RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt

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RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
März · 1/2022

    MITGLIEDER
RUNDSCHREIBEN

DGHO
                  4   DGHO
                                  6   Veranstaltungen
                                                        17
Neuer DGHO-           Engpass         Jahrestagung
Vorstand im Amt       Tamoxifen       2022
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
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RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO

                                            INHALT                                                    Editorial
                                                                                                      L   iebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                                                                          liebe Freundinnen und Freunde,
                                                                                                          ­
                                                                                                      liebe Mitglieder,
                                                                                                                                                 translationalen Forschung verändern
                                                                                                                                                 wird. Für die Hämatologie und Onko-
                                                                                                                                                 logie ist das mit großen Chancen ver-
                                                                                                                                                 bunden, letztlich aber müssen wir uns
                                                                                                      von vielen Kolleg*innen haben wir zu       im konkreten Behandlungsalltag stets
                                                                                                      Beginn des Jahres gehört, dass „2022       selbstkritisch fragen, in welchem Maße
                                                                                                      gefühlt so anfängt wie 2021 aufgehört      wir uns auf Maschinen verlassen können
                                                                                                      hat“. Mitten in der COVID-19-Pande-        und wollen. KI wird uns bei komplexen
                                                                                                      mie war und ist das sicherlich nicht       Entscheidungsprozessen unterstützen,
                                                                                                      nur eine gefühlte, sondern auch die        in letzter Instanz aber wird es sich im-
                                            DGHO
                                                                                                      tatsächliche Realität. Zwar stehen uns     mer um eine leitliniengerechte und auf
                                            Neuer DGHO-Vorstand                                       mit der COVID-19-Schutzimpfung             Erfahrung basierte ärztliche und damit
                                            im Amt���������������������������������������������4     und den neuen Arzneimitteln wichti-        eine menschliche Abwägung handeln.
                                            Grußwort Prof. Hermann
                                                                                                      ge Instrumente zur Verfügung, doch         Im aktuellen Mitgliederrundschreiben
                                            Einsele����������������������������������������������5   sind SARS-CoV-2 und die damit ver-         finden Sie einen Aufruf zur Gründung
                                                                                                      bundenen potenziellen Risiken für          eines Arbeitskreises „Künstliche In-
                                            Tamoxifen: Aktuelle
                                            Empfehlungen��������������������������������6
                                                                                                      unsere Patient*innen weiterhin omni­       telligenz in der Hämatologie und On-
                                                                                                      präsent. Ebenso wie in den vergan-         kologie“. Wir begrüßen diese Initiative
                                            COVID-19 in der Hämatologie
                                                                                                      genen 24 Monaten werden wir uns            außerordentlich und möchten Sie ein-
                                            und Onkologie: Schutz der
                                                                                                      als Fachgesellschaft mit dem Thema         laden, sich hier zu engagieren.
                                            vulnerablen Patient*innen����������10
                                                                                                      wissenschaftlich     auseinandersetzen     Gemeinsam mit Partnerinstitutionen
                                            Weltkrebstag 2022:
                                                                                                      und uns als Ärzt*innen für die opti-       vergibt die DGHO Promotionsstipen-
                                            Versorgungslücken schließen –
                                                                                                      male Behandlung der uns anvertrauten       dien und fördert damit gezielt den wis-
                                            auch in Pandemiezeiten�������������12
                                                                                                      Patient*innen einsetzen.                   senschaftlichen und ärztlichen Nach-
                                            Aufruf zur Gründung eines                                 Als neuer Vorstand möchten wir uns         wuchs in unserem Fachgebiet. Wir
                                            Arbeitskreises „Künstliche
                                                                                                      – im Namen der gesamten Mitglied-          freuen uns über die Bewerbungen von
                                            Intelligenz in der Hämatologie
                                            und Onkologie“����������������������������14             schaft – bei Prof. Lorenz Trümper und      jungen Kolleg*innen bis zum 30. Juni
                                                                                                      Priv.-Doz. Dr. Ingo Tamm für ihr großes    2022.
                                            Arbeitskreis „Klug entscheiden“���15
                                                                                                      Engagement in den vergangenen zwei         Die gemeinsame Jahrestagung 2021 in
                                            Stipendien-Initiative der DGHO���16                      Jahren bedanken. Unser Bestreben wird      Berlin stand unter dem Motto „Reden
                                            Kooperationsvertrag G-BA����������21                     es sein, diese erfolgreiche Arbeit fort-   tut gut“. Viele Ihrer Rückmeldungen
                                                                                                      zuführen und uns dafür einzusetzen,        haben uns gezeigt, dass Sie die vielen
                                            Deutsche Stiftung für junge                               dass die DGHO weiterhin als ein neu-       neuen virtuelle Angebote schätzen,
                                            Erwachsene mit Krebs                                      traler und kompetenter Ansprechpart-       aber auf den reellen interkollegialen,
                                                                                                      ner geschätzt und um das Einbringen        interdisziplinären und interprofessio­
                                            Podcast „Jung & Krebs“ –
                                                                                                      von Expertise gebeten wird.                nellen Austausch nicht verzichten
                                            Wissen für junge Betroffene��������22
                                                                                                      In den kommenden Jahren werden wir         möchten. Zwar können wir das In-
                                            Individuelle Beratung im                                  uns zunehmend mit den Chancen und          fektionsgeschehen im kommenden
                                            JUNGEN KREBSPORTAL�����������������23                    Risiken künstlicher Intelligenz (KI) für   Herbst noch nicht absehen, laden Sie
                                            Wir suchen Sie auch                                       unser Fachgebiet auseinandersetzen.        aber schon heute – auch im Namen des
                                            weiterhin!��������������������������������������24       Bspw. bieten radiologische Verfahren       Kongresspräsidenten Prof. Matthias
                                                                                                      schon heute KI-basierte Algorithmen,       Preusser – sehr herzlich zur Jahresta-
                                            DGHO Geschichte                                           die uns als behandelnde Ärzt*innen im      gung vom 7. bis 10. Oktober 2022 in
                                                                                                      Rahmen der Diagnostik unterstützen.        Wien ein. Wir freuen uns über die Ein-
                                            Geschichte Kompakt������������������25
                                                                                                      Es ist davon auszugehen, dass KI so-       reichung Ihrer Abstracts und den da-
                                                                                                      wohl die Versorgung von Patient*innen      mit verbundenen Beitrag für ein span-
                                            Veranstaltungen
                                                                                                      als auch die Möglichkeiten der klinisch-   nendes Programm.
                                            Jahrestagung 2022����������������������17
                                            Virtuelle DGHO-Frühjahrs-
                                            tagung 2022����������������������������������29
Titelfoto: Michael Oldenburg / DGHO e. V.

                                            DGHO-Juniorakademie 2022�������30
                                            Seminar Infektiologie�������������������31               Hermann Einsele                            Andreas Hochhaus
                                            Veranstaltungshinweise����������������33                 Geschäftsführender Vorsitzender            Vorsitzender

                                            DGHO Intern

                                            Bewerbung um die
                                            Mitgliedschaft�������������������������������26          Maike de Wit                               Carsten-Oliver Schulz
                                                                                                      Mitglied im Vorstand                       Mitglied im Vorstand

                                                                                                                                                       DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022   3
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO

    Neuer DGHO-Vorstand im Amt

    (MO) Beginnend ab dem 1. Januar 2022 hat der neu gewähl-
    te Vorstand der DGHO sein Amt angetreten. Offiziell hat der
    ausgeschiedene Vorstand seine Amtsgeschäfte am Mittwoch,
    5. Januar 2022 an den amtierenden Vorstand übergeben.

                          Dieser setzt sich für die Amtsperiode
                          2022 bis 2023 folgendermaßen zusam-
                          men:

                          Prof. Dr. med. Hermann Einsele            Prof. Dr. med. Andreas Hochhaus
                          Würzburg                                  Jena
                          Geschäftsführender Vorsitzender           Vorsitzender

                                                                                                            Fotos: Universitätsklinikum Würzburg; Universitätsklinikum Jena; Dirk Bleicker / DGHO e. V.; privat (v. l. n. r.)

