KESSELSAND IM GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU

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KESSELSAND IM GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU
ANWENDUNGSBERICHT                                          SPEZIAL

KESSELSAND IM
GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU

Bild 1: Leichte, poröse mineralische Komponenten für Kultursubstrate wie Kesselsand kommen immer dort zum Einsatz, wo es auf eine hohe Wasserspeicherfähigkeit und geringes
Gewicht ankommt, zum Beispiel bei Dachbegrünungen. [Foto: WIN/Arpad Benedek 2013]

EIN BEGEHRTES LEICHTGEWICHT
NACHHALTIG UND MIT HOHER SPEICHERFÄHIGKEIT
„Bäume und Sträucher, Hecken, Blumen und Wiesen –                                        Mit diesem Vorwort zu Ihrem Grünbuch stieß Umwelt-
urbanes Grün macht unsere Städte attraktiver und lebens-                                 ministerin Dr. Barbara Hendricks im Jahr 2015 die Entwick-
werter. Stadtgrün reguliert die Temperatur, reinigt die Luft                             lung an, bestehendes Grün zu erhalten und neue Grün-
und wirkt sich damit positiv auf das Stadtklima und auf die                              flächen in den Städten zu entwickeln [1].
Gesundheit aus. Es bietet Lebensraum für Flora und Fauna
und unterstützt die biologische Vielfalt in der Stadt. Da im-                            Das fällt in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden: In einer
mer mehr Menschen in unseren Städten leben wollen und leben                              aktuellen forsa-Studie gaben fast alle Befragten (92 %) zum
werden, nimmt die Bedeutung einer „Grünen Infrastruktur“                                 Ausdruck, dass mehr Grün die Aufenthaltsqualität im urba-
zu. Sie steigert die Wohnqualität, fördert Freizeit, Sport und                           nen Raum verbessern würde [2].
Erholung und kann damit den sozialen Zusammenhalt und die
gesellschaftliche Teilhabe stärken.“

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KESSELSAND IM GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU
ANWENDUNGSBERICHT SPEZIAL – KESSELSAND

Auf dem Weg zu mehr „Stadtgrün“ lösen Planer nicht nur
die Nutzungskonflikte zwischen verdichtetem Bauen und
Freiräumen. Im städtischen Umfeld treffen Pflanzen zudem
nicht immer auf die besten natürlichen Wuchsbedingun-
gen. Begrünte Dächer und Pflanzenstandorte, die zwischen
Straße und Bürgersteig eingezwängt sind, stellen besonde-
re Ansprüche an den Boden, die aber durch den Einsatz von
Kultursubstraten mit Kesselsand erfüllbar sind.

Kesselsand als mineralisches Substitut gewinnt hier nicht
nur wegen seines geringen Gewichts, seines hohen Was-
serspeichervermögens, seiner ausgewogenen Zusammen-
setzung und seiner hohen Tragfähigkeit als Ausgangsstoff
für Kultursubstrate im Garten- und Landschaftsbau immer                                 Bild 2: In Hochbeeten fördert die Verwendung von Kesselsand in der Pflanzerde die
                                                                                        Durchwurzelbarkeit und die Durchlüftung. [Foto: WIN/ Patrizia Tilly]
mehr an Bedeutung, er überzeugt auch durch seine Nach-
haltigkeit. So stieg die Nachfrage nach Kesselsand im Gar-
ten- und Landschaftsbau im Jahr 2019 um 34 Prozent.                                     stellung von Substratkomponenten vermieden werden.
                                                                                        Die Entstehungsgeschichte des Kesselsands ist auch der
Kesselsand entsteht als Nebenprodukt bei der Verbren-                                   Grund dafür, warum dieses mineralische Substrat frei ist
nung von Steinkohle in Kraftwerken. Durch die Verwen-                                   von Teilen ausdauernder Pflanzen, welche die geplante
dung in Kultursubstrat können deshalb die natürlichen                                   Bepflanzung verdrängen könnten und mit großem Auf-
Ressourcen primärer, aus der Natur gewonnener Rohstof-                                  wand entfernt werden müssten.
fe geschont und Emissionen bei einer industriellen Her-

