Kirche in Corona-Zeiten: Ein Streifzug von A bis Z
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kirche in Corona-Zeiten: Ein Streifzug von A bis Z Seit Mitte März 2020 standen die Gemeinden und Einrichtungen der hanno- verschen Landeskirche vor der Aufgabe, das kirchliche Leben angesichts der Gefährdungen durch das Coronavirus zu gestalten. Dies hat zu einer bisher nicht gekannten und grundlegenden Veränderung des kirchlichen Angebots geführt – wie dieses ABC eines besonderen Jahresrückblicks zeigt. 14 B wie Bläser Auf einer 30 Meter hohen Drehleiter C musizierten Kantorin Meike Davids A wie Anmelde-APP (Trompete) und Kreiskantor Benja- C wie Campingseelsorge min Dippel (Posaune) gut gesichert Die Lockerung der Regeln ermög- am Ostersonntag über den Dächern Rund 1.000 orangefarbene Ruck- lichte ab Mai 2020 kleinere Gottes- von Northeim. Unterstützt wurde säcke mit Kreativideen, Andachten dienstformen. Die Anzahl der Be- der ungewöhnliche Ostereinsatz auf und Reisesegen haben Helferinnen sucherinnen und Besucher richtete dem Marktplatz vom Technischen und Helfer der „Kirche Unterwegs“ sich nach der Abstandsregel und der Hilfswerk, den Johannitern, dem in den Sommerferien auf ostfriesi- Größe der Kirche. Zur Planung der DRK und der Polizei. Mit der Aktion schen Campingplätzen über die Re- Gottesdienste in der Advents- und endete der Osterweg, der aufgrund zeptionen und vom „Kirche Unter- Weihnachtszeit bot die Landeskir- der Absage aller Präsenzgottesdiens- wegs-Mobil“ aus verteilt. „Gerne che Hannovers ab Anfang Novem- te digital stattfand und 7.000-mal wären wir mit den Kirchenzelten und ber unter der Adresse gottesdienst- geklickt wurde. den Teams vor Ort gewesen, aber die besuchen.de eine Web-App zur Sicherheit vor dem Coronavirus ging Gottesdienstanmeldung unter Coro- vor“, sagte Urlauberpastorin Antje na-Bedingungen an. Gemeinden und Wachtmann aus Aurich. Jede Woche Institutionen konnten sich in dem habe es für die Kleinen eine neue Tool registrieren, um ihre Gottes- Bastelidee im Rucksack gegeben: dienste einzutragen. Angemeldete eine Arche Noah, Clowns, Engel Besucherinnen und Besucher erhiel- oder Mobiles. Für die Größeren gab ten ein Einlassticket. Dieses Ticket es Reisesegen mit Segensbändchen sollte beim Gottesdienstzugang di- und Andachten. gital auf dem Smartphone oder aus- gedruckt vorgezeigt werden. GEMEINDELEBEN
Corona-Alphabet: A–F F 15 D wie Digitalisierung F wie Frisuren Nicht nur Veranstaltungen und Sit- Manche, die zu Beginn des Locken- zungen fanden „digital“ statt, auch downs noch im gewohnten Look Büroarbeit wurde weitgehend ins in die Konferenzkamera blickten, Netz verlegt. Mitte März wurden das E wie Einsamkeit überraschten im Verlauf der Mona- Landeskirchenamt und die landes- te mit Extravaganz und Modemut. kirchlichen Einrichtungen geschlos- „Der Mensch ist auf Beziehung an- Der Trend zu längerer Haarpracht – sen. Fast alle Mitarbeitenden gingen gelegt. Bei allem Streben nach sofern in der Grundausstattung vor- ins Homeoffice. Manche nahmen Selbstbestimmung und Autonomie handen – war unübersehbar. Wo frü- den Rechner sowie Kisten mit Ak- gewinnt der Mensch seine Würde her „old-fashioned“ ein Haarreif das ten mit, einige sogar den Bürostuhl. auch durch die Abhängigkeit von an- Kopfrund zierte, entwickelte sich das Dienstreisen und Besprechungen deren.