                          Prof. Dr. med. Maike de Wit               Dr. med. Carsten-Oliver Schulz
                          Berlin                                    Berlin
                          Mitglied im Vorstand                      Mitglied im Vorstand

                          Das Team der DGHO-Geschäftsstelle         Doz. Dr. med. Ingo Tamm, Mitglied im
                          freut sich auf die Zusammenarbeit!        Vorstand von 2020 bis 2021, großer
                          Gleichzeitig gilt Prof. Dr. med. Lorenz   Dank für das außerordentliche Engage-
                          Trümper, Geschäftsführender Vorsit-       ment für die DGHO, für das Fachgebiet
                          zender von 2020 bis 2021, und Priv.-      und damit für unsere Patient*innen.

4   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol-      Unsere Fachdisziplin ist eine der in-
legen, liebe Mitglieder, liebe Freunde,                        novativsten in der gesamten Medizin.
                                                               Seit Jahren erleben wir einen dramati-
                    seit nunmehr zwei Jahren ist sowohl        schen Wissenszuwachs. Dabei nimmt
                    unser klinischer als auch unser privater   die Tiefe und der Detailgrad des Wis-
                    Alltag von der COVID-19-Pandemie ge-       sens kontinuierlich zu. Die Anzahl der
                    prägt. So haben wir bereits am 2. März     Publikationen in unserem Fachgebiet
                    2020 – sehr kurz nach Entdeckung von       macht es kaum möglich, alles im Blick
                    SARS-CoV-2 – eine erste News zum The-      zu behalten. Aus diesem Grund ist der
                    ma auf unserer Website veröffentlicht.     kollegiale Austausch und der damit
                                                               verbundene Wissenstransfer von so
                    Und ebenso wie in den vergangenen          immenser Bedeutung.
                    24 Monaten werden wir uns als Fach-
                    gesellschaft mit dem Thema wissen-         All dies zeigt, dass „unsere DGHO“ Sie
                    schaftlich auseinandersetzen und uns       braucht! Denn: Als starke Fachgesell-
                    als Ärztinnen und Ärzte für die opti-      schaft können wir etwas für das Fach-
                    male Behandlung der uns anvertrau-         gebiet sowie für unsere Patientinnen
                    ten Patientinnen und Patienten ein-        und Patienten bewegen. Im Namen
                    setzen. So wurde bspw. vor wenigen         von Herrn Prof. Andreas Hochhaus,
                    Wochen die aktualisierte Version der       Frau Prof. Maike de Wit und Herrn Dr.
                    Onkopedia-Leitlinie „COVID-19 bei          Carsten-Oliver Schulz darf ich sagen,
                    Patient*innen mit Blut- und Krebs­         dass es uns Ehre und Freude zugleich
                    erkrankungen“ veröffentlicht.              ist, Vorstand dieser lebendigen Fachge-
                                                               sellschaft sein zu dürfen.
                    Darüber hinaus wird sich die DGHO
                    auch weiterhin mit Stellungnahmen          Im Namen des gesamten Vorstands
                    in relevante ­Gesetzgebungsverfahren       wünsche ich Ihnen, Ihren Teams, Ihren
                    einbringen und hier – wie auch in den      Familien und Ihren Freundinnen und
                    vergangenen Jahren – intensiv mit          Freunden alles Gute!
                    anderen wissenschaftlichen medizi-
                    nischen Fachgesellschaften zusam-
                    menarbeiten. Das gilt auch und ganz
                    besonders für das Verfahren der frühen
                    Nutzenbewertung neuer Arzneimittel         Herzliche Grüße,
                    nach AMNOG.                                Ihr Prof. Hermann Einsele

                                                                 Arbeitskreissitzungen im Rahmen der
                                                                 Jahrestagung
                                                                 Die Jahrestagung 2022 findet wieder als
                                                                 Präsenzveranstaltung statt.

                                                                 Wir freuen uns, wenn auch die DGHO Arbeitskreise
                                                                 die Jahrestagung wieder als Treffpunkt für
                                                                 den wissenschaftlichen Austausch und ihre
                                                                 Arbeitskreissitzungen nutzen. Gerne stellen wir
                                                                 hierfür, außerhalb der Plenarsitzungen, kostenfreie
                                                                 Räumlichkeiten zur Verfügung! Raumanfragen senden
                                                                 Sie bitte an: a.reuter@dgho-service.de

                                                                                           DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022   5
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO

    Tamoxifen
    Aktuelle Empfehlungen
    Die vorliegenden Empfehlungen wurden von der Deutschen                          In einigen weiteren Indikationen wird Tamoxifen im Off-
    Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie                         Label-Use eingesetzt und in Leitlinien empfohlen.
    in Kooperation mit folgenden wissenschaftlichen medizini-
    schen Fachgesellschaften erarbeitet:                                            Es müssen kurzfristig alle erforderlichen Maßnahmen ge-
                                                                                    troffen werden, um den Lieferengpass bei Tamoxifen zu
    •   Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie                                beenden und einen Versorgungsengpass zu verhindern. Die
    •   Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe                      Zahl der betroffenen Patient*innen ist hoch.
    •   Deutsche Gesellschaft für Senologie
    •   Deutsche Gesellschaft für Urologie                                          Hintergrund
                                                                                    Tamoxifen wurde zuerst im Jahr 1962 synthetisiert. Es ist ein
    Zusammenfassung                                                                 selektiver Östrogenrezeptor-Modulator. Tamoxifen ist ein
    Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte                         Prodrug und wird im Körper über den Cytochrom P450-Weg
    (BfArM) hat die Fachkreise über einen Lieferengpass bei                         zu den wirksamen Metaboliten umgewandelt. Seit den 70er
    Tamoxifen informiert. Seit Januar 2022 besteht bei Produk-                      Jahren wird es in der Therapie des metastasierten Mamma-
    ten mehrerer Hersteller/Vertreiber von Tamoxifen nahezu                         karzinoms eingesetzt [1], seit den 80er Jahren in der adju-
    vollumfänglich ein Lieferengpass. Davon sind zum jetzigen                       vanten Therapie des frühen, Hormonrezeptor (HR)-positiven
    Zeitpunkt ca. 85 Prozent des Marktes betroffen. Der Eng-                        Mammakarzinoms zur Chemoprävention von Rezidiven,
    pass manifestiert sich aktuell vor allem bei den 20 mg-Ta-                      darüber hinaus auch bei Vorstufen wie dem duktalen Car-
    bletten.                                                                        cinoma in situ (DCIS) zur Chemoprävention eines primären
                                                                                    Mammakarzinoms [2, 3].
    Tamoxifen ist ein selektiver Östrogenrezeptor-Modulator.
    Es ist unverzichtbarer Bestandteil der Therapie von Patien-                     Bereits 2021 gab es erste Hinweise auf einen Lieferengpass
    tinnen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom,                              bei Tamoxifen. Formal informierte das BfArM am 28. J­ anuar
    sowohl in der kurativen als auch in der palliativen Behand-                     2022 über Lieferschwierigkeiten seitens der Hersteller, be-
    lungssituation.                                                                 troffen ist vor allem die 20mg-Tablette. Der Hintergrund ist
                                                                                    nicht vollständig geklärt. Eine mögliche Erklärung ist ein
    Die Sorge vor einem Versorgungsengpass ist Anlass für diese                     Anstieg der Verschreibungen seit dem ersten Quartal 2020
    aktuellen Empfehlungen zum Einsatz von Tamoxifen:                               im zeitlichen Zusammenhang mit den Lockdown-Maßnah-
                                                                                    men aufgrund der COVID-19-Pandemie in Kombination mit
    • Die empfohlene Dosierung von 20 mg/Tag beim Mamma-                            einer geringen Flexibilität in den Herstellungsprozessen.
      karzinom kann auch durch Verwendung von 10 mg-Tablet-
      ten erreicht werden.                                                          Die Indikationen und die Empfehlungen von Leitlinien für
    • In einigen Indikationen kann Tamoxifen temporär durch                         den Einsatz von Tamoxifen haben sich in den letzten Jahren
      andere Formen der endokrinen Therapie ersetzt werden,                         nicht grundlegend geändert.
      wenn keine Kontraindikationen vorliegen.
    • Der Ersatz von Tamoxifen durch andere Formen der endo-                        Indikationen
      krinen Therapie ist mit einer höheren Nebenwirkungsrate                       Tamoxifen wird in mehreren Indikationen eingesetzt und in
      belastet.                                                                     Leitlinien empfohlen, siehe Tabelle 1.