AUF DIE MISCHUNG KOMMT ES AN

In dicht besiedelten Gebieten ist der gewachsene Boden,                                 Bei Pflanzräumen an Verkehrsflächen und Gebäuden sor-
der heimischer Flora günstige Voraussetzungen für ihr Ge-                               gen Flächenversiegelungen und Grundwasserabsenkungen
deihen bietet, kaum noch anzutreffen. Aufgrabungen für                                  für einen bedrohlichen Wassermangel im Boden.
Ver- und Entsorgungsleitungen, Verfüllungen von Arbeits-
räumen an Bauwerken mit Aushub, Kies, Sand oder Splitt                                  Extreme Verhältnisse herrschen diesbezüglich bei Dach-
haben die Bodenbeschaffenheit hier drastisch verändert.                                 begrünungen, begrünten Lärmschutzwänden und -wällen
                                                                                        sowie Pflanzwänden.

                                                                                        Mit Kultursubstraten kann hier der Garten- und Land-
                                                                                        schaftsbauer trotz widriger Umstände die für die vorgese-
                                                                                        hen Bepflanzungen idealen Wuchsbedingungen schaffen.

                                                                                        Unter Substraten versteht der Garten- und Landschafts-
                                                                                        bauer einen technisch hergestellten Bodenersatz (künstli-
                                                                                        che Böden) bzw. einen verbesserten Ober-, Mutter- oder
                                                                                        Unterboden [3]. Die Hersteller von Substraten mischen
                                                                                        organische Komponenten wie Torf, Humus und Kompost
                                                                                        mit mineralischen Komponenten, z. B. Lava, Bims, Blähton,
                                                                                        Sand und Kesselsand. Alle mineralischen Komponenten
                                                                                        müssen frei von Fremdstoffen und Teilen von ausdauernden
                                                                                        Pflanzen sein, die in Konkurrenz zur geplanten Bepflanzung
Bild 3: Ein hervorragendes Wasserspeichervermögen des Kultursubstrats ist Vorausset-    treten. Es dürfen auch keine Schadstoffe auslaugbar sein.
zung für eine dauerhafte Begrünung von Pflanzwänden. Ein Fall für Kesselsand, der bei
einer Eigenfeuchte von 20–25 % zusätzlich etwa 25 M.-% Wasser in seinem Porenvolu-
men speichern kann. [Foto: WIN / Picasa]

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KESSELSAND IM GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU
ANWENDUNGSBERICHT SPEZIAL – KESSELSAND

Über das Mischungsverhältnis können die speziellen Anfor-
derungen der unterschiedlichen Standorte berücksichtigt
werden. So fordert zum Beispiel ein begrüntes Dach mit sei-
nem geringen Bodenvolumen komplexere Planungsschrit-
te, als eine Bepflanzung im öffentlichen Verkehrsraum.

Neben diesen „technischen Anforderungen“ gewinnen
aber auch Nachhaltigkeitsaspekte immer mehr an Bedeu-
tung. Schließlich will man ja nicht auf der einen Seite die
Natur in die besiedelten Gebiete zurückholen und auf der
anderen Seite über einen Raubbau an natürlichen Ressour-
cen oder durch klimaschädliche Emissionen der Natur
schaden.                                                                           Bild 4: Dachsubstrat mit Pflanzen

DIE HERKUNFT MACHT DEN UNTERSCHIED

Die mineralischen Komponenten von Kultursubstraten                                 Bims reißt Narben in die Landschaft. Zur Gewinnung von
kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen. Die Gewin-                              Bims, der zum Beispiel im Neuwieder Becken in Schicht-
nung aus der Natur muss dabei nicht immer das Beste für                            dicken von etwa 3 m ansteht, muss zunächst der Mutter-
unsere Natur sein. Die Betrachtung der mineralischen                               boden abgeschoben werden, bevor der Bims abgebaggert
Komponenten, die aufgrund ihrer Porosität und Wasser-                              und abgefahren werden kann.
speicherfähigkeit ausgewählt werden, verdeutlicht dies.
                                                                                   Aufgrund ihres vulkanischen Ursprungs sind Lava und Bims
Bei Lava und Bims handelt es sich um Material, dass vor lan-                       nur an wenigen Orten in Deutschland in abbauwürdigen
ger Zeit bei der Eruption von Vulkanen aus tiefen Erdschich-                       Schichtdicken anzutreffen und müssen daher meist über
ten emporgeschleudert wurde. Der Abbau von Lava und                                lange Transportwege – oft auch aus dem Ausland – zum
                                                                                   Verwendungsort transportiert werden.

