KATHOLISCHE PFARRKIRCHEN IM KANTON SCHWYZ - 900 Jahre Sakralbau
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900 Jahre Sakralbau KATHOLISCHE PFARRKIRCHEN IM KANTON SCHWYZ Markus Bamert Michael Tomaschett Andy Crestani
HERZLICHEN DANK Bei folgenden Stiftungen und Institutionen möchte ich mich ganz herzlich für die grosszügige Unterstützung bedanken, welche die Realisierung dieses Buches ermöglichten: – Lotteriefonds Kanton Schwyz – Ursula Diethelm-Rothlin Stiftung – Volker Goertz-Stiftung – Otto Gamma-Stiftung – Ernst Göhner Stiftung – Carl und Elise Elsener-Gut Stiftung – Röm.-kath. Kantonalkirche Schwyz – Kirchgemeinde Altendorf – Kirchgemeinde Arth – Kirchgemeinde Buttikon – Kirchgemeinde Einsiedeln – Kirchgemeinde Morschach-Stoos – Kirchgemeinde Schwyz – Kirchgemeinde Tuggen Ein besonderer Dank für die wertvollen Anregungen beim Entstehen des Bildbandes gilt Pater Basil Höfliger, Franz-Xaver Risi von der Kulturkommission Schwyz und Anita Mettler vom Sekre tariat des Generalvikariats der Urschweiz. Ebenso ein grosses Dankeschön geht an die beiden Autoren Markus Bamert und Michael Tomaschett – nicht nur für das Verfassen der fachkundigen Texte, sondern auch für die vielen hilfreichen Abklärungen und Tipps im Vorfeld der Umsetzung dieses Buches. Ein grosser Dank gebührt auch Lorenz Bösch für das Schreiben des Vorworts und Peter Lüthi für die kritische Durchsicht der Texte. 1. Auflage 2021 © vimeco GmbH, Siebnen Andy Crestani, Herausgeber und Fotograf Herausgeber: Andy Crestani, Siebnen Texte: Markus Bamert (MB) und Michael Tomaschett (MT) Fotografie: Andy Crestani, Siebnen Gestaltung: vimeco GmbH, Siebnen Druck: Triner Media + Print, Schwyz Verlag: vimeco GmbH, Zürcherstrasse 25, 8854 Siebnen, Telefon 079 611 35 37, info@vimeco.ch ISBN 978-3-033-08072-0 5
INHALT 8 Vorwort Orte der Geschichte – Ausdruck der Frömmigkeit 10 Einleitung Stilistische Entwicklung – unterschiedliche Einflüsse Dekanat Ausserschwyz 112 Lachen Pfarrkirche Heilig Kreuz 116 Altendorf Pfarrkirche St. Michael Dekanat Innerschwyz 120 Galgenen Pfarrkirche St. Martin 124 Vorderthal Pfarrkirche St. Peter und Paul 18 Schwyz Pfarrkirche St. Martin 128 Innerthal Pfarrkirche St. Katharina 22 Ibach Pfarrkirche St. Antonius Eremit 132 Schübelbach Pfarrkirche St. Konrad 26 Seewen Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 136 Buttikon Pfarrkirche St. Josef 30 Arth Pfarrkirche St. Georg und Zeno 140 Tuggen Pfarrkirche St. Erhard 34 Goldau Pfarrkirche Herz Jesu 144 Wangen Pfarrkirche St. Kolumban 38 Ingenbohl Pfarrkirche St. Leonhard 148 Nuolen Pfarrkirche St. Margaretha 42 Muotathal Pfarrkirche St. Sigismund und Walburga 152 Siebnen Pfarrkirche Herz Jesu 46 Steinen Pfarrkirche St. Jakob der Ältere 156 Reichenburg Pfarrkirche St. Laurentius 50 Sattel Pfarrkirche St. Peter und Paul 160 Einsiedeln Klosterkirche Unsere Liebe Frau 54 Rothenthurm Pfarrkirche St. Antonius Eremit 164 Einsiedeln Jugendkirche St. Wolfgang 58 Oberiberg Pfarrkirche St. Johannes der Täufer 168 Bennau Viertelskirche St. Sebastian 62 Unteriberg Pfarrkirche St. Josef 172 Egg Viertelskirche St. Johannes der Täufer 66 Studen Pfarrkirche St. Wendelin 176 Euthal Viertelskirche zur schmerzhaften Muttergottes 70 Lauerz Pfarrkirche St. Nikolaus 180 Gross Viertelskirche St. Johannes Nepomuk 74 Steinerberg Pfarrkirche St. Anna 184 Trachslau Viertelskirche St. Stephan 78 Morschach Pfarrkirche St. Gallus 188 Willerzell Viertelskirche St. Josef 82 Alpthal Pfarrkirche St. Apollonia 192 Wollerau Pfarrkirche St. Verena 86 Illgau Pfarrkirche Heilige Drei Könige 196 Freienbach Pfarrkirche St. Adelrich 90 Riemenstalden Pfarrkirche Maria vom guten Rat 200 Pfäffikon Pfarrkirche St. Meinrad 94 Gersau Pfarrkirche St. Marcellus 204 Feusisberg Pfarrkirche St. Jakob der Ältere 98 Küssnacht Pfarrkirche St. Peter und Paul 208 Schindellegi Pfarrkirche St. Anna 102 Immensee Pfarrkirche St. Sebastian 106 Merlischachen Pfarrkirche St. Jakob der Ältere 212 Autoren, Fotograf 214 Literaturverzeichnis 7
