus nachwachsenden auch bei der Strom- und Treibstoffgewinnung. Rohstoffen versprechen sich Experten eine Entlastung der Umwelt sowie gänzlich neue Eigenschaften von Heute wird aber mehrheitlich eine erste Generation industriellen Produkten, etwa die Kompostierbarkeit. von Biokraftstoffen eingesetzt, die noch nicht alle So lässt sich bereits heute aus Mais, Zuckerrüben oder Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt. So kommen etwa Roggen der Industrierohstoff Polymilchsäure (PLA) bei Biodiesel oder Bioethanol Kulturpflanzen zum gewinnen. Diese Chemikalie bildet unter anderem die Einsatz, die auch in der Nahrungsmittelindustrie Grundlage für abbaubares Bioplastik, das bei Wegwerf- genutzt werden. Damit ist eine Konkurrenz um Tragetüten oder Wegwerf-Geschirr zum Einsatz kommt.
Aufgrund der vergleichsweise hohen Herstellungs kosten werden Biokunststoffe bislang allerdings noch relativ wenig produziert. Um den Aufwand zu senken, werden derzeit Konzepte für intelligente Bioraffinerien erarbeitet, die biotechnologische und chemische Verfahren so kombinieren, dass am Ende alle entste- henden Einzelprodukte in einen Wertschöpfungskreis- lauf eingespeist und weiterverwendet werden können. An der Entwicklung solcher Prozesse wird beispiels- weise am Industriestandort Leuna gearbeitet, wo derzeit für 50 Millionen Euro das chemisch-biotechno- logische Prozess-Zentrum (CBP) entsteht – unter gemeinsamer Förderung durch das BMBF, das BMELV, das BMU sowie das Land Sachsen-Anhalt. Medizin – Grüne Arzneimittelproduzenten Derzeit wird daran gearbeitet, Mooszellen für die Produktion von Medikamenten zu nutzen. Quelle: greenovation Dank biotechnologischer Verfahren dienen heutzutage Dadurch wäre die Anreicherung mit unerwünschten Mikroorganismen und tierische Zellen als lebende Abfallprodukten bei den grünen Arzneiproduzenten Produzenten für therapeutische Eiweiße – zum Beispiel ein geringeres Problem als bei Mikroorganismen oder für Diabetiker oder Krebspatienten. Weltweit sind tierischen Zellen, für die manches Beiprodukt giftig ist. mehr als 200 solcher Medikamente zugelassen und Bei der pflanzlichen Herstellung von Medikamenten erwirtschaften allein in Deutschland 16% des Umsatzes wäre zudem die Gefahr einer Verunreinigung mit mit Arzneimitteln (2009: 4,7 Milliarden Euro). mikrobiellen Giften oder Krankheitserregern nicht gegeben, denn pflanzliche Erreger können Menschen Die Nutzung von gentechnisch veränderten nichts anhaben. Zudem entfallen die bei tierischen Mikroorganismen oder tierischen Zellen als Mini- Zellen nötigen Reinigungsschritte, um tierische Fabrik für Medikamente ist vergleichsweise aufwendig: Eiweiße von den pharmakologischen Substanzen zu Die biologischen Produzenten werden in riesigen trennen. Der geringere Aufwand würde sich dabei, so Stahlbehältern herangezüchtet und stellen die die Hoffnung, in niedrigeren Herstellungskosten gewünschte Substanz her. Bis diese allerdings beim niederschlagen. Patienten landet, durchläuft sie ein komplexes System des Filterns und Aufreinigens, um mögliche Verun Derzeit werden zwei Ansätze verfolgt: zum einen reinigungen zu vermeiden und höchsten Qualitäts der Anbau von Pflanzen im Gewächshaus, zum anderen anforderungen zu genügen. die Kultivierung von Pflanzenzellen als Suspensions- kulturen in Bioreaktoren. Beide Varianten werden in Pflanzen bieten aufgrund ihrer evolutionären Betracht gezogen, ein Praxistest steht allerdings noch Distanz zum Tierreich und dem Menschen eine aus. Schon aus Gründen der Sicherheit und der Alternative. Mithilfe gentechnischer Verfahren lassen Einhaltung von Qualitätsstandards ist ein Anbau sie sich ebenfalls zu Produzenten therapeutischer derartiger Pflanzen im freien Feld nicht vorgesehen. Eiweiße umprogrammieren. Diese Technologie wird auch als Molecular Pharming bezeichnet, die Produkte Ein erstes in Pflanzenzellen hergestelltes Tiermedi- nennen sich Plant Made Pharmaceuticals. Ein solcher kament – ein Impfstoff gegen den Geflügelpesterreger Ansatz hat mehrere Vorteile. So besitzen Pflanzen zwar Newcastle Disease Virus – ist in den USA bereits alle Komponenten der Eiweißherstellung höherer zugelassen worden. Medikamente für den Einsatz am Organismen, verfügen aber über einen anderen Menschen befinden sich noch in der klinischen Stoffwechsel. Erprobung.
