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SEPTEMBER 2016                 GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNG DES BUNDES
                                 AUSGABE
                                                 1           GEMEINSAM GETRAGEN VON RKI UND DESTATIS

                                                             Journal of Health Monitoring
                                                             2    Focus 		Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland:
                                                                            Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen
                                                             22   Fact sheet   Alkoholvergiftungen mit stationärer Behandlung
                                                             29   Fact sheet   Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss
                                                             37   Fact sheet   Alkoholbedingte Mortalität bei Erwachsenen

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    »Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland«
                      - kapitelweise
                                                                                                                                1
Journal of Health Monitoring   Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                       FOCUS

Autorinnen und Autoren:
Cornelia Lange, Kristin Manz,
                                               Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland:
Alexander Rommel, Anja Schienkiewitz,
Gert B. M. Mensink
                                               Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen
Journal of Health Monitoring · 2016 1(1)
                                               Abstract
DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-025
Robert Koch-Institut, Berlin
                                               Gesundheitsschädlicher Alkoholkonsum zählt zu den fünf wesentlichen Risikofaktoren für Krankheiten, Beeinträch­
                                               tigungen und Todesfälle weltweit. Er wird als mitverursachend für mehr als 200 Krankheiten angesehen und ist für
                                               die Entstehung vieler beabsichtigter und unbeabsichtigter Verletzungen mit verantwortlich.
                                               Zur Reduktion gesundheitsschädlichen Alkoholkonsums wurde in Deutschland aktuell das Gesundheitsziel „Alkohol­
                                               konsum reduzieren“ erarbeitet, das auf einen “policy mix” aus verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen
                                               setzt und möglichst alle relevanten Akteure zur Entwicklung übergreifender Zielsetzungen einbezieht.
                                               Die Daten der wiederholt durchgeführten Gesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts (RKI) ermöglichen, den
                                               zeitlichen Verlauf riskanten Alkoholkonsums in der 25- bis 69-jährigen Bevölkerung zwischen 1990 – 1992, 1997 – 1999
                                               und 2008 – 2011 auszuwerten. Als riskanter Alkoholkonsum wird ein täglicher Reinalkoholkonsum von mehr als
                                               10 g bei Frauen und mehr als 20 g bei Männern angesehen. Für die Jahre 2008 – 2011 wird mittels der „Studie zur
                                               Gesundheit Erwachsener“(DEGS 1) der riskante Alkoholkonsum für die Altersgruppen 18 bis 79 Jahre berechnet
                                               und der Zusammenhang mit soziodemografischen und gesundheitsbezogenen Faktoren untersucht.
                                               Die Ergebnisse von DEGS 1 zeigen, dass 13,1 % der Frauen und 18,5 % der Männer in riskanten Mengen Alkohol kon­
                                               sumieren. Bei Männern steigt der riskante Alkoholkonsum mit dem Alter an; bei Frauen findet sich die niedrigste
                                               Prävalenz bei 30- bis 39-Jährigen und die höchste bei 50- bis 59-Jährigen. Frauen mit einem hohen sozioökonomi­
                                               schen Status trinken zu höheren Anteilen in riskantem Maß Alkohol als Frauen aus mittleren oder niedrigen Status­
                                               gruppen. Bei Männern zeigen sich keine entsprechenden Unterschiede. Vor allem Rauchen steht mit riskantem Alko­
                                               holkonsum in Zusammenhang. Zwischen 1990 – 1992 und 2008 – 2011 hat der riskante Alkoholkonsum stark
                                               abgenommen, bei Frauen von 50,9 % auf 13,6 %, bei Männern von 52,6 % auf 18,3 % (Altersgruppe 25 bis 69 Jahre).
                                               Auch wenn der riskante Alkoholkonsum in der Bevölkerung stark zurückgegangen ist, liegt der Pro-Kopf-Konsum
                                               von Reinalkohol in Deutschland über dem Durchschnitt der EU-Mitgliedsstaaten. Daher sind weiterhin zielgrup­
                                               penspezifische Präventionsmaßnahmen erforderlich.

                                                 RISKANTER ALKOHOLKONSUM · ALKOHOLMISSBRAUCH · ERWACHSENE · GESUNDHEITSSURVEY · ZEITLICHE TRENDS

      Journal of Health Monitoring 2016 1(1)                                                                                                              2
Journal of Health Monitoring   Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                             FOCUS

                                               1. Einleitung                                                         anzusehen sind (siehe Infobox Ausschließlich
Infobox: Ausschließlich alkohol­              1.1 Gesundheitliche und gesellschaftliche Folgen                      alkoholbedingte Krankheiten) [2]. Danach wurde
          bedingte Krankheiten [2]                riskanten Alkoholkonsums                                          im Jahr 2014 in Deutschland bei 14.099 Verstorbe­
                                                                                                                     nen eine ausschließlich alkoholbedingte Erkran­
ICD-10 Erläuterung
                                               Der Konsum alkoholischer Getränke ist in vielen Kulturen              kung als Todesursache festgestellt [3].
E24.4   Alkoholinduziertes Pseudo-
        Cushing-Syndrom                        seit sehr langer Zeit verbreitet. In traditionellen Gesellschaf­          Schätzungen aus der “Global Burden of Disease
                                               ten wurden alkoholische Getränke in kleinen Mengen hand­              Studie” zeigen zudem, dass weltweit 5 % aller durch
E52     Niazinmangel (alkoholbedingte
        Pellagra)                              werklich zubereitet und vor allem bei besonderen Gelegen­             Tod oder Beeinträchtigung verlorenen Lebensjahre
                                               heiten, zum Beispiel bei Festen, konsumiert. Mit der                  (DALYs) auf Alkohol zurückgeführt werden können
F10     Psychische und
        Verhaltensstörungen durch Alkohol      Industrialisierung änderten sich die Produktionsweise und             [4]. In Deutschland steht bezogen auf das Jahr 2013
                                               die Verfügbarkeit von Alkohol. Spirituosen kamen auf, und             Alkoholkonsum unter allen Risikofaktoren für
G31.2 Degeneration des Nervensystems
      durch Alkohol                            durch verbesserte Produktions- und Transportverhältnisse              DALYs bei Männern an fünfter Stelle, bei Frauen an
                                               wurden alkoholische Getränke zu einem Produkt, das zu                 achter Stelle [5].
G62.1 Alkohol-Polyneuropathie
                                               jeder Jahreszeit und an jedem Tag der Woche verfügbar war.                Hinsichtlich der Auswirkungen des Alkoholkon­
G72.1 Alkoholmyopathie
                                               Da in den industrialisierten Gesellschaften nüchterne und             sums unterscheidet die Weltgesundheitsorganisa­
I42.6   Alkoholische Kardiomyopathie
                                               aufmerksame Arbeitskräfte gebraucht wurden, erachtete man             tion (WHO) neben den gesundheitlichen Folgen für
K29.2 Alkoholgastritis
                                               den ausufernden Alkoholkonsum im späten 19. Jahrhundert               die Konsumenten auch zwischen sozioökonomi­
K70     Alkoholische Leberkrankheit
                                               als wachsendes soziales Problem und Belastung für die                 schen Folgen für die Betroffenen sowie den Schä­
K85.2 Alkoholinduzierte akute Pankrea­
      titis (ab 2006)                          öffentliche Gesundheit. In der Folge wurden daher zuneh­              den für andere Personen und für die Gesellschaft
                                               mend Maßnahmen zur Reduzierung oder zum Verbot des                    insgesamt.
K86.0 Alkoholinduzierte chronische
      Pankreatitis                             Trinkens ergriffen [1].                                                   Die Schäden für das Individuum bestehen in
                                                   Alkohol ist eine psychoaktive Substanz, die Abhängigkeit          chronischen Gewebe- und Organschädigungen auf­
O35.4 Betreuung der Mutter bei
      (Verdacht auf) Schädigung des            erzeugen kann. Gesundheitsschädlicher Alkoholkonsum                   grund der toxischen Wirkung von Alkohol (schäd­
      Feten durch Alkohol                      zählt außerdem zu den fünf wesentlichen Risikofaktoren für            licher Gebrauch oder Missbrauch, ICD-10: F10.1),
P04.3   Schädigung des Feten und Neu­          Krankheiten, Beeinträchtigungen und Todesfälle weltweit.              akuter Alkoholintoxikation, die sich in Beeinträchti­
        geborenen durch Alkoholkonsum          Er wird als mitverursachend für mehr als 200 Erkrankungen             gungen der Koordination, des Bewusstseins, der
        der Mutter
                                               angesehen und ist für die Entstehung vieler beabsichtigter            Wahrnehmung und des Auffassungsvermögens
Q86.0 Alkohol-Embryopathie
      (mit Dysmorphien)                        und unbeabsichtigter Verletzungen mit verantwortlich [1].             äußern kann (ICD-10: F10.0), sowie der Entwick­
                                                   Das Statistische Bundesamt hat gemeinsam mit dem                  lung einer Alkoholabhängigkeit (Abhängigkeitssyn­
R78.0 Nachweis von Alkohol im Blut
                                               Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und                 drom ICD-10: F10.2).
T51.0   Toxische Wirkung: Äthanol
                                               Information (DIMDI) eine Liste von 17 Krankheiten zusam­                  Die individuellen sozioökonomischen Folgen
T51.9   Toxische Wirkung: Alkohol, nicht
        näher bezeichnet                       mengestellt, die zu hundert Prozent als alkoholbedingt                eines riskanten, missbräuchlichen oder abhängigen