                                                                                   Für den Garten- und Landschaftsbau sind auch Blähton und
                                                                                   Blähschiefer als mineralische Komponenten von Kultursub-
                                                                                   straten gut geeignet. Allerdings müssen sie vor ihrer Ver-
                                                                                   wendung einen industriellen Herstellungsprozess durchlau-
                                                                                   fen, bei dem der in natürlichen Vorkommen gewonnene Ton
                                                                                   in einem Drehofen bei etwa 1200 °C erst noch gebrannt
                                                                                   wird. Dabei verbrennen die enthaltenen organischen Stoffe
                                                                                   im Ton und das entstehende Kohlendioxid bläht das Mate-
                                                                                   rial auf das vier- bis fünffache Volumen auf. So entstehen
                                                                                   entsprechend der Form des Ausgangsmaterials kugelige
Bild 5: Bims wird z. B. im Neuwieder Becken in großflächigen Tagebauen der Natur   Körner (Blähton) oder plattige Körner (Blähschiefer) mit
entnommen. [Foto: WIN / Sascha Langenstein]
                                                                                   feinsten Poren.

KESSELSAND – DAS MINERALISCHE NEBENPRODUKT

Kesselsand besteht wie natürliches Vulkangestein im We-                            substraten erfüllt die Forderung des Kreislaufwirtschafts-
sentlichen aus Alumosilikaten, die auch Hauptbestandtei-                           gesetzes, die Verwendung von rezykliertem Material und
le der Erdkruste sind. Insgesamt weist Kesselsand einen                            industriellen Nebenprodukten zu fördern.
Gehalt an Spurenelementen auf, der dem von natürlichen
Böden ähnelt. Der Einsatz von Kesselsand in Vegetations-                           Kesselsand ist ein sogenanntes mineralisches Nebenpro-

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dukt der Strom- und Wärmeerzeugung in Kohlekraftwer-                       Kesselsand wird als mineralische Komponente meist mit ei-
ken. Die Betriebswirtschaftslehre definiert den Begriff                    nem Massenanteil von 10–40 % mit anderen mineralischen
„Nebenprodukt“ als Produkt, das bei einem Fertigungsver-                   und organischen Stoffen zu einem leistungsfähigen Subst-
fahren anfällt, dessen Hauptzweck aber nicht auf die Her-                  rat gemischt.
stellung dieses Nebenprodukts gerichtet ist. Für die Ener-
gieerzeugung wird die Steinkohle zunächst zu Kohlenstaub
gemahlen und dann mit der Verbrennungsluft in den Feuer-
raum gefördert, wo die organischen Bestandteile der Kohle
unter Wärmefreisetzung verbrannt werden.

Die nichtbrennbaren mineralischen Bestandteile agglome-
rieren zum Teil zu gröberen Partikeln und sammeln sich in
Trockenfeuerungskesseln am Kesselboden als Kesselsand.
Dort werden sie über eine Sammelrinne abgezogen und
mit einem Wassergehalt von ca. 45 % auf Haufwerken ge-
lagert. In der zwei bis vier Wochen dauernden Lagerung re-
duziert sich der Wassergehalt auf etwa 25 % Wassergehalt.
Danach kann der Kesselsand durch Siebung klassiert oder
direkt an die Hersteller der Substrate geliefert werden.                   Bild 6: Zwischenlagerung und Aufbereitung von Kesselsand