VORWORT Orte der Geschichte AUSDRUCK re Sphären und Räume verschoben. Die letz- winkel nach oben und zur Seite erweitert und ten neuen Pfarrkirchen wurden im 20. Jahr- mittels speziell angewandter Technik als eine hundert gebaut. Ob im 21. Jahrhundert neue Art sphärische Panoramaansicht dargestellt. DER FRÖMMIGKEIT Pfarrkirchen errichtet werden, wissen wir Die Betrachtung der grandiosen Bilder ver- nicht. Hingegen werden die Theologen und mittelt auch, dass Kirchen vor allem leben Gläubigen auch im 21. Jahrhundert Antwor- wollen und als reine Museen an Ausstrahlung ten auf die Bedürfnisse der Zeit finden müs- verlieren würden. Denn die Kirchen wurden sen und Glaubensinhalte und Regeln weiter- für das Leben und die Erbauung der Men- entwickeln. Denkbar ist, dass verschiedene schen errichtet. Der vorliegende Bildband ist nicht nur eine über Jahrhunderte. Im 16. Jahrhundert führ- Krisen in der katholischen Kirche von heute, einzigartige vergleichende Übersicht über die ten die damaligen Zustände und diese Dispute die neueren naturwissenschaftlichen Erkennt- Pfarrkirchen im Kanton Schwyz. Wie Markus schliesslich zur Bildung der reformierten Kir- nisse über das Leben und die technologische Im Namen der Römisch-katholischen Bamert und Michael Tomaschett in der Einlei- che. Die katholische Kirche reagierte darauf Euphorie rund um die Stichworte Digitalisie- Kantonalkirche danke ich allen Beteiligten tung ausführen, gibt uns der Bau der Kirchen mit einer katholischen Reform. Auch die Auf- rung und Künstliche Intelligenz wie in der herzlich für die Realisierung des einen Einblick in wesentliche Epochen des klärung forderte die Kirche heraus und führ- Vergangenheit zu einem nächsten theologi- vorliegenden Bildbandes, der einen katholischen Christentums über beinahe 1000 te zur Weiterentwicklung der theologischen schen Entwicklungsschritt und zu einem er- wertvollen Einblick in unsere Kirchen Jahre. Die Pfarrkirchen sind somit Zeugen Inhalte. Parallel zu der theologischen Ent- neuten Aufbruch führen, der auch den Kir- landschaft ermöglicht. der «weltumspannenden» Kirchengeschichte wicklung folgt auch die architektonische und chenbau beeinflussen könnte. vor Ort. Der aufwendig hergestellte Bildband künstlerische Ausgestaltung der Kirchen. Die Unsere Pfarrkirchen sind ein bedeutender ist ein Werk, das es in vergleichbarer Form Kirchengeschichte zeigt, dass sich die Ent- kultureller Schatz. Die Bau- und Handwerks- noch nicht gibt. In knapp gehaltenen Texten wicklung nicht aufhalten lässt und es die kunst, die sie zum Ausdruck bringen, zeugen werden die Kirchen vorgestellt. Kurzen histo- Menschen sind, die sich weiterentwickeln. von der Bedeutung, welche die Pfarrkirchen rischen Einleitungen folgen die Beschreibung Lange standen sich Politik und Kirche in der Vergangenheit für die Gesellschaft hat- der Sakralräume, deren Situierung inner- sehr nahe. Das Wort von der Kanzel spielte ten, welchen Anker sie für das gesellschaftli- Lorenz Bösch halb der stilistischen Entwicklung, allfällige in der gesellschaftlichen und politischen Mei- che Leben spielten. Heute sind sie für weniger Präsident des Kantonalen Kirchen spezielle Aspekte sowie die Einordnung der nungsbildung eine wesentliche Rolle. Die Menschen zu einem stilleren und vor allem vorstandes Qualität der Ausstattungen. Zusammen mit Aufklärung und die Wirren als Folge der geistigen Mittelpunkt im Leben geworden. den weiterführenden Literaturhinweisen am Französischen Revolution führten zu einer Die Menschen werden trotz allen technologi- Schluss des Buches eignet sich dieses deshalb schrittweisen Entflechtung von Politik und schen Möglichkeiten und wissenschaftlichen auch zur Wissensvermittlung in der kirchli- Religion in Europa und somit auch in der Erkenntnissen Orte der Ruhe und spirituellen chen