meisten verwendeten Arten sind Soja, gefolgt von Mais und Baumwolle. Führend im Anbau von gv-Pflanzen sind nach den aktuellen Zahlen der ISAAA die USA, wo 2010 insgesamt 66,8 Millionen Hektar für gv-Pflanzen genutzt wurden. In weitem Abstand folgen Brasilien (25,4 Millionen Hektar), Argentinien (22,9 Millionen Hektar) sowie Indien, Kanada und China. In Europa ist die kommerzielle Nutzung von gv-Pflanzen vergleichsweise unbedeutend. Zum kommerziellen Anbau ist nur der Bt-Mais MON810 europarechtlich zugelassen. Dabei handelt es sich um eine gentechnisch veränderte Maislinie, die ein Gen aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt) enthält und dadurch gegen den Schädling Maiszünsler Tabakpflanzen könnten künftig für die Produktion von Medikamen- resistent ist. Im Jahr 2010 hat sich der Anbau dieser ten genutzt werden. Quelle: Max-Planck-Institut für molekulare Pflanze auf über 91.000 Hektar addiert, etwa 84 Prozent Pflanzenphysiologie davon in Spanien. In Deutschland hat der Anbau von Bt-Mais in den vergangenen Jahren zwar stetig zuge- Viele Forschungsanstrengungen konzentrieren sich nommen – allerdings auf vergleichsweise niedrigem dabei auf Tabak, da dieser bereits als Nutzpflanze in der Niveau. Nach Angaben des Standortregisters des Landwirtschaft etabliert ist und nicht als Futter- oder Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmit- Nahrungsmittel verwendet wird. So arbeitet ein großes, telsicherheit wuchs sie im Jahr 2008 auf 3170 Hektar, von der EU-Kommission gefördertes Konsortium 2007 waren es 2685 Hektar. Die meisten Anbauflächen daran, Medikamente gegen HIV in Tabakpflanzen befanden sich 2008 in Brandenburg (1347), Sachsen- herzustellen. Ein deutsches Biotech-Unternehmen Anhalt (1124) und Mecklenburg-Vorpommern (638). Im beschäftigt sich wiederum mit Krebsmedikamenten weltweiten Vergleich rangierte Deutschland auf Platz 22. aus Tabak und testet diese neue Art der Arzneimittel- 2009 hat das Bundesministerium für Landwirtschaft produktion bereits in einer Pilotanlage. unter Berufung auf die nationale Schutzklausel den Anbau von MON810 verboten. Deutschland ist damit 4. Welche globalen Entwicklungen gibt es? anderen europäischen Ländern wie Österreich, Griechenland, Luxemburg und Frankreich gefolgt. Die Anwendung biotechnologischer Methoden ist in Landwirtschaft, Agrar- und Ernährungsindustrie zum Die Bedeutung der Biotechnologie für die Landwirt- Alltag geworden. Welche Rolle die neuen Technologien schaft lässt sich jedoch nicht allein auf gv-Pflanzen im Gesamtprozess der Wertschöpfung einnehmen, reduzieren. Dies hat 2007 eine Studie des Joint Research lässt sich jedoch nur schwer in ökonomischen Kenn- Centre (JRC) der Europäischen Kommission belegt. zahlen ausdrücken. Einen ersten Hinweis geben die Demnach kann der Einfluss aller biotechnologischer Angaben über die weltweite Nutzung gentechnisch Methoden auf den Agrar- und Ernährungssektor auf bis veränderter (gv) Pflanzen. Nach Angaben des Internati- zu 30 Prozent geschätzt werden. In Europa werden laut onal Service for the Acquisition of Agri-Biotech JRC-Studie ingesamt 388 Agrarunternehmen gezählt, Application (ISAAA), der seit zehn Jahren jährlich die die nach den Kriterien der Organisation für wirtschaft- kommerziellen Anbauflächen erfasst, ist ein Wachstum liche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als