RE FLEXI Q2-19 - Bergos Berenberg AG
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3 Grusswort Executive Summary 4 Volkswirtschaft Konjunktur kurz vor der Talsohle 6 Aktien Erfreulicher Jahresstart an den globalen Aktienmärkten 10 Anleihen Weniger restriktive Zentralbankpolitik nimmt Druck von der Anleiheseite 14 Alternative Investments Erholung auch an den Rohstoffmärkten 17 Währungen Devisenmärkte: Relative Ruhe trotz hoher Risiken 21 Impressum 2 Bergos Berenberg · April 2019
Executive Summary Liebe Leserinnen und Leser, Zinsdruck der US-Notenbank profitieren im ersten Quartal 2019 entwickelten sich die sollten. Kapitalmärkte über alle gängigen Anlage- Unsere Einschätzung für Aktien bleibt verhal- klassen hinweg sehr erfreulich. Die V-förmige ten optimistisch. Das Wirtschaftswachstum in Erholung war in US-Aktien und Obligatio- den USA ist weiterhin robust, auch wenn die nen aus den Schwellenländern besonders positiven Einmaleffekte der US-Steuerreform ausgeprägt. Somit hat sich die scharfe Korrek- an Wirkung verlieren. Die Aktienmarktbewer- tur im vierten Quartal 2018 als übertriebene tung ist moderat und keinesfalls teuer. Ergän- Marktreaktion auf globale Wachstumsängste zend wirkt die neue Geldpolitik stützend. Be- herausgestellt. Dass die Sorge über geringeres züglich Politik bleiben die Risiken zum Aus- Wachstum insbesondere in Europa und in gang des Brexit und dem Handelskrieg unbe- China nicht unbegründet ist, zeigt die scharfe rechenbar. Berücksichtigt man alle Aspekte, Kehrtwende der Zentralbanken. ergibt sich für Aktien ein ausgewogenes Ver- Für die Kapitalmärkte zeichnet sich somit ein hältnis von Chancen und Risiken. neues Bild. Der Gegenwind für den Obliga- Regional bleiben US-Aktien im Verhältnis zu tionenmarkt hat etwas abgenommen. Insbe- anderen Regionen unsere erste Wahl. Wir fa- sondere US-Dollar-Obligationen bieten wieder vorisieren zyklische Substanzwerte (Value). Im vernünftige Renditen. In den Schweizer Eid- historischen Vergleich sind diese im Verhältnis genossen und den deutschen Bundesanleihen zu reinen Wachstumsaktien (Growth) ausser- erachten wir den Schwenk der Zentralbanken gewöhnlich günstig bewertet. als eingepreist. Weiteres Kurspotenzial ist nur Gold erachten wir vor dem Hintergrund tiefe- wahrscheinlich, wenn die Wirtschaft in eine rer Realzinsen sowie bestehender Risiken als tatsächliche Rezession fällt. Hierfür erkennen sinnvolle Diversifikation. Für den Ölpreis blei- wir für die nächsten 12 Monate keine gravie- ben wir aufgrund der vorteilhaften Angebot- renden Anzeichen. Bei Unternehmensanlei- Nachfrage-Situation weiterhin optimistisch. hen sind die Renditeaufschläge wieder auf ein Wir freuen uns, Ihnen die Einschätzungen un- normales Niveau zurückgekommen, mit Be- serer Kapitalmarktexperten auf den folgenden wertungen, die weder besonders günstig noch Seiten detailliert darlegen zu können. besonders teuer sind. Weiteres Potenzial sehen wir in US-Dollar-Anleihen aus den Schwel- Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen und lenländern, welche verstärkt vom geringeren verbleibe mit freundlichen Grüssen, MAXI M I LIAN H E F E LE Leiter Vermögensverwaltung Bergos Berenberg · April 2019 3
V O L K S W I RT S C H A F T Konjunktur kurz vor der Talsohle DR. H OLG E R SC H M I E DI N G Chefvolkswirt • Konjunktur: Der graue Winter in Europa und Ostasien ist noch nicht vorüber, Welthandel schwächelt • Neuer Schwung im Sommer, sofern Handelsstreit abflaut und harter Brexit vermieden wird • China legt Stimulus auf, Zentralbanken stützen Konjunktur Der graue Winter ist noch nicht vorüber tenden Gewerbe zeigen sich Bremsspuren, Eine Serie von politischen Krisen und exter- die auch auf den Handelsstreit mit China nen Schocks hat die Konjunktur in Europa zurückgehen. Allerdings deuten die soliden und Ostasien aus dem Tritt gebracht. Vor Zuwächse der Realeinkommen der privaten allem die von den USA geschürten Handels- Verbraucher darauf hin, dass die US-Wirt- spannungen sowie die Wachstumsschwäche schaft auch 2019 ein Wachstum von knapp in China lasten auf der Stimmung der Unter- 2,5 Prozent erreichen kann. nehmen. Dazu kommen in Europa die Sor- gen vor einem harten Brexit, also einem Aus- Fortschritte in Sicht scheiden Grossbritanniens aus der EU ohne Damit die Konjunktur in Europa und Ost- Anschlussabkommen. Die weiterhin rück- asien wieder mehr Fahrt aufnehmen kann, läufigen Geschäftserwartungen in der euro- müssen drei Bedingungen erfüllt sein: päischen Industrie und der aktuelle Einbruch 1. Die Handelsspannungen müssen spürbar im Handel mit China deuten darauf hin, dass abnehmen. Dies zeichnet sich ab. Mit dem der Abschwung in Europa und Ostasien noch Auslaufen des Fiskalstimulus des Vorjahres einige Monate dauern wird. Kurzfristig müs- werden in den USA die Kosten des Han- sen wir uns auf weitere schlechte Nachrichten delsstreits spürbar. Damit dürfte der Anreiz einstellen. für Präsident Donald Trump zunehmen, in Nachdem umfangreiche Steuergeschenke den diesem Jahr lieber »Deals« abzuschliessen, USA 2018 ein Wachstum von 2,9 Prozent be- als mit einer weiteren Eskalation den US- schert hatten, verliert dort die Konjunktur seit Aufschwung zu gefährden und die Chan- Dezember etwas an Schwung. Im verarbei- cen seiner Wiederwahl 2020 zu vermindern. 4 Bergos Berenberg · April 2019
