Shoppi Tivoli Management, Spreitenbach
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Shoppi Tivoli Management, Spreitenbach Arbeitgeber Werner Frei Herr H. hat mich im Einkaufscenter „Shoppi Tivoli“ in Spreitenbach angerufen während er in der Rehaklinik in Bellikon war. Wir kennen uns, weil er früher der Eishockeytrainer meines Sohnes war. Er hat mir erzählt, dass er eine Ausbildung zum technischen Hauswart machen möchte und brauche dazu eine Arbeitsstelle zwecks Praktikums. In dieser Zeit hat gerade einer unserer Mitarbeitenden mit Herzproblemen zu kämpfen gehabt und hat kürzer treten müssen. Mir kam die Anfrage also sehr gelegen. Das Shoppi Tivoli war zu dieser Zeit im Umbau und wir haben eine Möglichkeit gesehen, den Arbeitsausfall zu kompensieren, ohne sozusagen eine lebenslange Verpflichtung eingehen zu müssen. In einem Gespräch haben wir die Rahmenbedingungen mit Jonas Meier, Job Coach bei der Rehaklinik, geklärt. Ich habe die Geschäftsleitung über mein Vorhaben informiert, diese fanden dies eine gute Lösung und waren damit einverstanden.
Arbeitgeber Werner Frei mit Arbeitnehmer Herr H. Wir haben das Team informiert, dass wir nun jemanden einstellen, der während seiner Ausbildung bei uns arbeitet. Die Betriebselektriker, -sanitäre und -mechaniker waren froh, dass eine weitere Person mitarbeitet. In einem so grossen Betrieb gibt es immer viel zu tun. Und die Fachkräfte geben gerne kleinere Arbeiten ab. Ein Betriebselektriker geht z.B. nicht gerne Lampen auswechseln. Mit dem Job Coach haben wir geklärt, was Herr H. nicht tun sollte. Sein Knie erlaubt es ihm nicht, weite Wege zu gehen. Da es eine neue Stelle war, haben wir sie entsprechend gestalten können. Die IV trägt rund 80% seines Lohnes und wir rund 20%. So verdient er für die vier Tage Arbeit und den Tag Schule etwa so viel wie ein gelernter technischer Hauswart. Der Betrieb profitiert von seiner Arbeit, deshalb finden wir es nur fair, dass wir auch etwas an seinen Lohn bezahlen.
Arbeitnehmer Herr H. In meinem letzten Job habe ich Ampeln aufgestellt und verkabelt. Meine Knieprobleme haben 1992 begonnen. Ich habe einen Autounfall gehabt, habe das Knie operieren müssen. Danach habe ich mein Knie wieder normal belastet, gearbeitet und Eishockey gespielt. Es ging lange gut, aber dann habe ich starke Schmerzen bekommen und war mehrmals pro Monat beim Arzt. Ein Kniespezialist hat die Diagnose gestellt: Das Kreuzband war beschädigt, dazu kamen Knochenschwund und Arthrose. 2010 haben sie mir ein künstliches Gelenk eingesetzt und ich bin wieder 50% arbeiten gegangen. Nach einer weiteren Operation hat der Arzt gesagt, ich könne nicht mehr auf diesem Job arbeiten.
Arbeitnehmer Herr H. Dieser Bericht ging zur Suva, diese hat die IV eingeschaltet. Im November 2010 hat die IV mich für eine berufliche Abklärung in die Rehaklinik Bellikon überwiesen. Ich habe gemerkt, dass ich eigentlich schon lange Hauswart werden wollte. Ich habe den Hörer in die Hand genommen und Herrn Frei angerufen. Zuerst haben wir abgemacht, dass ich im Shoppi Tivoli für ein halbes Jahr ein Praktikum als Hauswart machen kann, mit Unterstützung durch den Job Coach. Einmal pro Woche habe ich Herrn Meier berichtet, wie das Praktikum läuft, was meine Tätigkeiten sind, wie es mit meinem Knie geht. Es ging alles gut und nach sechs Monaten hat Herr Frei zugesagt, dass ich bis Ende der rund zweijährigen Ausbildung bei ihm als Hauswart arbeiten kann.
