Ökologie und Naturschutz: Neophyten - Arten - Risikoeinschätzung - positive Aspekte - eduACADEMY
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Basisinfos Neophyten „Langbeinige Exotin aus dem fernen Osten… …meist blutvoll rot, auch übernächtigt blass, bietest du deine zarten Lippen, verhauchst dein sinnliches Parfum, bist du Verführung pur!“ Bilder: Dr. Willy Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 2
Basisinfos Neophyten Impatiens (lat.) = Ungeduld „Saftgespannte, Hocherregte, Ungeduldige, schon sanftes Streicheln lässt dich explodieren.“ Bild: Dr. Willy Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 3
Basisinfos Neophythen „Doch Kälte streckt dich unversehens nieder, rasch vergehen deine bleichen Röhrenknochen.“ Bild: Dr. Willy Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 4
Basisinfos Neophyten „Was dann im Winter nur das Hoffen war, dass du nicht wiederkehrst, erfüllt der Sommer überreich mit einer ganzen Schar aus deinesgleichen!“ Uns warst‘ alleine schon genug, Dir will’s nicht reichen! Problemfall? Dominanzbestände erst im Hochsommer ➔ Abmilderung der SO-Konkurrenz zu heimischen Arten ➔ Problemart in Österreich und Schweiz ➔ Aktuell werden Naturschutzprobleme nicht als sehr relevant angesehen. Dynamik ↔ Änderung ↔ Differenzierung Wildgeworden ! ➔ eher ein ökon. Problem der Waldverjüngung Bild: Dr. Willy Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 5
Basisinfos Neophyten Drüsiges Springkraut (Impatiens glandilufera) Auch: Indisches Springkraut Bauernorchidee Emserorchidee Wupperorchidee Die Fragen: Sind Neophyten gefährliche Einwanderer? Wie kommen die Neophyten zu ihrem schlechten Ruf? Warum wird Jahren die Diskussion oft sehr emotional geführt? Gibt es positive Seiten der neuartigen Pflanzen? Sind auch Problem-Neophyten nicht auch medizinisch wertvoll? Bild: André Karwath Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 6
Basisinfos Neophyten Neophythen: Alle Pflanzen die nach 1492 ( = Neuzeit) unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen nach Österreich bzw. Deutschland gelangten. (Auch: Neobiota = alle Organismen) Gemeinsamkeiten: Günstlinge der Globalisierung Charles Darwin, 1859, „Die Entstehung der Arten“ „Es gibt Fälle, in denen eingeführte Pflanzen sich in kaum zehn Jahren über ganze Inseln verbreitet haben. Die nächstliegende Erklärung ist, dass die Zerstörung von alt und jung geringer war und fast alle Abkömmlinge sich fortpflanzen konnten oder keine Konkurrenz eine Rolle spielte.“ ➔ Evolutionstheorie: Entstehung und Veränderung von Arten als Element der Evolution Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 7
Basisinfos Neophyten Neobiota (Beispiele) Neomyceten In D und A allein bei den Neozoen Bisamratte, um 1905 von Großpilzen über 40! Arten, z.B. Nordamerika in den Raum Prag. Österreich: Tintenfischpilz (Clathrus archeri) aus 500 Neozoen die 1% der gesamten Fauna Australien) ausmachen. Weniger als 10% dieser Arten (46) stellen aus naturschutzfachlicher Sicht eine Bedrohung der heimischen Biodiversität Bilder: Dr. W. Zahlheimer dar: 40 potentiell invasiv, 6 invasiv. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 8
Basisinfos Neophyten Neophythen: „im Gepäck der Globalisierung“ ➔ Handelsschifffahrt Handelsschifffahrt um 1500 Handelsschifffahrt um 1775 Quelle: Dr. W. Zahlheimer, Regierung von Niederbayern Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 9
Basisinfos Neophyten Die Flora war stets im Wandel aber noch nie so rasch wie in den letzten 200 Jahren ! Ursachen für diesen Wandel: - Leistungsfähige Fernstraßen - Dampfer Von besonderem Gewicht: - Eisenbahn Die (erst nach 1800 eingebürgerten) Jungneophyten Jungneophyten Neophyten Archäophyten Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 10
Basisinfos Neophyten Frühneophyten Jungneophyten Einbürgerungsphase zwischen 1500 und 1800. Einbürgerungsphase nach 1800. Knopfkraut oder Franzosenkraut (Galinsoga ciliata) Bilder: M. Becker Bild: Rasbak Kanadisches Berufkraut (Conýza canadiensis) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 11
Basisinfos Neophyten Archäophyten Erstaunlicherweise wird über den Begriff der Archäophyten, das Gegenstück zu den Neophyten, vergleichsweise so gut wie gar nicht diskutiert: Hier handelt es sich um die Alteingebürgerten, also Arten, die seit der Sesshaftwerdung des Menschen nach der Jungsteinzeit überwiegend aus dem Mittelmeerraum und Westasien eingewandert sind. Ihre Ansiedlung wurde durch die Kulturtätigkeit (Römer, Rodung, Ackerbau, Viehzucht, Siedlung) begünstigt. Meist sind dies Licht liebende Steppenpflanzen. Viele von ihnen haben heute hohe Naturschutz- relevanz. Besonders im Naturschutz werden die Archäophyten als heimisch (indigen) betrachtet. Aus: Garten+Haus, Österreichische Gartenbaugesellschaft, Wien, März 2009 Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 12
Basisinfos Neophyten Archäophyten Echte Kamille (Matricaria chamomilla L.) Kornrade (Agrostemma githago) Bild: Adornix Bild: Kristian Peters Kornblume (Centaurea cyanus) und… Birne, Kulturapfel, Pflaume, Klatschmohn, Getreidearten (Gerste/Mäusegerste) u.a. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 13
Basisinfos Neophyten Urwüchsige, alteingebürgerte Arten Frühgeschichtliche Arten (Mesochoren) Einbürgerungsphase in vorgeschichtlicher Zeit Einbürgerungsphase Römerzeit bis Mittelalter Seifenkraut (Saponaria offic.) Archäophyten Pfirsichblättrige Glockenblume (C. persicifolia) Bild: Teun Spaans Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 14
Basisinfos Neophythen Neophyten - oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen Zarte Binse (Juncus tenuis) Ursprünglich aus Nordamerika, seit 1824 in Europa bekannt. Inzwischen Weltweit bis nach Neusee- land und Australien verbreitet. Häufig in Waldwegen und Trittgesellschaften, Kulturbegleiter. Erträgt Bodenverdichtung und bevorzugt kalkarme Böden. Fehlt (noch) ab 1000 m. Bild: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 15