    Tabelle 1: Indikationen zum Einsatz von Tamoxifen

        Indikation                                                       Dosierung            Zulassung             aktuelle Leitlinien

        Mammakarzinom, ER positiv1
         adjuvant                                                        20 mg                X                     S3 [5], AGO [6], Onkopedia [7]
         metastasiert                                                    20 mg                X                     S3 [5], AGO [6], Onkopedia [7]
         neoadjuvant (inoperabel, multimorbide)                          20 mg                                      S3 [5], AGO [6], Onkopedia [7]

        Aggressive Fibromatose, fortgeschritten                          30-60 mg                                   Onkopedia [8]

        Prostatakarzinom                                                 10 mg                                      S3 [9]
          Nebenwirkungen hormonablativer Therapie
          (Gynäkomastie, Brustschmerz)

    1    Die früher durchgängig verwendete Bezeichnung HR (Hormonrezeptor) wird in den Leitlinien mit ER (Östrogenrezeptor) präzisiert.

6   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
Tamoxifen · Aktuelle Empfehlungen                                                                                     DGHO

                                   Die Empfehlungen zum Einsatz von Tamoxifen, die Wirk-        zu einer signifikanten Senkung des Rezidivrisikos und zur
                                   samkeit weiterer Formen endokriner Therapie und die zu-      Senkung der Mortalität. Die aktuelle S3-Leitlinie empfiehlt,
                                   grundliegende Evidenz zu einem möglichen, temporären         dass die adjuvante endokrine Therapie einen Aromatase-
                                   Ersatz von Tamoxifen können folgendermaßen zusammen-         hemmer enthalten sollte [5]. Bei Auftreten intolerabler Ne-
                                   gefasst werden:                                              benwirkungen unter der Therapie mit Aromatasehemmern
                                                                                                wird ein Wechsel auf Tamoxifen empfohlen. Die Dauer der
                                   Mammakarzinom, HR positiv, adjuvant,                         endokrinen Therapie liegt zwischen 5 und 10 Jahren, ab-
                                   prämenopausal                                                hängig vom Rezidivrisiko und von der Verträglichkeit.
                                   Standard bei prämenopausalen Patientinnen ist die Gabe
                                   von Tamoxifen. Sie soll in einer Dosierung von 20 mg pro     Mammakarzinom, HR positiv, neoadjuvant
                                   Tag in Abhängigkeit des Rezidivrisikos über eine Zeitdau-    Die aktuelle S3-Leitlinie empfiehlt: Bei postmenopausalen
                                   er von 5 bis 10 Jahren bzw. bis zum Rezidiv erfolgen [4-6,   Patientinnen mit endokrin sensitivem Mammakarzinom
                                   10]. Für Patientinnen mit einem ER+-Mammakarzinom und        kann, wenn eine Operation oder Chemotherapie nicht mög-
                                   erhöhtem Rezidivrisiko, die nach abgeschlossener Chemo-      lich oder nicht gewünscht sind, eine primäre endokrine The-
                                   therapie noch prämenopausal sind, kann unter Ausschal-       rapie durchgeführt werden [5]. Die neoadjuvante endokrine
                                   tung der Ovarialfunktion ein Aromatasehemmer einge-          Therapie ist keine Standardtherapie, in speziellen Situatio-
                                   setzt werden [11]. Die alleinige Ovarialsuppression kann     nen (inoperabel, multimorbide) kann eine neoadjuvante en-
                                   entweder durch Gabe eines GnRH-Analogons oder durch          dokrine Therapie erwogen werden. Die endokrine Therapie
                                   eine bilaterale Ovarektomie für prämenopausale Frauen        wird mit Tamoxifen oder mit Aromatasehemmern durchge-
                                   mit einem ER+ Mammakarzinom erwogen werden, die kein         führt.
                                   Tamoxifen erhalten können oder wollen. Die Gabe eines
                                   GnRH-Analogons ist der Tamoxifengabe äquivalent, aller-      Mammakarzinom, HR positiv, metastasiert
                                   dings mit einer erhöhten Nebenwirkungs- und Abbruchrate      Bei Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom steht
                                   verbunden [12].                                              die endokrin-basierte Therapie an erster Stelle [5-7, 16]. Die
                                                                                                Wahl der Präparate richtet sich vor allem nach der endo-
                                   Mammakarzinom, HR positiv, adjuvant,                         krinen Vortherapie. Tamoxifen ist eine Option, wenn diese
                                   perimenopausal                                               Substanz in der Vortherapie nicht eingesetzt oder wenn die
                                   Patientinnen, die während der Tamoxifen-Therapie in die      Therapie mit Tamoxifen vor mehr als 12 Monaten beendet
                                   Postmenopause kommen, können von einer erweiterten ad-       wurde. Alternativen sind Aromatasehemmer oder Fulvest-
                                   juvanten Therapie mit einem Aromatasehemmer profitieren      rant. Die endokrine Therapie wird ergänzt durch die Kombi-
                                   [13].                                                        nation mit einem CDK 4/6 Inhibitor.

                                   Mammakarzinom, HR positiv, adjuvant,                         Mammakarzinom bei Männern
                                   postmenopausal                                               Das Mammakarzinom ist bei Männern eine seltene Erkran-
                                   Für die adjuvante endokrine Systemtherapie postmenopau-      kung. Nach Operation und Bestrahlung schließt sich bei den
                                   saler Patientinnen stehen Tamoxifen und Aromatasehem-        meisten Patienten eine adjuvante endokrine Therapie mit
                                   mer zur Verfügung. Tamoxifen senkt die krebsspezifische      Tamoxifen an, ggf. auch eine Chemo- und/oder eine anti-
Foto: Omer Serkan Bakir (iStock)

                                   Mortalität und die Gesamtmortalität, verglichen mit Pati-    HER2-Therapie. Für die Therapie mit Tamoxifen gibt es kei-
                                   entinnen ohne adjuvante endokrine Systemtherapie [14]. In    ne gleich wirksame Alternative. Im Stadium der Fernmeta-
                                   den Switch-Studien nach Tamoxifen senkten Aromatase-         stasierung ist der Therapieanspruch palliativ mit dem Ziel
                                   hemmer die Mammakarzinom-spezifische Mortalität [15].        der Linderung von Symptomen und Verlängerung der Über-
                                   Bei Einsatz als Ersttherapie (upfront) führten Aromatase-    lebenszeit. In dieser Therapiesituation ist der Rezeptoranta-
                                   hemmer in den ersten beiden Jahren nach Therapiebeginn       gonist Fulvestrant eine Alternative [5, 7].

                                                                                                                            DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022   7
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO                                                                                                                     Tamoxifen · Aktuelle Empfehlungen

    Desmoide / Aggressive Fibromatose (AF)                                            Ovarialkarzinom
    Desmoide/AF sind Weichgewebstumoren. Zur medikamen-                               Ovarialkarzinome exprimieren Hormonrezeptoren. Tamoxi-
    tösen Therapie der lokal rezidivierten, nicht resektablen                         fen ist eine wirksame Therapie [21], allerdings einer Mono-
    oder nur mutilierend resektablen und nicht strahlenthera-                         chemotherapie unterlegen [22]. Bei Kontraindikationen ge-
    peutisch therapierbaren AF gibt es verschiedene Optionen.                         gen eine Chemotherapie ist Tamoxifen eine Therapieoption.
    Hierzu zählen antihormonelle Therapien wie hochdosiertes
    Tamoxifen oder nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) [8,                        Empfehlungen für das klinische Management
    17, 18]. Die in kleinen Fallserien mit einer antihormonellen                      eines Tamoxifen-Engpasses
    Therapie erzielten Ansprechraten betragen zwischen ca. 25                         Für einige Patient*innen lassen sich aus den vorliegenden
    bis 50 Prozent, in weiteren 20 bis 30 Prozent werden Tumor-                       Daten Empfehlungen zum Ersatz von Tamoxifen durch an-
    stabilisierungen erreicht.                                                        dere Arzneimittel ableiten, siehe Tabelle 2.

