Vernetzt, digital, innovativ Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen - www.wirtschaft.nrw
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Vernetzt, digital, innovativ Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen www.wirtschaft.nrw
Inhalt 3 Vorwort 9 1 4 Strategie kurz gefasst Der Tourismus in Nordrhein- 6 Die Einleitung Westfalen – eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial 10 1.1 Erkenntnisse zum Tourismus in Nordrhein-Westfalen 14 1.2 SWOT-Analyse – wo der Nordrhein- Westfalen-Tourismus heute steht 17 2 Der Strategische Ansatz: Die Tourismusentwicklung von Nordrhein-Westfalen in der digitalen Welt gestalten 18 2.1 Nordrhein-Westfalen – ein attraktives Tourismusland 19 2.2 Analoge Erlebnisse und die digitale Welt – von der Herausforderung zum aktiven Gestalten 21 2.3 Ziele für den Tourismus in Nordrhein- Westfalen 23 2.4 Erfolgsfaktoren und Schlüsselmaßnahmen 25 2.5 Die Querschnittsthemen 27 2.6 Umsetzung und Evaluierung
28 3 61 4 Die Maßnahmen Die Umsetzung 29 3.1 Marktforschung 62 4.1 Die Starterprojekte 29 3.1.1 Abstimmung von Marktforschungs- 62 4.1.1 Touristisches Datenmanagement bedarfen und Kennzahlen zwischen Nordrhein-Westfalen – offen, vernetzt, Land und Regionen digital 30 3.1.2 Marktforschung als Basis für eine 64 4.1.2 Integriertes Tourismus- und Standort- systematische datengestützte Steuerung marketing für die kreative und digitale des Tourismus in Nordrhein-Westfalen Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen 32 3.2 Individualisierung und Profilierung 66 4.2 Der Regieplan 32 3.2.1 Themenorientierter Zielgruppenansatz im Tourismus in Nordrhein-Westfalen 5 36 3.2.2 Individuelle Schaufensterprodukte für Quellmärkte entwickeln 37 3.2.3 Touristische Markenentwicklung in 68 Nordrhein-Westfalen 38 3.2.4 Grundlage für die Content-Strategie Der Ausblick 41 3.3 Internationalisierung 69 5.1 Der Ausblick 41 3.3.1 Potenzialmärkte im Ausland 45 3.3.2 Marktbezogene Aufgabenteilung für die 70 Die Beteiligung ausländischen Quellmärkte 71 Quellenverzeichnis 47 3.4 Innovationen 47 3.4.1 Tourismus- und Standortentwicklung – 72 Impressum neue Allianzen mit neuen Partnern 50 3.4.2 Innovationskraft der KMU im T ourismus Düsseldorf, den 19. Juni 2019 stärken 51 3.5 Vernetzung 51 3.5.1 Der Tourismus NRW e. V. wird zu einer agilen Organisation 54 3.5.2 Empfehlungen zur Aufgabenteilung zwischen Landes-, Regions- und Ortsebene 58 3.5.3 Wettbewerbsfähige DMO – K riterien zur Markt- und Managementstärke als Orientierungsrahmen
Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen hat vieles und Vielfältiges zu bieten: Die Metropolregion Rhein-Ruhr ist eine der vier großen Metropolregionen Europas neben London, Paris und Moskau. Das Rheinland und Westfalen bie- ten geballte Stärke bei Kultur, Events und Kreativität. Dabei sind Veranstaltungsorte bestens erreichbar und Erholung ist in eher ländlich geprägten Regionen mit Unsere Zielgruppen präziser verstehen und errei- Natur- und Sporterlebnissen gleich nebenan möglich. chen: wer ist als Kunde auf welchen Märkten, mit Diese Erlebnisse werden auch in Zukunft die Sinne welchen konkreten Themen und durch wen anzu- auf weitgehend analoge Art ansprechen – aber die sprechen? Stärken aller Landesteile können wir mithilfe der Zusammenarbeit als wichtigen Schlüssel begrei- Digitalisierung viel besser und inspirierender heraus- fen: wir bilden neue Allianzen, die über den Tou- stellen. rismus hinausgehen. Neue agile Organisationsformen entwickeln: so Das Smartphone ist für viele Menschen ein wichtiger reagieren wir flexibler auf geänderte Themen und Begleiter, der das Leben einfacher macht: Man kann Rahmenbedingungen. nach dem richtigen Restaurant suchen, Informatio- Klarheit in der Aufgabenverteilung schaffen: die tou- nen über die besten Kulturveranstaltungen einholen ristischen Ebenen im Land fokussieren sich stärker. und vielleicht schon den nächsten Urlaub buchen. Die gesamte digitale »Customer Journey« ist aber Die Landestourismusstrategie macht hierzu Vor- auch begleitet von einer schärferen Konkurrenz. Der schläge und gibt Empfehlungen. Sie ist ein Orientie- Markt wird immer enger. Alles, von der Destination rungsrahmen für alle Partner im System Tourismus in selbst bis hin zu einzelnen touristischen Produkten, Nordrhein-Westfalen. Und sie ist in Kooperation mit kann unter Qualitäts- wie Preisgesichtspunkten mit- diesen Partnern und Stakeholdern entstanden, die und gegeneinander abgeglichen werden. sich in Gesprächen, Workshops, Veranstaltungen und online eingebracht haben. Für ihre Ideen, Anregun- Auch im Tourismus kommt dem Thema Daten heute gen und Beiträge möchte ich mich an dieser Stelle eine zentrale Bedeutung zu: Wie werden Daten in der besonders herzlich bedanken! digitalen Welt gewonnen, aufbereitet, verteilt und in die Systeme eingespeist und wer tut dies? Das ist Erfolgreich werden wir in der Umsetzung aber nur eine zentrale Frage, die die Zukunft der Destinationen dann sein, wenn alle touristischen Akteure zusam- maßgeblich beeinflusst. men und entschlossen auf die gemeinsamen Ziele hinarbeiten. Ein erster Schritt ist getan: Mit zwei Mit dieser Landestourismusstrategie haben wir uns potenten Förderprojekten wollen wir die Umsetzung klare Ziele gesetzt. Es geht darum, das Land und beginnen – gemeinsam und unter Beteiligung der seine Regionen durch den Tourismus stärker zu touristischen Regionen in Nordrhein-Westfalen. machen. Hierfür konzentrieren wir uns darauf, die Chancen der Digitalisierung konsequent zu nutzen. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre viele interessante Dies wollen wir unter anderem erreichen, indem wir: Erkenntnisse und vor allem neue Anregungen für Ihre Arbeit. Digitale Innovationen vorantreiben: zum Beispiel bei einer Content-Strategie, einem abgestimmten Prof. Dr. Andreas Pinkwart Daten-Management, gemeinsamen Datenbanken Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Schnittstellen. und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen 3 Einführung
