Ausbildung junger Menschen aus Drittstaaten - Chancen zur Gewinnung künftiger Fachkräfte für die Pflegewirtschaft
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Ausbildung junger Menschen aus Drittstaaten Chancen zur Gewinnung künftiger Fachkräfte für die Pflegewirtschaft
Impressum Herausgeber Das Bundesministerium für Wirtschaft und Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Energie ist mit dem audit berufundfamilie® Öffentlichkeitsarbeit für seine familienfreundliche Personalpolitik 11019 Berlin ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von www.bmwi.de der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. Redaktion Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Gestaltung und Produktion PRpetuum GmbH, München Stand August 2014 Druck schöne drucksachen GmbH, Berlin Bildnachweis Alle Fotos Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Diese und weitere Broschüren erhalten Sie bei: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Referat Öffentlichkeitsarbeit Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. E-Mail: publikationen@bundesregierung.de Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum www.bmwi.de Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen Zentraler Bestellservice: der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Telefon: 030 182722721 Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln. Bestellfax: 030 18102722721
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fachkräftesicherung: Breites Maßnahmenpaket der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Mehr Pflegebedürftige, weniger Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Ausbildung – eine Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Mit „triple win“ gewinnen alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 FairMittlung – Partnerschaftliche Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Herausforderungen und Stärken: Der Standort Deutschland im Fachkräftewettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Vietnam: Partnerland für Ausbildungspilotprojekt in der Altenpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Pflegeausbildung und gesellschaftliche Integration für junge Vietnamesinnen und Vietnamesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Checkliste für Ausbildungsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Ausblick: In die Zukunft mit Kooperationen und festen Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3 Vorwort Nach Expertenschätzung wird im Zuge des demografischen Wandels die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von derzeit ca. 2,3 Millionen bis 2030 auf rund 3,4 Millionen steigen. Bereits jetzt konstatieren die Wohlfahrtsverbände und die Bundesagentur für Arbeit einen gravierenden Mangel an examinierten Altenpflegern und warnen vor einem akuten Pflegenotstand. Dieser Mangel kann mittel- und langfristig weder durch einheimische Kräfte noch durch Arbeitskräfte aus EU-Mitgliedstaaten gedeckt werden. Die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten wird nicht nur für Deutschland, sondern für viele Länder mit ähnlicher demografischer Entwicklung in naher Zukunft unum gänglich sein. Vor diesem Hintergrund fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein Modellvorhaben, welches wir Ihnen in dieser Broschüre vorstellen: Seit Ende 2013 durchlaufen rund 100 junge Menschen aus Vietnam eine Altenpflegeausbildung in Deutschland. Durch ein umfassendes Angebot zur Begleitung der Teilnehmenden (u. a. durch Regionalkoordinatoren, viet namesische Mentoren, interkulturelles Training) wird sichergestellt, dass die Pflegekräfte optimal integriert werden und sie die deutschen Pflegestandards von Grund auf erlernen. Die Erkenntnisse aus dem Pilotvorhaben sollen der Pflege- wirtschaft als Modell zur Anwerbung ausländischer Aus zubildender dienen. Auch für andere Branchen gibt es einen Überblick über Chancen und Hemmnisse von Per sonalrekrutierung aus Drittstaaten für eine Ausbildung in Deutschland. Sigmar Gabriel Bundesminister für Wirtschaft und Energie
5 Einleitung Tung Nguyen ist 25 Jahre alt und stammt aus einem weiß auch der junge Vietnamese: „Pflege ist vor allem kleinen Ort in der Nähe der vietnamesischen Hauptstadt Kommunikation. Ich werde meine Deutschkenntnisse Hanoi. Seit 2013 lebt der junge Mann in Stuttgart. Der stetig verbessern. So kann ich mein soziales Umfeld auf- akute Fachkräftemangel, der besonders den Pflegesektor in bauen und die mir anvertrauten alten Menschen best Deutschland betrifft, hat ihm die Tür zu einer pflegerischen möglich pflegen und betreuen.“ Ausbildung in Deutschland geöffnet. Für Fachkräfte wie Herrn Nguyen, die in ihrem Heimatland bereits einen Beruf Damit schließt sich der Kreis. Eine gesteuerte, gut vorberei- erlernt haben, gibt es zwei Möglichkeiten: Sie absolvieren tete und durchgeführte Zuwanderung ist für alle Seiten ein eine Ausbildung nach deutschem Standard oder sie lassen Gewinn (vergleiche Seite 15 [triple win]): Junge Menschen sich ihre im Ausland erworbene Qualifikation in Deutsch- wie Tung Nguyen bekommen langfristige berufliche Pers- land anerkennen. pektiven in Deutschland. Vietnam kann seinen Arbeitskräfte- überschuss durch gezielte Abwanderung verringern und „Für mich war die erneute Ausbildung der bessere Weg“, der deutsche Pflegesektor gewinnt neue, qualifizierte Arbeits- sagt Herr Nguyen. „Ich werde gut betreut und kann mich kräfte. Vietnam profitiert zusätzlich durch den Know-how- Schritt für Schritt in die deutsche Gesellschaft integrieren. Transfer. Schließlich profitieren ältere Menschen wie Frau Deutschland ist ein hoch entwickeltes Land mit guten Müller von engagierten ausländischen Pflegefachkräften. beruflichen Perspektiven und einer interessanten Kultur Derzeit sind die jungen Auszubildenden in Pflegeeinrich- und Geschichte. Als ich von Kollegen von der Ausbildungs tungen in Bayern, Berlin, Baden-Württemberg und Nieder- möglichkeit in Deutschland hörte, stand für mich schnell sachsen beschäftigt. Sie kümmern sich um die körperli- fest, dass ich mich hier bewerben würde.“ chen, aber auch seelischen Belange und behalten das individuelle Wohlergehen der Heimbewohner im Blick. Das Projekt „Ausbildung von Arbeitskräften aus Vietnam „Für mich war die Entscheidung richtig, ich habe sie nicht zu Pflegefachkräften“ wird im Auftrag des Bundesminis bereut“, meint Herr Nguyen. „Mein Beruf macht mir teriums für Wirtschaft und Energie durch die Deutsche Freude, weil ich ältere Leute mit all ihrer Lebenserfahrung Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) schätze, ihnen täglich helfen kann und gern mit ihnen GmbH in Kooperation mit der Zentralen Auslands- und umgehe.“ Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) umgesetzt. Es ist ab Seite 20 beschrieben und geht auf die Das in dieser Broschüre vorgestellte Projekt ist ein Modell- „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ vorhaben, das in der deutschen Pflegelandschaft – und viel- der Bundesregierung zurück. leicht auch einmal darüber hinaus – ausgeweitet werden kann und soll. Interessierte Einrichtungen sind eingeladen, Vietnam, das Heimatland von Tung Nguyen, ist aus ver- sich umfassend zu informieren. Alle praktischen Anforde- schiedenen Gründen als Partnerland ausgewählt worden rungen und Schritte für die Ausbildung einer jungen, moti- (Seite 19). Vor allem sollen dort durch die Abwanderung vierten Fachkraft wie Herrn Nguyen und die spätere Ein- von Fachkräften wie Herrn Nguyen keine Probleme stellung als fertige Pflegefachkraft sind darum auf Seite 25 verursacht werden: Faire Vermittlungsbedingungen für in einer „Checkliste“ übersichtlich zusammengestellt. alle beteiligten Länder und Menschen stehen im beson deren Fokus des Vorhabens. Das erfahren auch die vietna- mesischen Auszubildenden: „Ich werde genauso bezahlt und finde die gleichen Arbeitsbedingungen vor wie meine deutschen Kollegen“, erzählt Herr Nguyen. Doch er hätte sich auch für ein anderes westliches Land entscheiden können, denn Deutschland steht bei der Anwerbung migrationswilliger Arbeitskräfte auch in einem Wettbewerb, der für Deutschland Vor-, aber auch Nachteile in sich birgt (Seite 18). Eine Herausforderung und gleich zeitig der wichtigste Schlüssel für Integration und beruf lichen Erfolg ist die Beherrschung der deutschen Sprache,
7 Fachkräftesicherung: Ein breites Maßnahmenpaket der Bundesregierung Aktive Unterstützung von Unternehmen und Arbeitnehmern Der Anteil der Erwerbstätigen an der Fachkräftesicherung – ein wichtiger Bevölkerung nimmt beständig ab Aspekt der Demografiestrategie Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes wird die Die Bundesregierung hat bereits 2011 ein Konzept zur Einwohnerzahl Deutschlands bis zum Jahr 2060 von derzeit Fachkräftesicherung vorgelegt. Das Konzept zeigt Möglich- rund 80 Millionen auf 70 Millionen zurückgehen. Gleich- keiten auf, wie zusätzliche Fachkräftepotenziale genutzt zeitig verändert sich das Verhältnis von jüngeren zu älteren werden können. Im Inland richtet sich der Blick insbeson- Menschen signifikant: Während die Zahl der Erwerbstätigen dere auf Frauen, Ältere, Langzeitarbeitslose, Menschen mit in der Bevölkerungsgruppe zwischen 20 und 60 Jahren um Migrationshintergrund und Jugendliche ohne Ausbildung mehr als 20 Prozent abnehmen wird, steigt der Anteil der sowie Menschen mit Behinderung. über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung von heute knapp über 25 auf dann 39 Prozent (siehe Grafik). Die Gruppe der über 80-Jährigen wird sich von heute rund vier Millionen Engpässe durch Fachkräfte aus dem auf zehn Millionen Menschen im Jahr 2050 nahezu ver Ausland schließen dreifachen. Nach Schätzungen des Instituts für Arbeits- markt- und Berufsforschung (IAB) würde unser Erwerbs- Ergänzend dazu steht die Gewinnung internationaler personenpotenzial bis 2025 um rund sechs Millionen Fachkräfte im Fokus. Denn schon heute ist klar: Um den Menschen abnehmen, wenn keine zusätzlichen Potenziale Fachkräftebedarf in Deutschland mittel- und langfristig erschlossen werden.1 zu sichern, reichen die hiesigen Arbeitskräfte nicht aus. Deutschland braucht auch gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland, um die Nachfrage auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu decken. Bevölkerungsentwicklung und Altersstruktur Bevölkerung in absoluten Zahlen Anteilen der Altergruppe 60 Jahre und älter 20 bis unter 60 Jahre und unter 20 Jahre in Prozent, 1960 bis 2060* in Mio. 82,3 81,8 80,4 80 78,1 78,4 79,8 23,6% 79,0 26,3% 30,5% 76,8 19,4% 20,4% 36,2% 73,1 20,0% 37,3% 73,6 *Stand bis einschließlich 17,4% 38,9% 70,1 70 2010: 2012, Stand Bevölke- 39,2% rungsvorausberechnug: 60 50,0% 53,9% 57,9% 55,3% Ende 2009. Bei der Bevöl- 54,2% 55,3% kerungsvorausberechnug 52,4% wird eine annähernd kons- 50 47,1% tante Geburtenhäufigkeit, 46,6% 45,5% ein moderater Anstieg der 40 45,1% Lebenserwartung sowie ein positiver Wanderungs- 30 saldo von 200.000 Personen pro Jahr ab 2020 angenom- 30,0% men. 20 28,4% 26,8% 21,5% 21,1% 18,4% Quelle: Statistisches Bundesamt: 10 17,0% 16,7% 16,1% Lange Reihen: 12. koordinierte 15,6% 15,7% Bevölkerungsvorausberechnung Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de 0 Bundeszentrale für politische 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060 Bildung, 2012, www.bpb.de 1B rücker, Herbert (2010): Zuwanderungsbedarf und politische Optionen für die Reform des Zuwanderungsrechts, Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB
8 FA C H K R Ä F T E S I C H E R U N G : B R E I T E S M A S S N A H M E N - PA K E T D E R B U N D E S R E G I E R U N G Die Fachkräfte-Offensive Besondere Unterstützung für kleine und mittelgroße Unternehmen Die gemeinsame Fachkräfte-Offensive des Bundesministe- riums für Wirtschaft und Energie, des Bundesministeriums Zentrales Anliegen des Bundesministeriums für Wirtschaft für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit und Energie (BMWi) ist die Sensibilisierung kleiner und unterstützt das Fachkräftekonzept der Bundesregierung. mittlerer Unternehmen (KMU) für eine zukunftsorientierte Personalpolitik. Sie sollen die bisher ungenutzten Potenziale Zwei Internetportale sind zentraler Teil der Offensive: im In- und Ausland stärker als bisher ins Blickfeld nehmen. Das Portal zur Fachkräfte-Offensive (www.fachkraefte- XX Doch den KMU fehlen vielfach die Ressourcen, um sich offensive.de) bündelt nützliche Informationsangebote intensiv um die Rekrutierung der benötigten Fachkräfte zu und Tipps für inländische Fachkräfte und Unternehmen. kümmern. Zu ihrer Unterstützung hat das Bundesministe- rium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Kompetenz- „Make it in Germany“ (www.make-it-in-germany.com) XX zentrum für Fachkräftesicherung (www.kompetenzzent- ist das mehrsprachige Willkommensportal für internati- rum-fachkraeftesicherung.de) eingerichtet. Es bietet onale Fachkräfte. Es wird vom Bundesministerium für praxisnahe Handlungsempfehlungen an, stellt Beispiele Wirtschaft und Energie umgesetzt. Mit dem Portal sol- guter Praxis anderer KMU vor und bereitet relevante len Fachkräfte aus der ganzen Welt für eine berufliche Informationen rund um das Thema Fachkräftesicherung Laufbahn in Deutschland begeistert werden. „Make it in KMU-gerecht auf. Germany“ informiert zuwanderungsinteressierte Fach- kräfte über ihre Karrierechancen und zeigt, wie sie Um KMU anzuregen, vermehrt auch Fachkräfte aus dem erfolgreich ihren Weg nach Deutschland gestalten kön- Ausland für ihr Unternehmen zu gewinnen, schreibt das nen – und warum es sich lohnt, hier zu leben und