     CO2-NEUTRALITÄT VON KESSELSAND

    Da der Hauptzweck des Produktionsprozesses auf die                     zusätzlicher Eingriff in die Natur für Abbau und Aufbe-
    Strom- und Wärmeerzeugung zielt, ist es aus wissen-                    reitung erforderlich. Die natürlichen Ressourcen wer-
    schaftlicher Sicht schlüssig, dass die umweltrelevanten                den geschont, da weniger Naturprodukte eigens abge-
    Auswirkungen für die Gewinnung und Nutzung von                         baut und aufbereitet werden müssen. Beim Einsatz von
    Kesselsand nicht dem Nebenprodukt, sondern vollstän-                   Kesselsand wird entsprechend der Bilanzierungsgren-
    dig der Energieerzeugung beigemessen werden. Dies                      zen kein Kohlendioxid emittiert bzw. Treibhauspotenzial
    wird unter anderem auch durch entsprechende Werte                      erzeugt.
    für das Globale Erwärmungspotenzial (GWP) in der öf-
    fentlichen Baustoffdatenbank ÖKOBAUDAT gewürdigt                                                               GWP in kg CO2 Äquiv.
    (Tabelle 1). Das bedeutet, dass Kesselsand im Sinne des
    nachhaltigen Bauens keinen Eintrag in Stoffströme hat,                   Bims                                  0,008694
    die zur Anwendung in Ökobilanzen herangezogen wer-                       Blähton                               0,331900
    den. Der ökologische Fußabdruck ist also gleich NULL
                                                                             Kesselsand                            0,000000
    Die Nutzung von Kesselsand sorgt dafür, dass die Um-                    Tabelle 1: Werte für das Globale Erwärmungspotenzial (GWP)*
    welt weniger in Anspruch genommen wird. Es ist kein                    in der ÖKOBAUDAT** [4]

    *Mit dem Globale Erwärmungspotenzial (global warming potential, GWP) und der Maßzahl des CO2-Äquivalents einer chemischen Verbindung wird
    angegeben, in welchem Maß eine chemische Verbindung zur globalen Erwärmung beiträgt.
    **Die ÖKOBAUDAT (www.oekobau.dat) ist eine deutsche Baustoffdatenbank für die Bestimmung globaler ökologischer Wirkungen, die vom Bundesmi-
    nisterium des Innern, für Bau und Heimat zur Verfügung gestellt wird.

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DIE GRÜNE KOMPONENTE

Ein Hauptanliegen der Bundesgartenschau 2019 in Heil-            komposte, die mit weiteren Roh- und Reststoffen zu torffreier
bronn war es, Urbanität und Natur näher zusammenrücken           Erde veredelt werden. Unter anderem werden anstelle von
zu lassen. Auch bezüglich Nachhaltigkeit sollte die BUGA         Primärrohstoffen Kesselsand, ein Nebenprodukt aus der Stein-
2019 Maßstäbe setzen und als Gartenschau Lernort für             kohleverbrennung, und Holzfasern aus naturbelassenen Säge-
Nachhaltigkeit sein. Als erste Bundesgartenschau erhielt         werksholzresten verwendet.“
sie das EMAS-Zertifikat für geprüftes Umweltmanagement.
                                                                 Die „stimme.de“ ergänzt hierzu: „ … Auch hier zählt die kur-
In ihrer Umwelterklärung verpflichtete sich die BUGA 2019        ze Entfernung. Das Material stammt unter anderem aus dem
zu einem verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen             Heilbronner Kohlekraftwerk und ist für Produktentwickler
Ressourcen. Auch die Verwendung von Kesselsand als mi-           Christian Raichle perfekt für die Verwendung in dem neuen
neralische Komponente im Kultursubstrat spielte dabei            Pflanzsubstrat geeignet …“ [6]
eine Rolle. Mit einer Projektbegleitung durch neutrale Gut-
achter wurde sichergestellt, dass hierbei kein „Greenwas-
hing“ stattfand, also Maßnahmen als nachhaltig beworben
wurden, die es aber real nicht waren.