Arbeitnehmer Herr H. Bei meiner Arbeit kümmere ich mich um Störungen und Reklamationen: Ich repariere Lampen, die nicht funktionieren oder kümmere mich darum, wenn an einem Ort das Wasser nicht abläuft. Dann bin ich für das Barrieresystem der Parkinganlage zuständig. Die Automaten müssen regelmässig gereinigt werden und es müssen immer genügend Tickets drin sein. Gibt es eine Störung, ruft der Disponent mich an. Im Büro erstelle ich die Rapporte für das ganze Team, erledige Kontrollen und die Ablage. Als ich in die Rehaklinik gekommen bin, mich beruflich neu orientieren musste, habe ich befürchtet, dass ich nichts finde, das zu mir passt oder dass ich es schulisch nicht schaffe. Ich bin extrem froh, dass ich mitentscheiden konnte und in meinem eigenen Netzwerk eine Lösung gefunden habe.
Arbeitnehmer Herr H. mit Arbeitskollege Ich bin im Team gut aufgenommen worden. Wenn ich mein Knie richtig belaste, mich langsam bewege und wir gemeinsam arbeiten, geht fast alles. Und sonst kann auf das Verständnis der Kollegen zählen. Wenn ich bei einer Schadenmeldung unsicher bin, frage ich. Wenn irgendwo etwas kaputt ist und ich es reparieren kann, macht mich das glücklich. Ich habe auch schon gesehen, dass ein solcher Auftrag extern gegeben wurde und was das gekostet hat. Wenn ich also den Fehler selber finde und die Sache erledigen kann, ohne dass jemand anders aufgeboten werden muss, ist das grossartig. Ich werde schauen, dass ich mich weiterbilden und so immer mehr selber erledigen kann. Momentan sieht es so aus, dass ich nach der Schule hier bleiben kann und regulär angestellt werde sofern eine Vakanz entsteht.
Arbeitnehmer Herr H. Es war zentral, dass ich zur Abklärung nach Bellikon konnte. Sonst hätte ich den Wiedereinstieg kaum geschafft. Heute schaue ich bei der Arbeit bewusster auf meine Gesundheit. Ich befasse mich auch intensiver mit bestimmten Aufgaben, versuche sie eigenständig und gut zu erledigen und schaue dazu auch einmal etwas nach oder schreibe mir Einzelheiten auf. Heute tue ich auch Dinge gern, die vielleicht nicht so toll sind – sie gehören zum Job, über den ich froh bin. Das Shoppi Tivoli ist sehr grossräumig, ich darf aber nicht zu weite Wege gehen. Seit wir einen kleinen Traktor zur Verfügung haben, bin ich damit viel unterwegs und kann die Knie-Belastung gut kontrollieren. Ich bin froh, dass ich mein Geld selber verdienen darf. Der Arbeitgeber gewinnt dabei auch. Ich zeige grossen Einsatz. Nach meiner Lehre kann Herr Frei mich als jemanden einstellen, der den ganzen Laden bereits kennt und bei dem er weiss, worauf er sich einlässt.
Arbeitgeber Werner Frei Im Rückblick kann ich sagen, ich würde das wieder so machen. Einerseits kam es uns gelegen, anderseits finde ich, sollte man beeinträchtigten Menschen diese Chance geben. Allerdings hätten wir es ohne die Unterstützung von der Rehaklinik und Herrn Meier wohl eher nicht gemacht, denn ich nehme an, der administrative Aufwand wäre relativ gross gewesen. Vor Ausbildungsende werde ich mit Herrn H. besprechen, wie es weiter geht. Grundsätzlich ist das Interesse da, ihn zu behalten. Ein paar Mitarbeitende im Team kommen in ein Alter, in dem sie darüber nachdenken, früher aufzuhören. Wenn die wirtschaftliche Situation es zulässt, können wir uns eine Weiterbeschäftigung von Herrn H. vorstellen.
Arbeitgeber Werner Frei Ich empfehle anderen Arbeitgebern, es auch zu versuchen. Beeinträchtigte Menschen haben es oft schwer, einen Einstieg zu finden. Im Gegenzug sind sie sehr dankbar. Das schlägt sich nicht unbedingt in der Leistung nieder – die ist nach einer gewissen Einarbeitungszeit gleichwertig – aber wenn ich jeweils jemanden suche, der an einem Sonntag oder Nachts einspringen kann, sind sie die ersten, die zusagen. Sie kommen initiativ zur Arbeit, weil sie es wollen und weil sie es als Chance sehen. Schwierigkeiten gibt es eigentlich nicht, wenn man vorher weiss, welche Einschränkungen vorhanden sind und was das für den Betrieb bedeutet. Oftmals muss sich der Arbeitgeber selber an der Nase nehmen. Wenn er dem Arbeitnehmenden Aufgaben überträgt, von denen er weiss, dass er diese nicht wahrnehmen kann, so macht sich der Arbeitgeber selbst etwas vor. // April 2012
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