        Journal of Health Monitoring 2016(1)                                                                                                                    3
Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                              FOCUS

                                         Alkoholkonsums können von Stigmatisierung, sozialem                   „„   die Erhöhung der Aufmerksamkeit gegenüber
                                         Rückzug, familiären Problemen, bis zum Verlust des Arbeits­                den gesundheitlichen, sozialen und ökonomi­
                                         platzes, der Wohnung und vollständiger sozialer Ausgren­                   schen Folgen schädlichen Alkoholkonsums und
                                         zung reichen.                                                              der Bereitschaft von Regierungen, darauf zu
                                             Schädigungen Dritter erfolgen vor allem durch körper­                  reagieren,
                                         liche Verletzungen in Folge von Gewalt oder Unfällen, durch           „„   die Verbesserung des Kenntnisstandes zum Aus­
                                         psychische Verletzungen und Belastungen von Partnerinnen                   maß und den Einflussfaktoren schädlichen Alko­
                                         bzw. Partnern, Familie, Freunden, Kolleginnen bzw. Kollegen                holkonsums sowie zu effektiven Interventionen;
                                         sowie Schädigungen von Kindern im Mutterleib (Fetal Alco­             „„   die Unterstützung der Mitgliedsstaaten beim
                                         hol Spectrum Disorder – FASD).                                             Ausbau von Prävention und der Behandlung alko­
                                            Zu den gesellschaftlichen Folgen des Alkoholkonsums                     holbezogener Erkrankungen,
                                         zählen, neben den direkten Kosten für das Gesundheitssys­             „„   die Stärkung der Netzwerkbildungen relevanter
                                         tem, Produktivitätsverluste wie Fehlzeiten am Arbeitsplatz                 Akteure für gemeinsame Aktionen zur Präven­tion
                                         oder Frühberentungen sowie immaterielle Kosten zum Bei­                    des schädlichen Alkoholkonsums,
                                         spiel durch den Verlust von Lebensqualität. Diese volkswirt­          „„   die Verbesserung von Monitoring- und Surveil­
                                         schaftlichen Kosten des Alkoholkonsums in Deutschland                      lancesystemen.
                                         werden je nach Schätzungen auf einen Betrag von bis zu
                                         40 Milliarden Euro im Jahr taxiert, davon entfällt rund ein              Im Einzelnen werden zehn Aktionsfelder genannt,
                                         Viertel auf direkte Kosten für das Gesundheitssystem [2, 6].          in denen die Regierungen aktiv werden sollten. Diese
                                                                                                               sind: (1) Problembewusstsein und Verantwortlichkeit
                                         1.2 Gesundheitspolitische Initiativen zur Verringerung des            von Politik und Gesellschaft, (2) Aufgaben des
                                             Alkoholkonsums                                                    Gesundheitssystems, (3) Gemeinwesen- und lebens­
                                                                                                               weltorientierte Ansätze, (4) Alkohol im Straßenver­
                                          Auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene gibt          kehr, (5) Verfügbarkeit von Alkohol, (6) Werbung, (7)
                                          es eine Reihe von Initiativen und Strategien zur Reduktion           Preisgestaltung, (8) Reduktion gesundheitlicher und
                                          des Alkoholkonsums in der Bevölkerung [7]. In dem WHO                sozialer Schäden, (9) Verringerung der Schäden
                                         “Global action plan for the prevention and control of                 durch illegal hergestellten oder eingeführten Alkohol
                                          non-communicable diseases” der WHO wird eine relative                und (10) Monitoring und Surveillance. Für jedes die­
                                          Reduzierung des riskanten Alkoholkonsums um 10 % bis                 ser Aktionsfelder wird eine Handlungsstrategie for­
                                          2025 (im Vergleich zu 2010) angestrebt. Ziele der globalen           muliert sowie prioritäre Tätigkeitsfelder benannt [8].
                                          WHO-Strategie zur Reduktion des schädlichen Alkoholkon­              In dem “European action plan to reduce the harmful
                                          sums sind:                                                           use of alcohol 2012 – 2020” der WHO [7] werden die

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                             FOCUS

                                         Aktionsfelder der globalen Strategie aufgegriffen und auf           Auf nationaler Ebene ist die Nationale Strategie zur
                                         die Region Europa der WHO heruntergebrochen.                     Drogen- und Suchtpolitik handlungsleitend [10]. Diese
                                            Die Europäische Kommission hat 2006 eine Strategie            hebt hervor, dass für eine erfolgreiche Alkoholprävention
                                         zur Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Verringe­         ein Bündel aus gesetzlichen Regelungen, Information
                                         rung alkoholbedingter Schäden vorgelegt [9]. Da Rege­            und verhaltenspräventiven Maßnahmen erforderlich ist
                                         lungen im Bereich der Gesundheit in der Verantwortung            und Alkoholprävention als gesellschaftliche Querschnitts­
                                         der Mitgliedsstaaten liegen, hat sie keinen bindenden            aufgabe angesehen werden muss (“policy mix”). Die
                                         Charakter. Sie konzentriert sich auf das Vorbeugen hohen         nationale Strategie benennt zur Bekämpfung des Alko­
                                         und extremen Alkoholkonsums sowie auf die Eindäm­                holkonsums und seiner Folgen acht Ziele:
                                         mung des Alkoholkonsums von Minderjährigen und eini­
                                         ger der negativsten Auswirkungen wie alkoholbedingte             „„   die Reduzierung der Häufigkeit des Rauschtrinkens
                                         Straßenverkehrsunfälle und das fetale Alkoholsyndrom.                 unter Kindern und Jugendlichen,
                                         Die Strategie hat daher nicht den Alkoholkonsum an sich          „„   die konsequente Umsetzung der bestehenden Rege­
                                         zum Gegenstand, sondern dessen Missbrauch und seine                   lungen des Jugendschutzgesetzes,
                                         schädlichen Folgen. Fünf Bereiche werden benannt, bei            „„   den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Alkohol­
                                         denen ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedsstaaten                   werbung,
                                         einen Mehrwert erbringen kann:                                   „„   die Reduktion des Alkoholkonsums im Straßenver­
                                                                                                               kehr,
                                         „„   der Schutz von Jugendlichen, Kindern und des Kin­           „„   die Punktnüchternheit am Arbeitsplatz,
                                              des im Mutterleib,                                          „„   die Punktnüchternheit in Schwangerschaft und Still­
                                         „„   die Senkung der Zahl der Verletzungen durch alko­                zeit,
                                              holbedingte Straßenverkehrsunfälle,                         „„   die Reduzierung der alkoholbedingten Gewalt,
                                         „„   die Vorbeugung alkoholbedingter Schädigung bei              „„   die Konzentration auf Risikogruppen in der erwach­
                                              Erwachsenen und Verringerung der negativen Aus­                  senen Bevölkerung.
                                              wirkungen auf den Arbeitsplatz,
                                         „„   die Information, Aufklärung und Bewusstseinsbil­                In Bezug auf die Werbung für alkoholische Getränke
                                              dung in Bezug auf die Auswirkungen schädlichen und          wird auf die Selbstkontrolle der Wirtschaft gesetzt, die
                                              riskanten Alkoholkonsums und angemessene Kon­               durch ein unabhängiges Gremium evaluiert werden soll­
                                              summuster,                                                  te. Zum Erreichen der Punktnüchternheit am Arbeitsplatz
                                         „„   der Aufbau und die Aktualisierung einer gemeinsa­           setzt die Strategie auf die Förderung von Betriebsverein­
                                              men Grundlage wissenschaftlich gesicherter Erkennt­         barungen sowie Modellprojekten zur betrieblichen Sucht­
                                              nisse auf EU-Ebene.                                         prävention. Zu den von der WHO genannten Aktionsfel­