Basisinfos Neophyten Neophyten - oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen Persischer-Ehrenpreis (Veronica persica) Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet dieser Pflanzenart liegt im Kaukasus und in Nordanatolien. Um 1805 herum entkam die Art als Zierpflanze aus aristokratische Orangerien. Sie ist als sogenannter Gartenflüchtling an vielen Stellen verwildert. Bild: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 16
Basisinfos Neophyten Neophyten - oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen Strahlenlose Kamille (Matriciaria discoidea) Stammt ursprünglich aus dem nordöstlichen Asien. Mittlerweile seit etwa 1850 in A und D völlig eingebürgert. Pflanzenart ist fast kosmopolitisch vertreten. Bevorzugt in Trittrasen, vor allem in Siedlungsnähe; sie wächst dort oft in größeren Gruppen. Samen verschleimen bei Nässe. ➔ Kleben an Sohlen, Verschleppung ü. große Strecken Bild: Fabelfroh Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 17
Basisinfos Neophyten Neophyten - oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis) Ursprünglich N-Amerika, gezielte Einführung als Zierpflanze im 17. Jahrhundert. 1623 wird ihr Anbau in Gärten bei Paris belegt („Ethelochorie“). 1668 systematisches Anpflanzen bei Halle und als Lysimachia virginina major fl. amplo bezeichnet. Wurzeln und Blätter essbar ➔ Anbau als Gemüsepflanze in Küchengärten. Gartenflüchtling ➔ 1766 als weit verbreitetes Unkraut beschrieben. Ruderalpflanze, bevorzugt Kalkstandorte, „Eisenbahnpflanze“ Bild: G. Slickers Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 18
Basisinfos Neophyten Neophyten - oft gar nicht mehr als solche wahrgenommen Feinstrahl od. Einjährig. Berufkraut (Erigeron annuus) Einwanderung nach 1800 aus Nord- Amerika als botanische Rarität. Auwälder, feuchte Wiesen und Ruderalfluren sind bevorzugte Stand- orte. In Österreich ist er zerstreut bis häufig in allen Bundesländern. In Deutschland nimmt seine Verbreitung grob von Süden nach Norden ab. Im Schwarzwald ist er häufig anzutreffen, in einigen norddeutschen Gebieten kommt er nur selten vor. Der Feinstrahl ist auch in der Schweiz verbreitet. Typische Pionierpflanze! Bild: Tigerente Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 19
Basisinfos Neophyten Neophyten – nicht nur aus anderen Kontinenten, auch aus der Nachbarschaft Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) Der Rote Fingerhut ist im westlichen Deutschland sowie dem westlichen Süd-, Mittel- und Nordeuropa beheimatet. Seit dem 16. Jahrhundert Verwendung als Zierpflanze im Garten, seitdem in allen gemäßigten Zonen verbreitet. Bevorzugt frischen, kalkarmen, sauren, lockeren, humusreichen Boden an sonnigen bis halbschattigen Standorten. Frische- und Säurezeiger Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 20
Basisinfos Neophyten Neophyten – nicht nur aus anderen Kontinenten, auch aus der Nachbarschaft Echte Engelwurz od. Erzengelwurz (Angelica archangelica ) Ursprünglich in Nord (Island)- und Osteuropa heimisch. Bei uns präsent als Achäophyt und Neophyt. Die Unterart (Subspecies) Angelica archangelica ssp. litoralis tritt nur an der Donau bis etwa Wien auf. Ausbreitung seit etwas 1800. Verbreitung über Wind- und Schwimmausbreitung. Bild: Kristian Peters Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 21
Basisinfos Neophyten Neophyten – Manche Arten treten nur sporadisch auf, einige sind echte Raritäten! Beispiel Gezähnter Leindotter (Camelina alyssum) aus Vorarlberg Ackerwildkraut aus Balkan und der Türkei. War dort an die Lebensbedingungen der Leinfelder angepasst. Um 1920 erstmals in Österreich (von Josef Murr) auf Leinäckern bei Bregenz nachgewiesen. Verschwand aus der Kulturlandschaft als der Leinbau aufgegeben wurde. Bilder. W: Wohlers und Arno Littmann Nach 1920 wurde diese Art in Österreich nicht mehr nachgewiesen. Um 1950 ist die Art weltweit ausgestorben. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 22
Basisinfos Neophyten Neophyten – Über die Kontinente hinweg auch ein wechselseitiges Problem. Beispiel Blutweiderich (Lythrum salicaria) ➔ starker Neophyt in Nordamerika, Ursprung: Eurasien ➔ verdrängt keine heimischen Arten. Aber: Hemmt Fließgeschwindigkeit in Wasserstraßen Beispiel Scharfe Wolfsmilch (Euphorpia esula) ➔ starker Neophyt in Dänemark und N-Amerika ➔ Ursprung: Eurasien, fehlt in den Alpen (nur bis zur montanen Stufe) mit Ausnahme von Südtirol und Osten Österreichs Ausbreitung mitteleuropäischer Arten in anderen Kontinenten bedeutender als umgekehrt! Quelle/Grafik: Jäger (1977) und Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 23
Neophyten – Kenntnisstand heute Österreich 2002 2008/2009 Gefäßpflanzen gesamt (taxierte Arten) 4.060 (100 %) Neophytisch etablierte Arten 275 300 Neophytisch unbeständige Arten 834 28 % Neophytisch invasive (problematische) Arten 18 (0,44 %) Gesamtbiodiversität in Österreich: 67.000 Arten, davon 2.000 Neobiota = 3 % Quelle: Dr. Essl und Dr. Rabitsch, Umweltbundesamt, Wien, 2009 Deutschland 2008/2009 Gefäßpflanzen gesamt (sog. einheimische Arten) 3.400 (100 %) Neophytisch etablierte Arten 400 Neophytisch unbeständige Arten 1.007 Neophytisch invasive (problematische) Arten 50 (1,47 %) Quelle: Bundesamt für Naturschutz, Bonn, 2009 Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 24
Neophyten – Kenntnisstand heute Definitionen und Begrifflichkeiten Unbeständige Neophyten: Neophytenarten, die gelegentlich zerstreut auftreten, aber nicht etabliert sind. Etablierte/eingebürgerte Neophyten: Neophytenarten, die über mehrere Jahre und Generationen und seit mindestens 25 Jahre im Land wachsen und sich ohne Zutun des Menschen vermehren. Invasive Arten: Neophytenarten, die unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten (auch Mensch), Lebensgemeinschaften oder Biotope haben und auch oft ökono- mische Probleme verursachen. Breiten sich rasch und stark aus. Zur Abgrenzung von „unproblematischen Neophyten“ kann dieser Begriff sinnvoll sein, da von diesen sog. invasiven Arten die unerwünschten Auswirkungen – auch aus naturschutzfachlicher Sicht – ausgehen (können). Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 25