Strategie kurz gefasst Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen hat sich in Maßnahmen den letzten Jahren zu einem echten Wachstumstrei- ber und Milliardengeschäft entwickelt. Viele freizeit Die wichtigsten Schlüsselmaßnahmen dieser bezogene Infrastrukturmaßnahmen wurden umgesetzt Strategie: und Angebote für Übernachtungs- und Tagesgäste kreiert. Nordrhein-Westfalen ist zu einem attraktiven Datengestützte Steuerung des Tourismus in Nord- Tourismusland geworden. Die zentrale Herausforde- rhein-Westfalen: Die digitale Welt verlangt und rung für den nächsten Entwicklungsschritt der Bran- ermöglicht umfassende datengestützte strategische che, national wie international w eitere Potenziale Entscheidungen auf Basis einer entsprechend zu heben, rankt sich um die Digitalisierung. Es geht erweiterten Marktforschung. darum, analoge Erlebnisse – denn das macht den Tourismus heute und morgen aus – in der digitalen Weiterentwicklung der Produktmarken zu einem Welt aktiv zu gestalten. themenorientierten Zielgruppenansatz: Die Landes marketingorganisation wird sich im Sinne einer Die Entwicklungschancen des Tourismus in Nordrhein- Best-of-Strategie auf die Inspiration von Potenzial- Westfalen liegen nicht zuletzt darin begründet, dass er zielgruppen aus den SINUS-Milieus konzentrieren. nicht nur ökonomische Effekte bewirkt und damit ein Über Themenkombinationen, unter anderem in wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Orte und Regionen den Schwerpunkten Aktiv, Natur, Städte, Kultur ist, sondern dass er auch die Standortattraktivität stärkt sowie Genuss und Gesundheit, werden diese und die Lebens- und Aufenthaltsqualität für Besucher Gruppen a ngesprochen. Die Zielgruppen von mor- innen und Besucher, die Bevölkerung, die Betriebe gen sollen so auf das Tourismusland Nordrhein- und ihre Beschäftigten erhöht. Das Kernziel der Stra- Westfalen aufmerksam gemacht werden. tegie lautet deshalb: Die Standortentwicklung in Nordrhein-Westfalen durch den Tourismus stärken. Initiierung einer Content-Strategie: Etablierung Damit korrespondieren weitere Ziele wie Wertschöp- eines abgestimmten Datenmanagements für alle fung erhöhen, Gästezufriedenheit steigern, Vernetzung touristischen Akteure mit einer gemeinsamen, zwischen dem Tourismus und der Standortentwicklung strukturierten, relationalen Datenbank auf Landes- stärken und betriebliche Kennzahlen verbessern. ebene. Dazu zählen z. B. die Beschäftigung und Aufbereitung von Daten sowie Open Data oder die Fünf Erfolgsfaktoren wurden darüber hinaus identi Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen fiziert: Marktforschung, Individualisierung und Profi- sowie konkreten Pilotprojekten zur Nutzung der lierung, Internationalisierung, Innovationen und Ver- Daten. netzung. Durch sie erfolgt eine klare Fokussierung auf die zentralen Stellschrauben, denn entlang dieser Tourismus- und Standortentwicklung – neue fünf Bereiche werden die Schlüsselmaßnahmen für Allianzen mit neuen Partnern erschließen: Partner die nächsten Jahre abgeleitet. Hinzu kommen die aus dem Tourismus, der regionalen Wirtschaft, wichtigen Querschnittsthemen Nachhaltigkeit, Inklu- der Industrie und der Regional- und Standortent- sion, Infrastruktur, Qualitätsmanagement sowie der wicklung sollen näher zusammenzuführt, weitere Arbeits- und Fachkräftemangel. Branchen für den Tourismus sensibilisiert und konkrete Ansätze für neue Kooperationen in den Die neue Landestourismusstrategie setzt in diesen Bereichen strategische Standortentwicklung, Feldern Leitplanken und gibt damit Orientierung. Produkte und Marketing entwickelt werden. Gleichzeitig wahrt sie mit diesem Ansatz die erforder- liche Flexibilität in der praktischen Umsetzung der Maßnahmen. Sie fungiert als Lotse und Wegbereiter für die Tourismuswirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 4
Erschließung der Potenziale in ausländischen Umsetzung Quellmärkten: Auslandsmärkte bieten für den Tourismus in Nordrhein-Westfalen noch große Entscheidend für den Erfolg der vorliegenden Strate- Potenziale, die künftig auch stärker vom Tourismus gie ist die Umsetzung der Maßnahmen. Dies ist eine NRW e. V. bearbeitet werden sollen. Als relevante gemeinsame Aufgabe aller beteiligten Partner. Der Quellmärkte wurden neben Deutschland die Aus- Tourismus NRW e. V. hat dazu zwei Vorhaben konzi- landsmärkte Niederlande, Belgien, Polen, Japan, piert, die aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen Österreich/Schweiz, Großbritannien/Irland, USA und der EU voraussichtlich gefördert werden können. und China identifiziert. Hinzu kommen die Beob- Ein Projekt soll gezielt an den zentralen Herausforde- achtungsmärkte Russland, Italien und Frankreich. rungen der digitalen Transformation arbeiten, ein Die konkrete Aufgabenteilung und die detaillierten zweites an der Neubewertung kreativer Lebensumfel- Marktstrategien sind in der Umsetzungsphase im der an der Schnittstelle von Tourismus- und Stand- Dialog der Partner zu klären. Besonders wichtig ortmarketing für die Neupositionierung des Landes sind bei der Erschließung ausländischer Quell- als kreativer Hub. märkte die Bekanntheit und das internationale Image. Starke Marken, bekannte Persönlichkeiten Diese beiden Projekte sind zentrale Ansatzpunkte zur des Landes oder Großveranstaltungen helfen da- Umsetzung der Landestourismusstrategie, allerdings bei. Hier ist die Initiative Rhein-Ruhr City 2032 nicht die einzigen. So müssen die weiteren hier dar- (mögliche Bewerbung Nordrhein-Westfalens für gestellten Schlüsselmaßnahmen von den Akteuren die Olympischen Spiele) zu nennen, über die eigenverantwortlich umgesetzt werden. Zudem gilt derartige Impulse angestoßen werden könnten. es, für den Tourismus in Nordrhein-Westfalen, auch an den übergeordneten Aufgaben wie dem Qualitäts- Umbau des Tourismus NRW e. V. zu einer agilen management oder dem Arbeitskräftemangel anzu Organisation: Der Verein wurde in seiner Struktur setzen. Aber auch strategische Fragen, z. B. die grundsätzlich bestätigt. Als Treiber und Vorreiter Operationalisierung der definierten Ziele oder die im System der Tourismusakteure im Land muss er Ausgestaltung der neuen Förderkulisse, sind wichtige auch führend bei dem anstehenden Umbau zu einer Aufgaben. Hierfür wird unter anderem eine Strategie agilen Organisation sein, um diese Rolle und seine gruppe eingerichtet. konkreten künftigen Aufgaben weiterhin qualitativ hochwertig erfüllen zu können. Dafür werden in Die Inhalte dieser Strategie müssen intensiv im Land der Umsetzung der Strategie die Strukturen, der kommuniziert werden, um die gewünschte Durch- innere Aufbau, die Arbeitsprozesse, die Gremien- dringung erreichen zu können. Eine Kernaufgabe der strukturen sowie die Finanzierung vor dem Hinter- Umsetzungsverantwortlichen wird es daher sein, grund der künftigen Aufgaben des Verbandes kri- unter Nutzung aller zielführenden analogen und digi- tisch auf Veränderungsbedarf hin geprüft. talen Kanäle und Kommunikationsformen, möglichst viele Beteiligte in Nordrhein-Westfalen zu erreichen, Aufgabenteilung im System Tourismus und Krite zu informieren, mit ihnen zu diskutieren und sie zu rien zur Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusorga- überzeugen. nisationen: Die Strategie gibt den Partnern im Land eine Orientierung für die Aufgabenteilung der Der Umsetzungserfolg dieser Strategie erwächst aus Zukunft – in den Aufgabenfeldern Lebensraum der Kraft einer starken inneren Akzeptanz ihrer Idee management, Marke & Marketing sowie Service & durch jeden Einzelnen und starken Kooperationen in Support – sowie für Kriterien zur Messung der einem starken Miteinander. Wettbewerbsfähigkeit von Destinationsmanage mentorganisationen. 5 Einführung
