Kleine Fächer' in Baden-Württemberg Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten
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I N H A LT 1 Akademische Ethnologie und berufliche Praxis 8 2 Archäologie der Zukunft – Direktvermittlung Wissen 10 3 Modul zu einer auf den deutschen Südwesten bezogenen 12 Tauber archivalischen Quellenkunde in LEO-BW Mannheim (11) Heidelberg 4 CATS-Schülerlabor 14 (4, 5, 9, 11, 13) 5 MA-Studiengang Cultural Heritage und Kulturgüterschutz 16 Kocher Jagst 6 DIGIPHYLL: Digitale Kompetenzvermittlung für die Paläobotanik 18 Karlsruhe (8, 11, 12) in Forschung und Lehre Rastatt (11) Stuttgart (3, 6, 11, 12) 7 Gastdozentur im Bereich Visual Culture and Anthropolology in Antiquity 20 Hohenheim (6) Esslingen a.N. (11) 8 iBRIDGE – Interaktiver BRückenkurs In Das GEophysik-Masterstudium 22 mit Hilfe modularisierter Online-Lehrangebote und Einrichtung eines Tübingen (2, 3, 12) digitalen, freien Lehrmittelpools Kinzig Neckar 9 Masterclass Keilschriftepigraphie 24 Donau 10 Objekt – Digitalisat – Bedeutung: 26 Grundwissenschaft Numismatik im „Digital Turn“ Freiburg (1, 7, 10, 11, 12) 11 Numismatischer Verbund in Baden-Württemberg (NV BW) — 28 Unteruhldingen (2) Erschließung, Vernetzung, Transfer Rhein Konstanz (11) 12 Vernetzt lernen, forschen, vermitteln 30 13 Webinars in den Kleinen Fächern 32 4 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
VO R W O R T D E R M I N I S T E R I N ‚Kleine Fächer‘ gehören zum Kernbestand der Wissenschaftslandschaft Die ‚Kleinen Fächer‘ gehören zum Kernbestand der Wissen- umso größer. Trotz begrenzter Ausstattung leisten sie Großes. Mein Dank gilt ebenfalls den Akteurinnen und Akteuren schaftslandschaft, sie sind erfolgreich, weltweit anerkannt und Ihr Beitrag wird im Zuge einer zunehmend globalen und inter- der einzelnen Vorhaben, die auf vielfältige Weise neue Wege im stärken damit die Vielfalt und die internationale Relevanz der disziplinären Vernetzung immer deutlicher sichtbar. Hinblick auf eine weiterreichende Vernetzung und eine gesell- Universitäten in Baden-Württemberg. Um die Leistungsfähigkeit und Sichtbarkeit der ‚Kleinen schaftliche Sichtbarkeit der ‚Kleinen Fächer‘ beschritten haben. Durch ihr detailliertes und spezialisiertes Fachwissen sind Fächer‘ nachhaltig zu sichern, hat die Landesregierung 2016 die Die Broschüre gibt einen Einblick in die im Rahmen der Fächer wie die Archäologie, Assyriologie, Geophysik, Ethnologie „Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg“ aufge- Landesinitiative geförderten 13 Vorhaben. Diese verdeutlichen, oder Transkulturelle Studien für einen Pluralismus der Wissens- legt und durch einen Strukturfonds mit 3 Millionen EUR ausge- dass die ‚Kleinen Fächer‘ nicht allein die Pluralität unserer Wis- kultur unverzichtbar. Sowohl die geistes-, kultur- als auch natur- stattet. Zu den weiteren Maßnahmen der Landesinitiative zählte senskultur wiederspiegeln, sondern sie ermöglichen es auch, wissenschaftlichen ‚Kleinen Fächer‘ befassen sich vielfach in die Einrichtung eines „Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘“ als zentrale Erinnerung lebendig zu erhalten und Zukunft zu gestalten. ihren Disziplinen mit Phänomenen von globaler Tragweite. Die Plattform der Kommunikation und der Moderation. Fächer mögen klein sein, ihre gesellschaftliche Bedeutung sowie Ich danke dem Zukunftsrat für seine ausgezeichnete und ihre nationale und internationale Forschungsrelevanz sind dafür engagierte Arbeit. Theresia Bauer MdL KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 5
EINLEITUNG Die „Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg“ Der Begriff ‚Kleine Fächer‘ bezeichnet um eine tiefe Notwendigkeit. Denn es sind ge- vieler Wissensbestände und wissenschaftlicher Zu diesem Zweck hat Wissenschaftsministe- weder den Umfang noch die wissenschaftliche rade die vielfältigen kleinen Kompetenzen mit Kompetenzen unter gleichzeitiger Entwicklung rin Theresia Bauer die ausgesprochenen Emp- und gesellschaftliche Relevanz der Inhalte die- ihrem differenzierten Themen- und Methoden- von hohen Qualitätsstandards eine komplexe fehlungen in einer „Landesinitiative ‚Klei- ser Fächer, sondern resultiert aus der jeweils spektrum, die eine Annäherung an aktuelle ge- politische Aufgabe mit gesamtgesellschaftlicher ne Fächer‘ in Baden-Württemberg“ gebündelt kleinen Anzahl an Studierenden, Standorten sellschaftliche Prozesse fördern und zu einem Relevanz ist. Demgegenüber wies der Bericht und im März 2015 vorgestellt. Das Land Ba- und Professuren. besseren Verständnis der heutigen komplexen darauf hin, dass strukturprekäre Kompetenzen den-Württemberg übernahm hier eine Vorrei- Bereits im Jahr 2013 hat sich die Landes- und vielfältigen Welt beitragen können. zwar zum Kernbestand der Wissenschaftsland- terposition, strebte die Landesinitiative doch regierung zum Ziel gesetzt, die Leistungsfä- Deshalb hat das Ministerium für Wissen- schaft gehören, erfolgreich arbeiten, weltweit bundesweit erstmalig eine strukturelle Verbes- higkeit strukturprekärer Kompetenzen an den schaft, Forschung und Kunst eine Expertenkom- anerkannt und auch in der Forschung national serung der Situation der ‚Kleinen Fächer‘ an. Universitäten zu sichern und weiterzuent- mission zur Situation der ‚Kleinen Fächer‘ in Ba- und international präsent sind, aber häufiger als Zu den zentralen und wegweisenden Maß- wickeln. Geleitet von der Erkenntnis, dass so- den-Württemberg eingesetzt – mit dem Auftrag, die großen Fächer von Mittelkürzungen betrof- nahmen gehörte die Berufung eines Zukunfts- wohl die Wissenschaft als auch die Gesellschaft Empfehlungen zu erarbeiten, um die Vielfalt fen sind und öfter eine prekäre strukturelle Aus- rates ‚Kleine Fächer‘ als zentrale Kommunika- auf das Wissen, die Sichtweisen und Metho- strukturprekärer Fächer zu erhalten, ihre Kom- stattung aufweisen. tionsplattform der Hochschulen, Museen und den der ‚Kleinen Fächer‘ zwingend angewiesen petenz zu stärken und ihre Zukunft zu gestalten. Der Abschlussbericht der Expertenkom- Archive. Als landesweite Koordinations- und sind, reifte die Überzeugung, dass es sich bei Der im Jahr 2015 von der Expertenkommission mission hat die Landesregierung darin bestärkt, Moderationsplattform vereinte der Zukunftsrat strukturprekären Kompetenzen nicht um einen vorgelegte Abschlussbericht verdeutlichte, dass die ‚Kleinen Fächer‘ an den Universitäten von unterschiedliche Akteure, die zum Erhalt und Luxus handelt, den man sich leistet, sondern der Erhalt und die Weiterentwicklung möglichst Baden-Württemberg nachhaltig zu stärken. Ausbau der Strukturen prekärer fachwissen- 6 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