Neophyten – Kenntnisstand heute Definitionen und Begrifflichkeiten Lediglich ein gewisser Prozentsatz der verwilderten Arten hat sich über Jahrzehnte als problematisch herausgestellt. Daher oft der negative Beigeschmack des Wortes „Neophyt“. Die Höhe diese Prozentsatzes lässt sich einschätzen und sogar voraussagen. Tens-Rule 1000 eingeführten Arten als Basis. 100 Arten davon verwildern. 10 davon etablieren sich dauerhaft. Davon wiederum wird nur 1 Art zu einem „Problemneophyt“. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 26
Neophyten – Kenntnisstand heute Warum „Invasiv“, warum „Problem“? - Definitionen und Begrifflichkeiten Die Betrachtung dafür kommt aus sehr unterschiedlichen Bereichen: ▪ problematisch für die menschliche Gesundheit sein, ▪ bedeutende wirtschaftliche Schäden verursachen oder ▪ ein Gefahrenpotenzial für die heimische Natur/naturnahe Lebensräume darstellen Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 27
Neophyten – Kenntnisstand heute Invasive Neophyten, die ein Risiko für naturnahe Lebensräume darstellen: Eschen-Ahorn (Acer negundo) Götterbaum (Ailanthus altissima) Lanzett-Aster (Aster lanceolatus) Glattblatt-Aster (Aster novi-belgii) Schwarzfrucht-Zweizahn (Bidens frondosa) Kanadische Wasserpest (Elodea canadensis) Amerikanisches Weidenröschen (Epilobium ciliatum) Japan-Flügel(Stauden)knöterich (Fallopia japonica) Pennsylvanische Esche (Fraxinus pennsylvanica) Topinambur (Helianthus tuberosus) Drüsen-Springkraut (Impatiens glandulifera) Kleines Springkraut (Impatiens parviflora) Hybrid-Pappel (Populus ×canadensis) Robinie (Robinia pseudacacia) Schlitzblatt-Sonnenhut (Rudbeckia laciniata) Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 28
Neophyten – Kenntnisstand heute Invasive Neophyten, die bedeutende wirtschaftliche Schäden verursachen können: Europa-Samtpappel (Abutilon theophrasti) Eschen-Ahorn (Acer negundo) Grünähren-Fuchsschwanz (Amaranthus powellii) Rauh-Fuchsschwanz (Amaranthus retroflexus) Japan-Flügel(Stauden)knöterich (Fallopia japonica) Bastard-Flügel(Stauden)knöterich (F. jap. × sach.) Sachalin-Flügel(Stauden)knöterich (F. sachalinensis) Behaartes Knopfkraut (Galinsoga ciliata) Kleinblütiges Knopfkraut (Galinsoga parviflora) Spätblühende Rispenhirse (Panicum dichotomiflorum) Robinie (Robinia pseudacacia) Invasive Neophyten, die ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen: Ragweed, Beifuß-Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 29
Neophyten – Heil- und kulinarische Nutzung „Die Natur wird das schon wieder richten!“ „Aber sie liefern doch Nektar und Pollen!“ „Aber manche sind doch so heilkräftig und medizinisch wertvoll!“ Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 30
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) Einführungswege Im 19. Jhdt. eingeführt und als Zierpflanze sowie als Deckungs- und Äsungspflanze, Viehfutter und zur Böschungsbefestigung ausgebracht Sekundär-Ausbreitung selten durch Samen, meist durch Transport von Rhizom- oder Stängelteilen mit Gartenabfällen, Aushub oder Hochwasser. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 31
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) Ausdauernde, überaus regenerationsfähige Wurzeln, Ausläufer und Stängel. Generative Verbreitung der Samen ist unbedeutend. Grafik: Dr. W. Zahlheimer Bild: Michael Gasperl Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 32
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) Unterirdisch hochaktiv! Ausbreitung bis zu 1 m in die Breite. In den Wurzeln steckt bis zu 2/3 der Biomasse der Pflanze. Aus ihnen erfolgt im Frühjahr – nach dem Absterben der oberirdischen Pflanzenteile im Spätherbst – der Neuaustrieb. ➔ Arbeit im Untergrund durch Ausdauer und Beharrlichkeit zur Alleinherrschaft. Grafik: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 33
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) - Drei Arten wuchern um die Wette! Japan-Staudenknöterich Sachalin-Staudenknöterich (F. sachalinensis): (Fallopia japonica, Polygonum cuspidatum) Herkunft: Sachalin, Kurilen, japan. Inseln Herkunft: China, Japan, Korea Österreich noch relativ selten! Österreich: Alle Bundesländer Bastard-St. (F. x bohemica) In Europa entstanden ➔ Echter „Neophyt“ Blattgrund gestutzt Blatt sehr groß, Blattgrund Blattnerven nur mit kurzen herzförmig, Nerven 1 mm lang anliegenden Haaren Merkmale dazwischen gerade abstehend behaart liegend, z. B. kurze abstehende Haare, Grafik: Dr. W. Zahlheimer größte Wuchshöhe 34 Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) - Eindämmung Beseitigung schwierig und aufwändig ➔ nur fallweise sinnvoll! - Ausgraben und dichte Folgevegetaton - Mahd: 8 Schnitte im 1. Jahr, 4-6 Schnitte in den Folgejahren bei 40 cm Wuchshöhe - Wenn nur 1x, dann im Juli = höchster Schwächungseffekt - Auch Beweidung möglich - Schnittgut und Wurzeln auf neutralen Flächen austrocknen lassen. Thermisch oder über Biomüllkompostierung entsorgen. Bilder: Dr. Zahlheimer - Ungünstig: Schlegeln, mulchen, Fadenmäher! - Laufende Kontrolle Fachbehörden! Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 35
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) Positive Aspekte ▪ Junge, weiche Sprosse bis 20 cm Höhe schmecken gut als Gemüse. Wenn sie sehr jung sind, können sie sogar roh gegessen werden. Die hohlen Sprosstängel werden je nach Rezept gefüllt und wie überbackene Cannelloni zubereitet. Von Menschen, die sich für Wildkräuter und kreative Rezepte begeistern, wird der Staudenknöterich deshalb beispielsweise als Zutat für Relish, Kompott, Konfitüre, Kuchen und Limonaden benutzt. Als Gemüse werden meistens die jungen, säuerlich schmeckenden Stangen zubereitet. Quelle:swiss-advance.com Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 36