Die Einleitung Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen hat sich zu Vernetzt – digital – innovativ: einem starken Wirtschaftsfaktor entwickelt. Ergeb- Die neue Strategie für das Tourismusland nisse einer Studie aus dem Jahr 2015 zeigen, dass Nordrhein-Westfalen er mehr als 41 Mrd. € Umsatz erwirtschaftet, über 570.000 Menschen Beschäftigung bietet und einen Die vorliegende Strategie beantwortet daher in erster Beitrag von 4,6% zum Volkseinkommen leistet. Linie die Kernfrage, wie die Akteure im Land diese Der Tourismus wächst in Nordrhein-Westfalen konti- komplexen Herausforderungen bewältigen können, nuierlich. Das lässt sich nicht nur an den Umsatz-, die längst in alle Bereiche der touristischen Leistungs Übernachtungs- oder Gästezahlen messen. Auch kette hineinreichen. qualitativ legt Nordrhein-Westfalen zu – unter ande- rem bei so w ichtigen Schlüsselindikatoren wie dem Bekanntheitsgrad als attraktives Reiseland, der Qualität, der Gästezufriedenheit und vielen weiteren Vernetzt: Faktoren. Weil die touristischen Kräfte am Markt ausgerichtet, gebündelt und gezielt eingesetzt Das Reiseland Nordrhein-Westfalen zieht immer mehr werden müssen, und zwar durch intensivere nationale und internationale Besucherinnen und Besu- und neue Formen der Zusammenarbeit. cher an und hat auf der touristischen Deutschland- karte mittlerweile einen festen Platz unter den Top 3 im Bundesländervergleich erreicht. Diese Position gilt Digital: es zu festigen und auszubauen – ein anspruchsvolles Weil dies der Dreh- und Angelpunkt für die Unterfangen in immer schnelllebigeren Zeiten, deren Zukunftsfähigkeit der Branche ist. entscheidender Treiber die Digitalisierung ist. Wer künftig im Tourismus mithalten will, muss sich heute einer doppelten Herausforderung stellen: Einerseits Innovativ: geht es darum, zu inspirieren und Sehnsüchte nach Weil alle Beteiligten kontinuierlich kreativ einmaligen, »analogen« Erlebnissen mit perfekten, sein müssen, um mit der dynamischen individuellen Angeboten zu stillen, andererseits Entwicklung Schritt halten zu können. möchte der Gast alle Informationen jederzeit und überall digital auf Smartphone, Tablet oder PC ser- viert bekommen. Ganz zu schweigen von Echtzeit- Mitteilungen in Form von Fotos und Kommentaren aller Art auf Social Media-Kanälen, Bewertungsplatt- Vor dem Hintergrund von »vernetzt, digital und inno- formen und Co. Die gesamte Reise soll am liebsten vativ« setzt die vorliegende Strategie auf ausgewählte sofort buchbar sein. thematische Schwerpunkte. Sie vermeidet bewusst einen breiten Ansatz, in dem jedes Thema und jeder Die Evaluation des touristischen Masterplans Nord- touristische Akteur Berücksichtigung finden würden. rhein-Westfalen aus dem Jahre 2009, der damit Sie fokussiert vielmehr die aktuell wichtigsten Stell erreichten Erfolge sowie der zwischenzeitlichen schrauben, die Einfluss auf die erfolgreiche touris Entwicklungen ergab: Die rasant fortschreitende tische Entwicklung im größten Bundesland haben Digitalisierung durchdringt heute immer umfassen- werden. der alle Phasen des Reisens. Für alle touristischen Akteure wird es daher erfolgsentscheidend sein, die mit der Digitalisierung einhergehenden Chancen für sich nutzbar machen zu können. Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 6
Zentrale Fragen sind im Einzelnen: Diese und weitere Aspekte werden auch bei der Umsetzung der Landestourismusstrategie eine Rolle Welches sind die konkreten Maßnahmen zur An- spielen. Dazu wird beim Ministerium für Wirtschaft, passung des Tourismus in Nordrhein-Westfalen an Innovation, Digitalisierung und Energie eine Strategie die digitalen Chancen und Herausforderungen? gruppe eingerichtet. Ihre Zusammensetzung wird im Zuge der Umsetzung der Strategie festgelegt. Die Auf welche Zielgruppen wird sich das Tourismus- Strategiegruppe wird die übergeordneten Themen marketing in Zukunft ausrichten und wie werden und Vorhaben zur Umsetzung der Landestourismus- diese angesprochen? strategie beraten, ihre Wechselwirkungen erarbeiten sowie erforderliche Maßnahmen empfehlen. Hierzu Wie können Tourismus- und Standortentwicklung zählen z. B. Themenbereiche wie das Qualitätsma- im Land stärker als bisher voneinander profitieren? nagement, der Arbeitskräftemangel, die Stärkung Welche Synergieeffekte sind zum beiderseitigen der KMU oder die Förderpolitik. Nutzen zu erschließen? Die Umsetzung der Strategie im Bereich des touris Welche Aufgaben haben vor diesem Hintergrund tischen Destinationsmanagements, künftig auch an die Landes-, Regions- und Ortsebene im System der Schnittstelle zum Standortmarketing, obliegt dem Tourismus in Nordrhein-Westfalen und wie Tourismus NRW e. V. Er wird dafür ein Kennzahlensys- arbeiten sie künftig zusammen? tem sowie die Definition von Meilensteinen entwickeln und in seinen Strukturen ein geeignetes Gremium zur Wie müssen sich effiziente Tourismusorganisatio- regelmäßigen Erfolgskontrolle und zur Begleitung der nen aufstellen, um die veränderten Aufgaben Maßnahmen einrichten. Die sogenannten Starter- erfüllen zu können? Wie sieht der erforderliche Projekte setzt er in Kooperation mit den Partnern und Change-Prozess dafür aus? entlang der antragsgemäßen Strukturen um. Mit dieser Fokussierung erhebt die Strategie keinen Die Erarbeitung der Landestourismusstrategie ist Anspruch auf Vollständigkeit. Natürlich wirken eine bereits Ergebnis intensiver Vernetzung: Eine Impuls- Fülle weiterer Rahmenbedingungen und Einflüsse auf gruppe mit Mitgliedern aus den zentralen tourismus- die Tourismusentwicklung in Nordrhein-Westfalen ein. relevanten Organisationen, aber auch Unternehme- Diese sind keineswegs weniger wichtig. Die Themen- rinnen und Unternehmer regte immer wieder zum liste ist lang und reicht vom Arbeitskräftemangel