So steht die Stellungnahme des Ministeriums für Ländli-
chen Raum und Verbraucherschutz vor dem Landtag von
Baden-Württemberg zu Innovationen im Bereich Garten-
bau, ausgegeben am 5.11.2020, auf einem sicheren Funda-
ment. Hierin ist unter anderem zu lesen [5]:

„Auf der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 wurde eine
neuentwickelte, aus regionalen Rohstoffen erzeugte torffreie
Gemüse- und Pflanzerde eingesetzt. Grundlage für dieses spe-
                                                                 Bild 7: Auch aus ökologischen Gründen fiel bei der BUGA Heilbronn die Entscheidung
zielle Substrat – das auch weiterhin in Baden-Württemberg        für ein Kultursubstrat mit Kesselsand [5]. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsi-
hergestellt und vertrieben wird – sind Grüngut- und Bioabfall-   dent Kretschmann bei der BUGA-Eröffnung. [Foto: WIN/Steffen Schmid]

KESSELSAND: BIS IN DEN KERN UMWELTVERTRÄGLICH

In einer Studie [7] belegt Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer,        Die pflanzenverfügbaren Nährstoffe Stickstoff, Phosphor,
Professor für Vegetationstechnik an der Hochschule Gei-          Kalium und Magnesium lagen unterhalb der in den Richt-
senheim, wissenschaftlich die Umweltverträglichkeit von          linien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung
Kesselsand als Bestandteil von Kultursubstraten. So be-          Landschaftsbau e. V. (FLL) genannten Höchstwerte (Tab. 3).
stätigen Versuche an zwölf verschiedenen Kesselsanden
unterschiedlicher Kraftwerksstandorte seine äußerst ge-
ringe Auslaugbarkeit, die seinen Einsatz außerhalb der
Wasserschutzzonen I und II wie natürlicher Mineralstoff er-
möglicht.

Dabei unterschritten erwartungsgemäß, so Roth-Kleyer,
die gemessenen Kennwerte für die sieben Schwermetal-
le Arsen, Blei, Cadmium, Chrom gesamt und Chrom VI,
Nickel, Quecksilber sowie Thallium die in der Verordnung
über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfs-
stoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Dünge-
mittelverordnung, DüMV) genannten Kennzeichnungswer-
te bzw. Grenzwerte um ein Vielfaches (Tabelle 2). Das trifft     Bild 8: Bepflanztes Kultursubstrat mit Kesselsand als mineralischer Komponente
auch für Perfluorierte Tenside (PFT) zu.

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KESSELSAND IM GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU
ANWENDUNGSBERICHT SPEZIAL – KESSELSAND

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 NEBENBESTANDTEIL                                                  EINHEIT               GEMÄSS DÜMV                  MITTELWERT                 MAXIMALWERT
                                                                                        ANLAGE 2, TAB. 1.4
 Arsen                                                    mg/kg Trockensubstanz                   40                          5,6                       9,3

 Blei                                                     mg/kg Trockensubstanz                   150                         3,4                       5,5

 Cadmium                                                  mg/kg Trockensubstanz                   1,5                         0,1                       0,2

 Chrom gesamt                                             mg/kg Trockensubstanz                    –                         19,4                       28

 Chrom VI                                                 mg/kg Trockensubstanz                    2                          0,1                       0,5

 Nickel                                                   mg/kg Trockensubstanz                   80                         23,5                      39,5

 Quecksilber                                              mg/kg Trockensubstanz                    1                         0,068                    0,100

 Thallium                                                 mg/kg Trockensubstanz                    1                         0,13                       0,3

 PFT (Summe“ aus PFQA und PFOS)                                                                   0,1

 Perfluoroctansäure                                                                                                          0,007                     0,01

 Perfluoroctansulfonsäure                                                                                                    0,007                     0,01

Tabelle 2: Ergebnisse von Untersuchungen gemäß Düngemittelverordnung (DüMV) zu umweltrelevanten Kennwerten von Kesselsanden. Aus [7], Quelle: Wirtschaftsverband Mine-
ralische Nebenprodukte e.V., Düsseldorf

 EIGENSCHAFT                   EINHEIT         KS 1       KS 2       KS 3    KS 4     KS 5      KS 6       KS 7      KS 8       KS 9      KS 10      KS 11      KS 12