    Prostatakarzinom – Nebenwirkungen                                                 Zahl betroffener Patient*innen
    hormonablativer Therapie                                                          Leider ermöglichen die derzeitigen Krebsregisterstrukturen
    Eine hormonablative Therapie ist der Standard in der neo-/                        keinen raschen Überblick über die Anzahl der von einem
    adjuvanten Therapie in Kombination mit einer Strahlenbe-                          Engpass betroffenen Patient*innen. Die Ergebnisse einer
    handlung beim lokalisierten Hochrisiko-Prostatakarzinom                           kurzfristigen Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der
    und im metastasierten Stadium. Brustschmerzen und/oder                            AOK vom 2. Februar 2022 sind in Abbildung 1 dargestellt.
    Gynäkomastie treten ohne Prophylaxe bei etwa jedem zwei-                          Dabei wurden die Verordnungen der zusammen betrachteten
    ten Patienten unter Antiandrogenmonotherapie auf [9, 19].                         Gruppe der Antiestrogene und Aromatase-Inhibitoren (ATC
    Sie führen bei einem Teil der Patienten zum Therapieab-                           L02BA und L02BG) betrachtet.
    bruch. Dementsprechend sind supportive Maßnahmen er-
    forderlich. In einem prospektiv randomisierten Vergleich                          Daraus ergibt sich eine geschätzte Zahl von 110. bis 120.000
    war die Behandlung mit Tamoxifen der Strahlentherapie                             gesetzlich Versicherten/Jahr, bei denen Tamoxifen verschrie-
    überlegen. Beim Einsatz von Tamoxifen in dieser Indikation                        ben wurde. Zuzüglich der Zahl privat Versicherter sind insge-
    handelt es sich um einen Off-Label-Use [20].                                      samt geschätzte 120. bis 130.000 Patient*innen von einem
                                                                                      Tamoxifen-Engpass betroffen.

    Tabelle 2: Empfehlungen zum Ersatz von Tamoxifen bei einem Versorgungsengpass, wenn keine Kontraindikationen gegen die Ersatztherapie vorliegen

                                                                             Allgemein

     Dosierung                       Praktische Alternative

     Tamoxifen 20 mg                 2 Tabletten à 10 mg, einmal täglich

                                                                       Indikationsbezogen

     Indikation                      Spezifikation                   Therapeutische Alternative,                                     Evidenz
                                                                     wenn keine Kontraindikationen vorliegen

     Mammakarzinom,                  prämenopausal                   Aromatasehemmer, in Kombination mit GnRH-                       randomisierte
     ER positiv,                                                     Analoga; Cave: Nebenwirkungen                                   ­kontrollierte Studien
     adjuvant
                                     perimenopausal                  Aromatasehemmer, in Kombination mit GnRH-
                                                                     Analoga; Cave: Nebenwirkungen

                                     postmenopausal                  Aromatasehemmer; Cave: Nebenwirkungen

     Mammakarzinom,                                                  Aromatasehemmer                                                 randomisierte
     ER positiv,                                                     Fulvestrant                                                     ­kontrollierte Studien
     metastasiert

     Mammakarzinom,                                                  Aromatasehemmer                                                 indirekter Vergleich
     ER positiv
     neoadjuvant

     Aggressive Fibroma-             fortgeschritten                 NSAID, Multikinase-Inhibitor                                    indirekter Vergleich
     tose

     Prostatakarzinom                hormonablative                  Bestrahlung                                                     randomisierte
                                     Therapie                                                                                        ­kontrollierte Studie

     Ovarialkarzinom                 fortgeschritten                 Monochemotherapie                                               randomisierte
                                                                                                                                     ­kontrollierte Studie

8   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
Tamoxifen · Aktuelle Empfehlungen                                                                                                                       DGHO

Abbildung 1: Verordnungen von Tamoxifen in den Jahren 2019 – 2021                 15. Early Breast Cancer Trialist‘s Collaborative Group. Aromatase inhibitors
                                                                                      versus tamoxifen in early breast cancer: patient-level meta-analysis of
                                                                                      the randomised trials. Lancet 386:1341-1352, 2015. DOI: 10.1016/S0140-
                                                                                      6736(15)61074-1
                                                                                  16. Rugo HS, Rumble RB, Macrae E et al.: Endocrine Therapy for Hormone
                                                                                      Receptor-Positive Metastatic Breast Cancer: American Society of Clini-
                                                                                      cal Oncology Guideline. J Clin Oncol 34: 3069-3103, 2016. DOI: 10.1200/
                                                                                      JCO.2016.67.1487
                                                                                  17. Kasper B, Baumgarten C, Garcia J et al. on behalf of the Desmoid Working
                                                                                      Group. An update on the management of sporadic desmoid-type fibroma-
                                                                                      tosis: a European consensus initiative between Sarcoma Patients EuroNet
                                                                                      (SPAEN) and European Organisation for Research and Treatment of Can-
                                                                                      cer (EORTC) / Soft Tissue and Bone Sarcoma Group (STBSG). Ann Oncol
                                                                                      28:2399-2408, 2017. DOI: 10.1093/annonc/mdx323
                                                                                  18. Janinis J, Patriki M, Vini L et al.: The pharmacological treatment of ag-
                                                                                      gressive fibromatosis: a systematic review. Ann Oncol 14:181-190, 2003.
                                                                                      PMID:12562642
                                                                                  19. Iversen P, Tammela TLJ, Vaage S et al.: A Randomised Comparison of Bica-
                                                                                      lutamide (‚Casodex‘) 150 Mg Versus Placebo as Immediate Therapy Either
                                                                                      Alone or as Adjuvant to Standard Care for Early Non- Metastatic Prostate
Quelle: GKV-Arzneimittelindex, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), 2022       Cancer. First Report from the Scandinavian Prostatic Cancer Group Study
                                                                                      6, Eur Urol 42:204–211, 2002. DOI: 10.1016/s0302-2838(02)00311-1
                                                                                  20. Perdonà S, Autorino R, De Placido S et al.: Efficacy of Tamoxifen and Ra-
Referenzen                                                                            diotherapy for Prevention and Treatment of Gynaecomastia and Breast
                                                                                      Pain Caused by Bicalutamide in Prostate Cancer: A Randomised Controlled
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2. Legha SS, Davis HL, Muggia FM: Hormonal therapy of breast cancer:
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   10.7326/0003-4819-88-1-69                                                          ligner Ovarialtumoren. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-
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3. Baum M, Brinkley DM, Dossett JA et al.: Improved survival among patients           ren_2021-10.pdf
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   tamoxifen and of cytotoxic therapy on mortality in early breast cancer.
                                                                                  Die Stellungnahme wurde von Prof. Dr. Bernhard Wörmann
   An overview of 61 randomized trials among 28,896 women. N Engl J Med           (DGHO; Charité Campus Universitätsmedizin Berlin, Medizini-
   319:1681-1692, 1988. DOI: 10.1056/NEJM198812293192601                          sche Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tu-
5. AWMF S3 Leitlinie „Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nach-               morimmunologie, Campus Virchow, Berlin) in Kooperation mit
   sorge des Mammakarzinoms“, Juni 2021. Registernummer 032-045OL.
   https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OLl_S3_Mammakarzi-
                                                                                  Prof. Dr. Matthias Beckmann (Universitätsklinikum Erlangen,
   nom_2020-02.pdf                                                                Frauenklinik), Prof. Dr. Jens-Uwe Blohmer (Charité Universi-
6. Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie: Diagnostik und Thera-            tätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie mit Brustzentrum,
   pie primärer und metastasierter Mammakarzinome: Endokrine und ziel-            Berlin), Prof. Dr. Sarah Brucker (Universitätsklinikum Tübin-
   gerichtete Therapie metastasiertes Mammakarzinom. März 2021. https://
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   rapie_MASTER_final_20210302_inklREf.pdf                                        Grimm (Universitätsklinikum Jena, Urologische Klinik und Po-
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   weichgewebssarkome-maligne-weichgewebstumoren-des-erwachsenen/@@               Kasper (Universitätsmedizin Mannheim, Interdisziplinäres
   guideline/html/index.html
                                                                                  Tumorzentrum, Mannheim), Prof. Dr. Diana Lüftner (Charité
9. AWMF S3 Leitlinie Prostatakarzinom, Oktober 2021. https://www.awmf.org/
   uploads/tx_szleitlinien/043-022OLl_S3_Prostatakarzinom_2021-10.pdf             Campus Benjamin Franklin, Med. Klinik mit Schwerpunkt Hä-
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                                                                                  dorf, Klinik und Poliklinik für Gynäkologie, Hamburg), Prof. Dr.
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                                                                                  Marcus Schmidt (Johannes Gutenberg-Universität, Abteilung
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13. Goss PE, Ingle JN, Pater JL et al.: Late extended adjuvant treatment with
                                                                                  Carsten Telschow (Wissenschaftliches Institut der AOK, WIdO,
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    10.1200/JCO.2007.11.6798
                                                                                  Westdeutsches Tumorzentrum, Innere Klinik und Poliklinik,
14. Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group: Relevance of breast
    cancer hormone receptors and other factors to the efficacy of adjuvant        Essen) und Prof. Dr. med. Achim Wöckel (Universitätsklinikum
    tamoxifen: patient-level meta-analysis of randomized trials. Lancet           Würzburg, Frauenklinik, Würzburg) erarbeitet.
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                                                                                                                     DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022          9
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Neuer DGHO-Vorstand im Amt
DGHO