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                             FOCUS

                                                 dern der Preisgestaltung und Verfügbarkeit von Alkohol               Um zu überprüfen, wie sich bevölkerungsweit der
Infobox: Formen gesundheitlich                   finden sich in der Strategie keine Ausführungen. Zur Ver­        Konsum alkoholischer Getränke und seiner gesundheit­
         riskanten Alkoholkonsums                fügbarkeit von Alkohol gibt es in Deutschland aber einige        lichen und sozialen Folgen entwickelt, ist ein kontinuier­
                                                 Regelungen im Jugendschutzgesetz sowie im Gaststät­              liches Monitoring erforderlich. Langfristig stellt dieses
Riskanter Alkoholkonsum                          tengesetz. Einzelne Länder oder Kommunen haben auch              einen wichtigen Baustein zur Überprüfung der Zielerrei­
Als Konsum riskanter Alkoholtrinkmengen          Regelungen zur Verkaufszeit von Alkohol, Konsumein­              chung von Initiativen wie des Gesundheitsziels „Alko­
wird ein Konsummuster bezeichnet, das das        schränkungen durch begründete lokale Alkoholverbots­             holkonsum reduzieren“ sowie der Wirksamkeit der
Risiko von schädlichen Konsequenzen für die
                                                 zonen oder Alkoholverbote in öffentlichen Nahverkehrs­           gesamtgesellschaftlichen Bemühungen durch verhältnis-
körperliche und psychische Gesundheit
erhöht [47]. Als riskant wird eine
                                                 mitteln verabschiedet. Insgesamt wird auf gesetzliche            und verhaltenspräventive Maßnahmen dar.
durchschnittliche, tägliche Alkohol­Trinkmenge   Regelungen im Bereich Preisgestaltung, Werbung und                   Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, anhand der Daten
von mehr als 10 – 12 g für Frauen und            Verfügbarkeit aber weitgehend verzichtet. Damit gehört           des Gesundheitsmonitorings am Robert Koch-Institut
20 – 24 g Reinalkohol für Männer definiert       Deutschland zu den europäischen Ländern, in denen ein            die Prävalenz des Konsums riskanter Alkoholtrinkmen­
[45, 48].                                        vergleichsweise hoher Alkoholkonsum mit geringen                 gen in der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland
Rauschtrinken                                    gesetzlichen Einschränkungen einhergeht [11]. Im Gesund­         darzustellen und den Zusammenhang mit wichtigen
Als Rauschtrinken (HED) wird ein
                                                 heitsziel „Alkoholkonsum reduzieren“, das in einer ersten        soziodemografischen und gesundheitsbezogenen Fakto­
mindestens einmal im Monat stattfindender
                                                 Fassung 2015 veröffentlicht wurde, sollen die Aktionsfelder      ren aufzuzeigen. Da mit den Erwachsenen-Untersu­
Konsum von 60 g oder mehr Reinalkohol zu
einer Trinkgelegenheit bezeichnet. Diese         Werbung, Preisgestaltung und Verfügbarkeit noch aufge­           chungssurveys – dem Ost/West-Survey 1991 (OW91),
Menge entspricht dem Konsum von sechs            griffen und entsprechende Ziele erarbeitet werden [12].          dem Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98) sowie
Standardgläsern alkoholischer Getränke,              Die praktische Umsetzung von Maßnahmen zur                   der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland
die jeweils etwa 10 g Reinalkohol pro Glas       Alkoholprävention erfolgt durch eine Reihe von Projek­           (DEGS 1) – die Darstellung der Entwicklung in den letz­
enthalten.                                       ten und Kampagnen. Zu nennen sind insbesondere die               ten 25 Jahren möglich ist, soll darüber hinaus die lang­
Alkoholmissbrauch (Schädlicher                   Aktivitäten der Bundeszentrale für gesundheitliche Auf­          fristige Entwicklung des riskanten Alkoholkonsums her­
Alkoholkonsum, schädlicher Gebrauch)             klärung (BZgA), beispielsweise die Kampagne „Kenn                ausgearbeitet werden. Damit stellen die vorliegenden
Alkoholmissbrauch bezeichnet ein
                                                 dein Limit“ für Erwachsene und Jugendliche und die               Auswertungen eine wichtige Ergänzung zu bereits beste­
Konsummuster, das zu physischen oder
psychischen Gesundheitsschäden führt und
                                                 Kampagne „Null Alkohol – voll Power“ mit der Zielgrup­           henden Trend­analysen dar [13 – 15].
in der Regel mit einem gewohnheitsmäßigen        pe der 12- bis 16-Jährigen sowie die nationale „Aktions­
Konsum großer Mengen Alkohol einhergeht.         woche Alkohol“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfra­           2. Methode
Nach ICD­10 wird der Alkoholmissbrauch           gen (siehe [2]). Das Alkoholpräventionsprojekt „HaLT“            2.1 Messung des Alkoholkonsums in der Bevölkerung –
(ICD­10: F10.1) diagnostisch von der             („Hart am Limit“) kombiniert Ansätze auf individueller               Datenquellen und Indikatoren
Alkoholabhängigkeit (ICD­10: F10.2) insofern
                                                 und kommunaler Ebene und richtet sich insbesondere
abgegrenzt, als dass beim Missbrauch
(noch) kein übermächtiger Konsumwunsch
                                                 an Jugendliche, die bereits wegen riskanten Alkoholkon­          Generell unterscheidet die Wissenschaft verschiedene
oder ­zwang besteht [49].                        sums auffällig geworden sind.                                    Formen gesundheitlich riskanten Alkoholkonsums und

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Journal of Health Monitoring   Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                           FOCUS