zu Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen arbeiten. Das Portal enthält aktuelle Jobangebote in Eng- Unternehmenspreis für eine erfolgreiche Willkommens- passberufen und Informationen darüber, in welchen kultur in KMU aus. So werden erfolgreiche Beispiele aus Branchen Fachkräfte gesucht werden. Zudem stellen der deutschen Wirtschaft öffentlich gemacht und erhalten sich internationale Fachkräfte vor, die bereits erfolgreich eine Vorbildwirkung für andere Unternehmen. Zu den in Deutschland Karriere machen. Arbeitgeber in ersten Preisträgern zählte auch ein Unternehmen aus der Deutschland erhalten Tipps bei der Rekrutierung inter- Pflegewirtschaft. nationaler Fachkräfte. Zuwanderungsinteressierten Fachkräften aus Indien, Indo- „Jedes Alter zählt“ – Den demografischen nesien und Vietnam bietet „Make it in Germany“ im Rah- Wandel aktiv gestalten men von Pilotprojekten vor Ort seit Anfang 2013 ein umfangreiches Beratungs- und Informationsangebot. Im Die Demografiestrategie „Jedes Alter zählt“ ist die Grund- Rahmen dessen gibt es für kleine und mittlere Unternehmen lage für den von der Bundesregierung eingeleiteten in Deutschland ein kostenloses Rekrutierungs- und Ver- übergreifenden Dialog-Prozess zur Gestaltung des demo mittlungsangebot. grafischen Wandels. Daran beteiligen sich Vertreter der Länder und Kommunen, der Sozialpartner und Verbände, der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sowie Bürgerinnen und Bürger. Ein wichtiger Aspekt der Demografiestrategie der Bundes- regierung ist die Fachkräftesicherung. Im Rahmen des darin vorgesehenen Dialogprozesses setzen sich drei Arbeitsgruppen explizit damit auseinander. Das Bundes ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) leitet gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handels- kammertag (DIHK) die Arbeitsgruppe „Ausländisches
FA C H K R Ä F T E S I C H E R U N G : B R E I T E S M A S S N A H M E N - PA K E T D E R B U N D E S R E G I E R U N G 9 Arbeitskräftepotenzial erschließen und Willkommens Informationsportale im Internet kultur schaffen“. Ziel ist es, die Bereitschaft von KMU, inter- nationale Fachkräfte zu gewinnen und zu integrieren, Das Informationsportal „Anerkennung in Deutschland“ zu steigern, die Willkommenskultur in Verwaltung, Unter (www.anerkennung-in-deutschland.de) bietet außerdem nehmen und Gesellschaft zu fördern und ausländische aktuelle Informationen über rechtliche Grundlagen Studierende bzw. Auszubildende für Deutschland zu gewin- und Verfahren der beruflichen Anerkennung und hilft nen. bei der Suche nach der zuständigen Stelle. Als komplementäre Maßnahme zum Anerkennungsgesetz Verbesserte Rahmenbedingungen für die fördert das BMWi das BQ-Portal – das Informationsportal Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse für ausländische Berufsqualifikationen (www.bq-portal.de). Damit erhalten die zuständigen Stellen ein Arbeitsinstru- Auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ment, das durch länder- und berufsübergreifende Informa- dient der Arbeitsmarktintegration ausländischer Fachkräfte tionen ausländische Berufsabschlüsse transparenter und und der Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland. Bewertungsverfahren einheitlicher sowie schneller macht. Zahlreiche Unternehmen, Krankenhäuser und Pflegeein- Das Portal bietet Hintergrundinformationen zur Bewer- richtungen sind schon heute auf ausländisches Personal tungspraxis in Deutschland, vielfältige Austausch- und angewiesen – mit steigender Tendenz. Aus diesem Grund Vernetzungsmöglichkeiten und fundierte Arbeitshilfen. hat die Bundesregierung das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ geschaffen. Es trat zum 1. April 2012 in Kraft und regelt die Anerkennung ausländischer Berufs- qualifikationen im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Für Menschen, die ihre beruflichen Qualifikationen im Ausland erworben haben, verbessern die neuen Rahmenbedingun- gen die Chancen, um in Deutschland in ihrem erlernten Beruf zu arbeiten.
10 Mehr Pflegebedürftige, weniger Personal In der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive begegnen sich die Bedarfe der Pflegewirtschaft Wachsender Pflegebedarf Kaspar Pfister ist der alleinige geschäftsführende Gesell- schafter der BeneVit-Gruppe, die deutschlandweit 20 Pfle- Die Auswirkungen dieser demografischen Entwicklung geheime mit insgesamt 1359 Pflegeplätzen betreibt. Mit sind schon heute in der Wirtschaft und insbesondere in ambulanten, teil- und vollstationären Diensten sowie den sozialen Systemen spürbar: Beispielsweise stehen Wohnformen und anderen Dienstleistungen erhalten zur- immer mehr Rentenempfängern immer weniger Beitrags- zeit ca. 2.000 Menschen Leistungen, die von rund 1.250 Mit- zahler gegenüber. Durch die steigende Zahl älterer Men- arbeitern erbracht werden. BeneVit setzt im stationären schen wird naturgemäß auch der Anteil der Pflegebedürfti- Bereich konsequent auf das Hausgemeinschaftskonzept, gen deutlich zunehmen. Derzeit leben in Deutschland etwa indem die Pflegeheime in mehrere, jeweils autarke, Woh- 2,5 Millionen Pflegebedürftige, von denen etwa ein Drittel nungen aufgeteilt sind. Pfister weiß, dass Angehörige oder in Pflegeheimen betreut wird; die anderen können in ihrer Ehrenamtliche die immensen künftigen Pflegeleistungen gewohnten häuslichen Umgebung – vielfach durch Ange- allein nicht erbringen können: „Das Gegenteil ist der Fall“, hörige – versorgt werden.2 Geht man von einer konstanten so Pfister. „Die Veränderungen innerhalb der familiären altersspezifischen Pflegewahrscheinlichkeit aus, werden Strukturen erfordern mehr denn je professionelle Pflege- 3,3 Millionen Menschen im Jahr 2030 und 4,4 Millionen im dienstleistungen. Damit verbunden ist der notwendige Jahr 2050 Pflegeleistungen über die sozialen Sicherungs Ausbau von altersgerechten Wohnformen und natürlich systeme benötigen.3 die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze“. Fachkräftemangel in Gesundheits- und Pflegeberufen Fachkräfte, Spezialisten bzw. Experten, Deutschland nach Ländern, Dezember 2013 Humanmedizin (Experten) Schleswig- Schleswig- Schleswig- Holstein Holstein Holstein Mecklenburg- Mecklenburg- Mecklenburg- Vorpommern Vorpommern Vorpommern Hamburg Hamburg Hamburg Bremen Bremen Bremen Brandenburg Brandenburg Brandenburg Niedersachsen Niedersachsen Niedersachsen Berlin Berlin Berlin Sachsen- Sachsen- Sachsen- Nordrhein- Anhalt Nordrhein- Anhalt Nordrhein- Anhalt Westfalen Westfalen Westfalen Sachsen Sachsen Sachsen Thüringen Thüringen Thüringen Hessen Hessen Hessen Rheinland- Rheinland- Rheinland- Pfalz Pfalz Pfalz Saarland Saarland Saarland Bayern Bayern Bayern Baden- Baden- Baden- Württemberg Württemberg Württemberg Fachkräftemangel (Vakanzzeit Anzeichen für Fachkräfteeng- Keine Engpässe (Vakanzzeit ist Keine Daten aufgrund kleiner liegt mind. 40% über dem pässe (Vakanzzeit ist über unter dem Bundesdurchschnitt Größenordnungen Bundesdurchschnitt aller Berufe dem Bundesdurchschnitt aller aller Berufe oder es gibt mehr und es gibt weniger als 150 Berufe und es gibt weniger als 300 Arbeitslose je 100 Arbeitslose je 100 gemeldete als 300 Arbeitslose je 100 gemeldete Stellen) Stellen oder es gibt weniger gemeldete Stellen) Arbeitsmarktberichterstattung@arbeitsagentur.de Arbeitslose als gemeldete Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Stellen) 2 Statistisches Bundesamt (2013): Pflegestatistik 2011. Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse 3 Bundesministerium für Gesundheit (BMG): Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung (Stand: 13.05.2013)