über Nach- und Querdenken an. In einer Reihe von Work- die touristische Entwicklung der Kurorte, Barrierefrei- shops zu Schlüsselthemen der Strategie wurde enga- heit, Infrastruktur, Mobilitätsfragen bis zur Nachhaltig giert über eine Fülle relevanter Details diskutiert. keit, und hört bei Qualitätsfragen und touristischer Experten- und Fachgespräche gaben schließlich ent- Regionalentwicklung noch lange nicht auf. Diese und scheidende Hinweise auf die Perspektive wichtiger weitere Themen werden stets mitgedacht und aufge- Beteiligter. Politik, Kommunalverbände, Wissenschaft griffen. Die Landestourismusstrategie versteht sich und Kammern wurden unter anderem durch die jedoch nicht als spezifische Konzeption, die Antworten Gremien des Tourismus NRW e. V. eingebunden. Der auf Fragen gibt, wie z. B. die Gewinnung von Fach- Tourismus NRW e. V. hatte bei der Erstellung dieser kräften im Tourismus befördert werden kann oder Strategie eine wichtige inputgebende Rolle. Gesteuert welche touristische Entwicklung die Kurorte in unse- wurde der Prozess durch das Ministerium für Wirt- rem Bundesland nehmen sollen. Um diese Themen schaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des hinreichend würdigen zu können, wären Einzelunter- Landes Nordrhein-Westfalen. suchungen erforderlich. Dennoch werden die mit der Landestourismusstrategie einhergehenden Effekte auch positive Auswirkungen auf diese T hemen haben. 7 Einführung
1 2 3 4 5 Zur Struktur der vorliegenden S trategie: Die Bewertung der Entwicklung des Tourismus in Nord- rhein-Westfalen sowie eine übergeordnete SWOT-Analyse folgen in Kapitel 1. Die langfristige Perspektive für den Tourismus in Nord- rhein-Westfalen in der Zukunft findet sich in Kapitel 2 dieser Strategie, bevor die zentralen Erfolgsfaktoren in Kapitel 3 mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Die beiden zentralen Starterprojekte, mit denen die Weichen für die U msetzung konkret gestellt werden, sind Inhalt von Kapitel 4. Ein kurzer Ausblick rund um die Strategie findet sich in Kapitel 5. An einigen Stellen sind farblich markierte K ästen hervorge hoben, die als gutachterliche E mpfehlungen zu verstehen sind. Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 8
1 Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen – eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial 9 Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen – eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial
1.1 Erkenntnisse zum Tourismus in Nordrhein-Westfalen Erkenntnis 1: Erkenntnis 2: Tourismus ist ein Der NRW-Tourismus jagt R ekorde, Milliardengeschäft braucht aber neue Impulse Der gesamte touristische Konsum in Nordrhein-West- Erfolgsgeschichte Tourismus in Nordrhein-Westfalen: falen belief sich 2013 auf 41,1 Milliarden Euro.1 Seit 2009 stieg die Zahl der Übernachtungen neun Dass über 60 % davon auf sogenannte Binnentouris- Jahre in Folge um insgesamt 28 % an.2 Auch die tinnen und -touristen entfallen – also Reisende mit Auslastung der Schlafgelegenheiten entwickelt sich Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen –, belegt eindrucks- positiv und könnte bei der Fortsetzung des aktuellen voll das Potenzial vor der Haustür, und das sorgt für Trends bereits 2020 erstmals über die Marke von eine gute Basisauslastung. Die größten Profiteure 40 % steigen. Zugpferde sind die Städteregionen. sind das Gastgewerbe mit Gastronomie und Beher- Das gilt für die Nachfrage- wie die Angebotsentwick- bergung, der Einzelhandel und die sonstigen Dienst- lung in Nordrhein-Westfalen und Deutschland. Im leistungen wie die Freizeit- und Kulturwirtschaft. ländlichen Raum braucht es dagegen neue Impulse, Die Bruttowertschöpfung, die (direkt und indirekt) z. B. in den Mittelgebirgen. Der Marktanteil Nord- aus dem Tourismus resultiert, beläuft sich auf rhein-Westfalens an den Übernachtungen in Deutsch- 25,1 Mrd. € und damit auf 4,6 % der gesamten land zeigt sich insgesamt stabil. Besonders in den Wirtschaftsleistung des Landes. Allerdings liegen ausländischen Quellmärkten kann Nordrhein-Westfa- die Ausgaben der Zielgruppen unter dem deutschen len derzeit nicht mithalten. Der Marktanteil ist in den Durchschnitt und bieten somit die Chance, die Wert- letzten Jahren gesunken. Neue Impulse lösen insbe- schöpfung aus dem Tourismus weiter zu steigern, sondere im Tourismus und in ausländischen Quell- nicht nur durch Mengenwachstum, sondern vor märkten Großveranstaltungen aus (z. B. Jubiläen, allem auch durch eine Qualitätssteigerung und durch Sportveranstaltungen wie die Fußball-Europameister- attraktive (Zusatz-) Angebote. Gleichzeitig sind schaft 2024). Bei den Angebotsstrukturen bauen 4,7 % aller Erwerbstätigen direkt im Tourismus tätig. die Hotels und Hotels garnis ihre Marktposition aus. Damit erzielt die Tourismusbranche eine erhebliche Auch hier spiegelt sich der große Anteil der Städte Beschäftigungswirkung. im ganzen Land wider. 1 Letzte Berechnung des Wirtschaftsfaktors Tourismus (Tourismus NRW e. V.); eine Aktualisierung erfolgt durch den Tourismus NRW e. V. im Herbst 2019. 2 IT.NRW Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 10
Tourismusentwicklung in NORDRHEIN-WESTFALEN: Volumina, Strukturen, Zufriedenheit Wirtschaftsfaktor NRW-Tourismus Wichtiges Segment NRW-Geschäftstourismus 16,1 touristische Brutto- wertschöpfung in Mrd. Euro 2017 NRW: Platz 2 der bevorzugten Bundesländer Köln (Platz 5) und Düsseldorf (6) unter 9,0 Beliebtheit den bevorzugten deutschen Großstädten 6,3 %... rd. 1.600 Veranstaltungsstätten … aller Erwerbstätigen 2016 direkt 630 Tsd. Veranstaltungen in NRW sind (in-)direkt Angebot & indirekt im Tourismus tätig. Nachfrage 74 Mio. Teilnehmer Übernachtungen: Neuntes Rekordjahr in Folge Quantitative Meilensteine 130 Übernachtungen 2007– 2018 (Index 2007=100) 51,9 Mio. 2017: >50 Mio. Übernachtungen 120 2014: >10 Mio. 110 Incoming-Übernachtungen 100 2012: >20 Mio. Ankünfte 40,4 Mio. 2012: 35 % Auslastung Schlafgelegenheiten 90 2007 2009 2012 2018 Nachfrage: Bedeutung NRWs stagniert Arbeitsmarkt: Gastgewerbe 2018 Anteil Übernachtungen 19,8 % 14,5 % NRW an D Anteil unbesetzter Ausbildungs- 10,9 % 10,9 % stellen Gastgewerbe 2009 2018 NRW D Anteil ausschließl. ausschließl. geringfügig geringfügig Wachstumstreiber entlohnte Beschäftigter entlohnter Beschäftigteran Beschäftigten an Beschäftigten insgesamt Hotels/Hotels garnis Städte(-regionen) 44,1 % 35,8 % Incoming: NRW-Dynamik unterhalb D-Trend Themenlabel: Teilnehmerzahl stagniert NRW: Anteil Übernachtungen Anteil Übernachtungen Betriebe in NRW (Index 2011=100) Ausland an gesamt Ausland NRW an D 130 Bett&Bike 20,8 % 120 18,5 % 13,6 % 12,3 % ADAC-Camping 110 100 Wanderbares Deutschland 90 2009 2018 2009 2018 2011 2019 Inland: Hausmarkt top Airbnb Gästezufriedenheit ausbaufähig Top -Quellmärkte Airbnb Active Ø TrustScore 2018 Inland Rentals darunter rd. (Punktzahlen von 0 bis 100) NRW- Städte 2 Feb. 2019 40 %: Köln & unter dem 1. NRW Düsseldorf 1 Durchschnitt 2. NI/Bremen 80,5 83,5 3 3. RLP/Saarland NRW D NRW D 17 Tsd. 122 Tsd. Quelle: dwif 2018, 2019, Daten Statistisches Bundesamt, IT.NRW, Qualitätsmonitor Deutschland, AirDNA, TrustYou GmbH, Zertifizierungsanbieter, EITW, Tourismus NRW, Bundesagentur für Arbeit
