Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten

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Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg
Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen,
            Zukunft gestalten
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
2 0 17 – 2 0 1 9

‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg
Geförderte Projekte der Landesinitiative
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
I N H A LT

    1   Akademische Ethnologie und berufliche Praxis                              8

    2   Archäologie der Zukunft – Direktvermittlung Wissen                       10

    3   Modul zu einer auf den deutschen Südwesten bezogenen                     12
                                                                                                                                                           Tauber
        archivalischen Quellenkunde in LEO-BW                                                    Mannheim     (11)
                                                                                                                        Heidelberg
    4   CATS-Schülerlabor                                                        14                                  (4, 5, 9, 11, 13)

    5   MA-Studiengang Cultural Heritage und Kulturgüterschutz                   16
                                                                                                                                                              Kocher
                                                                                                                                                                          Jagst
    6   DIGIPHYLL: Digitale Kompetenzvermittlung für die Paläobotanik            18                              Karlsruhe     (8, 11, 12)
        in Forschung und Lehre
                                                                                                              Rastatt   (11)                 Stuttgart   (3, 6, 11, 12)
    7   Gastdozentur im Bereich Visual Culture and Anthropolology in Antiquity   20                                       Hohenheim (6)
                                                                                                                                                 Esslingen a.N. (11)
    8   iBRIDGE – Interaktiver BRückenkurs In Das GEophysik-Masterstudium        22

        mit Hilfe modularisierter Online-Lehrangebote und Einrichtung eines                                                               Tübingen   (2, 3, 12)
        digitalen, freien Lehrmittelpools                                                            Kinzig
                                                                                                                         Neckar

    9   Masterclass Keilschriftepigraphie                                        24

                                                                                                                                         Donau
 10 Objekt – Digitalisat – Bedeutung:                                            26

    Grundwissenschaft Numismatik im „Digital Turn“                                        Freiburg
                                                                                      (1, 7, 10, 11, 12)
 11 Numismatischer Verbund in Baden-Württemberg (NV BW) —                        28
                                                                                                                                                 Unteruhldingen     (2)
    Erschließung, Vernetzung, Transfer
                                                                                         Rhein
                                                                                                                               Konstanz   (11)
 12 Vernetzt lernen, forschen, vermitteln                                        30

 13 Webinars in den Kleinen Fächern                                              32

4                                                                                                                                                           KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
VO R W O R T D E R M I N I S T E R I N

                                                                                            ‚Kleine Fächer‘ gehören zum
                                                                                       Kernbestand der Wissenschaftslandschaft

    Die ‚Kleinen Fächer‘ gehören zum Kernbestand der Wissen-         umso größer. Trotz begrenzter Ausstattung leisten sie Großes.           Mein Dank gilt ebenfalls den Akteurinnen und Akteuren
schaftslandschaft, sie sind erfolgreich, weltweit anerkannt und      Ihr Beitrag wird im Zuge einer zunehmend globalen und inter-        der einzelnen Vorhaben, die auf vielfältige Weise neue Wege im
stärken damit die Vielfalt und die internationale Relevanz der       disziplinären Vernetzung immer deutlicher sichtbar.                 Hinblick auf eine weiterreichende Vernetzung und eine gesell-
Universitäten in Baden-Württemberg.                                      Um die Leistungsfähigkeit und Sichtbarkeit der ‚Kleinen         schaftliche Sichtbarkeit der ‚Kleinen Fächer‘ beschritten haben.
    Durch ihr detailliertes und spezialisiertes Fachwissen sind      Fächer‘ nachhaltig zu sichern, hat die Landesregierung 2016 die         Die Broschüre gibt einen Einblick in die im Rahmen der
Fächer wie die Archäologie, Assyriologie, Geophysik, Ethnologie      „Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg“ aufge-      Landesinitiative geförderten 13 Vorhaben. Diese verdeutlichen,
oder Transkulturelle Studien für einen Pluralismus der Wissens-      legt und durch einen Strukturfonds mit 3 Millionen EUR ausge-       dass die ‚Kleinen Fächer‘ nicht allein die Pluralität unserer Wis-
kultur unverzichtbar. Sowohl die geistes-, kultur- als auch natur-   stattet. Zu den weiteren Maßnahmen der Landesinitiative zählte      senskultur wiederspiegeln, sondern sie ermöglichen es auch,
wissenschaftlichen ‚Kleinen Fächer‘ befassen sich vielfach in        die Einrichtung eines „Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘“ als zentrale   Erinnerung lebendig zu erhalten und Zukunft zu gestalten.
ihren Disziplinen mit Phänomenen von globaler Tragweite. Die         Plattform der Kommunikation und der Moderation.
Fächer mögen klein sein, ihre gesellschaftliche Bedeutung sowie          Ich danke dem Zukunftsrat für seine ausgezeichnete und
ihre nationale und internationale Forschungsrelevanz sind dafür      engagierte Arbeit.
                                                                                                                                                               Theresia Bauer MdL

KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                                5
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
EINLEITUNG

                              Die „Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg“

    Der Begriff ‚Kleine Fächer‘ bezeichnet        um eine tiefe Notwendigkeit. Denn es sind ge-       vieler Wissensbestände und wissenschaftlicher       Zu diesem Zweck hat Wissenschaftsministe-
weder den Umfang noch die wissenschaftliche       rade die vielfältigen kleinen Kompetenzen mit       Kompetenzen unter gleichzeitiger Entwicklung        rin Theresia Bauer die ausgesprochenen Emp-
und gesellschaftliche Relevanz der Inhalte die-   ihrem differenzierten Themen- und Methoden-         von hohen Qualitätsstandards eine komplexe          fehlungen in einer „Landesinitiative ‚Klei-
ser Fächer, sondern resultiert aus der jeweils    spektrum, die eine Annäherung an aktuelle ge-       politische Aufgabe mit gesamtgesellschaftlicher     ne Fächer‘ in Baden-Württemberg“ gebündelt
kleinen Anzahl an Studierenden, Standorten        sellschaftliche Prozesse fördern und zu einem       Relevanz ist. Demgegenüber wies der Bericht         und im März 2015 vorgestellt. Das Land Ba-
und Professuren.                                  besseren Verständnis der heutigen komplexen         darauf hin, dass strukturprekäre Kompetenzen        den-Württemberg übernahm hier eine Vorrei-
    Bereits im Jahr 2013 hat sich die Landes-     und vielfältigen Welt beitragen können.             zwar zum Kernbestand der Wissenschaftsland-         terposition, strebte die Landesinitiative doch
regierung zum Ziel gesetzt, die Leistungsfä-           Deshalb hat das Ministerium für Wissen-        schaft gehören, erfolgreich arbeiten, weltweit      bundesweit erstmalig eine strukturelle Verbes-
higkeit strukturprekärer Kompetenzen an den       schaft, Forschung und Kunst eine Expertenkom-       anerkannt und auch in der Forschung national        serung der Situation der ‚Kleinen Fächer‘ an.
Universitäten zu sichern und weiterzuent-         mission zur Situation der ‚Kleinen Fächer‘ in Ba-   und international präsent sind, aber häufiger als       Zu den zentralen und wegweisenden Maß-
wickeln. Geleitet von der Erkenntnis, dass so-    den-Württemberg eingesetzt – mit dem Auftrag,       die großen Fächer von Mittelkürzungen betrof-       nahmen gehörte die Berufung eines Zukunfts-
wohl die Wissenschaft als auch die Gesellschaft   Empfehlungen zu erarbeiten, um die Vielfalt         fen sind und öfter eine prekäre strukturelle Aus-   rates ‚Kleine Fächer‘ als zentrale Kommunika-
auf das Wissen, die Sichtweisen und Metho-        strukturprekärer Fächer zu erhalten, ihre Kom-      stattung aufweisen.                                 tionsplattform der Hochschulen, Museen und
den der ‚Kleinen Fächer‘ zwingend angewiesen      petenz zu stärken und ihre Zukunft zu gestalten.         Der Abschlussbericht der Expertenkom-          Archive. Als landesweite Koordinations- und
sind, reifte die Überzeugung, dass es sich bei    Der im Jahr 2015 von der Expertenkommission         mission hat die Landesregierung darin bestärkt,     Moderationsplattform vereinte der Zukunftsrat
strukturprekären Kompetenzen nicht um einen       vorgelegte Abschlussbericht verdeutlichte, dass     die ‚Kleinen Fächer‘ an den Universitäten von       unterschiedliche Akteure, die zum Erhalt und
Luxus handelt, den man sich leistet, sondern      der Erhalt und die Weiterentwicklung möglichst      Baden-Württemberg nachhaltig zu stärken.            Ausbau der Strukturen prekärer fachwissen-