MEHR PFLEGEBEDÜRFTIGE, WENIGER PERSONAL 11 Spürbarer Mangel bei Pflegefachkräften Schon heute ist der Mangel an Fachkräften im Pflege bereich signifikant. Für das Jahr 2025 erwartet die Bundes- agentur für Arbeit, dass rund 150.000 Pflegefachkräfte fehlen werden.4 Derzeit kommen nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes auf 100 als offen gemeldete Stellen nur 37 Altenpflegefachkräfte, die als Arbeit suchend gemeldet sind (siehe dazu auch Grafik auf Seite 10).5 Allein die BeneVit-Gruppe hat in den letzten zehn Jahren über 1.200 Mitarbeiter eingestellt. Damit liegt im Pflegebe- reich auch enormes volkswirtschaftliches Potenzial, wie Die Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive fördert inländisches Herr Pfister erläutert: „Neue Mitarbeiterinnen und Mitar- und ausländisches Potenzial beiter bedeuten auch zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialabgaben. Und beim Bau und Betrieb jeder Pflegeein- richtung fließen Steuern und Gebühren in kommunale und staatliche Kassen.“ Den Herausforderungen begegnen: Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Strukturelle, qualitative und quantitative Seit Ende 2012 sind jedenfalls wichtige politische Weichen Veränderungen in der Pflegebranche für mehr Fachpersonal in den Pflegeberufen gestellt: Seit- dem sind etwa 30 Partner aus Bund, Ländern und Verbänden Inhaltlich wandelt sich das Spektrum der Krankheiten und im ersten bundesweiten Ausbildungspakt für den Alten- damit die Anforderungen an den Beruf: Ältere Menschen pflegebereich zusammengeschlossen. Unter der Federfüh- sind häufiger oder chronisch krank, viele haben mehrere rung des zuständigen Bundesministeriums für Familie, Krankheiten gleichzeitig. Psychisch bedingte oder hirn Senioren, Frauen und Jugend sowie unter Beteiligung der organische Erkrankungen wie Demenz nehmen zu. Bundesministerien für Arbeit und Soziales, Gesundheit, Bildung und Forschung soll die „Ausbildungs- und Qualifi- So steht die Pflegebranche vor enormen Herausforderun- zierungsoffensive Altenpflege“ bis Ende 2015 einen wesent- gen, weil sie sich strukturell, quantitativ und qualitativ lichen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Zu den verändert hat. Neue, geeignete Strategien müssen nun – mit vereinbarten Zielen gehören u. a. eine deutliche Steigerung Blick auf das immer kleiner werdende Arbeitskräftean der Ausbildungszahlen, die Wiedereinführung der drei gebot in Deutschland – entwickelt und umgesetzt werden, jährigen Umschulungsförderung (bei gleichzeitiger Mög- um diesen Trends sinnvoll entgegenzusteuern. Kaspar lichkeit zur Ausbildungsverkürzung bei entsprechenden Pfister bringt es auf den Punkt: „Der Vorkenntnissen) und die verbesserte Anerkennung von im weiter ansteigende Bedarf an Pflege- Ausland erworbenen Qualifikationen. Außerdem geplant kräften wird aus dem Arbeitskräftepo- sind die Nachqualifizierung von bis zu 4.000 Pflegehelfern tential in Deutschland nicht gedeckt zur Altenpflegefachkraft und die Steigerung der Attrak- werden können. Wir sind ohne Zweifel tivität des Berufsfeldes (z. B. durch leistungsgerechte Ver darauf angewiesen, zusätzliche Mit gütung) sowie eine öffentliche Kampagne, die eine bessere arbeiter aus dem Ausland zu gewinnen.“ öffentliche Wertschätzung der Altenpflege erreichen soll. Kaspar Pfister, alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der BeneVit-Gruppe 4 Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) 5 Bundesagentur für Arbeit BA (2012): Fachkräfteengpässe in Deutschland – Analyse, Dezember 2012.
12 Ausbildung – eine Chance Faire politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen für Pflegekräfte aus Drittländern schaffen Bessere Integration durch Ausbildung Pflegen heißt, immer nah am Menschen zu sein – darum mit Praxisbezug kann die Ausbildung nicht nur theoretisch stattfinden.“ Darüber hinaus ist die Förderung des Verständnisses für Der Fachkräftemangel in Deutschland beginnt bereits in kulturelle Besonderheiten vor Ort für die ausländischen der Phase der beruflichen Ausbildung. Das gibt jungen Auszubildenden entscheidend, glaubt Frau Döcker: „Neben Ausländerinnen und Ausländern generell die Chance auf rein körperlicher Unterstützung soll der Pflegende die per- eine Berufsausbildung in Deutschland. Dazu müssen sönlichen Biografien in die Arbeit einbeziehen und soziale sie zunächst einen geeigneten Arbeitsplatz finden. Die Betreuung vermitteln. Bei der AWO bekommen alle Auszu- deutsche Arbeitsverwaltung prüft (und kann im Vorfeld bildenden einen festen Praxisplatz, um Erlerntes anzuwen- angefragt werden), ob es inländische Bewerber für eine den und alle Anforderungen möglichst früh kennen zu ler- offene Stelle gibt und ob die übliche Vergütung gezahlt nen. So vereinen sich Schule und Praxis zu betreuten Orten wird. Bewirbt sich kein Deutscher und kein EU-Bürger, der Integration für junge Menschen aus Drittstaaten. Aus- ist der Weg für die Ausbildung von Staatsbürgern bildung und Eingliederung gehen Hand in Hand.“ außerhalb der EU frei. Die Ausbildungszeit kann im Übrigen verkürzt werden, Die Ausbildung selbst sollte so praxis- wenn eine fachliche Vorbildung im Herkunftsland nach nah wie möglich sein, meint gewiesen wird. Dabei vergeht bis zum ersten richtigen Brigitte Döcker, Diplom-Erzie- Arbeitseinsatz kaum mehr Zeit als bei einem Anerken- hungswissenschaftlerin und nungsprozess für den ausländischen Abschluss. Doch die Vorstandsmitglied des Bun Einrichtungen der Altenpflege können sich auch bei der desverbandes der verkürzten inländischen Ausbildung auf eine standardi- Arbeiterwohlfahrt sierte Qualifizierung auf einem hohen inhaltlichen Niveau (AWO) e. V.: „Wir vermit- verlassen. Nach absolvierter Ausbildung kann die Pflege- teln das fachliche Wis- fachkraft in ihrem Beruf weiterhin in Deutschland arbei- Brigitte Döcker, sen für das ganze Spekt- ten, sofern die Beschäftigungsbedingungen denen Vorstandsmitglied AWO e. V. rum der Pflege-Tätigkeit. vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer entsprechen.