EINLEITUNG Mitglieder des Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg (Stand: September 2018) V O R S I TZ: Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder MI TG LI ED E R : Prof. Dr. Peter-André Alt Dr. Angelika Willms-Herget Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Ministerialdirigentin des Bundesministerium für Bildung und Forschung schaftlicher Kompetenzen beitragen können. zukunftsweisenden Instrumenten oder Struk- Prof. Dr. Stephan Dabbert Rektor der Universität Hohenheim Prof. Dr. Matthias Kleiner Er hat im Austausch weit über die Landesgren- turmodellen gewidmet. Daraus hervorgegan- Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Prof. Dr. Mechthild Dreyer (mit Gaststatus) ze hinaus wegweisende Entwicklungen einge- gen sind konkrete Maßnahmen, die einerseits Leitung der Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer Prof. Dr. Kerstin Krieglstein an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Rektorin der Universität Konstanz leitet und vorangebracht. die nationale und internationale Wettbewerbs- Uta-Micaela Dürig Prof. Dr. Gerald Maier Entscheidend war außerdem die Einrich- fähigkeit strukturprekärer fachwissenschaft- Geschäftsführung der Präsident des Landesarchiv tung eines für drei Jahre aufgelegten und mit licher Kompetenzen in der Lehre und For- Robert Bosch Stiftung GmbH Baden-Württemberg 3 Millionen EUR ausgestatteten Strukturfonds, schung erhöhen und andererseits den Transfer Prof. Dr. Bernhard Eitel Prof. Dr. Wolfram Ressel Rektor der Universität Heidelberg Rektor der Universität Stuttgart aus dem zwischen 2016 und 2019 in zwei Aus- in die Gesellschaft fördern. Prof. Dr. Bernd Engler Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer schreibungsphasen innovative Konzepte der Die einzelnen durchgeführten Vorhaben Rektor der Universität Tübingen Rektor der Universität Freiburg ‚Kleinen Fächer‘ gefördert werden konnten. verdeutlichen, dass die „Landesinitiative ‚Klei- Prof. Dr. Cornelia Ewigleben Stefanie Schneider Die im Rahmen der Landesinitiative ge- ne Fächer‘ in Baden-Württemberg“ viele Initi- Direktorin des Landesmuseum Württemberg Landessenderdirektorin des SWR förderten und in der vorliegenden Broschü- alzündungen mit nachhaltiger Wirkung ausge- Dr. Silviana Galassi (mit Gaststatus) Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats Rektor der Universität Mannheim re repräsentierten Vorhaben verdeutlichen das löst hat. Und sie hat Spielräume, Perspektiven Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke Prof. Dr. Alexander Wanner komplexe Spektrum und die Vielfalt der ‚Klei- und Potenziale aufgezeigt, die es im Hinblick Stellvertreter im Stiftungskuratorium der Vizepräsident für Lehre und akademische Gerda Henkel Stiftung Angelegenheiten des Karlsruher Institut nen Fächer‘ in Baden-Württemberg. Sie ha- auf eine zukunftsweisende Förderung der für Technologie ben sich im Rahmen der Förderung der Erar- ‚Kleinen Fächer‘ zu nutzen und aktiv weiter- Freifrau Dr. Julia Hiller von Gaertringen Leitende Bibliotheksdirektorin der Prof. Dr. Michael Weber beitung und Erprobung von exemplarischen zuentwickeln gilt. Badischen Landesbibliothek Präsident der Universität Ulm KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 7
Foto: Wiebke Hebermehl 1 Akademie und Praxis im Tandem E T HN O L O G IE Podiumsdiskussion und Film zum Thema "Un-gewohnt" Das Institut für Ethnologie der Universität Freiburg ist inter- mangelt es der Ethnologie wahrlich nicht. Denn in einer globa- und bemüht sich um gegenseitiges Verstehen, kritische Debatten disziplinär und international außerordentlich gut vernetzt. Das len Welt sind ethnologisches Wissen und interkulturelle Kom- und praktische Interventionen. Studierende führen bereits früh- Netzwerk reicht nicht nur in akademischen Kreisen weit, son- petenzen ganz wesentlich für das politische, gesellschaftliche und zeitig eigene Projekte im Aus- und Inland durch und erwerben dern auch in die Berufswelt hinein. Denn sowohl beim Bachelor- wirtschaftliche Zusammenleben. Sie spielen in so unterschied- dadurch unschätzbare soziale Kompetenzen sowie Einblicke in als auch beim Master-Studiengang wird in dem Fach besonderer lichen Praxisbereichen wie Entwicklungszusammenarbeit und die Verwobenheit von Politik, Religion, sozialen Ordnungen und Wert auf Berufsbezüge gelegt. Umweltschutz oder Migration und Flucht eine zentrale Rolle. ökonomischen Strukturen. Kooperative Forschungspraxen, ana- Dass es das Institut damit ernst meint, beweist das Projekt Unter diesen praxisnahen Maßgaben richtet die Ethnologie lytische Fähigkeiten, Fragen der Repräsentation und der Umset- „Akademische Ethnologie und berufliche Praxis“. Dabei geht es in Freiburg ihren Blick auf weltweite sozio-kulturelle Dynami- zung des Wissens im Sinne einer gerechteren Welt stellen dabei zum einen darum, Forschung und Lehre mit verschiedensten au- ken. Profilbildend sind globale Themen und ein breites Lehran- fortlaufende Herausforderungen dar. ßeruniversitären Praxisbereichen auf neuartige Weise zusammen gebot (Bachelor und Master) zu Asien, Afrika und Lateinamerika. zu bringen; zum anderen soll die gesellschaftliche Relevanz des Dabei geht die Ethnologie von den Erfahrungen und Sichtweisen Fachs einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. Und daran von Subjekten aus, bettet diese in die relevanten Kontexte ein 8 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
ETHNOLOGIE Die Initiative „Akademische Ethnologie Neben den „Tandem-Seminaren“ wurden soge- Foto: Wiebke Hebermehl und berufliche Praxis“ hat es dem Institut für nannte „Erzählcafés“ angeboten, die allen Stu- Ethnologie der Universität Freiburg ermöglicht, dierenden offenstanden und in einem eher in- eine tragfähige, Theorie und Praxis verknüpfen- formellen Rahmen Gelegenheit zum Austausch de Struktur zu schaffen, welche die gesellschaft- mit Menschen aus der Berufspraxis boten. Fer- liche Relevanz der Ethnologie in einer globalen ner gab es eine gut besuchte öffentliche Veran- Welt sichtbar macht und auch andere Fächer staltung außerhalb der Universität zum Thema inspirieren kann. „Wohnen“, die ethnologische Perspektiven mit Lehre, Forschung und Berufspraxis fin- einer Podiumsdiskussion und einer Filmvorfüh- den in gemeinsam durchgeführten innovati- rung verband. ven Lehrformaten sowie (universitäts)öffent- Eine weitere wichtige, strukturbildende lichen Zusatzveranstaltungen