Kohlenstoff kann Klimaschutz - Carbon Management Strategie Nordrhein-Westfalen Handout - WIRTSCHAFT.NRW

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Kohlenstoff kann Klimaschutz
Carbon Management Strategie Nordrhein-Westfalen

Handout

                                       www.wirtschaft.nrw
02                                                   Carbon Management Strategie NRW

6             02–07

      c
     Carbon
              Zusammenfassung

              P   Das Erreichen der Klimaschutzziele
                  bei gleichzeitigem Erhalt von Wohl-
                  stand und Wettbewerbsfähigkeit in
                  einer Industriegesellschaft erfor-
                  dert eine umfassende Transforma-
                  tion industrieller Prozesse. Ebenso
                  ist dafür ein verändertes Wirtschaf-
                  ten mit Energie, Rohstoffen und
                  CO2 vonnöten.
Zusammenfassung                                                                                                03

Mit der Carbon Management Strategie NRW verfolgt das       grund stehen dabei die Abkehr von der weiteren Ausbeu-
Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung    tung fossiler Kohlenstoffquellen und der wirtschaftliche
und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE)         Umgang mit nachhaltigen alternativen Kohlenstoffquel-
das Ziel, die Transformation in eine Low Carbon Industry   len. Dadurch werden gleichermaßen die CO2 -Emissionen
in Nordrhein-Westfalen zu beschleunigen, um die Klima­     in Nordrhein-Westfalen gesenkt, die Versorgung der nord-
schutzziele zu erreichen und den Industriestandort         rhein-westfälischen Industrie mit Rohstoffen gesichert
Nordrhein-Westfalen zu stärken. Es werden Ansätze und      und Wettbewerbsvorteile durch eine frühzeitige Einfüh-
Leitplanken zum nachhaltigen Umgang mit Kohlenstoff        rung innovativer Prozesstechnologien geschaffen, die mit
in Nordrhein-Westfalen vorgestellt und Maßnahmen ent-      neuen Chancen für Unternehmen verknüpft sind – zum
wickelt, die eine zukunftsfähige Kohlenstoffwirtschaft     Beispiel für die starke Basis der Anlagenbauer in Nord-
in unserem Bundesland unterstützen sollen. Im Vorder-      rhein-Westfalen.

Fossiler Kohlenstoff
ist derzeit noch das ­Rückgrat unserer Industrie.

 Es bestehen n ­ eben der Dekarbonisierung, also dem ­vollständigen Verzicht auf Kohlen-
 stoff, drei Ansätze, um den Umgang mit ­Kohlenstoff ­klimaneutral zu gestalten:

                                     J Defossilisierung
                                          (Ersatz von fossilem Kohlenstoff durch Biomasse)

                                     J Nutzung von Sekundärrohstoffen
                                          ­(Recycling)

                                     J Carbon Capture and X
                                          (CO2-Abscheidung, -Transport, -Nutzung und -Speicherung)
04                                                                                       Carbon Management Strategie NRW

Kohlenstoff hat vielfältige Einsatzfelder und -zwecke in    Wertschöpfungspfade beleuchtet. Alternative Wert-
der Industrie. Somit gibt es auch keine pauschale Lösung    schöpfungspfade, also solche, die nicht auf fossilen Roh-
für die Transformation. Vielmehr muss branchenspezi-        stoffen und konventionellen Technologien oder Prozessen
fisch nach Möglichkeiten gesucht werden, um die Nut-        basieren, weisen in Abhängigkeit von Kohlenstoffquelle
zung von und den Verzicht auf Kohlenstoff nachhaltig        und Anwendungsfall deutliche Unterschiede auf. Bei de-
zu gestalten. Aus diesem Grund werden in der Carbon         ren Betrachtung steht insbesondere ihre Nachhaltigkeit
Management Strategie NRW auch verschiedene, auf             im Fokus, die nicht allein anhand der Kohlenstoffquelle
alternativen Kohlenstoffquellen basierende industrielle     bestimmt werden kann.

Die für die Beurteilung der N
                            ­ achhaltigkeit
­heranzuziehenden ­Kriterien sind umfassender:

                             J CO - und Energiebilanz des Wertschöpfungspfades
                                      2

                             J Stofflicher Bedarf an Wasserstoff im Zuge der
                                  ­Umwandlung und Produktherstellung

                             J Qualität, Schädlichkeit und Marktpotenzial des
                                  ­resultierenden Produktes

Zwei Branchen stehen bei der Transformation in eine         zur A
                                                                ­ bscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2
Low Carbon Industry besonders im Fokus. Zum einen die       hier auch langfristig von Bedeutung sein.
chemische Industrie, die zwar auf Kohlenstoff angewie-
sen ist, jedoch aufgrund des CO2 -Verwertungspotenzials     Nordrhein-Westfalen wird im Rahmen des Carbon
eine Branche sein könnte, die sich von einer CO 2 -Quelle   ­Managements Aktivitäten in vier Handlungsfeldern
in Zukunft zu einer CO2 -Senke wandelt. Zum anderen die      aufnehmen, um die Transformation in eine Low Carbon
Zementindustrie, in der die CO2 -Entstehung im Zuge der      Industry – auf Basis der oben genannten Ansätze zum
kalkbasierten Klinkerherstellung auch zukünftig nicht        Verzicht auf beziehungsweise klimaneutralen Umgang
vermieden werden kann. Deshalb wird die Möglichkeit          mit Kohlenstoff – weiter zu beschleunigen.
Zusammenfassung                                                                                                        05

 Abbildung 1: Ansätze und Handlungsfelder zur Transformation
 in eine Low Carbon Industry in Nordrhein-Westfalen

                                           HANDLUNGSFELD IV
                                                Gesellschaftlicher Diskurs

                                           HANDLUNGSFELD II
                                           Nachhaltige Kohlenstoffnutzung
    HANDLUNGSFELD I                                                                   HANDLUNGSFELD III
    Reduzierung der Kohlenstoffintensität                                              CO2-Management

                                            Defossilisierung                          Carbon Capture and X

      Dekarbonisierung                      (Ersatz von fossilem                      (CO2 -Abscheidung, -Transport,
                                            Kohlenstoff durch Biomasse)               -Nutzung und -Speicherung)
      (Verzicht auf Kohlenstoff)

                                                 Nutzung von Sekundärrohstoffen (Recycling)

          Verzicht auf Kohlenstoff                                Klimaneutraler Umgang mit Kohlenstoff