Alkoholabhängigkeit                             seiner Folgen. Zu diesen zählen der Konsum riskanter             rung detailliert zu beschreiben und nach soziodemogra­
Eine Alkoholabhängigkeit liegt dann vor, wenn   Alkoholtrinkmengen, Rauschtrinken, Alkoholmissbrauch,            fischen Merkmalen wie Alter und Geschlecht zu analy­
ein starker und oft nicht kontrollierbarer      Alkoholabhängigkeit und die Alkoholgebrauchsstörung              sieren.
Wunsch besteht, Alkohol zu konsumieren.
                                                (siehe Infobox Formen gesundheitlich riskanten Alko­                 Erfasst wird der Alkoholkonsum in bevölkerungsbezo­
Gleichzeitig besteht eine mentale
Konzentration auf den Alkoholkonsum und
                                                holkonsums). Im Rahmen ihres “Global action plan for             genen Studien durch spezielle Erhebungsinstrumente,
ein Verlust der Kontrolle über die Trinkmenge   the prevention and control of non-communicable disea­            wie beispielsweise den Alcohol Use Disorder Identifica­
[49].                                           ses” [16] sieht die WHO als Minimalset von Indikatoren           tion Test (-Consumption) (AUDIT und AUDIT-C) [17]
Alkoholstörung
       ­                                        1. den Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols bei 15-Jähri­          oder Frequenz-Mengen-Indizes, in denen die Häufigkeit
Eine Alkoholgebrauchsstörung liegt nach         gen und Älteren, 2. altersstandardisierte Prävalenzen            und Menge des Konsums spezifischer alkoholischer
DSM­5 vor, wenn eine Person bestimmte           starken Rauschtrinkens bei Jugendlichen und Erwachse­            Getränke ermittelt und in durchschnittlichen Konsum
diagnostische Kriterien erfüllt. Dazu zählen    nen und 3. die alkoholbezogene Morbidität und Morta­             von Reinalkohol in Gramm pro Tag umgerechnet wird.
beispielweise Schwierigkeiten, den
                                                lität bei Jugendlichen und Erwachsenen vor. Ergänzend            Zudem gibt es spezifische Instrumente zur Erhebung von
Alkoholkonsum zu kontrollieren, das
                                                weist die WHO darauf hin, dass diese Indikatoren ent­            substanzbezogenen Störungen (hier: Alkoholmissbrauch
Fortsetzen des Konsums trotz aus dem
Alkoholkonsum resultierender Probleme,          sprechend dem nationalen Kontext gebildet und durch              und Alkoholabhängigkeit) wie das Münchner Composite
eine Toleranzentwicklung und                    weitere Indikatoren ergänzt werden können.                       International Diagnostic Interview (M-CIDI; [18]).
Entzugssymptome oder das andauernde                 Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf
Verlangen nach Alkohol (Craving). Die           die Prävalenz des riskanten Alkoholkonsums. Ergänzen­            2.2 Einbezogene Studien
inhaltliche Überschneidung mit den              de Informationen zu dem Pro-Kopf-Konsum von Rein­
Diagnosekriterien für Alkoholmissbrauch
                                                alkohol finden sich in der Diskussion. Außerdem wer­             DEGS 1 ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des
und Alkoholabhängigkeit ist auf die
Tatsache zurückzuführen, dass mit der
                                                den in Fact sheets Informationen zu den Themen                   Robert Koch-Instituts. Studiendesign und Ziele von
Einführung des DSM­5 Missbrauch und             alkoholbezogene Mortalität, Verkehrsunfälle unter Alko­          DEGS 1 sind an anderer Stelle eingehend beschrieben
Abhängigkeit in diesem Diagnosesystem           holeinfluss und akute Alkoholvergiftungen mit stationä­          [19, 20]. DEGS 1 wurde zwischen 2008 und 2011 durch­
zur gemeinsamen Diagnose Alkoholstörung         rer Behandlung aufbereitet.                                      geführt. Zielpopulation war die in Deutschland lebende
zusammengeführt wurden.                             Zur Ermittlung des Alkoholkonsums in der Bevölke­            Wohnbevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren. DEGS 1
                                                rung besteht einerseits die Möglichkeit Daten aus der            hat ein Mischdesign, das sowohl quer- als auch längs­
                                                Verbrauchssteuerstatistik heranzuziehen, andererseits            schnittliche Analysen ermöglicht. Hierbei wurde eine
                                                können Befragungsdaten aus repräsentativen Studien               Einwohnermeldeamtsstichprobe durch ehemalige Teil­
                                                genutzt werden. Als bedeutsamster Prädiktor von alkohol­         nehmerinnen und Teilnehmer des BGS98 ergänzt. Ins­
                                                bezogenen gesundheitlichen und sozialen negativen Fol­           gesamt nahmen 8.151 Personen teil, darunter 4.192
                                                gen gilt der Pro-Kopf-Konsum alkoholischer Getränke [2].         Ersteingeladene (Response 42 %) und 3.959 ehemalige
                                                    Repräsentative Bevölkerungsbefragungen bieten die            BGS98-Probanden (Response 62 %). Die Teilnehmen­
                                                Möglichkeit, verschiedene Trinkmuster in der Bevölke­            den wurden befragt (Gesundheitsfragebogen, Ernäh­

      Journal of Health Monitoring 2016 1(1)                                                                                                                   7
Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                                                  FOCUS

                                         rungsfragebogen, ärztliches Interview, Arzneimittelinter­        abfrage. So wurde Bier in Flaschen zu 330 ml gemessen,
                                         view) und untersucht (einschließlich Laboranalysen von           Cocktails/Mischgetränke als Zahl der Getränke und
                                         Biomarkern). Für die Trendanalysen wurden zusätzlich             Hochprozentiges in Gläsern von 2 cl.
                                         die Daten des Gesundheitssurveys OW91 [21] sowie des                Aus den Häufigkeits- und Mengenangaben sowie
                                         BGS98 [22] herangezogen. Aus Gründen der Vergleich­              den Standardwerten für die mittleren Alkoholgehalte
                                         barkeit wurden in die Analysen nur die Altersgruppen             der Getränke pro Liter – Bier 38,11 g, alkoholfreies Bier
                                         25 bis 69 Jahre einbezogen. In die Auswertungen gingen           3,97 g, Wein 87,34 g, Hochprozentiges 262,02 g und
                                         Datensätze von 7.463 Personen aus dem OW91, 5.684                Cocktails/Mischgetränke 75 g – wurde die durchschnitt­
                                         Personen aus dem BGS98 und 5.305 Personen aus                    liche Alkoholmenge in Gramm pro Tag mit folgender
                                         DEGS 1 ein.                                                      Formel geschätzt:
                                                                                                                                     Häufigkeit       durchschnittliche       Alkoholgehalt
                                         2.3 Schätzung der Konsummenge reinen Alkohols                              Alkohol         in 4 Wochen   X      Menge (l)        X       (g / l)
                                                                                                            pro Getränkeart     =
                                                                                                                    (g / Tag)                             28
                                          Im DEGS 1-Ernährungsinterview wurden die Konsumhäu­
                                          figkeiten und Konsummengen von insgesamt 53 Lebens­                Zur Darstellung des Indikators „riskanter Alkohol­
                                          mittelgruppen bezogen auf die letzten vier Wochen vor           konsum“ wurde die tägliche Trinkmenge von mehr als
                                          der Erhebung erfragt. Zu diesen zählen die alkoholhalti­        10 g Reinalkohol bei Frauen bzw. 20 g Reinalkohol bei
                                          gen Getränke Bier, Wein, hochprozentige Getränke und            Männern als riskant eingestuft (siehe Infobox Formen
                                          Cocktails bzw. Mischgetränke. Zur Ermittlung der Häu­           gesundheitlich riskanten Alkoholkonsums).
                                          figkeit wurde beispielsweise die Frage gestellt „Wie oft
                                          haben Sie Wein, Sekt oder Obstwein getrunken?“. Die             2.4 Weitere Variablen
                                          Befragten konnten zwischen den Antwortmöglichkeiten
                                         „Nie“, „1 Mal im Monat“, „2 – 3 Mal im Monat“, „1 – 2 Mal        Das Gesundheitsverhalten wird häufig durch eine Viel­
                                          pro Woche“, „3 – 4 Mal pro Woche“, „5 – 6 Mal pro Woche“,       zahl von Faktoren unterschiedlicher Dimension bedingt.
                                         „1 Mal am Tag“, „2 Mal am Tag“, „3 Mal am Tag“, „4 – 5           Aufgrund dessen wurde in der vorliegenden Zusammen­
                                          Mal am Tag“ oder „Öfter als 5 mal am Tag“ wählen. Nach­         hangsanalyse neben Alter und sozioökonomischem Sta­
                                          folgend wurde die Menge mit der Frage ermittelt „Wenn           tus auch die Merkmale Gesundheitszustand (subjektive
                                          Sie Wein, Sekt oder Obstwein trinken, wie viel trinken Sie      Einschätzung), Gesundheitsverhalten (Tabakkonsum,
                                          davon meistens?“. Die Antwortmöglichkeiten waren in             sportliche Aktivität) und soziale Unterstützung berück­
                                          diesem Fall „1 Glas (125 ml), 2 Gläser, 3 Gläser, 4 Gläser,     sichtigt.
                                          5 Gläser (oder mehr)“. Bei den anderen Getränken unter­            Zur Bestimmung des sozioökonomischen Status wur­
                                          schieden sich die Antwortmöglichkeiten bei der Mengen­          de ein Index berechnet, indem die drei Statusdimensio­

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                             FOCUS