unübersehbar. Demnach stieg 2010 die weltweite biotechnologisch aktiv eingestuft werden können. Anbaufläche von gv-Pflanzen um 9,5 Prozent auf Gleichzeitig weist die Studie aber auch auf eine wenig nunmehr 148 Millionen Hektar an. Dies entspricht der belastbare Datenbasis hin, da biotechnologische 3,5 fachen Größe Deutschlands. Gv-Pflanzen werden in (inklusive gentechnische) Aktivitäten bei den meisten mittlerweile 20 Ländern kommerziell genutzt. Die am im Agrar- und Ernährungssektor tätigen Unternehmen
nicht direkt ausgewiesen werden – weder im Umsatz der Lebensmittel leisten können. noch in den Mitarbeiterzahlen. Dennoch wurde anhand einschlägiger Datenbanken der Biotechno Dennoch, so die Autoren, werde eine solche logie-relevante Umsatz der EU-Mitgliedsstaaten auf Entwicklung nicht automatisch ablaufen. Demnach ca. drei Milliarden Euro taxiert (Datenbasis: Jahr 2004). besteht auch die Möglichkeit unterschiedlicher Innova- An erster Stelle rangiert dabei Großbritannien (700 Mio. tionsgeschwindigkeiten – je nachdem, wie stark die Euro), gefolgt von Belgien (500 Mio. Euro). Deutschland Umsetzung der Bioökonomie von politischer und befindet sich im Mittelfeld (244 Mio. Euro). gesellschaftlicher Seite unterstützt wird. In der Studie werden unterschiedliche Zukunftsperspektiven Deutschland kann neben biotechnologisch aktiven exemplarisch dargestellt und mögliche Handlungs Großunternehmen wie BASF oder Bayer auf eine optionen für die Politik erarbeitet. Aus Sicht der OECD traditionell stark aufgestellte Szene an Pflanzenzüch- müsste vor allem der Zugang für kleinere Unternehmen tern verweisen. Nach Angaben der im Auftrag des gefördert werden, um die Ausbildung monopolistischer BMBF von biotechnologie.de durchgeführten jähr- Strukturen zu verhindern. lichen Firmenumfrage gibt es insgesamt rund 30 Agrar- unternehmen, die sich mit Biotechnologie als einem Geschäftsfeld neben anderen beschäftigen. Hinzu 5. Welche Forschung im Innovationsfeld Pflanze kommen weitere 26 dedizierte Biotechnologie-Unter- findet in Deutschland statt? nehmen, die in der Agrobiotechnologie aktiv sind. Mit Pflanzen beschäftigen sich in Deutschland diverse Internationale Expertenanalysen gehen davon aus, dass die Nutzung biotechnologischer Verfahren künftig weiter voranschreiten wird und die Basis für die Ausbildung einer weltweiten Bioökonomie legt – also einer Wirtschaft, die auf nachhaltige Strategien und verantwortungsbewussten Umgang mit biologischen Ressourcen setzt. So wurde in der Kölner Erklärung „En Route to a knowledge-based Bio-Economy“ im Jahr 2007 prognostiziert, dass die Biotechnologie im Europa des Jahres 2030 eine ganz wesentliche wirtschaftliche Säule einnehmen wird. Ein ähnliches Szenario zeichnet auch die jüngst erschienene Studie „The Bioeconomy to 2030“ der OECD. Laut dieser Studie wird sich die Anwendung der Biotechnologie in der Primärproduk- tion bis 2030 durchsetzen und eine Unterscheidung in biotechnologische und nicht-biotechnologische Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte auf globaler Ebene überflüssig machen. Weiterhin geht die OECD davon aus, dass gv- Pflanzen eine entscheidende Rolle bei der Deckung der steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Futter- mitteln und Rohstoffen vor allem in Ländern wie Pflanzenforschung in Deutschland: Universitäten (dunkelgrün), Brasilien, Indien oder China spielen werden. Zwar sei es Fachhochschulen (hellgrün), außeruniversitäre Einrichtungen (rot) und Bundesforschungsinstitute (orange) Quelle: biotechnologie.de durchaus möglich, dass Europa den Weg einer ökolo- gischen Landwirtschaft ohne gv-Sorten einschlage. Allerdings sei dies nur eine Nischenlösung für solche Staaten, die sich den damit verbundenen Preisanstieg