V O L K S W I RT S C H A F T Die USA und China haben bei ihren Politische Risiken in der Eurozone Gesprächen offenbar Fortschritte gemacht, Nachdem Italien vor allem als Folge der poli- die sie möglicherweise in Kürze bei einem tisch bedingten erhöhten Risikoaufschläge in Gipfeltreffen besiegeln wollen. Der Han- eine Rezession gerutscht ist, wird es seine delsstreit zwischen den USA und der EU Haushaltsziele für 2019 weit verfehlen. Aber wird sich zwar noch länger hinziehen. Aber da in Italien die besonders ausgabefreudigen wenn sich Trump mit China einigen kann, Fünf Sterne an politischem Rückhalt verlie- werden Märkte und Unternehmen vermut- ren, stehen die Chancen gut, dass Italien not- lich darauf setzen, dass dies letztlich auch falls seine Politik anpassen wird, um so die mit der EU der Fall sein wird. Gefahr einer Schuldenkrise einzugrenzen. In 2. China muss seine ausgeprägte Konjunk- Frankreich gelingt es Präsident Emmanuel turschwäche überwinden. Dies dürfte dem Macron offenbar, den Protest der Gelbwesten Land in Kürze gelingen. Die geld- und kre- einzudämmen, ohne seine wachstumsför- ditpolitischen Schritte vom Spätherbst 2018 dernden Reformen zurückzunehmen. zeigen sich bereits jetzt in einer etwas leb- hafteren Kreditvergabe. Anfang März hat Schwenk der Notenbanken China zudem angekündigt, Steuern zu sen- In den USA und Europa nimmt der Lohn- ken (um etwa 2 Prozent der Wirtschaftsleis- druck nur langsam zu. Deshalb sind die Kern- tung), die Kreditvergabe weiter zu lockern raten der Inflation entweder sehr niedrig mit und die Infrastrukturausgaben wieder zu rund 1 Prozent in der Eurozone oder im Ein- erhöhen. Damit dürfte Chinas Konjunktur klang mit der angestrebten Rate von etwa 2 bald die Talsohle durchschritten haben. Prozent in den USA. Die Notenbanken kön- 3. Grossbritannien muss den harten Brexit ver- nen es sich leisten, ihre Politik dem Ausblick meiden. Auch wenn die Unsicherheit gross für die Konjunktur anzupassen. Nachdem bleibt, ist das Risiko eines abrupten und die US Fed im Dezember die Märkte mit ungeordneten Ausscheidens aus der EU zu- dem Hinweis verunsichert hatte, ein Teil ihrer letzt spürbar gesunken. Dem britischen Par- Geldpolitik sei auf Autopilot gestellt, hat sie lament fällt es zwar schwer, sich beim Brexit diesen Fehler im Januar korrigiert. Sie legt ei- auf irgendeine Variante zu einigen. Aller- ne Zinspause ein und wird das langsame Ab- dings zeigen mehrere Abstimmungen, dass schmelzen ihrer Bilanz bereits Ende dieses eine überparteiliche Mehrheit im Parlament Jahres beenden. den harten Brexit vermeiden möchte. Jede Die EZB hat im März ihre Wachstumsprog- andere Lösung würde die Lage entspannen. nose für 2019 spürbar gesenkt (auf die von uns Da wir bei diesen drei Bedingungen Fortschrit- erwarteten 1,1 Prozent) und ihre Geldpolitik te erkennen können, erwarten wir weiterhin, angepasst. Sie wird den Banken neue gross- dass dem grauen Winter der Konjunktur in zügige Liquiditätsspritzen anbieten und min- Europa und Ostasien ein hellerer Sommer fol- destens bis Ende 2019 statt nur bis zum Ende gen wird, auch wenn die besseren Zeiten erst des Sommers ihre Leitzinsen unverändert las- im Juni, statt bereits zu Ostern beginnen sen. Der Schwenk der Notenbanken grenzt könnten. die Abwärtsrisiken für die Konjunktur ein. Bergos Berenberg · April 2019 5
A KTI E N Erfreulicher Jahresstart an den globalen Aktienmärkten TI LL C H RI STIAN B U DE LMAN N Aktienstratege • Zehn Jahre US-Bullenmarkt und kein Ende in Sicht • Keine Rezession, keine Zinserhöhungen, aber politische Risiken • Gesunkene Erwartungen an das Gewinnwachstum, moderate Aktienbewertungen • Keine technischen Sorgen, die Euphorie bleibt aus • Weiterhin US-Aktien und zyklische Substanzwerte präferiert Wohl teilweise als Reaktion auf die extreme Zehn Jahre US-Bullenmarkt und Kurskorrektur im vergangenen Dezember kein Ende in Sicht war im ersten Quartal 2019 eine breit abge- »Wie tief können Aktien denn noch fallen?