6                                                                                                                                                                   KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
EINLEITUNG

                                                                                                            Mitglieder des Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘
                                                                                                                     in Baden-Württemberg                               (Stand: September 2018)

                                                                                                   V O R S I TZ:

                                                                                                   Prof. Dr. Markus Hilgert,
                                                                                                   Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder

                                                                                                   MI TG LI ED E R :

                                                                                                   Prof. Dr. Peter-André Alt                         Dr. Angelika Willms-Herget
                                                                                                   Präsident der Hochschulrektorenkonferenz          Ministerialdirigentin des Bundesministerium
                                                                                                                                                     für Bildung und Forschung
schaftlicher Kompetenzen beitragen können.      zukunftsweisenden Instrumenten oder Struk-         Prof. Dr. Stephan Dabbert
                                                                                                   Rektor der Universität Hohenheim                  Prof. Dr. Matthias Kleiner
Er hat im Austausch weit über die Landesgren-   turmodellen gewidmet. Daraus hervorgegan-                                                            Präsident der Leibniz-Gemeinschaft
                                                                                                   Prof. Dr. Mechthild Dreyer (mit Gaststatus)
ze hinaus wegweisende Entwicklungen einge-      gen sind konkrete Maßnahmen, die einerseits        Leitung der Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer   Prof. Dr. Kerstin Krieglstein
                                                                                                   an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz       Rektorin der Universität Konstanz
leitet und vorangebracht.                       die nationale und internationale Wettbewerbs-
                                                                                                   Uta-Micaela Dürig                                 Prof. Dr. Gerald Maier
    Entscheidend war außerdem die Einrich-      fähigkeit strukturprekärer fachwissenschaft-       Geschäftsführung der                              Präsident des Landesarchiv
tung eines für drei Jahre aufgelegten und mit   licher Kompetenzen in der Lehre und For-           Robert Bosch Stiftung GmbH                        Baden-Württemberg

3 Millionen EUR ausgestatteten Strukturfonds,   schung erhöhen und andererseits den Transfer       Prof. Dr. Bernhard Eitel                          Prof. Dr. Wolfram Ressel
                                                                                                   Rektor der Universität Heidelberg                 Rektor der Universität Stuttgart
aus dem zwischen 2016 und 2019 in zwei Aus-     in die Gesellschaft fördern.
                                                                                                   Prof. Dr. Bernd Engler                            Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer
schreibungsphasen innovative Konzepte der           Die einzelnen durchgeführten Vorhaben          Rektor der Universität Tübingen                   Rektor der Universität Freiburg
‚Kleinen Fächer‘ gefördert werden konnten.      verdeutlichen, dass die „Landesinitiative ‚Klei-   Prof. Dr. Cornelia Ewigleben                      Stefanie Schneider
    Die im Rahmen der Landesinitiative ge-      ne Fächer‘ in Baden-Württemberg“ viele Initi-      Direktorin des Landesmuseum Württemberg           Landessenderdirektorin des SWR

förderten und in der vorliegenden Broschü-      alzündungen mit nachhaltiger Wirkung ausge-        Dr. Silviana Galassi (mit Gaststatus)             Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden
                                                                                                   Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats             Rektor der Universität Mannheim
re repräsentierten Vorhaben verdeutlichen das   löst hat. Und sie hat Spielräume, Perspektiven
                                                                                                   Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke                     Prof. Dr. Alexander Wanner
komplexe Spektrum und die Vielfalt der ‚Klei-   und Potenziale aufgezeigt, die es im Hinblick      Stellvertreter im Stiftungskuratorium der         Vizepräsident für Lehre und akademische
                                                                                                   Gerda Henkel Stiftung                             Angelegenheiten des Karlsruher Institut
nen Fächer‘ in Baden-Württemberg. Sie ha-       auf eine zukunftsweisende Förderung der
                                                                                                                                                     für Technologie
ben sich im Rahmen der Förderung der Erar-      ‚Kleinen Fächer‘ zu nutzen und aktiv weiter-       Freifrau Dr. Julia Hiller von Gaertringen
                                                                                                   Leitende Bibliotheksdirektorin der                Prof. Dr. Michael Weber
beitung und Erprobung von exemplarischen        zuentwickeln gilt.                                 Badischen Landesbibliothek                        Präsident der Universität Ulm

KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                         7
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
Foto: Wiebke Hebermehl
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     Akademie und Praxis im Tandem
                                      E T HN O L O G IE

                                                                                                                                  Podiumsdiskussion und Film zum Thema "Un-gewohnt"

     Das Institut für Ethnologie der Universität Freiburg ist inter-   mangelt es der Ethnologie wahrlich nicht. Denn in einer globa-                              und bemüht sich um gegenseitiges Verstehen, kritische Debatten
disziplinär und international außerordentlich gut vernetzt. Das        len Welt sind ethnologisches Wissen und interkulturelle Kom-                                und praktische Interventionen. Studierende führen bereits früh-
Netzwerk reicht nicht nur in akademischen Kreisen weit, son-           petenzen ganz wesentlich für das politische, gesellschaftliche und                          zeitig eigene Projekte im Aus- und Inland durch und erwerben
dern auch in die Berufswelt hinein. Denn sowohl beim Bachelor-         wirtschaftliche Zusammenleben. Sie spielen in so unterschied-                               dadurch unschätzbare soziale Kompetenzen sowie Einblicke in
als auch beim Master-Studiengang wird in dem Fach besonderer           lichen Praxisbereichen wie Entwicklungszusammenarbeit und                                   die Verwobenheit von Politik, Religion, sozialen Ordnungen und
Wert auf Berufsbezüge gelegt.                                          Umweltschutz oder Migration und Flucht eine zentrale Rolle.                                 ökonomischen Strukturen. Kooperative Forschungspraxen, ana-
     Dass es das Institut damit ernst meint, beweist das Projekt           Unter diesen praxisnahen Maßgaben richtet die Ethnologie                                lytische Fähigkeiten, Fragen der Repräsentation und der Umset-
„Akademische Ethnologie und berufliche Praxis“. Dabei geht es          in Freiburg ihren Blick auf weltweite sozio-kulturelle Dynami-                              zung des Wissens im Sinne einer gerechteren Welt stellen dabei
zum einen darum, Forschung und Lehre mit verschiedensten au-           ken. Profilbildend sind globale Themen und ein breites Lehran-                              fortlaufende Herausforderungen dar.
ßeruniversitären Praxisbereichen auf neuartige Weise zusammen          gebot (Bachelor und Master) zu Asien, Afrika und Lateinamerika.
zu bringen; zum anderen soll die gesellschaftliche Relevanz des        Dabei geht die Ethnologie von den Erfahrungen und Sichtweisen
Fachs einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. Und daran        von Subjekten aus, bettet diese in die relevanten Kontexte ein

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Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
ETHNOLOGIE

     Die Initiative „Akademische Ethnologie         Neben den „Tandem-Seminaren“ wurden soge-

                                                                                                        Foto: Wiebke Hebermehl
und berufliche Praxis“ hat es dem Institut für      nannte „Erzählcafés“ angeboten, die allen Stu-
Ethnologie der Universität Freiburg ermöglicht,     dierenden offenstanden und in einem eher in-
eine tragfähige, Theorie und Praxis verknüpfen-     formellen Rahmen Gelegenheit zum Austausch
de Struktur zu schaffen, welche die gesellschaft-   mit Menschen aus der Berufspraxis boten. Fer-
liche Relevanz der Ethnologie in einer globalen     ner gab es eine gut besuchte öffentliche Veran-
Welt sichtbar macht und auch andere Fächer          staltung außerhalb der Universität zum Thema
inspirieren kann.                                   „Wohnen“, die ethnologische Perspektiven mit
     Lehre, Forschung und Berufspraxis fin-         einer Podiumsdiskussion und einer Filmvorfüh-
den in gemeinsam durchgeführten innovati-           rung verband.
ven Lehrformaten sowie (universitäts)öffent-             Eine weitere wichtige, strukturbildende
lichen Zusatzveranstaltungen zusammen. In           Komponente ist der Auf- und Ausbau eines Be-
„Tandem-Seminaren“ unterrichten Dozieren-           rufsnetzwerks, das eine Vielzahl von Institutio-
de des Fachs Ethnologie zusammen mit eingela-       nen und Initiativen umfasst, die im Raum Frei-
denen Vertreterinnen und Vertretern verschie-       burg im „Eine-Welt“-Bereich aktiv sind. Einmal
dener Berufsfelder. Dabei geht es nicht etwa        jährlich findet ein Workshop statt, bei dem Mög-
um schlichte Anwendung akademischen Wis-            lichkeiten der Zusammenarbeit eruiert werden.