Erwachsenenbildung. Schweiz, bis schliesslich 1992 Kirche und Orientierung brauchen. Es ist eine wichtige So fest wie unsere Kirchen im Raum ste- Staat auch im Kanton Schwyz institutionell und schöne Aufgabe der Kirchgemeinden, hen, so bewegt ist die Geschichte des Lebens weitgehend entflochten wurden. Über Jahr- diese Kulturgüter zu pflegen und dafür zu um sie herum und in ihnen selbst. Die Visita- hunderte war also die Pfarrkirche nicht nur sorgen, dass in ihnen und darum herum ein tion der Pfarreien im Tessin und in der Zen der Mittelpunkt des Glaubens, sondern als re- aktives kirchliches Leben stattfinden kann, tralschweiz durch den heiligen Karl Borro gelmässiger Versammlungsort auch der Mit- das auf die seelischen und spirituellen Bedürf- mäus im Jahre 1570 beschreibt beispielsweise telpunkt der politischen Meinungsbildung. nisse der heutigen Gesellschaft eingeht. einen Zustand des kirchlichen Lebens, der für Die Pfarrkirchen im Kanton Schwyz stehen Der Fotograf Andy Crestani zeigt die Axia- uns heute schwer vorstellbar ist. Was heute noch unübersehbar in unseren Dörfern. Sie lität und Symmetrie des Kirchenbaus auf eine als «der rechte Glaube» verstanden wird, ist erhalten aber zusehends Konkurrenz durch Art und Weise, wie sie das menschliche Auge das Ergebnis von intensiven und teilweise immer grössere weltliche Bauten. Auch die aus normaler Sicht nicht erfassen kann. Bei heftig geführten theologischen Diskussionen politische Meinungsbildung hat sich in ande- den doppelseitigen Motiven wird der Blick- 9
EINLEITUNG Stilistische Entwicklung UNTERSCHIEDLICHE EINFLÜSSE Die älteste noch existierende Pfarrkirche auf Vom 14. Jahrhundert bis kurz vor der Re- Schwyzer Kantonsgebiet ist die Kirche St. Pe- formation – mit einem Schwerpunkt um 1500 ter und Paul auf der Insel Ufnau im Zürich- – ist eine rege Bautätigkeit festzustellen. Die see. Die Insel kam im Jahr 965 dank einer meisten Pfarrkirchen wurden neu errichtet Schenkung von Kaiser Otto I. an das noch oder zumindest vergrössert. Sie folgten nun junge Kloster Einsiedeln. Die Kirche diente als vielfach dem gleichen Schema: rechteckiges, Pfarrkirche für den gesamten oberen Teil des langgezogenes Langhaus mit flacher Holz- Zürichsees. Diese Urpfarrei verlor jedoch be- decke, eingezogener, gewölbter Chor mit po- reits in mittelalterlicher Zeit sukzessive an Be- lygonalem Abschluss und Chorflankenturm. deutung, da verschiedene Ortschaften am See Eine Ausnahme bildet neben der Pfarrkirche eigenständige Pfarreien wurden. St. Peter und Schwyz und der Klosterkirche Einsiedeln die Paul, erbaut um 1140, ist der älteste integral Kirche in Steinen (S. 46), wo das Langhaus erhaltene Sakralbau. Alle anderen im Früh- dreischiffig war, was auf ihre besondere Be- und Hochmittelalter nachgewiesenen Kirchen, deutung hinweist. Von weiteren gotischen etwa in Schwyz (S. 18), Arth (S. 30), Muota Kirchen haben sich das gesamte Mauerwerk thal (S. 42), Steinen (S. 46), Morschach (S. 78), (Morschach S. 78) oder zumindest wesentliche Gersau (S. 94), Tuggen (S. 140) oder in Wangen Teile davon wie der Chor (Oberiberg S. 58; Al- (S. 144) wurden im Laufe der Jahrhunderte tendorf S. 116) erhalten. Über die ausführen- erweitert oder gleich vollständig neu erbaut. den Architekten und Baumeister sind wir in Oft sind nur noch Fundamente oder wenige der Regel nicht im Bild. Bauteile aus der Gründungszeit vorhanden. In den Jahrzehnten nach der Reformation Annähernd vollständig erhalten ist der roma- erfolgten kaum wesentliche Baumassnahmen. nische Kirchenbau in Sattel (S. 50). Dieser ist Dies änderte sich während der katholischen jedoch heute im gotisch und barock überform- Reform im Anschluss an das Konzil von Tri- ten sowie mehrfach erweiterten Raum kaum ent (1545–1563). Als frühes Beispiel sei Stei- mehr zu erkennen. Ferner entstanden durch nerberg angeführt (S. 74). Das Konzil hatte Abkurungen, d. h. durch Ablösungen