«, stützte Aufholbewegung an den internatio- so titelte das renommierte Wall Street Jour- nalen Aktienmärkten zu beobachten. Die nal am 9. März 2009. Die Verwüstungen des schmerzhaften Verluste des vergangenen Jah- vielen Marktteilnehmern heute noch in den res konnten je nach Aktienregion bereits wie- Knochen steckenden »once-in-a-lifetime tsu- der zu einem gewissen Teil (Europa, Schwel- nami« (Greenspan) erreichten an jenem Tag lenländer) beziehungsweise sogar komplett im S&P 500 allerdings ihren Tiefpunkt: Der wettgemacht werden (USA). Inhaltliche Im- US-Aktienindex schloss bei 677 Punkten, pulse gingen dabei vor allem von der Fed aus, und dies markierte im Nachhinein den Be- deren Stellungnahme im Januar, ganz im ginn eines fulminanten Bullenmarktes. Nach Gegensatz zu deren Kommunikation im De- offizieller Definition an der Wall Street endet zember, am Markt erfreut aufgenommen ein US-Bullenmarkt erst, wenn der Preisin- wurde. Auch die Hoffnung auf eine baldige dex S&P 500 auf Basis der Schlusskurse von Einigung im Handelsstreit zwischen den USA seinem letzten Hoch mindestens 20 Prozent und China liessen die Anleger neuen Mut fas- verloren hat. Dieses Hoch markiert dann den sen. Die Erwartungen an die globalen Unter- Wendepunkt und rückwirkend den Beginn nehmensgewinne wurden hingegen auf brei- des Bärenmarktes. In den vergangenen zehn ter Front nach unten korrigiert. In der Folge Jahren ist dies nicht eingetreten, und die US- stiegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) Börse erfreut sich der zweitlängsten Hausse weltweit – nachdem sie in 2018 noch geradezu seit dem Zweiten Weltkrieg (nach dem Bullen- kollabiert waren. 6 Bergos Berenberg · April 2019
A KTI E N markt von 1987 bis 2000). Vergangenen Hei- von knapp 2,5 Prozent im laufenden und von ligabend hatten die Bären allerdings kräftig an etwas mehr als 2 Prozent im kommenden Jahr die Tür geklopft – der Verlust gegenüber dem – und bezüglich der Eurozone liegen unsere letzten Hoch vom 20. September 2018 betrug Erwartungen bei gut ein, beziehungsweise gut zu diesem Zeitpunkt 19,8 Prozent. Seither 1,5 Prozent. Unsere Prognosen für die Jahre sind die Kurse allerdings wieder deutlich ge- 2019/2020 liegen damit bezüglich der USA stiegen, und die Bestätigung des Bullenmark- per Saldo über den Konsensschätzungen und tes erscheint wahrscheinlicher als dessen bezüglich der Eurozone ziemlich genau auf Bruch. Dafür sprechen inhaltlich das vermu- Höhe der allgemeinen Projektionen (für 2019 tete Ende der Zinserhöhungsphase durch die etwas darunter und für 2020 etwas darüber). Fed, aber auch die moderaten Aktienbewer- Die Politik der Notenbanken dürfte die Ak- tungen, die Marktbreite der Performance so- tienmärkte unseres Erachtens eher stützen. wie eine vorsichtige Positionierung der Inves- Wir erachten es beispielsweise als unwahr- toren. Grösster Risikofaktor bleibt die Politik. scheinlich, dass die Fed in diesem Jahr noch weitere Erhöhungen vornimmt; und nach Keine Rezession, keine Zinserhö- dem Ende von Zinserhöhungsphasen hat sich hungen, aber politische Risiken der S&P 500 historisch meist recht positiv Wir rechnen weder für 2019 noch für 2020 mit entwickelt. einer Rezession in den für uns relevanten Währungsräumen. Für die US-Wirtschaft Sorgen bereitet allerdings weiterhin die Po- erwarten wir beispielsweise ein Wachstum litik. Donald Trump wird von der Wall Street S&P 500 vs. Stoxx 50 vs. MSCI EM über den US-Bullenmarkt 460 S&P 500 USD 430 Stoxx 50 EUR 400 MSCI Emerging Markets USD 370 340 310 280 250 220 190 160 130 100 70 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abb. 1 Quelle: Bloomberg Bergos Berenberg · April 2019 7
A KTI E N grundsätzlich als wirtschaftsfreundlich gese- mehr denn je zwischen dem Analystenkon- hen, mit einer Ausnahme: seiner Handels- sens auf der einen Seite und den am Markt politik. Der Handelsstreit mit China ist wirt- eingepreisten Erwartungen auf der anderen schaftlich nicht zu vernachlässigen. Allerdings Seite unterscheiden) allerdings zurzeit wohl deutet sich hier eine Lösung an, und es wäre eher eine globale Nullrunde einpreisen, dürf- ein Schock für die Märkte, wenn diese nicht te am Ende jede positive 2019er-Zahl die in- zustande käme. Und der Handelsstreit zwi- ternationalen Aktienkurse ceteris paribus eher schen den USA und Europa ist nicht vom stützen. Für die USA erwarten wir ein Ge- Tisch; vielmehr erscheint eine Eskalation im winnwachstum von 2 bis 4 Prozent und damit Laufe der kommenden Monate als ziemlich etwas mehr als für Europa und die Schwellen- wahrscheinlich (gerade nach einer erfolgten länder. Die KGVs sind seit Jahresstart in allen Einigung zwischen den Präsidenten Trump Regionen wieder gestiegen. Die Kurse haben und Xi), welche vor allem die europäische angezogen, und die Gewinnerwartungen sind Wirtschaft belasten dürfte. Hinzu kommt gegenüber dem Jahresanfang gesunken. Trotz- weiterhin die grosse Unsicherheit bezüglich dem ist das KGV in den relevanten Regionen des Ausgangs der Brexit-Verhandlungen be- noch immer leicht unter beziehungsweise auf ziehungsweise -Abstimmungen. dem historischen Schnitt. Wir erachten die globalen Aktienmärkte damit weiterhin als Gesunkene Erwartungen an das Gewinn- nicht teuer – vor allem vor