Handlungsfeld I:                                               regulatorische und organisatorische Gegebenheiten,
Reduzierung der Kohlenstoffintensität                          die die nachhaltige Kohlenstoffnutzung derzeit ebenso
in der nordrhein-westfälischen Industrie                       hemmen wie bilanzielle, werden wir kurzfristig angehen,
Wir möchten die Verringerung der Kohlenstoffintensität          um die schnelle Transformation in eine zukunftsfähige,
in der Industrie ermöglichen und die Umwandlung von            zirkuläre Kohlenstoffwirtschaft in Nordrhein-Westfalen
einer High Carbon Industry in eine Low Carbon Industry         zu ermöglichen.
beschleunigen. Der vollständige Verzicht auf Kohlenstoff
ist längerfristig in solchen Bereichen erforderlich, die       Handlungsfeld III: CO2 -Management
einer Dekarbonisierung grundsätzlich zugänglich sind.          Wir werden uns dafür einsetzen, dass geeignete Optionen
Seitens der Landesregierung unterstützte Entwicklun-           zur Abscheidung, zum Transport, zur Nutzung und zur
gen, wie der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, der           Speicherung von Kohlenstoffdioxid nutzbar werden. Diese
Ausbau von Wind- und Solarenergie, der Ausbau von              müssen ergebnisoffen und zügig geprüft werden, um
Energieinfrastrukturen wie Netzen und Speichern sowie          deren zeitnahe und langfristige Beiträge zur Emissionsre-
die Förderung kohlenstofffreier Prozesse und Techno-           duktion zu ermöglichen, ohne die unsere Klimaschutzziele
logien, begleiten die Dekarbonisierungsanstrengungen           nicht zu erreichen sind. Dafür, dass die rechtlichen Rah-
der Industrie.                                                 menbedingungen geschaffen werden, werden wir uns auf
                                                               Bundesebene einsetzen. Zeitgleich werden wir die CO2 -In-
Handlungsfeld II:                                              frastrukturplanung in Nordrhein-Westfalen vorantreiben.
Nachhaltige Kohlenstoffnutzung in
Nordrhein-Westfalen                                            Handlungsfeld IV: Gesellschaftlicher Diskurs
Wir wollen einen nachhaltigen Umgang mit Kohlenstoff in        Wir wollen die Einbeziehung der Gesellschaft in Nordrhein-
Nordrhein-Westfalen etablieren. Dazu zählt der adäquate        Westfalen durch frühzeitige Einbindung, transparente
Umgang mit Biomasse ebenso wie der gezielte Ausbau             Informationen und nachvollziehbare, einvernehmlich
der sekundären Rohstoffbasis und die (Weiter-)Entwick-         gestaltbare Prozesse auf eine neue Ebene heben. Die skiz-
lung von Carbon-Capture-and-Usage-Anwendungen.                 zierte Transformation der Industrie geht sicherlich mit um-
Die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaften            fassenden Veränderungen einher, die auch der Akzeptanz
mit Kohlenstoff ist eine technologieoffene Abwägung            in der Gesellschaft bedürfen. Gerade deshalb wollen wir
der verschiedenen alternativen Wertschöpfungspfade –           die Zukunft unseres Bundeslandes mit den Bürgerinnen
sowohl im Vergleich zu dem jeweiligen konventionel-            und Bürgern gemeinsam und auf Augenhöhe gestalten.
len Prozess als auch untereinander. Ökonomische,
06

 Abbildung 2: Carbon Management Plan NRW
Carbon Management Strategie NRW

                                                      2021               2022                 2023
Niederlande

                                                     M1
                                                     Gezielte Entwicklung kohlenstofffreier
                                                     Technologien und Prozesse in NRW

                                                     M2
                                                     Beschleunigter Hochlauf der
                                                     Wasserstoffwirtschaft in NRW

                                                     M3
                                                     Ausbau der Versorgung NRWs
                                                     mit erneuerbaren Energien

                                                     M1
                                                     Nachhaltige Nutzung bio-
                                                     logischer Ressourcen in NRW

                                                                       F1
                                                                       Ambitioniertere Anpassung des rechtlichen

                      HANDLUNGSFELD I
                                                                       Rahmens zum CO2-Handling in Deutschland

                      J Reduzierung der                                M1
                             Kohlenstoffintensität                     CO2-Transportinfrastruktur für NRW

                                                                       M2
                                                                       Nationale und internationale
                                                                       CCX-Kooperationen mit NRW
                      HANDLUNGSFELD II
                      J Nachhaltige                                    F2
                                                                       Adäquate Förderlandschaft
                             Kohlenstoffnutzung                        für eine Low Carbon Industry

                                                                       F1
                                                                       Level Playing Field und
                                                                       Carbon-Leakage-Schutz

                      HANDLUNGSFELD III                                                   M3
                      J CO -Management
                                  2                                                       Förderwettbewerb
                                                                                          „CCU-Modellregionen in NRW“

                                                                       M2
                                                                       Carbon Monitoring in NRW
                      HANDLUNGSFELD IV
                      J Gesellschaftlicher Diskurs                                        M3
                                                                                          Benchmark nachhaltiger Wert-
                                                                                          schöpfungspfade mit Fokus auf NRW

                        Maßnahme      Forderung
07

                                                     Niedersachsen

 2024              2025   2026       2027   2028   2029    2030       2045

M1
Carbon Education
in NRW

F1
Sustainable
Carbon Label

F3
Ausbau der sekundären
Rohstoffbasis

                            Hessen
08                                                 Carbon Management Strategie NRW

6             08–13

      c
     Carbon
              Vorreiter beim Carbon
              Management: Projekte in
              Nordrhein-Westfalen

              P   Angesichts der langen Innovations- und
                  Investitionszyklen in den Grundstoffindus-
                  trien, des aktuell hohen Reinvestitionsbe-
                  darfs in den für das Carbon Management
                  besonders relevanten Branchen und nicht
                  zuletzt aufgrund des Zeitdrucks beim
                  Klimaschutz darf in der Erprobung und
                  Umsetzung von klimafreundlichen und
                  klimaneutralen Technologien und Verfahren
                  keine Zeit mehr verloren werden.
Vorreiter beim Carbon Management: Projekte in Nordrhein-Westfalen                                                         09

Bereits heute arbeitet die nordrhein-westfälische Indus-
trie daran, diese (verfahrens-)technischen Innovationen
zur Transformation in eine Low Carbon Industry zu ent-
wickeln und anwendungsreif zu machen.

Gute Beispiele für Projekte in Nordrhein-Westfalen, die
die Transformation ermöglichen und aktiv gestalten,
finden sich in allen relevanten Industriebranchen. Die
Landesregierung unterstützt die Vorhaben unter ande-
rem durch beziehungsweise bei Projektförderungen auf
Landes-, Bundes- und/oder europäischer Ebene, durch
die Landesinitiative IN4climate.NRW, durch die Gestal-
tung von und den Einsatz für entsprechende Rahmen-
bedingungen mithilfe geeigneter Entfesselungsaktivitäten
zum Abbau bürokratischer Hürden.

Chemieindustrie
Cardyon®                                                            Rhecticus
Covestro aus Leverkusen zeigt mit einem innovativen                 Die im Projekt von Evonik und Siemens entwickelte Ver-
Verfahren („Dream Production“), bei dem ein neuer Kata-             suchsanlage am Standort Marl zeigt, wie die Umstellung
lysator zum Einsatz kommt, um die Reaktion des CO2 mit              von fossilem Erdöl auf nachhaltige Alternativen gelingen
Propylenoxid zu bestimmten Kunststoffbausteinen zu for-             kann, indem CO 2 im Sinne des CCU-Ansatzes zum Aus-
cieren, wie das klimaschädliche Treibhausgas zum wert-              gangsstoff wird. In einem zweistufigen Prozess (Syn-
vollen Grundstoff für alltägliche Produkte werden kann.             thesegasherstellung mit anschließender Fermentation)
Die entstehende neue Art von Polyolen wird unter ande-              wandelt die Anlage das Gas mit Wasser und Strom zu
rem zur Produktion von Polyurethan-Schaumstoff und zur              Spezialchemikalien um und zeigt innovative Anwendungs-
Herstellung von Bindemitteln für Sportböden eingesetzt.             möglichkeiten im Bereich Power-to-X auf.
Weitere mögliche Einsatzbereiche sind die Verwendung in
elastischen Textilfasern, Autositzen oder Dämmstoffen.
                                                                    Bio-FML
Carbon2Chem®                                                        In diesem Projekt soll ein vollständig recycelbares und
                                                                    teilweise biologisch abbaubares Faser-Metall-Laminat
In einem Forschungslabor in Oberhausen und einem                    entwickelt werden, in dem ein Biokunststoff in Sandwich-
Technikumsbetrieb am Stahlwerkstandort in Duisburg                  bauweise von metallischen Decklagen ummantelt und mit
erproben 17 Projektpartner, einschließlich thyssenkrupp,            Naturfasern mechanisch verstärkt wird. Die Entwicklung
die stoffliche Verwertung von Hüttengasen, welche unter             eines effizienten Produktionssystems soll außerdem
anderem Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoffdioxid               sicherstellen, dass der ökologische Hybridwerkstoff in Se-
enthalten und bislang thermisch genutzt werden. Ziel ist            rie hergestellt werden kann. Das Vorhaben wird bis 2022
die Herstellung von Ammoniak und Methanol, wobei die                von den Projektpartnern Fraunhofer-Institut für Produk-
besondere Herausforderung in der Reinigung und Auftren-             tionstechnologie IPT, RWTH Aachen, DIRKRA Sonderma-
nung der komplex zusammengesetzten Hüttengase liegt.                schinenbau GmbH & Co. KG und Delcotex Delius Techtex
In der zweiten Förderphase werden neben Hüttengasen                 GmbH & Co. KG umgesetzt.
auch andere Punktquellen (zum Beispiel aus der Kalk-
industrie) als mögliche Kohlenstofflieferanten untersucht.
10                                                                                           Carbon Management Strategie NRW