                                                                                                        Foto: Wiebke Hebermehl
sens, sondern um den Dialog zwischen Theorie        Zudem stellen die Institutionen auf der Internet-
und Praxis und deren Konkretisierung anhand         seite des Instituts ihre Tätigkeitsfelder vor und
der diversen Bereiche, in denen die Gäste bzw.      können z. B. Praktikumsangebote für Studieren-
Ko-Dozentinnen und -Dozenten tätig sind             de adressieren. Diese Maßnahmen und alle wei-
(Medien, Sozialarbeit mit Geflüchteten, selb-       teren Aktivitäten werden auf der Internetseite
ständiges Consulting, Personalwesen, Entwick-       des Instituts für Ethnologie und in einer eigens
lungszusammenarbeit, Politikberatung u. a.).        eingerichteten Facebook-Gruppe dokumentiert.
     Auf diese Weise konnten die Studierenden
auch Einblicke in die – oftmals bewegten – Be-      IN FO R MATI O N EN

rufswege der Gäste gewinnen und ihre persön-        Akademische Ethnologie und berufliche Praxis

lichen Netzwerke erweitern. Zugleich wurden         Universität Freiburg

die Vertreterinnen und Vertreter aus der Pra-       Prof. Dr. Judith Schlehe

xis inspiriert, sich mit neuen theoretischen An-
sätzen und mit den Fragen der gegenwärtigen            Bild Oben: Workshop „Wege in die Promotion“
Studierendengeneration auseinanderzusetzen.                                         Unten: Erzählcafé

KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                        9
Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
Bild: Pfahlbaumuseum/G.Schöbel
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              Schüler und Lehrkräfte
            für Archäologie begeistern
                           ARCHÄO L O G IE DE R Z U KU N FT

                                                                                                                                    Kinderuni Tübingen, Bronzeguss

     Die Pfahlbauten am Bodensee zählen zu den archäologischen    Schülerinnen und Schülern verschiedener Altersstufen schon                                         natürlich eine besondere Rolle. Archäologische Erkenntnisse
Kronjuwelen des Landes, das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen         früh die besondere kulturelle Bedeutung der Urgeschichte in der                                    werden mit kultur- und naturwissenschaftlichen Methoden in ih-
rangiert unter den größten und bestbesuchten Freilichtmuseen      Bodenseeregion bewusst zu machen. Die hohe Kunst besteht                                           rem historischen Kontext erschlossen.
Europas. Was liegt da näher, als die Sachkompetenz der Archäo-    darin, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über das Leben in                                       Vieles spricht dafür, dass in dem Projekt „Archäologie der
logie mit der Fachkompetenz der Museologie zu verknüpfen.         der Stein- und Bronzezeit altersgerecht aufzubereiten und Expo-                                    Zukunft“ tatsächlich die Zukunft der Archäologie sichtbar wird.
Prof. Dr. Gunter Schöbel tut das, und zwar in Personalunion. Er   nate möglichst animierend zu präsentieren.                                                         Denn zum einen zielt es bewusst auf eine interdisziplinäre und
leitet das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen und lehrt am Institut        Wie lebten die Menschen in der Bodenseeregion und im                                           zugleich praxisnahe Ausbildung der Masterstudierenden ab. Vor
für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der   Südwesten vor tausenden von Jahren? Wie sah ihr Alltag aus?                                        allem aber geht es in dem Projekt um didaktische und fachli-
Universität Tübingen.                                             Nach welchen Werten und Regeln lebten sie zusammen? Diese                                          che Konzepte für Schülerinnen und Schülern, aus denen künftig
     In dem Projekt „Archäologie der Zukunft“ entwickelt Prof.    Fragen werden wissenschaftlich und museologisch in den Blick                                       selbst Wissenschaftler oder Lehrkräfte werden könnten.
Schöbel im Masterstudiengang Museologie gemeinsam mit den         genommen, um entsprechende Didaktik- und Vermittlungskon-
Lehrenden und Studierenden spezielle Unterrichtseinheiten, um     zepte zu erarbeiten. Dabei spielen die urgeschichtlichen Funde

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A R C H ÄO L O G I E D E R Z U K U N F T

                                                                                                                                                                                                                              außerschulischen Lernorten und Unterricht
© Pfahlbaumuseum Unteruhldingen/Schöbel

                                                                                                                                                   Bild: Pfahlbaumuseum
                                                                                                                                                                                                                              weiter auszubauen. Auch die Entwicklung von
                                                                                                                                                                                                                              neuen Programmen für bisher nicht speziell
                                                                                                                                                                                                                              berücksichtigte Zielgruppen, wie etwa Kinder-
                                                                                                                                                                                                                              gärten, wird erwogen.
                                                                                                                                                                                                                                   Dass das Pfahlbaumuseum Unteruhldin-
                                                                                                                                                                                                                              gen für seine innovativen Schulprogramme und
                                                                                                                                                                                                                              nachhaltigen Kooperationen mit anderen wis-

                                                                                                                                                   © PM/Schöbel
                                                                                                                                                                                                                              senschaftlichen Einrichtungen landes- und bun-
                                                                                                                                                                                                                              desweit gewürdigt wird, ist mehr als erfreulich.
                                                                                                                                                                                                                              So erhielt das Pfahlbaumuseum im Rahmen des
                                                                                                                                                                                                                              Europäischen Kulturjahrs 2018 aufgrund seiner
                                                                                                                                                                                                                              Bemühungen um das jugendliche Publikum für
                                                                                                                                                                                                                              2019 eine weitere Förderung der Bundesregie-
                                                                                                                                                                                                                              rung zum Ausbau dialogischer und experimen-
                                                                                                                                                                                                                              teller Ansätze. Der Museumsverband Baden-
                                          Experimentelle Archäologie für Schulklassen. Wissen erlebbar gemacht im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen.                          Oben: Brain storming. Themenauswahl für             Württemberg zeichnete das Pfahlbaumuseum
                                                                                                                                                                          Unterrichtseinheiten im Seminar Tübingen.
                                                                                                                                                                                                                              mit dem Baden-Württembergischen Museums-
                                                                                                                                                                          Unten: Lehrerfortbildung „Steinzeit“ in der
                                                                                                                                                                          Landesakademie Bad-Wildbad.                         preis 2018 aus. Der Deutsche Archäologen-Ver-
                                                                                                                                                                                                                              band (dArV) wiederum möchte gegenüber der
                                              Seit dem Start des Projektes „Archäolo-          Lehrerbildung Tübingen sowie einzelnen Päd-                                Die Integration von Museumsbesuchen in das          Kultusministerkonferenz und dem Deutschen
                                          gie der Zukunft“ im Juni 2017 werden Studie-         agogischen Hochschulen und Ausbildungsstät-                                Schulprogramm ist vorgesehen. So möchte bei-        Kulturrat in Kürze die im Projekt ausgearbeite-
                                          rende des Masterstudienganges und angehende          ten aller Schularten vollzogen.                                            spielsweise der Schulverbund Markdorf den           ten Vorschläge zu einer allgemeinen Verbesse-
                                          Lehrkräfte an das Fach Archäologie herange-              Die Vernetzung des Pfahlbaumuseums mit                                 Besuch des Museums fest in sein Curriculum          rung des Archäologieunterrichts in allen Bun-
                                          führt, die diese Ideen und Informationen mit         dem Staatlichen Seminar für Didaktik und Leh-                              für die 6. Klasse aufnehmen.                        desländern überreichen.
                                          an ihre zukünftigen Schulen nehmen. Im Zent-         rerbildung Meckenbeuren, der Pädagogischen                                     Im engen Austausch zwischen den genann-
                                          rum stehen zielgruppenorientierte didaktische        Hochschule Weingarten und dem Schulver-                                    ten Institutionen zeigt sich schon heute: Das       I N F O R M AT I O N E N

                                          Konzepte und passende Vermittlungseinhei-            bund Markdorf führte zur Vereinbarung von re-                              Projekt erreicht viele, und es bietet ein breites   Archäologie der Zukunft –
                                                                                                                                                                                                                              Direktvermittlung Wissen
                                          ten. Dabei hat sich im Laufe des Projektes eine      gelmäßigen Fortbildungen für etablierte Lehr-                              Einsatzspektrum. Deshalb soll die Erarbeitung
                                                                                                                                                                                                                              Universität Tübingen und
                                          starke Vernetzung zwischen dem Pfahlbaumus-          kräfte und Lehramtsanwärter aus der Region.                                von Unterrichtseinheiten mit nachhaltigen Er-       Pfahlbaumuseum Unteruhldingen
                                          eum Unteruhldingen, der Universität Tübin-           Lehrerfortbildungen am Museum sollen fes-                                  gebnissen online für andere nutzbar gemacht         Prof. Dr. Gunter Schöbel
                                                                                                                                                                                                                              www.archaeologie-der-zukunft.de
                                          gen, dem Staatlichen Seminar für Didaktik und        ter Bestandteil des Schuljahresplanes werden.                              werden, um die Vernetzung von Forschung,

                                          KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                                                            11
Landesarchiv Baden-Württemberg
                                         3
         Quellen auf den Grund gehen
                           DIG ITAL E ARCHIVAL IE N KU N D E

                                                                                                                                       Diskussion des Projekts auf dem ersten Workshop am 24. Februar 2017.