Wissenschaftsgebiete, angefangen bei der Agrar einrichtungen, Hochschulen und Unternehmen forschung, den Ernährungswissenschaften, der finanziell unterstützt – mehr als 70 Millionen Euro sind Umwelt- und Prozesstechnik über Gartenbau- und in diese Projekte geflossen. Im Rahmen der Folgemaß- Bioenergieforschung bis hin zur Pflanzengenom nahme GABI-FUTURE sind seit 2008 weitere Vorhaben forschung. Die auf diesen Gebieten tätigen Einrich- mit Zuwendungen in Höhe von 58 Millionen Euro tungen sind über das ganze Land verteilt und umfassen begonnen worden. Unter dem Dach dieser Initiativen dabei etwa 50 Universitäten und 10 Fachhochschulen, hat sich dabei im Laufe der Jahre eine gut funktionie- 25 außeruniversitäre Einrichtungen aus den Forschungs rende, intensive Zusammenarbeit zwischen der gesellschaften (Max-Planck, Helmholtz, Leibniz, öffentlichen Forschung und den auf diesem Feld Fraunhofer) sowie fünf Bundesforschungsinstitute, tätigen Unternehmen entwickelt. Eine mit GABI die dem Bundeslandwirtschaftsministerium bzw. assoziierte Patent- und Lizenzagentur (PLA) verhilft dem Bundesumweltministerium zugeordnet sind. darüber hinaus kommerziell interessanten Projekten Die Agrar- und Ernährungsforschung nimmt seit jeher zu einer tatsächlichen Anwendung in der Praxis. einen zentralen Schwerpunkt in der Förderpolitik der Bundesregierung ein und ist als „Innovationsfeld Seit den 90er Jahren pflegt Deutschland auf dem Pflanze“ in der Hightech-Strategie verankert. In Gebiet der Pflanzengenomforschung sehr enge Absprache mit dem BMELV konzentiert sich das BMBF Kontakte zu Frankreich und Spanien. Im Oktober 2007 neben Maßnahmen der Struktur- und Kompetenz hat diese Kooperation eine neue Qualität erreicht, als bildung in den Agrar- und Ernährungswissenschaften die drei Länder das Forschungsprogramm „Transnational auf die Förderung neuer Ansätze in der molekularbio- Plant Alliance for Novel Technologies – towards logischen Forschung sowie deren begleitender Sicher- implementing the Knowledge-Based Bio-Economy in heitsforschung. Das BMELV setzt seinen Schwerpunkt Europe“ (PLANT-KBBE) initiierten. Diese Vereinbarung hingegen über die Fachagentur Nachwachsende umfasst für drei Jahre unter anderem jährliche, Rohstoffe (FNR) auf die Themengebiete Energiepflan- gemeinsame Ausschreibungen, für die sich wissen- zen, Erforschung industrieller Werkstoffe aus nach- schaftlich und unternehmerisch geführte transnatio- wachsenden Rohstoffen sowie Nutzung von Bioenergie. nale Konsortien mit Vertretern der beteiligten Länder Ferner setzt sich das BMELV im Rahmen der Ressort- bewerben können. Die erste dieser drei Ausschrei- forschung, wie z. B. am Julius-Kühn-Institut oder im bungen ist Ende 2007 mit einem Fördervolumen von Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel 20 Millionen Euro gestartet. Die Initiative PLANT-KB- sicherheit (BVL), intensiv mit den