von der sich u. a. mit dem Kirchenbau beschäftigt und jeweiligen Mutterpfarrei, allmählich weite- forderte Änderungen der Architektur. Feder- re neue Pfarreien. Zuletzt um die Mitte des führend war der in der katholischen Schweiz 20. Jahrhunderts Ibach (S. 22), Seewen (S. 26), durch seine Reisebeschreibungen bestens be- Goldau (S. 34), Studen (S. 66), Buttikon (S. 136) kannte Kardinal Karl Borromäus. Er beschrieb und Pfäffikon (S. 200). Pfarreigründungen be- die Kirchen der Innerschweiz allgemein als wirkten oftmals den Neubau einer Kirche. schmutzig, dunkel und vernachlässigt. Nach 11
DEKANAT INNERSCHWYZ Schwyz Ibach Seewen Arth Goldau Ingenbohl Muotathal Steinen Sattel Rothenthurm Oberiberg Unteriberg Studen Lauerz Steinerberg Morschach Alpthal Illgau Riemenstalden Gersau Küssnacht Immensee Merlischachen
DEKANAT INNERSCHWYZ Seewen PFARRKIRCHE UNSERE LIEBE FRAU Dank der Lage am Pilgerweg über die Hag- ser Kirchgemeindesaal eingerichtet. Neben genegg nach Einsiedeln entwickelte sich in der Kirche steht der hohe schlanke Kirchturm, Seewen schon im frühen 16. Jahrhundert eine wohl einer der wenigen mit Leuchtziffern an Wallfahrt zur Madonna von Seewen. Gemäss den Turmuhren. Das Portal erreicht man über Legende soll zur Zeit der Reformation eine aus eine doppelläufige Treppe. Die strenge Giebel- den Niederlanden vertriebene Frau beim Lau- fassade ist durch ein gegenüber dem Dach ge- erzersee eine Marienstatue aus dem Wasser genläufiges sechsteiliges Fenster aufgelockert. gerettet haben. Sie wollte diese nach Einsie- Das Innere zeigt die Konstruktion des Ge- deln tragen. Die Skulptur liess sich aber nicht bäudes mit leicht konischen Betonbindern, mehr bewegen, bis man beschloss, diese in die die an den Wänden und im Giebeldach be- Kapelle von Seewen zu bringen. Diese spätgo- tont sind und das Kirchenschiff rhythmisie- tische Madonna befand sich bis zum Bau der ren. Unter dem Dachansatz sind beidseits lan- neuen Marienkirche im Jahr 1961 in der Alten ge Fensterbänder eingezogen, unterbrochen Kapelle von Seewen, einem Bau aus der Mitte einzig von den vorkragenden Betonbindern. des 17. Jahrhunderts mit reicher Barock- und Der Chor ist zur Betonung der liturgischen Rokokoausstattung. Als Projekt des Kantons Zone mit roten Sichtbacksteinen verkleidet. Schwyz im Europäischen Jahr für Denkmal- Vor der rechten Chorbogenwand ist heute das pflege 1977/78 wurde die Kapelle dann vor Gnadenbild platziert. Insgesamt wirkt die Kir- dem Abriss gerettet und restauriert. che aussen wie innen eher nüchtern und sehr Im Jahr 1961 konnte die neue Marienkirche schlicht. Einzig das monumentale Fenster in eingeweiht werden, deren Bau durch die Ini- der Westfassade mit der Pfingstdarstellung tiative der Einwohner von Seewen überhaupt des Goldauer Malers Hans Schilter vermag erst möglich geworden war. Die neue Kirche bei starker Lichteinstrahlung durch die rei- sollte 600 Plätze besitzen. Erklärtes Ziel war, chen Farbtöne des Glases im Raum intensive eine selbstständige Pfarrei zu werden und sich Lichtakzente zu setzen. MB von Schwyz zu lösen, was dann 1966 auch möglich wurde. Den Auftrag für den Neu- bau der Kirche erhielt der Seewener Archi- tekt Wilhelm Freitag. Der Grundriss und die Gesamterscheinung der Kirche folgen einem traditionellen Schema mit langgezogenem Kirchenschiff und breitem, leicht abgehobe- nem Chor. Unter der Kirche wurde ein gros- 27