Neophyten – Einzelbetrachtung Staudenknöterich (Fallopia japonica und Fallopia sachalinensis) Positive Aspekte ▪ Aktuell Staudenknöpterich auf trans-Resveratrol im therap. Test. Resveratrol besitzt unter anderem Wirkung als Phytoöstrogen. Japan verwendet dazu Heiltees. Obwohl der Resveratrol-Gehalt in der Pflanze um mehrere Größenordnungen höher liegt als in roten Weintrauben (einer anderen, viel untersuchten Quelle für Resveratrol), war der Gehalt im Tee nicht höher als in Rotwein; dies wird darauf zurückgeführt, dass er im wässrigen Extrakt Tee stark verdünnt wird. ▪ Der ebenfalls enthaltene Pflanzenwirkstoff Emodin beeinflusst ein Enzym, das beim Zuckerstoffwechsel eine Rolle spielt: günstige Wirkung bei Diabetes. Außerdem wirkt es leicht abführend. Anwendungsspektrum zählen erhöhter Blutdruck, Menstruationsbeschwerden, Fieber und Pilzerkrankungen. Umschläge aus frischen zerstoßenen Blättern oder Wurzeln können aufgrund ihres Gehaltes an Gerbsäure bei Hautkrankheiten und Entzündungen eine heilende Wirkung entfalten. ▪ Rohrartig gewachsene Sprossachsen lassen sich gut für den Bau von Flöten und für kleine Tisch- und floristische Dekorationen verwenden. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 37
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Kraftstrotzender Gebirgler, stammt aus 2300 m Höhe aus dem Kaukasus (Feuchtstandorte). Dort Kaukasus-Endemit. Auch: „Stalins Rache“ genannt. Bereits um 1850 in Mitteleuropa kultiviert: Deckungspflanze für Wild, gelegentlich von Imkern als Bienenweide angesät. Unabsichtliche Weiterverbreitung durch Bauschutt und Gartenabfälle. In Österreich in den letzten Jahrzehnten in Ausbreitung (Ruderalstandorte) begriffen, bis untere montane Stufe (ca. 800 m). Bild: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 38
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Ausbreitung in Mitteleuropa geht wohl auf Zar Alexander I. zurück. Er schenkte nach dem Wiener Kongress (1815) Fürst Metternich eine Vase voll Samen die in Treibhäusern angesät und so den Weg nach „draußen“ fanden. Rekordhalter: Höchste frei stehende, krautige Pflanze Europas! Wuchshöhe bis zu 4 m! Weiteste Röhren! Bilder: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 39
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Rübe im 2. Jahr bis zu 15 cm Dicke. 50.000 – 80.000 Samen/Pflanze. Einzelblüte bis zu 15.000 Samen. Verwehung < 100 m. Keimfähigkeit bis zu 7 Jahren. ➔ „Samenbank statt Alter“ Bilder: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 40
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Wahrhaft ätzend! Frische Pflanze enthält stark photosensibilisierenden Saft (Furanocumarin) der Verätzungen und Blasenbildung verursachen kann, v.a. bei Allergikern und Kindern. Bilder: Appaloosa (l.) und Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 41
Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) - Eindämmung Strategie über mind. mehrere Jahre notwendig: 1. Im Frühjahr (Rosettenstadium) abtrennen des oberen Teil d. Rübe (Erneuerungsknospen) mit Spaten od. Motorfräse. 2. Mahd bei Beginn der Fruchtbildung ➔ keine Früchte! 3. Fruchtstände im Juli abschneiden: Thermische Entsorgung bzw. Heißkompostierung. Fahrzeuge säubern! Samen können bei unsachgemäßer Entsorgung nachreifen. 4. Auch Glyphosat-Herbizide möglich. 5. Kontrolle in Siedlungs- und Freizeitgeländen etc. sinnvoll. Kritische Grenze Bilder: Teemu Mäki (l.) und Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 42
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Positive Aspekte ? ▪ Neutral/Problemaspekt: Enthält photosensibilisierende Substanzen sowie ätherische und fette Öle (nur in den Früchten). Zu den toxischen Komponenten zählen unter anderem die Furocumarine Xanthotoxin, Psoralen und Bergapten. Sie sind in fast allen Pflanzenbestandteilen enthalten. Giftfrei sind, soweit vorhanden, die weiße Innenauskleidung der hohlen Stängel; die Stängel selbst erst dann, wenn sie vollständig abgestorben sind und nur noch das weiße Zellskelett besteht. ▪ Französische Avantgarde-Wildkräuterköche verwenden die allerjüngsten Sproße (bevor die Sproße in die Höhe wachsen!) als Wildgemüse – ähnlich Brokkoli. Letztendlich ist jedoch der Riesenbärenklau nicht zum menschlichen Verzehr geeignet. ▪ Blütenstände sind eine gute Bienenweide, die lange in den Spätsommer hinein eine Tracht liefert. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 43
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Tobinambur (Helianthus tuberosus) Vermutlich aus Mexiko/N-Amerika. Knolle durch Überlebende franz. Auswanderer nach Europa geschickt worden – 1612 in Paris und Rom. Volksmythologie: Jerusalem-Kartoffel, Erdsonnenblume, Erdtrüffel, Süßkartoffel, Rosskartoffel u.a. Indianerstamm der „Tupinambás“ stand Pate für den heutigen Pflanzennamen. Wuchshöhe bis 2,5 m. Frostempfindlicher aber ausdauernder Spätblüher. Foto: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 44
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Tobinambur (Helianthus tuberosus) Stärke als Neophyt ist sehr vom Standort abhängig! Meist werden keine reifen Samen entwickelt. Schon kleine Bruchstücke der Knolle haben eine enorme Wuchskraft und keimen ➔ durchwachsen Folgekulturen oder aktuelle Bestände mit Archäophyten. Unterminieren und übergipfeln von Brennessel- und Zaunwindenbeständen u.a. Im Hochsommer Knollenbildung an unterirdischen Ausläufern ➔ dort neue Austriebe in Folgekulturen. Ausbreitung über Knollen und Ausläuferstücke per Hochwasser, Gartenabfälle, Aushub/Erdarbeiten, v.a. aber durch Anpflanzung. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 45
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Tobinambur (Helianthus tuberosus) - Eindämmung Eine Eindämmung zugunsten einheimischer, niederwüchsiger Arten in feuchten Lebensräumen stellt sich nach bisherigen Praxiserfahrungen als aussichtsreich dar. Strategie nach ökol.-ökon, Abwägungen: 1. Ende Juni mindestens zwei Jahre lang mulchen oder mähen ➔ tiefer Schnitt sinnvoll. Pflanzenmasse kann je nach heimischer Zielvegetagion auch vor Ort liegen bleiben. Fotos: Dr. W. Zahlheimer (l.) und Darkone 2. Zweiter Mulch- oder Mähdurchgang Anfang August, evtl. anschließend Fräsen. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 46