    In Zeiten von „fake news“ und „alternativen Fakten“ ist es       der Erforschung von Urkunden, Siegeln, Wappen und Schriften.                                         versität Tübingen das neue Themenmodul „Südwestdeutsche
gang und gäbe, Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten,          In enger Verbindung damit entwickelte sich die Archivalienkun-                                       Archivalienkunde“ im Informationssystem LEO-BW eingerich-
ohne dass sie abgesichert wären. Quellen werden falsch zitiert       de. Sie erforscht die Entstehung und den Kontext archivalischer                                      tet: unter erfreulich breiter Beteiligung vieler Autorinnen und
oder sogar komplett ignoriert. Die Archivalienkunde kann sich        Quellen und liefert wichtige Hinweise und Werkzeuge für den                                          Autoren und mit äußerst positiver Resonanz.
so etwas nicht erlauben und ist deshalb sowohl wissenschaft-         sachgerechten Umgang mit ihnen.                                                                           Die „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ steht ganz bewusst
lich als auch gesellschaftlich relevanter denn je. Warum? Weil sie       Zugegeben: Das klingt zunächst nach alten Papieren und                                           nicht nur der historischen Forschung zur Verfügung, sondern
eben den Quellen wirklich auf den Grund geht.                        langweiligen Akten. Aber weit gefehlt: Denn mit dem Landes-                                          auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die in den Archiven recher-
    Interessanterweise war der Ausgangspunkt der Archivalien-        kundlichen Informationssystem „LEO-BW – Landeskunde Ent-                                             chieren. Denn, wie gesagt: Die Frage, wie man Quellen zur Un-
kunde die Frage, wie man echte Urkunden von Fälschungen un-          decken Online“ ist die Archivalienkunde längst im digitalen                                          termauerung von Fakten und Behauptungen heranzieht, ist nicht
terscheiden kann. Ihre Anfänge reichen bis in die Frühe Neuzeit      Zeitalter angekommen. Dafür hat das Landesarchiv Baden-Würt-                                         nur eine wissenschaftliche, sondern gesellschaftliche Aufgabe.
zurück. An den Universitäten befassten sich seit dem 18. Jahr-       temberg in Kooperation mit dem Institut für Geschichtliche
hundert die Historischen Grund- bzw. Hilfswissenschaften mit         Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften an der Uni-

12                                                                                                                                                                                                    KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
D I G I TA L E A R C H I VA L I E N K U N D E

                                                                                               Die Effekte und Synergien, die bereits im      wart. 100 Autorinnen und Autoren konnten für
Landesarchiv Baden-Württemberg

                                                                                           Zuge der Vorbereitung des Themenmoduls             die Generierung der Inhalte gewonnen werden.
                                                                                           „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ im Infor-       139 Artikel sind bis zum Live-Gang eingegan-
                                                                                           mationssystem LEO-BW erzielt wurden, sind          gen; 62 weitere zugesagt. Das Landesarchiv er-
                                                                                           umfassend. Die Ergebnisse wirken nachhaltig.       hält laufend Angebote für weitere Artikel.
                                                                                           So konnte durch das Projekt wertvolles Wissen           Das auf stetige Aktualisierung und Erweite-
                                                                                           über Archivaliengattungen, das bislang an sehr     rung angelegte Modul dient der kollaborativen
                                                                                           vielen unterschiedlichen Orten verteilt war, zu-   Fortschreibung von relevanten Inhalten und
                                                                                           sammengetragen und zugänglich gemacht wer-         bietet im Netz eine Struktur für die Ergebnissi-
                                                                                           den. Vieles wurde zum ersten Mal verschrift-       cherung. Es erleichtert den Austausch zwischen
                                                                                           licht. Damit wurde zugleich eine Grundlage für     Archiven und historischer Forschung und un-
                                                                                           die Konsolidierung der archivalischen Quellen-     terstützt die Lehre instrumental. Zur Förde-
                                                                                           kunde und der Historischen Grund- bzw. Hilfs-      rung der Diskussion sind partizipative Elemen-
                                                                                           wissenschaften gelegt.                             te eingerichtet. Die Zugriffszahlen im Netz sind
                                                                                               Das Projekt schuf einen neuen Bezugsrah-       nachhaltig hoch.
                                                                                           men, der übergreifende Betrachtungen jenseits           Schon durch die breite und vielfältige Zu-
                                 Vorstellung einer Archivaliengattung                      von Epochen-, Medien- und Fächergrenzen er-        sammensetzung der Beteiligten wurde das Ziel
                                                                                           möglicht. Das jeweils fachspezifische Wissen in    erreicht, der Archivalienkunde eine neue Wert-
                                                                                           Archiven und bei der historischen Forschung        schätzung zu verschaffen und ihre Relevanz im
                                                                                           wurde zur Stärkung des Dialogs zusammenge-         digitalen Zeitalter sichtbar zu machen. Im Inter-
                                                                                           führt. Hohes Interesse bestand auch auf Fachta-    net-Angebot des Landesarchivs hat das Modul
Landesarchiv Baden-Württemberg

                                                                        Startseite der
                                                                        Archivalienkunde
                                                                        auf leo-bw.de
                                                                                           gungen: Bereits im November 2016 wurde das         „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ heute und
                                                                                           Vorhaben in Wien auf einer internationalen         in Zukunft seinen festen Platz: um von der histo-
                                                                                           Tagung des Instituts für Österreichische Ge-       rischen Forschung und allen potenziell Interes-
                                                                                           schichtsforschung in einer englischsprachigen      sierten intensiv und extensiv genutzt zu werden.
                                                                                           Sektion unter der Leitung von Luciana Duranti
                                                                                           (Universität Vancouver) vorgestellt.               I N F O R M AT I O N E N

                                                                                               Die Freischaltung des Moduls „Südwest-         Modul zu einer auf den deutschen Südwesten
                                                                                                                                              bezogenen archivalischen Quellenkunde in
                                                                                           deutsche Archivalienkunde“ erfolgte am 22.         LEO-BW
                                                                                           Februar 2018. Es bietet Informationen zu Ar-       Landesarchiv Baden-Württemberg
                                                                                           chivaliengattungen und Quellentypen vom            und Universität Tübingen
                                                                                                                                              Prof. Dr. Robert Kretzschmar
                                                                                           Frühmittelalter bis in die unmittelbare Gegen-
                                                                                                                                              Prof. Dr. Christian Keitel

                                 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                        13
Susann Henker (CATS-Schülerlabor)
                                        4
                           Wir sind Asien
                                CAT S-SCHÜ L E RL ABO R

                                                                                                                                          Seminarkurs „Krieg und Film in Ostasien“ unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Hans Martin
                                                                                                                                          Krämer und Dr. Martin Gieselmann. Kooperation mit dem Ottheinrich-Gymnasium Wiesloch im Schuljahr
                                                                                                                                          2017/2018