zusammen. In Komponente ist der Auf- und Ausbau eines Be- „Tandem-Seminaren“ unterrichten Dozieren- rufsnetzwerks, das eine Vielzahl von Institutio- de des Fachs Ethnologie zusammen mit eingela- nen und Initiativen umfasst, die im Raum Frei- denen Vertreterinnen und Vertretern verschie- burg im „Eine-Welt“-Bereich aktiv sind. Einmal dener Berufsfelder. Dabei geht es nicht etwa jährlich findet ein Workshop statt, bei dem Mög- um schlichte Anwendung akademischen Wis- lichkeiten der Zusammenarbeit eruiert werden. Foto: Wiebke Hebermehl sens, sondern um den Dialog zwischen Theorie Zudem stellen die Institutionen auf der Internet- und Praxis und deren Konkretisierung anhand seite des Instituts ihre Tätigkeitsfelder vor und der diversen Bereiche, in denen die Gäste bzw. können z. B. Praktikumsangebote für Studieren- Ko-Dozentinnen und -Dozenten tätig sind de adressieren. Diese Maßnahmen und alle wei- (Medien, Sozialarbeit mit Geflüchteten, selb- teren Aktivitäten werden auf der Internetseite ständiges Consulting, Personalwesen, Entwick- des Instituts für Ethnologie und in einer eigens lungszusammenarbeit, Politikberatung u. a.). eingerichteten Facebook-Gruppe dokumentiert. Auf diese Weise konnten die Studierenden auch Einblicke in die – oftmals bewegten – Be- IN FO R MATI O N EN rufswege der Gäste gewinnen und ihre persön- Akademische Ethnologie und berufliche Praxis lichen Netzwerke erweitern. Zugleich wurden Universität Freiburg die Vertreterinnen und Vertreter aus der Pra- Prof. Dr. Judith Schlehe xis inspiriert, sich mit neuen theoretischen An- sätzen und mit den Fragen der gegenwärtigen Bild Oben: Workshop „Wege in die Promotion“ Studierendengeneration auseinanderzusetzen. Unten: Erzählcafé KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 9
Bild: Pfahlbaumuseum/G.Schöbel 2 Schüler und Lehrkräfte für Archäologie begeistern ARCHÄO L O G IE DE R Z U KU N FT Kinderuni Tübingen, Bronzeguss Die Pfahlbauten am Bodensee zählen zu den archäologischen Schülerinnen und Schülern verschiedener Altersstufen schon natürlich eine besondere Rolle. Archäologische Erkenntnisse Kronjuwelen des Landes, das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen früh die besondere kulturelle Bedeutung der Urgeschichte in der werden mit kultur- und naturwissenschaftlichen Methoden in ih- rangiert unter den größten und bestbesuchten Freilichtmuseen Bodenseeregion bewusst zu machen. Die hohe Kunst besteht rem historischen Kontext erschlossen. Europas. Was liegt da näher, als die Sachkompetenz der Archäo- darin, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über das Leben in Vieles spricht dafür, dass in dem Projekt „Archäologie der logie mit der Fachkompetenz der Museologie zu verknüpfen. der Stein- und Bronzezeit altersgerecht aufzubereiten und Expo- Zukunft“ tatsächlich die Zukunft der Archäologie sichtbar wird. Prof. Dr. Gunter Schöbel tut das, und zwar in Personalunion. Er nate möglichst animierend zu präsentieren. Denn zum einen zielt es bewusst auf eine interdisziplinäre und leitet das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen und lehrt am Institut Wie lebten die Menschen in der Bodenseeregion und im zugleich praxisnahe Ausbildung der Masterstudierenden ab. Vor für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Südwesten vor tausenden von Jahren? Wie sah ihr Alltag aus? allem aber geht es in dem Projekt um didaktische und fachli- Universität Tübingen. Nach welchen Werten und Regeln lebten sie zusammen? Diese che Konzepte für Schülerinnen und Schülern, aus denen künftig In dem Projekt „Archäologie der Zukunft“ entwickelt Prof. Fragen werden wissenschaftlich und museologisch in den Blick selbst Wissenschaftler oder Lehrkräfte werden könnten. Schöbel im Masterstudiengang Museologie gemeinsam mit den genommen, um entsprechende Didaktik- und Vermittlungskon- Lehrenden und Studierenden spezielle Unterrichtseinheiten, um zepte zu erarbeiten. Dabei spielen die urgeschichtlichen Funde 10 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
A R C H ÄO L O G I E D E R Z U K U N F T außerschulischen Lernorten und Unterricht © Pfahlbaumuseum Unteruhldingen/Schöbel Bild: Pfahlbaumuseum weiter auszubauen. Auch die Entwicklung von neuen Programmen für bisher nicht speziell berücksichtigte Zielgruppen, wie etwa Kinder- gärten, wird erwogen. Dass das Pfahlbaumuseum Unteruhldin- gen für seine innovativen Schulprogramme und nachhaltigen Kooperationen mit anderen wis- © PM/Schöbel senschaftlichen Einrichtungen landes- und bun- desweit gewürdigt wird, ist mehr als erfreulich. So erhielt das Pfahlbaumuseum im Rahmen des Europäischen Kulturjahrs 2018 aufgrund seiner Bemühungen um das jugendliche Publikum für 2019 eine weitere Förderung der Bundesregie- rung zum Ausbau dialogischer und experimen- teller Ansätze. Der Museumsverband Baden- Experimentelle Archäologie für Schulklassen. Wissen erlebbar gemacht im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen. Oben: Brain storming. Themenauswahl für Württemberg zeichnete das Pfahlbaumuseum Unterrichtseinheiten im Seminar Tübingen. mit dem Baden-Württembergischen Museums- Unten: Lehrerfortbildung „Steinzeit“ in der Landesakademie Bad-Wildbad. preis 2018 aus. Der Deutsche Archäologen-Ver- band (dArV) wiederum möchte gegenüber der Seit dem Start des Projektes „Archäolo- Lehrerbildung Tübingen sowie einzelnen Päd- Die Integration von Museumsbesuchen in das Kultusministerkonferenz und dem Deutschen gie der Zukunft“ im Juni 2017 werden Studie- agogischen Hochschulen und Ausbildungsstät- Schulprogramm ist vorgesehen. So möchte bei- Kulturrat in Kürze die im Projekt ausgearbeite- rende des Masterstudienganges und angehende ten aller Schularten vollzogen. spielsweise der Schulverbund Markdorf den ten Vorschläge zu einer allgemeinen Verbesse- Lehrkräfte an das Fach Archäologie herange- Die Vernetzung des Pfahlbaumuseums mit Besuch des Museums fest in sein Curriculum rung des Archäologieunterrichts in allen Bun- führt, die diese Ideen und Informationen mit dem Staatlichen Seminar für Didaktik und Leh- für die 6. Klasse aufnehmen. desländern überreichen. an ihre zukünftigen Schulen nehmen. Im Zent- rerbildung Meckenbeuren, der Pädagogischen Im engen Austausch zwischen den genann- rum stehen zielgruppenorientierte didaktische Hochschule Weingarten und dem Schulver- ten Institutionen zeigt sich schon heute: Das I N F O R M AT I O N E N Konzepte und passende Vermittlungseinhei- bund Markdorf führte zur Vereinbarung von re- Projekt erreicht viele, und es bietet ein breites Archäologie der Zukunft – Direktvermittlung Wissen ten. Dabei hat sich im Laufe des Projektes eine gelmäßigen Fortbildungen für etablierte Lehr- Einsatzspektrum. Deshalb soll die Erarbeitung Universität Tübingen und starke Vernetzung zwischen dem Pfahlbaumus- kräfte und Lehramtsanwärter aus der Region. von Unterrichtseinheiten mit nachhaltigen Er- Pfahlbaumuseum Unteruhldingen eum Unteruhldingen, der Universität Tübin- Lehrerfortbildungen am Museum sollen fes- gebnissen online für andere nutzbar gemacht Prof. Dr. Gunter Schöbel www.archaeologie-der-zukunft.de gen, dem Staatlichen Seminar für Didaktik und ter Bestandteil des Schuljahresplanes werden. werden, um die Vernetzung von Forschung, KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 11