                                          nen Bildung, Beruf und Einkommen berücksichtig wer­             2.5 Statistische Analyse
                                          den [23]. Der subjektiv eingeschätzte Gesundheitszustand
                                          wurde anhand einer Frage des Minimum European                   Die Querschnitt- und Trendanalysen wurden mit einem
                                          Health Module (MEHM) erhoben: „Wie ist Ihr Gesund­              Gewichtungsfaktor durchgeführt, der Abweichungen der
                                          heitszustand im Allgemeinen?“ [24]. Die fünf Antwort­           Stichprobe von der Bevölkerungsstruktur (Stand:
                                          möglichkeiten wurden im Anschluss in die zwei Katego­           31.12.2010) hinsichtlich Alter, Geschlecht, Region und
                                          rien „sehr gut/gut“ und „mittelmäßig/schlecht“ (inkl.           Staatsangehörigkeit sowie Gemeindetyp und Bildung kor­
                                         „sehr schlecht“) zusammengefasst.                                rigiert. Alle Analysen erfolgten mit den Survey-Prozeduren
                                              Als „Raucher“ wurden in der vorliegenden Analyse            von Stata SE 14 unter Berücksichtigung der Gewichtung
                                          Personen definiert, die angaben, zurzeit täglich oder gele­     und des Clusterdesigneffekts. Die deskriptive Analyse des
                                          gentlich zu rauchen.                                            riskanten Alkoholkonsums differenziert nach weiteren
                                              Die sportliche Aktivität wurde erfasst, indem nach der      Variablen (Geschlecht, Alter, sozioökonomischer Status,
                                          Häufigkeit des Sporttreibens in den letzten drei Monaten        Erhebungszeitpunkt) erfolgte durch die Berechnung von
                                          gefragt wurde [25]. Bei der Auswahl der Kategorie „keine        Prävalenzen mit 95 %-Konfidenzintervallen. Anhand des
                                          sportliche Betätigung“ galt die Person als sportlich inak­      Pearson χ2-Tests wurden die Unterschiede im riskanten
                                          tiv und bei der Auswahl einer der anderen vier Kategorien       Alkoholkonsum zwischen Gruppen (z. B. Männer und
                                         (von „unter einer Stunde pro Woche“ bis „vier Stunden            Frauen) sowie zwischen den Erhebungszeitpunkten auf
                                          in der Woche und länger“) als sportlich aktiv.                  statistische Signifikanz (p < 0,05) geprüft. In Untergrup­
                                              Die soziale Unterstützung wurde mit der „Oslo-3-            pen wurden die 95 %-Konfidenz­intervalle herangezogen,
                                          Items-Support Scale“ (Oslo-3) gemessen [26]. Die drei           um bedeutsame Unterschiede zu identifizieren (z. B.
                                          Fragen des Instruments beziehen sich auf die Anzahl der         Unterschiede zwischen zwei Zeitpunkten in einer bestimm­
                                          Personen, auf die man sich bei ernsten persönlichen Pro­        ten Altersgruppe der Männer). Um die Effekte wichtiger
                                          blemen verlassen kann, die Einschätzung des Interesses          Faktoren, die in Zusammenhang mit riskantem Alkohol­
                                          anderer Menschen an dem, was man tut, sowie die Mög­            konsum stehen, gegeneinander zu adjustieren, wurden
                                          lichkeit praktische Hilfe von den Nachbarn zu erhalten.         multivariate Analysen (binär-logistische Regressionen)
                                          Der errechnete Gesamtpunktwert wurde in die drei Kate­          getrennt nach Geschlecht berechnet. Die abhängige Vari­
                                          gorien „geringe Unterstützung“, „mittlere Unterstüt­            able stellte der riskante Alkoholkonsum dar (Referenz­
                                          zung“ und „hohe Unterstützung“ unterteilt [27].                 gruppe: kein riskanter Alkoholkonsum) und als unabhän­
                                                                                                          gige Variablen wurden das Alter, der sozioökonomische
                                                                                                          Status, der subjektiv eingeschätzte Gesundheitszustand,
                                                                                                          der Raucherstatus, das Sporttreiben sowie die soziale
                                                                                                          Unterstützung hinzugenommen.

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                           FOCUS

                              Abbildung 1
     Prävalenz riskanten Alkoholkonsums
                     nach Alter (n = 7.006)
               Quelle: DEGS 1 2008 – 2011

                                              3. Ergebnisse                                                    Konsum nach sozioökonomischem Status: Die Präva­
                                              3.1 Häufigkeit des riskanten Alkoholkonsums und                  lenz des Risikokonsums ist bei Frauen mit einem hohen
                                                  Zusammenhangsanalyse                                         sozioökonomischen Status signifikant höher als bei
                                                                                                               Frauen aus mittleren und niedrigen Statusgruppen. Bei
13 % der Frauen und 19 %                      Die Ergebnisse von DEGS 1 zeigen, dass 13,1 % der Frau­          Männern zeigen sich diesbezüglich keine bedeutsamen
                                              en und 18,5 % der Männer durchschnittlich täglich mehr           Unterschiede (Abbildung 2).
der Männer im Alter
                                              als 10 g (Frauen) bzw. 20 g Reinalkohol (Männer) kon­               Eine multivariate Analyse zu den Zusammenhängen
zwischen 18 und 79 Jahren                     sumieren und damit tendenziell einen riskanten Konsum            zwischen riskantem Alkoholkonsum und soziodemo­
trinken in riskanten Mengen                   aufweisen. Männer konsumieren somit signifikant häu­             grafischen Faktoren, Gesundheitszustand, Gesund­
Alkohol.                                      figer Alkohol in riskanten Mengen als Frauen. Der Anteil         heitsverhalten sowie sozialer Unterstützung zeigt, dass
                                              der Männer mit riskantem Alkoholkonsum steigt mit                sich die Faktoren, die in Zusammenhang mit riskantem
                                              dem Alter an und erreicht das Maximum in der Alters­             Alkoholkonsum stehen, teilweise zwischen Frauen und
                                              gruppe 60 bis 69 Jahre. In dieser Altersgruppe weisen            Männern unterscheiden (Tabelle 1). Während bei Frauen
                                              nahezu ein Viertel der Männer einen riskanten Alkohol­           ein riskanter Alkoholkonsum in Zusammenhang mit
                                              konsum auf. Bei Frauen findet sich die niedrigste Präva­         dem Alter, dem sozioökonomischen Status und dem
                                              lenz riskanten Alkoholkonsums bei 30- bis 39-Jährigen            Tabakkonsum steht, findet sich bei Männern demgegen­
                                              und die höchste bei 50- bis 59-Jährigen (Abbildung 1).           über kein Zusammenhang mit dem sozioökonomi­
                                                  Neben den Prävalenzunterschieden nach Alter zei­             schen Status. Anders als bei Frauen ist der riskante
                                              gen sich bei Frauen deutliche Unterschiede im riskanten          Alkoholkonsum bei Männern aber mit einem besseren

    Journal of Health Monitoring 2016 1(1)                                                                                                                  10
Journal of Health Monitoring   Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                                      FOCUS

                             Abbildung 2                                                                       79 Jahre drei Mal so hoch wie für die jüngste Altersgrup­
Prävalenz riskanten Alkoholkonsums nach                                                                        pe. Darüber hinaus konsumieren Männer, die ihre
    sozioökonomischem Status (n = 6.966)                                                                       Gesundheit als sehr gut oder gut einschätzen, häufiger
                Quelle: DEGS 1 2008 – 2011
                                                                                                               im riskanten Maß Alkohol als Männer, die ihren Gesund­
                                                                                                               heitszustand als mittelmäßig oder schlecht einschätzen.
                                                                                                               Ähnlich wie bei Frauen weisen Raucher doppelt so häufig
                                                                                                               einen riskanten Alkoholkonsum auf als Nichtraucher.