dem Hintergrund wachstum, moderate Aktienbewertungen der Attraktivität der Anlagealternativen. Nach einem vor allem in den USA sehr star- ken Gewinnjahr 2018 liegen die Schätzungen Keine technischen Sorgen, die für die Unternehmensprofite in diesem Jahr Euphorie bleibt aus deutlich niedriger. Die Analysten rechnen Die aktuelle Entwicklung an den globalen derzeit (je nach Region) mit 4 bis 8 Prozent Aktienmärkten ist technisch weitgehend als Gewinnwachstum. Ende letzten Jahres lagen neutral zu bewerten. Als positiv kann bezüg- die Schätzungen für 2019 mit 8 bis 10 Prozent lich den USA hervorgehoben werden, dass noch um einiges höher. Da die Marktteil- die Marktbreite der Performance in diesem nehmer (und man muss aktuell tatsächlich Jahr stark ausgeprägt ist. Anders als in frühe- Globale Bewertungen anhand des MSCI ACWI Forward-KGVs 11 12,9 15,3 16,7 25 Anfang 2019 Aktuell Anfang 2018 »günstig« »teuer« »günstig« bezieht sich auf das 5te Perzentil und "teuer" auf das 95ste Perzentil über die letzten 20 Jahre. Bezüglich des Forward-KGVs werden jeweils die erwarteten Gewinne der nächsten 12 Monate zu Grunde gelegt. Abb. 2 Quelle: Bloomberg 8 Bergos Berenberg · April 2019
A KTI E N ren Jahren wird der Markt nicht allein von den letzten Jahr stärker gebeutelten Regionen bekannten FAANG-Aktien angetrieben. In (Europa, Schwellenländer) bislang relativ nicht Europa ist die Marktbreite nicht so stark aus- aufholen. Und die Fundamentaldaten sehen geprägt. Weitere Unterstützung liefern Sen- für den US-Markt nach wie vor besser aus – timent-Indikatoren. So fragt beispielsweise die das gilt auf Makro- und Mikroebene. Hinzu American Association of Individual Inves- kommen weiterhin zusätzliche politische tors jede Woche ihre Mitglieder, wie sich der Problemfelder in Europa. Auf Branchenebene Markt in den kommenden sechs Monaten sehen wir sowohl in den USA als auch in entwickeln wird. Zwar sind aktuell etwas Europa noch immer das grösste Potenzial in mehr Investoren bullish als bearish. Von Eu- den Sektoren Finanzwesen und Industrie. phorie, die ein klares Warnsignal wäre, ist aber Hierbei handelt es sich um typische Vertreter noch nichts zu erkennen. Stattdessen deuten des Bereichs »zyklische Substanzwerte«. andere Indikatoren auf eine derzeit relativ Gerade in Amerika hatten im letzten Jahr defensive Positionierung der globalen Gross- Substanzwerte (Value) gegenüber den Wachs- investoren hin. tumswerten (Growth) deutlich stärker gelitten und scheinen weiterhin relativ unterbewertet Weiterhin US-Aktien und zyklische zu sein. Substanzwerte präferiert Zudem verzeichnen diese Sektoren aktuell Bezüglich der Aktienregionen präferieren wir das stärkste erwartete Wachstum der 2019er nach wie vor die USA gegenüber dem Rest Unternehmensgewinne und erlebten im Laufe der Welt. Trotz einer gewissen politischen Ent- des ersten Quartals die geringsten Anpassun- spannung seit Jahresanfang konnten die im gen der Schätzungen für dieses Jahr. Bergos Berenberg · April 2019 9
AN LE I H E N Weniger restriktive Zentral- bankpolitik nimmt Druck von der Anleiheseite RE NÉ BOLHAR Anleihenstratege • US-Dollar-Anleihen verzeichnen akzeptable Renditen, die Situation in Euro und Schweizer Franken bleibt mit wenig attraktiven Renditeniveaus herausfordernd • Risikoaufschläge insbesondere im Hochzinssegment nach erfolgreichem Jahresstart zurück auf neutralen Niveaus • Emerging Markets als strategische Beimischung bieten neben anspre- chendem Zinseinkommen weiteres Aufwertungspotenzial im Jahresverlauf • Anleihen europäischer Kernstaaten haben negative Faktoren weitestgehend reflektiert Der Jahresanfang brachte dem Anleihen- weg sowie eine tendenziell untergewichtete segment einen spürbaren Aufschwung und Positionierung der Investoren, die diese zum damit erfreulichere Zahlen. Neben der be- Jahresauftakt zu schliessen begannen, Grund achtlichen Erholung risikosensitiver Anlagen, für die Erholung. Nebenschauplätze wie der wie beispielsweise solchen aus dem Hochzins- US Government Shutdown, mit 35 Tagen der oder Schwellenländerbereich, zeigte sich die längste in der Geschichte, konnten der positi- Recovery in nahezu sämtlichen Kategorien, ven Aufbruchsstimmung wenig entgegenset- bis hin zu Safe-Haven-Anlagen (Deutsche, zen. US- oder Schweizer Staatsanleihen, etc.). Die Schaut man sich die Entwicklung der Staats - Gründe hierfür waren vielschichtig. Zum ei- anleihen erstklassiger Emittenten im Verlaufe nen befeuerte die Hoffnung auf eine Beile- der ersten Wochen an, so scheinen die Markt- gung der bislang ungelösten Streitpunkte teilnehmer dem positiven Bild nicht ganz (Brexit, US-China-Handelsstreit) die Bewer- trauen zu wollen. Nimmt man die Entwick- tungen, zum anderen waren eine zurückhal- lung der zehnjährigen BUND-Renditen als tende Neuemissionspolitik der Unternehmen Anhaltspunkt, so intensivierte sich der seit über die verschiedenen Währungsräume hin- Oktober des vergangenen Jahres anhaltende 10 Bergos Berenberg · April 2019