Landesarchiv Baden-Württemberg 3 Quellen auf den Grund gehen DIG ITAL E ARCHIVAL IE N KU N D E Diskussion des Projekts auf dem ersten Workshop am 24. Februar 2017. In Zeiten von „fake news“ und „alternativen Fakten“ ist es der Erforschung von Urkunden, Siegeln, Wappen und Schriften. versität Tübingen das neue Themenmodul „Südwestdeutsche gang und gäbe, Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten, In enger Verbindung damit entwickelte sich die Archivalienkun- Archivalienkunde“ im Informationssystem LEO-BW eingerich- ohne dass sie abgesichert wären. Quellen werden falsch zitiert de. Sie erforscht die Entstehung und den Kontext archivalischer tet: unter erfreulich breiter Beteiligung vieler Autorinnen und oder sogar komplett ignoriert. Die Archivalienkunde kann sich Quellen und liefert wichtige Hinweise und Werkzeuge für den Autoren und mit äußerst positiver Resonanz. so etwas nicht erlauben und ist deshalb sowohl wissenschaft- sachgerechten Umgang mit ihnen. Die „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ steht ganz bewusst lich als auch gesellschaftlich relevanter denn je. Warum? Weil sie Zugegeben: Das klingt zunächst nach alten Papieren und nicht nur der historischen Forschung zur Verfügung, sondern eben den Quellen wirklich auf den Grund geht. langweiligen Akten. Aber weit gefehlt: Denn mit dem Landes- auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die in den Archiven recher- Interessanterweise war der Ausgangspunkt der Archivalien- kundlichen Informationssystem „LEO-BW – Landeskunde Ent- chieren. Denn, wie gesagt: Die Frage, wie man Quellen zur Un- kunde die Frage, wie man echte Urkunden von Fälschungen un- decken Online“ ist die Archivalienkunde längst im digitalen termauerung von Fakten und Behauptungen heranzieht, ist nicht terscheiden kann. Ihre Anfänge reichen bis in die Frühe Neuzeit Zeitalter angekommen. Dafür hat das Landesarchiv Baden-Würt- nur eine wissenschaftliche, sondern gesellschaftliche Aufgabe. zurück. An den Universitäten befassten sich seit dem 18. Jahr- temberg in Kooperation mit dem Institut für Geschichtliche hundert die Historischen Grund- bzw. Hilfswissenschaften mit Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften an der Uni- 12 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
D I G I TA L E A R C H I VA L I E N K U N D E Die Effekte und Synergien, die bereits im wart. 100 Autorinnen und Autoren konnten für Landesarchiv Baden-Württemberg Zuge der Vorbereitung des Themenmoduls die Generierung der Inhalte gewonnen werden. „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ im Infor- 139 Artikel sind bis zum Live-Gang eingegan- mationssystem LEO-BW erzielt wurden, sind gen; 62 weitere zugesagt. Das Landesarchiv er- umfassend. Die Ergebnisse wirken nachhaltig. hält laufend Angebote für weitere Artikel. So konnte durch das Projekt wertvolles Wissen Das auf stetige Aktualisierung und Erweite- über Archivaliengattungen, das bislang an sehr rung angelegte Modul dient der kollaborativen vielen unterschiedlichen Orten verteilt war, zu- Fortschreibung von relevanten Inhalten und sammengetragen und zugänglich gemacht wer- bietet im Netz eine Struktur für die Ergebnissi- den. Vieles wurde zum ersten Mal verschrift- cherung. Es erleichtert den Austausch zwischen licht. Damit wurde zugleich eine Grundlage für Archiven und historischer Forschung und un- die Konsolidierung der archivalischen Quellen- terstützt die Lehre instrumental. Zur Förde- kunde und der Historischen Grund- bzw. Hilfs- rung der Diskussion sind partizipative Elemen- wissenschaften gelegt. te eingerichtet. Die Zugriffszahlen im Netz sind Das Projekt schuf einen neuen Bezugsrah- nachhaltig hoch. men, der übergreifende Betrachtungen jenseits Schon durch die breite und vielfältige Zu- Vorstellung einer Archivaliengattung von Epochen-, Medien- und Fächergrenzen er- sammensetzung der Beteiligten wurde das Ziel möglicht. Das jeweils fachspezifische Wissen in erreicht, der Archivalienkunde eine neue Wert- Archiven und bei der historischen Forschung schätzung zu verschaffen und ihre Relevanz im wurde zur Stärkung des Dialogs zusammenge- digitalen Zeitalter sichtbar zu machen. Im Inter- führt. Hohes Interesse bestand auch auf Fachta- net-Angebot des Landesarchivs hat das Modul Landesarchiv Baden-Württemberg Startseite der Archivalienkunde auf leo-bw.de gungen: Bereits im November 2016 wurde das „Südwestdeutsche Archivalienkunde“ heute und Vorhaben in Wien auf einer internationalen in Zukunft seinen festen Platz: um von der histo- Tagung des Instituts für Österreichische Ge- rischen Forschung und allen potenziell Interes- schichtsforschung in einer englischsprachigen sierten intensiv und extensiv genutzt zu werden. Sektion unter der Leitung von Luciana Duranti (Universität Vancouver) vorgestellt. I N F O R M AT I O N E N Die Freischaltung des Moduls „Südwest- Modul zu einer auf den deutschen Südwesten bezogenen archivalischen Quellenkunde in deutsche Archivalienkunde“ erfolgte am 22. LEO-BW Februar 2018. Es bietet Informationen zu Ar- Landesarchiv Baden-Württemberg chivaliengattungen und Quellentypen vom und Universität Tübingen Prof. Dr. Robert Kretzschmar Frühmittelalter bis in die unmittelbare Gegen- Prof. Dr. Christian Keitel KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 13