aktuellen Themen BE stellt eine Vertiefung gemeinsamer Aktivitäten dar, der Agrar- und Ernährungsforschung auseinander. die auf europäischer Ebene seit 2004 unter dem Dach des Netzwerks ERA-NET Plant Genomics stattfinden. Seit Anfang der 80er Jahren werden die Forschungs- Dieses von der EU-Kommission unterstützte Netzwerk arbeiten zur biologischen Sicherheit vom BMBF umfasst derzeit 23 Partner aus 17 Ländern und hat unterstützt. Bis heute wurden mehr als 300 Vorhaben bislang zwei transnationale Ausschreibungen initiiert. in Höhe von 93 Millionen Euro gefördert. Die letzte Bekanntmachung erfolgte Mitte 2007 mit einem Angeheizt durch die Klimadiskussion ist das Fördervolumen von 10 Millionen Euro. Hiermit Bekenntnis zur zunehmenden Nutzung erneuerbarer wurden 29 Forschungsprojekte der biologischen Energien gesellschaftlicher Konsens und - ausgedrückt Sicherheitsforschung zur Grünen Gentechnik unter- in ehrgeizigen Klimazielen – auch politischer Wille. stützt. Dieser spiegelt sich im integrierten Energie- und Klimaschutzpaket der Bundesregierung ebenso wie Weil für die moderne Landwirtschaft insbesondere in den Klimavorgaben der Europäischen Kommission die Pflanzengenomforschung eine große Rolle spielt, wider. Um den angestrebten Anteil der Bioenergie am hat das BMBF im Jahr 1999 die Initiative „Genomanaly- Gesamtenergieverbrauch zu erreichen, sind jedoch auf se im biologischen System Pflanze“ (GABI) ins Leben Forschungsseite noch erhebliche Anstrengungen gerufen. In zwei vierjährigen Förderphasen wurden bis vonnöten – insbesondere was effizientere Umwand- 2007 mehr als 160 Vorhaben an deutschen Forschungs- lungsprozesse von Biomasse angeht.
Mit der Förderinitiative „BioEnergie 2021“, für die national zuständigen Behörde eines EU-Mitgliedstaates bis zum Jahr 2013 insgesamt bis zu 50 Millionen Euro (in Deutschland: das Bundesamt für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellt werden, will das BMBF diese und Lebensmittelsicherheit [BVL]) eingereicht. Im Entwicklung weiter unterstützen und die Technologie- nachfolgend näher dargestellten Zulassungsverfahren führerschaft Deutschlands auf diesem Gebiet weiter nach der Lebens- und Futtermittelverordnung erfolgt ausbauen. Darüber hinaus setzt das BMELV über die die Sicherheitsbewertung des betreffenden GVO durch Ressortforschung wie auch über die FNR ebenfalls auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die gezielte Förderung von Forschungsprojekten zu (EFSA) in Parma. diesem Thema. So werden u. a. Vorhaben zur Züchtung im Bereich Energiepflanzen, Projekte zur Erforschung Einer solchen Inverkehrbringenszulassung geht ein industrieller Werkstoffe aus nachwachsenden Roh- mehrstufiges Prüfverfahren beim Antragsteller voraus; stoffen sowie Demonstrationsvorhaben für die dabei wird der GVO zunächst im geschlossenen System Nutzung von Bioenergie finanziell unterstützt. Um den (Labor, Gewächshaus) und anschließend in Freiset- zunehmend komplexeren globalen Herausforderungen zungsversuchen auf seine Sicherheit und Unbedenk- an den Rohstoff Pflanze auf wissenschaftlicher Ebene lichkeit für Mensch, Tier und Umwelt getestet. Bei der gerecht zu werden, verfolgt das BMBF in Übereinstim- Antragstellung müssen daher u. a. die entsprechenden mung mit dem Wissenschaftsrat das Ziel, die bislang Unbedenklichkeitsstudien beigefügt