KOLLEGIALE HILFE (KOHI) - PSYCHISCHE ERSTE HILFE DURCH KOLLEGINNEN IN DER KLINIK HIETZING - ONGKG
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Kollegiale Hilfe (KoHi) Psychische Erste Hilfe durch KollegInnen in der Klinik Hietzing Stärkung der Resilienz und psychosoziale Unterstützung von MitarbeiterInnen in Zeiten von Covid-19 Foto: AuftraggeberIn / FotografIn Miriam Ablöscher, MA Univ.-Lektor Dr. Wolfgang Huf, MSc April 2021
Aus dem Leitbild der Klinik Hietzing • Die Qualität der Leistungen ist unser zentrales Anliegen. • Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist maßgeblich am Erfolg des Krankenhauses beteiligt. Wertschätzung und Respekt sind Grundlagen für den Umgang miteinander. • Gesundheitsförderung und Risikominimierung für PatientInnen sowie für MitarbeiterInnen nehmen wir als wichtige Aufgabe wahr.
Strategische Ausrichtung der Klinik Hietzing auf PatientInnensicherheit • Herausforderung: PatientInnensicherheit und Qualität der Behandlung bedingen MitarbeiterInnensicherheit • Grundsätzliche Herangehensweise: Organisationsentwicklung hin zu Resilienz und einer konstruktiven Fehlerkultur („just culture“) • Ineinandergreifende Maßnahmen, u.a.: − „Safety in all policies“ − Befähigung von MitarbeiterInnen durch Ausbildung und Beauftragung − Wissenschaftliche Evaluierung (Evidenzbasiertes Management)
AGENDA 1. Das Second Victim Phänomen - Die „zweiten Opfer“ der Covid-19 Pandemie 2. Psychosoziale Unterstützung von MitarbeiterInnen der Klinik Hietzing in Zeiten von Covid-19 3. Kollegiale Hilfe (KoHi) - Psychische Erste Hilfe durch KollegInnen in der Klinik Hietzing
Second Victim Phänomen • Spitalspersonal kann durch außergewöhnliche Ereignisse in der PatientInnenversorgung emotional traumatisiert werden. (Wu 2000, Scott et al. 2009) • Bis zu 2/3 der Betroffenen verarbeiten das traumatische Ereignis dysfunktional: (Strametz et al. 2020) − Akute psychische Reaktionen (z.B. Schuldgefühle, Verlust des Selbstvertrauens, Schlafstörungen, Depression, Flashbacks) − Posttraumatische Belastungsstörung, bis hin zu Suizid − Krankenstände, Kündigungen, Berufsaufgabe − Defensives Verhalten, verminderte Leistungsfähigkeit − Erhöhtes Fehlerrisiko in der PatientInnenbehandlung • Nach der SARS‐Pandemie 2003 zeigten bis zur Hälfte der Behandelnden psychische Reaktionen, Burnout oder PTBS. (Tam et al. 2004) Foto: Foto: Foto: KHI KHIKHI / /Votava Votava / Votava
Belastungen des Klinikpersonals durch die Covid-19 Pandemie • Informationsüberflutung • Erhöhtes Infektionsrisiko • Personalmangel, Mehrarbeit und Überstunden • Stundenlanges Arbeiten in persönlicher Schutzausrüstung • Kurzfristige Versetzungen an andere Abteilungen • Fachliche Überforderung • Konfrontation mit großer Anzahl an schwerwiegenden und letalen Verläufen • Ethische Konflikte in der PatientInnenbehandlung • Kompensieren der Besuchseinschränkungen Foto: KHI/ / Votava Foto: KHI Steininger
Auswirkungen der Covid-19 Pandemie • Das Klinikpersonal ist durch die Covid-19 Krise besonders belastet. • Krankenstände und Kündigungen verschärfen den Druck auf das Gesundheitssystem zusätzlich. • Es drohen ernstzunehmende Gefahren für die Sicherheit von PatientInnen und MitarbeiterInnen. Es braucht rasche, niederschwellige und abgestufte Unterstützungsangebote für MitarbeiterInnen. Foto: Foto: KHIKHI / Votava / Votava