DEKANAT INNERSCHWYZ Alpthal PFARRKIRCHE ST. APOLLONIA Die 1885/86 nach Plänen des Einsiedler Bau- stilisierten Lilien und Gittermustern überzo- meisters Ignaz Hörbst errichtete Pfarrkirche gen. Figürliche Darstellungen beschränken bildet zusammen mit dem Schulhaus ein be- sich auf wenige Stellen. deutendes historistisches Ensemble innerhalb Ebenfalls aus der Bauzeit stammen die drei des Strassendorfes Alpthal. Der Vorgängerbau neugotischen Altäre, die in Werkstätten im stand rund 50 m weiter nördlich und war eine st. gallischen Wil aus Holz angefertigt wur- Barockkapelle aus den frühen 1690er-Jah- den. Der Hochaltar ist eine Arbeit von Alois ren. 1797 wurde die Kapelle zur Filialkirche Holenstein, während Franz August Müller der von Schwyz und 1805 zur eigenständigen Schöpfer der Seitenaltäre ist. Das Hochaltar Pfarrkirche erhoben. Beim Bau der heutigen bild mit der Darstellung des Herzens Jesu neugotischen Kirche entschied man sich aus malte der Uznacher Deschwanden-Schüler Platzgründen zur Verlegung des Standorts. Franz Vettiger. Die gipsernen Altarfiguren Der auf einem aufgeschütteten Plateau ste- bezog man bei Adelrich Benziger im nahen hende Sakralbau ist nach Osten ausgerichtet Einsiedeln. In der Mittelnische des linken Ne- und verfügt über ein dreiachsiges Schiff, ei- benaltars steht die sogenannte Bruust-Ma- nen eingezogenen Polygonalchor und einen donna, die früher im Bildstock Bruust am al- nordseitig angebauten Chorflankenturm mit ten Verbindungsweg nach Schwyz aufgestellt Spitzhelm. Die gesamte Kirche umziehen ab- war. Diese qualitätsvolle spätgotische Holz- getreppte Strebepfeiler. Der Innenraum wirkt skulptur aus der Zeit um 1475 bis 1480 lässt im Vergleich zum schlichten Äusseren feier- sich dem Allgäuer Bildhauer Hans Rueland lich. Steile, tief an den Wänden ansetzende von Wangen zuschreiben. Zur neugotischen Kreuzrippengewölbe überspannen das Schiff Originalausstattung zählen auch die Kanzel und den Chor. Das Licht wird gedämpft durch (Franz August Müller), die Stationenbilder dezent farbige Fenster aus der Bauzeit, ange- (Adelrich Benziger), die beiden Beichtstühle fertigt durch Friedrich Berbig in Zürich-En- (Josef Blaser, Schwyz) und die Orgel auf der ge. Dekorationsmalereien von der Hand Josef Westempore (Spaich & Sohn, Rapperswil). Als Traubs aus Rorschach überziehen die Gewöl- erster neugotischer Sakralbau im Kanton ist be und Wände annähernd vollständig. Im die Pfarrkirche Alpthal von besonderer archi- Sockelbereich ist eine reiche architektonische tekturgeschichtlicher Bedeutung. MT Spitzbogengliederung zu sehen. Darüber sind im Schiff an Stangen befestigte Wandbehänge aufgemalt. Die Zwickel zwischen den Gewöl- ben und die obere Chorbogenwand sind mit 83
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DEKANAT AUSSERSCHWYZ Lachen PFARRKIRCHE HEILIG KREUZ Die Doppelturmfassade der Pfarrkirche ist als den Chorbogenwänden Seitenaltäre platziert Erkennungszeichen von Lachen weit vom See werden können. her zu sehen. Im Dorf steht man hingegen Stuckaturen des Tessiners Giovanni Bat- recht unvermittelt vor der mächtigen Fassade, tista Neurone begleiten das Gewölbe. Aus für die ein wesentlich grösseres Umgelände zu Stuckmasse besteht auch die Verkündigungs- erwarten wäre. Nachdem sich Lachen bereits gruppe am Chorbogen. Die dem Hochbarock im Jahr 1520 zur selbstständigen Pfarrei er- entsprechend zurückhaltend kleinen Decken- klärt und damit von Altendorf abgelöst hatte, bilder schuf der Arther Maler Johann Bal beschlossen die Kirchgenossen 1707 den Bau thasar Steiner. Starke Farbakzente setzen die einer neuen Kirche am selben Ort. Damit ist drei Altäre. Der Hochaltar aus der Lachner die Engnis innerhalb der Dorfstruktur zu er- Werkstatt des Franz Josef Brägger passt sich klären. Sie schlossen einen Vertrag mit den elegant in die Chorapsis ein. Drei leuchtend Vorarlberger Baumeistern Johann Peter und blau gefasste Säulenpaare rahmen das grosse Gabriel Thumb ab. Neben Einsiedeln ist sie Mittelbild mit der Kreuzigung Christi von der somit die grösste Kirche im Kanton Schwyz, Hand des Lachner Malers Leonz Fridolin Düg- die von dieser Architektenschule gebaut wor- gelin. Die beiden architektonisch strengeren den ist. Seitenaltäre stammen aus der Vorgängerkir- Wie die Doppelturmfassade wirkt auch der che und gehören somit einer älteren Stilstufe Innenraum streng und ist gut zu erfassen. Es an. Auf der grossen rückseitigen