AU S B I L D U N G – E I N E C H A N C E 13 Stärken der Ausbildung von internationalen Fachkräften in Deutschland – Vorteile für die Fachkraft, das Heimatland und den hiesigen Arbeitgeber
14 AU S B I L D U N G – E I N E C H A N C E Interview Herr Kai Friedrich, zuständiger Oberamtsrat für das Thema schulische Ausbildung im Landesamt für Gesundheit und Soziales, Berlin. „Die Ausbildung kann helfen, eine Art Kulturschock zu vermeiden.“ Herr Friedrich, welchen Vorteil bietet die Ausbildung Gab es für Sie im Verlauf des Projektes auch Über von Fachkräften in Deutschland im Vergleich raschungen oder neue Erkenntnisse? zur Anerkennung des heimatlichen Abschlusses? Ja. Einige Entwicklungen konnten wir vorher nicht ein- Bei erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung in Deutsch- schätzen oder vorhersagen. Beispielsweise unterscheiden land sind die zur Ausübung des Berufs erforderlichen sich manche Aufgaben, die von einer Pflegekraft in sprachlichen Fähigkeiten und kulturellen Kompetenzen Vietnam erwartet werden, von denen ihrer deutschen vorhanden. Im Gegensatz dazu kommt es nach unserer Kolleginnen und Kollegen. Die Praxis hat auch gezeigt, Erfahrung bei einreisenden Fachkräften, deren auslän dass man künftig nach einem einheitlichen schulischen discher Abschluss zwar anerkannt wurde, die aber nur Modell verfahren sollte: Entweder lernen alle Schüler und unzureichend auf Deutschland vorbereitet wurden, oft zu Schülerinnen mit ausländischer Erfahrung in einer einzi- einer Art Kulturschock. Das erschwert den vollwertigen gen Klasse oder man verteilt sie auf mehrere. Beide Einsatz in den unterschiedlichen Bereichen des Pflege Modelle sind zwischenzeitlich erprobt und mit Erfahrun- berufs. Darum ist die fundierte Ausbildung in meinen gen hinterlegt. Schließlich gibt es Unterschiede zwischen Augen die bessere Alternative. den verschiedenen Nationen: Sie können Erfahrungen, die sie mit Pflegekräften aus Vietnam gemacht haben, nicht Wie würden Sie auf lange Sicht die Chancen einer unbedingt auf afrikanische Fachkräfte übertragen. Die Ausbildung von Angehörigen aus Nicht-EU-Ländern sozialen und kulturellen Umfelder sind einfach zu unter- einschätzen? schiedlich. Im Prinzip immer positiv. Das Niveau in der deutschen Vielen Dank für diese Einschätzungen! Alten- und Krankenpflege ist zwar vergleichsweise hoch; andererseits ist der Transfer von Arbeitskräften keine Einbahnstraße: Schließlich profitieren wir immer wieder von den Erfahrungen und Kenntnissen anderer Kulturkreise. Berufsanerkennung – eine Alternative Um parallel zu den Bemühungen für eine fundierte Ausbildung die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Anerkennung zu verbessern, trat im Frühjahr 2012 das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ in Kraft. In den Anerkennungsverfahren wird seitdem die Berufserfahrung der Antragsteller stärker als bisher berücksichtigt. Werden fehlende Qualifikationen festgestellt, kann der Antragsteller Ausgleichsmaßnahmen (z. B. Eignungsprüfungen, Anpassungslehrgänge) absolvieren. Mit dem Gesetz wird die Grund- lage geschaffen, um das Anerkennungsverfahren insgesamt einheitlicher, transparenter und einfacher zu gestalten.
15 Mit „triple win“ gewinnen alle! GIZ bietet breites Leistungsangebot für neue Modellprojekte zur Fachkräftesicherung Der akute Mangel an Fachkräften ist auch für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein „Triple Win“ in Pflegeberufen – wichtiges Handlungsfeld. Um wirksam gegenzusteuern, um Berufsqualifikationen anerkennen Wachstum und Wohlstand auch in Zeiten des demogra fischen Wandels zu sichern, leistet die GIZ wichtige Beiträge Im Pilotprojekt „Triple Win“ entwickeln die Zentrale für die Gewinnung qualifizierter ausländischer Arbeit Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagen- nehmer für den deutschen Arbeitsmarkt. tur für Arbeit und die GIZ neue, nachhaltig wirksame Ansätze, um ausländische Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Seit Anfang 2013 wurden Langjährige Erfahrung, Kompetenz in den Partnerländern Serbien, Bosnien-Herzegowina und Know-how und den Philippinen bereits rund 500 Pflegefachkräfte sprachlich, fachlich und interkulturell auf ihre Tätigkeit Besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind die vorbereitet. Die ersten 300 Stellen werden aktuell mit Gesundheitsbranche und die so genannten MINT-Berufe qualifizierten Fachkräften besetzt. In Deutschland (Technik- und Naturwissenschaften). Darum hat die GIZ werden Fachkräfte und Arbeitgeber im Integrations- in enger Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit in und Anerkennungsprozess unterstützt. der Vergangenheit verschiedene Pilotprojekte auf den Weg gebracht, um den Erfolg innovativer Konzepte zu erproben und damit Grundlagen für die künftige Fach kräftesicherung zu legen. Im Bereich des Migrations- Das Ausbildungsprojekt – Die praktische Managements von qualifizierten Arbeitskräften verfügt die Umsetzung GIZ über ein breites Portfolio. Es basiert auf Erfahrung, Kompetenz und Know-how. Ebenso wichtig sind die welt- Wie sieht das ganz konkret aus? Als modellhaften Ansatz weit bestehenden Kontakte zu Verantwortlichen für erprobt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Arbeitsmärkte und Bildung sowie zu Vertretern lokal in einem von der GIZ und ZAV umgesetzten Pilotvorhaben etablierter Netzwerke aus Unternehmen, Lehreinrich seit Herbst 2013 erstmals die Ausbildung junger vietname tungen, Goethe-Institutionen und anderen Partnern. sischer Fachkräfte in Deutschland (alle Projektdetails ab Seite 20). Wie alle Beteiligten profitieren Ein Integrationsprogramm, das auf den konkreten Berufs- alltag der Altenpflege abgestimmt ist, erleichtert nach der Die GIZ-Programme zur Fachkräftesicherung bieten allen Ankunft den Einstieg in das neue Arbeits- und Lebensum- Beteiligten gute Chancen: Die Unternehmen gewinnen feld. Die Vorteile einer Ausbildung in Deutschland als Alter- Fachkräfte, die sie auch auf internationaler Ebene beim native zu der Anerkennung eines im Ausland erworbenen Ausbau ihrer Wettbewerbs- und Kooperationsfähigkeit Berufsabschlusses wurden bereits im vorhergehenden unterstützen. Die Herkunftsländer der migrierenden Fach- Kapitel näher erläutert. kräfte profitieren ebenfalls: Der Technologie- und Wissens transfer wird gezielt gefördert, Geldüberweisungen werden erleichtert und das Diaspora-Engagement erfährt aktive Unterstützung. Schließlich können die Migranten selbst neue persönliche und berufliche Erfahrungen erschließen. Sie erwerben zusätzliche fachliche, kulturelle und sprach liche Kompetenzen und damit neue berufliche Optionen und Perspektiven (siehe Grafik). Die Programme von GIZ und ZAV bringen auf diese Weise entwicklungs- und arbeitsmarktpolitische Interessen in Einklang. Diese Pro- jekte werden entweder für die Bundesregierung oder im direkten Auftrag der Privatwirtschaft durchgeführt.