Kapitel 2: Psychosoziale Unterstützung von MitarbeiterInnen an der Klinik Hietzing in Zeiten von Covid-19
Psychosoziale Unterstützung für MitarbeiterInnen der Klinik Hietzing Psychische Erste Hilfe an der Abteilung • Erkennen von Belastungssituationen und Hilfsbedarf Kollegiale Hilfe • Vertrauliche Nachbesprechung noch vor Dienstende (KoHi) • Organisieren von Entlastung und ggf. professioneller Hilfe Professionelle Krisenintervention in der Klinik (24/7) 2. Psychiatrische Abteilung • Akutintervention nach Krisenereignissen unmittelbar vor Ort • Direkte und vertrauliche Unterstützung Seelsorge-Team • Auf Wunsch auch Weiterbetreuung an der 2. Psych. Abt. möglich Netzwerk professioneller Unterstützung (extern) Psychologische Beratungsstelle • An unterschiedliche Bedürfnisse angepasste Angebote • je nach Bedarf kurz- bis längerfristige Betreuung Kurzzeit-Coaching / • Niederschwellig, kostenlos und streng vertraulich Supervision • Nach Vereinbarung auch in der Dienstzeit möglich CORONA-Sorgenhotline Wien • Auf Wunsch kontaktlos (per Telefon / Video)
Kapitel 3: Kollegiale Hilfe (KoHi) Psychische Erste Hilfe durch KollegInnen in der Klinik Hietzing
Kollegiale HelferInnen (KoHi) • leisten Psychische Erste Hilfe • unterstützen KollegInnen bei der emotionalen Bewältigung kritischer Ereignisse am Arbeitsplatz Foto: KHI / Votava
Vorteile der Kollegialen Hilfe • Niederschwellig und unmittelbar vor Ort verfügbar. (kann auch von Nachbarabteilungen angefordert werden) • Ein KoHi-Gespräch gilt als Dienstzeit und ist streng vertraulich. • Das KoHi-Gespräch findet auf der fachlichen Ebene statt. KoHi können Betroffene oftmals besser verstehen, weil sie KollegInnen sind. • Die/der KoHi steht auf der gleichen Ebene, ist kein Vorgesetzter.
Welche Aufgaben hat eine/ein KoHi? • Im Anlassfall Psychische Erste Hilfe leisten • MultiplikatorIn und AnsprechpartnerIn an der eigenen Abteilung für Krisenintervention und Psychische Erste Hilfe • Teilnahme an KoHi-Vernetzungstreffen • Unterstützung beim Aufbau des KoHi-Netzwerks in der Klinik Hietzing Foto:KHI Foto: KHI/ / Ablöscher Ablöscher
Wie wird man KoHi? • Nominierung über Vorgesetzten • Teilnahme an der Fortbildung „Kollegiale Hilfe“ (Dauer: 1 x 5 Stunden) • Aufnahme in die KoHi- Telefonliste im Intranet Foto: KHI / Votava
Aktueller Projektstand • Projektstart: 07.08.2018 • Mittlerweile sind 98 KoHi aus unterschiedlichen Berufsgruppen an der Klinik Hietzing vorhanden. • Seit der 1. Schulung am 15.05.2019 haben bereits 18 KoHi-Gespräche stattgefunden.
Evaluierung der Fortbildung „Kollegiale Hilfe“ Auswertungszeitraum: 15.05.2019 bis 3.12.2019 7 Termine 96 Teilnehmende
Motivation, Kollegiale Hilfe zu leisten Vor der Schulung: 60% „sehr hoch“ Nach der Schulung: 69% „sehr hoch“
Einschätzung der praktischen Relevanz der Kollegialen Hilfe Vor der Schulung: 46% „sehr hoch“ Nach der Schulung: 66% „sehr hoch“
Sicherheit im Umgang mit Personen in kritischen Situationen 93% fühlen sich nach der Schulung sicherer als vorher Seite 22
Evaluierung der KoHi-Einsätze Auswertungszeitraum: 15.05.2019 bis 10.03.2021 Gemeldete KoHi-Einsätze: 16
Welche Ereignisse lösten die KoHi- Gespräche aus?