Empore steht handelt es sich um einen Raum, der mustergül- die mächtige, bereits dem Klassizismus zuge- tig dem Vorararlberger Bauschema entspricht. hörige Orgel. Wenig beachtet, da in grosser Drei kräftige Wandpfeilerpaare gliedern das Höhe oberhalb der Emporen montiert, ist der Schiff und bilden so schmale Seitenschiffe. Apostelzyklus, angeführt von Christus und Stichkappen dringen in das breite Tonnen- Maria. Der qualitativ hervorragende Zyklus gewölbe ein, während in den Seitenschiffen des Bildhauers Georg Guggenbühl aus Dillin- Längstonnen von Pfeiler zu Pfeiler gespannt gen, der auch in Einsiedeln tätig war, stammt sind. Schmale Durchgänge durchstossen die aus der alten Kirche. Architektur und Aus- Pfeiler, darüber sind geradlinige Galerien mit stattung der Lachner Pfarrkirche gehört zum kräftig profilierten, bunt gefassten Baluster- Qualitätvollsten, was im Kanton Schwyz an geländern eingespannt. Belichtet wird das sakraler Architektur realisiert worden ist. MB Kirchenschiff von kleinen Fenstern unterhalb und grösseren über den Galerien. Der Chor ist gegenüber dem Schiff eingezogen, sodass an 113
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DEKANAT AUSSERSCHWYZ Tuggen PFARRKIRCHE ST. ERHARD Bereits in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhun- sehr fein modellierter Stuck überzieht die derts stand an der Stelle der heutigen Pfarr- ganzen Gewölbeflächen. Stilistisch gehört kirche ein erster Sakralbau. Innerhalb dieses der Stuck dem Régence an, einem Stil, der Grundrisses wurden 1957/58 anlässlich von ab 1715 den kräftigeren Barockstil ablöst. Die archäologischen Untersuchungen bedeuten- in Frankreich nach dem Tod von Louis XIV de Grabbeigaben gefunden. Es handelt sich entwickelte Formensprache wird in der Folge dabei um reichverzierte Gürtelbeschläge aus auch von süddeutschen Stuckateuren über- Eisen, Messing und Silber. Es ist anzuneh- nommen. Von einem solchen dürften auch die men, dass es sich bei den drei Bestatteten um Stuckarbeiten in Tuggen stammen. Typisch die Kirchengründer handelt. Zu Beginn des sind dabei das Gitter- und gefaltete Bandel- 7. Jahrhunderts sollen in Tuggen die irischen werk, das mit pflanzlichen Motiven angerei- Glaubensboten Kolumban und Gallus auf eine chert ist. Die diskrete Farbigkeit beschränkt heidnische Bevölkerung gestossen sein und sich dabei auf die Hintergründe, während der diesen gepredigt haben. Bis ins Jahr 1652 ge- Stuck selber weiss bleibt. Die Deckenbilder hörte Tuggen zum Kloster Pfäfers. 1733 wurde des Lachners Martin Leonz Zeuger beanspru- die Kirche neu erbaut, lediglich der Turm mit chen wenig Platz. dem Käsbissendach blieb erhalten. Neben dem Dominant und optisch sehr präsent sind Haupteingang ist ein bemerkenswertes Grab- hingegen die reich ausgestatteten vier Altäre. mal, um 1680 zu datieren, montiert. Das für Hier gab der Lachner Altarbauer Franz Josef Johannes Huber geschaffene Epitaph gehört Brägger sein Bestes, dies insbesondere beim zu den wenigen erhaltenen Grabmälern des Hochaltar mit seiner kräftigen Säulenarchi- Hochbarocks in unserer Gegend. tektur und den beiden seitlichen Durchbli- Das Innere überrascht durch seine reiche cken, in denen ausladend grosse Figuren der Ausstattung. Der Grundriss des Kirchenschiffs hll. Erhard und Nikolaus stehen. Auch die Sei- ist zwar schlicht rechteckig, das östlichste tenaltäre und der im angedeuteten Querschiff Joch jedoch beidseits leicht verbreitert und stehende Viktor-Altar besitzen mit ihrer spät- deutet so ein Querschiff an. Der Chor ist stark barocken Üppigkeit die gleiche Qualität. Ins- eingezogen, sodass eine breite Chorbogen- gesamt ist das Innere der Pfarrkirche Tuggen wand entsteht. Bemerkenswert sind im Chor ein äussert gelungenes Beispiel einer Ausstat- die beiden Emporen, die leicht in den Raum tung der Rokokozeit. MB vorkragen und durch grau marmorierte Ba luster auffallen. Prachtvoll ist die Decke im Schiff und im Chor gestaltet. Reicher, aber 141