Der Blick der Gäste Meist Besuchsbereitschaft für Kurzurlaub Bekan auf Nordrhein-Westfalen 77 …der Sympathisanten N 67 % würden NRW… 37 % R …für einen …für einen längeren Kurzurlaub wählen Urlaub wählen NRW -Themeneignungen überwiegend NRW: Meist Besuchsbereitschaft für Kurzurlaub städtisch geprägt Bekanntheit, Sympathie und Co. Eigensc (Zustim 61 % 51 % finden 77 % kennen 47 % der Kenner …der Sympathisanten NRW NRW als würden NRW 67 % würden NRW… 37 % 61 % sympathisch Reiseziel weiterempfehlen 63 % …für einen …für einen längeren Kurzurlaub wählen Urlaub wählen 1. Städte 2. Museen/Ausstellungen 2. Shopping 56 % NRW -Themeneignungen überwiegend NRW: abwechslungsreich und authentisch 57 % städtisch geprägt 58 % Eigenschaftsbeurteilung NRW (Zustimmung 3. Radfahren in4.%)Musik/Kulturfestival 5. Lebendige Szene 61 % 61 % 63 % abwechslungsreich (41 %) Erkenntnis 3: Erkenntnis 4: authentisch/echt (38 %) Geschäftstourismus 1. Städte ist und bleibt 2. Museen/Ausstellungen 2. Shopping Bei der Gästezufriedenheit gastfreundlich (36 %) ein wichtiges Standbein ansetzen 56 % ehrlich/glaub - geringere Geschäftsreisen sind (33 %) würdigAbweichung 57ein % wichtiger Faktor für Nord- Mit 3,0 Punkten liegtZustimmungen Nordrhein-West rhein-Westfalen. Allerdings ist der Großteil der Nach- 58 % bei nachhaltig, falen im Trustscore 2018 – der Online-Reputation 6 barrierefrei, frage (klassische Geschäftsreisen) nicht zu beeinflus- der Beherbergungsbetriebe – unter dem Deutschland- kreativ 3. Radfahren 4. Musik/Kulturfestival 5. Lebendige Szene sen. Im promotablen Bereich (Tagungen, Kongresse, wert. Dies ist zum einen auf die Bedeutung der Städte Seminare, Messen) macht eine Marktbearbeitung zurückzuführen, die im Ranking bundesweit schlech- allerdings Sinn. Im Deutschlandvergleich finden tere Bewertungen als andere Destinationstypen 15 % aller geschäftlichen Übernachtungen der Deut- bekommen. Doch auch im deutschlandweiten Städte schen in Nordrhein-Westfalen statt und fast jede vergleich schneiden die Vertreter Nordrhein-Westfa- vierte Übernachtung ist in Nordrhein-Westfalen lens schlechter ab. Aus Gästesicht bietet vor allem geschäftlich motiviert.3 Als Flächenbundesland die Hardware im Beherbergungsbereich Luft nach nimmt es, genau wie Köln und Düsseldorf bei den oben: Die Bewertungen in den Kategorien Zimmer, Städten, eine Spitzenposition ein.4 Angesichts ihres Hotel und Gebäude weichen besonders stark vom großen Volumens bieten Geschäftsreisen noch wei Deutschlanddurchschnitt ab. Hier sind Investitionen teres Potenzial, wenn nämlich Geschäftsreisende zu der Betriebe gefragt. Auch die weiteren Zufrieden- Urlaubern werden (sogenannte Bleisure-Gäste): heitswerte entlang der touristischen Servicekette sind Während deutschlandweit 10 % ihre Geschäftsreise durchaus ausbaufähig. Ein Blick auf die Gästegruppe mit einem Privataufenthalt verbinden, sind es hier der Geschäftsreisenden deckt ebenfalls Defizite auf: nur 6 %.5 Deren Zufriedenheit in Nordrhein-Westfalen ent- spricht dem Bundesdurchschnitt. Doch während die Gastfreundschaft z. B. besser bewertet wird, deuten 3 Jahresbericht Tourismus NRW e. V. 2018, Hinweis: alle Unterkunftsar- schwächere Werte bei der Wiederbesuchsabsicht ten inkl. des Grauen Marktes 4 Europäisches Institut für TagungsWirtschaft GmbH 2017 oder der Erreichbarkeit der Veranstaltungsorte auf 5 dwif-Consulting GmbH 2019 Handlungsbedarfe hin. 6 TrustYout GmbH 2019 Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 12
NRW als würden NRW NRW 67 % würden NRW… 37 % Reiseziel weiterempfehlen sympathisch …für einen …für einen längeren Kurzurlaub wählen Urlaub wählen NRW -Themeneignungen überwiegend NRW: abwechslungsreich und authentisch städtisch geprägt Eigenschaftsbeurteilung NRW (Zustimmung in %) 61 % 61 % 63 % abwechslungsreich (41 %) 1. Städte 2. Museen/Ausstellungen 2. Shopping authentisch/echt (38 %) gastfreundlich (36 %) 56 % ehrlich/glaub - geringere würdig (33 %) Zustimmungen 57 % 58 % bei nachhaltig, barrierefrei, kreativ 3. Radfahren 4. Musik/Kulturfestival 5. Lebendige Szene Quelle: dwif 2018, 2019, Daten: inspektour GmbH, gigabit.nrw.de, MWIDE Erkenntnis 5: Erkenntnis 6: Bekanntheit und Besuchsbereitschaft Veranstaltungen sind bieten weiteres Potenzial Besuchermagneten In der Wahrnehmung der Reisenden macht Nord- Drei Viertel aller Urlaubsreisen in Nordrhein-Westfa- rhein-Westfalen Fortschritte. Die gestützte Bekannt- len sind Kurzreisen, deutschlandweit hingegen nur heit anhand einer Liste der Destinationen in Deutsch- 51,8 %. Event- und Veranstaltungsreisen bilden die land lag zuletzt bei 77 %.7 Im Wettbewerbsvergleich mit Abstand wichtigste Urlaubsart, gefolgt von Städte reicht das für Platz 27 von 109. Gut die Hälfte der reisen sowie Sport- und Aktivurlaub. Die Anzahl der Deutschen findet Nordrhein-Westfalen sympathisch Event- und Veranstaltungsreisen ist seit 2012 um (Top-Werte von Familien). Davon können sich mehr über 60 % gestiegen und machte 2018 knapp ein als zwei Drittel vorstellen, einen Kurzurlaub in Nord- Drittel aller Urlaubsreisen im Land aus.10 Diese Stärke rhein-Westfalen zu verbringen. Allerdings würden gilt es auszuspielen und mit weiteren Highlights posi- weniger als die Hälfte derjenigen, die schon einmal tiv zu überraschen. So landet Nordrhein-Westfalen im in Nordrhein-Westfalen waren, das Land als Reiseziel Wettbewerbsvergleich beim Thema Kultur bundesweit weiterempfehlen. Daran gilt es weiter zu arbeiten. In unter den TOP-20-Destinationen, für jeden Fünften allen Bereichen der Markenstärke (Bekanntheit, Sym- ist das Kunst- und Kulturangebot im Land ein wichti- pathie, Besuchsbereitschaft) entwickelt sich Nord- ger Entscheidungsgrund für die Reise.11 So erreicht rhein-Westfalen im Vergleich zu Deutschland weniger Nordrhein-Westfalen themenbezogen häufig Platzie- dynamisch.8 Auch das touristische Angebot Nordrhein- rungen im oberen Bereich, jedoch keine Spitzenplätze. Westfalens wird z. B. bei Eigenschaften wie innovativ oder kreativ von den Befragten nur durchschnittlich bewertet, die Eigenschaften barrierefrei und nachhal- tig landen auf den letzten Plätzen.9 7 inspektour GmbH 2015 8 inspektour GmbH 2015 9 inspektour GmbH 2017 10 Tourismus NRW e.V. 2019a 11 inspektour GmbH 2017 und dwif-Consulting GmbH 2019 13 Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen – eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial
1.2 SWOT-Analyse – Wo der Nordrhein- Westfalen-Tourismus heute steht Die SWOT-Analyse fungiert als Bindeglied zwischen Grundlage der SWOT bilden die Evaluationen der vor- Analyse und Strategie mit dem Fokus auf denjenigen angegangenen Strategiepapiere auf Landesebene: des Erkenntnissen, die für die strategische Grundlage und Masterplans aus dem Jahr 2009, dessen Fortschrei- die abgeleiteten Erfolgsfaktoren und Maßnahmen bung aus 2015 und seiner Umsetzung. Sie fußt auf (siehe Kapitel 3 und 4) am relevantesten sind. Die Recherchen und Befragungen im Rahmen der vor Darstellung der internen Stärken und Schwächen liegenden Tourismusstrategie des Landes Nordrhein- sowie der externen Chancen und Risiken (SWOT) hat Westfalen, Marktforschungserkenntnissen und gut- nicht den Anspruch, vollumfängliche Ergebnisse achterlichen Einschätzungen. Zusätzlich werden die abzubilden, sondern kann nur eine Orientierung sein. für den Tourismus in Nordrhein-Westfalen relevanten Grundsatzthemen und Rahmenbedingungen wie z. B. Digitalisierung und Regionalisierung einbezogen. Tab. 1: Kernerkenntnisse aus der SWOT-Analyse des NRW-Tourismus Stärken Schwächen Großer Binnenmarkt und Märkte mit großem Fehlende Klarheit über das touristische Profil, Potenzial im direkten Umfeld (In- und Ausland) die touristische Kernbotschaft von Nordrhein- Westfalen und das Beziehungsgefüge zwischen Touristische Regionen und Nordrhein-Westfalen Positionierung Land & Positionierung Regionen selbst haben sich auf der touristischen Land- karte etabliert Schwache Transferrate von der Besuchsbereit- schaft zum tatsächlichen Besuch bzw. bei der Strategische Grundlage für Zielgruppen und Weiterempfehlung im bundesweiten Vergleich Themen vorhanden Zu wenig Fokus bei Zielgruppen und Themen Starker Tourismus NRW e. V. mit hoher Tourismus- und Umsetzungskompetenz Schwierige Finanzierungssituation der Touris- musorganisationen auf lokaler, regionaler und Treiberfunktion des Tourismus NRW e. V. (als Landesebene Impulsgeber für Partnerinnen und Partner) Zu wenig fokussierte Kooperation und Kommu- Starke Regionen, kompetente DMO nikation (z. B. Sitzungshäufigkeiten) Konstruktives Kooperationsklima zwischen den Zu wenig interministerielle Abstimmung bei touristischen Akteuren im Land Fördermaßnahmen Touristische Wegeinfrastruktur (z. B. Rad- und Investitionsstau vor allem im ländlichen Raum Wanderwege) Zu schwache Innovationsmentalität von Digitale B2C-Kommunikation auf Landesebene touristischen KMU (Umsetzungsphase) Bewusstsein und Umsetzung der Digitalisierung im Land und vor allem bei den KMU noch nicht ausreichend (z. B. Relevanz für die Zukunft, strategische Bedeutung) Infrastruktur im ländlichen Raum (Breitband, Mobilität, Orts-/Stadtbilder etc.) Noch zu wenig barrierefreie Angebote Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 14
Chancen Trend zur Individualisierung und zu Special Interests Erschließung internationaler Märkte (Verstär- kung durch den Einsatz digitaler Technologie) Weiterer Ausbau des Geschäftstourismus (Vermischung von Arbeit und privaten Reisen: Bleisure) Anhaltender Trend zu immer kürzeren Reisen eröffnet weitere Marktpotenziale für Nordrhein- Westfalen Trend zu urbanen und ungewöhnlichen Reise erlebnissen, gleichzeitig Trend zur Regionalität und Authentizität Tourismus breiter denken, Verbindung von Tourismus- und Standortmarketing und -ent- wicklung, Kombination Tourismus und Industrie Trend zu Digital Detox/Seele baumeln lassen (ländlicher Raum) Risiken Open Data-Strategie für die Schaffung Attraktivitätsverluste im ländlichen Raum, individueller Angebote z. B. durch fehlende betriebliche Nachfolge Touristische Digitalstrategie für Nordrhein- regelungen Westfalen (z. B. Content-Strategie) Nachlassende Akzeptanz des Tourismus als Technologie unterstützt barrierefreie Angebote punktuelle/saisonale Herausforderung Demografischer Wandel Fachkräftemangel und Einstellung zur Arbeit, Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Nicht gelingender Strukturwandel bei den Tourismusorganisationen von Marketing- zu Managementorganisationen Nachlassende Motivation bei der Umsetzung der neuen Landestourismusstrategie Verschärfung von Finanzierungsproblemen (restriktive Kreditpolitik sowie auslaufende EU-Förderperiode) Wachsende Abhängigkeit von OTA etc. Quelle: dwif/Tourismuszukunft 2019 15 Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen – eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial
Schlussfolgerungen aus der SWOT-Analyse: Eine für alle – die Befragungen haben gezeigt, dass Kontakte knüpfen – Die neue Landestourismus der Masterplan 2009 in erster Linie als Strategie für strategie muss das Beziehungsgefüge und gegensei- den Tourismus NRW e. V. wahrgenommen wurde. tige Chancen zwischen Industrie/nicht-touristischer Bei der neuen Strategie wurden die Akteure im Land Wirtschaft und Tourismuswirtschaft neu definieren, schon im Erstellungsprozess umfassend einbezogen. um vorhandene Potenziale optimal nutzen und in Gleichzeitig kommen auf die Akteure weitere Ver- einen Wettbewerbsvorteil umwandeln zu können. pflichtungen zu, Verantwortung und Finanzierung werden verteilt. Fördern und fordern – Konkrete Fördermöglich keiten für den Tourismus erhalten und ausbauen, Weniger ist mehr – durch den Bezug zu den vorhe- damit (branchenübergreifende) Projektideen reali- rigen Strategiepapieren gewährleistet die neue strate- siert und nach einer Anschubfinanzierung verstetigt gische Grundlage Kontinuität und reduziert gleichzei- werden können. tig die Komplexität. Durch die Fokussierung können die Akteure besser erreicht werden. Aufgrund der Tourismus in Nordrhein-Westfalen digital Größe des Landes, des Querschnittcharakters der weiterdenken – Digitalisierung wird als integrierter Tourismusbranche und der kleinteiligen Strukturen Denk- und Gestaltungsansatz verankert und in den im Tourismus ist das besonders wichtig. So hilft die Themenfeldern und Maßnahmen ausgespielt. Aus- Landestourismusstrategie dabei, klare Strukturen und schlaggebend sind dabei die Motivation der Beteilig- Orientierung zu geben, dabei aber ausreichend Frei- ten, um den Tourismus in Nordrhein-Westfalen gezielt raum für Innovation und Kreativität in der Umsetzung weiterzuentwickeln, sowie die notwendigen Personal- zu lassen. ressourcen, um eine ausgezeichnete Qualität sicher- zustellen. Kommunikation ist das A und O – nicht nur innerhalb der Unternehmen, sondern insbesondere über verschiedene Ebenen und (Gebiets-)Grenzen hinweg. Die gestraffte, gebündelte und zeitgemäße Kommunikation zwischen den Akteuren wird gestärkt. Dabei sollen Transparenz und Ehrlichkeit im Fokus stehen. Vernetzt, digital, innovativ 16
