Interview mit Mario Scalzo: "Eishockey liegt bei uns in der Familie" - Nordhessen-Journal

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Interview mit Mario Scalzo: "Eishockey liegt bei uns in der Familie" - Nordhessen-Journal
Interview mit Mario Scalzo:
„Eishockey liegt bei uns in
der Familie“

Kassel, 11. Dezember,
2019.    In        der
vergangenen      Woche
bekam er die deutsche
Staatsbürgerschaft
und    feierte      am
Wochenende mit    zwei
Siegen   auch gleich
ein       gelungenes
Pflichtspiel-Debüt
bei   den   Kassel
Huskies: Mario Scalzo.

Der 35-Jährige ist seit Anfang August in Kassel und steigt
nach zwei Jahren Pause vom Eishockey nun wieder voll ein.
Scalzo absolvierte die gesamte Vorbereitung mit den
Schlittenhunden, ehe ihn eine Verletzung im letzten Testspiel
stoppte. Mit der neuen deutschen Staatsbürgerschaft und
vollständig genesen will der Verteidiger nun angreifen.
Martin Milbredt aus dem Medienteam der Kassel Huskies sprach
mit dem Routinier unter anderem über sein Zusammenspiel mit
Sidney Crosby, der Teilnahme an der Weltmeisterschaft für
Kanada und den Neustart in Kassel.
Hallo Mario, wie bist du eigentlich zum Eishockey gekommen?
Mein Vater hat ebenfalls Eishockey gespielt, hatte sogar NHL-
Angebote, musste aber leider seine Karriere beenden. Eishockey
liegt also bei uns in der Familie. Anfangs habe ich neben dem
Eishockey im Sommer Baseball gespielt, ab dem zwölften
Lebensjahr habe ich mich dann aber entschieden den Fokus
komplett auf Eishockey zu legen.

Im Frühjahr 2005 wurdest du zu den Rimouski Océanic getradet,
zu einem Spitzenteam der kanadischen Juniorenliga QMJHL, in
der auch der spätere Superstar Sidney Crosby spielte. Wie war
es mit dem wohl besten Spieler der Welt in einer Mannschaft zu
spielen? Wie war Crosby in der Kabine?

Es muss so Anfang Januar gewesen sein, als ich nach Rimouski
getradet wurde. Wir waren eine unheimlich erfolgreiche
Mannschaft und konnten am Ende die Meisterschaft gewinnen.
„Sid“ und ich haben im selben Block gespielt und hatten von
Anfang an einen sehr guten Draht zueinander. Wir wurden in
dieser Zeit gute Freunde und ich kann nur positives über
Sidney berichten. Er ist ein super Typ und ein klasse Leader,
keinesfalls arrogant oder ähnliches.

Trotz herausragender Statistiken in der QMJHL wurdest du von
keinem NHL-Team gedraftet. War das damals für dich schwer
nachvollziehbar und welche Gründe wurden dir genannt?
Für die damalige Zeit war ich wohl einfach zu klein (1,78
Meter). Insbesondere Verteidiger mussten damals einfach groß
und stark sein. Es ist schade und ich glaube, so wie das
Eishockey heute gespielt wird, hätte ich deutlich bessere
Chancen. Ich hatte nach dem Memorial Cup dann einige Angebote
von NHL-Organisationen bekommen, unter anderem eins von den
Washington Capitals. Sie hatten damals aber bereits acht oder
neun Verteidiger mit One-Way Verträgen im Team, da waren die
Chancen es in den Kader zu schaffen eher gering. Am Ende habe
ich mich für die Organisation der Dallas Stars entschieden.

Nach deiner Juniorenzeit hast du erstmals außerhalb von Quebec
gelebt und zweieinhalb Jahre in Des Moines, Iowa, für das
Farmteam der Dallas Stars gespielt. Wie war es in Iowa zu
leben und Eishockey zu spielen?
Die Vorbereitung in Dallas war ziemlich cool. Die Stadt war
super, die Mannschaft hatte klasse Spieler und es hat Spaß
gemacht am Trainingscamp der Stars teilzunehmen. Anschließend
in Iowa zu sein war dann natürlich eine komplett andere Welt.
Es ist dort schon ziemlich ländlich. Der Ort hatte damals eine
neue Arena gebaut und das Team war ziemlich neu für die
Bewohner. Aber es war trotzdem eine schöne Zeit, nur eben ein
komplett anderes Leben für mich: Alleine zu leben, in einer
englischsprechenden Stadt, ca. 28 Stunden von meiner Heimat
Montreal entfernt. Aber im Großen und Ganzen war es eine gute
Erfahrung.

Ein weiteres Highlight deiner Karriere ist die Teilnahme für
Kanada an der Weltmeisterschaft 2011 in der Slowakei. Warst du
der einzige „Nicht-NHL Spieler“ im Kader der Ahornblätter?
Ja, genau. Ich war der einzige Spieler in der Mannschaft der
damals in Europa gespielt hat.