“ So hieß es in einem Magazin Headset als ungemein dekoratives wurden eingeschränkt oder durch der Besuchsdienstarbeit im Coro- Accessoire zur Bändigung wider- Videokonferenzen ersetzt. Die Di- na-Jahr. Leider kam die „klassische“ spenstiger Kringel. Ganz Verwegene gitalisierung und die Einführung Besuchsdienstarbeit in den Häusern trauten sich entgegen der Strömung des Homeoffice sollte zugleich die durch die Kontaktbeschränkungen an die Trendfarbe Kirchenmausgrau. Arbeitsfähigkeit des Landeskirchen- fast völlig zum Erliegen, da auch Eine Renaissance erfuhren auch die amtes sicherstellen. In der zweiten viele Besuchende zur Risikogruppe Zopf- und Duttfrisuren: Einfach die Jahreshälfte wurden wechselnde gehören. So machten die Kontakt- Wasserwellen mit einem Gummi am Anwesenheiten im Landeskirchen- beschränkungen einsame Menschen Hinterkopf festgezurrt gab es hier amt verabredet. Heimarbeitsplätze noch einsamer und verstärkten die auch noch den überaus praktischen und flexible Arbeitsgestaltungen bereits erlebte Isolation. Viele Ge- Nebeneffekt eines sanften Liftings. haben dazu geführt, dass in nahezu meinden suchten nach Alternativen Fazit der landeskirchlichen Mode- allen Fällen Lösungen für ein gefähr- und schrieben Briefe, riefen per Tele- redaktion: Nix muss, alles geht, und dungsminderndes Arbeiten bei Auf- fon an oder führten Tür-und-Angel- ein Rest Haare auf den Zähnen darf rechterhaltung der Dienstleistung Gespräche mit älteren Gemeinde- durchaus verbleiben. gefunden werden konnten. gliedern. Siehe Seite 64 ... weiter auf Seite 23
Corona-Alphabet: G–I I G 23 I wie Innehalten In einem ökumenischen Gottesdienst im November haben die evangelische G wie Glühwürmchen- H wie Handlungs- und katholische Kirche der Men- konzerte empfehlungen schen gedacht, die durch das Coro- navirus gestorben sind. Im Hildes- „Glühwürmchenkonzerte“ mit Ta- Seit Mitte März stand die Landeskir- heimer Dom dankten Landesbischof schenlampen oder „Open Air mit che vor der Aufgabe, das kirchliche Ralf Meister und Bischof Heiner Abstand“: Viele Chöre und Kan- Leben zu gestalten angesichts der Wilmer (Bistum Hildesheim) zudem toreien suchten nach neuen Mög- Gefährdungen durch das Coronavi- Menschen aus Berufsgruppen, die lichkeiten für Chorproben und zo- rus. Sehr bald und zeitweilig mit ho- während der Corona-Pandemie be- gen an die frische Luft. Gegen die her Schlagzahl wurden „Handlungs- sondere Herausforderungen bewälti- Dunkelheit half die Stirnlampe und empfehlungen“ an die Gemeinden gen mussten. Meister ermunterte die gegen die Abendkühle die Strickja- und Einrichtungen versandt, mit dem Menschen, angesichts der vielen Op- cke. Als der Gesang auch im Freien Ziel, einerseits die kirchliche Arbeit fer der Corona-Pandemie einander nicht mehr möglich war, zogen ei- weiterhin zu ermöglichen, anderer- Trost zu spenden. Viele Angehörige nige Chöre ins „Netz“. Inzwischen seits das Infektionsrisiko so weit wie und Freunde hätten sich „weder im funktioniert die Onlineprobenarbeit möglich zu minimieren – immer auf Sterben noch bei Trauerfeiern in der mancherorts recht gut, da nun viele der Basis der geltenden Verordnun- Weise verabschieden können, wie Sängerinnen und Sänger technisch gen des Landes Niedersachsen. Bis wir es kannten“. Niedersachsens Mi- entsprechend ausgestattet sind. Auf zum Ende des Jahres wurden mehr nisterpräsident Stephan Weil sagte in diese Weise sind zumindest Stimm- als 30 verschiedene Handlungs- einem Grußwort: „Wir trauern, wir proben möglich. Nur eines fehlt: Der empfehlungen und etliche weitere sind dankbar, und wir haben Grund „Chorklang“, besonders zu Kon- Informationen und Mustervorlagen zur Zuversicht.“ Um alle Abstände zerten und Gottesdiensten mit viel für die verschiedenen Bereiche kirch- einhalten zu können, durften nur Nachhall im Kirchraum. lichen Lebens erstellt. Diese wurden wenige geladene Gäste an dem Got- fortgeschrieben, wenn Veränderun- tesdienst teilnehmen. Der Gottes- gen der Niedersächsischen Verord- dienst wurde im Internet übertragen. nung dies erforderlich machten. ... weiter auf Seite 29