AN LE I H E N Risikoaufschläge von Investment Grade und Hochzinsanleihen in EUR und USD Betrachtungszeitraum 31.03.2009 bis 31.03.2019 2.500 Min/Max-Spanne 31.12.2018 Aktuell 2.000 1.500 1.000 500 0 EUR USD EUR USD Emerging Investm. Investm. High Yield High Yield Markets Abb. 3 Quelle: Bloomberg, Darstellung Bergos Berenberg AG Trend zu niedrigeren Renditen ab der zweiten hängenden starken US-Dollar im Jahresver- Januarhälfte und fand ein Zwischentief bei lauf 2018, für die negative Performance von knapp 9 Basispunkten. Auch in den USA san- Schwellenländeranlagen verantwortlich ge- ken im Betrachtungszeitraum die Zinsen auf macht werden. In der Zwischenzeit hat das ein Zwischentief von 2.55 Prozent, nachdem allgemeine wirtschaftliche Umfeld aber be- diese zur Mitte des Vorquartals noch bei 3.24 gonnen, sich zu verlangsamen. Konjunktur- Prozent zu finden waren. Im Hinblick auf und Wirtschaftsindikatoren zeigen erste An- die damals noch gelebte, restriktivere Politik zeichen einer Abschwächung. der US-Zentralbank wurde dies als die lange Wie bereits angedeutet, blieb diese Entwick- erwartete Zinswende interpretiert. Mit der lung auch aufseiten der Zentralbanken nicht Veröffentlichung enttäuschender volkswirt- unbemerkt. Den Anfang machte die Veröffent- schaftlicher Indikatoren, insbesondere aus lichung der US-Fed-Protokolle des Januar- Europa, ergab sich in der zweiten Märzhälfte Meetings zu Beginn der zweiten Februarhälf- ein weiterer Rutsch des Zinsumfelds. Das te. Erstmals wurde klar von einer Pausierung Ergebnis waren negative Renditen auf deut- der Zinsanhebung gesprochen. Auch wurde sche Staatsanleihen im 10-Jahres Bereich so- thematisiert, ob und inwieweit die Ab- wie eine ausgeprägte Invertierung der US- schmelzung der Zentralbankbilanz im Lichte Zinsstrukturkurve zwischen dem 3-Monats- der wirtschaftlichen Entwicklung weltweit und 10-Jahres-Bereich auf US-Staatspapiere. noch tragbar sei. Die Frage nach dem »Wie weiter« scheint an- gebracht. Einige der spezifischen negativen »Die Fundamentalsituation der Treiber des vergangenen Jahres haben an Be- Unternehmen ist nach wie vor stark deutung und Einfluss verloren. Das steigende und zeigt keine Anzeichen einer US-Zinsumfeld kann, neben dem zusammen- nahen Abschwächung« Bergos Berenberg · April 2019 11
AN LE I H E N In ihrer regulären Sitzung Anfang März Ungelöste Konflikte bestehen nach wie vor. legte die Europäische Zentralbank nur zwei Eine Lösung in der Brexit-Frage ist – kurz vor Monate nach Auslauf der Nettoanleihenan- Ende des ursprünglichen Austrittszeitpunkts käufe nach: Wachstums- und Inflationserwar- – noch nicht erzielt. Konkrete Vereinbarungen tungen wurden nach unten korrigiert; eine im Handelsstreit stehen noch aus. In der Zwi- Anhebung der Leitzinssätze sei für 2019 nicht schenzeit ist sogar die Gefahr der Eskalation zu erwarten. eines Handelsstreits zwischen den USA und Befeuert durch die offensichtliche Vorsicht der Europa wieder angestiegen. Das alles in einem grossen Zentralbanken, setzte sich der Ab- wirtschaftlichen Umfeld, in dem sich das wärtstrend der Staatsanleihezinsen fort. Die Wachstum im globalen Kontext abschwächt Kreditrisikoprämien für Unternehmensan- und neuerliche Stimuli notwendig machen leihen jeglicher Bonität sind seither in der könnte. Tendenz eher wieder gestiegen. Für die weite- Wir präferieren in diesem Umfeld eine Rück- re Entwicklung der Risikoprämien und No- kehr zu qualitativ hochwertigen Anlagen im tierungen ist Vorsicht geboten. Anleihensegment. Im historischen Vergleich erscheinen uns die Risikoaufschläge im Hoch- »Insbesondere in US-Dollar erzielen zinsbereich für beide Währungsbereiche als Investoren mittlerweile auch unzureichend für eine übergewichtete Alloka- im Investment-Grade-Bereich eine tion, gerade auch im Hinblick auf eine sich akzeptable Rendite.« abschwächende Konjunktur. Noch gehen die wenigsten Marktteilnehmer »In vereinzelten Bereichen des von einer bevorstehenden Rezession bereits in Hochzinssegments lassen sich weiterhin diesem Jahr aus. Auch ist die Fundamental- attraktive Renditen in Form regel- situation der Unternehmen nach wie vor stark mässiger Kuponzahlungen erzielen.« und zeigt keine Anzeichen einer nahen Abschwächung. Doch drängt sich die Frage Insbesondere in US-Dollar erzielen Investoren auf, wie lange der aktuelle Zyklus noch laufen mittlerweile im Investment-Grade-Bereich kann beziehungsweise wann er letztlich sein eine akzeptable Rendite bei geringerer zu er- Ende finden wird. wartender Volatilität. Innerhalb des Anlageseg- Unbestreitbar kann die Erholungsrally eine ments gewichten wir Anleihen mit BBB-Ra- weitere Runde einläuten und mit wieder fal- ting unter. Bedingt durch «billiges Zentralgeld» lenden Kreditrisikoprämien und gegebenen- ist deren Anteil am Gesamtmarkt seit der glo- falls sogar niedrigeren Benchmark-Zinsen für balen Finanzkrise massiv gewachsen. Sobald positive Gesamtrenditen sorgen. Insbesondere die Kreditvergabe restriktiver werden sollte, im Hinblick auf die erfreulich starke Entwick- besteht hier die Gefahr weitreichender Herab- lung der ersten drei Monate scheint das Po- stufungen in den spekulativen Bereich mit tenzial für Rückschläge allerdings ausgeprägter. entsprechenden Folgen für die Bewertungen. 12 Bergos Berenberg · April 2019