16 M I T „T R I P L E W I N “ G E W I N N E N A L L E ! Der Schlüssel: Intensive sprachliche und Fazit: Jeder Einzelne, der in einem fremden Land einen kulturelle Vorbereitung und Betreuung Neuanfang wagt, um eine Fachkraft zu ersetzen, die dem deutschen Arbeitsmarkt fehlt, hat umfassende und indivi- Eine gesteuerte Zuwanderung kann aber nur erfolgreich duelle Unterstützung verdient. Die deutschen Programme sein, wenn beides gelingt: die Integration in den Arbeits- zur Fachkräfteausbildung und -sicherung fördern die Inte- markt und in das gesellschaftliche Umfeld. Eine gute gration ausländischer Arbeitskräfte in die deutsche Gesell- Begleitung der Fachkräfte in allen Phasen trägt entschei- schaft – bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen ihrer dend dazu bei, dass der Anteil migrationswilliger aus Herkunftsländer. ländischer Fachkräfte, die sich für den Standort Deutsch- land entscheiden, steigt. Triple Win – Wie die drei beteiligten Akteure von der Fachkräftemigration profitieren Fachkräftemigration nach Deutschland mit nachhaltiger Wirkung ● Qualifikation Herkunfts-/Partnerland ● Berufserfahrung Deutschland/deutsche Arbeitgeber ● Know-how-Transfer ● Know-how-Gewinn ● Ausgleich Fachkräftemangel ● Wissenschafts-/Wirtschaftskooperationen ● Diasporakooperation ● länderübergreifende Netzwerke ● Berufsbildung/Qualifizierung ● Wissensmultiplikator ● Know-how-Transfer ● Institutionelle Kooperationen ● Qualifikation ● Institutionelle Kooperationen ● Tandem: Integrierte Fachkraft (IF) ● Diasporakooperation Rückkehrende Fachkraft (RF) ● eventuell erneute Migration Rückkehr ins Herkunfts-/Partnerland
17 FairMittlung – Partnerschaftliche Kooperation Fachkräfte fair vermitteln: Gleicher Herr Nguyen Ngoc Quynh ist Lohn für gleiche Arbeit Generaldirektor des vietname sischen Departments of Overseas Ob Ausbildung oder Anerkennung: Bei der Aus- und Fort- Labor (DOLAB). DOLAB ist eine bildung, bei der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen Abteilung des vietnamesischen Ministeriums für Arbeit, Kriegs- gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. „Hier darf es keine versehrte und Soziales (MOLISA) Unterschiede geben“, fordert Brigitte Döcker in ihrer Funk- und für das Altenpflegeprojekt tion als Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Arbei- erster Ansprechpartner in der terwohlfahrt. „Doch zur gewünschten Verbesserung der deutsch-vietnamesischen Zusam- menarbeit. Attraktivität des Berufsbildes gehören auch eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte, angemessene Aufstiegsmög- lichkeiten sowie optimierte Arbeitsbedingungen für in- „Durch das Pilotvorhaben zur Ausbildung in und ausländische Pflegekräfte“, ergänzt Frau Döcker. Und der Pflegewirtschaft haben wir einen neuen sie warnt vor den Gefahren eines Preiskampfes auf dem Weg der vietnamesisch-deutschen Zusam- Rücken der Pflegenden: „Auf keinen Fall darf durch die menarbeit beschritten. Im Vordergrund ste- vermehrte Anwerbung ausländischen Personals Druck aus- hen nicht die bloße Arbeitskraft, sondern geübt werden, um in Deutschland die Lohnkosten in der die Ausbildung und die Chance der späteren Pflege flächendeckend zu senken.“ Berufstätigkeit in Deutschland. Parallel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Aus- Das Pilotvorhaben ist von beiderseitigem zubildende und Fachkräfte bedarf es eines entwicklungs- Interesse, da es sowohl dem deutschen Inter- verträglichen Vorgehens bei der Fachkräftegewinnung. esse nach künftigen Fachkräften als auch Konkret sollen Fachkräfte nur aus jenen Branchen und unserem vietnamesischen Interesse nach Wis- Ländern rekrutiert werden, die durch Abwanderung von sensvermittlung im Gesundheitswesen Erwerbsfähigen entlastet werden, weil es hier bereits ein gerecht wird. Überangebot an Arbeitskräften gibt. Ein enger, partner- schaftlicher Dialog mit den Verantwortlichen in den Her- Zugleich wird durch das Pilotprojekt die Chance kunftsländern vermeidet so genannte Brain-Drain-Effekte aufgezeigt, wie eine langfristig angelegte Zu in den Drittländern (unerwünschter Talentschwund durch sammenarbeit zwischen vietnamesischen und Abwanderung der „guten“ Köpfe). Auch internationale deutschen Einrichtungen im Gesundheits Kodizes sind zu beachten, etwa der Verhaltenskodex der wesen gestaltet werden kann. Und dies ist in Weltgesundheitsorganisation zur Anwerbung von Gesund- unserem Sinne einer guten Partnerschaft. heitsfachkräften. Er enthält ethische Grundsätze, die bei Wir wünschen uns einen beiderseitigen Nutzen der Rekrutierung von Gesundheitspersonal angewendet der Zusammenarbeit, welche die Ausbildung werden sollen. Hier sind Rechte und Pflichten der Beteilig- in Deutschland umfasst, aber auch den Aus- ten in den Herkunfts- und Zielländern konkretisiert, und tausch von Lehrinhalten und Lehrkräften. auch den besonderen Bedürfnissen und Interessen der abwandernden Gesundheitsfachkräfte wird Rechnung Ein besonderes Anliegen ist uns auch der getragen. Aspekt der Fairness. Wir wollen keine Vermitt- ler, die nur des schnellen Profits wegen Fach- kräfte aus Vietnam anwerben. Deshalb werden wir die bestehenden rechtlichen Regelungen zur Arbeitsvermittlung ins Ausland streng anwenden. Die durch die Regierungen unserer Länder vereinbarten Pilotvorhaben sowie die langfristig angelegten Kooperationen sind der sichere und erfolgreiche Weg.“
18 Herausforderungen und Stärken: Der Stand- ort Deutschland im Fachkräftewettbewerb Willkommenskultur in Deutschland fördern Attraktive Arbeitsplätze schaffen Wer andere Länder, Kulturen und ihre Menschen auf diese Der Abbau bestehender formaler Arbeitsmarkt-Zugangs Weise kennenlernen und von ihrem Fachkräfteüberschuss beschränkungen ist bei den Bemühungen um kluge Köpfe profitieren möchte, wird sich nach außen öffnen müssen. bei weitem nicht ausreichend. Programme zur Rekrutie- Doch die Erkenntnis, dass eine gesteuerte Zuwanderung rung ausländischer Fachkräfte für den deutschen Arbeits- qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern angesichts der markt müssen nicht nur durchdacht und innovativ, son- demografischen Struktur unerlässlich ist, hat sich hierzu- dern für migrationswillige Arbeitskräfte vor allem attraktiv lande noch nicht überall durchgesetzt. So gelten die Deut- sein. Das manifestiert sich auch in den Wahlmöglichkeiten, schen im Ausland oft als „geschlossene Gesellschaft“ und die junge Fachkräfte im Anschluss an ihre Ausbildung im gleichen Atemzug wird den Deutschen häufig eine haben, weiß AWO-Vorstandsfrau Brigitte Döcker: „Anwer- mangelnde Willkommenskultur vorgeworfen, in der die bung darf keine Einbahnstraße sein. Die spätere Rückkehr Zuwanderung eher skeptisch bis ablehnend wahrgenom- in ihr Heimatland muss für die Angeworbenen immer men wird. Bei der Verbesserung der Aufnahmebereitschaft eine Option sein. Denn die hier gesammelten Erfahrungen ausländischer Fachkräfte in die Gesellschaft hat Deutsch- und das Wissen um die Spezifika der Altenpflege in Deutsch- land Nachholbedarf. land können in den Herkunftsländern angewendet und landesgerecht weiterentwickelt werden – vorausgesetzt, die Dieses Problem ist gravierend, denn Deutschland steht mit deutsche Ausbildung wird im jeweiligen Heimatland auch seiner hohen Nachfrage nach Fachkräften keineswegs anerkannt.“ allein: International gibt es eine Konkurrenzsituation mit praktisch allen anderen Industrienationen, in der Deutsch- land teilweise im Nachteil ist: Länder, in denen vorwiegend Englisch gesprochen wird, erfreuen sich bei vielen Zuwan- derern größerer Beliebtheit. Zudem verfügt Deutschland im Vergleich zu anderen klassischen Einwanderungsländern über wenig ausgebaute Migrationsnetzwerke.