Corona-Alphabet: J–L K K wie Konfirmation Anfang März fuhren manche noch auf Freizeit. Die Konfir- mationssprüche hatten sich die Mädchen und Jungen bereits ausgesucht. Natürlich waren auch die Feiern längst geplant. Manche hatten einen Caterer bestellt oder Gaststätten ge- J L bucht. Dann ging alles sehr schnell. Nach den ersten dramatischen Nachrichten aus Italien rief die Bundeskanzlerin am 11. März J wie Jugendcamp dazu auf, alle Großveranstal- L wie Landessynode 29 tungen ab 1.000 Personen ab- „Können wir nicht auf die Wiese, zusagen. Schließlich gab das 20 Scheinwerfer, sechs Kameras, di- holen wir die Wiese eben zu uns!“, Land Niedersachsen bekannt, verse Monitore und Dutzende Meter kommentierte jemand auf Face- dass ab dem 16. März alle Schu- Kabel haben ihre Plätze im Landes- book die Meldung zum Landesju- len und Kindertagesstätten ge- kirchenamt gefunden. Grund war gendcamp 2020. Diese lautete: Das schlossen bleiben. So blieb den die erste digitale Landessynode im Camp findet statt – virtuell. Eigent- Kirchenvorständen keine ande- November. „Ein Livestream hat na- lich hatte die Evangelische Jugend re Wahl, als die Konfirmationen türlich seinen eigenen Charme – was in der Evangelisch-lutherischen Lan- zu verschieben. Viele entschie- gesendet ist, ist gesendet“, sagte der deskirche Hannovers für Ende Juni den sich für spätere Konfirma- Leiter des Mediendienstes der Evan- ihr größtes Open-Air-Event geplant, tionen in kleinen Gruppen oder gelischen Jugend Bramsche Kai-Fabi- das Landesjugendcamp. Aber bereits verschoben gleich um ein Jahr. an Rolf, der für die Technik zuständig im März mussten die Veranstalter So oder so: Wenn sich (v.l.) Tara, war. aus Corona-Gründen absagen. Doch Christina, Tarja und Leana und Und diese Synodentagung hatte es die Jugendlichen wollen nicht so all die anderen im Jahr 2045 in sich: Dutzende Synodale wurden einfach verzichten. „Meine Gemein- (oder 2046) zu ihrer silbernen per Zoom-Konferenz zusammenge- de hat eine digitale Konfirmanden- Konfirmation treffen, werden schaltet, den Mittelpunkt bildete der freizeit organisiert – da dachte ich, sie sich an ein außergewöhnli- Kollegsaal mit dem federführenden dass sich das auch in Groß für das ches Jahr erinnern. Eine Familie Präsidenten. Einbringungen konn- Lajucamp umsetzen lässt“, erklärt dankte mit den Worten: „Unter ten über einen separaten Raum ein Tim aus Pattensen. Der 16-Jährige solch widrigen Bedingungen Stockwerk höher vorgetragen wer- hatte die Idee des virtuellen Camps. den Konfirmandenunterricht den. Dort hatte der Mediendienst Dieses wurde in erster Linie von Ju- zu organisieren und einen wun- auch die Andacht aufgezeichnet, mit gendlichen gestaltet. Dazu gehörten derschönen und individuellen der die Tagung eröffnet wurde. Videogrüße, ein Wohnzimmerkon- Gottesdienst stattfinden zu las- Die Landessynode besteht aus 80 zert und Rückblickbilder. Das Lan- sen ist eine enorme Leistung. Mitgliedern und ist eines der fünf desjugendcamp ist mit rund 2.000 Wir gucken trotz Corona auf Verfassungsorgane der Evangelisch- jungen Menschen aus der gesamten eine andere, aber tolle Konfir- lutherischen Landeskirche Hanno- Landeskirche eine der größten nicht mationszeit zurück und freuen vers. Sie beschließt über sämtliche kommerziellen Veranstaltungen in uns auf ein Wiedersehen, wenn Kirchengesetze und verabschiedet Niedersachsen. die Zeit dafür gekommen ist.“ den landeskirchlichen Haushaltsplan. ... weiter auf Seite 53