 Physikalische Eigenschaft
 Rohdichte in trocke-
                                 g/cm3         0,74      0,86       0,90     0,97     1,14      0,97       0,85       0,81      1,01      0,95       0,84        0,93
 nem Zustand
 max. Wasserkapazität            Vol.-%         51         49         47     49        47         47        51         53           45     48         49          50

 Chemische Eigenschaften

 pH-Wert (in CaCl2)             -log H+       8,30       8,60        9,22    9,07     8,86      8,87       8,69      9,33       9,14      8,82       8,67        9,25
 Salzgehalt (Wasse-
                                  g/l         0,60        0,70      0,60     0,50     1,00      0,60       0,60      0,60       0,70      0,50       0,30        1,00
 rextrakt)
 Gehalt an organi-
                                 M.-%         11,90       6,60       6,60    2,90     11,50      1,70       2,3       1,10      3,20      2,90       1,30        4,40
 scher Substanz
 auslesbare Fremd-
                                 M.-%         0,00       0,00       0,00     0,00     0,00      0,00       0,00      0,00       0,00      0,00       0,00        0,00
 stoffe
 Gehalt an pflanzenverfügbaren Nährstoffen

 Stickstoff                       mg/l          15         17         18      19       23         19        17         16           2       19        17           19

 Phosphor                         mg/l          74         112        72     116+      182       175        179       105       232        143        42         242

 Kalium (K2O) (CAL)               mg/l          37         43         45     49        57        49         43         41           51     48         42          47

Tabelle 3: Eigenschaften zwölf verschiedener Kesselsande (Auszug aus [7])

SACHVERSTÄNDIGE EMPFEHLEN KESSELSAND

Insgesamt empfehlen verschiedene namhafte Gutachter,                                  Rohstoffgewinnung der Primärprodukte irreversiblen Eingriffe
Kesselsand als Ausgangsstoff für Substrate einzusetzen [7]                            in die Umweltschutzgüter Boden, Wasser und Luft vermeiden.“
[8] [9] [10].
                                                                                      Der Grundlage für die wachsende Beliebtheit von Kessel-
So kommt auch Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer in der Zu-                                sand bei den Garten- und Landschaftsbauern sind aber seine
sammenfassung seiner Studie [7] zu dem Schluss:                                       vorteilhaften Eigenschaften als mineralische Komponen-
„Durch eine sachgerechte und qualitätsorientierte Verwen-                             te in Kultursubstrat [11]. Kesselsand hat durch sein großes
dung des Sekundärrohstoffs Kesselsand lassen sich die bei der                         Porenvolumen eine Kornrohdichte von nur 1,25–1,6 g/cm³

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ANWENDUNGSBERICHT SPEZIAL – KESSELSAND

und eine Schüttdichte von 0,6–1,0 g/cm³. Bei einer Ei-        anerkannten Vorgaben der FLL [12] und werden von den
genfeuchte von 20–25 % kann Kesselsand zusätzlich etwa        WIN-Mitgliedsunternehmen dokumentiert.
25 M.-% Wasser in seinem Porenvolumen speichern.
                                                              Durch die kantige Oberfläche verzahnt sich Kesselsand ero-
Die Körnung bei der Abgabe im lieferfrischen Zustand liegt    sionssicher und bietet eine gute Trittfestigkeit, die zudem
im Bereich von 1 bis 8 mm und kann je nach Anwendung auf      einen hohen Widerstand gegen nachträgliche Verdichtung
ein erforderliches Kornband abgesiebt werden. Nach den        aufweist. Kesselsand sorgt für eine dauerhaft luftführende
aktuellen Vorgaben der „Richtlinien für Planung, Bau und      Versorgung des Wurzelwerks. Phosphat ist als ein Haupt-
Instandhaltung von Dachbegrünungen“ erfüllt Kesselsand        nährelement für Pflanzen ausreichend vorhanden (Tab. 2).
alle relevanten physikalischen und bodenmechanischen Ei-      Kesselsande haben üblicherweise einen für Pflanzsubstrate
genschaften. Diese Richtlinien werden von der Forschungs-     günstig niedrigen Salzgehalt von etwa 0,7 g/l. Ein leicht er-
gesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V.       höhter pH-Wert ist gemäß der Methode YOUNG et.al. [13]
(FLL) herausgegeben und sind 2018 in überarbeiteter Form      unbedenklich, da Kesselsand eine sehr geringe alkalische
erschienen. Alle gemessenen Parameter entsprechen den         Reserve und sogenannte Pufferkapazität besitzt.