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DEKANAT AUSSERSCHWYZ Einsiedeln KLOSTERKIRCHE UNSERE LIEBE FRAU Die Klosterkirche in Einsiedeln hat verschie- geschaffen von den Münchnern Cosmas Da- dene Funktionen zu erfüllen. Sie ist primär mian und Egid Quirin Asam. Es gelang ihnen, die Ordenskirche der hier ansässigen Benedik- den vom Klosterarchitekten Bruder Caspar tiner, zudem ist sie Wallfahrtskirche mit der Moosbrugger geschaffenen Raum gebührend Gnadenkapelle und der Schwarzen Madonna zu vollenden. Sie gehören wohl zu den besten und schliesslich inoffizielle Einsiedler Pfarr- Künstlern ihrer Zeit, die für solche aufwändi- kirche. Sie gebührend zu würdigen, ist hier gen Aufgaben zur Verfügung standen. Bei den nicht der Platz, gehört das ganze Kloster samt Deckenbildern handelt es sich um Nachtdar- Kirche und Platz, überragt von der Doppel- stellungen; sie sind entsprechend eher dun- turmfassade, doch zu den bedeutendsten sa- keltonig gehalten. Im mehrteiligen Bild im kralen Anlagen im süddeutschen Kulturraum. Oktogon steigt Christus zur Weihe der Kapelle Bereits der Klosterplatz mit Marienbrun- vom Himmel herab. Es folgt im Predigtraum nen und den seitlichen Kolonaden verrät, was die Abendmahlsdarstellung und im Oktogon den Besucher erwartet. Zwar betritt er die die vielfigurige Weihnachtsdarstellung. Kirche nicht durch das zentrale Hauptportal. Eine Generation später wurde der Ende des Vielmehr tritt er diagonal durch die Seiten- 17. Jahrhunderts vom Vorarlberger Johann portale ins Innere und steht seitlich bei der Georg Kuen geschaffene Chor dem neu er- Gnadenkapelle mit der Schwarzen Madonna. bauten Kirchenschiff angepasst. Hier fanden Erst hinter der Kapelle im Zentrum des so- die wiederum aus Bayern zugezogenen Franz genannten Oktogons öffnet sich der auf den Anton Kraus und Johann Baptist Babel mit Chor hin ausgerichtete Kirchenraum. Von hier ihren Bildern und Stuckplastiken den würdi- überblickt der Besucher den Predigtraum mit gen Anschluss an das Kirchenschiff. Dank des der prachtvollen Kanzel, die anschliessende Beziehungsnetzes des Abtes war es möglich, Weihnachtskuppel und den durch das pers- diese Künstler beizuziehen. Kloster mit Kirche pektivische Gitter abgetrennten Chor. Schma- und Platz bilden so eine gestalterische Ein- le Seitenschiffe begleiten die Kuppelräume. heit, wenn auch verschiedene Generationen Den ganzen Raum gleichzeitig zu erfassen, ist daran gearbeitet haben. Alle waren stets be- nicht möglich, so reich ist er ausgestattet. Un- müht, ihr Bestes zu geben. MB ten dominieren die zahlreichen Altäre, die in italienischer Art parallel zu den Aussenwän- den stehen und so gegen den Raum hin aus- gerichtet sind. Die Gewölbezone beherrscht die Pracht der Stuckaturen und Deckenbilder, 161
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DEKANAT AUSSERSCHWYZ Gross VIERTELSKIRCHE ST. JOHANNES NEPOMUK Die Kirche St. Johannes Nepomuk in Gross Kirchenschiff und den Vorchor. Dieses Ge- verdankt ihr Aussehen im Wesentlichen einem wölbe ist auf markante Konsolen abgestützt. eingreifenden Umbau aus den Jahren 1924/25 Ungewohnt ist die Position der Kanzel relativ unter der Leitung des Einsiedler Paters Viktor hoch oben am Chorbogen, zugänglich über Stürmle. Den Kern der heutigen Anlage bildet den Turm. eine kleine Kirche aus dem späten 18. Jahr- Die Wände im Schiff und Chor sowie die hundert, die jedoch bereits um 1860 vergrös- Holzdecke sind mit feinen ornamentalen Ma- sert worden ist. Dieser Baukörper von 1860 lereien dekoriert. Hier finden sich neben Mo- ist noch heute im Wesentlichen erhalten. Le- tiven, wie man sie bei historistischen Bauten diglich der Turm und die Eingangspartie mit kennt, für den Kanton Schwyz selten ange- den beiden apsidenartigen Vorbauten wurden wandte Elemente des floralen Jungendstils. 