     COVID-19 in der Hämatologie und
     Onkologie
     Schutz der vulnerablen Patient*innen

     MARIE VON LILIENFELD-TOAL                                                Therapie zur Verhinderung eines schweren Verlaufs einer
                                                                                COVID-19 Erkrankung bei vulnerablen Patient*innen
     BERNHARD WÖRMANN

     Zusammenfassung                                                                                symptomatisch
     Inzwischen stehen mehrere, zugelassene oder zentral für die                                       PCR positiv
                                                                                 erhöhtes Risiko für schweren Verlauf von COVID-191
     Bundesrepublik Deutschland beschaffte, wirksame Arznei-
     mittel zur Verhinderung schwerer Verläufe von COVID-19
     bei vulnerablen Patient*innen zur Verfügung. Als vulnerabel                            leichter Krankheitsverlauf, kein
     werden Patient*innen mit einem oder mehreren Risikofak-                              zusätzlicher Sauerstoffbedarf, nicht
                                                                                            wegen COVID-19 hospitalisiert2
     toren eingestuft. Dazu gehören (alphabetische Reihenfolge):
     Adipositas, Alter, Diabetes mellitus, Immundefizienz- oder                                            oder
     -suppression, kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkran-
     kung (aktiv), Lungenerkrankung (chronisch), Nierenerkran-                                                     Nirmatrelvir + Ritonavir p.o. 4, 5
                                                                          monoklonale Antikörper,                                  oder
     kung (chronisch) u. a.                                                angepasst an die lokal
                                                                                                                             Remdesivir i.v. 4
                                                                         dominirenden SARS-COV-2-
     Anfang Februar stehen zur Verfügung (jeweils alphabetische                  Varianten3
                                                                                                                                   oder

     Reihenfolge):                                                                                                      Molnupiravir p.o. 4, 6

     • Monoklonale Antikörper                                        Abbildung 1: Graphische Darstellung von Empfehlungen zur Behandlung von
       · Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®)                          COVID-19 Patient*innen mit mildem Verlauf und ohne COVID-19-bedingte
       · Sotrovimab (VIR-7831, Xevudy®)                              Hospitalisierung
       · Tixagevimab/Cilgavimab (AZD7442, Evusheld™)
                                                                     1    Risikofaktoren entsprechend den Einschlusskriterien der Zulassungsstu-
                                                                          dien: Adipositas (BMI >25 oder 30), Alter (>60 oder 65 Jahre), Diabetes
     • Virostatika                                                        mellitus, Immundefizienz- oder -suppression, kardiovaskuläre Erkrankun-
       · Molnupiravir (Lagevrio®)                                         gen, Krebserkrankung (aktiv), Lungenerkrankung (chronisch), Nierener-
       · Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®)                               krankung (chronisch) u. a.

       · Remdesivir (Veklury®)                                       2    Therapie innerhalb von 3-5 Tagen nach Symptombeginn;
                                                                     3    Die seit November 2021 zugelassene Antikörperkombination Casirivimab/
                                                                          Imdevimab (Ronapreve®) zeigt kaum Wirksamkeit gegenüber der Omik-
     Ein übergeordneter Algorithmus ist in Abbildung 1 darge-             ron-Variante; in vitro ist die Wirksamkeit von Sotrovimab gegenüber der
     stellt.                                                              Omikron-Variante nicht oder nur gering reduziert; in vitro ist die Wirk-
                                                                          samkeit von Tixagevimab/Cilgavimab gegenüber der Omikron-Variante
                                                                          reduziert, aber nicht aufgehoben.
     Einführung
                                                                     4    in vitro bleibt die Omikron-Variante empfindlich
     Während die Infektion bei der großen Mehrzahl der SARS-         5    Cave Arzneimittelinteraktionen, kontraindiziert bei gleichzeitiger Gabe
     CoV-2-positiven Personen a- oder oligosymptomatisch ver-             einiger Substrate von Cytochrom P450 (CYP) 3A4 und P-Glykoprotein,
     läuft, kann COVID-19 ein komplexes, lebensbedrohliches               siehe Fachinformation; darüber hinaus gehende Hinweise wurden von der
                                                                          Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) erarbeitet und
     Krankheitsbild auslösen. Schon frühzeitig in der Pandemie            bereitgestellt.
     wurden Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsver-         6    kontraindiziert bei Schwangerschaft und Stillperiode
     lauf identifiziert. Hierzu gehören insbesondere höheres Al-
     ter, Adipositas mit BMI >30 kg/m2, schwere kardiovaskuläre
     Erkrankung, chronische Lungenerkrankung, chronische Nie-        Definition der Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von
     renerkrankung, einschl. Dialyse, Diabetes mellitus, aktive      COVID-19. Gemeinsam ist inzwischen der primäre Endpunkt
     Krebserkrankung, Immunsuppression einschl. antineoplasti-       „Hospitalisierung oder Tod“ an Tag 28 oder 29.
     sche Therapie bei malignen Erkrankungen, und andere sowie
     aktuell der Status „nicht geimpft“.                             Monoklonale Antikörper
                                                                     Monoklonale Antikörper sind direkt antiviral über die Akti-
     Stand der Therapie                                              vierung des Immunsystems wirksam. Alle bisher zugelasse-
     Im ersten Jahr der Pandemie war die Therapie weitestgehend      nen, monoklonalen Antikörper binden an das Spike-Protein
     supportiv und Empirie-basiert. In den letzten Monaten hat       von SARS-CoV-2, allerdings an unterschiedliche Epitope.
     sich die Situation geändert. Ein Fokus der Therapie ist jetzt   Entsprechend können sie ihre klinische Wirksamkeit beim
     die frühzeitige Behandlung von vulnerablen Patient*innen        Auftreten von Varianten und/oder Veränderung des Krank-
     mit dem Ziel der Verhinderung schwerer, klinischer Verläufe.    heitsbildes verlieren. So wurde die zuerst in Deutschland zur
     Alle derzeit zur Verfügung stehenden Antikörper oder Vi-        Verfügung gestellte Antikörperkombination Bamlanivimab/
     rostatika wurden in randomisierten kontrollierten Studien       Etesevimab (LY-CoV555) zwischenzeitlich wieder vom Markt
     gegenüber Placebo, aber nicht im direkten Vergleich unter-      zurückgenommen. Unter Berücksichtigung der o. g. Ein-
     einander getestet. Dadurch unterscheiden sich die unter-        schränkungen zu Unterschieden in den Zulassungsstudien
     suchten Patientenkollektive etwas, sowohl in der Herkunft       können die aktuell zur Verfügung stehenden Daten folgen-
     der Patient*innen als auch in den Einschlusskriterien mit       dermaßen zusammengefasst werden:

10   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022
COVID-19 in der Hämatologie und Onkologie                                                                                              DGHO

• Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®) führte in der Zu-            nisrate von 5,3% (15/283 Patient*innen) im Placebo- auf
  lassungsstudie COV-2067 zur signifikanten Reduktion             0,7% (2/279 Patient*innen) im Remdesivir-Arm. Die Rate
  der Rate schwerer und tödlicher Verläufe. Allerdings hat        unerwünschter Ereignisse lag mit 46,3% vs 42,3% und die
  diese Kombination in vitro nur eine geringe Wirksamkeit         Rate schwerer unerwünschter Ereignisse mit 6,7% vs 1,8%
  gegenüber der Omikron-Variante und wird derzeit nicht           jeweils im Placebo-Arm höher als im Remdesivir-Arm.
  empfohlen, weder in der Therapie noch in der Präexposi-
  tionsprophylaxe.                                              • Molnupiravir ist das orale Prodrug eines synthetischen
                                                                  Nukleosid-Analogons (N4-Hydroxycytidin, NHC). Es
• Sotrovimab (VIR-7831, Xevudy®) hat als Zielstruktur ein         hemmt die virale RNA-Replikation. Molnupiravir wird
  hochkonserviertes Epitop des Spike-Proteins, das auch auf       oral appliziert. In der ersten Analyse der Zulassungsstu-
  SARS-CoV-2 einschl. Varianten wie Delta und Omikron             die zeigte sich bei 765 Patient*innen fast eine Halbierung
  eine Bindung des Antikörpers erlaubt. In der COMET-ICE-         der Hospitalisierungs-/Sterberate (14,1 vs 7,3%, p=0,0012).
  Studie reduzierte Sotrovimab das Risiko eines schweren          In einer aktuelleren Pressemitteilung mit Auswertung
  oder tödlichen Verlaufs von 6% (30/529) auf 1% (6/528).         von 1.433 Patient*innen war die Reduktion geringer (9,7
  Schwere unerwünschte Ereignisse traten seltener unter           vs 6,8%, p=0,0218). Die Rate unerwünschter Ereignisse
  Sotrovimab (2%) als im Placebo-Arm (6%) auf. In vitro ist       und die Rate schwerer unerwünschter Ereignisse war je-
  die Wirksamkeit von Sotrovimab gegenüber der Omikron-           weils im Placebo-Arm höher als im Molnupiravir-Arm.
  Variante nicht oder nur gering reduziert. Das eröffnet auch     Häufigste Nebenwirkung war Diarrhoe, häufiger im Mol-
  eine Option zum Einsatz von Sotrovimab in der Präexpo-          nupiravir-Arm trat Übelkeit auf. Molnupiravir ist potenzi-
  sitionsprophylaxe.                                              ell teratogen und soll nicht bei Schwangeren sowie in der
                                                                  Stillperiode eingesetzt werden. Die FDA stufte das Risiko
• Tixagevimab/Cilgavimab (AZD7442, Evusheld™) haben               der Mutagenität als niedrig ein.
  eine verlängerte Halbwertszeit und eine mögliche Wirk-
  samkeit von bis zu 6 Monaten. Der Pressemitteilung zu-        In vitro ist die Omikron-Variante BA.1 auch gegenüber Nir-
  folge reduzierte Tixagevimab/Cilgavimab das Risiko eines      matrelvir, Remdesivir und Molnupiravir empfindlich.
  schweren oder tödlichen Verlaufs von 8,9% (37/415) auf
  4,4% (18/407). Die Daten sind bisher nicht voll publiziert.   Diskussion
  In vitro ist die Wirksamkeit von Tixagevimab/Cilgavimab       Es besteht ein großer ungedeckter Bedarf an Arzneimitteln
  gegenüber der Omikron-Variante reduziert, aber nicht auf-     zur kausalen Therapie von COVID-19. Die bisherigen Erfah-
  gehoben. Tixagevimab/Cilgavimab ist auch in der Präex-        rungen aus der Frühphase der Pandemie haben dazu geführt,
  positionsprophylaxe wirksam.                                  dass sich die Entwicklung von Arzneimitteln zunächst auf
                                                                die Verhinderung von schweren Krankheitsverläufen und
Virostatika                                                     Tod bei vulnerablen Patient*innen konzentriert hat. Im
Virostatika haben unterschiedliche intravirale Zielstruktu-     Kontext der zur Zulassung bzw. zur zentralen Beschaffung
ren. Unter Berücksichtigung der o. g. Einschränkungen zu        führenden, randomisierten kontrollierten Studien sind vor
Unterschieden in den Zulassungsstudien können die aktuell       allem folgende Punkte zu diskutieren:
zur Verfügung stehenden Daten folgendermaßen zusam-
mengefasst werden:                                              • Übertragbarkeit auf den deutschen Versorgungskontext:
                                                                  die oben dargestellten Studien wurden bei Ungeimpf-
• Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®) wird als fixe Kombi-         ten durchgeführt wurden. Das trifft auf etwa 95% der
  nation verwendet. Nirmatrelvir ist ein Inhibitor der 3CL-       Patient*innen mit hämatologischen und onkologischen
  Protease. Ritonavir ist ein CYP3A4-Inhibitor und hemmt          Erkrankungen nicht zu. Möglicherweise können wir die
  die Verstoffwechslung von Nirmatrelvir. Damit wird der          Therapie in den frühen Stadien einer COVID-19-Erkran-
  Wirkspiegel erhöht. Die CYP 3A-Hemmung hält über 4-5            kung auf Patient*innen mit erhöhtem Risiko für ein Impf-
  Tage nach Beendigung der Einnahme an. In der EPIC-HR-           versagen fokussieren.
  Studie reduzierte Nirmatrelvir/Ritonavir die Hospitalisie-
  rungs-/Sterberate gegenüber Placebo von 6,5% auf 0,7%         • Definition der vulnerablen Patient*innen: die große
  bei einem Therapiebeginn innerhalb von 3 Tagen nach             Mehrzahl der Patient*innen in den Zulassungsstudien
  Symptombeginn. Bei Therapiebeginn innerhalb von 5 Ta-           hatte Adipositas und/oder Alter als Risikofaktor, nur we-
  gen nach Symptombeginn war die Wirksamkeit mit 6,3 vs           nige waren immunsupprimiert oder litten an einer aktiven
  0,8% vergleichbar. Die Verträglichkeit von Nirmatrelvir         Krebserkrankung.
  ist gut. Durch die Kombination mit Ritonavir besteht das
  Risiko von kritischen Arzneimittelinteraktionen, vor al-      Angesichts der Unsicherheiten in der Wirksamkeit der ver-
  lem mit Substraten von Cytochrom P450 (CYP) 3A4 und           fügbaren Arzneimittel sind Register zur engmaschigen
  P-Glykoprotein.                                               Erfassung von Wirksamkeit und Sicherheit erforderlich.
                                                                Gleichzeitig sollen begleitende Studien (Antikörper, Virus-
• Remdesivir (Veklury®) ist ein direkt wirksamer Nukleo-        last, Monitoring, Immunresponse, Pharmakovigilanz u.a.)
  tid-Prodrug-Inhibitor der RNA-abhängigen RNA-Polyme-          initiiert und gefördert werden.
  rase von SARS-CoV-2. Remdesivir war bereits zugelassen
  zur Therapie der sauerstoffpflichtigen COVID-19-Pneu-         Literatur / Referenzen

  monie. Jetzt liegen Daten aus PINETREE, einer Studie zum      https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/coronavirus-infektion-covid-
                                                                19-bei-patient-innen-mit-blut-und-krebserkrankungen/@@guideline/html/index.
  Einsatz von Remdesivir bei symptomatischen, nicht-hos-        html
  pitalisierten Patient*innen mit COVID-19 vor. Hier zeigte     https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/coro-
  sich bei den 562 Patient*innen eine Reduktion der Ereig-      navirus/arzneimitteltherapie-stellungnahme-20220207.pdf