Shell Energy and Chemicals                                    CCU-Machbarkeitsstudie für
Park Rheinland                                                Nordrhein-Westfalen
Weniger fossile Kraftstoffproduktion, mehr Einsatz            In einer aktuellen Studie – durchgeführt von Uniper
­regenerativer Eingangsstoffe, klarer Fokus auf zukunfts-     und dem DLR – wird das CCU-Potenzial in Nordrhein-
 orientierte Energielösungen und Spezialchemieproduk-         Westfalen bewertet. Dabei wird nicht nur betrachtet,
 te – mit Bio- und Recycling-Komponenten, Ökostrom            inwiefern CO2 als alternative Kohlenstoffquelle genutzt
 und grünem Wasserstoff wird eine substanzielle und           werden kann, um die Treibhausgasemissionen zu senken,
 richtungsweisende Veränderung des heutigen Produkt-          sondern auch, wie die lokale Industrie erhalten und neue
 outputs angestrebt. Neben der technologischen Trans-         Wertschöpfungspotenziale auf der Grundlage nachhal-
 formation richtet Shell einen Transformationsdialog mit      tiger Technologien in Nordrhein-Westfalen geschaffen
 der Landesinitiative IN4climate.NRW sowie einen Beirat       werden können. Die Bewertung erfolgte anhand techni-
 mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Industrie und       scher, ökologischer und wirtschaftlicher Kriterien sowie
 Wissenschaft ein, um den Prozess ganzheitlich anzuge-        der lokalen Infrastruktur und des Roll-out-Potenzials.
 hen und zu beschleunigen.

                                                              NRW.Zirkulär
Chemzero
                                                              Die bisherigen gemeinsamen Arbeiten der Projekt-
BP und SABIC planen am Raffineriestandort Gelsenkir-          partner (Wuppertal Institut, carbon minds, Fraunhofer
chen ein System für zertifizierte zirkuläre Kunststoffe.      UMSICHT) im Rahmen einer AG Circular Economy von
Hierfür werden gemischte und gebrauchte Kunststoffe zu        IN4climate.NRW haben gezeigt, dass chemisches Recy-
Pyrolyseöl umgewandelt, das in der Raffinerie zu Propy-       cling von Kunststoffabfällen eine wichtige Rolle in einer
len und Ethylen weiterverarbeitet wird, welche wiederum       Kreislaufwirtschaft einnehmen kann. Als nächster Schritt
als Ausgangsstoffe für die Herstellung von Kunststoffen       hin zu einer zirkulären Kunststoffwirtschaft ist eine weite-
dienen. Mit diesem Ansatz des chemischen Recyclings           re Untersuchung und Erschließung von Pyrolyseverfahren
lässt sich der Einsatz fossiler Grundstoffe in den petro-     als Verwertungsroute für Kunststoffabfälle notwendig.
chemischen Anlagen am Standort reduzieren. Anders als         Konkreter Bedarf besteht speziell für eine präzisierende
beim mechanischen Recycling ist das Produkt am Ende           Machbarkeitsstudie zum chemischen Recycling, basie-
qualitativ nicht von konventionell hergestellten Kunststof-   rend auf der Pyrolyse von gemischten Kunststoffabfällen.
fen zu unterscheiden.                                         Übergeordnetes Ziel soll dabei die Machbarkeit für eine
                                                              strategische Umsetzung einer Demonstrationsanlage
                                                              zum thermochemischen Recycling von gemischten
                                                              Kunststoffabfällen in Nordrhein-Westfalen als Beitrag
                                                              zum ökologischen Strukturwandel des Landes sein.

       BP und SABIC planen am Raffinerie­
       standort Gelsenkirchen ein System für
       zertifizierte zirkuläre Kunststoffe.
Vorreiter beim Carbon Management: Projekte in Nordrhein-Westfalen                                                         11

Zementindustrie
UpZement                                                            C²inCO2
Mineralische Bauabfälle werden heute nur minderwer-                  Bei der Betonherstellung entsteht durch den Einsatz von
tig wiedergenutzt. Im Vorhaben UpZement wollen die                   Kalkstein als Rohstoff für die Zementklinker prozess-
Projektpartner (Institut für Materialwissenschaft der                bedingtes CO 2 . Während der Nutzungs- und Recycling-
Universität Duisburg-Essen, Dr. Spoo Umwelt-Consulting,             phase von Beton werden bis zu 30 Prozent der prozess-
TU Bergakademie Freiberg und SmartCrusher bv) daher                 bedingten CO 2 -Mengen auf natürliche Weise gebunden,
untersuchen, wie eine hochwertigere Wiederverwendung                indem diese mit dem gebrannten Kalk wieder zu Kalkstein
durch die Trennung und Aufbereitung des hydratisierten              reagieren. In dem Projekt wird neben weiteren Projekt-
Zementsteins von der Gesteinskörnung zur Herstellung                partnern unter Beteiligung der thyssenkrupp Industrial
von neuem reaktivem Zement realisiert werden kann.                  Solutions AG und der RWTH Aachen eine Recycling-
Durch den anteiligen oder vollständigen Ersatz des                  technologie entwickelt, die eine saubere Trennung des
Zements durch diesen reaktivierten Zementstein könn-                ­Zementsteins von Sand und Kies ermöglicht, womit
ten die CO2 -Emissionen erheblich reduziert werden. Um               dieser effizient für eine Karbonatisierung genutzt werden
neben den technischen auch die logistischen Hürden zu                kann. So lässt sich das verbleibende Potenzial zur CO 2 -
adressieren, soll zudem die Entwicklung eines mobilen                Einbindung im Zement erschließen.
„Beton-Upcycling-Containers“, welcher auf jeder Baustelle
eingesetzt werden kann, erfolgen.