2 Der strategische Ansatz: die Tourismusentwicklung von Nordrhein-Westfalen in der digitalen Welt gestalten 17 Der strategische Ansatz
2.1 Nordrhein-Westfalen – ein attraktives Tourismusland Alle Analysen unterstreichen, dass die Entwicklung Aber Nordrhein-Westfalen kann längst mehr, es kann im Tourismus in Nordrhein-Westfalen seit Jahren auch Tourismus! Das sollen alle innerhalb und außer- positiv ist. Immer mehr Menschen in Deutschland halb des Landes wissen, und so besteht das Funda- assoziieren mit dem Land längst nicht mehr nur rau- ment der Strategie für die Fortsetzung seiner touristi- chende Schlote und Industrie, sondern auch vielfäl- schen Erfolgsgeschichte aus einem gesunden, selbst- tige, attraktive Kultur- und Freizeit-, Erholungs- und bewussten Bekenntnis: Nordrhein-Westfalen ist ein Urlaubsmöglichkeiten sowie Events. Was vor weni- attraktives Tourismusland! Mit diesem Credo und gen Jahren noch kaum denkbar war, ist heute Reali- mit dem damit verbundenen Selbstvertrauen können tät: Man verbringt inzwischen im Ruhrgebiet einen und sollen alle touristischen Akteure am Markt agie- (Kurz-) Urlaub ebenso wie in den anderen Regionen ren, um sich auch künftig im anspruchsvollen Wett- des Landes. bewerb zu behaupten. Eine erfolgreiche Tourismus entwicklung unterstützt daher die Wahrnehmbarkeit und Erkennbarkeit von Nordrhein-Westfalen als Bekenntnis: Nordrhein-Westfalen ist starke und attraktive Wirtschafts- und Freizeitregion ein attraktives Tourismusland in Mitteleuropa und stärkt damit auch ihre Marken- positionierung. Die Identität der Bevölkerung und vieler Akteure ist 12 Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen 2019 jedoch oft noch vor allem in der industriellen Vergan- genheit und Kraft von Nordrhein-Westfalen verankert. Dieses Selbstverständnis ist nicht nur bei Menschen in urbanen, sondern auch in den ländlichen Räumen von Nordrhein-Westfalen anzutreffen. Die Potenziale, die sich aus dieser industriellen Wirtschaftsstärke ergeben, gilt es selbstverständlich auch weiterhin zu nutzen und dabei an die (digitalen) Anforderungen des 21. Jahrhunderts stetig anzupassen; die Digital- strategie.NRW12 zeigt hier den Weg. Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 18
2.2 Analoge Erlebnisse und die digitale Welt – von der Herausforderung zum aktiven Gestalten Bei der Frage nach der größten Herausforderung, die auf dem Weg zur weiteren Verbesserung der touristi- Rahmenbedingungen der Digitalisierung schen Sichtbarkeit und Erkennbarkeit zu bewältigen und Qualifikation des Personals als ist, stößt man rasch auf eine fundamentale Aufgabe: Voraussetzungen für Erlebnisse in der Auch in der zunehmend digitaler werdenden Gesell- digitalen Welt schaft geht es den Reisenden im Kern um den Wunsch nach einzigartigen Erlebnissen, die ihre persönlichen Motive, Interessen und Vorstellungen möglichst per- fekt erfüllen. Hier sind vor allem die touristischen Begriffe wie Content-Management-Strategie, Open Leistungsträger, mit ihrem und für ihren Betrieb und Data, 5G oder kontinuierlicher Wandel werden damit bevorzugt in Zusammenarbeit mit anderen Anbietern zu Schlüsselworten und zentralen Elementen bei der sowie mit den Orten gefordert. In kreativer Kompe- Weiterentwicklung des Tourismus in Nordrhein-West- tenz und Innovationskraft gilt es, immer wieder falen im digitalen Zeitalter. Die Digitalisierung hat neue, marktgerechte Erlebnisangebote für die Ziel- darüber hinaus auch einen immer stärkeren Einfluss gruppen des Tourismus in Nordrhein-Westfalen zu auf die Aufgaben und Arbeitsweise der touristischen entwickeln. Organisationen und Unternehmen. Sie bringt erhebli- che Veränderungen bei deren Strukturen sowie in der Die immer individualisierter werdenden Erlebnisan personellen und finanziellen Ressourcenausstattung gebote und alle Informationen, die zur Reise gehören, mit sich. Das bedeutet: Für diese Organisationen müssen heute immer und überall verfügbar sein. Die geht es um mehr als um kleine Anpassungen bei Bewältigung dieser Schlüsselherausforderung steht den Aufgaben. Es geht um ihren mehr oder weniger daher im Mittelpunkt der neuen Landestourismus- grundsätzlichen Umbau, der in den kommenden strategie, die sich zu diesem Zweck an der digitalen Jahren eine erhebliche Herausforderung für sie sein touristischen Servicekette (Customer Journey) orien- wird. Dabei gilt der Leitsatz, dass die Technik allein, tiert und systematisch fragt: An welchen Punkten einer ohne die Menschen, die mit ihr umgehen, nichts Reise benötigt der Gast welche Informationen und bewirken kann. Deshalb muss das Augenmerk, deut- digitalen Dienste in welcher Form, wer verfügt über lich stärker als in allen bisherigen Strategien, darauf die relevanten Informationen und wie sind diese opti- gerichtet werden, nicht nur die notwendige techni- mal bereitzustellen? Die digitale Customer Journey sche Basis für die digitale Tourismuswelt zu schaffen, beginnt mit der Inspiration, nach Nordrhein-Westfalen sondern auch die im Tourismus Tätigen auf ihre ver- zu reisen, erstreckt sich über die Phase der Informa- änderten Aufgaben vorzubereiten. Dies wird zu einer tionsgewinnung zu konkreten Angeboten, geht weiter Richtschnur bei der Identifikation der Schlüsselmaß- mit der Anreise zum Ziel und betrifft alle Aktivitäten nahmen für die Umsetzung dieser Landestourismus- während des Aufenthaltes, schließlich die Abreise strategie. und Heimkehr; nicht zu vergessen sämtliche (digita- len) Kommunikationspunkte im Reiseverlauf. 19 Der strategische Ansatz