19 Vietnam: Partnerland für Ausbildungs- pilotprojekt in der Altenpflege Gewachsene Verbindungen zwischen ist jeglicher Zeit- und Kostendruck während der wichtigen Deutschland und Vietnam Phase der Vorbereitung und Eingliederung kontraproduk- tiv: „Entscheidend ist, dass sowohl die Auszubildenden aus Dass ausgerechnet Vietnam das Partnerland für das den Drittstaaten als auch die hier tätigen Mitarbeitenden gemeinsame Ausbildungspilotprojekt in der Altenpflege bestmöglich auf die neue Situation vorbereitet werden. Das wurde, ist kein Zufall. Schon zu DDR-Zeiten verbanden die bedeutet, dass wir uns gegenseitig mit unseren jeweiligen beiden Länder enge diplomatische Beziehungen. Zahlreiche kulturellen Hintergründen auseinandersetzen, um die Vietnamesen arbeiteten oder studierten damals im deut- anderen Traditionen und Lebensformen kennenzulernen. schen Osten. Auch heutzutage gelten die in Deutschland Weiterhin gilt es, die verschiedenen zwischenmenschlichen lebenden Vietnamesen gesellschaftlich als gut integriert. Kommunikationsmuster richtig einzuordnen: Gerade in Dazu kommt eine gute Grundbildung und eine hohe der Pflege ist die Kommunikation mit den zu pflegenden Alphabetisierungsquote von 94 Prozent (2009). In einer Menschen, mit den Kollegen, aber auch mit Angehörigen heute vergleichsweise jungen vietnamesischen Gesellschaft oder Ärzten ein wichtiger Aspekt. Je besser uns dies gelingt, sind 60 Prozent der Menschen nach 1975 geboren. Dem umso erfolgreicher wird sich die Zusammenarbeit gestal- hohen Bedarf an Bildungsmaßnahmen steht ein Überan ten.“ gebot an potenziellen Arbeitskräften gegenüber, weshalb die vietnamesische Regierung die Mobilität der Erwerbs fähigen und Ausreisewilligen nach Kräften unterstützt. Denn das Ausbildungsniveau im Land ist niedrig: Über Altenpflege in Vietnam: 80 Prozent aller Erwerbstätigen verfügen nicht über eine Krankheiten behandeln statt abgeschlossene Berufsausbildung. Für eine positive Ent- Grundversorgung leisten wicklung der vietnamesischen Volkswirtschaft wird eine besser ausgebildete, flexible und mobile Bevölkerung Es gibt grundlegende Unterschiede zwischen den Pflege- ein entscheidender Faktor sein. systemen in Vietnam und Deutschland. Derzeit arbeiten vietnamesische Pflegefachkräfte vorwiegend in der Ihre kulturell geprägten Eigenschaften – die den Vietname- Behandlungspflege, weil Hygiene und körperliche Ver- sinnen und Vietnamesen eigene Motivation, ihr Pflichtbe- sorgung traditionell zu den Aufgaben der Familienan wusstsein und ihr Ehrgeiz – sind gute Voraussetzungen für gehörigen gehört. Zwar werden die Kapazitäten zur die angestrebte Tätigkeit im Pflegesektor. Auch genießen Versorgung älterer Familienangehöriger im eigenen ältere Menschen in Vietnam – als Bewahrer von Tradition Haushalt auf längere Sicht auch in Vietnam abnehmen, und Wissen – eine hohe Wertschätzung, die sich beispiels- aber noch steht für die Pflegekräfte überwiegend die weise in einem respektvoll-freundschaftlichen Umgang Therapie von Erkrankungen im Fokus. Es ist hier an der innerhalb ihrer Familien und damit auch der Pflegekräfte Tagesordnung, dass Pflegekräfte Blut abnehmen, gegenüber ihren Patienten widerspiegelt. Zugänge oder Sonden legen und sich um die komplette postoperative Versorgung älterer Patienten kümmern. Gleichzeitig hat die pflegerische Arbeit in Fernost durchaus So ist der medizinisch-gesundheitliche Bereich auch in andere Schwerpunkte als in Deutschland (siehe Infokasten). der Ausbildung ein wesentlicher Schwerpunkt. Aller- So gilt es, die ausländischen Fachkräfte nicht nur sorgsam dings fehlt es in Vietnam an einem einheitlichen Ausbil- auf die deutsche Mentalität vorzubereiten, sondern auch dungsprogramm für den Beruf des Altenpflegers. Die die fachlichen Unterschiede und Erwartungen frühzeitig zu einzelnen Ausbildungsmöglichkeiten variieren stark und kommunizieren. Für Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied erreichen auch nicht immer internationale Standards. des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) e. V.,
20 Pflegeausbildung und gesellschaftliche Integration für junge Vietnamesinnen und Vietnamesen Das Projekt „Ausbildung von Arbeitskräften aus Vietnam Für gute Berufsaussichten: Ausbildung nach zu Pflegefachkräften“ beruht auf der „Ausbildungs- und deutschen Standards und Integration Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ der Bundesrepublik. Es wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Im September 2013 haben insgesamt 100 junge Menschen Zusammenarbeit (GIZ) und der Zentralen Auslands- und aus Vietnam in Bayern, Berlin, Baden-Württemberg und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) Niedersachsen eine verkürzte zweijährige Ausbildung durchgeführt. in der Altenpflege begonnen. Sie wurden durch einen Intensiv-Sprachkurs vorbereitet und verfügten bereits über praktische Vorkenntnisse in einem Gesundheitsberuf. Projekt mit Modellcharakter für künftige Nach der Ausbildung sollen sie zunächst drei Jahre Vorhaben lang ihren Beruf ausüben, bevor sie ihre persönliche Entscheidung treffen, wo sie sich dauerhaft niederlassen Durch dieses Modellvorhaben sollen die Chancen einer wollen. fundierten Pflegefachausbildung für junge Menschen aus Schwellen- und Entwicklungsländern ausgelotet und beispielhaft erprobt werden. Gleichzeitig gewinnt der Wichtige Projektphasen deutsche Pflegebereich Mitarbeiter, die nach inländischen Standards ausgebildet wurden. Nach dem erfolgreichen Diese Phasen kennzeichnen den Projektverlauf: Abschluss ihrer Berufsausbildung können die vietname sischen Pflegekräfte eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Vorbereitung und Auswahl