werden. Sind alle zersplitterte deutsche Agrarforschung zu bündeln. Im Formalitäten erfüllt, informiert die EFSA die national Jahr 2008 hatte das BMBF deshalb zum Aufbau von zuständigen Behörden sämtlicher Mitgliedsstaaten Kompetenznetzen in der Agrar- und Ernährungsfor- über den Antrag und stellt den Text zur Einsicht zur schung aufgerufen. Aus 27 Bewerbern wurden im März Verfügung. Diese haben die Möglichkeit, Stellung 2009 vier Cluster ausgewählt - koordiniert von den nahmen zu dem Zulassungsantrag abzugeben, die von Universitäten in Bonn, Kiel, Rostock und München. der EFSA berücksichtigt werden müssen. Nach Erhalt Ihnen stehen bis zu 40 Millionen Euro Forschungs- der Antragsunterlagen hat die EFSA sechs Monate Zeit, gelder zur Verfügung. eine Einschätzung zur Sicherheit der neuen gv-Pflanze abzugeben. Ihre Stellungnahme basiert auf einem Informationen zu den einzelnen Projekten finden wissenschaftlichen Gutachten des für Fragen der sich unter www.foerderkatalog.de sowie www.pflan- Gentechnik zuständigen Expertengremiums (GMO zenforschung.de bzw. www.biosicherheit.de. Panel). Dieses Gremium muss prüfen, ob das GVO- Produkt und dessen Gebrauch tatsächlich keine schädlichen Auswirkungen für die Gesundheit von 6. Wie gewährleisten die Zulassungsverfahren Menschen und Tieren oder für die Umwelt mit sich bringt. die Sicherheit von GVO? Die Entscheidung über die GVO-Zulassung erfolgt Die Sicherheit von Produkten aus gentechnisch im sog. Komitologieverfahren. Danach muss die veränderten Organismen (GVO) ist zentrales Element EU-Kommission dem sog. „Ständigen Ausschuss für des Zulassungsverfahrens. Wenn ein Agrarunternehmen die Lebensmittelkette und Tiergesundheit“ (StALuT) eine neue gentechnisch veränderte Pflanze als Lebens- auf der Basis des EFSA-Gutachtens einen Vorschlag für oder Futtermittel auf den Markt bringen will, braucht die Zulassungsentscheidung übermitteln. Der StALuT es dafür zwei Zulassungen: für den Anbau der gv-Pflanze besteht aus Vertretern aller Mitgliedsstaaten und kann eine Zulassung nach der Freisetzungs-Richtlinie die Beurteilung der Kommission mit einer qualifi- 2001/18 und für die daraus hergestellten Lebens- oder zierten Mehrheit akzeptieren oder verwerfen. Falls Futtermittel eine Zulassung nach der Verordnung für die Position der Kommission abgelehnt wird oder sich gv-Lebens- und Futtermittel (1829/2003). Ein kürzerer keine qualitative Mehrheit für die eine oder andere Weg, der von den meisten Antragsstellern auch Entscheidung findet, muss die Kommission die eingeschlagen wird, ist es, beide Anträge in einem Zulassung dem Ministerrat vorlegen und das Europä- gemeinsamen Verfahren prüfen und entscheiden zu ische Parlament informieren. lassen. In beiden Fällen werden die Anträge bei der
Der Ministerrat muss innerhalb von drei Monaten Die Forschungsthemen über den Entscheidungsvorschlag der Kommission befinden. Für die Ratsentscheidung ist ebenfalls eine Die vom BMBF geförderten Forschungsprogramme qualifizierte Mehrheit notwendig. Falls der Ministerrat untersuchen vor allem, wie sich gentechnisch verän- zu keiner Entscheidung kommt, geht der Zulassungs- derte Kulturpflanzen (insbesondere Kartoffeln, Mais, antrag wieder an die EU-Kommission zurück, der Getreide, Raps und ausgewählte Gehölze) auf die damit die Letztentscheidung hierüber zukommt. Im