Wie wurde die/der KoHi verständigt?
Fand das Gespräch noch vor Dienstende der betroffenen Person statt? *nein: am nächsten Tag
Die meisten KoHi-Gespräche War die Zeit für das dauerten ca. 30 - 40 Minuten Gespräch ausreichend?
Wie hilfreich war das Gespräch für die betroffene Person? (nach Einschätzung der/des KoHi) Median: 9
Belastung der/des KoHi nach dem Gespräch Median: 1 Bisher hat kein/e KoHi nach dem Einsatz eine Supervision in Anspruch genommen.
Fazit • Maßnahmen zur Stärkung der psychischen Resilienz des Spitalspersonals fördern auch die Sicherheit und Qualität der Behandlung. • Durch Covid-19 hat der Umgang mit Traumatisierungen im Sinne des Second Victim Phänomens zusätzlich an Bedeutung gewonnen. • KollegInnen sind nach traumatischen Ereignissen am Arbeitsplatz in der Regel die erste Anlaufstelle und es macht Sinn, diese in Psychischer Erster Hilfe zu schulen. • Kollegiale Hilfe bietet niederschwellige, rasche und hilfreiche Unterstützung nach traumatischen Ereignissen. Sie ist eine sinnvolle Ergänzung zu professioneller Krisenintervention vor Ort.
Miriam Ablöscher, MA Gesundheitsmanagerin und KoHi-Projektleitung Stabsstelle Patientensicherheit und Qualität / Karl Landsteiner Institut für Klinisches Risikomanagement Klinik Hietzing - Wiener Gesundheitsverbund Telefon: +43 664 885 240 99 E-Mail: miriam.abloescher@gesundheitsverbund.at Fragen ? Univ.-Lektor Dr. Wolfgang Huf, MSc Arbeits- und Organisationsmediziner, Patientensicherheitsbeauftragter Institut für Labormedizin / Karl Landsteiner Institut für Klinisches Risikomanagement Klinik Hietzing - Wiener Gesundheitsverbund Telefon: +43 664 60950 13009 E-Mail: wolfgang.huf@gesundheitsverbund.at
Literatur Strametz R, Raspe M, Ettl B, Huf W, Pitz A (2020): Handlungsempfehlung zu Stärkung der Resilienz von Behandelnden und Umgang mit Second Victims im Rahmen der Covid‐19‐Pandemie zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens. Aktionsbündnis Patientensicherheit, Plattform Patientensicherheit [Hrsg.]. DOI: 10.21960/202003 Strametz R, Koch P, Vogelgesang A, Burbridge A, Rösner H, Abloescher M, Huf W, Ettl B. Raspe M. (2021): Prevalence of second victims, risk factors and support strategies among young German physicians in internal medicine (SeViD-I survey). Journal of Occupational Medicine and Toxicology (2021) 16:11 https://doi.org/10.1186/s12995-021-00300-8 Scott, S. D.; Hirschinger, L. E.; Cox, K. R.; McCoig, M.; Brandt, J.; Hall, L. W. (2009): The natural history of recovery for the healthcare provider "second victim" after adverse patient events. In: Quality & safety in health care 18 (5), S. 325-330. DOI: 10.1136/qshc.2009.032870. Tam, Cindy W. C.; Pang, Edwin P. F.; Lam, Linda C. W.; Chiu, Helen F. K. (2004): Severe acute respiratory syndrome (SARS) in Hong Kong in 2003. Stress and psychological impact among frontline healthcare workers. In: Psychological medicine 34 (7), S. 1197–1204. DOI: 10.1017/s0033291704002247. Wu, A. W. (2000): Medical error. The second victim. In: BMJ 320 (7237), S. 726–27. DOI: 10.1136/bmj.320.7237.726.
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