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Klimawandel im Wald: Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten Dr. Peter Brang, Eidg. Forschungsanstalt WSL Leiter des Forschungsprogramms Wald und Klimawandel (2009-2018) Jahrestagung, Bioterra, ZHAW Wädenswil, 22. Oktober 2021
Entwicklung der Jahresmitteltemperaturen 1864-2020 in der Schweiz (Messstationen: BAS, BER, CHD, CHM, DAV, ENG, GVE, LUG, SAE, SIA, SIO, SMA) Abweichung vom Mittelwert 1961-1990 (°C) Jahre über dem Mittelwert 1961-1990 Jahre unter dem Mittelwert 1961-1990 20jähriges gewichtetes Mittel (Gauss Tiefpassfilter) Quelle: https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/klima/klimawandel-schweiz/temperatur-und-niederschlagsentwicklung.html (19.2.19) 3
Der Klimawandel ist aussergewöhnlich Globale Temperaturabweichung gegenüber Referenzperiode 1961-1990 Temperaturabweichung [°C] Quelle: http://www.scilogs.de/ klimalounge/palaeoklima- das-ganze-holozaen/ 4
Szenarien der saisonalen Erwärmung in der Schweiz Sommer Winter Temperaturabweichung von der Temperaturabweichung von der Referenzperiode 1981-2010 Referenzperiode 1981-2010 Szenario Globaler Treibhausgasausstoss «Mässig» «Stark» Abweichung [°C] Abweichung [°C] www.ch2018.ch/fr (12.9.2021) 5
Auswirkungen auf die Wälder • Abnehmende Klimaeignung der heute standörtlich geeigneten Baumarten • Langsame (verzögerte) Wanderung der Baumarten • Vermehrte und stärkere Störungsereignisse – Trockenperioden – Waldbrand – Schädlinge – Sturm, Schnee ? • Absterbephänomene wahrscheinlich, aber je nach Baumart, Alter, Vitalität, Standort unterschiedlich (mosaikartig) • Keine Gefährdung des Waldes, Lusen, Bayerischer Wald aber von Waldleistungen 6
Gandberg GL: Totholzfläche infolge Borkenkäferbefall Waldleistungen gefährdet Weisstanne 2019: Zwangsnutzung SH 10
Die Umwandlung von Fichten- in Laubbaumbestände ist im Gang Fichtenbestand, ca. 100jährig Fichtenbestand, Pflanzung vor ca. 30 Jahren Laubbaumbestand, Naturverjüngung vor ca. 20 Jahren 11
Föhre Tanne Bäume sind Migranten! Kastanie Pollendiagramm Lago d’Origlio (TI), bei Lugano von vor 15’000 Jahren bis heute Quelle: Tinner et al. 1999 Journal of Ecology 87: 273-289 12
Habitateignung - Buche Klima 1950-2000 Klima 2021-2050 Klima 2051-2080 mit hoher Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit für geeignetes Situation unklar geeignetes Habitat Habitat gering Zimmermann et al., WSL, http://www.wsl.ch/lud/portree/ 13
Habitateignung - Traubeneiche Klima 1950-2000 Klima 2021-2050 Klima 2051-2080 mit hoher Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit für geeignetes Situation unklar geeignetes Habitat Habitat gering Zimmermann et al. http://www.wsl.ch/lud/portree/ 14
Habitateignung - Fichte Klima 1950-2000 Klima 2021-2050 Klima 2051-2080 mit hoher Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit für geeignetes Situation unklar geeignetes Habitat Habitat gering Zimmermann et al. http://www.wsl.ch/lud/portree/ 15
Wahrscheinliches Verhalten der Baumarten • Baumarten in Schwierigkeiten: Fichte, Buche • Gewinner: Traubeneiche, Linden, Spitzahorn, Kirschbaum, Nussbaum, Föhre, Douglasie, wahrscheinlich Tanne etc. • Aber: keine allgemeinen Rezepte für oder gegen eine Baumart – es kommt auf den Waldstandort an (Boden, Niederschlag etc.)! 16