AN LE I H E N Für Staatsanleihen zeigt sich ein uneinheitli- Renditen erzielt werden können. Auch wenn ches Gesamtbild. Während die Gefahr stei- eine Verlangsamung der Weltkonjunktur und gender Zinsen im Bereich der US Treasuries ein nach wie vor starker US-Dollar den Druck angesichts der aktuellen Fed-Politik für den auf Schwellenländer-Anlagen hoch halten Moment überschaubar ist, bewegen sich die sollten, nimmt die zumindest zeitweise Aus- Zinsen der europäischen Kernländer bereits setzung der Zinsanhebungen in den USA be- auf extrem niedrigen Niveaus. Ein weiteres trächtlichen Druck von diesen Emittenten. Einengungspotenzial ist für den Fall einer sich Solange die Fed entsprechend die Zügel nicht zwar verlangsamenden, aber nicht schrump- erneut strafft und es zu keinem Kollaps der fenden Wirtschaft begrenzt. Peripherieländer Risikoprämien kommt, erwarten wir aus dem bieten zwar noch attraktive Aufschläge, die Bereich der Schwellenländer solide Erträge Diskussion und Marktbewegung ausgelöst und hohen Carry. durch den Budgetstreit Italiens mit der EU im Auch in vereinzelten Bereichen des Hoch- vergangenen Quartal illustriert aber deutlich, zinssegments lassen sich weiterhin attraktive dass dieser Aufschlag im wahrsten Sinne eine Renditen in Form regelmässiger Kuponzah- Risikoprämie darstellt. Spätestens nach der lungen erzielen. Eine signifikante Wertsteige- Wahl zum Europäischen Parlament im Mai rung der Anlagen ist im aktuellen Marktum- und einem möglichen weiteren Erstarken feld aber eher unwahrscheinlich und bietet antieuropäischer Kräfte dürfte uns dieses mit den gegenwärtigen Notierungen Rück- Thema erneut zu beschäftigen beginnen. schlagpotenzial. Kern der Anlage muss wie Dennoch existieren weiterhin Bereiche, in bereits in der Vergangenheit eine ausgeprägte denen auch im festverzinslichen Bereich und detaillierte Analyse sein. Bergos Berenberg · April 2019 13
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S Erholung auch an den Rohstoffmärkten SOUMAI LA TÉKÉTÉ Stratege Alternative Investments • Die negativen Übertreibungen aus dem letzten Quartal 2018 haben sich weitestgehend wieder normalisiert • Für eine Fortsetzung dieser Erholungsbewegung bedarf es in manchen Teilen des Rohstoffmarktes daher teilweise neuer konjunktureller Wachstumsimpulse Nach den massiven Kurseinbrüchen gegen Auch hier ist das verbesserte Sentiment zu Ende des letzten Jahres stand das erste Quar- grossen Teilen auf den veränderten Grundton tal 2019 auch an den Rohstoffmärkten in der Zentralbanken und die Hoffnung auf eine nahezu allen Segmenten für eine deutliche baldige Einigung im Handelsstreit zwischen Aufholbewegung. Die Erholung ist allerdings, den USA und China zurückzuführen. Doch gemessen am Ausmass des vorangegangenen auch die rohstoffspezifischen Fundamental- Einbruchs, nicht ganz so deutlich ausgefallen, daten und Faktoren haben derzeit einen po- wie dies beispielsweise in Bereichen des Ak- sitiven Einfluss auf das jeweilige Rohstoff- tienmarktes der Fall war. segment. Rohöl (WTI), Gold und Industriemetalle über 1 Jahr Bloomberg WTI Crude Oil TR Subindex Bloomberg Gold TR Subindex 120 Bloomberg Industrial Metals TR Subindex 90 60 2018 2019 Abb. 4 Quelle: Bloomberg 14 Bergos Berenberg · April 2019
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S Spannweite der US-Rohöl-Lagerbestände über 5 Jahre 5YR Range 2019 YTD 550.000,– 500.000,– 450.000.– 400.000,– 350.000,– 300.000,– 250.000,– Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Abb. 5 Quelle: Bloomberg Der Ölpreis erholt sich von den Wunden ten Förderkürzungen der OPEC auslaufen des letzten Jahres und die stabileren Ölpreise ihrerseits wieder Die Angebots-Nachfrage-Situation auf den einen erhöhten Förderanreiz für Schieferöl- Rohölmärkten hat sich dem letzten Jahr produzenten in den USA darstellen dürften. gegenüber merklich verbessert. Die Nach- frage aus einigen Regionen ist zu Beginn 2019 Weiterhin positives Umfeld für Gold bereits höher ausgefallen als ursprünglich Während insbesondere Ende letzten Jahres erwartet. Auf der Angebotsseite zeigen sich eine historisch niedrige Positionierung von die OPEC-Staaten und vor allem Saudi-Ara- spekulativen Marktteilnehmern eine Beschleu- bien bemüht, die Förderkürzungen schneller nigung des