Susann Henker (CATS-Schülerlabor) 4 Wir sind Asien CAT S-SCHÜ L E RL ABO R Seminarkurs „Krieg und Film in Ostasien“ unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Hans Martin Krämer und Dr. Martin Gieselmann. Kooperation mit dem Ottheinrich-Gymnasium Wiesloch im Schuljahr 2017/2018 Das Centrum für Asienwissenschaften und Transkulturel- Lücke versucht das CATS-Schülerlabor zu schließen. Die Akti- plinärem Bezug zur Geschichte, Soziologie, Philosophie, Politik, le Studien an der Universität Heidelberg beherbergt die Fächer vitäten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten sich an Ju- Ökonomie oder Geographie, aus Sicht der Kunst, Literatur oder Ethnologie, Japanologie, Sinologie, Indologie und Südasienwis- gendliche unterschiedlicher Altersgruppen, vor allem aber auch der Menschen. senschaften. Unter einem Dach finden hier Kulturregionen mit an Lehrkräfte, die ihren Schülerinnen und Schülern ein umfas- Gemeinsam mit den jeweiligen Lehrkräften konzipiert das Jahrtausende alter Geschichte zusammen, in der heute knapp sendes Bild von Asien oder die feinen Unterschiede zwischen CATS-Schülerlabor Format, Umfang und Inhalt der Workshops, die Hälfte der Weltbevölkerung und drei der weltweit größten den einzelnen Ländern und Kulturen näherbringen wollen. damit diese sinnvoll den schulischen Unterricht ergänzen. Die Volkswirtschaften beheimatet sind. Alle Aktivitäten des CATS-Schülerlabors sind zielgruppen- Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte kommen dafür an Was wir wirklich über diese Kulturen wissen, ist jenseits des spezifisch ausgerichtet. Dabei liegt es in der Vielfalt der Fächer die Universität Heidelberg, in der Regel für einen Schultag. Ne- universitären und wissenschaftlichen Kontextes meist sehr be- begründet, dass auch die Angebote des CATS-Schülerlabors sehr ben diesen eintägigen Kursen bietet das CATS-Schülerlabor aber grenzt. Der überdies in den letzten zwei Jahrzehnten immens ge- weit gefächert sind. Denn der Zugang zu den Kulturen und Re- auch Unterstützung für Seminare oder Projekttage an. stiegenen Bedeutung Asiens steht ein rudimentäres Wissens- gionen umfasst verschiedene historische und gegenwartsbezoge- angebot in den deutschen Bildungssystemen gegenüber. Diese ne fachliche Perspektiven: ethnologisch, archäologisch, mit diszi- 14 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
C AT S - S C H Ü L E R L A B O R Dazu gehörten neben Informationsveranstal- Susann Henker (CATS-Schülerlabor) Susann Henker (CATS-Schülerlabor) tungen und Tagungen auch wissenschaftliche Workshops für Schulklassen sowie ein wissen- schaftliches Ferienprogramm für Jugendliche. Die nachhaltigsten Veränderungen – und da- mit auch den Anknüpfungspunkt für zukünf- tige Aktivitäten – wurden fraglos im Bereich der Arbeit mit den schulischen Lehrkräften er- reicht. Hier ist es dem Team des CATS-Schü- lerlabors gelungen, den Bekanntheitsgrad nicht nur bei einzelnen Lehrerinnen und Lehrern zu erhöhen, sondern auch den Kenntnisstand von Lehrkräften auf Fachebene zu fördern und zu stärken. I N F O R M AT I O N E N Workshop „China als globaler Akteur in der Workshop „Wasser im Himalaya: Zu viel und zu wenig“; Dozentin Dr. Susanne Schmidt; CATS-Schülerlabor Entwicklungspolitik“; Dozentin Marina Rudyak; Hans-Purrmann-Gymnasium, Speyer Universität Heidelberg Hölderlin-Gymnasium Heidelberg Prof. Dr. Hans Martin Krämer Dr. Martin Gieselmann Das CATS-Schülerlabor wurde mit Pro- richtsbegleitende Aktivitäten mit Jugendlichen 2018 am Südasien-Institut zu Gast, um im Rah- jektstart im November 2016 als erste insti- oder ganzen Schulklassen konnten hier wert- men des Geographie-Unterrichts über das The- tutsunabhängige Einrichtung innerhalb des volle Impulse gesetzt werden. ma „Wasser im Himalaya“ mehr zu erfahren. Centrums für Asienwissenschaften und Trans- So bearbeiteten etwa Schülerinnen und Frontalunterricht gab es hier nicht, stattdes- kulturelle Studien an der Universität Heidel- Schüler der Oberstufe gemeinsam mit Wissen- sen debattierte die ganze Klasse mit der SAI- berg komplett neu aufgebaut. Die Arbeit des schaftlern der Universität Heidelberg aktuel- Dozentin darüber, welche Gründe in dieser an Schülerlabors hat zum einen intern zu einer le asienwissenschaftliche Forschungsfragen. Für sich wasserreichen Region zu Wasserengpäs- besseren Vernetzung der Mitarbeiterinnen und einen Schultag übernahmen die Schüler dabei sen führen, wie sich der Gletscherrückgang be- Mitarbeiter beigetragen. Vor allem aber wur- selbst die Aufgaben eines Ethnologen und lern- merkbar macht und welche Bewässerungssyste- de die Sichtbarkeit der einzelnen Fächer, die ten die Arbeitsweise wissenschaftlicher For- me Abhilfe schaffen könnten. am CATS vertreten sind, nach außen erhöht. schung kennen. Die 9. Klasse eines Heidelber- In den vergangenen zwei Jahren wurden di- Durch viele Workshops, Seminare und unter- ger Gymnasiums wiederum war im Sommer verse Formate entwickelt und durchgeführt: KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 15
5 Bild: K. Sieckmeyer © HCCH Kulturelles Erbe schätzen und schützen C U LT U RAL HE RITAG E U N D KU LT U RG Ü TER S C H U TZ Die „Heidelberger altertumswissen- schaftlichen Sammlungen“ im Überblick. Dass an Universitäten neue ,Kleine Fächer‘ begründet wer- len Hinterlassenschaften vergangener und gegenwärtiger Ge- ge und Kulturgüterschutz“ durch die theoretische und zugleich den, ist selten. Im Falle des Masterstudiengangs „Cultural Herita- sellschaften gebündelt und vernetzt. Die Konzeption des neuen stark praxisorientierte Vermittlung zentraler Kompetenzen im ge und Kulturgüterschutz“ ist es absolut notwendig und sinnvoll. Studiengangs folgt dem beschriebenen Selbstverständnis: Vor- Feld des kulturellen Erbes einen wichtigen Beitrag zum Umgang Denn die Frage, wie das kulturelle Erbe der Menschheit, also al- handene Kompetenzfelder und Strukturen in der Grundlagen- mit gefährdetem Kulturgut und dessen Bewahrung. Eine beson- les, was der Mensch an bedeutsamen materiellen und immateri- forschung sollen genutzt, vernetzt und entsprechende Lehran- dere Rolle kommt dabei der „World Heritage Education“ zu, die ellen Werten erschaffen hat, geschützt, bewahrt und vermittelt gebote disziplinär und interdisziplinär ausrichtet werden. Die im Verbund mit mehreren Welterbe-Stätten durchgeführt wird. werden kann, ist von universeller, kollektiver Bedeutung. ,Kleinen Fächer‘ aus den Geistes- und Sozialwissenschaften wer- Ein weiterer Schwerpunkt des Lehrangebots liegt im Kulturgü- Der neue Masterstudiengang „Cultural Heritage und Kul- den hierbei gezielt einbezogen, um neue Lehrinhalte auch für die terschutz auf nationaler und internationaler Ebene sowie den ju- turgüterschutz“ wird am Heidelberg Zentrum Kulturelles Er- Absolventen dieser Fächer zu generieren. Hinzu kommt eine en- ristischen und kriminologischen Aspekten dieses Bereichs. be (HCCH) der Universität Heidelberg eingerichtet. Unter dem ge Kooperation mit den angeschlossenen altertumswissenschaft- Dach des HCCH werden an der Universität Heidelberg beste- lichen Sammlungen der Universität. hende Kompetenzen in der Grundlagenforschung an kulturel- Insgesamt leistet der neue Studiengang „Cultural Herita- 16 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