                                                              Das bedeutet, dass durch Zugabe von anderen sauer wir-
                                                              kenden organischen wie mineralischen Substratzuschlag-
                                                              stoffen wie z. B. Torf ein für vegetationstechnische Zwecke
                                                              anzustrebender pH-Wert von 5,5 bis 7,0 leicht eingestellt
                                                              werden kann [14].

                                                              So kommt auch Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer in seiner Zu-
                                                              sammenfassung in [7] auf den Punkt: „Mehrjährige Vegetati-
                                                              onsversuche (Roth-Kleyer, 2010) dokumentieren eine nachhal-
                                                              tige Vegetationsentwicklung auf der Kesselsandvariante.“
Bild 9: Kesselsand

ZUSAMMENFASSUNG: ANFORDERUNGEN AN SUBSTRATE

Unter Substraten wird im Garten- und Landschaftsbau ein       der Aminosäuren, der Vitamine, der Phytohormone oder
technisch hergestellter Bodenersatz (künstliche Böden)        der Mikroorganismen.
bzw. ein verbesserter Ober-, Mutter- oder Unterboden
verstanden [3].                                               Das Substrat muss dauerhaft gute Versickerungseigen-
                                                              schaften aufweisen, damit keine Staunässe entsteht, die
Diese Kultursubstrate kommen immer dann zum Einsatz,          den Bepflanzungen schadet. Gleichzeitig sind Bepflanzun-
wenn die vorhandenen Vegetationstragschichten ungeeig-        gen an solch schwierigen Standorten häufig von Trocken-
net sind und ausgetauscht werden müssen oder wenn die         perioden bedroht. Deswegen muss das Substrat auch ein
vorhandenen bzw. angelieferten Böden nicht in der Lage        hohes Wasserspeichervermögen aufweisen, um den Pflan-
sind, die hohen Anforderungen des Pflanzenstandortes zu       zen in der trockenen Zeit die Feuchtigkeit wieder zur Verfü-
erfüllen. Organische Stoffe, die dem Substrat zugemischt      gung stellen zu können [3].
werden, sorgen für die erforderliche Bodenfruchtbarkeit
u. a. durch Erhöhung des Humusgehalts, der Huminstoffe,       Was widersprüchlich klingt, kann mit einem mineralischen
                                                              Gestein wie Kesselsand sehr gut erfüllt werden.

    KESSELSAND
     · besitzt eine vorteilhafte Wasserdurchlässigkeit,
     · weist ein hohes Porenvolumen für die erforderliche Wasserspeicherung auf,
     · verzahnt durch seine kantige Oberfläche erosionssicher und gewährleistet eine gute Trittfestigkeit,
     · zeigt einen hohen Widerstand gegen nachträgliche Verdichtung,
     · ermöglicht eine dauerhaft luftführende Versorgung des Wurzelwerks [15]
     · ist umweltverträglich – kein Abbau von natürlichen Ressourcen
     · ist nachhaltig im Sinne des Nachhaltigen Bauens: keinen Eintrag in die Stoffströme und entsprechend der
        Bilanzierungsgrenzen wird kein Kohlendioxid emittiert bzw. Treibhauspotenzial erzeugt.

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ANWENDUNGSBERICHT SPEZIAL – KESSELSAND