Corona-Alphabet: M–O M O wie Osterbotschaft Als alle Ostergottesdienste abgesagt werden mussten, haben die Kirchen- gemeinden Bodenfelde und Wahm- beck zu einer ungewöhnlichen M wie „Making of“ Aktion aufgerufen: „Bitte schreibt 53 in der Osternacht oder am Oster- „Das ist ja wie ein halbes Fernsehstu- morgen mit Kreide: DER HERR IST dio“, sagt Pastorin Franziska Baden AUFERSTANDEN! vor eure Häuser.“ bei der Aufzeichnung der neuen Vi- Die Nachricht wurde per WhatsApp deogottesdienste der Landeskirche. verschickt. Über 50 Menschen betei- Vier um sie herum verteilte Strahler N wie Netzwerk ligten sich an der Aktion und schick- sorgen für Licht im Seitenschiff der ten ihre Bilder. Daraus entstand ein St.-Marien-Kirche in Celle. Drei Mit- Das Gemeindeportal „Wir sind evan- Film für YouTube. Außerdem haben arbeiter des Evangelischen Kirchen- gelisch“ ist im Corona-Jahr 2020 unterschiedliche Gruppen und Men- funks Niedersachsen-Bremen (ekn) aufgrund des hohen digitalen Enga- schen ihren Beitrag zum digitalen huschen um die Kameras herum, gements vieler Kirchengemeinden Ostergottesdienst geschickt. prüfen Bildausschnitte, -schärfe und und kirchlichen Institutionen stark den Ton. Mit einem Mal legt sich angewachsen. Knapp 1.000 Einzel- Stille über die Szenerie – und eine auftritte werden bis zur Jahresmitte gewisse Spannung. Später folgen von rund 2.500 Redakteurinnen und Nahaufnahme des Altars, die Ker- Redakteure in der Landeskirche Han- zen, eine „Totale“ der Kirche. Nach novers bestückt. Ebenso wurden im etwa drei Stunden stehen alle wie- Vergleich zum Vorjahr viermal so vie- der draußen, im warmen Sonnen- le Präsenzen neu gestartet. Im Mai schein. Die Ausrüstung ist wieder im 2020 waren täglich bis zu 20.000 Auto verstaut, alle Beteiligten sind Besucherinnen und Besucher auf den zufrieden. In den folgenden Tagen Seiten des Netzwerks, im gesam- wird das gedrehte Material beim ten Monat etwa 300.000. Dies sind ekn gesichtet und geschnitten – und selbst bei einer nach Medienberich- am Sonntag um acht Uhr auf Face- ten in der Corona-Krise gesteiger- book, YouTube, Instagram und auf ten Internetnutzung um 70 Prozent der Website der Landeskirche frei- imposante Zahlen. Sie sind ein Indiz geschaltet. Diesen Videogottesdienst dafür, wie schnell und sicher viele können Gemeinden als Ersatz für Gemeinden Verkündigung und In- Präsenzgottesdienste auf ihren Inter- formation in digitale Kanäle verlegt netseiten anbieten. hatten. ... weiter auf Seite 57
Corona-Alphabet: P–R P wie Pilgern R 57 Die Corona-Pandemie hat im Som- mer 2020 zu einem Anstieg von R wie Regeln Pilgern auf einigen Wegen in Nord- deutschland geführt. So kamen ver- Wer einen Gottesdienst besuchte, mehrt Menschen aus anderen Re- lernte in vielen Gemeinden neue gionen wie Süddeutschland oder Regeln kennen. Der Zugang zu den Brandenburg, aber auch aus der Re- Gottesdiensten wurde zahlenmäßig gion selbst, um den norddeutschen begrenzt, je nach Größe des Rau- Jakobswegen zu folgen. Zur frühzei- mes. Bei großen Festgottesdiensten tigen Suche nach Unterkünften rie- waren Anmeldungen nötig. Man- ten auch die Verantwortlichen vom cherorts wurde der Gottesdienstbe- ökumenischen Pilgerweg zwischen sucher persönlich begrüßt und nach dem niedersächsischen Loccum und dem Namen gefragt. Dann folgte dem thüringischen Volkenroda. Nicht der Weg zu einem Platz (mit 1,5 Me- jede Kirchengemeinde konnte an- tern Abstand in alle Richtungen) im gesichts der geltenden Vorschriften Q wie Quadrat Kirchenschiff. Dass im Gottesdienst eine Unterkunft wie gewohnt anbie- Maske getragen wird, verwunderte ten. Auf dem 67 Kilometer langen Bei „Klappstuhl- und Stehplatzver- bald niemanden mehr. Auch nicht, Harzer Klosterwanderweg wurden anstaltungen“ im Freien stellte sich dass die Gemeinde zu den Liedern zunächst alle Touren abgesagt. Seit die Frage, wie die Abstandsregel