SaveCO2
In der Stahlproduktion ändert sich durch die Umstellung
der kohlebasierten Hochofen-Konverter-Route hin zur kli-
mafreundlicheren Direktreduktion die Zusammensetzung
der anfallenden Eisenhüttenschlacken. Diese Schlacken
werden bisher in der Zement- und Baustoffindustrie
eingesetzt und ersetzen hier einen Teil des benötigten
­Primärmaterials. Das Fraunhofer UMSICHT arbeitet in
 diesem Projekt mit vier Partnern beider Industrien daran,
 die neuen Schlacken weiterzuentwickeln, um auch in
 Zukunft CO2 -Emissionen zu verringern, Ressourcen zu
schonen und Synergien zwischen Stahl- und Zement-
industrie zu erhalten.
12                                                                                          Carbon Management Strategie NRW

Metallindustrie
Inerte Anode                                                  Loop
Bei der Aluminiumherstellung werden Kohlenstoff-­Anoden       Für die Produktion von Sekundäraluminium, also
eingesetzt, deren Kohlenstoff während der E­ lektrolyse mit   recyceltem Aluminium, wird im Vergleich zur primären
dem Rohstoff Aluminiumoxid zu CO2 reagiert. Der ­Einsatz      Herstellung von Aluminium lediglich circa 5 Prozent der
von Nicht-Kohlenstoff-Anoden, s ­ ogenannten inerten          Energie benötigt. Durch den Einsatz innovativer Sortier-,
Anoden, hat das Potenzial, sowohl die prozessbedingten        Schmelz- und Gießtechnologie wollen die Projektpartner
CO2 - als auch die FKW-Mengen bei der Aluminiumproduk-        unter der Konsortialführung von Speira die Kapazität der
tion zu vermeiden. Dabei können ca. 1,2 Tonnen CO2 pro        Sekundäraluminiumherstellung deutlich erhöhen und so-
Tonne Aluminium eingespart werden. TRIMET Aluminium           mit die Kreislaufwirtschaft im Rheinischen Revier weiter
SE arbeitet im Zuge dieses Projektes daran, die Techno-       etablieren.
logie vom Labormaßstab bis zur Demonstration in einer
Betriebsumgebung weiterzuentwickeln.
                                                              REDERS
Wasserstoff im Hochofen                                       Durch den Einsatz von Recyclingmaterial im Hochofen
                                                              und Steigerung des Recyclinganteils im Konverterprozess
Die Produktion von Stahl beginnt mit der Produktion von       lassen sich der Einsatz von Einblaskohle und der Koks-
Roheisen. Das wird heutzutage in der Regel in Hochöfen        verbrauch und somit die CO 2 -Entstehung reduzieren.
unter Einsatz von Koks und Einblaskohle aus Eisenerz          Voraussetzung ist, dass das Recyclingmaterial qualitativ
hergestellt. Auf Basis dieses Produktionsprozesses ist        hochwertig ist. In diesem Projekt von thyssenkrupp Steel,
die Stahlindustrie bislang ein bedeutender Emittent von       TSR Recycling GmbH & Co. KG, Hüttenwerke Krupp Man-
Treibhausgasen. Um eine Senkung der CO2 -Emissionen           nesmann und dem VDEh-Betriebsforschungsinstitut soll
zu erreichen, muss das Verfahren umgestaltet werden –         eine neue Aufbereitungstechnik entwickelt werden, mit-
zum Beispiel mithilfe alternativer Reduktionsmittel. So       hilfe dieser aus Konsumentenschrotten ein neuartiges,
setzt thyssenkrupp Steel auf den Einsatz von Wasserstoff      zertifiziertes Produkt hergestellt werden kann. Dieses
im Hochofen. Dieser reagiert dann anstelle von Koks und       hochwertige schrottbasierte Recyclingmaterial soll im
Kohlenstaub mit dem Sauerstoff im Eisenerz – statt CO2        Hochofen eingesetzt werden und mit einem höheren Anteil
entsteht dabei Wasserdampf. Eine Senkung der CO2 -            als bisher dem Konverterprozess zugeführt werden. Die
Emissionen von bis zu 20 Prozent ist so möglich.              beiden Prozesse sind dementsprechend anzupassen.
                                                              Eine Senkung der CO2 -Emissionen von bis zu 1 Tonne im
                                                              Hochofen beziehungsweise 1,7 Tonne im Konverter pro
                                                              Tonne Recyclingmaterial ist möglich.

       TRIMET arbeitet an dem Einsatz einer
       ­inerten Anode zur vollständig kohlenstoff-
        freien Aluminiumherstellung.
Vorreiter beim Carbon Management: Projekte in Nordrhein-Westfalen                                                         13

                                                                    CO2 -Neutralität erreichen und so regional und internatio-
Glasindustrie                                                       nal eine Vorreiterrolle einnehmen. Um die CO 2 -Emissio-
                                                                    nen der Flachglasherstellung im Floatprozess zu senken,
                                                                    soll der Prozesswärmebedarf künftig durch Strom und
Klimaneutraler Standort                                             Wasserstoff gedeckt werden. Neben Saint-Gobain sind
                                                                    Siemens Energy, die RWTH Aachen, das Gas- und Wär-
­Herzogenrath                                                       me-Institut Essen und weitere Partner an dem Vorhaben
                                                                    beteiligt. Eine smarte Infrastruktur zur Sektorenkopplung
                                                                    soll darüber hinaus eine optimierte Nutzung sämtlicher
Konventionell wird Glas hergestellt, indem das Rohstoff-            Energie- und Stoffströme ermöglichen. So könnten zu-
gemenge (Quarzsand, Kalkstein, Dolomit, Soda, Additive              künftig auch die prozessbedingt anfallenden CO2 -Men-
und Scherben) in der Regel in erdgasbefeuerten Schmelz-             gen aus der Zersetzung der im Gemenge befindlichen
wannen bei sehr hohen Temperaturen verarbeitet wird.                Karbonate mittels Carbon Capture abgefangen und einer
Der Standort Herzogenrath möchte im Jahr 2030 die                   Nutzung in räumlicher Nähe (CCU) zugeführt werden.

Weitere Projekte
  CO2 -Abscheidung und                                              Protanz.NRW
­-Aufbereitung für die                                              Neue Technologien und insbesondere die mit neuen
 ­Lebensmittelindustrie                                             Technologiepfaden verbundenen Infrastrukturbedarfe
                                                                    bedürfen auch gesellschaftlicher Akzeptanz. Zu den
Der Einsatz von CO 2 in der Lebensmittelindustrie er-               innovativen industriellen Defossilisierungsstrategien
fordert eine hohe Reinheit des Gases und daher, je nach             fehlen Erfahrungswerte und treffen divergierende Wahr-
CO 2 -Quelle, eine aufwendige Aufbereitung des Gases.               nehmungen auf eine hochkomplexe Akteurs- und Diskurs-
Air Liquide plant in Oberhausen die CO 2 -Abscheidung,              arena. Im Projekt Protanz.NRW, das von den Akteuren im
das als Nebenprodukt bei einer partiellen Oxidation (POX)           Rahmen des Virtuellen Instituts „Transformation – Ener-
anfällt. Das CO2 soll in mehreren Stufen aufbereitet und            giewende NRW“ durchgeführt wird, werden vergangene
gereinigt werden, um es zertifiziert der Lebensmittel-              und potenzielle Protestbewegungen analysiert und für
industrie zur Verfügung zu stellen.                                 akzeptanzsteigernde und bürgerbeteiligende Formate
                                                                    nutzbar gemacht, um die Industrietransformation in
                                                                    Nordrhein-Westfalen zu befördern.
iNEW 2.0
Im Zentrum des Innovation Space iNEW stehen die Er-                 IN4climate.RR
forschung, Weiterentwicklung und Implementierung von
fortgeschrittenen Elektrolyse-Technologien für Power-to-            Das Vorhaben IN4climate.NRW im Rheinischen Revier
X-Anwendungen (P2X). Auf diese Weise kann nicht nur                 (IN4climate.RR) bietet in zunächst drei Zukunftslaboren
grüner Wasserstoff effizient erzeugt, sondern auch CO 2             zu den Themen Wasserstoff, CCUS und Circular Economy
im Kreis geführt werden. Das Rheinische Revier soll somit           einen Rahmen zur Erforschung und Umsetzung einer kli-
zu einer Innovationsregion mit zukunftsfähigen Arbeits-             maneutralen Industrie im Rheinischen Revier, eingebettet
plätzen und zur Keimzelle für klimaneutrale industrielle            in die Gesamttransformation der Industrie von Nordrhein-
Wertschöpfungsketten werden. Das Vorhaben ist Teil des              Westfalen. Die Entwicklung der Industrie im Rheinischen
übergeordneten Konzepts ANABEL, einem Accelerator                   Revier (Technologien, Infrastruktur, Systeme) wird
zur nachhaltigen Bereitstellung elektrochemisch erzeug-             dadurch strategisch flankiert, die einzelnen industrie-
ter Kraft- und Wertstoffe, und wird vom Forschungszent-             orientierten Projekte vernetzt und begleitet sowie weitere
rum Jülich (FZJ) und der RWTH Aachen umgesetzt.                     Projekte angestoßen und auf die langfristigen Gesamtziele,
                                                                    zum Beispiel des European Green Deal, ausgerichtet.
14                                                 Carbon Management Strategie NRW