    Das Centrum für Asienwissenschaften und Transkulturel-          Lücke versucht das CATS-Schülerlabor zu schließen. Die Akti-                                              plinärem Bezug zur Geschichte, Soziologie, Philosophie, Politik,
le Studien an der Universität Heidelberg beherbergt die Fächer      vitäten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten sich an Ju-                                          Ökonomie oder Geographie, aus Sicht der Kunst, Literatur oder
Ethnologie, Japanologie, Sinologie, Indologie und Südasienwis-      gendliche unterschiedlicher Altersgruppen, vor allem aber auch                                            der Menschen.
senschaften. Unter einem Dach finden hier Kulturregionen mit        an Lehrkräfte, die ihren Schülerinnen und Schülern ein umfas-                                                 Gemeinsam mit den jeweiligen Lehrkräften konzipiert das
Jahrtausende alter Geschichte zusammen, in der heute knapp          sendes Bild von Asien oder die feinen Unterschiede zwischen                                               CATS-Schülerlabor Format, Umfang und Inhalt der Workshops,
die Hälfte der Weltbevölkerung und drei der weltweit größten        den einzelnen Ländern und Kulturen näherbringen wollen.                                                   damit diese sinnvoll den schulischen Unterricht ergänzen. Die
Volkswirtschaften beheimatet sind.                                      Alle Aktivitäten des CATS-Schülerlabors sind zielgruppen-                                             Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte kommen dafür an
    Was wir wirklich über diese Kulturen wissen, ist jenseits des   spezifisch ausgerichtet. Dabei liegt es in der Vielfalt der Fächer                                        die Universität Heidelberg, in der Regel für einen Schultag. Ne-
universitären und wissenschaftlichen Kontextes meist sehr be-       begründet, dass auch die Angebote des CATS-Schülerlabors sehr                                             ben diesen eintägigen Kursen bietet das CATS-Schülerlabor aber
grenzt. Der überdies in den letzten zwei Jahrzehnten immens ge-     weit gefächert sind. Denn der Zugang zu den Kulturen und Re-                                              auch Unterstützung für Seminare oder Projekttage an.
stiegenen Bedeutung Asiens steht ein rudimentäres Wissens-          gionen umfasst verschiedene historische und gegenwartsbezoge-
angebot in den deutschen Bildungssystemen gegenüber. Diese          ne fachliche Perspektiven: ethnologisch, archäologisch, mit diszi-

14                                                                                                                                                                                                         KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
C AT S - S C H Ü L E R L A B O R

                                                                                                                                                                                                                             Dazu gehörten neben Informationsveranstal-
Susann Henker (CATS-Schülerlabor)

                                                                                    Susann Henker (CATS-Schülerlabor)
                                                                                                                                                                                                                             tungen und Tagungen auch wissenschaftliche
                                                                                                                                                                                                                             Workshops für Schulklassen sowie ein wissen-
                                                                                                                                                                                                                             schaftliches Ferienprogramm für Jugendliche.
                                                                                                                                                                                                                             Die nachhaltigsten Veränderungen – und da-
                                                                                                                                                                                                                             mit auch den Anknüpfungspunkt für zukünf-
                                                                                                                                                                                                                             tige Aktivitäten – wurden fraglos im Bereich
                                                                                                                                                                                                                             der Arbeit mit den schulischen Lehrkräften er-
                                                                                                                                                                                                                             reicht. Hier ist es dem Team des CATS-Schü-
                                                                                                                                                                                                                             lerlabors gelungen, den Bekanntheitsgrad nicht
                                                                                                                                                                                                                             nur bei einzelnen Lehrerinnen und Lehrern zu
                                                                                                                                                                                                                             erhöhen, sondern auch den Kenntnisstand von
                                                                                                                                                                                                                             Lehrkräften auf Fachebene zu fördern und zu
                                                                                                                                                                                                                             stärken.

                                                                                                                                                                                                                             I N F O R M AT I O N E N
                                    Workshop „China als globaler Akteur in der                                          Workshop „Wasser im Himalaya: Zu viel und zu wenig“; Dozentin Dr. Susanne Schmidt;                   CATS-Schülerlabor
                                    Entwicklungspolitik“; Dozentin Marina Rudyak;                                       Hans-Purrmann-Gymnasium, Speyer
                                                                                                                                                                                                                             Universität Heidelberg
                                    Hölderlin-Gymnasium Heidelberg
                                                                                                                                                                                                                             Prof. Dr. Hans Martin Krämer
                                                                                                                                                                                                                             Dr. Martin Gieselmann

                                        Das CATS-Schülerlabor wurde mit Pro-                                            richtsbegleitende Aktivitäten mit Jugendlichen      2018 am Südasien-Institut zu Gast, um im Rah-
                                    jektstart im November 2016 als erste insti-                                         oder ganzen Schulklassen konnten hier wert-         men des Geographie-Unterrichts über das The-
                                    tutsunabhängige Einrichtung innerhalb des                                           volle Impulse gesetzt werden.                       ma „Wasser im Himalaya“ mehr zu erfahren.
                                    Centrums für Asienwissenschaften und Trans-                                             So bearbeiteten etwa Schülerinnen und           Frontalunterricht gab es hier nicht, stattdes-
                                    kulturelle Studien an der Universität Heidel-                                       Schüler der Oberstufe gemeinsam mit Wissen-         sen debattierte die ganze Klasse mit der SAI-
                                    berg komplett neu aufgebaut. Die Arbeit des                                         schaftlern der Universität Heidelberg aktuel-       Dozentin darüber, welche Gründe in dieser an
                                    Schülerlabors hat zum einen intern zu einer                                         le asienwissenschaftliche Forschungsfragen. Für     sich wasserreichen Region zu Wasserengpäs-
                                    besseren Vernetzung der Mitarbeiterinnen und                                        einen Schultag übernahmen die Schüler dabei         sen führen, wie sich der Gletscherrückgang be-
                                    Mitarbeiter beigetragen. Vor allem aber wur-                                        selbst die Aufgaben eines Ethnologen und lern-      merkbar macht und welche Bewässerungssyste-
                                    de die Sichtbarkeit der einzelnen Fächer, die                                       ten die Arbeitsweise wissenschaftlicher For-        me Abhilfe schaffen könnten.
                                    am CATS vertreten sind, nach außen erhöht.                                          schung kennen. Die 9. Klasse eines Heidelber-           In den vergangenen zwei Jahren wurden di-
                                    Durch viele Workshops, Seminare und unter-                                          ger Gymnasiums wiederum war im Sommer               verse Formate entwickelt und durchgeführt:

                                    KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                                                               15
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                                                                                                 Bild: K. Sieckmeyer
                                                                                                 © HCCH
Kulturelles Erbe schätzen und schützen
                C U LT U RAL HE RITAG E U N D KU LT U RG Ü TER S C H U TZ

                                                                                                                                                  Die „Heidelberger altertumswissen-
                                                                                                                                                  schaftlichen Sammlungen“ im Überblick.

     Dass an Universitäten neue ,Kleine Fächer‘ begründet wer-       len Hinterlassenschaften vergangener und gegenwärtiger Ge-         ge und Kulturgüterschutz“ durch die theoretische und zugleich
den, ist selten. Im Falle des Masterstudiengangs „Cultural Herita-   sellschaften gebündelt und vernetzt. Die Konzeption des neuen      stark praxisorientierte Vermittlung zentraler Kompetenzen im
ge und Kulturgüterschutz“ ist es absolut notwendig und sinnvoll.     Studiengangs folgt dem beschriebenen Selbstverständnis: Vor-       Feld des kulturellen Erbes einen wichtigen Beitrag zum Umgang
Denn die Frage, wie das kulturelle Erbe der Menschheit, also al-     handene Kompetenzfelder und Strukturen in der Grundlagen-          mit gefährdetem Kulturgut und dessen Bewahrung. Eine beson-
les, was der Mensch an bedeutsamen materiellen und immateri-         forschung sollen genutzt, vernetzt und entsprechende Lehran-       dere Rolle kommt dabei der „World Heritage Education“ zu, die
ellen Werten erschaffen hat, geschützt, bewahrt und vermittelt       gebote disziplinär und interdisziplinär ausrichtet werden. Die     im Verbund mit mehreren Welterbe-Stätten durchgeführt wird.
werden kann, ist von universeller, kollektiver Bedeutung.            ,Kleinen Fächer‘ aus den Geistes- und Sozialwissenschaften wer-    Ein weiterer Schwerpunkt des Lehrangebots liegt im Kulturgü-
     Der neue Masterstudiengang „Cultural Heritage und Kul-          den hierbei gezielt einbezogen, um neue Lehrinhalte auch für die   terschutz auf nationaler und internationaler Ebene sowie den ju-
turgüterschutz“ wird am Heidelberg Zentrum Kulturelles Er-           Absolventen dieser Fächer zu generieren. Hinzu kommt eine en-      ristischen und kriminologischen Aspekten dieses Bereichs.
be (HCCH) der Universität Heidelberg eingerichtet. Unter dem         ge Kooperation mit den angeschlossenen altertumswissenschaft-
Dach des HCCH werden an der Universität Heidelberg beste-            lichen Sammlungen der Universität.
hende Kompetenzen in der Grundlagenforschung an kulturel-                 Insgesamt leistet der neue Studiengang „Cultural Herita-

16                                                                                                                                                                 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
C U LT U R A L H E R I TAG E U N D K U LT U R G Ü T E R S C H U T Z