der Teilnehmer Diejenigen unter ihnen, die in ihr Heimatland zurück kehren möchten, werden mit den neu erworbenen Kom Nach den nötigen Vorbereitungen erfolgten die Stellenaus- petenzen wiederum einen wertvollen Beitrag zum Auf- schreibung sowie die sich anschließende Auswahl 120 mög- bau des dortigen Pflegesektors leisten. licher Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die ZAV und dem vietnamesischen Department of Overseas Labor (DOLAB). Pilotprojekt zur Ausbildung von Fachkräften aus Vietnam in der Pflegewirtschaft 2014 bis 2016 Anbahnungsphase Teilnehmerauswahl Vorbereitungen Einführungswochen Oktober 2012 bis Mitte Februar bis Mitte März bis in Deutschland und September Mitte Februar 2013 Mitte März 2013 Ende August 2013 Vietnam bis Oktober 2013 Mai bis August 2013 ● Vorstudie ● Vorbereitung ● Sprachkurse inkl. ● Visa-/Pass- ● Interkulturelle ● Aufrechterhaltung ● Gespräche und (Stellenausschrei- Fachsprachmodul beantragung Trainings TN + AG der Ansprech- Vertragsabschluss bung, Festlegung der ● Hospitation ● Gesundheitscheck ● Aufenthaltsge- Struktur (Projekt- mit Kooperations- Auswahlkriterien Altenpflegeheim ● Übersetzungen/ nehmigungen/ Ein- management der partnern (ZAV, mit ZAV/DOLAB; Beglaubigungen der wohnermeldeamt GIZ, Mentoren, GIZ, DOLAB) Vorauswahl durch Zeugnisse etc. ● Mietverträge, Koordinatoren) ● Gespräche mit BMWi DOLAB ● Aufteilung der TN auf Kontoeröffnungen, ● Regionalkonfe- und Partnern auf ● Durchführung der Arbeitgeber (AG) Internet (Alltags- renzen mit Partner- deutscher Seite Auswahltage ● Koordination der Ver- training) einrichtungen ● (Intensive Vorberei- träge (AG/TN) ● Besuch der und Auftraggeber tung durch DOLAB ● Flugbuchungen Einrichtungen ● Unterstützung GIZ/ZAV vor Ort, ● Einführung der der TN Auswahl der Regionalkoordina- ● ggf. Organisation Teilnehmer TN) toren und Mentoren von Rückflügen ● Ausflüge Partnerakquise Kontinuierliche Teilnehmer- und Partnerbetreuung
AU S B I L D U N G U N D G E S E L L S C H A F T L I C H E I N T E G R AT I O N F Ü R J U N G E V I E T N A M E S I N N E N U N D V I E T N A M E S E N 21 Die Erkenntnisse aus diesem wissenschaftlich begleiteten Pilotvorhaben sollen der Pflegebranche in Deutschland schon bald als Modell zur Anwerbung weiterer Fachkräfte aus dem Ausland dienen. Mentoren und regionale Koordinatoren für gute Integration und Kommunikation Auftaktveranstaltung des Pilotprojekts in Hanoi Während ihrer Ausbildung sind sie nicht auf sich allein gestellt. Ihre Betreuer (Mentoren), die teilweise selbst einen vietnamesischen Hintergrund haben, sind wichtige Bezugs- Sprachkurs und Vorbereitung auf den Aufenthalt personen für die jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen. in Deutschland Sie helfen ihnen, sich mit der deutschen Kultur und Lebens weise vertraut zu machen, sprachliche oder kulturelle Vor und während der Ausbildung soll sichergestellt sein, Barrieren zu überwinden und ihren Weg in die Gesellschaft dass den ausländischen Pflegekräften nicht allein die deut- zu finden. Sie organisieren gemeinsame Freizeitprogramme schen Pflegestandards umfassend vermittelt werden, so sowie kulturelle Veranstaltungen für die Teilnehmer und dass sie fachlich gut gerüstet in ihre berufliche Zukunft begleiten sie bei Exkursionen. starten können. Mit einem Intensivsprachkurs und, darauf aufbauend, einer vierwöchigen berufsfachspezifischen Regionale Koordinatoren sind als Schnittstelle zur GIZ die sprachlichen Ausbildung wurden die jungen vietnamesi- Ansprechpartner für die beteiligten Praxispartner vor schen Auszubildenden vorab für ihren Aufenthalt in Ort, also für die Vertreter von Pflegeeinrichtungen und Deutschland fit gemacht. In einem Gemeinschaftshaus am Berufsfachschulen. Die Regionalkoordinatoren organisieren Rande von Hanoi lernten sie sich gegenseitig kennen. Hier die umfassende, kontinuierliche Betreuung der Auszubil- wurden sie in der Vorbereitungsphase nicht nur verpflegt, denden während des ersten Jahres. Für alle Fragen rund um sondern in ihrer Freizeit durch deutsche Filmabende, Ausbildung und Organisation sowie für persönliche Anlie- Fußballturniere und ähnliche Veranstaltungen unterhalt- gen sind sie kompetenter Ansprechpartner. Sie berichten sam auf die deutsche Lebensart und die kulturellen Beson- regelmäßig an die GIZ und stimmen sich mit ihr bei derheiten vorbereitet. Der Gruppenzusammenhalt wirkte unklaren Entscheidungssituationen ab. Darüber hinaus sich auf die Lernbereitschaft positiv aus. Die besten 100 stehen sie in ständigem Austausch mit den Mentoren, um Absolventinnen und Absolventen reisten schließlich nach Probleme gemeinsam zu lösen oder offene Fragen aus Deutschland aus. der Teilnehmerbetreuung zu besprechen. Auch mit den Arbeitgebern stehen die Koordinatoren regelmäßig im Kontakt, um Bericht zu erstatten oder die Durchführung Integration während der zweijährigen regionaler Veranstaltungen zu unterstützen. Berufsausbildung, Ausblick Ein spezielles Programm zur Integration in Deutschland, das auf den beruflichen Pflegealltag abgestimmt wurde, soll den jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen den Einstieg in das neue Lebens- und Arbeitsumfeld erleichtern. Die laufende Berufsausbildung geht mit diesen Integrationsmaßnahmen und der Fortführung des Sprach- unterrichtes Hand in Hand. Zum Einführungsprogramm gehören etwa Behördengänge, Einkäufe oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Auf diese Weise eröffnen sich Perspektiven für eine längerfristige Beschäftigung Das Ankommen im neuen Zuhause wird intensiv begleitet, in Deutschland. so entstehen Räume zum Leben und Lernen.
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