6             14–21

      c       Unser Weg in eine
              Low Carbon Industry:
              Der Carbon Management Plan
     Carbon   für Nordrhein-Westfalen
                  Das Ziel haben wir fest vor Augen. Unsere
              P   zentralen Maßnahmen und Forderungen
                  ­ermöglichen die gemeinschaftliche, plan-
                   volle und stringente Ausgestaltung und
                   Weiterentwicklung unserer klimaneutralen,
                   ­wettbewerbsfähigen Low Carbon Industry in
                    Nordrhein-Westfalen.
Unser Weg in eine Low Carbon Industry: Der Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen                                              15

Im Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen                               Hier sind nicht nur Maßnahmen zur Umsetzung durch
sind die aus Sicht des MWIDE zentralen Maßnahmen und                            das MWIDE und die Landesregierung selbst festgelegt,
Forderungen abgebildet, die zur Realisierung der Ziele                          sondern auch Forderungen formuliert, die an die Bundes-
erforderlich sind, nämlich der                                                  und die europäische Ebene sowie die hiesige Industrie
                                                                                gerichtet sind. Die Maßnahmen und Forderungen richten
J Senkung der CO -Emissionen in    2                                            sich auf vier zentrale Handlungsfelder. Neben einer
                                                                                gezielten Dekarbonisierung wird es in den kaum oder
       ­Nordrhein-Westfalen,
                                                                                nicht dekarbonisierungsfähigen Bereichen darum gehen,
                                                                                die Defossilisierung anzustreben und einen nachhaltigen
J langfristigen Sicherstellung einer nach-                                      Umgang mit Kohlenstoff und CO 2 in der Praxis umzu-
                                                                                setzen. Nicht zuletzt ist die gesellschaftliche Einbindung
       haltigen rohstofflichen Versorgung der
                                                                                ein Schlüsselelement zur ganzheitlichen Transformation
       nordrhein-westfälischen Industrie und                                    der nordrhein-westfälischen Industrie in eine nachhaltige,
                                                                                kohlenstoffreduzierte, klimaneutrale Zukunft.
J Erhaltung und ­Stärkung
       des ­Industriestandorts
       ­Nordrhein-Westfalen.

                      Auf          4
                                   zentrale Handlungsfelder
                      richten sich die Maßnahmen
                      und Forderungen.
16                                                                                         Carbon Management Strategie NRW

Handlungsfeld I: Reduzierung der
­Kohlenstoffintensität
Wir möchten die Verringerung der Kohlenstoffintensität       Maßnahme I.2: Beschleunigter
in der Industrie ermöglichen und die Umwandlung von
einer High Carbon Industry in eine Low Carbon Industry
                                                             Hochlauf der Wasserstoffwirt-
beschleunigen. Der vollständige Verzicht auf Kohlenstoff     schaft in Nordrhein-Westfalen
ist längerfristig in solchen Bereichen erforderlich, die
einer Dekarbonisierung grundsätzlich zugänglich sind.        Wasserstoff kann in der Industrie stofflich und energe-
Seitens der Landesregierung unterstützte Entwicklungen,      tisch genutzt werden und trägt somit in erheblichem
wie der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, der Ausbau       Maße zur Dekarbonisierung der Industrie bei. Nordrhein-
von Wind- und Solarenergie, der Ausbau von Energieinfra-     Westfalen hat mit der Wasserstoff-Roadmap NRW 159
strukturen wie Netzen und Speichern sowie die Förderung      im November 2020 eine klare Strategie zur Etablierung
kohlenstofffreier Prozesse und Technologien, begleiten       einer Wasserstoffwirtschaft vorgelegt und die Arbeiten
die Dekarbonisierungsanstrengungen der Industrie.            an konkreten Handlungsfeldern gestartet, nämlich am
                                                             Ausbau und der Intensivierung internationaler Partner-
                                                             schaften, an der Stärkung von Forschung und Innovation
Maßnahme I.1: Gezielte Ent-                                  und daran, Potenziale im Maschinen- und Anlagenbau
                                                             zu heben. Die Landesregierung unterstützt den Aufbau
wicklung kohlenstofffreier                                   der Infrastruktur sowie der Erzeugungskapazitäten und
Technologien und Prozesse                                    sorgt mit Importstrategien und Technologieoffenheit
                                                             gegenüber blauem Wasserstoff dafür, den Markthochlauf
in Nordrhein-Westfalen                                       zu beschleunigen und den im Zuge der Transformation
                                                             wachsenden Bedarf der Industrie zu decken.
Einige industrielle Prozesse können mithilfe (verfahrens-)
technischer Innovationen vollständig dekarbonisiert
werden. Diese Prozesse haben das Potenzial, Gamechan-        Maßnahme I.3: Ausbau der
ger zu sein und die verbleibenden CO2 -Mengen deutlich
zu senken. Das MWIDE wird die nordrhein-westfälische
                                                             Versorgung Nordrhein-Westfa-
Industrie durch entsprechende Fördermöglichkeiten            lens mit erneuerbaren Energien
dabei unterstützen, Fortschritte bei der Entwicklung
kohlenstofffreier Prozesse und Technologien zu erzielen.     Die Dekarbonisierung der industriellen Stromversorgung
Die Chancen der damit verbundenen zukünftigen Wett-          und -erzeugung in Nordrhein-Westfalen ist erforderlich, um
bewerbsvorteile sind enorm und sollten unbedingt ge-         die Klimaschutzziele sowie die langfristige Versorgungs-
nutzt werden. Das Wirtschaftsministerium fördert hierzu      sicherheit bei zunehmender Knappheit fossiler Ressour-
bereits einige Projekte, so beispielsweise eines, das die    cen zu gewährleisten und einem drohenden Renewables
Entwicklung der weltweit ersten CO2 -freien Aluminium-       Pull160 entgegenzuwirken, sodass Nordrhein-Westfalen als
herstellung in Nordrhein-Westfalen zum Ziel hat.             Industriestandort erhalten bleiben kann. Ausschlaggebend
                                                             für die Umsetzung ist insbesondere die gesicherte Verfüg-
                                                             barkeit von erneuerbarem Strom in ausreichender Menge.
                                                             Um den Anteil der erneuerbaren Energien an der Strom-
                                                             versorgung bis 2030 auf 50 Prozent zu erhöhen, werden
                                                             Rahmenbedingungen verbessert, um mehr Photovoltaik-
                                                             anlagen auf Dächern von Gewerbe- und kommunalen
                                                             Gebäuden, auf Äckern oder schwimmend auf Gewässern
                                                             entstehen zu lassen und bestehende Windenergieanlagen
                                                             durch neue, leistungsfähigere Anlagen zu ersetzen. Die
                                                             Landesregierung wird zudem den Bau von bereits geplan-
                                                             ten Stromleitungen aus Küstenregionen vorantreiben, um
                                                             die nordrhein-westfälische Industrie mit Windstrom zu
                                                             versorgen.
Unser Weg in eine Low Carbon Industry: Der Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen                                             17