                                                                                                                                                                                                                       stattfindende Ringvorlesung „Das Kulturelle Er-
Foto: K. Sieckmeyer

                                                                                                                               Foto: A. Heinrich, Heidelberg
                                                                                                                                                                                                                       be der Menschheit – Chancen und Problematik
                                                                                                                                                                                                                       eines populären Konzepts“.
© HCCH

                                                                                                                               © HCCH
                                                                                                                                                                                                                            Schon zum jetzigen Zeitpunkt kann daher
                                                                                                                                                                                                                       prognostiziert werden, dass der Studiengang zur
                                                                                                                                                                                                                       Herausbildung einer neuartigen Lehr-Infrastruk-
                                                                                                                                                                                                                       tur und zu einer erheblichen Stärkung der ,Klei-
                                                                                                                                                                                                                       nen Fächer‘ an der Universität Heidelberg bei-
                                                                                                                                                                                                                       tragen wird.
                                                                                                                                                                                                                            All diese Aktivitäten und Maßnahmen
                                                                                                                                                                                                                       tragen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für
                                                                                                                                                                                                                       die Bedeutung der ,Kleinen Fächer‘ in der Be-
                                                                                                                                                                                                                       wahrung von Kulturgut bei. Die Nachhaltig-
                                                                                                                                                                                                                       keit der durch den neuen Studiengang bewirk-
                                                                                                                                                                                                                       ten Strukturveränderungen ist an der Universität
                                                                                                                                                                                                                       Heidelberg durch das HCCH gesichert. Des-
                      Studierende der Universität Heidelberg beim Umpacken archäologischer Funde in den Räumlichkeiten                                         Kuratorin Kristina Sieckmeyer und Studierende           sen Infrastruktur als zentrale wissenschaftliche
                      des derzeit in der Entstehung begriffenen „Museums für Frühe Hochkulturen“ der Universität Heidelberg.                                   der Universität Heidelberg im Magazin der Uruk-
                                                                                                                                                               Warka-Sammlung bei der Auswahl geeigneter               Einrichtung bildet eine hervorragende Grund-
                                                                                                                                                               Tontafeln für eine Ausstellung.                         lage dafür, dass der Studiengang gemeinsam mit
                                                                                                                                                                                                                       der neuen W3-Professur „Cultural Heritage und
                          Der neue Studiengang soll zum WS                 Universitätssammlungen, die eine große Vielfalt                                     partnern, wie den Denkmalämtern und Museen,             Kulturgüterschutz“ weiter ausgebaut und in der
                      2019/2020 starten. Er bewirkt in erster Linie eine   des kulturellen Erbes verschiedener Regionen                                        dem Zoll und Bundeskriminalamt bis hin zu in-           Universitätslandschaft verankert werden kann.
                      starke inter- und transdisziplinäre Vernetzung       und Epochen in den Studiengang einbringen.                                          ternationalen Organisationen, wird die Sichtbar-
                      der Altertums-, Kunst- und Kulturwissenschaf-            Neben dem Kulturerbe hat der Kulturgü-                                          keit der ‚Kleinen Fächer‘ zusätzlich erhöht. Es         I N F O R M AT I O N E N

                      ten mit den Vertretern der Rechts-, Sozial- und      terschutz in den vergangenen Jahren mehr und                                        ist gerade diese enge Zusammenarbeit mit exter-         MA-Studiengang Cultural Heritage
                                                                                                                                                                                                                       und Kulturgüterschutz
                      Naturwissenschaften, durch deren Zusammen-           mehr Bedeutung erlangt. Der neue Studiengang                                        nen Kooperationspartnern, die den Transfer der
                                                                                                                                                                                                                       Universität Heidelberg
                      spiel die praxis- und berufsorientierte Ausbil-      trägt dieser steigenden gesellschaftlichen Rele-                                    Studieninhalte aus den ‚Kleinen Fächern‘ in die
                                                                                                                                                                                                                       Prof. Dr. Christian Witschel
                      dung erst möglich wird. Strukturverändernd           vanz Rechnung und kann sozusagen als „Leucht-                                       Gesellschaft ermöglicht. Durch Digitalisierungs-        Prof. Dr. Stefan Maul
                      wirkt sich der Studiengang auch in der Lehre         turm“ in einem so wichtigen Bereich seine Kom-                                      und Ausstellungsprojekte kann die Bedeutung
                      aus, welche sich durch die Entwicklung innova-       petenzen ebenso fundiert wie medienwirksam                                          des kulturellen Erbes und seine Gefährdung ei-
                      tiver Lehreinheiten mit starkem Praxisbezug aus-     einbringen. Durch die intensive Zusammen-                                           ner breiten Öffentlichkeit vergegenwärtigt wer-
                      zeichnet. Hiervon profitieren nicht zuletzt die      arbeit mit außeruniversitären Kooperations-                                         den. Hierzu dient auch die ab dem WS 2018/19

                      KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                                                                          17
Zelkova zelkovaefolia, eine
                                                                                                                                                                    fossile Art aus Willershausen

                                        6
                                                                                                                                                                    (Niedersachsen), ca. 3 Millio-
                                                                                                                                                                    nen Jahre alt, Pliozän.

                    Fossile Blätter
               im Internet identifizieren
                                       DIG IP HYL L

                                                                                                                                                                                                             SMNS P1993-168
    Über die evolutionäre Entwicklung von Ökosystemen wissen         das zu ihren Lebzeiten herrschte: Gab es Wald, wie sah er aus,       lung fossiler Pflanzen umfasst etwa 25.000 Objekte. Und die Uni-
wir vergleichsweise wenig – aber zunehmend mehr. Denn für un-        welche Tiere gab es, wie sah die Umwelt aus? Das ist der Link        versität Hohenheim steuert eine umfangreiche Datenbank mit
ser Verständnis des Systems Erde und seiner Geschichte ist das       von den fossilen Funden zu Erkenntnissen, die wir auch heutzu-       Pflanzen bei, die in den Hohenheimer Gärten gepflanzt sind. Dr.
Wissen um die Pflanzenwelt vergangener Erdzeitalter von grund-       tage nutzen können.“ Um diesen Link künftig auf eine breitere        Helmut Dalitz entwickelte bereits vor 15 Jahren einen Bestim-
legender Bedeutung. Und die Paläobotanik als Wissenschaft von        Wissensbasis zu stellen, wurde das Projekt „DIGIPHYLL“ ins Le-       mungsschlüssel für tropische Pflanzen und baute die Datenbank
den fossilen Pflanzen leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.       ben gerufen. Dabei handelt es sich um eine Internet-Ressource        „Visualplants“ mit rund 30.000 Bildern auf.
Ganz entscheidend ist dabei die Fähigkeit, fossile Arten identifi-   zur Bestimmung fossiler Pflanzen, die in einfacher und visueller         Die Weiterentwicklung dieser Datenbank in Kombination
zieren und taxonomisch zuordnen zu können.                           Weise sowohl die Identifizierung als auch den Abgleich des fos-      mit fossilen Blattmerkmalen diente als Grundlage für einen erst-
    „Über fossile Blätter lassen sich Pflanzen recht gut bestim-     silen Materials mit heute existierenden Pflanzen erleichtern soll.   mals einheitlichen Bestimmungsschlüssel – ein Meilenstein für
men“, erklärt PD Dr. Anita Roth-Nebelsick, Kuratorin für Paläo-          Dass das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart und          die Paläobotanik.
botanik am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart. „Aus         die Universität Hohenheim in dem Projekt eng zusammenarbei-
ihnen gewinnen wir Erkenntnisse über die Flora und das Klima,        ten, ist nicht nur geografisch naheliegend. Die Museumssamm-

18                                                                                                                                                                   KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
DIGIPHYLL

                                                                                                                                                                                                                                    auch für interessierte Laien nutzbar. Dabei kön-
Bilder (v.l.n.r.): Matthias Krause, Helmut Dalitz, Helmut Dalitz