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Tobinambur (Helianthus tuberosus) Positive Aspekte ▪ Die Knollen sind Grundlage zur Zuckerherstellung (Fruchtzucker) – jedoch teure Verfahren ▪ Ebenfalls aus den Knollen wird über die Einmaischung Ethanol (Alkohol) gewonnen ▪ Futterpflanze für Tiere als Alternative zur vorhandenen Tierernährung (Schweine, Kleintiere, Silage…) ▪ Nachwaschsender Rohstoff für Bioenergie ▪ Medizinisch-kulinarischer Nutzen ist unumstritten: - Inulin kann von Diabetikern unproblematisch als Ballaststoff verstoffwechselt werden - Salicylsäure = antimikrobiell und entzündungshemmend - Chlorogensäure = krebsvorbeugend - Gentisinsäure = antibakteriell/antiviral (in neuesten Forschungsergebnissen) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 47
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Goldrute – Kanadische G. und Späte oder Riesengoldrute (Solidago canadensis und S. gigantea) Als Zierpflanze von N-Amerika im 17. Jhdt. nach Europa und Mitte 19. Jhdt. als Zierpflanze in Gärten ➔ Auswilderung Seit 1950 etwa breiten sich beide Artenexplosionsartig aus. S. canadensis: Weite ökol. Amplitude ➔ Ruderalgesellschaften, Brachen, Straßenränder, Waldlichtungen u.a. S. gigantea: Nischenorientierter ➔ Auwälder, feuchte Hochstaudenflur Beide Arten höchst konkurrenzkräftig: ➔ bilden artenarme Dominanzbestände ➔ S. gigantea: Bildet Ausläufer mit bis zu 300 Sprosse/m² Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 48
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Goldrute – Kanadische G. und Späte oder Riesengoldrute (Solidago canadensis und S. gigantea) Ausbreitung durch: - Flugfrüchte mit nur kurzer Keimfähigkeit ➔ keine Samenbank - Imker ➔ späte Tracht, v.a. im Spätsommer/Herbst - Gartenabfälle, Aushub etc. Ökologisches Problem des Neophyten: Platzräumer und Eindringling in hochsensible und artenreiche Halbtrockenrasen bzw. deren Brachen ➔ Risiko Verlust seltener Arten Bild: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 49
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Foto: Dr. W. Zahlheimer Foto: Georg Slickers Foto: T. Müller Echte Goldrute (S. virgaurea): Kanadische Goldrute (S. canadensis): Späte od. Rieseng. (S. gigantea): • kaum 1 m hoch • kurze Ausläufer, lockere Horste • hochwüchsig aber oft kleiner • Stängel oben kurzborstig behaart als S. canadensis • kompakter Stock, 1- bis wenig-stängelig • Vor Blüte hängen Triebspitzen • Stängel kahl mit abwisch- bogig über barem Belag Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 50
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Goldruten (Solidago canadensis und S. gigantea) - Eindämmung Je nach Standort und Dichte kann ein Eingriff aus ökologischen Gründen sinnvoll sein. Großflächiges Zurückdrängen ist weder gerechtfertigt noch realistisch erreichbar. Aus der Schweiz und Baden-Württemberg liegen Erfolge vor aber ohne Kostenrechnungen (Quelle: www.floraweb.de; 2011) Strategie über mehrere Jahre: - Im Mai Mahd mit tiefem Schnitt oder mulchen (1. Schritt) - Im August Mahd mit Entfernung des Mähgutes - Kleine Bestände: Wiederholtes Ausreißen bei aufgeweichtem Boden kurz vor der Blüte (Sommer) Am Besten: Traditionelle Landnutzung ! Foto: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 51
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Goldrute – Kanadische Goldrute und Späte oder Riesengoldrute (Solidago canadensis und S. gigantea) Positive Aspekte ▪ Die neophytischen Arten sind alle ein pflanzliches Arzneimittel mit harntreibender und entzündungshemmender Wirkung. Es wird hauptsächlich bei Blasenentzündungen zur Durchspülungstherapie angewendet und ist in zahlreichen Nieren- und Blasenpräparaten und -tees enthalten. ▪ Die getrockneten, ganzen oder zerkleinerten, blühenden, oberirdischen Teile von Solidago gigantea oder Solidago canadensis L., ihren Varietäten oder Hybriden und/oder Mischungen werden verwendet, auch aus der Eigensammlung. Die Apothekenverordnungen fordern einen Mindestgehalt an Flavonoiden, v.a. den Inhaltsstoff Virgaurin, ein Inhaltsstoff der Glykosidgruppe. ▪ Färbepflanze – das frische Kraut für intensives gelb-grün ▪ Bienenweide Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 52
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Drüsiges Springkraut (Impatiens glandilufera) Herkunft: westliche Himalaya, in feuchten Bachtälern bis 3000 m. 1839 erstmals Samenimport nach England. Dort Verwilderung ab 1850. Zweite Hälfte des 19. Jhdt. in Österreich wg. attraktiver Blüten als Gartenpflanze kultiviert. Erste Fundorte aus dieser Zeit aus Niederösterreich und Kärnten. Starke Ausbreitung erst in den vergangen Jahrzehnten. Bis in die montane Region verbreitet. Hat ihr Höhenpotential (Gebirge!) noch nicht erreicht! Exzellente Bienenweide ➔ Förderung durch Imker Positive Aspekte: - optische Akzente in der Landschaft - floristische Bereicherung - Basis für Naturheilverfahren und Wildkrautküche Foto: Simplicius Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 53
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Drüsiges Springkraut (Impatiens glandilufera) - Eindämmung Das Verdrängungspotential wird vielfach überschätzt. Biotopschutz bietet bei Bekämpfung bessere Argumente als Artenschutz. Bei schon erfolgter starker Ausbreitung ist kaum eine Art Ausrottung der Art zu erreichen. Adventivwurzelbildung Strategie: - Regelmäßige Pflegemaßnahmen, z.B. in Naturschutzgebieten etc. - Verhinderung der Samenbildung durch Ausreißen vor der Blüte oder Mahd ➔ Ziel: alle Pflanzen erreichen um Samenschub von flußaufwärts stehenden Beständen auszuschließen. - Wenn Mahd, tiefer Schnitt wg. Adventivwurzelbildung und Mähgut entfernen. Bei Mulchen kann Gut vor Ort verbleiben. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 54
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Drüsiges Springkraut (Impatiens glandilufera) Ein Pflanze kann bis über 4000 Samen produzieren. In Reinbeständen Bildung von bis zu 32.000 Samen/m². Schleuderweite der Samen bis zu 7 m. Mit Wasser Fernausbreitung über große Distanzen. Aber auch Klebausbreitung an Sand, Kies, Holz. Widersprüchliche Lebensdauer der Samen, jedoch Aufbau kurzlebiger Samenbank und hohe Keimrate von 80 %. Bevorzugt feuchte Nadelwälder, Straßengräben, halbschattige Auwälder, Uferbereiche. Gegen Dürre empfindlich, erträgt jedoch bei hoher Luftfeuchtigkeit trockene Standorte. Sehr frostempfindlich ➔ Einschränkung Bestände Foto: Freizeittroll Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 55