Kurs anstiegs begünstigte, gab der und restriktiver umzusetzen als ursprünglich Goldpreis in den letzten Wochen in einem angekündigt. Sanktionen gegenüber dem Iran verbesserten Stimmungsumfeld für risikobe- und Venezuela sorgen für weitere Export- haftete Anlagen einen Teil seiner Gewinne rückgänge, und die Zahl der aktiven Schie- wieder ab. Wir glauben nicht an eine unmit- feröl-Bohrlöcher in den USA hat sich als Re- telbar bevorstehende Rezession und gehen aktion auf die tieferen und weniger rentablen davon aus, dass sich nach der aktuellen leich- Ölpreisniveaus bereits reduziert. Auch die ten Abschwächung im wirtschaftlichen Da- Rohöl-Lagersituation in den USA hat sich tenkranz zur Mitte des Jahres hin wieder eine etwas entspannt, da sich entgegen saisonalen leichte Beschleunigung des globalen Wirt- Mustern kein weiterer Lageraufbau in den schaftswachstums einstellen sollte. ersten Monaten abgezeichnet hat. Allein aufgrund der schieren Länge der nun- Angesichts dieser Entwicklungen sehen wir mehr 10 Jahre währenden konjunkturellen weiteres Aufholpotenzial für den Ölpreis. Ei- globalen Erholung dürfte sich allerdings ein nen ersten Härtetest erwarten wir allerdings gewisser Kern an Marktskeptikern halten, die bereits zur Jahresmitte hin, sobald die geplan- Gold als Safe-Haven-Anlage die Treue halten Bergos Berenberg · April 2019 15
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S China OECD Leading China OECD Frühindikatoren Indicators Normalized 102 101 100 99 98 97 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abb. 6 Quelle: Bloomberg und für eine gewisse Grundnachfrage sorgen dieses Marktsegment jedoch sehr hoch. Ge- werden. Den weitaus grössten potenziellen rade diese Wachstums- und Konjunkturdaten Treiber stellt aber nach wie vor die veränderte aus China deuten allerdings auf eine aktuelle Politik der Zentralbanken dar. Während die Schwäche hin. So wurde erst jüngst auf der Fed zusehends von weiteren Zinsanhebungen Jahrestagung des Volkskongresses das Wachs- absehen wird und China bemüht ist, die Kre- tumsziel für 2019 auf 6–6,5 Prozent gesenkt. ditvergabe wieder anzukurbeln, dürfte ein Das jüngste Kreditvergabewachstum und in genereller kurzfristiger Anstieg des Zinsni- Aussicht gestellte Steuersenkungen verdeut- veaus vermieden werden. Dies hält die Op- lichen jedoch, dass China ausreichend stimu- portunitätskosten für Gold niedrig und sollte lierende Massnahmen ergreifen wird, um das mittelfristig für zusätzliche Nachfrage von Wachstum wieder über die gewünschte Ziel- Investorenseite sorgen. So gehen wir davon marke zu bringen. Dadurch würde sich auch aus, dass der Goldpreis seinen positiven Trend für Industriemetalle weiteres Aufwärtspoten- aus dem letzten Halbjahr fortsetzen sollte, zial ergeben. wobei kurzfristige Schwankungen aufgrund Für eine Fortsetzung der Erholungsbewegung nachlassender Risikoaversion oder möglicher bei Industriemetallen, die bereits nahezu alle Schwankungen des US-Dollars nicht ausge- Verluste aus dem vierten Quartal 2018 auf- schlossen werden können. geholt haben, bedarf es unserer Ansicht nach allerdings erst positiver realwirtschaftlicher Industriemetalle abhängig von Chinas Impulse. So gilt es kurzfristig, insbesondere Entwicklung die konjunkturellen Frühindikatoren in die- Industriemetalle konnten sich zum Jahresbe- ser Region und die Fortschritte hinsichtlich ginn ebenfalls deutlich erholen. Die Abhän- der Handelsdiskussionen zwischen den USA gigkeit von der konjunkturellen Entwicklung und China im Auge zu behalten. Chinas als marginalem Nachfrager bleibt für 16 Bergos Berenberg · April 2019
WÄ H R U N G E N Devisenmärkte: Relative Ruhe trotz hoher Risiken JÖRN QU ITZAU Währungsstratege • EUR/USD: Abkühlende US-Konjunktur dürfte die Dollar-Stärke bremsen • EUR/GBP: Devisenmarkt geht auf Distanz zum harten Brexit • EUR/CHF: Das alte Lied vom sicheren Hafen Konjunktur und Finanzmärkte sehen sich und Europa derzeit gut beschrieben. Die ein- nach wie vor zahlreichen Risiken ausgesetzt. getrübten Konjunkturdaten zwingen die No- Trotz dieser fragilen Gemengelage war es an tenbanken vorerst zur Zurückhaltung. So hat den Devisenmärkten im ersten Quartal 2019 sich die US-Notenbank Fed von ihrem strik- erstaunlich ruhig. Die Schwankungen fallen ten Straffungskurs verabschiedet. Und die vergleichsweise gering aus. Offenbar befinden letzte Sitzung der Europäischen Zentralbank sich die Marktakteure im »wait-and-see«- (EZB) am 7. März 2019 brachte ein weiteres Modus. Nur der starke Schweizer Franken Mal die Erkenntnis, dass die Geldpolitik noch signalisiert eine erhöhte Risikobewertung. Mit länger sehr expansiv sein wird. Genau wie vie- »wait-and-see« ist auch die Geldpolitik der le andere Beobachter hatten wir bereits prog- Notenbanken in den USA, Grossbritannien nostiziert, dass die erste Leitzinserhöhung Handelsgewichteter Euro 105 100 95 90 85 2014 2015 2016 2017 2018 2019 jew. März Abb. 7 Quelle: Bloomberg Bergos Berenberg · April 2019 17