                                                                                                                                                      Frauen            Männer
                                                                                                                                                OR (95 %-KI)       OR (95 %-KI)
                                                                                                                Alter
                                              selbsteingeschätzten Gesundheitszustand assoziiert.                18 – 29 Jahre                               Ref.            Ref.
                                                                                                                 30 – 39 Jahre                    0,5 (0,3 – 0,8) 1,1 (0,7 –1,8)
                                              Konkret ist die Verbreitung des riskanten Alkoholkon­              40 – 49 Jahre                     1,0 (0,7 –1,4) 1,8 (1,2 – 2,6)
                                              sums bei Frauen zwischen 30 und 39 Jahren geringer als             50 – 59 Jahre                     1,3 (0,9 –1,9) 1,8 (1,3 – 2,7)
                                              bei jüngeren Frauen. Für die anderen Altersgruppen zeigt           60 – 69 Jahre                     1,2 (0,8 –1,7) 2,7 (1,9 – 3,9)
                                              sich dagegen kein signifikanter Zusammenhang zwi­                  70 – 79 Jahre                     0,7 (0,5 –1,2) 3,1 (2,0 – 4,7)
                                              schen Alter und Alkoholkonsum. Zudem konsumieren                  Sozialstatus
                                                                                                                  niedrig                         0,5 (0,3 – 0,7) 0,8 (0,5 –1,3)
                                              Frauen mit niedrigem und mittlerem sozioökonomi­
                                                                                                                  mittel                          0,5 (0,4 – 0,7) 0,9 (0,7 –1,1)
                                              schen Status im Vergleich zu Frauen aus der hohen Sta­              hoch                                       Ref.            Ref.
                                              tusgruppe seltener im riskanten Maß Alkohol. Die                  Subj. Gesundheitszustand
                                              Zusammenhänge zwischen riskantem Alkoholkonsum,                     sehr gut/gut                     1,4 (1,0 –2,0) 1,5 (1,2 – 2,0)
                                              Alter und dem sozioökonomischen Status der Frauen                   mittelmäßig/schlecht                       Ref.            Ref.
                                                                                                                Rauchen
                                              aus der bivariaten Betrachtung können unter Berück­
                                                                                                                  ja                              1,7 (1,3 – 2,2) 2,0 (1,5 – 2,6)
                                              sichtigung weiterer Faktoren bestätigt werden. Des Wei­             nein                                       Ref.            Ref.
                                              teren weisen Raucherinnen gegenüber Nichtraucherin­               Sporttreiben
                                              nen häufiger einen riskanten Alkoholkonsum auf.                     ja                               1,3 (1,0 –1,7) 0,8 (0,6 –1,1)
                                  Tabelle 1      Bei Männern besteht unter Berücksichtigung weiterer              nein                                       Ref.            Ref.
      Zusammenhang zwischen riskantem                                                                           Soziale Unterstützung
                                              Faktoren ebenfalls ein Zusammenhang zwischen riskan­
 Alkoholkonsum und soziodemografischen                                                                            gering                           1,3 (0,8 –2,0) 0,7 (0,5 –1,0)
    sowie gesundheitsbezogenen Faktoren.
                                              tem Alkoholkonsum und dem Alter, allerdings zeigt sich
                                                                                                                  mittel                           1,0 (0,8 –1,3) 1,0 (0,8 –1,3)
Ergebnisse binär logistischer Regressionen    ein anderes Muster als bei Frauen. Die Verbreitung des              stark                                      Ref.            Ref.
       getrennt nach Geschlecht (n = 6.757)   riskanten Alkoholkonsums steigt bei Männern mit dem               OR = Odds Ratios; 95 %­KI = Konfidenzintervall; Ref. = Referenz­
                Quelle: DEGS 1 2008 – 2011    Alter kontinuierlich an und ist für die Altersgruppe 70 bis       gruppe; Fettdruck: signifikant (p < 0,05)

     Journal of Health Monitoring 2016 1(1)                                                                                                                            11
Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                            FOCUS

                                  Abbildung 3                                                                      3.2 Trends im riskanten Alkoholkonsum
Trend gesundheitsriskanten Alkoholkonsums
                   bei Frauen und Männern                                                                          Da in den früheren Untersuchungssurveys des RKI (sie­
                    (25 – 69 Jahre; n = 18.452)
                                                                                                                   he 2.2 Methode) ebenfalls Daten zur Frequenz und zur
                Quelle: OW91 (1990 – 1992),
   BGS98 (1997 – 1999), DEGS 1 (2008 – 2011)
                                                                                                                   Menge des Alkoholkonsums erhoben wurden, lässt sich
                                                                                                                   auch die zeitliche Entwicklung des riskanten Alkohol­
                                                                                                                   konsums von 1991 – 2011 für die Altersgruppe der
                                                                                                                   25- bis 69-Jährigen nachvollziehen. Hierbei zeigt sich
                                                                                                                   sowohl bei Männern als auch bei Frauen eine starke
                                                                                                                   Abnahme im riskanten Alkoholkonsum über den gesam­
 Frauen mit hohem sozio­                                                                                           ten Erhebungszeitraum. Während 1990 – 1992 jede zwei­
 ökonomischen Status haben                                                                                         te Frau und jeder zweite Mann im riskanten Maß Alko­
                                                                                                                   hol konsumierten, waren es 2008 – 2011 noch etwa jede
 ein doppelt so hohes Risiko,
                                                                                                                   siebte Frau und jeder fünfte Mann (Abbildung 3).
 in riskantem Maß Alkohol                                                                                              Die altersspezifische Analyse zeigt bei Frauen einen
 zu trinken, wie Frauen aus                                                                                        stetigen Rückgang des riskanten Alkoholkonsums in
 mittleren oder niedrigen                                                                                          allen Altersgruppen. Bei Männern bestätigt sich dieser
 Statusgruppen.                                                                                                    Trend für die Altersgruppen der 25- bis 34-Jährigen und

                                Abbildung 4
       Trend gesundheitsriskanten Alkohol­
        konsums bei Frauen und Männern
         (25 – 69 Jahre) nach Altersgruppen
                                 (n = 18.452)
                 Quelle: OW91 (1990 – 1992),
   BGS98 (1997 – 1999), DEGS 1 (2008 – 2011)

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                            FOCUS

                                             der 35- bis 44-Jährigen. Für Männer in den höheren               schen 18 und 64 Jahren erfasst werden. Die Ergebnisse
                                             Altersgruppen (45 – 54 und 55 – 69 Jahre) konnte eben­           aus DEGS 1 dürfen vor diesem Hintergrund als belastbar
                                             falls ein Rückgang des riskanten Alkoholkonsums von              angesehen werden.
                                             1990 – 1992 zu 1997 – 1999 festgestellt werden. Im Zeit­             Die DEGS 1-Daten zeigen zudem, dass bei Männern
                                             raum von 1997 – 1999 zu 2008 –20 11 zeichnet sich für            die Konsumprävalenzen in den Altersgruppen 60 bis 69
                                             45- bis 54-jährige Männer jedoch lediglich ein leichter          Jahre und 70 bis 79 Jahre am höchsten sind. Die Alters­
                                             Rückgang ab, während bei 55- bis 69-jährigen Männern             gruppe der 18- bis 29-jährigen Männer weist dagegen
                                             die Höhe des Anteils der Risikokonsumenten zwischen              relativ niedrige Prävalenzen auf. Darin unterscheiden
                                             diesen beiden Zeitpunkten stagniert (Abbildung 4).               sich die DEGS-Daten von anderen deutschen Studiener­
                                                                                                              gebnissen. So weisen die Daten aus dem Alkoholsurvey
                                             4. Diskussion                                                    2012 der BZgA für die Altersgruppe der 18- bis 25-jähri­
                                                                                                              gen Männer Werte von 19,2 % für den riskanten Kon­
                                             13,1 % der Frauen und 18,5 % der Männer im Alter zwi­            sum aus [29]. Die niedrigen Prävalenzen von Frauen im
Der Anteil der Risiko­                       schen 18 und 79 Jahren konsumieren durchschnittlich              Alter zwischen 30 und 39 Jahren treten übereinstim­
konsumierenden steigt bei                    täglich mehr als 10 g (Frauen) bzw. 20 g Reinalkohol             mend bei DEGS 1 und ESA auf und sind wahrscheinlich,
Männern mit dem Alter an,                    (Männer) und weisen damit tendenziell einen riskanten            neben Schwangerschaft und Stillzeit, durch den gerin­
bei Frauen ist der Anteil in                 Konsum auf. Bei der Interpretation der Daten ist zu              geren Alkoholkonsum von Müttern begründet [30].
                                             berücksichtigen, dass es bei Selbstangaben zum Alko­             Ebenfalls übereinstimmend mit allen anderen Studien
der Altersgruppe 50 bis 59                   holkonsum zu Untererfassung kommen kann, da die                  finden sich in DEGS 1 generell höhere Anteile von Män­
Jahre am höchsten.                           Befragten im Hinblick auf ihr tatsächliches Trinkverhal­         nern mit Risikokonsum im Vergleich zu Frauen. Erklärt
                                             ten häufig zu sozial erwünschtem Antwortverhalten nei­           wird diese Differenz zwischen den Geschlechtern unter
                                             gen. Gleichwohl zeigen alle repräsentativen deutschen            anderem mit einem anderen habituellen Trinkverhalten
                                             Datenquellen Prävalenzen riskanter Alkoholtrinkmengen            von Frauen und stärkeren sozialen Sanktionen gegen­
                                             in vergleichbarer Höhe. So sind die Ergebnisse von               über Frauen bei abweichendem Verhalten [31].
                                             DEGS 1 vergleichbar mit jenen aus dem Epidemiologi­                  Die Prävalenz des Risikokonsums nach AUDIT-C
                                             schen Suchtsurvey (ESA) 2012. Unter den Befragten die­           liegt mit 25,6 % für Frauen und 41,6 % für Männer deut­
                                             ser Studie konsumieren 12,8 % der Frauen und 15,6 %              lich höher als die Prävalenz unter Verwendung des Men­
                                             der Männer im Alter zwischen 18 und 64 Jahren Alkohol            gen-Frequenz-Index [32]. Dabei ist zu berücksichtigen,
                                             in riskanten Mengen [28]. Bei diesem Vergleich ist zu            dass der AUDIT-C mit den in DEGS 1 verwendeten
                                             berücksichtigen, dass die Grenzwerte für riskanten Kon­          Grenz­werten auch zum Screening missbräuchlichen
                                             sum in ESA bei 12 g (Frauen) bzw. 24 g (Männer) Rein­            und abhängigen Alkoholkonsums eingesetzt werden
                                             alkohol pro Tag liegen und nur die Altersgruppen zwi­            kann und zudem Angaben zum episodischen Rausch­