                                                                                                   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022           11
DGHO

     Weltkrebstag 2022: Versorgungslücken
     schließen – auch in Pandemiezeiten
     MARIE VON LILIENFELD-TOAL                                          in der medikamentösen Therapie – in die flächendeckende
     ANNE LETSCH                                                        Versorgung von Patientinnen und Patienten mit hämatolo-
     MICHAEL OLDENBURG                                                  gischen und onkologischen Erkrankungen ist ein wichtiges
                                                                        Ziel, für dessen Realisierung wir uns als wissenschaftliche
     Dieser Text ist am Freitag, 4. Februar 2022 als Pressemitteilung   medizinische Fachgesellschaft einsetzen und damit unseren
     veröffentlicht worden.                                             Beitrag zum Fortschritt in der Krebsmedizin beitragen“, er-
                                                                        läutert Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender

     I  n den letzten zwei Jahren der COVID-19-Pandemie ist
        sehr deutlich geworden, wie herausfordernd es ist, das
     gewohnte Spektrum einer exzellenten ambulanten und sta-
                                                                        Vorsitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Kli-
                                                                        nik II des Universitätsklinikums Würzburg. Gemeinsam mit
                                                                        den Schwestergesellschaften aus Österreich und der Schweiz
     tionären Versorgung von Patient*innen mit Krebserkran-             sowie Kolleg*innen anderer Fachgebiete definiert die DGHO
     kungen zu gewährleisten. Die DGHO Deutsche Gesellschaft            mit den Onkopedia-Leitlinien den Stand des medizinischen
     für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. hat seit          Wissens und setzt damit evidenzbasierte Medizin in aktu-
     Beginn der COVID-19-Pandemie als „Stimme der Onkologie“            elle Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von häma-
     die Sicherstellung der Versorgung wesentlich befördert, bei-       tologischen und onkologischen Erkrankungen um. „Durch
     spielsweise durch die Erstellung von Handlungsempfehlun-           die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kolleginnen und
     gen und Leitlinien und darüber hinaus durch eine intensive         Kollegen anderer Fächer und die zügige Aktualisierung der
     Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen medizini-            Onkopedia-Leitlinien tragen wir dazu bei, dass möglichst
     schen Fachgesellschaften und Patientenorganisationen wie           viele Patientinnen und Patienten von den modernen Be-
     das Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband e. V.               handlungsstrategien profitieren können“, so Prof. Dr. med.
     Was ist das langfristige Ziel? Ziel muss es sein, eine exzel-      Andreas Hochhaus, Vorsitzender der DGHO und Direktor der
     lente Versorgung für alle Patient*innen – unabhängig von           Abteilung Hämatologie und Internistische Onkologie des
     geographischem Standort, Schulabschluss, Ausbildung, Ein-          Universitätsklinikums Jena. „Wenn wir – entsprechend dem
     kommen, Ethnizität, Geschlecht, sexueller Orientierung,            Motto des Weltkrebstags – mögliche, bestehende Lücken in
     Alter, Behinderung, Lebensstil oder anderen individuellen          der Versorgung von Patientinnen und Patienten schließen
     Faktoren sicherzustellen. Denn trotz beeindruckender Fort-         wollen, dann müssen wir durch eine wissensgenerierende
     schritte in der Krebsvorsorge, -diagnose und -behandlung           Versorgung evidenzbasierte, maßgeschneiderte und patien-
     stoßen Menschen immer wieder an Grenzen der Versor-                tenzentrierte Konzepte in der Prävention, Früherkennung,
     gungsgerechtigkeit. Die auf drei Jahre angelegte Kampagne          Therapie, Rehabilitation und Nachsorge kontinuierlich wei-
     ‚Close the care gap‘ widmet sich in jedem Jahr einem spezifi-      terentwickeln und – wenn nötig – anpassen“, ergänzt Einsele.
     schen Fokus. Ziel des diesjährigen Weltkrebstages ist es, die
     weiterhin bestehenden Versorgungslücken zu beschreiben             Gründung des Arbeitskreises Diversitäts- und
     und besser verstehen zu lernen (‚realizing the problem‘). In       Individualmedizin in der DGHO
     den kommenden zwei Jahren folgen ‚uniting our voices and           Wissenschaftliche Studien, die im Rahmen der COVID-
     taking action‘ und ‚together, we challenge those in power‘.        19-Pandemie durchgeführt worden sind, konnten u. a. zei-
     Die DGHO als wissenschaftliche medizinische Fachgesell-            gen, dass zum Beispiel Faktoren wie Geschlecht, Ethnie oder
     schaft ist dem Fortschritt verpflichtet und sieht es als eine      Alter einen wesentlichen Einfluss auf den Erkrankungsver-
     ihrer wesentlichen Aufgaben an, sicherzustellen, dass Inno-        lauf von Patient*innen haben. Die Frage, ob und inwieweit
     vationen des Fachgebiets rasch in die Regelversorgung von          diese Einflussfaktoren auch bei hämatologischen und on-
     Patient*innen integriert und dabei allen Betroffenen zu-           kologischen Erkrankungen von Relevanz sind, war einer der
     gänglich gemacht werden. Insofern trägt die DGHO das An-           primären Fragestellungen des im Jahr 2021 gegründeten
     liegen des Weltkrebstages mit und möchte das Bewusstsein           DGHO-Arbeitskreises ‚Diversitäts- und Individualmedizin‘
     für das Thema Versorgungslücken in der Breite wecken.              (AK DIM). „Wir brauchen dringend mehr Erkenntnisse zum
                                                                        Einfluss von individuellen Faktoren auf den Verlauf, die The-
     Versorgungslücken schließen: Durch                                 rapierbarkeit und das Management von Krebserkrankungen“,
     effizienten Wissenstransfer                                        betont Prof. Dr. med. Marie von Lilienfeld-Toal vom Univer-
     Die Hämatologie und Onkologie ist eine der innovativsten           sitätsklinikum Jena und Vorsitzende des Arbeitskreises. Für
     Fachdisziplinen in der gesamten Medizin. Seit Jahren erlebt        die DGHO hat dieser neue Fokus unmittelbare Relevanz im
     das Fachgebiet einen dramatischen Wissenszuwachs. Dabei            Sinne der Erweiterung der wissenschaftlichen Perspektiven
     nehmen die Tiefe und der Detailgrad des Wissens stetig zu.         und der Verbesserung der Versorgung von Patient*innen. Da-
     Die sich kontinuierlich ändernden Diagnostik- und Thera-           bei umfassen individuelle Aspekte beispielsweise zunächst
     piestandards müssen daher seitens der wissenschaftlichen           biologische Faktoren wie Geschlecht, Ethnie, Alter, Gewicht
     medizinischen Fachgesellschaften so aufbereitet und den            oder genetische Polymorphismen und darüber hinaus sozio-
     ärztlichen Kolleg*innen zur Verfügung gestellt werden, dass        ökonomische Faktoren wie Bildungsstand, Einkommen oder
     sie in ihrem klinischen Alltag auf die für die ihnen anvertrau-    Familienstatus. Diese sozioökonomischen Aspekte sollen
     ten Patient*innen relevanten Informationen zugreifen kön-          hinsichtlich ihres Einflusses auf die Biologie und den Verlauf
     nen. „Die rasche Integration von Innovationen – besonders          hämatologischer und onkologischer Erkrankungen sowie die

12   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022
Weltkrebstag 2022                                                                                                       DGHO