Handlungsfeld II: Nachhaltige
­Kohlenstoffnutzung
Wir wollen einen nachhaltigen Umgang mit Kohlenstoff in                         ist jedoch zentral, um die Transformation der nordrhein-
Nordrhein-Westfalen etablieren. Dazu zählt der adäquate                         westfälischen Industrie in eine wettbewerbsfähige und
Umgang mit Biomasse ebenso wie der gezielte Ausbau                              nachhaltige Low Carbon Industry zu bewerkstelligen. Das
der sekundären Rohstoffbasis und die (Weiter-)Entwick-                          MWIDE wird daher in Zusammenarbeit mit dem LANUV
lung von Carbon-Capture-and-Usage-Anwendungen.                                  ein kontinuierliches und öffentlich zugängliches Carbon
Die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaften mit                         Monitoring für Nordrhein-Westfalen aufbauen. Im Kern
Kohlenstoff ist eine technologieoffene Abwägung der ver-                        steht das Monitoring alternativer Kohlenstoffquellen und
schiedenen alternativen Wertschöpfungspfade – sowohl                            industrieller Kohlenstoffsenken. Das Carbon Monitoring
im Vergleich zu dem jeweiligen konventionellen Prozess                          soll dazu beitragen, Vernetzungen, die in der High Carbon
als auch untereinander. Ökonomische, regulatorische und                         Industry über Jahrzehnte historisch gewachsen sind (ins-
organisatorische Gegebenheiten, die die nachhaltige Koh-                        besondere auch, was die branchenfremde Nutzung von
lenstoffnutzung derzeit ebenso hemmen wie bilanzielle,                          Nebenprodukten betrifft), in einer zukünftigen Low Carbon
werden wir kurzfristig angehen, um die schnelle Transfor-                       Industry schneller zu identifizieren und herzustellen, um
mation in eine zukunftsfähige, zirkuläre Kohlenstoffwirt-                       die Wirtschaftlichkeit dieser Ökonomie zu erhöhen.
schaft in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen.

                               Maßnahme II.3: Benchmark
Maßnahme II.1: Nachhaltige     nachhaltiger Wertschöpfungs-
­Nutzung biologischer Ressour- pfade mit Fokus Nordrhein-
 cen in Nordrhein-Westfalen    Westfalen
Um die Erzeugung, Erschließung und Nutzung biologi-
scher Ressourcen, Prozesse und Systeme zur Bereit-                              Die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Kohlen-
stellung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen                          stoffnutzung ist, dass die CO2 -Bilanz des alternativen
im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems                              Kohlenstoff-Wertschöpfungspfade mindestens so vor-
bereitzustellen, sollen 2022 Maßnahmen erarbeitet und                           teilhaft ist wie die des konventionellen Pfades. Darüber
Rahmenbedingungen definiert werden, die es ermögli-                             hinaus ist aber zusätzlich den Kriterien Energieeffizienz,
chen, neue Produkte und Dienstleistungen unter nach-                            Wasserstoffbedarf, Produktqualität, Produktschädlich-
haltiger Nutzung von biologischen Ressourcen zu ent-                            keit und Marktpotenzial Rechnung zu tragen – insbeson-
wickeln. Dies ist insbesondere für Nordrhein-Westfalen                          dere, wenn es um die Auswahl der Alternative geht. Der
als einer der in Europa führenden Chemie-, Pharma- und                          Vergleich zwischen verschiedenen alternativen Wert-
Energiestandorte von Bedeutung.                                                 schöpfungspfaden ist überaus komplex und fallspezifisch.
                                                                                Welcher alternative Wertschöpfungspfad für welches Pro-
                                                                                dukt ideal ist, muss somit zunächst ausgelotet werden.
Maßnahme II.2: Carbon Moni-                                                     Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Aspek-
                                                                                te, Technologien, Verfahrenswege und Randbedingungen
toring in Nordrhein-Westfalen                                                   soll daher als Orientierungshilfe ein Benchmark alternati-
                                                                                ver Wertschöpfungspfade in Abhängigkeit des jeweiligen
Die Datenlage zum Kohlenstoffinventar Nordrhein-West-                           (End-)Produktes durchgeführt werden. Besonderheiten
falens ist derzeit ebenso unvollständig wie die Datenlage zu                    der nordrhein-westfälischen Industrie sollen hier berück-
industriellen Kohlenstoffsenken. Insbesondere trifft dies                       sichtigt werden, weshalb diese Untersuchung in enger Zu-
auf die alternativen Kohlenstoffquellen Biomasse, Sekun-                        sammenarbeit mit den ansässigen Unternehmen erfolgen
därrohstoffe und CO2 zu. Transparenz über die verfügba-                         wird. IN4climate.NRW wird die Aktivitäten zur Erstellung
ren Mengen an zukunftsfähigen Kohlenstoffen in Nord-                            des Benchmarks aussteuern.
rhein-Westfalen, deren Entwicklung und deren Nutzung
18                                                                                           Carbon Management Strategie NRW

Forderung II.1: Level Playing                                 c) CBAM konsensfähig machen
Field und Carbon-Leakage-                                     Grundsätzliche Unsicherheiten und Risiken des CBAM
Schutz                                                        hinsichtlich Bilanzierung, Greenwashing oder Gegen-
                                                              schlägen anderer Staaten können auch durch die drin-
                                                              gend benötigten CCfD nicht geschmälert werden. Diesen
a) CCU im EU ETS                                              Risiken muss daher mit einer robusten und konsensfähi-
                                                              gen Ausgestaltung des CBAM oder anderen geeigneten
 Im „Fit for 55“-Paket der Europäischen Kommission wur-       Instrumenten entgegengewirkt werden.
 de festgelegt, dass die Nutzung von CO 2 im EU ETS an-
 rechenbar ist, sofern es im Produkt permanent chemisch
 gebunden wird. Eine Definition, ab wann beziehungsweise      Forderung II.2: Adäquate
 unter welchen Voraussetzungen das CO 2 als „permanent
chemisch gebunden“ gilt, steht noch aus. Hier muss die
                                                              ­Förderlandschaft für eine
Europäische Kommission zeitnah eindeutige Kriterien            Low Carbon Industry
beziehungsweise eine Liste anrechenbarer CCU-Pro-
dukte vorlegen. Um diesen Prozess zu beschleunigen,           Low-Carbon-Breakthrough-Technologien werden in
sollte die Industrie Modellprojekte und Reallabore starten,   Deutschland auf absehbare Zeit nicht wettbewerbsfähig
um Blaupausen und Randbedingungen für die Definition          sein können. Damit die Transformation der Industrie in
­„permanent chemisch gebundenes CO2“ zu erarbeiten.           eine kreislauforientierte Wirtschaftsweise mit reduzierter
                                                              Kohlenstoffintensität gelingen kann, wird eine adäquate
                                                              Förderlandschaft benötigt.
b) CCfD auf europäischer Ebene