Wie kam es, dass ausgerechnet du nominiert wurdest?
Ich kannte einen der Manager gut, da ich bereits Kanada beim
Deutschland Cup und beim Spengler Cup vertreten hatte. Ich
spielte eine gute Saison in Mannheim und auch für Kanada habe
ich immer eine gute Leistung gezeigt. Da habe ich ihn wohl
überzeugt und er hat mich angerufen und gefragt ob ich Lust
habe mitzuspielen. Das war natürlich als „Nicht-NHL-Spieler“
eine große Überraschung und für mich großes Glück und eine
aufregende Erfahrung.

Wie war es in einer Mannschaft voller Superstars zu spielen?
Ist dir ein Teamkollege aus dieser Zeit besonders in
Erinnerung geblieben?
Wirklich alle Spieler in der Mannschaft sind unfassbar gute
Eishockeyspieler und jeder Spieler hat etwas anderes zum Team
beigetragen. Menschlich fällt mir da spontan Brent Burns ein.
Ein super Typ mit dem ich auch die meiste Zeit verbracht habe.
Aber auch Matt Duchene war klasse.

Nach einer Saison 2016-2017 in Epinal hast du zwei Jahre gar
nicht gespielt. Wie kam es dazu und wieso hast du dich jetzt
entschieden doch wieder als Eishockeyprofi zu arbeiten?
Bereits vor meiner Zeit in Epinal habe ich kurzzeitig in
Tschechien gespielt. Das war eine eher schwere Saison für
mich, weil kaum jemand Englisch gesprochen hat und alle
Anweisungen immer auf Tschechisch waren. Dazu gab es Probleme
mit meinem Visum, so dass ich kaum gespielt habe. Das hat mir
damals etwas die Freude am Eishockey genommen. Nach einem Jahr
Pause habe ich es dann nochmal in Epinal probiert aber auch
dort ist es für mich einfach nicht so gut gelaufen. Es war
auch nicht ganz so professionell wie in meinen vorherigen
Stationen. Zudem kommt, dass mein Sohn damals noch kein Jahr
alt war und ich für meine Familie da sein wollte. Also sind
wir nach Speyer gezogen, den Heimatort meiner Frau. Sie hat in
dieser Zeit studiert und ich habe bei meinen Schwiegereltern
gearbeitet. Sie haben eine Landschaftsbaufirma und hatten
damals ein neues Grundstück gekauft. Ich habe ihnen geholfen,
das neue Anwesen auf dem neu bezogenen Grundstück aufzubauen.
Ich arbeite besonders gerne mit Holz und habe damals zum
Beispiel auch exklusive Terrassen errichtet.

Warum hast du dich diesen Sommer für die Huskies entschieden
und wie kam der Kontakt nach Kassel zustande?
Ich wohne ja inzwischen wieder seit einigen Jahren in
Deutschland und in dieser Zeit ist Deutschland zu meiner
Heimat geworden. Daher wollte ich auch unbedingt wieder in
Deutschland als Eishockeyprofi arbeiten. Das war natürlich
nach der langen Pause nicht einfach, aber mein neuer Agent
kannte Joe Gibbs sehr gut und hat bereits in der Vergangenheit
mit ihm gearbeitet. Ich hatte zwar noch ein anderes Angebot
aus der DEL2, aber das Angebot aus Kassel war das erste und da
ich auch mit Kassel mehr im Kontakt geblieben bin und die
Huskies das größte Interesse an mir gezeigt haben, habe ich
mich für sie entschieden. Dazu kam, dass ich Kassel noch aus
meiner Zeit in der DEL kannte und daher das beste Gefühl beim
Angebot der Huskies hatte.

Erinnerst du dich noch daran in deinem zweiten Jahr in
Mannheim für eine kurze Zeit gemeinsam mit Manuel Klinge
gespielt zu haben?
Ja, daran erinnere ich mich noch. Manu war damals sehr ruhig,
sehr professionell und er hat immer gute Leistungen gebracht.
Es war lustig ihn nach all der Zeit wiederzusehen.

Wie geht es dir gesundheitlich? Du bist ja seit Ende Oktober
wieder auf dem Eis?
Die ersten Tage waren sehr anstrengend und ich habe anfangs
noch mit Schiene trainiert, was sehr hart war. Aber inzwischen
läuft es von Tag zu Tag besser und ich denke immer weniger an
die Verletzung. In den letzten Wochen ging es für mich darum,
meine Kondition wieder aufzubauen und nun freue ich mich auf
meine Spiele im Huskies-Trikot.

Als nächstes gastieren die Eispiraten Crimmitschau in der
Kasseler Eissporthalle: Am kommenden Freitag, 13. Dezember,
ist das erste Bully um 19.30 Uhr. Tickets gibt es online auf
www.kassel-huskies.de
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