C U LT U R A L H E R I TAG E U N D K U LT U R G Ü T E R S C H U T Z stattfindende Ringvorlesung „Das Kulturelle Er- Foto: K. Sieckmeyer Foto: A. Heinrich, Heidelberg be der Menschheit – Chancen und Problematik eines populären Konzepts“. © HCCH © HCCH Schon zum jetzigen Zeitpunkt kann daher prognostiziert werden, dass der Studiengang zur Herausbildung einer neuartigen Lehr-Infrastruk- tur und zu einer erheblichen Stärkung der ,Klei- nen Fächer‘ an der Universität Heidelberg bei- tragen wird. All diese Aktivitäten und Maßnahmen tragen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Bedeutung der ,Kleinen Fächer‘ in der Be- wahrung von Kulturgut bei. Die Nachhaltig- keit der durch den neuen Studiengang bewirk- ten Strukturveränderungen ist an der Universität Heidelberg durch das HCCH gesichert. Des- Studierende der Universität Heidelberg beim Umpacken archäologischer Funde in den Räumlichkeiten Kuratorin Kristina Sieckmeyer und Studierende sen Infrastruktur als zentrale wissenschaftliche des derzeit in der Entstehung begriffenen „Museums für Frühe Hochkulturen“ der Universität Heidelberg. der Universität Heidelberg im Magazin der Uruk- Warka-Sammlung bei der Auswahl geeigneter Einrichtung bildet eine hervorragende Grund- Tontafeln für eine Ausstellung. lage dafür, dass der Studiengang gemeinsam mit der neuen W3-Professur „Cultural Heritage und Der neue Studiengang soll zum WS Universitätssammlungen, die eine große Vielfalt partnern, wie den Denkmalämtern und Museen, Kulturgüterschutz“ weiter ausgebaut und in der 2019/2020 starten. Er bewirkt in erster Linie eine des kulturellen Erbes verschiedener Regionen dem Zoll und Bundeskriminalamt bis hin zu in- Universitätslandschaft verankert werden kann. starke inter- und transdisziplinäre Vernetzung und Epochen in den Studiengang einbringen. ternationalen Organisationen, wird die Sichtbar- der Altertums-, Kunst- und Kulturwissenschaf- Neben dem Kulturerbe hat der Kulturgü- keit der ‚Kleinen Fächer‘ zusätzlich erhöht. Es I N F O R M AT I O N E N ten mit den Vertretern der Rechts-, Sozial- und terschutz in den vergangenen Jahren mehr und ist gerade diese enge Zusammenarbeit mit exter- MA-Studiengang Cultural Heritage und Kulturgüterschutz Naturwissenschaften, durch deren Zusammen- mehr Bedeutung erlangt. Der neue Studiengang nen Kooperationspartnern, die den Transfer der Universität Heidelberg spiel die praxis- und berufsorientierte Ausbil- trägt dieser steigenden gesellschaftlichen Rele- Studieninhalte aus den ‚Kleinen Fächern‘ in die Prof. Dr. Christian Witschel dung erst möglich wird. Strukturverändernd vanz Rechnung und kann sozusagen als „Leucht- Gesellschaft ermöglicht. Durch Digitalisierungs- Prof. Dr. Stefan Maul wirkt sich der Studiengang auch in der Lehre turm“ in einem so wichtigen Bereich seine Kom- und Ausstellungsprojekte kann die Bedeutung aus, welche sich durch die Entwicklung innova- petenzen ebenso fundiert wie medienwirksam des kulturellen Erbes und seine Gefährdung ei- tiver Lehreinheiten mit starkem Praxisbezug aus- einbringen. Durch die intensive Zusammen- ner breiten Öffentlichkeit vergegenwärtigt wer- zeichnet. Hiervon profitieren nicht zuletzt die arbeit mit außeruniversitären Kooperations- den. Hierzu dient auch die ab dem WS 2018/19 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 17
Zelkova zelkovaefolia, eine fossile Art aus Willershausen 6 (Niedersachsen), ca. 3 Millio- nen Jahre alt, Pliozän. Fossile Blätter im Internet identifizieren DIG IP HYL L SMNS P1993-168 Über die evolutionäre Entwicklung von Ökosystemen wissen das zu ihren Lebzeiten herrschte: Gab es Wald, wie sah er aus, lung fossiler Pflanzen umfasst etwa 25.000 Objekte. Und die Uni- wir vergleichsweise wenig – aber zunehmend mehr. Denn für un- welche Tiere gab es, wie sah die Umwelt aus? Das ist der Link versität Hohenheim steuert eine umfangreiche Datenbank mit ser Verständnis des Systems Erde und seiner Geschichte ist das von den fossilen Funden zu Erkenntnissen, die wir auch heutzu- Pflanzen bei, die in den Hohenheimer Gärten gepflanzt sind. Dr. Wissen um die Pflanzenwelt vergangener Erdzeitalter von grund- tage nutzen können.“ Um diesen Link künftig auf eine breitere Helmut Dalitz entwickelte bereits vor 15 Jahren einen Bestim- legender Bedeutung. Und die Paläobotanik als Wissenschaft von Wissensbasis zu stellen, wurde das Projekt „DIGIPHYLL“ ins Le- mungsschlüssel für tropische Pflanzen und baute die Datenbank den fossilen Pflanzen leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. ben gerufen. Dabei handelt es sich um eine Internet-Ressource „Visualplants“ mit rund 30.000 Bildern auf. Ganz entscheidend ist dabei die Fähigkeit, fossile Arten identifi- zur Bestimmung fossiler Pflanzen, die in einfacher und visueller Die Weiterentwicklung dieser Datenbank in Kombination zieren und taxonomisch zuordnen zu können. Weise sowohl die Identifizierung als auch den Abgleich des fos- mit fossilen Blattmerkmalen diente als Grundlage für einen erst- „Über fossile Blätter lassen sich Pflanzen recht gut bestim- silen Materials mit heute existierenden Pflanzen erleichtern soll. mals einheitlichen Bestimmungsschlüssel – ein Meilenstein für men“, erklärt PD Dr. Anita Roth-Nebelsick, Kuratorin für Paläo- Dass das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart und die Paläobotanik. botanik am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart. „Aus die Universität Hohenheim in dem Projekt eng zusammenarbei- ihnen gewinnen wir Erkenntnisse über die Flora und das Klima, ten, ist nicht nur geografisch naheliegend. Die Museumssamm- 18 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