Strategischer Ansatz für die neue Tourismusstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen Ziel Standortentwicklung durch Tourismus stärken Nachhaltigkeit Qualität Inklusion Attraktives Reiseland Erfolgsfaktoren Evaluation NRW gestaltet analoge Marktforschung, Umsetzungserfolge Individualisierung und und Kennzahlen Erlebnisse in der Profilierung, Internationali digitalen Welt sierung, Innovationen, Vernetzung ausbauen Infrastruktur Arbeits- und Fachkräftemangel Umsetzung Akteure mitnehmen, Starterprojekte initiieren
2.3 Ziele für den Tourismus in Nordrhein-Westfalen Die Markenkraft starker Unternehmen und diejenige Die Entwicklungschancen des Tourismus attraktiver Tourismusregionen können darüber hinaus liegen nicht zuletzt darin begründet, gegenseitig aufeinander ausstrahlen, sich verstärken dass er nicht nur ökonomische Effekte und so zum Nutzen beider Seiten den Bekanntheits- grad und das Image des Landes und seiner Regionen bewirkt und damit ein wichtiger erhöhen. Eine regionale Identität bzw. bewusste Wirtschaftsfaktor für die Orte und Regionen Verortung eines Unternehmens in der Region und ist, sondern dass er auch die Standort sein Bekenntnis dazu wirken als starke Standort attraktivität stärkt und die Lebens- und vorteile. Kundenbindung für die Unternehmen und Aufenthaltsqualität für Besucherinnen und Regionsbindung für die Tourismusbranche befördern sich zudem wechselseitig. Werksbesichtigungen und Besucher, die Bevölkerung, die Betriebe -feste, Werksverkäufe und andere Aktivitäten sind und ihre Beschäftigten erhöht. zudem unmittelbar nutzenstiftend für beide Bereiche. Kernziel: Die Standortentwicklung in Unternehmen benötigen außerdem zeitgemäße Nordrhein-Westfalen durch den Tourismus Hotels und andere Unterkünfte für ihre Geschäfts stärken. besucherinnen und Geschäftsbesucher und attrak- tive, besondere Locations für Seminare, Workshops und Tagungen, ungewöhnliche R ahmenprogramme für den sozialen Teil von Veranstaltungen aller Art. Das Kernziel ergibt sich aus den folgenden Punkten: Über diese Angebote und (Organisations-) Kompe- Ausmaß und Intensität der Verbindung zwischen tenz verfügt die Tourismusbranche und kann die wirtschaftlicher Kraft, touristischer Attraktivität und Unternehmen somit aktiv unterstützen. hervorragender Anbindung und Vernetzung der Teil- räume sind in Nordrhein-Westfalen einzigartig in Mit- Der Tourismus macht Nordrhein-Westfalen also für teleuropa und genau hierin liegt eine entscheidende alle attraktiver. Und so gilt es, künftig nicht nur den Chance. Alle Faktoren können sich gegenseitig traditionell bereits ausgeprägten Businesstourismus, befruchten und gemeinsam noch weit mehr Synergie- sondern auch den Tagestourismus und den Urlaubs effekte als bisher erschließen. Synergien ergeben sich tourismus mit kürzeren und längeren Aufenthalten z. B. beim Thema Arbeitskräfte, für viele Unterneh- aus dem In- und Ausland gemeinsam und systema- men heute eine der wichtigsten Herausforderungen, tisch weiterzuentwickeln; nicht zuletzt, weil Geschäfts weil Mangelware: Die oft hoch spezialisierten reisen nicht selten Initialzündung für private Reisen Betriebe im Land, darunter viele Weltmarktführer, sind. benötigen entsprechend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese wollen aber nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern auch eine hohe Lebens- und Freizeitqualität für sich und ihre Familien. Gerade jüngere Generationen stellen zudem steigende Ansprüche an ein gleichermaßen attraktives Arbeits- und Lebensumfeld für eine gesunde Work-Life- Balance. Attraktive Rad- und Wanderwege, Kultur-, Freizeiteinrichtungen und Events in den Städten, Tourismusorten und auf dem Land tragen substan- ziell genau dazu bei und profitieren ihrerseits wirt- schaftlich von der großen Nachfrage aus der e igenen Wohn- und Arbeitsbevölkerung. 21 Der strategische Ansatz
Zielsystem für den Tourismus in Gästezufriedenheit steigern: Nordrhein-Westfalen Die Gästezufriedenheit ist der zentrale Maßstab für eine erfolgreiche Tourismusentwicklung über alle Aus diesen Überlegungen und dem Kernziel heraus Ebenen hinweg, denn hier wird das Gesamtpaket wurden fünf operative Zielfelder abgeleitet, auf die der Reise entlang der gesamten touristischen die Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungskette vor Ort bewertet. Als Kenn- Landestourismusstrategie direkt oder indirekt ein- zahlen dienen der TrustScore von TrustYou als zahlen sollen. Die Definition von Zielen erhöht einer- Spiegelbild der Zufriedenheit mit den Beherber- seits die Verbindlichkeit in der Umsetzung und gungsbetrieben über Online-Bewertungsportale ermöglicht somit regelmäßige Zwischenevaluationen, sowie die Zufriedenheit mit Einzelaspekten wie eröffnet andererseits die Möglichkeit, frühzeitig auf der touristischen Infrastruktur, der Mobilität oder Marktveränderungen und -anforderungen reagieren des Preis-/Leistungsverhältnisses aus klassischen zu können. Gästebefragungen. Wertschöpfung erhöhen: Vernetzung zwischen dem Tourismus und der Auf die ökonomische Bedeutung des Tourismus in Standortentwicklung stärken: Nordrhein-Westfalen wurde bereits hingewiesen. Hierzu zählen z. B. initiierte neue Kooperationen Die Wertschöpfung umfasst dabei die Löhne und zwischen touristischen Akteuren und Partnern aus Gehälter der in den touristisch relevanten Betrie- anderen Wirtschaftsbereichen, gemeinsame Pro- ben beschäftigten Personen und die Gewinne die- dukte für Konsumenten, aber ebenso Initiativen ser Betriebe. Sie ist somit ein direkter Indikator für zur Arbeits- und Fachkräftesicherung. die Einkommenseffekte des Tourismus und seiner Wirkung als Querschnittsbranche. Ein weiterer Betriebliche Kennzahlen verbessern: Vorteil: Die Entwicklung der Wertschöpfung hängt Dieses Zielfeld kann durch die Maßnahmen im nicht allein von einem Mengenwachstum ab, son- Rahmen der Landestourismusstrategie nur indirekt dern wird auch durch eine Qualitätsverbesserung beeinflusst werden, etwa über Wissenstransfer positiv beeinflusst. Als zentrale Kennzahlen wer- oder die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen den die touristische Wertschöpfung im Tourismus für die touristische Entwicklung. Es ist deshalb in Nordrhein-Westfalen insgesamt sowie die Aus- aber nicht weniger wichtig. Relevante Kennzahlen gaben pro Kopf und Tag bei Übernachtungs- und sind die Investitionstätigkeit der Betriebe (Gastge- Tagesgästen definiert. werbe, und wenn verfügbar, Freizeitwirtschaft), ihre Ertragssituation und Entwicklungen am touris- tischen Arbeitsmarkt (z. B. nicht besetzte Ausbil- dungsstellen im Gastgewerbe). Die neue Strategie für das Tourismusland Nordrhein-Westfalen 22
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