LITERATURNACHWEISE

[1]	Grün in der Stadt − Für eine lebenswerte Zukunft.                            [12]	Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Land-
     Herausgegeben vom Bundesministerium für Umwelt,                                    schaftsbau e.V. (FLL) „Richtlinien für Planung, Bau und
     Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Ber-                                Instandhaltung von Dachbegrünungen (Dachbegrü-
     lin 2015                                                                           nungsrichtlinien)“ im Beuth Verlag; FLL Dachbegrü-
                                                                                        nungen:2018
[2] 
    Repräsentative forsa Omninet Umfrage im Februar
    2021 im Auftrag des Bundesverband Garten-, Land-                              [13]	Methode YOUNG et.al.(Stand: 2020); Bundesanstalt
    schafts- und Sportplatzbau e. V.                                                    für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dort-
                                                                                        mund: http://bit.ly/Methode-YOUNG
[3]	Prügl, Johannes: Landschaftsgärtnerische Erden und
     Substrate. Vortrag zum Infotag am 28. Januar 2015 der                        [14]	Roth-Kleyer, Stephan; Hochschule Geisenheim, Lehr-
     Adolf Steinbach Steinindustrie-Schotterwerke GmbH                                  und Forschungsgebiet Vegetationstechnik; für KGK
     & Co. KG                                                                           Kluth GaLaBau Kompetenz GmbH: „Mineralische und
                                                                                        Organische Ausgangsstoffe für Substrate im Garten-
[4]	Die ÖKOBAUDAT-Plattform wird von der Bundesre-                                     und Landschaftsbau“, Bochum, 2017 (Tabelle 5 (Seite
     gierung als standardisierte Datenbank für die ökologi-                             27))
     sche Bewertung von Gebäuden bereitgestellt. Daten
     zu Kesselsand: http://bit.ly/Kesselsand; Bims: https://                      [15] Liesecke, H.-J. und C. Heidger: Substrate für Stadt-
     bit.ly/3vWjMjl; Blähton: http://bit.ly/Blähton                                     bäume Teil 1: Darstellung und Beurteilung der Ergeb-
                                                                                        nisse aus dem Forschungsvorhaben des BMV „Bäume
[5]	Aus dem Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahl-                                    in Stadtstraßen“. [Substrates for Urban Trees Part 1:
     periode; Drucksache 16 / 8888. Eingegangen:                                        Presentation and Evaluation of Results from the BMV
     28.09.2020 / Ausgegeben: 05.11.2020                                                Research Project „Trees in Urban Streets.“] Stadt und
                                                                                        Grün 49 (2000) H. 7, S. 463–470. (Teil 2 in 2000)
[6]	Buga-Pflanzen sollen ohne Torf und Lava gedeihen
     (Artikel in: Heilbronner Stimme vom 15. April 2018)
    ht t p s : // w w w. s t i m m e . d e / h e i l b ro n n / b u g a / Bu -
     ga-Pflanzen-sollen-ohne-Torf-und-Lava-gedei-
     hen;art130362,4008802

[7]	
    Roth-Kleyer, Stephan: Kesselsande für Vegetations-
    substrate im GalaBau. Neue Landschaft 4/2020, S. 48

[8]	Reidel, Petra: Schnelltests für Baumsubstrate auf der
     Baustelle. dergartenbau Ausgabe 16 / 2014

[9]	Jauch, Martin: Mineralische Substrate und Substratzu-
     schlagstoffe. Informationsdienst Weihenstephan Aus-
     gabe Oktober 2009

[10]	Zingk, M., Braunisch, F.: Herstellung von Rekultivie-
                                                                                                                                                                        ANWENDUNG SPEZIAL: KESSELSAND 2021 -06

     rungssubstraten unter Einsatz von Kraftwerksrück-
     ständen. Tagungsband zur 3. Leipziger Deponiefachta-
     gung 2007; B 13 – Seite 1.
                                                                                                                              Toulouser Allee 71
[11]	Wirtschaftsverband Mineralische Nebenprodukte e. V.                                                                     40476 Düsseldorf
      (WIN): Anwendungsbericht: Kesselsand als Ausgangs-                                                                      0211 4578341
      stoff für Kultursubstrate (2019-09)                                                                                     service@win-ev.org
	https://win-ev.org/fileadmin/win-ev.org/News/                                                                               www.win-ev.org
      Anwendungsbericht-Kesselsand-als-Ausgangs-
      stoff-fu%CC%88r_Kultursubstrate_2019-09-20.pdf                              Hinweis: Diese Informationen sind mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen
                                                                                  zusammengestellt, eine Haftung kann jedoch nicht übernommen werden.

www.win-ev.org                                                                                                                                          Seite 8 von 8
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