WÄ H R U N G E N nicht mehr im Jahr 2019 stattfinden wird. Nun EUR/USD: Abkühlende US-Konjunktur ist dies von der EZB offiziell bestätigt worden. dürfte die Dollar-Stärke bremsen Die Leitzinswende lässt also noch lange auf Die Konjunkturdaten aus den USA sind sich warten. Zudem bietet die EZB mit den gemischt. Zuletzt überraschten die BIP-Daten sogenannten TLTROs den Banken neue lang- für das vierte Quartal 2018 positiv, während fristige Liquidität an. Ein Blick auf den han- die Arbeitsmarktdaten für den Februar ent- delsgewichteten Eurokurs, der den Wert des täuschten. Insgesamt erwarten wir, dass die Euro gegenüber den wichtigsten Handelspart- US-Konjunktur im Jahr 2019 an Dynamik ner-Währungen misst, zeigt die Folgen der verlieren wird, weil der staatliche Konjunktur- schwächeren Konjunktur und der äusserst ex- stimulus allmählich nachlässt. Gleichzeitig pansiven Geldpolitik: In den letzten Monaten erwarten wir für die Eurozone zunächst noch ging es für den Euro bergab. schwache Konjunkturdaten, bevor es im Ver- Wechselkurs Euro/US-Dollar Angaben in US-Dollar 1,40 1,30 1,20 1,10 1,00 2014 2015 2016 2017 2018 2019 jew. März Abb. 8 Quelle: Bloomberg Wechselkurs Euro/Britisches Pfund Angaben in GBP 1,00 0,90 0,80 0,70 0,60 2014 2015 2016 2017 2018 2019 jew. März Abb. 9 Quelle: Bloomberg 18 Bergos Berenberg · April 2019
WÄ H R U N G E N Wechselkurs Euro/Schweizer Franken Angaben in Franken 1,30 1,20 1,10 1,00 0,90 2014 2015 2016 2017 2018 2019 jew. März Abb. 10 Quelle: Bloomberg lauf des Frühjahrs allmählich besser werden EUR/GBP: Devisenmarkt geht auf kann. Im Ergebnis gibt es kurzfristig weder Distanz zum harten Brexit für den US-Dollar noch für den Euro starke Der Devisenmarkt hat sich inzwischen gegen Argumente. Nachdem der Euro zum Dollar das Risiko eines harten Brexit positioniert. auf rund 1,12 gefallen ist, sehen wir für die Das Britische Pfund hat im Verlauf des ers- US-Währung nur noch begrenztes Potenzial ten Quartals zugelegt, (in der Abbildung oben nach oben. Allerdings ist der Kurs von 1,12 zeigt sich dies in der Abwärtsbewegung am aus charttechnischer Sicht eine interessante aktuellen Rand). Seit Jahresbeginn hat der Marke. Falls der Euro darunter fällt, könnte es Euro fast fünf Cent verloren. Zwischenzeitlich noch ein Stück bergab gehen. Wir erwarten näherte sich der Wechselkurs der Marke von allerdings eher, dass sich der Wechselkurs an 0,85 Pfund je Euro. Die Marktakteure schei- dieser Marke stabilisieren kann und dass es nen sich ziemlich sicher zu sein, dass es nicht zunächst unter Schwankungen seitwärts wei- zum harten Brexit kommt. Die Aussicht auf tergeht. Wenn sich abzeichnet, dass die äusse- eine Fristverschiebung machte offenbar Mut. ren Störfaktoren an Gewicht verlieren und die Sollte sich der am Markt gehandelte Opti- Konjunktur wieder anspringt, könnte der mismus bewahrheiten und der Brexit ohne Eurokurs bis zum Ende des zweiten Quartals jegliches Austrittsabkommen wird abgewen- um einige Cent bis etwa 1,15 US-Dollar je det, dürfte das Pfund noch etwas Luft nach Euro steigen. Gleichwohl bleiben die Risiken, oben haben. Wir sehen für diesen Fall bis zum dass es beim Handelskonflikt oder beim Brex- Jahresende einen Anstieg bis 0,83 Pfund je it überraschende Wendungen gibt, offensicht- Euro. Kurzfristig könnte es sogar zu einer lich bestehen. Der Währungs ausblick ist des- kleinen Euphoriewelle kommen und für das halb mit einigen Unsicherheiten verbunden. Pfund entsprechend weiter aufwärtsgehen. Bergos Berenberg · April 2019 19
WÄ H R U N G E N Wenn es aber überraschend doch noch zum Euro/Schweizer Franken aus fundamentaler harten Brexit kommt, ist die Fallhöhe für das Sicht im Bereich 1,20 bis 1,25 Franken je Euro Pfund mittlerweile beträchtlich. Zwischen fair bewertet. Auch die Schweizer National- Euro und Pfund droht dann die Parität. bank (SNB) stuft den Franken seit langer Zeit als hoch bewertet ein. Wir sind zuversichtlich, EUR/CHF: Das alte Lied vom dass die Überbewertung des Franken im wei- sicheren Hafen teren Jahresverlauf abklingen wird. Wie zu erwarten war, hat sich der Schweizer Dieser Ausblick basiert auf unserer Annahme, Franken aufgrund der zahlreichen wirtschaft- dass sich die politischen und wirtschaftlichen lichen und politischen Risiken auf hohem Risiken nach und nach zurückbilden werden Niveau festgesetzt. Der Franken wird in unsi- beziehungsweise ihre Bedeutung für die cheren Zeiten traditionell als sicherer Anlage- Marktakteure verlieren. Die Verspannungen hafen gesucht. Lässt man diesen Safe-Haven- im Wechselkurs können sich dann relativ Aspekt ausser Acht, wäre der Wechselkurs schnell lösen. 20 Bergos Berenberg · April 2019
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