                                                                                                                                                                                                                                    nen die Nutzerinnen und Nutzer Merkmale des
                                                                                                                                                                                                                                    vorliegenden Fossils anhand von Merkmalslis-
                                                                                                                                                                                                                                    ten digital ankreuzen. Anschließend werden in
                                                                                                                                                                                                                                    einer Bildgalerie Abbildungen derjenigen fos-
                                                                                                                                                                                                                                    silen Arten gezeigt, auf die die angekreuzten
                                                                                                                                                                                                                                    Merkmale zutreffen. Diese Abbildungen sowie
                                                                                                                                                                                                                                    die angegebene Literatur sollen dann eine end-
                                                                                                                                                                                                                                    gültige Identifikation ermöglichen. Schließlich
                                                                                                                                                                                                                                    werden weitergehende Informationen zum Fos-
                                                                                                                                                                                                                                    sil sowie zu seiner Verbindung zu heute noch
                                                                                                                                                                                                                                    existenten Verwandten angeboten. Die mut-
                                                                                                                                                                                                                                    maßlichen Verwandten werden an Hand von
                                                                                                                                                                                                                                    Beispielen aus den Hohenheimer Gärten ge-
                                                                                                                                                                                                                                    zeigt, womit ein direkter Bezug und eine leben-
                                                                                                                                                                                                                                    dige Anschauung möglich werden.
                                                                   Zelkova serrata mit der Akzessionsnummer SYS-G-288-5923 in den Hohenheimer         Die Oberfläche von Digiphyll, nach Aufruf der digitalen Bestimmungstabelle.        „DIGIPHYLL“ wird in deutscher und eng-
                                                                   Gärten. Der Standort der Pflanze wird in der finalen Applikation auf einer Karte   Das eingeblendete Piktogramm ist ein Beispiel für die zur Verfügung stehen-
                                                                   angezeigt werden.                                                                  den „graphischen Definitionen“ der Merkmale. Dargestellt ist die englisch-    lischer Sprache verfasst und erreicht damit ei-
                                                                                                                                                      sprachige Version.                                                            nen Personenkreis weit über den deutschspra-
                                                                                                                                                                                                                                    chigen Raum hinaus. Die Internet-Ressource
                                                                        Fossile Pflanzen haben von jeher naturge-        schwierig zu finden. Erschwerend kommt hin-            praxistaugliche Identifikation von fossilen Blät-   eignet sich sowohl zum Selbststudium als auch
                                                                   schichtlich interessierte Menschen fasziniert.        zu, dass Beschreibungen fossiler Arten meist           tern zu ermöglichen, denn bei Fossilien ist oft     zum Einsatz in Lehrveranstaltungen und wird
                                                                   Zahlreiche Fundstellen, darunter eine ganze           auch an bestimmte erdgeschichtliche Zeital-            nur eine begrenzte Anzahl von Merkmalen             darüber hinaus auch der interessierten Öffent-
                                                                   Reihe berühmter Lokalitäten in Baden-Würt-            ter sowie spezielle Fundstellen gebunden sind,         überliefert oder erkennbar. Neben der einheit-      lichkeit zur Verfügung stehen.
                                                                   temberg, liefern bis heute wichtige Fossilien         so dass allgemeine Standardwerke hierzu prak-          lichen Darstellung der Sammlungen des Staat-
                                                                   als wesentliche Dokumente der Pflanzenwelt            tisch fehlen.                                          lichen Museums für Naturkunde Stuttgart und         I N F O R M AT I O N E N

                                                                   vergangener Erdzeitalter. Die Paläobotanik ar-             Der digitale Bestimmungsprozess mit „DI-          der Universität Hohenheim geht es in dem Pro-       DIGIPHYLL: Digitale Kompetenzvermittlung für die
                                                                                                                                                                                                                                    Paläobotanik in Forschung und Lehre
                                                                   beitet diese Fossilien wissenschaftlich und ta-       GIPHYLL“ schafft hier Abhilfe. Weltweit ein-           jekt deshalb vor allem um eine intelligente Pro-
                                                                                                                                                                                                                                    Universität Hohenheim
                                                                   xonomisch auf. Dies erfordert umfangreiche            zigartig macht das Projekt, dass es einen ein-         grammierung des Recherchetools.                     Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart
                                                                   Expertise und Erfahrung sowie Literaturkennt-         heitlichen Such- und Bestimmungsstandard für               Die Merkmale werden während der Bestim-         PD Dr. Anita Roth-Nebelsick
                                                                                                                                                                                                                                    Dr. Helmut Dalitz
                                                                   nis. Die entsprechende Fachliteratur jedoch           fossile und rezente, also heutige Blätter schafft.     mung sowohl beschrieben als auch graphisch
                                                                   ist weit verstreut und für Nichtspezialisten          Die Internet-Ressource zielt darauf ab, eine           angezeigt. Das ist neu und macht die Suche

                                                                   KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                             19
7
         Visuelle Kultur des Altertums
                                   ARCHÄO L O G IE

     Im Institut für Archäologische Wissenschaften der Univer-   licher vormoderner Kulturen und Epochen ab. Es erstreckt sich    gleichermaßen bereichern. Denn Bildwerke als Ausdruck des
sität Freiburg sind seit 2008 sieben archäologisch-altertums-    von den Jäger- und Sammlerkulturen der Nacheiszeit und den       schöpferischen Menschen und Zeugnisse der visuellen Kultur
wissenschaftliche Disziplinen verbunden, also gleich mehrere     ersten bäuerlichen Gemeinschaften der Jungsteinzeit bis hin      beschäftigen alle ,Kleinen Fächer‘ am Institut für Archäologische
,Kleine Fächer‘: die Urgeschichtliche, Vorderasiatische, Klas-   zu Kelten, Römern und Germanen. Die Kulturen des Vorde-          Wissenschaften. Das Projekt intensiviert nachhaltig die gemein-
sische, Provinzialrömische und Byzantinische Archäologie, die    ren Orients gehören ebenso dazu wie die antiken Kulturen im      same Lehr- und Forschungstätigkeit in diesem Feld – über die je-
Frühgeschichtliche Archäologie und die Archäologie des Mittel-   Mittelmeerraum. Mit der Archäologie des Mittelalters und der     weiligen Fachtraditionen und Erkenntnisinteressen hinweg. Mit
alters sowie die Altorientalische Philologie.                    Byzantinischen Archäologie reicht das Forschungsfeld bis in      der Einrichtung von Gastdozenturen werden neue Forschungs-
     Mit seiner in Deutschland einmaligen Fächerkombination      das zweite Jahrtausend hinein. Räumlich decken die Fächer ein    aspekte und -ansätze einbezogen. Vortragsreihen, internationa-
bietet das Institut für Archäologische Wissenschaften Studien-   Gebiet von Europa über Kleinasien und Mesopotamien bis an        le Tagungen und Graduiertenseminare erweitern das Angebot in
gänge (Bachelor, Master) an, die den größten Teil der jünge-     den Indus ab.                                                    der Vermittlung und Lehre.
ren Menschheitsgeschichte umfassen. Geographisch und zeitlich        Das Projekt „Visual Culture and Anthropology in Antiquity“
deckt der Freiburger Verbund ein weites Feld ganz unterschied-   eröffnet neue Perspektiven, die die genannten Fachgebiete

20                                                                                                                                                            KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
V I S U E L L E K U LT U R D E S A LT E R T U M S

    Im Institut für Archäologische Wissenschaf-     in bislang einmaliger Weise Kulturwissen-
ten der Universität Freiburg beschäftigen sich      schaftlerinnen und Kulturwissenschaftler
verschiedene Disziplinen mit vergangenen Kul-       verschiedener Disziplinen zusammen und
turen. Dabei werden archäologische, philologi-      eröffnet neue Forschungsfelder im Bereich
sche, anthropologische, historische, kunst- und     von Denken, Bild- und Schreibkultur in
kulturgeschichtliche Fragestellungen erforscht      Europa, Afrika, Asien und Amerika. Durch das
und in der Lehre den Studierenden vermittelt.       Engagement renommierter Gastdozentinnen
Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche        und Gastdozenten aus Großbritannien und den
historische Rolle das Materielle und Visuelle in    USA entstehen Netzwerke, die dem Freiburger
vormodernen Gesellschaften spielt.                  Institut in Forschung und Lehre auch auf in-
    Durch die Einrichtung der Gastdozenturen        ternationaler Ebene Wirksamkeit und Geltung
zum Themenbereich „Visual Culture and               verschaffen.
Anthropology in Antiquity“ ist es gelungen, die         Darüber hinaus ist eine Schriftenreihe ins
im Institut versammelten Fächer, die schon seit     Leben gerufen worden, in der Monografien
2008 in der Lehre sehr erfolgreich kooperieren,     und Sammelbände erscheinen, die sich im
auch in der Forschung zusammenzuführen.             Forschungsfeld von Archäologie und visueller
Der fachliche Austausch zwischen den im             Kultur des Altertums bewegen. Dabei stehen
Institut tätigen Wissenschaftlerinnen und           vor allem Ansätze der Artefakt-Bild-Interpreta-
Wissenschaftlern hat erheblich zugenommen.          tion im Zentrum. Die Bände der Reihe werden
Regelmäßige Zusammenkünfte, in denen sie            im Peer-Review-Verfahren in unregelmäßiger
über Gemeinsamkeiten und Unterschiede               Folge als ‚open-access‘-Publikationen und im
disziplinärer Methoden oder Forschungsziele         ‚print-on-demand‘ bei Propylaeum-eBooks
diskutieren und neue Perspektiven entwickeln,       der Universitätsbibliothek Heidelberg veröf-
sind mittlerweile alltägliche Praxis im Institut.   fentlicht (https://books.ub.uni-heidelberg.de/
Diese positiven Auswirkungen auf die Lehr-          propylaeum/series/info/favis).
und Forschungsarbeit haben das Institut im              Durch die erfolgreiche Bewerbung um
universitären Kontext gestärkt.                     eine Projektgruppe am Freiburg Institute of
    Neben den Gastdozenturen sorgen die             Advanced Studies (FRIAS) kann das Programm        fortführen und einen Antrag auf ein DFG-     I N F O R M AT I O N E N