DIGIPHYLL auch für interessierte Laien nutzbar. Dabei kön- Bilder (v.l.n.r.): Matthias Krause, Helmut Dalitz, Helmut Dalitz nen die Nutzerinnen und Nutzer Merkmale des vorliegenden Fossils anhand von Merkmalslis- ten digital ankreuzen. Anschließend werden in einer Bildgalerie Abbildungen derjenigen fos- silen Arten gezeigt, auf die die angekreuzten Merkmale zutreffen. Diese Abbildungen sowie die angegebene Literatur sollen dann eine end- gültige Identifikation ermöglichen. Schließlich werden weitergehende Informationen zum Fos- sil sowie zu seiner Verbindung zu heute noch existenten Verwandten angeboten. Die mut- maßlichen Verwandten werden an Hand von Beispielen aus den Hohenheimer Gärten ge- zeigt, womit ein direkter Bezug und eine leben- dige Anschauung möglich werden. Zelkova serrata mit der Akzessionsnummer SYS-G-288-5923 in den Hohenheimer Die Oberfläche von Digiphyll, nach Aufruf der digitalen Bestimmungstabelle. „DIGIPHYLL“ wird in deutscher und eng- Gärten. Der Standort der Pflanze wird in der finalen Applikation auf einer Karte Das eingeblendete Piktogramm ist ein Beispiel für die zur Verfügung stehen- angezeigt werden. den „graphischen Definitionen“ der Merkmale. Dargestellt ist die englisch- lischer Sprache verfasst und erreicht damit ei- sprachige Version. nen Personenkreis weit über den deutschspra- chigen Raum hinaus. Die Internet-Ressource Fossile Pflanzen haben von jeher naturge- schwierig zu finden. Erschwerend kommt hin- praxistaugliche Identifikation von fossilen Blät- eignet sich sowohl zum Selbststudium als auch schichtlich interessierte Menschen fasziniert. zu, dass Beschreibungen fossiler Arten meist tern zu ermöglichen, denn bei Fossilien ist oft zum Einsatz in Lehrveranstaltungen und wird Zahlreiche Fundstellen, darunter eine ganze auch an bestimmte erdgeschichtliche Zeital- nur eine begrenzte Anzahl von Merkmalen darüber hinaus auch der interessierten Öffent- Reihe berühmter Lokalitäten in Baden-Würt- ter sowie spezielle Fundstellen gebunden sind, überliefert oder erkennbar. Neben der einheit- lichkeit zur Verfügung stehen. temberg, liefern bis heute wichtige Fossilien so dass allgemeine Standardwerke hierzu prak- lichen Darstellung der Sammlungen des Staat- als wesentliche Dokumente der Pflanzenwelt tisch fehlen. lichen Museums für Naturkunde Stuttgart und I N F O R M AT I O N E N vergangener Erdzeitalter. Die Paläobotanik ar- Der digitale Bestimmungsprozess mit „DI- der Universität Hohenheim geht es in dem Pro- DIGIPHYLL: Digitale Kompetenzvermittlung für die Paläobotanik in Forschung und Lehre beitet diese Fossilien wissenschaftlich und ta- GIPHYLL“ schafft hier Abhilfe. Weltweit ein- jekt deshalb vor allem um eine intelligente Pro- Universität Hohenheim xonomisch auf. Dies erfordert umfangreiche zigartig macht das Projekt, dass es einen ein- grammierung des Recherchetools. Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart Expertise und Erfahrung sowie Literaturkennt- heitlichen Such- und Bestimmungsstandard für Die Merkmale werden während der Bestim- PD Dr. Anita Roth-Nebelsick Dr. Helmut Dalitz nis. Die entsprechende Fachliteratur jedoch fossile und rezente, also heutige Blätter schafft. mung sowohl beschrieben als auch graphisch ist weit verstreut und für Nichtspezialisten Die Internet-Ressource zielt darauf ab, eine angezeigt. Das ist neu und macht die Suche KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 19
7 Visuelle Kultur des Altertums ARCHÄO L O G IE Im Institut für Archäologische Wissenschaften der Univer- licher vormoderner Kulturen und Epochen ab. Es erstreckt sich gleichermaßen bereichern. Denn Bildwerke als Ausdruck des sität Freiburg sind seit 2008 sieben archäologisch-altertums- von den Jäger- und Sammlerkulturen der Nacheiszeit und den schöpferischen Menschen und Zeugnisse der visuellen Kultur wissenschaftliche Disziplinen verbunden, also gleich mehrere ersten bäuerlichen Gemeinschaften der Jungsteinzeit bis hin beschäftigen alle ,Kleinen Fächer‘ am Institut für Archäologische ,Kleine Fächer‘: die Urgeschichtliche, Vorderasiatische, Klas- zu Kelten, Römern und Germanen. Die Kulturen des Vorde- Wissenschaften. Das Projekt intensiviert nachhaltig die gemein- sische, Provinzialrömische und Byzantinische Archäologie, die ren Orients gehören ebenso dazu wie die antiken Kulturen im same Lehr- und Forschungstätigkeit in diesem Feld – über die je- Frühgeschichtliche Archäologie und die Archäologie des Mittel- Mittelmeerraum. Mit der Archäologie des Mittelalters und der weiligen Fachtraditionen und Erkenntnisinteressen hinweg. Mit alters sowie die Altorientalische Philologie. Byzantinischen Archäologie reicht das Forschungsfeld bis in der Einrichtung von Gastdozenturen werden neue Forschungs- Mit seiner in Deutschland einmaligen Fächerkombination das zweite Jahrtausend hinein. Räumlich decken die Fächer ein aspekte und -ansätze einbezogen. Vortragsreihen, internationa- bietet das Institut für Archäologische Wissenschaften Studien- Gebiet von Europa über Kleinasien und Mesopotamien bis an le Tagungen und Graduiertenseminare erweitern das Angebot in gänge (Bachelor, Master) an, die den größten Teil der jünge- den Indus ab. der Vermittlung und Lehre. ren Menschheitsgeschichte umfassen. Geographisch und zeitlich Das Projekt „Visual Culture and Anthropology in Antiquity“ deckt der Freiburger Verbund ein weites Feld ganz unterschied- eröffnet neue Perspektiven, die die genannten Fachgebiete 20 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
V I S U E L L E K U LT U R D E S A LT E R T U M S Im Institut für Archäologische Wissenschaf- in bislang einmaliger Weise Kulturwissen- ten der Universität Freiburg beschäftigen sich schaftlerinnen und Kulturwissenschaftler verschiedene Disziplinen mit vergangenen Kul- verschiedener Disziplinen zusammen und turen. Dabei werden archäologische, philologi- eröffnet neue Forschungsfelder im Bereich sche, anthropologische, historische, kunst- und von Denken, Bild- und Schreibkultur in kulturgeschichtliche Fragestellungen erforscht Europa, Afrika, Asien und Amerika. Durch das und in der Lehre den Studierenden vermittelt. Engagement renommierter Gastdozentinnen Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche und Gastdozenten aus Großbritannien und den historische Rolle das Materielle und Visuelle in USA entstehen Netzwerke, die dem Freiburger vormodernen Gesellschaften spielt. Institut in Forschung und Lehre auch auf in- Durch die Einrichtung der Gastdozenturen ternationaler Ebene Wirksamkeit und Geltung zum Themenbereich „Visual Culture and verschaffen. Anthropology in Antiquity“ ist es gelungen, die Darüber hinaus ist eine Schriftenreihe ins im Institut versammelten Fächer, die schon seit Leben gerufen worden, in der Monografien 2008 in der Lehre sehr erfolgreich kooperieren, und Sammelbände erscheinen, die sich im auch in der Forschung zusammenzuführen. Forschungsfeld von Archäologie und visueller Der fachliche Austausch zwischen den im Kultur des Altertums bewegen. Dabei stehen Institut tätigen Wissenschaftlerinnen und vor allem Ansätze der Artefakt-Bild-Interpreta- Wissenschaftlern hat erheblich zugenommen. tion im Zentrum. Die Bände der Reihe werden Regelmäßige Zusammenkünfte, in denen sie im Peer-Review-Verfahren in unregelmäßiger über Gemeinsamkeiten und Unterschiede