1924 dazugebaut. Solche sind bei den Fenstereinfassungen im Stark verändert wurde jedoch das Innere. Schiff, bei der Darstellung des Heiligen Geis- Der relativ kleine, in drei Zonen aufgeteilte tes an der Chorbogenwand und an der gan- Raum erscheint dadurch wesentlich länger, zen Chorwand angewandt. Daneben sehen als er tatsächlich ist. Der alte Chorbogen von wir auch Einflüsse des linearen Wiener Se- 1860 wurde neu auf kräftige Pfeiler mit En- zessionsstils, so beim Fliesenboden, bei der gelskapitellen abgestützt, eine Arbeit von Kanzel und bei der Bemalung, die die beiden Alois Payer und Franz Wipplinger in Einsie- Chorbogen begleitet. Spannend ist dabei zu deln. Dahinter folgt ein quadratischer Vor- beobachten, wie lange traditionelle Elemen- chor. Ein zweiter, etwas kleinerer Chorbogen te des Historismus nachwirken und diese mit mit annährend identischer Gestaltung wie der durchaus modernen, zeitgemässen Elementen erste Bogen trennt den eigentlichen Chorraum kombiniert werden. Dazu gehört insbesondere ab. Den optischen Abschluss dieser Raumfol- auch der Glasscheibenzyklus mit den Apos ge bildet ein proportional etwas klein gerate- telbüsten nach dem Entwurf von P. Viktor ner Altar mit Schnitzereien ebenfalls aus der Stürmle. Diese geschickte Kombination macht Werkstatt Payer & Wipplinger. Über der Altar- den Innenraum der Kirche von Gross zu ei- mensa ist das direkt auf die Mauer aufgezoge- nem Solitär in unserer so reichen und vielfäl- ne Altarbild von Pater Viktor Stürmle mit der tigen Kulturlandschaft. MB Darstellung des Kirchenpatrons von einem reichen gemalten Ornamentrahmen umgeben. Eine schwere kassettierte und mehrfach ge- brochene Holztonne von 1924 überspannt das 181
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AUTOREN, FOTOGRAF rechts Markus Bamert, Autor Geboren 1950, in Rickenbach SZ aufgewachsen. Matura am Kollegium Maria Hilf in Schwyz. Studium an der Universität Freiburg i.Ue. mit Abschluss in Kunstgeschichte und Geschichte. Parallel zum Studium Ausbildung zum Restaurator bei Prof. Oskar Emmengger mit Schwerge- wicht Bauuntersuch und Wandmalerei. Anschliessend während 35 Jahren als Denkmalpfleger im Kanton Schwyz tätig. In dieser Tätigkeit begleitete er die Restaurierung des Grossteils der Pfarr- kirchen im Kanton Schwyz. Die Kurzberichte zu diesen Restaurierungen sind in den Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz zu finden. Seit 2012 Betreuer der Kunstsammlung des Klosters Einsiedeln. Von ihm sind zahlreiche Publikationen zu Kunstdenkmälern im Kanton Schwyz erschienen. links Michael Tomaschett, Autor Geboren 1968, Dr. phil. I, Kunsthistoriker. Lizentiatsarbeit zu Dreikönigsdarstellungen in der mit- telalterlichen und frühneuzeitlichen Wandmalerei der Kantone Graubünden und Tessin. In seiner Dissertation befasste er sich mit dem barocken Klosterneubau in Engelberg. Forschungsschwer- punkt ist die Innerschweizer Kunst- und Architekturgeschichte vom Mittelalter bis ins 19. Jahr- hundert. Seit 2009 ist er im Amt für Kultur des Kantons Schwyz als Kunstdenkmäler-Inventari- sator angestellt. Mitte Andy Crestani, Herausgeber und Fotograf Geboren 1969, in Davos GR aufgewachsen. Ausbildung in visueller Kommunikation – Fachrich- tung Corporate Design und Editorial Design. Langjährige Tätigkeit als Grafikdesigner, Art Director und Creative Director bei Druck- und Kommunikationsdienstleistern in Graubünden, im Fürsten- tum Liechtenstein und im Kanton Schwyz. Weiterbildungen in Marketing und Projektmanage- ment. Seit 2018 Inhaber der vimeco GmbH in Siebnen – Agentur für Branding, Kommunikation und Projekte. Autodidaktischer Fotograf mit Schwerpunkt Architektur, Business-Reportage und -Porträts. Ausstellung diverser Fotografieprojekte an der grössten Werkschau für Fotografie der Schweiz «photoZÜRICH». Publikationen in internationalen Fach- und Lifestyle-Magazinen. 213
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