Um bis 2030 Emissionseinsparungen von 61 Prozent im           a) Anpassung von
Vergleich zu 2005 erzielen zu können, ist die Anhebung        ­Bundesförderrichtlinien
der jährlichen Kürzung der Emissionen im EU ETS auf 4,2
Prozent vorgesehen. Zudem sollen die bisherigen kosten-       Das 2021 vom BMWi aufgelegte, zweiphasige Förderpro-
losen Zuteilungen gemäß den Plänen der EU-Kommission          gramm „CO 2 -Vermeidung und -Nutzung in Grundstoff-
durch das mit Unsicherheiten und methodischen Schwie-         industrien“, mit dem zunächst F&E-Projekte im Bereich
rigkeiten behaftete System des Carbon Border Adjust-          CCU und später große CCU/CCS-Demonstrationsprojek-
ment Mechanism (CBAM) ersetzt werden. Durch diese             te gefördert werden sollen,161 ist allein nicht ausreichend.
Umstellung steigt das Carbon-Leakage-Risiko für Indus-        Die Circular Economy ist in vielen Bereichen ein wichtiger
trieunternehmen in NRW signifikant. Um die schnellere         Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele und muss
Reduzierung abzufedern, werden Carbon Contracts for           daher in die entsprechenden Strategien und Förderpro-
Difference auf europäischer Ebene benötigt. Das MWIDE         gramme integriert werden. Daher muss zudem die Richt-
wird sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass        linie „Dekarbonisierung der Industrie“ des BMU ange-
Carbon-Capture-and-Usage-Anwendungen, die nicht in            passt werden, da der Anwendungsfokus derzeit noch zu
die Kategorie „permanent chemisch gebundenes CO 2“            eng ist und viele Projekte, insbesondere solche, die einen
fallen, hier berücksichtigt werden, da eine Abbildung         sekundärrohstoffbasierten Ansatz wählen oder auf neue,
im EU ETS (zum jetzigen Zeitpunkt) nicht praktikabel          klimafreundliche Produkte setzen, nicht förderfähig sind.
scheint. Dasselbe gilt für die Technologieentwicklung
zur Erzeugung von negativen Emissionen, die kurzfristig
nicht im EU ETS berücksichtigt werden sollten, um keine
falschen Anreize (Kompensation statt Vermeidung) zu
setzen.
Unser Weg in eine Low Carbon Industry: Der Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen                                              19

b) Aufstockung und Ausweitung des                                               b) Anrechenbarkeit von chemischem
CCfD-Pilotprogramms auf Bundesebene                                             Recycling

Neben reinen Investitionsförderungen muss das CCfD-                             Speziell für die Kunststoffindustrie ist es notwendig, die
Pilotprogramm zeitnah einsetzen und möglichst aufge-                            anrechenbaren Recyclingverfahren bei den Recyclingquo-
stockt beziehungsweise ausgeweitet werden. Insgesamt                            ten im Verpackungsgesetz laufend zu hinterfragen und
werden auf Bundesebene deutlich mehr Mittel benötigt                            den aktuellen Erkenntnissen aus Forschung und Entwick-
als aktuell in den Fördertöpfen vorhanden sind.                                 lung zum chemischen/rohstofflichen Kunststoffrecycling
                                                                                anzupassen. Chemisches Recycling sollte zukünftig auf
                                                                                Recyclingquoten angerechnet werden können. MWIDE
c) Bundesmittel und Kofinanzierung                                              wird der Bundesregierung einen entsprechenden Vor-
für ein IPCEI LCI                                                               schlag vorlegen.

Mittel für das angekündigte IPCEI Low Carbon Emis­sions
Industry (LCI) müssen sowohl auf Bundes- als auch auf                           c) Optimiertes Management
Landesebene in ausreichendem Maße bereitgestellt                                von ­Sekundärrohstoffen
werden. Zudem wird sich Nordrhein-Westfalen dafür ein-
setzen, dass für die Kofinanzierung durch die Länder eine                       Um die Verfügbarkeit und die Ausnutzung potenzieller
Quote festgelegt wird, die insbesondere auch von indus-                         Sekundärrohstoffe zu erhöhen, werden neben indus­
trieintensiven Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen                            triellen Synergien zudem verbesserte Recycling-Modelle
bewältigt werden kann. Ähnlich wie beim IPCEI H 2 wird                          benötigt. Dies schließt Konzepte für effizientes Abfallma-
das MWIDE über die Landesinitiative IN4climate.NRW                              nagement (Exportstopp) und logistische Aspekte (zent-
Unternehmen bei der Vernetzung mit Projektkonsortien                            rale/dezentrale Verwertung) ebenso ein wie Anreizsys-
unterstützen.                                                                   teme und zukunftsfähige Geschäftsmodelle, bei denen
                                                                                die Frage nach dem Eigentum neu gestellt wird. Hier ist
                                                                                die Bundesregierung (zum Beispiel Abwrackprämie bei
Forderung II.3: Ausbau der                                                      Renovierung, Quoten für Scherben) ebenso gefragt wie
                                                                                die Industrie (Rücknahmesysteme/Vermieten statt Ver-
­sekundären Rohstoffbasis                                                       kaufen) selbst.

Sekundäre Rohstoffe müssen zukünftig die neuen,
­bevorzugt genutzten Rohstoffe der Industrie werden.

a) Standards, Grenzwerte und
­Prüfvorschriften auf europäischer Ebene
Um den Einsatz von Sekundärrohstoffen anzureizen, sind
anwendungsfallspezifische Prüfvorschriften und grenz-
wertbasierte Einstufungskriterien vonnöten, die Akteuren
aus der Wirtschaft einen Handlungsrahmen aufzeigen
und Leitplanken sowie Zielmarken für die Entwicklung von
neuen Produkten auf Basis von sekundären Rohstoffen
setzen. MWIDE wird sich dafür einsetzen, dass in der bun-
desdeutschen Kreislaufwirtschaft, der Ressourcenpolitik
und der Abfallvermeidung ein entsprechender Orientie-
rungsrahmen gesetzt wird.
20                                                                                          Carbon Management Strategie NRW