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                             FOCUS

                                             trinken enthält [33]. Ferner bezieht er sich nicht auf den       nommen erhöhen diese Faktoren das Risiko für Erkran­
                                             Konsum der letzten vier Wochen, sondern erfragt das              kungen und alkoholbedingte Schäden wie Unfälle und
                                             Trinkverhalten im Allgemeinen.                                   Verletzungen. Eine Metaanalyse unter Einbeziehung der
                                                 Die Stratifizierung nach sozioökonomischem Status            Daten von 25 Ländern zeigt, dass Frauen und Männer
                                             zeigt einen Gradienten bei Frauen dahingehend, dass in           mit niedriger Bildung ein größeres Risiko für alkoholbe­
                                             der hohen Statusgruppe die höchste Prävalenz von                 dingte Schäden haben, auch nach Berücksichtigung der
                                             Risiko­konsum zu finden ist. Bei Männern ist dies nicht          unterschiedlichen Trinkmuster. Die Tatsache, dass Pro­
                                             zu beobachten. Ein vergleichbares Ergebnis zeigte sich           bleme bei niedrig gebildeten Personen deutlich sicht­
                                             bereits bei Auswertungen des BGS98 [34]. Des Weiteren            barer werden als bei höher gebildeten, wird mit unter­
                                             bestätigen internationale Studien, dass Frauen mit               schiedlichen sozialen und umweltbedingten Ressourcen
                                             höherem Bildungsniveau eher in riskanten Mengen                  in der Bewältigung von Stress oder anderen Problemen
                                             Alkohol trinken als Frauen mit niedrigerem Bildungs­             in Zusammenhang gebracht [39].
                                             niveau, während dieser Zusammenhang für Männer                      Die Ergebnisse der Regressionsanalyse deuten darauf
Auch der Pro-Kopf-Rein­                      nicht besteht [35, 36]. Möglicherweise orientieren sich          hin, dass Männer, die ihren Gesundheitszustand als
alkoholkonsum der über                       Frauen mit höherem sozioökonomischem Status weni­                sehr gut bis gut bewerten, unabhängig ihres Alters,
14-Jährigen ist seit 1990                    ger an traditionellen Rollenbildern als Frauen aus nied­         sozio­ökonomischen Status und weiteren Gesundheits­
gesunken. Gleichwohl liegt                   rigeren Statusgruppen. Analysen aus Ländern mit nied­            verhaltens, vermehrt im riskanten Maße Alkohol trinken.
                                             rigem oder mittlerem Einkommen weisen darauf hin,                Tendenziell ist dieser Zusammenhang auch bei Frauen
er weiterhin über dem                        dass hier vor allem bezahlte Erwerbsarbeit von Frauen            zu sehen. Vermutlich achten Personen, die ihren
Durchschnitt der                             mit riskantem Alkoholkonsum korreliert ist [37].                 Gesundheitszustand als sehr gut bis gut empfinden,
EU-Mitgliedsstaaten.                             Die Auswirkungen riskanter Alkoholtrinkmengen                weniger häufiger auf einen maßvollen Alkoholgenuss
                                             sind allerdings nicht in allen Statusgruppen gleich gra­         als Personen, die sich gesundheitlich beeinträchtigt füh­
                                             vierend: Internationale Studien zeigen, dass ein gleich          len. Ein positiver Zusammenhang zwischen dem selbst­
                                             hoher Alkoholkonsum in benachteiligten Gruppen zu                eingeschätzten Gesundheitszustand und riskantem
                                             mehr gesundheitlichem Schaden führte als in privile­             Alkoholkonsum konnte auch in weiteren Studien bestä­
                                             gierten Gruppen. Dieses “alcohol harm paradox” wird              tigt werden [40].
                                             unter anderem damit erklärt, dass in benachteiligten                 Ferner belegen die Ergebnisse der Regressionsana­
                                             Gruppen gesundheitliche Risiken wie Rauchen, Überge­             lyse den Zusammenhang zwischen Rauchen und Alko­
                                             wicht, schlechte Ernährung und fehlende körperliche              holkonsum, unabhängig vom Alter, sozioökonomischen
                                             Aktivität häufiger in Kombination vorliegen und die              Status und Gesundheitszustand. Zwei Ansätze schei­
                                             Betroffenen zudem eine höhere Prävalenz beim episo­              nen geeignet diesen Zusammenhang zu erklären: Einer­
                                             dischen Rauschtrinken aufweisen [38]. Zusammenge­                seits scheinen Rauchende geneigter, auch in höheren

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                            FOCUS