Baumart: Schlüssel zur Anpassung • Junge Bäume erbringen nach 50-100 Jahren Waldleistungen … • … wenn sie das heutige und das zukünftige Klima ertragen • Baumarten haben unterschiedliche Klimaansprüche • Wahl standortgerechter Baumarten schon bisher im Waldbau die Regel – ist nun für die Anpassung an den Klimawandel entscheidend Fachgrundlagen für Baumartenwahl angepasst 17
Grundidee für Beurteilung der Standortseignung: Orientierung an «analogen» Waldstandorten • Wo ist es heute schon so warm und trocken, wie es hier in Zukunft sein wird? • Baumartenempfehlung für diese zukünftigen Standorte berücksichtigen • Grundlagen entwickelt, um an jedem Punkt im Schweizer Wald den analogen Waldstandort zu finden, für 2 Klimazukünfte • Webapp: www.tree-app.ch Fichten-Tannenwald Föhrenwald
www.tree-app.ch 19
Tannen-Fichtenwald 1400 m ü.M. hochmontan Tannen-Buchenwald 3-4 °C Erwärmung obermontan ≈ 500-700 m Buchenwald 900 m ü.M. untermontan
Vegetationshöhenstufen in der Schweiz Losey et al. 2020, p. 20 https://doi.org/10.3929/ethz-b-000468765 21
Modellierte Höhenstufen Klimawandel «mässig» / +3.1 °C, -2% N inkl. Buchenareal und colline Stufe 2070 - 2099 Klimawandel «stark» / +4.3 °C, -19% N Heute 2070 - 2099 Quelle: Huber & Frehner 2019
Anpassung der Waldbewirtschaftung • Weniger geplante Eingriffe, mehr Störungsbewältigung • Kein Eingriff ohne Klimawandel im Hinterkopf • In vielen Wäldern Anpassung der Baumarten nötig, um Unterbrüche bei Waldleistungen möglichst zu vermeiden den Baumartenwandel zulassen (Naturverjüngung) oder fördern (Jungwaldpflege, Pflanzung) • Meist «sanfte Transformation», selten «radikale Umgestaltung» • Einfluss von Hirsch und Reh auf Waldverjüngung (noch) problematischer 23
Förderung der Baumartenvielfalt: Zukunftsfähige Baumarten in Mischbestände integrieren • Erhalten/fördern, wenn natürlich verjüngt (mehrheitlich der Fall) • Pflanzungen wo zukunftsfähige Baumarten fehlen, auch um Samenbäume zu etablieren Eiche, Malbun (FL), 1360 m ü.M. Waldtest Jura 24
Vorsichtige Offenheit gegenüber gebietsfremden Baumarten • Risikostreuung (erhöhte Baumartenvielfalt): – Mischwälder gegen ökologische Störungen (u.a. Sturm, Schädlinge) resistenter – Eine zusätzliche Baumart in einem Bestand grundsätzlich vorteilhaft • Teilersatz der gefährdeten Fichte, die im Wirtschafts- und Schutzwald wichtig ist • Risiken beachten (Invasivität, Einschleppung von Schädlingen, Habitatverlust) • Erweiterung des Handlungsspielraums: Beteiligung in Mischwäldern 25
Anpassung an den Klimawandel in jeder Entwicklungsstufe Baumartenvielfalt Genetische Vielfalt Störungsresistenz Einzelbaum Strukturvielfalt Umtriebszeiten bzw. Zieldurchmesser Schlüsselsituationen nutzen Zeichnung: A. B. Nielsen Zeit [Jahre] submontan 0 20 40 60 100 Jungwuchs/ Stangen- Schwaches Starkes Altholz Dickung holz Baumholz Baumholz 26
Fazit • Es ist mit Baumsterben infolge extremer Hitze und Trockenheit und mit biotischen Folgeschäden zu rechnen • Fichte gefährdet, fast alle Waldstandorte werden für Laubbäume geeignet • Vielfältige Baumartenzusammensetzung = Schlüssel zur Anpassung und zur Sicherstellung von Waldleistungen 27
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