Handlungsfeld III: CO2 -Management
und Infrastruktur
Wir werden uns dafür einsetzen, dass geeignete Optionen       Kraftstoffe, das im Dezember 2021 veröffentlicht wird,
zur Abscheidung, zum Transport, zur Nutzung und zur           liefert weitere wichtige Erkenntnisse zu möglichen CO2 -
Speicherung von Kohlenstoffdioxid nutzbar werden. Diese       Senken in Nordrhein-Westfalen.
müssen ergebnisoffen und zügig geprüft werden, um deren
zeitnahe und langfristige Beiträge zur Emissionsreduktion
zu ermöglichen, ohne die unsere Klimaschutzziele nicht zu     Maßnahme III.2: Nationale und
erreichen sind. Dafür, dass die rechtlichen Rahmenbedin-
gungen geschaffen werden, werden wir uns auf Bundes-
                                                              internationale CCX-Kooperatio-
ebene einsetzen. Zeitgleich werden wir die CO2 -Infra-        nen mit Nordrhein-Westfalen
strukturplanung in Nordrhein-Westfalen vorantreiben.
                                                               Ein nachhaltiges Carbon Management und eine funktio-
                                                               nierende Low Carbon Industry können in Nordrhein-West-
Maßnahme III.1: CO2 -Trans-                                    falen nur entstehen, wenn Kooperationen hinsichtlich
                                                               Carbon Capture and Usage / Storage / Transport (CCX)
portinfrastruktur für Nord-                                    mit angrenzenden beziehungsweise CCU- und CCS-for-
rhein-Westfalen                                                cierenden Bundesländern und Ländern etabliert, aus-
                                                               gebaut und/oder gefestigt werden. Eine frühzeitige und
                                                               übergreifende Abstimmung von geplanten/möglichen
a) Planung eines CO2 -Transportnetzes                          Strukturen, Mengen und Preisen kann Fehlinvestitionen
                                                               reduzieren. Das MWIDE, auch über die Initiative IN4cli-
Erste Überlegungen in Bezug auf eine mögliche CO2 -Infra-      mate.NRW, nutzt dazu etablierten internationalen Aus-
struktur in Nordrhein-Westfalen bestehen bereits. Diese        tausch, zum Beispiel im Rahmen der Industry Transition
berücksichtigen jedoch weder die Nutzung von abgeschie-        Platform, mit anderen Industrieregionen. Insbesondere
denem CO2 noch wurde die Möglichkeit einer Umwidmung           mit den europäischen CCS-Vorreiterländern wie Norwe-
vorhandener Gasleistungen mitbetrachtet. Da eine Trans-        gen, Schottland oder den Niederlanden erfolgt bilateraler
portinfrastruktur unerlässlich sein wird, um die Klima-        Austausch mit Projekten, Unternehmen und staatlichen
schutzziele zu erreichen, wird die Landesregierung die kon-    Institutionen. Die Carbon Management Strategie wird
krete Planung und Vorbereitung einer CO2 -Infrastruktur in     als Anlass genommen, den nationalen und internationa-
Nordrhein-Westfalen auf Basis von CO2 -Quellen und -Sen-       len Austausch weiter zu intensivieren und gemeinsam
ken in Nordrhein-Westfalen unterstützen. Dabei soll auch      ­Umsetzungsschritte festzulegen.
die Möglichkeit der Umnutzung bestehender und verfüg-
barer Leitungssysteme geprüft werden unter Berücksichti-
gung der Überlegungen hinsichtlich einer H2 -Infrastruktur    Maßnahme III.3: Förderwett­
und des Anschlusses an benachbarte Regionen (Nieder-
lande, Flandern beziehungsweise Norddeutschland).
                                                              bewerb „CCU-Modellregionen
                                                              in Nordrhein-Westfalen“
b) Technische Erprobung des                                    Um den Markthochlauf der CO 2 -Abscheidung und
­CO2 -Transportes                                              ­-Nutzung im Vorfeld einer flächendeckenden CO2 -In-
                                                              frastruktur zu ermöglichen, wird das MWIDE im Rah-
MWIDE wird den Aufbau eines Reallabors unterstüt-             men eines Wettbewerbs drei bis fünf Modellregionen
zen, in dem die relevanten Aspekte beim CO2 -Transport        in Nordrhein-Westfalen inklusive der dortigen Akteure
demonstriert werden (CO2 -Aufreinigung, Transport unter-      ­identifizieren, in denen die Abscheidung und Nutzung
schiedlicher Aggregatzustände des CO2). Industrieunter-        von CO2 gefördert werden soll. Ausschlaggebend für die
nehmen sollten hierzu möglichst konkrete Analysen und         Auswahl wird dabei neben der räumlichen Nähe von CO2 -
Prognosen in Bezug auf die Entwicklung der CO2 -Bedarfe        Quellen und -Senken das Klimaschutz- und Skalierungs-
(Senken) bis 2045 durchführen und darstellen, um bei der       potenzial der Konzepte sein. Der Aufruf zum Förderwett-
Auslegung und Planung einer Infrastruktur berücksichtigt       bewerb wird im ersten Quartal 2022 starten.
werden zu können. Das Handlungskonzept Synthetische
Unser Weg in eine Low Carbon Industry: Der Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen                                             21

Forderung III.1: Ambitionierte-                                                 macht, ist jetzt erforderlich, um Bewegung in diesen Be-
                                                                                reich zu bringen. Zudem setzt die Ratifizierung auch eine
re Anpassung des rechtlichen                                                    Anpassung des innerstaatlichen Rechtsrahmens sowie
Rahmens zum CO2 -Handling in                                                    bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen, in denen die
                                                                                Zuständigkeit der beteiligten Länder für Genehmigungen,
Deutschland                                                                     Monitoring und Umgang mit Leckagen geregelt wird,
                                                                                voraus. In diesem Zusammenhang sollten auch Vorgaben
Derzeit bestehen noch rechtliche Hürden, die direkt dem                         zur CO 2 -Beschaffenheit im jeweiligen Anwendungskon-
Transport und der Speicherung und somit indirekt auch                           text (Abscheidung, Transport, Nutzung, Speicherung)
der Nutzung von CO2 entgegenstehen. Dieses Handlungs-                           gemacht werden. Außerdem sollte eine Aufnahme der
feld sollte seitens der Bundesregierung schnellstmög-                           CO 2 -Transportinfrastruktur im Netzentwicklungsplan
lich angegangen werden. Insbesondere die Ratifizierung                          geprüft werden. Das MWIDE wird sich dafür einsetzen,
des Amendments zum Artikel 6 des London-Protokolls                              dass die Bundesregierung deutlich ambitionierter an der
zum Meeresschutz, welches den grenzüberschreitenden                             Umsetzung dieser Rahmenbedingungen arbeitet und die
Transport von CO 2 zum Zweck der unterirdischen CO 2 -                          damit verbundenen Aktivitäten priorisiert, um die Klima-
Speicherung erlaubt und CCS im Ausland erst möglich                             schutzziele nicht zu gefährden.

Handlungsfeld IV: Gesellschaftlicher Diskurs
Wir wollen die Einbindung der Gesellschaft in Nordrhein-                        und Wissen. Das MWIDE wird daher in Zusammenarbeit
Westfalen durch frühzeitige Einbindung, transparente In-                        mit IN4climate.NRW und weiteren Akteuren und Multipli-
formationen und nachvollziehbare, einvernehmlich gestalt-                       katoren in Nordrhein-Westfalen entsprechende Formate
bare Prozesse auf eine neue Ebene heben. Die skizzierte                         zum Wissenstransfer sowie Informations- und Diskus-
Transformation der Industrie geht sicherlich mit umfas-                         sionsangebote schaffen. Um die Reichweite zu erhöhen,
senden Veränderungen einher, die auch der Akzeptanz in                          wird MWIDE auch einen Schwerpunkt auf leicht zugäng-
der Gesellschaft bedürfen. Gerade deshalb wollen wir die                        liche digitale Angebote setzen.
Zukunft unseres Bundeslandes mit den Bürgerinnen und
Bürgern gemeinsam und auf Augenhöhe gestalten.
                                                                                Forderung IV.1:
Maßnahme IV.1: Carbon Edu-                                                      Sustainable Carbon Label
cation in Nordrhein-Westfalen                                                   Es wird ein bundesweites Label für Produkte, welche aus
                                                                                nachhaltigen Wertschöpfungspfaden entstanden sind,
Wie schnell der Übergang in eine Low Carbon Industry                            benötigt. Dieses darf weder von der Regierung noch von
gelingen und wirtschaftlich werden kann, ist insbesondere                       der Industrie (oder den Verbänden) vergeben werden,
auch von der Nachfrage nach nachhaltigen, kohlenstoff-                          sondern muss von einer unabhängigen Institution ge-
armen Produkten abhängig. Die gesamtgesellschaftliche                           mäß fester und nachvollziehbarer Kriterien ausgehen.
Veränderungsbereitschaft ist aufgrund eines stärkeren                           Nordrhein-Westfalen wird sich dafür einsetzen, dass ein
Problembewusstseins in den vergangenen Jahren deutlich                          solches Label in den bundesländerübergreifenden Dis-
gestiegen. Die Voraussetzung für eine erhöhte Zahlungs-                         kussionsprozess eingebracht und mit der Bundesebene
bereitschaft ist insbesondere das Verständnis der grund-                        diskutiert wird.
legenden Zusammenhänge auf Basis von Transparenz

Der Carbon Management Plan für Nordrhein-Westfalen (Abbildung 2, Seite 06–07) stellt
die Maßnahmen und Forderungen samt ihren Abhängigkeiten im zeitlichen Verlauf dar.
Ministerium für Wirtschaft, ­Innovation,
­ igitalisierung und Energie
D
des ­Landes Nordrhein-Westfalen
Berger Allee 25, 40213 Düsseldorf
www.wirtschaft.nrw
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