hochkarätig besetzten Vortragsreihen und            nachhaltig weiterentwickelt werden. Die           Graduiertenkolleg im bildwissenschaftlich-   Gastdozentur im Bereich Visual Culture
                                                                                                                                                   and Anthropolology in Antiquity
internationalen Konferenzen für große               Projektgruppe wird die durch das geförderte       archäologischen Bereich vorbereiten.
                                                                                                                                                   Universität Freiburg
Aufmerksamkeit. Die Tagung über „Thought,           Projekt angestoßenen Forschungen zu „Visual
                                                                                                                                                   Prof. Dr. Christoph Huth
image, and the making of social worlds“ bringt      Culture and Anthropology in Antiquity“                                                         Prof. Dr. Ralf von den Hoff

KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                            21
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                                                                                                                                                                                Screenshot des Geophysik
                                                                                                                                                                                Lehrmittelpools unter
                                                                                                                                                                                www.oerbw.de.

        Geophysiker als Brückenbauer
                      „ iBRIDG E – IN T E RAKT IVE R BRÜC K EN K U R S
                        IN DAS G E O P HYSIK-MAST E RS TU D I U M

    Welche Vorgänge bewegen die Kontinentalplatten auf der               werden kann. Bei der Abbil-                                                                             einen und der Physik und
Erde und wie entstehen Erdbeben? Wie ist der tiefe Untergrund            dung des Erdinneren werden                                                                              Mathematik auf der anderen
der Erde aufgebaut und wo erwarten wir Rohstoffvorkommen?                oftmals sogenannte Inversions-                                                                          Seite. In der Geophysik wer-
Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt sich die Geophy-             methoden verwendet, die es                                                                              den physikalische Modelle zur
sik – sie ist die Physik der festen Erde. Ihr Ziel ist das Verständnis   erlauben an der Erdoberfläche                                                                           quantitativen Untersuchung
und die Abbildung physikalischer Vorgänge und Eigenschaften              gewonnene Messdaten mit Un-                                                                             raum-zeitabhängiger Probleme
im Erdinneren. Geophysiker und Geophysikerinnen untersuchen              tergrundeigenschaften zu identifizieren. Die Auswertung dieser       der Geowissenschaften eingesetzt. Dadurch ermöglicht sie den
dabei 3D-heterogene und zeitabhängige Prozesse und Strukturen            Daten geschieht häufig mit Hilfe von Hochleistungscomputern,         Forscherinnen und Forschern, Antworten auf wissenschaftliche
in der Erde. Dazu führen sie zum Beispiel großangelegte Messex-          die große Mengen an Messdaten verarbeiten können und die nö-         und gesellschaftliche Fragestellungen zur Rohstoffsicherung, zur
perimente weltweit durch und beobachten, wie Erdbeben ent-               tige Leistung zur Berechnung physikalischer Felder bereitstellen.    Prognose und Frühwarnung von Naturkatastrophen sowie zur
stehen oder wie der Erduntergrund durch seismische, elektrische              Die Geophysik ist ein klassisch interdisziplinäres Fachgebiet.   Materialforschung und -prüfung zu geben.
oder magnetische Eigenschaften beschrieben und rekonstruiert             Sie bildet eine Brücke zwischen den Geowissenschaften auf der

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IBRIDGE

                                                                                                                                                                           Der Lehrmittelpool innerhalb von iBRIDGE
© KIT

                                                                             © KIT
                                                                                                                                                                      richtet sich an Dozierende der Geophysik. Zur
                                                                                                                                                                      Lehre notwendige Abbildungen und andere
                                                                                                                                                                      Materialien müssen oft selbst erstellt oder aus
                                                                                                                                                                      fremden Quellen übernommen werden, was
                                                                                                                                                                      vielfach mit unklaren Nutzungsrechten verbun-
                                                                                                                                                                      den ist. In Kooperation mit Lehrenden der geo-
                                                                                                                                                                      physikalischen Einrichtungen in Deutschland
                                                                                                                                                                      entsteht im Rahmen des Projekts eine Samm-
                                                                                                                                                                      lung von digitalen Lehrmitteln (Skripten, Ab-
                                                                                                                                                                      bildungen, Animationen, Übungsaufgaben, Vi-
        Videoaussschnitt der Vorlesungsaufzeichnung „Einführung in die               Videoausschnitt des iBRIDGE Moduls „Erdbebenbruchmechanismen“                    deos etc.), in der sich die Dozierenden unter
        Geophysik“ (Prof. Dr. Thomas Bohlen).                                        (Dr. Andreas Barth).
                                                                                                                                                                      individuellen Nutzungslizenzen gegenseitig
                                                                                                                                                                      Lehrmaterialien zur Verfügung stellen und vom
                                                                                                                                                                      Angebot anderer profitieren können. Abrufbar
                                                                                                                                                                      ist der Lehrmittelpool auf dem zentralen Repo-
                                                                                                                                                                      sitorium für Open Educational Resources der
                                                                                                                                                                      Hochschulen in Baden-Württemberg (www.
                                                                                                                                                                      oerbw.de, „Geophysik“).
                                                                                                                                                                           Beide Projektkomponenten sind also be-
            Das Projekt iBRIDGE wurde am Karlsruher          Er wird zu Projektende aus 50 digitalen Mo-             fehlende Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt     reits online verfügbar. Sie werden auch nach
        Institut für Technologie (KIT) speziell für neue     dulen zur Seismologie, Seismik und weiteren             nachzuarbeiten.                                  dem Ende der Projektphase im Juni 2019 wei-
        Masterstudierende der Geophysik entwickelt. Es       angewandten Methoden sowie Mitschnitten                     Zum Wintersemester 2018/19 wurde der         ter betreut und neuen Interessenten offenste-
        umfasst einen interaktiven Brückenkurs sowie         der Einführungsvorlesung in die Geophysik               Masterstudiengang Geophysik am KIT auf eng-      hen. Das erhöht die Sichtbarkeit des Faches
        einen digitalen Lehrmittelpool für Studiengän-       bestehen. Die digitalen Module beinhalten               lische Sprache umgestellt. Im Zuge dessen wur-   Geophysik und gewährleistet eine nachhaltige
        ge der Geophysik in Deutschland. Während der         jeweils ein 10-minütiges Lehrvideo, Online-             den auch alle bestehenden Videos nachvertont,    Nutzung der Materialien auch in Zukunft.
        Brückenkurs die Attraktivität des Studienfaches      tests sowie weiterführenden Materialien und             so dass zu diesem Zeitpunkt 31 Videos in eng-
        nachhaltig erhöht, fördert der Lehrmittelpool die    sind als Onlinekurs für die Studierenden ver-           lischer und 40 in deutscher Sprache vorliegen.   I N F O R M AT I O N E N

        Vernetzung der geophysikalisch ausgerichteten        fügbar. Aus den einzelnen Modulen können                Einige Videos werden zusätzlich auf dem KIT-     iBRIDGE – Interaktiver BRückenkurs In Das
                                                                                                                                                                      GEophysik-Masterstudium mit Hilfe modularisier-
        Studiengänge innerhalb Deutschlands.                 sie entsprechend ihrer Vorkenntnisse wäh-               YouTube-Kanal „KIT | WEBCAST“ in dem             ter Online-Lehrangebote und Einrichtung eines
            Der Brückenkurs wird vor Beginn der Vor-         len und haben so mit der Teilnahme die Mög-             Ordner „Brückenkurs Geophysik“ frei zur Ver-     digitalen, freien Lehrmittelpools

        lesungen im Masterstudiengang absolviert.            lichkeit, sich eigenständig vorzubereiten oder          fügung gestellt.                                 Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
                                                                                                                                                                      Prof. Dr. Thomas Bohlen, Dr. Andreas Barth

        KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG                                                                                                                                                                             23
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