                                         Mengen Alkohol zu trinken. Andererseits ermöglichen              14,5 Liter auf 11,6 Liter Reinalkohol im Jahr 2014 abge­
                                         Situationen, in denen Alkohol getrunken wird, meist              nommen. Dieser Rückgang ist vor allem einem verrin­
                                         auch, dass bei dieser Gelegenheit geraucht wird [41]. Da         gerten Bierkonsum zuzuschreiben. Der Konsum von
                                         ein Verbot des Rauchens in Bars und Kneipen bisher               Wein und Branntwein hat sich nur unwesentlich verän­
                                         nicht flächendeckend eingeführt wurde, ist dieser                dert [44].
                                         Zusammenhang für Deutschland nach wie vor gültig.                    Auch wenn die Trendanalysen also insgesamt einen
                                         Nicht zuletzt weil Alkohol- und Tabakkonsum zusam­               rückläufigen Alkoholkonsum in der Bevölkerung nahe­
                                         men das Risiko späterer Morbidität und Mortalität erhö­          legen, liegt Deutschland im internationalen Vergleich
                                         hen [42, 43], sollte im Rahmen von Gesundheitsförde­             gemessen an dem Pro-Kopf-Konsum von Reinalkohol
                                         rungs- und Präventionsmaßnahmen nicht ein einzelnes              der 15-jährigen und älteren Bevölkerung über dem
                                         Gesundheitsverhalten isoliert adressiert werden, son­            Durchschnitt der EU-Mitgliedsstaaten [2]. Die steigen­
                                         dern insgesamt die Förderung eines gesunden Lebens­              den Raten riskanten Alkoholkonsums bei jungen Frauen
                                         stils in den Blick genommen werden.                              [15] sowie die stagnierenden Rückgänge riskanten Alko­
                                             Die Ergebnisse der Trendanalyse belegen einen star­          holkonsums bei Männern zwischen 45 und 69 Jahren
                                         ken Rückgang des Konsums riskanter Alkoholtrinkmen­              geben Hinweise auf spezielle Zielgruppen für Gesund­
                                         gen zwischen 1990 – 1992 und 2008 – 2011, bei Män­               heitsförderung und Prävention. Zudem ist zu berück­
                                         nern von 52,6 % auf 18,3 %, bei Frauen von 50,9 % auf            sichtigen, dass auch ein erheblicher Teil der Personen,
                                         13,6 % (bezogen auf die 25- bis 69-jährige Bevölkerung).         die durchschnittlich weniger als 10 g (Frauen) bzw. 20 g
                                         Analog zu DEGS 1 belegen die Trendanalysen der                   Reinalkohol (Männer) pro Tag konsumieren, problema­
                                         ESA-Daten ebenfalls einen Rückgang riskanten Kon­                tischen Alkoholkonsum, insbesondere Rauschtrinken,
                                         sums (Altersgruppe 18 bis 59 Jahre) zwischen 1995 und            aufweisen können, und durch spezifische Präventions­
                                         2012 [14]. Schließlich zeigen die regelmäßig erhobenen           maßnahmen erreicht werden sollten. Neben einer
                                         Wellen des Alkoholsurveys der BZgA, dass in den ver­             konse­quenten Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbe­
                                         gangenen Jahren bei jungen Männern im Alter zwischen             dingungen, der Befolgung des Konzepts der Punktnüch­
                                         18 und 25 Jahren die Prävalenz riskanten Alkoholkon­             ternheit in Schwangerschaft und Stillzeit, am Arbeits­
                                         sums zurückgegangen ist. Der Anteil der 18- bis 25-jäh­          platz, im Straßenverkehr und beim Sport, sollten
                                         rigen Frauen, die gesundheitlich riskante Alkoholmen­            weitere Optionen entwickelt werden, auf gesellschaft­
                                         gen trinken, nimmt hingegen seit 2011 wieder zu [15].            licher Ebene den Alkoholkonsum zu reduzieren. Dazu
                                             Insgesamt zeigt sich der Rückgang des Alkoholkon­            gehören eine Überprüfung der Möglichkeiten von Preis­
                                         sums nicht nur in Bevölkerungsstudien sondern auch               gestaltung und Regelungen zur Verfügbarkeit von Alko­
                                         in den Verbrauchsstatistiken: Seit 1991 hat der jährliche        hol, eine Steigerung des Problembewusstseins in Politik
                                         Pro-Kopf-Konsum der Bevölkerung über 14 Jahre von                und Gesellschaft sowie die Förderung einer Kultur des

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Journal of Health Monitoring   Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                                   FOCUS

                                               „Hinschauens“ und eines alkoholfreien oder risiko­                     Propagierung eines verantwortungsvollen Umgangs mit
Infobox: Risikoarmer Alkoholkonsum.             armen Konsumverhaltens in verschiedenen Lebenspha­                    alkoho­lischen Getränken ein sinnvoller Ansatzpunkt. Für
Bewusst genießen, im Limit bleiben.             sen und Lebenswelten. Schließlich sollten Früherken­                  einen risikoarmen Genuss ist dabei eine Orientierung an
                                                nung und Frühintervention ausgebaut sowie die                         Grenzwerten sinnvoll, die für gesunde Erwachsene
8 Tipps für einen gesundheitsbewussten
                                                Unterstützung suchtbelasteter Familien und ihrer Kinder               formuliert wurden [45]. Als Präventionsbotschaften sind
Alkoholkonsum
                                                gewährleistet sein.                                                   diese Empfehlungen Teil der Kampagne „Kenn dein
1. 	Als Frau sollten Sie maximal ein              Um eine Reduzierung des Alkoholkonsums in der                      Limit“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Auf­
    Standardglas Alkohol pro Tag trinken,       Bevölkerung erreichen zu können, ist daher auch die                   klärung (siehe Infobox Risikoarmer Alkoholkonsum).
    als Mann maximal 2 Standardgläser pro
    Tag.
2. 	Verzichten Sie an mindestens 2 Tagen
    pro Woche ganz auf Alkohol.                                                              BEISPIELE FÜR STANDARDGETRÄNKE
3. 	Vermeiden Sie es, sich zu betrinken.
4. 	Verzichten Sie auf Alkohol am
    Arbeitsplatz, im Straßenverkehr und
    beim Sport.
5. 	Kein Alkohol in der Schwangerschaft
    und Stillzeit.
6. 	Geben Sie Kindern keinen Alkohol und                                0,25 l Bier: 10 g      0,1 l Wein: 9 g          0,1 l Sekt: 9 g      0,04 l Schnaps: 11 g
    kontrollieren Sie den Alkoholkonsum                                     4,8 % vol.              11 % vol.               11 % vol.               33 % vol.
    von Jugendlichen.                                                             Die Menge an reinem Alkohol, die man zu sich nimmt, wird oft unterschätzt.
7. 	Achten Sie als älterer Mensch
    besonders auf Ihren Alkoholkonsum.
8. 	Vermeiden Sie es, Alkohol und
    Medikamente miteinander zu
    kombinieren und klären Sie, wann Ihre
                                                                            SCHWELLENWERT ZUM RISKANTEN ALKOHOLKOMSUM IN G/TAG
    Gesundheit Ihnen verbietet, Alkohol zu
    trinken.

  http://www.kenn-dein-limit.de                                                                        10 – 12 g       20 – 24 g

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Journal of Health Monitoring    Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen                                     FOCUS

                                         Literatur                                                          8. World Health Organization (2010) Global strategy to reduce
                                                                                                               the harmful use of alcohol. World Health Organization Geneva
                                         1.   World Health Organization (2014) Global status report on
                                              alcohol and health.                                           9. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2006)
                                                                                                               Mitteilung der Kommision an den Rat, das Europäische
                                         2. Robert Koch-Institut (2015) Gesundheit in Deutschland.             Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialaus­
                                            Gesundheitsberichterstattung des Bundes Gemeinsam                  schuss und den Ausschuss der Regionen. Eine EU-Strate­
                                            getragen von RKI und Destatis Berlin. http://www.rki.de/           gie zur Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Verrin­
                                            gesundheitsbericht (Stand: 30.08.2016)                             gerung alkoholbedingter Schäden.

                                         3.   Statistisches Bundesamt (2016) Sterbefälle, Sterbeziffern     10. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (2012) Natio­
                                              (je 100.000 Einwohner, altersstandardisiert) (ab 1998).           nale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik.
                                              Gliederungsmerkmale: Jahre, Region, Alter, Geschlecht,
                                              Nationalität, ICD-10, Art der Standardisierung. http://www.   11. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (2016) Jahr­
                                              gbe-bund.de (Stand: 30.08.2016)                                   buch Sucht 2016.

                                         4.   World Health Organization (2015) Alcohol Fact sheet.          12. Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestal­
                                              http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs349/en/               tung e. V. (2015) Nationales Gesundheitsziel „Alkoholkon­
                                              (Stand: 30.08.2016)                                               sum reduzieren“. Gesundheitsziele. de. Kooperationsver­
                                                                                                                bund zur Weiterentwicklung des nationalen
                                         5.   Institute for Health Metrics and Evaluation (2016) Global         Gesundheitszieleprozesses.
                                              Burden of Disease, GBD Compare, data vizualization.
                                              http://ihmeuw.org/3u0o (Stand: 14.07.2016)                    13. Kraus L, Pabst A, Piontek D et al. (2015) Temporal Chan­
                                                                                                                ges in Alcohol-Related Morbidity and Mortality in Germany.
                                         6. Effertz T (2015) Die volkswirtschaftlichen Kosten gefährli­         Eur Addict Res 21(5):262-272
                                            chen Konsums. Eine theoretische und empirische Analyse
                                            für Deutschland am Beispiel Alkohol, Tabak und Adipo­           14. Kraus L, Pabst A, Gomes de Matos E et al. (2014) Kurzbe­
                                            sitas. Peter Lang, Frankfurt am Main                                richt Epidemiologischer Suchtsurvey. Tabellenband: Trends
                                                                                                                der Prävalenz des Alkoholkonsums, episodischen Rausch­
                                         7.   World Health Organization Regional Office for Europe              trinkens und alkoholbezogener Störungen nach Geschlecht
                                              (2012) European action plan to reduce the harmful use of          und Alter 1997 – 2012. IFT Institut für Therapieforschung,
                                              alcohol 2012 – 2020. Copenhagen                                   München

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