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Drüsiges Springkraut (Impatiens glandilufera) Positive Aspekte ▪ Bietet durchaus optische Akzente in der Landschaft (Biodiversität) ▪ Die floristische Bereicherung ist eine exzellente Bienenweide für Imker (Ausgangsgeschichte der Pflanze) ▪ Basis für Naturheilverfahren/heilkundliche Anwendungen und die Wildkrautküche (Nüsschen roh oder geröstet, junge Stängel wie Rhabarber, Blüten als Gelee u.v.m.) ▪ Hauptinhaltsstoff ist der sekundäre Pflanzeninhaltsstoff Quercetin: a) antioxidativ und Radikalfänger b) positive Wirkung auf Tumorzellen c) Leistungssteigerer und Adaptogen zur Stärkung menschlicher Belastbarkeit und Resilienz d) seit 2016 sehr intensive Forschung zu diesem Inhaltsstoff ▪ Die Praxis bietet jedoch zahllose heimische Alternativen: Schwarze Ribisl, Heidelbeere, Preiselbeere, Liebstöckl, Zwiebel, Brokkoli, Grünkohl u.a. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 56
Neophyten – Einzelbetrachtung Kleinblütiges Springkraut (Impatiens parviflora) Aus Mittelasien, seit 1837 in den Botanischen Gärten in Genf und Dresden. Erste Meldungen für Österreich stammen aus dem Ende des 19. Jhdt. Einziger weit verbreiteter Neophyt in den Krautschicht der Wälder, v.a. in stickstoffreichen Waldsäumen. In Österreich stärke Ausbreitung in naturnaher Vegetation. Frühere Annahme, I. parviflora würde andere Pflanzen dauerhaft verdrängen ➔ keine Bestätigung. Aktuell keine bedeutenden ökonomischen und ökologischen Nachteile obwohl sie in Wäldern große Bestände aufbaut – aber Veränderungen ohne Nachweise. Besiedelt v.a. in Wäldern Standorte, die für andere Arten eh keine guten Lebensbedingungen bilden (Licht etc.). ➔ Keine Zurückdrängung/Bekämpfung sinnvoll Foto: André Karwath Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 57
Problem-Neophyten – Einzelbetrachtung Großblütiges Springkraut (Impatiens noli-tangere) Kein Neophyt! Einziges Springkraut das alteinheimisch ist: Heimat Mitteleuropa. In Konkurrenz mit I. parviflora: Heimische Art ist gegenüber I. parviflora am Standort unterlegen. ➔ Dominanzverschiebungen v.a. auf trockenen Standorten zu Gunsten von I. parviflora ➔ In Jahren mit feuchtem Fj. Kann jedoch I. noli-tangere aspektbestimmend auftreten. Fazit: Andere Arten haben dann eingeschränkte Entwicklungsbedingungen auf Grund der Konkurrenz um Licht und Nst. ↔ Dynamik Foto: MdE Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 58
Neophyten und Klimawandel Temperaturabweichung Januar 2007 Klimawandel passiert…. 3,5 bis 4,5ºC 4,5 bis 5,5ºC 5,5 bis 6,5ºC ➔ Seit 1900 in Mitteleuropa Zunahme > 6,5ºC der Jahres-ø-Temperatur um + 1,0ºC ➔ Seit 2000 massive Zunahme der Temperaturanomalien ➔ Prognosen des ICCP* seit 2007: Bis 2100 Anstieg der Jahres-ø- Temperaturabweichung August 2003 Temperatur um + 1,8º bis 5,0ºC ➔ Anstieg in Mitteleuropa wird stärker 3,5 bis 4,5ºC > 4,5ºC erwartet. *ICCP = Internationales Pflanzenschutzabkommen der FAO Quelle: Dr. F. Essl, Umweltbundesamt, Wien 2009 Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 59
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. ➔ Besonderer Druck/CO2 auf biologische Vielfalt v.a. in Hochlagen Neophyten heute noch weitgehend auf tiefe Lagen beschränkt. Aber: Verschiebung der Vegetationszonen in höhere Lagen, z.B. Alpen, überfordert die Anpassungsfähigkeit natürlicher und menschlich beeinflusster Ökosysteme. Nordöstliche Kalkalpen (Oberösterreich): Erwärmung des Klimas um 2ºC vollständiger ➔ Lebensraumverlust für 50 % d. Pflanzenarten erwartet. (Dirnböck et al. 2003) Für arktisch-alpine (1900 bis 2800 m) und montan (800 bis 1500 m) verbreitete Arten mit geringem Wärmebedürfnis wird eine höhere Gefährdung angenommen. Enorme Veränderung: Neophyten die diese „neuen“ Lebensräume erobern und sich u.U. ausbreiten, können in Folge andere Arten verdrängen, bis hin zum Aussterben. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 60
Neophyten in Berggebieten Klimawandel passiert…. ➔ Besonderer Druck auf biologische Vielfalt v.a. in Hochlagen Status Quo: Starke Abnahme von Neophyten mit zunehmender Höhe in Mitteleuropa Österreich: fast alle invasiven und potentiell invasiven Arten nur bis in die untermontane Stufe (800 bis 1000m) eingebürgert. Außnahme: Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllos) Nischenbreite nimmt mit zunehmender Höhe ab, z.B. bei der Robinie Foto: Lycaon Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 61
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. ➔ Konsequenz: erheblicher Anpassungsdruck auf alle Ökosysteme! Neophyten überdurchschnittliche Gewinner des Klimawandels: Schnelle Ausbreitungsfähigkeit – können invasiv werden Neophyten sind ökologisch sehr formbar und Wärme liebend – Auflösung von ausgeglichenen Parasiten-Wirt-Beziehungen, z.B. Fichte-Borkenkäfer hoher Druck an Verbreitungsorganen (Samen, Früchte, Sporen etc.) Wandel von Lebensräumen durch Einwanderung von Neophyten: Schwächung der Toleranz und Ausbreitungsfähigkeit der Keystone-Arten Verlust an Ökosystemstabilität bei überschreiten von Grenzwerten durch Neophyten rasche Ausbreitung sehr mobiler Arten (z.B. Drüsiges Springkraut) Förderung opportunistischer Arten = Populationsstrategie von Organismen, welche sehr schnell freie Nischen besiedeln können, d. h. einen Lebensraum, der zeitweilig auf Grund von Umweltveränderungen keine Besiedlung zulässt. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 62
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. ➔ Konsequenzen für urbane Lebensräume, v.a. Städte Neophyten in den Städten Neophyten in Städten: Wärmere Innenstädte und v.a. deren Grünanlagen, Brachflächen werden verstärkt Ausbreitungszentren für bislang kaum präsente oder gebietsfremde Arten. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 63