Verträglichkeit und Steuerung von entsprechenden Therapi-       von Patient*innen getrennt analysiert. Meist erfolgt dabei
en näher untersucht werden. „Durch die Analyse der Einflüs-     eine Differenzierung hinsichtlich Alter, Geschlecht, eth-
se von Diversitätsaspekten soll eine – im umfassenden Sin-      nischer Subgruppen und medizinischer Faktoren wie bei-
ne – individuelle Medizin in der Krebsheilkunde ermöglicht      spielsweise eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion.
werden“, erläutert Prof. Dr. med. Anne Letsch vom Universi-     Allerdings bestehen weiterhin große Lücken, so z. B. bei
tätsklinikum Schleswig-Holstein und stellvertretende Vorsit-    Erkenntnissen zu älteren Patient*innen, die seltener in kli-
zende des Arbeitskreises. Dieser soll projektbezogen arbeiten   nische Studien eingeschlossen werden. Auch gibt es noch
und vor allem als Plattform für wissenschaftliche Koopera-      keinen Konsens über die notwendigen Daten für ethnische
tionen für die Erstellung von Meta-Analysen, Registern,         Subgruppen. Die fehlende Repräsentation von entsprechen-
klinischen Studien und Leitlinienempfehlungen und durch         den Kohorten in klinischen Studien ist in der wissenschaftli-
Symposien, Fortbildungsveranstaltungen und die Publika-         chen Literatur wiederholt beschrieben worden. Der Interna-
tion von Artikeln die Wahrnehmung dieses Themas sowohl          tional Council for Harmonisation of Technical Requirements
in der Fach- als auch in der Laienöffentlichkeit erhöhen. Mit   for Pharmaceuticals for Human Use (ICH) hat zu einigen
Blick auf das Motto des diesjährigen Weltkrebstages betont      Themen Richtlinien formuliert, die in der Arzneimittelprü-
Prof. Dr. med. Monika Engelhardt vom Universitätsklinikum       fung Anwendung finden sollen. Oft gelten allerdings noch
Freiburg und Mitglied des Arbeitskreises: „‚Close the gap‘      immer Ausschlusskriterien, z. B. orientiert an das kalendari-
heißt für mich, die Schwerpunkte 2022 bis 2024 ‚realizing the   sche Alter, und funktionelle Kriterien werden kaum berück-
problem, uniting voices und challenging those in power‘ in-     sichtigt. Dabei wächst das Bewusstsein zunehmend, dass die
terdisziplinär anzugehen und die Versorgung von Menschen        Prüfung von Arzneimitteln allein an eng definierten Popu-
mit Krebs zu verbessern. Hier will der Arbeitskreis Individu-   lationen (kaukasisch, mittleres Alter etc.) nicht ausreicht,
al- und Diversitätsmedizin der DGHO einen Beitrag leisten.“     und damit auch die Intention, hier intensiviert Forschung zu
                                                                betreiben. Eine wichtige Forderung des Arbeitskreises DIM
Was können wir aus der Pandemie lernen?                         der DGHO ist daher die Analyse bestehender Daten zur Auf-
„Angesichts aktueller Zahlen, die auf einen möglichen Rück-     deckung bisher nicht erkannter Einflüsse diverser Subgrup-
gang neu diagnostizierter Krebserkrankungen seit Beginn der     pen, die Entwicklung adäquater Untersuchungsmethoden
COVID-19-Pandemie hinweisen, ist es notwendig, potenziel-       und die Definition einheitlicher Qualitätsanforderungen für
le Versorgungsdefizite in den Fokus zu rücken“, so die Forde-   entsprechende Studien.
rung von Hedy Kerek-Bodden, Vorsitzende Haus der Krebs-
Selbsthilfe – Bundesverband e.V. Hinzukommen seitens der        Klinische Studien: Das Thema der
Patient*innen sozioökonomische und individuelle Faktoren,       diesjährigen DGHO-Frühjahrstagung
die einen optimalen Krankheitsverlauf negativ beeinflussen      Im Zentrum der diesjährigen virtuellen Frühjahrstagung der
können, und die in der Bundesrepublik Deutschland bisher zu     DGHO (16. Februar, 9. und 30. März 2022) steht der Austausch
wenig untersucht sind. Das Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bun-    über die Herausforderungen, die mit der Konzeption, Durch-
desverband e. V. unterstützt daher die angelaufene Studie zu    führung und Interpretation klinischer Studien einhergehen.
Krebs und Armut des OECI (Organisation of European Can-         Die virtuelle Frühjahrstagung bietet somit ein ideales Fo-
cer Institutes). Auch in diesem Sinne ist das Motto des Welt-   rum, um Aspekte der Diversitäts- und Individualmedizin in
krebstages 2022 ‚Close the care gap‘ – also Versorgungslücken   der Hämatologie und Onkologie zu adressieren. PD Dr. med.
schließen – zu interpretieren.                                  Annamaria Brioli vom Universitätsklinikum Greifswald und
Die aktuelle SARS-CoV-2-Pandemie hat den Einfluss bei-          Gründungsmitglied des Arbeitskreises DIM präzisiert zu dem
spielsweise ethnischer und sozioökonomischer Faktoren auf       Thema klinische Studien und Versorgungslücken: „Wenn
die Ausprägung von Infektionserkrankungen unterstrichen,        wir die Themen des Weltkrebstages 2022 bis 2024 konkret
und zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen konnten         denken, heißt das zunächst, ein Bewusstsein für bestehende
den signifikanten Einfluss von Geschlecht, sozioökonomi-        Versorgungslücken zu schaffen. Im weiteren Schritt (‚uniting
schen und ethnischen Faktoren auf das SARS-CoV-2-Infek-         our voices and taking action‘) bedeutet es, dass auch Wissen-
tionsrisiko und die COVID-19-Erkrankungsschwere in multi-       schaftlerinnen und Wissenschaftler aufgerufen sind, margi-
plen Bevölkerungsgruppen zeigen. Insbesondere äußert sich       nalisierte Personengruppen in klinische Studien zu integ-
dies in einem ungünstigeren Verlauf bei Erkrankten männ-        rieren und klinische Forschung damit so zu gestalten, dass
lichen Geschlechts sowie bei Menschen mit einem geringen        sie für alle Bevölkerungsgruppen offen ist. Schließlich meint
sozioökonomischen Status. Übertragen auf Krebserkrankun-        ‚together, we challenge those in power‘, dass alle Menschen
gen liegen Daten aus Deutschland vor, die einen Zusam-          mit Krebs sowohl in Forschung als auch in der Versorgung
menhang zwischen sozioökonomischer Benachteiligung und          bestmöglich berücksichtigt werden.“
der Entwicklung von Krebserkrankungen zeigen. „Um diese
Determinanten besser zu verstehen und moderne Diagnos-          Krebserkrankungen nehmen kontinuierlich zu
tik, innovative Therapien und umfassende unterstützende         Die Prävalenz von Krebserkrankungen nimmt kontinuierlich
Angebote an die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen       zu. Dies wird vor allem durch die demografische Entwicklung
anzupassen, sind weitere Untersuchungen dringend erfor-         und die damit einhergehende steigende Lebenserwartung
derlich“, betont Einsele.                                       der Bevölkerung mit höherer Wahrscheinlichkeit an Krebs
                                                                zu erkranken erklärt. Auch ein verstärktes Screening sowie
Klinische Studien: Essenziell für den                           verbesserte Diagnosemethoden tragen dazu bei, Krebser-
medizinischen Fortschritt                                       krankungen frühzeitiger zu erkennen. „Nicht zuletzt haben
Um den Einfluss von Diversitätsaspekten systematisch zu         sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aber vor
evaluieren, sind klinische Studien unabdingbar. In Studien      allem auch die Überlebenswahrscheinlichkeiten im Falle von
zur Arzneimittelzulassung werden zum Teil unter dem Ober-       Krebserkrankungen verbessert, wodurch sich die Zahl der
begriff ‚spezielle Populationen‘ bereits bestimmte Gruppen      Patientinnen und Patienten weiter erhöht“, betont Hoch-

                                                                                           DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2022   13
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