Folge als ‚open-access‘-Publikationen und im disziplinärer Methoden oder Forschungsziele ‚print-on-demand‘ bei Propylaeum-eBooks diskutieren und neue Perspektiven entwickeln, der Universitätsbibliothek Heidelberg veröf- sind mittlerweile alltägliche Praxis im Institut. fentlicht (https://books.ub.uni-heidelberg.de/ Diese positiven Auswirkungen auf die Lehr- propylaeum/series/info/favis). und Forschungsarbeit haben das Institut im Durch die erfolgreiche Bewerbung um universitären Kontext gestärkt. eine Projektgruppe am Freiburg Institute of Neben den Gastdozenturen sorgen die Advanced Studies (FRIAS) kann das Programm fortführen und einen Antrag auf ein DFG- I N F O R M AT I O N E N hochkarätig besetzten Vortragsreihen und nachhaltig weiterentwickelt werden. Die Graduiertenkolleg im bildwissenschaftlich- Gastdozentur im Bereich Visual Culture and Anthropolology in Antiquity internationalen Konferenzen für große Projektgruppe wird die durch das geförderte archäologischen Bereich vorbereiten. Universität Freiburg Aufmerksamkeit. Die Tagung über „Thought, Projekt angestoßenen Forschungen zu „Visual Prof. Dr. Christoph Huth image, and the making of social worlds“ bringt Culture and Anthropology in Antiquity“ Prof. Dr. Ralf von den Hoff KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 21
8 Screenshot des Geophysik Lehrmittelpools unter www.oerbw.de. Geophysiker als Brückenbauer „ iBRIDG E – IN T E RAKT IVE R BRÜC K EN K U R S IN DAS G E O P HYSIK-MAST E RS TU D I U M Welche Vorgänge bewegen die Kontinentalplatten auf der werden kann. Bei der Abbil- einen und der Physik und Erde und wie entstehen Erdbeben? Wie ist der tiefe Untergrund dung des Erdinneren werden Mathematik auf der anderen der Erde aufgebaut und wo erwarten wir Rohstoffvorkommen? oftmals sogenannte Inversions- Seite. In der Geophysik wer- Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt sich die Geophy- methoden verwendet, die es den physikalische Modelle zur sik – sie ist die Physik der festen Erde. Ihr Ziel ist das Verständnis erlauben an der Erdoberfläche quantitativen Untersuchung und die Abbildung physikalischer Vorgänge und Eigenschaften gewonnene Messdaten mit Un- raum-zeitabhängiger Probleme im Erdinneren. Geophysiker und Geophysikerinnen untersuchen tergrundeigenschaften zu identifizieren. Die Auswertung dieser der Geowissenschaften eingesetzt. Dadurch ermöglicht sie den dabei 3D-heterogene und zeitabhängige Prozesse und Strukturen Daten geschieht häufig mit Hilfe von Hochleistungscomputern, Forscherinnen und Forschern, Antworten auf wissenschaftliche in der Erde. Dazu führen sie zum Beispiel großangelegte Messex- die große Mengen an Messdaten verarbeiten können und die nö- und gesellschaftliche Fragestellungen zur Rohstoffsicherung, zur perimente weltweit durch und beobachten, wie Erdbeben ent- tige Leistung zur Berechnung physikalischer Felder bereitstellen. Prognose und Frühwarnung von Naturkatastrophen sowie zur stehen oder wie der Erduntergrund durch seismische, elektrische Die Geophysik ist ein klassisch interdisziplinäres Fachgebiet. Materialforschung und -prüfung zu geben. oder magnetische Eigenschaften beschrieben und rekonstruiert Sie bildet eine Brücke zwischen den Geowissenschaften auf der 22 KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG
IBRIDGE Der Lehrmittelpool innerhalb von iBRIDGE © KIT © KIT richtet sich an Dozierende der Geophysik. Zur Lehre notwendige Abbildungen und andere Materialien müssen oft selbst erstellt oder aus fremden Quellen übernommen werden, was vielfach mit unklaren Nutzungsrechten verbun- den ist. In Kooperation mit Lehrenden der geo- physikalischen Einrichtungen in Deutschland entsteht im Rahmen des Projekts eine Samm- lung von digitalen Lehrmitteln (Skripten, Ab- bildungen, Animationen, Übungsaufgaben, Vi- Videoaussschnitt der Vorlesungsaufzeichnung „Einführung in die Videoausschnitt des iBRIDGE Moduls „Erdbebenbruchmechanismen“ deos etc.), in der sich die Dozierenden unter Geophysik“ (Prof. Dr. Thomas Bohlen). (Dr. Andreas Barth). individuellen Nutzungslizenzen gegenseitig Lehrmaterialien zur Verfügung stellen und vom Angebot anderer profitieren können. Abrufbar ist der Lehrmittelpool auf dem zentralen Repo- sitorium für Open Educational Resources der Hochschulen in Baden-Württemberg (www. oerbw.de, „Geophysik“). Beide Projektkomponenten sind also be- Das Projekt iBRIDGE wurde am Karlsruher Er wird zu Projektende aus 50 digitalen Mo- fehlende Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt reits online verfügbar. Sie werden auch nach Institut für Technologie (KIT) speziell für neue dulen zur Seismologie, Seismik und weiteren nachzuarbeiten. dem Ende der Projektphase im Juni 2019 wei- Masterstudierende der Geophysik entwickelt. Es angewandten Methoden sowie Mitschnitten Zum Wintersemester 2018/19 wurde der ter betreut und neuen Interessenten offenste- umfasst einen interaktiven Brückenkurs sowie der Einführungsvorlesung in die Geophysik Masterstudiengang Geophysik am KIT auf eng- hen. Das erhöht die Sichtbarkeit des Faches einen digitalen Lehrmittelpool für Studiengän- bestehen. Die digitalen Module beinhalten lische Sprache umgestellt. Im Zuge dessen wur- Geophysik und gewährleistet eine nachhaltige ge der Geophysik in Deutschland. Während der jeweils ein 10-minütiges Lehrvideo, Online- den auch alle bestehenden Videos nachvertont, Nutzung der Materialien auch in Zukunft. Brückenkurs die Attraktivität des Studienfaches tests sowie weiterführenden Materialien und so dass zu diesem Zeitpunkt 31 Videos in eng- nachhaltig erhöht, fördert der Lehrmittelpool die sind als Onlinekurs für die Studierenden ver- lischer und 40 in deutscher Sprache vorliegen. I N F O R M AT I O N E N Vernetzung der geophysikalisch ausgerichteten fügbar. Aus den einzelnen Modulen können Einige Videos werden zusätzlich auf dem KIT- iBRIDGE – Interaktiver BRückenkurs In Das GEophysik-Masterstudium mit Hilfe modularisier- Studiengänge innerhalb Deutschlands. sie entsprechend ihrer Vorkenntnisse wäh- YouTube-Kanal „KIT | WEBCAST“ in dem ter Online-Lehrangebote und Einrichtung eines Der Brückenkurs wird vor Beginn der Vor- len und haben so mit der Teilnahme die Mög- Ordner „Brückenkurs Geophysik“ frei zur Ver- digitalen, freien Lehrmittelpools lesungen im Masterstudiengang absolviert. lichkeit, sich eigenständig vorzubereiten oder fügung gestellt. Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Prof. Dr. Thomas Bohlen, Dr. Andreas Barth KLEINE FÄCHER IN BADEN-WÜRTTEMBERG 23
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