schweigt. Die Öffnung der Gottes- Anfang Juli gab es bis zum Herbst eingehalten werden könne, damit häuser geschah mit großer Vorsicht wieder Angebote. Während des die Besucherinnen und Besucher und Umsicht. Gottesdienstbesuch Lockdowns haben sich die Initiato- sich nicht zu nahe kommen. Neben unter Corona-Bedingungen bedeu- ren der hannoverschen Landeskirche Stühlen, die auf Abstand gestellt tete weniger Glanz, aber vielleicht mit einer Broschüre an die Pilger ge- wurden, kamen manche Gemeinden auch mehr Konzentration. Man- wandt und zum „inneren Pilgern“ auf eine andere Idee: Sie malten mit che sagen auch: Der Kirchraum, die aufgerufen: „Ohne sich auf den Weg Kreide große Quadrate auf die Plät- Kunst, die Instrumentalmusik und zu machen, wird dabei die innere ze und markierten so die Stell- bzw. das gesprochene Wort entfalteten Haltung angesprochen.“ Sitzplätze. eine stärkere Wirkung. ... weiter auf Seite 69
Corona-Alphabet: S–U U 69 S wie Sinnfluencer T wie Trauerfeiern U wie Unterstützung Influencer sind für junge Menschen Ab März waren Trauerfeiern nur Ein neu eingerichteter Fonds für in den sozialen Medien „Kult“. In- noch im engsten Familienkreis mög- Kunst, Kultur und Kirche im länd- fluencer nutzen ihre Präsenz und ihr lich. Bis 10 Personen durften teil- lichen Raum förderte Projekte von Ansehen, um in den sozialen Medien nehmen. Viele Gemeinden haben Künstlern und Kulturschaffenden. Er zu werben, zum Beispiel für einen Le- dennoch überlegt, wie sie Angehö- war auf Initiative des Arbeitsfeldes bensstil, eine Musikrichtung oder ein rige und Freunde einbinden konn- Kunst und Kultur im Haus kirchlicher Produkt. Längst ist auch die Kirche in ten. Einige Pastorinnen und Pasto- Dienste (HkD) und der Hanns-Lilje- den sozialen Medien angekommen. ren druckten die Ansprache aus und Stiftung entstanden und sollte in der Bei Instagram, Facebook und TikTok übergaben diese den engsten An- Corona-Zeit schnelle und unkompli- posten sie Fotos, Gedanken, Gebete gehörigen oder versendeten die An- zierte Hilfe leisten. Im ersten Durch- und erreichen ihre digitale Gemeinde sprache per Mail an die Familie. Auch lauf standen 30.000 Euro zur Verfü- per Smartphone – und nennen sich am Ewigkeitssonntag, dem letzten gung. Zum einen sollen Menschen, „Sinnfluencer“. Sonntag vor dem ersten Advent, war die von ihrer Kunst leben, durch die Erinnerung an die Verstorbenen Honorare und Vergabe von Aufträ- nur begrenzt möglich. Zum 8. Juni gen unterstützt werden, und zum bereitete Niedersachsen eine neue anderen wird das kirchliche Leben Verordnung vor: Hochzeiten, Taufen im ländlichen Raum durch zeitgenös- und Beerdigungen konnten statt mit sische Kunst und Kultur bereichert. 20 mit bis zu 50 Teilnehmern statt- Antragsberechtigt waren Kirchenge- finden, wenn Abstand und Platz dies meinden und andere kirchliche Ein- erlaubten. Später wurde die Begren- richtungen im ländlichen Raum. zung auf 50 Personen beim Gang zum Grab aufgehoben – solange die Abstandsregel eingehalten wurde. ... weiter auf Seite 73
Corona-Alphabet: V–X V W 73 V wie Videokonferenzen W wie Weihnachtsvielfalt Noch vor Beginn der Pandemie wur- Obwohl Gottesdienste in den Weih- de von der Digitalen Agentur der nachtstagen – mit Abstand und Hy- Evangelischen Medienarbeit (EMA) gieneregeln – möglich waren, blie- das kirchliche Videokonferenzange- ben die Möglichkeiten für die großen bot „konferenz-e“ vorgestellt. Nach Weihnachtsgottesdienste einge- anfänglichen Startschwierigkeiten schränkt. Es wurde ein „Weihnachts- X wie „fresh X“ erwies sich die kostenlose und öf- fest in Vielfalt“, für das es keine fentliche Nutzung durch Ehren- und Vorbilder gab. Die Landeskirche ver- Fast wie bei der „fresh X“-Bewe- Hauptamtliche als hilfreicher Ersatz zichtete darauf, eine generelle Rege- gung entstanden während der Co- für Präsenzsitzungen. Mit der neuen lung vorzuschlagen. Die Kirchenvor- rona-Pandemie überraschende und konferenz-e-App sowie den Anlei- stände und Pfarrämter entwickelten neue Formen von Kirche. Bereits in tungen waren die Ehren- und Haupt- verschiedene Angebote: Manche Ge- den Vorjahren hatte die anglikani- amtlichen in der Lage, zu Videokon- meinden feierten Heiligabend drau- sche Kirche in England aufgrund ferenzen einzuladen oder an ihnen ßen wie „die Hirten auf dem Felde“, von Mitgliederschwund, Spardruck, teilzunehmen. Heute ist die Ausbil- andere ließen den Engel die Weih- Nachwuchsmangel und Gemeinde- dung und Nutzung von Videokon- nachtsbotschaft „digital“ verkün- schließungen neue Ideen entwickelt, ferenzen ein Stück Gemeindepäda- den. Neben den Gottesdiensten in die als „fresh X“ auch in Deutsch- gogik. Für größere Konferenzen wie der Kirche, meist mit Anmeldungen, land bekannt wurden. „Fresh“ meint Kirchenkreissynoden sowie für die entschieden sich viele für Freiluftgot- „frisch“ im Sinne von kreativ und Außenkommunikation (Elternaben- tesdienste. Andere versandten Weih- innovativ, X ist die Abkürzung von de, Konfirmandenunterricht) wurde nachtspost, luden zu digitalen Feiern eXpressions („Ausdrucksform“). Mit mancherorts ergänzend ein kommer- ein oder öffneten ganztags die Kir- der Einschränkung des kirchlichen zielles Videoangebot angeschafft. che mit verschiedenen Stationen. Da Lebens entwickelten viele Gemein- Gesang nicht erlaubt war, war dies den kreative Ideen und probierten für viele ein Weihnachten ohne „Oh neue Formen aus. Schon jetzt ist die du fröhliche“ – das gab es bei Kirche Frage: Was bleibt, wenn die Pande- noch nie. mie vorüber ist? ... weiter auf Seite 87
Corona-Alphabet: Y–Z 87 Y wie „Yes, we can“ Z wie Zollstock Was können wir tun, wenn wegen Neben Bibel und Gesangbuch gehör- Corona nichts mehr geht? Wäh- ten auch Mundschutz und Zollstock rend die gesamte Veranstaltungs- zum kirchlichen Alltag. Der Zollstock branche seit dem Frühjahr 2020 zur half bei der Einhaltung der Abstände Untätigkeit gezwungen war, kam auf Kirchenbänken und bei der Be- das landeskirchliche Veranstaltungs- stuhlung. Auch ein Hygienekonzept management in der Evangelischen und die Anzeige von Gottesdiensten Medienarbeit nicht zur Ruhe. Die beim Gesundheitsamt wurden ein- zwei Experten für Veranstaltungs- geführt. Besonders bedrückend er- organisation und -sicherheit, Stefan lebten viele Gottesdienstbesucherin- Riepe und Simone Ernst, erkannten nen und Gottesdienstbesucher das im letzten Frühjahr schnell, dass ihr Verbot von Gemeinde- und Chorge- Fachwissen gerade jetzt gebraucht sang. So bleibt das Jahr 2020 auch wird, und ließen sich zusätzlich zu als „Jahr der verordneten Stille“ in Hygienebeauftragten für Events aus- Erinnerung. bilden. „Wer hätte bis Anfang letz- ten Jahres gedacht, dass es so etwas geben könnte? Wir müssen davon ausgehen, dass Hygienekonzepte auch in den nächsten Jahren eine Zeit der Bewährung größere Rolle bei kirchlichen Veran- staltungen spielen. Darauf sind wir Kirchen sind geschlossen, Trauungen müs- vorbereitet“, so Stefan Riepe zur sen verschoben werden, Beerdigungen Lage. Für Gemeinden und Kirchen- können nur im engsten Familienkreis statt- kreise ist das Veranstaltungsmanage- finden. „Es ist zum Heulen. Es ist eine Zeit ment erste Adresse bei Fragen rund der Bewährung, sagt Landesbischof Ralf um Hygienekonzepte, Gesetzestexte Meister. „Was wir brauchen, sind Geduld und Anträge sowie Informationen zu und eine feste Hoffnung.“ aktuellen Verordnungen.
Sie können auch lesen