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. ➔ Konsequenzen für urbane Lebensräume, v.a. Städte Beispiele: Götterbaum (Ailanthus altissima) Erstmals 1850 in Österreich als Zier- und Forstbaum kultiviert. Schnellstwüchsiger Baum Europas, urspr. aus China und Vietnam. Heute v.a. Verbreitung im Pannonischen Raum sowie nördl. und südöstl. Alpenraum in Silberweidenbeständen der Städte Wien, Linz und Graz v.a. in Trümmerhalden nach 1945. Bevorzugt das Wärmeklima der Siedlungsorte und Halbtrockenrasen ➔ Verdrängung autochtoner Arten Bildung der wurzelbürtigen Sprosse macht Zurückdrängen durch Kahlschläge schwierig ➔ ringeln im Sommerhalbjahr Foto: Kurt Stüber Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 64
Neophyten und Klimawandel Beispiele: Götterbaum (Ailanthus altissima) Positive Aspekte ▪ Kann eine biodiverse Bereicherung (Bienenweide) in Regionen mit einer Mindestjahresdurchschnittstemperatur von 9 Grad C sein. ▪ TCM-Medizin (Gerbstoffe u.a.) bei Durchfallerkrankungen, Fieberanfällen und unspezifischer Schüttelfrost, adstringierende Wirkung. ▪ Holzwerkstoff mit großen Vorteilen aufgrund seiner Festigkeit und Spannungseigenschaften ist er mit der Esche vergleichbar, Rohstoff für Holzkohle. ▪ Aber: Der Götterbaum gehört zu den 66 EU-Neophyten mit invasivem Charakter und entsprechenden Handlungsvorgaben mit Präventionsmaßnahmen. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 65
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. ➔ Konsequenzen für urbane Lebensräume, v.a. Städte Beispiele: Robinie (Robinia pseudoacacia) 1630 von N-Amerika nach Frankreich eingeführt und seit 1750 großflächig in Europa kultiviert (Ödlandaufforstung). Österreich: Im Pannonischen Tiefland bestandsbildend. Gilt als häufigste neophytische Gehölzart Österreichs. Sehr trockenresistent und bevorzugt warm- trockene Lebensräume. Dort bildet der Neophyt zahlreiche Wurzelausläufer. Problem: Stickstoffakkumulation im Boden und damit rasch Standort verändernd. ➔ Konkurrenzschwache Arten fallen sofort aus Foto: Shizhao ➔ Maßnahmen: Ringeln und Schneiden der Ausläufer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 66
Neophyten und Klimawandel Beispiele: Robinie (Robinia pseudoacacia) Positive Aspekte ▪ Verwendung für den Verzehr und die Heilkunde ist eingeschränkt aufgrund von: Ganze Pflanze, bis auf die Blüten, gilt als stark giftig, besonders die Rinde und die Früchte. Die Blüten sind nicht giftig. Wegen der Giftigkeit für Pferde darf Robinienholz nicht zum Bau von Boxen verwendet werden. ▪ Die Blüten sind ungiftig, sie können zu Marmelade oder Sirup verarbeitet oder in Tees und Getränken verwendet werden. Vor allem in der Steiermark, wo der Baum oft nur Akazie genannt wird, werden die Blüten in Backteig zu so genannten Akazienstrauben ausgebacken. Foto: www.eatsmarter.de Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 67
Neophyten und Klimawandel Klimawandel passiert…. Beifuß-Ambrosie/Traubenkraut/Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) kaum Naturschutz- aber Gesundheitsproblem Fotos: Dr. W. Zahlheimer und www.kyportal.de Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 68
Neophyten und Klimawandel Beifuß-Ambrosie/Traubenkraut/Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) Ausbreitungsverlauf in Österreich Einjähriger Wärmekeimer und Spätblüher (Aug./Sept.) auf offen Böden. Österreich seit Mitte 20. Jhdt. Starke Ausbreitung sei ca. 1980 in den wärmeren Gebieten. Heimat N-Amerika, Unbeabsichtigte Einschleppung im 19. Jhdt. über Südosteuropa. Bevorzugt in Österreich Ruderal- und Ackerunkrautstandorte (Segetalgesellschaften). (Quelle: Umweltbundesamt, Wien, 2009) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 69
Neophyten und Klimawandel Beifuß-Ambrosie/Traubenkraut/Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) In Ungarn heute häufigste Unkrautart im Ackerbau. Hohe Samenproduktion und Samenbank im Boden bis zu 4 Jahrzehnte keimfähig. Einschleppung v.a. durch verunreinigtes Vogelfutter in Siedlungen und Saatgut auf landwirtschaftl. Flächen sowie Erdtransporte. Auswirkungen und Probleme: ➔ Stark allergene Pollen = „Heuschnupfensaison Frühherbst“ ➔ Volkswirtschaftliche Kosten 1. BRD ca. 40 Mio €/Jahr Behandlung und Krankenstand 2. Italien KHs „Milano I“ ca. 1,5 Mio für die Patientenbetreuung 3. Zukünftig: landwirtschaftliche Probleme Wie werden sich die potentiellen Ausbreitungsareale unter verschiedenen Foto: Forrest & Kim Starr Klimawandel-Szenarien in Österreich verändern? Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 70
Neophyten und Klimawandel Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia): Heutiges und potentielles Areal unter Klimawandel Under current climate conditions assuming climate change by 2050 (mean July temperature increase regionally differing from 2ºC to 2,3ºC) assuming climate change by 2100 (mean July temperature increase of 6,4ºC) (Quelle: Umweltbundesamt, Wien, 2009) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 71
Neophyten und Risikominderung Beifuß-Ambrosie/Traubenkraut/Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) Maßnahmen 1. Gute Bodendeckung von Flächen anstreben. 2. Beseitigung durch Ausreißen mit Wurzel (Handschuhe, da auch Hautreizungen möglich) oder wiederholte Mahd im Juni/Juli o.ä. 2. Vor der Blüte in die Biotonne oder vertrocknen lassen und dann auf den Kompost oder Mist. 3. Ab der Blüte (ggf. achten auf Pollenstaub) in die Mülltonne oder Entsorgung im Feuer. 4. Reines Vogelfutter und Saatgut erwerben! Deutschland und Schweiz (Bundesnaturschutzgesetz u. Eidgenössisch. Pflanzenschutzverordnung) ➔ auf Grund dieser gesetzlicher Grundlagen müssen Behörden Bekämpfungsmaßnahmen ergreifen ➔ „Meldepflicht“ Foto: Brunga Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 72