biologische Vielfalt im Agrarsystem und benachbarte Fall der Zulassung wird diese jeweils nur befristet, für Naturräume auswirken. Dabei wird das ökologische einen Zeitraum von zehn Jahren erteilt. Risikopotenzial von gentechnisch veränderten Pflanzen mit dem nicht gentechnisch veränderter Pflanzen Eine Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen verglichen. Bei den durchgeführten Projekten gab erfolgt somit nach den höchst möglichen Sicherheits- es bisher keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass standards und ist umfassender, als dies bei jeder gentechnisch veränderte Pflanzen per se ein höheres konventionellen Sorte der Fall ist. Risikopotenzial besitzen als konventionell gezüchtete Kulturpflanzen. Ausführliche Informationen zur Zulassung von GVO-Produkten beim Bundesamt für Verbraucher- Neue Aufgaben für die Sicherheitsforscher ergeben schutz und Lebensmittelsicherheit: www.bvl.bund.de sich dadurch, dass künftig auch gentechnisch verän- derte Pflanzen mit neuen und veränderten Inhalts- stoffen auf den Markt kommen könnten, beispielsweise 7. Was leistet biologische Sicherheitsforschung? industriell nutzbare Stoffe oder pharmazeutische Substanzen. In den letzten Jahren haben BMBF- Als Wissenschaftler in den 80er Jahren die ersten geförderte Wissenschaftler Methoden entwickelt, gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) ent die derartig gentechnisch veränderte Pflanzen daran wickelten, starteten Behörden weltweit Programme, hindern sollen, sich über Pollen, Samen und Knollen in um die Sicherheit der neuen Pflanzen zu erforschen. der Umwelt auszubreiten (biologische „Confinement“- Auch das Bundesministerium für Bildung und For- Systeme). schung (BMBF) fördert mit einem eigenständigen Programm seit 1987 diesen Forschungsbereich. Das In weiteren Projekten entwickeln die Wissenschaft- Ministerium will damit die Basis dafür legen, dass ler neue Methoden, mit denen sie Gene gezielter, an Gesellschaft und Politik die Chancen und Risiken der genau definierten Orten im Erbgut einbauen können. Gentechnik vorurteilsfrei, wissenschaftlich bewerten So ließen sich mögliche Wechselwirkungen mit können. Dabei greifen die Projekte der Sicherheits- anderen Genen der Pflanze und unerwünschte forschung vor allem auch wissenschaftlich nachvoll- Nebenwirkungen minimieren oder ausschließen und ziehbare Einwände auf, die in der öffentlichen Debatte damit die Sicherheitsbewertung vereinfachen. Schließ- um die Grüne Gentechnik thematisiert werden. Bis lich werden auch Verfahren entwickelt, mit denen sich heute hat das BMBF mit mehr als 100 Millionen Euro beim kommerziellen Anbau von gv-Pflanzen ökolo- über 300 Vorhaben der biologischen Sicherheits- gische Langzeitfolgen frühzeitig erkennen lassen. forschung gefördert. Die Auswahl der BMBF-geförderten Solche Monitoringmaßnahmen sind Teil der Zulas- Projekte erfolgt durch unabhängige, nationale und sungsauflagen für den Anbau von gv-Pflanzen. Die internationale Experten. Insgesamt haben sich bisher BMBF geförderten Forschungsprojekte tragen somit über 60 Hochschulen und außeruniversitäre Forschungs- dazu bei, dass die zuständigen Behörden wissenschaft- einrichtungen an den Forschungsprojekten beteiligt. lich begründete Monitoringmaßnahmen festlegen können.
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