Neophyten – Einzelbetrachtung Beifuß-Ambrosie/Traubenkraut/Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) Positive Aspekte ? ▪ Eine Heilwirkung und medizinische Anwendung ist aktuell nicht bekannt! ▪ Österreich und Strategien zum Umgang mit diesem Problem-Neophyt: Die niederösterreichische Landesregierung, die burgenländische Landesregierung und die Medizinische Universität Wien stellten im Juli 2017 mit ragweedfinder.at eine Online-Meldestelle für Vorkommen des Beifußblättrigen Traubenkrautes/Beifuß-Ambrosie in ganz Österreich vor. Die Initiatoren erhoffen sich eine Verbesserung der Datenlage, um die Bekämpfung von und den Umgang mit der Pflanze besser zu koordinieren. Funde können auch in der Naturkalender ZAMG App gemeldet werden. ▪ Neben der Pollenvorhersage dient die Pflanze auch als Zeigerpflanze in der Phänologie zur Erforschung von Klimaveränderungen. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 73
Neophyten – Zukunftsmanagement Fazit ➔ Neophyten tragen zu einer Erhöhung der Artenzahl und damit auch zur biologischen Vielfalt bei ➔ Vom Menschen verursachte Umweltveränderungen führen jedoch an vielen Orten zu einer Reduzierung der Biodiversität und gesundheitlichen Risiken ➔ Eine Arten bewirken bei ungehemmter Ausbreitung einen Verlust an Lebensqualität. Sie gefährden auch den Erholungswert von Kulturlandschaften und eine liebenswerte Umwelt durch vorbildliches Verhalten im Umgang mit Pflanzen ➔ Neophyten haben auch positive Auswirkungen ohne Berücksichtigung der Konsequenzen - ökonomisch: Holz, Honig (Robinie u.a.) - ökologisch: Begrünung von Extremstandorten (Deponien, Streusalzbankette (Salzschwaden) - Kulturell: Hobby, persönlicher Vorteil, ästhetischer Gewinn Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 74
Neophyten – Zukunftsmanagement Fazit ➔ Beobachtung und Forschung hat in den letzten Jahren sehr zugenommen, trotzdem ist das Wissen darüber immer noch sehr unvollständig ➔ Tens rule und „rufschädigendes Verhalten“ einiger weniger Arten ➔ Viele biologische Systeme reagieren verzögert Time lag = Verzögerungseffekt zwischen erstem Auftreten/Wahrnehmung von Neophyten und der auffälligen Vermehrung ➔ Unsicherheit über Reaktion wächst mit Ausmaß der Veränderung Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 75
Neophyten – Zukunftsmanagement Maßnahmen zur Vorsorge ➔ Privatpersonen und sog. „Naturfreunde“: bewussterer Umgang mit der Entsorgung von Gartenabfällen in der freien Landschaft – kein Geiz und Bequemlichkeit „Drob‘n auf‘m Berg und drunt‘ em Tal: Dr Abfall flaggt gar überal!“ „Wenn‘s do hinkommst kriagst an Graus, denn do wird net bloß a Humus draus!“ „In meinem Garten bleibt es fein: Den Abfall karr‘ ich in den Hain!“ Fotos: Dr. W. Zahlheimer Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 76
Neophyten – Zukunftsmanagement Maßnahmen zur Vorsorge ➔ Zurückhaltung und Verzicht bei zum Verwildern neigenden Pflanzen - Besonders kritisch: Beerenfrüchtige Arten durch spätere Vogelverbreitung - Gärten sind Hauptquellen unduldsamer Neophyten, besonders in Biotop- und Gewässernähe Florentiner Goldnessel. Mahonie spec. Fotos: Dr. W. Zahlheimer Contoneaster/Zwergmispel spec. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 77
Neophyten – Zukunftsmanagement Strategien der Eindämmung ➔ In den meisten Fällen ist die Invasion nicht mehr rückgängig zu machen und es kann nur noch Schadensbegrenzung betrieben werden. Handlungsbedarf besteht bei den invasiven Arten und denen, von denen eine reale Gefährdung für den Menschen ausgeht. ➔ Pflanzen bislang kaum Ziel großangelegter Bekämpfungsmaßnahmen. Österreich: Starke Ausbreitung nur in seltenen Fällen Erfolg versprechend. Meist ist nur ein punktuelles Zurückdrängen möglich: z.B. im Nationalpark Thayatal und in den Donauauen (Robinie und Springkraut) ➔ Schlüsselfaktoren zur Bekämpfung/Eindämmung wichtig: - Biolgie der Art muss bekannt sein (Verhalten der Art, naturschutzfachliche Kriterien) - frühzeitiger Beginn mit Öffentlichkeitsarbeit (Akzeptanz !) und ausreichender Zeitraum an Ressourcen - erneute Einschleppung muss verhindert werden - nach Bekämpfung/Eindämmung sind Managementmaßnahmen wichtig zur Nachhaltigkeit - Überprüfung ökol.-ökon. Kosten-Nutzen-Analysen Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 78
Neophyten – Zukunftsmanagement Ausblick Das weitaus größere Naturschutzproblem in Österreich und auch in anderen Ländern stellt die Veränderung und Zerstörung von Lebensräumen durch Bautätigkeit und Landesentwicklung dar. Das Auftreten von Neophyten ist unter dieser Tatsache auch als ein 1 Warnsignal für das Ausmaß der Umweltzerstörung zu sehen. Häufig sind nicht Neophyten die Ursache an dieser Zerstörung, sondern die Wirkung von Umweltveränderungen, oft verursacht durch den Menschen. Unter dieser Betrachtung ist eine großflächige Ausrottung bereits etablierter invasiver Neophytenarten weder wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar. (H. Hauser, 2011, nach Brandes, 2000) Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 79
Neophyten – Zukunftsmanagement Ausblick In der Diskussion über Neobiota sollte aber immer auch ein besonderes Augenmerk auf einen achtsamen Umgang mit den verwendeten Fachausdrücken gelegte werden. 2 „Fremdenfeindliche“ Anspielungen sind absolut zurück zustellen. Nur eine differenzierte Betrachtung ermöglicht einen verantwortungsvollen Umgang und Handeln mit diesem Thema. Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 80
Quellen: - Grundsätzlich und mit Sorgfalt wurden Quellen und Literaturangaben direkt auf den einzelnen Folien angegeben. Trotzdem können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Dafür wird keine Haftung übernommen. - Sonstige: Hauser, Hansjörg; Unveröffentlichte Seminarunterlagen, Regensburg 2009-2020 Zahlheimer, Willy; Regierung von Niederbayern, Sachgebiet Fachfragen für Naturschutz, unveröff. Seminarunterlagen, Landshut 2010 www.wikipedia.de – Zugriffe im April 2022 Fotos und Grafik: Wenn nichts anderes angegeben: Hansjörg Hauser Referentenkontakt: Dipl.Ing.agr.(FH) Hansjörg Hauser Projekte in Land und Stadt – Seminare – Qualifizierungen D-93059 Regensburg www.hansjoerghauser.de hansjoerghauser@t-online.de © Mai 2022 by Hansjörg Hauser für die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, Wien Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik 81
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