RE FLEXI Q2-19 - Bergos Berenberg AG

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FLEXI
ONEN
Q2-19
RE FLEXI Q2-19 - Bergos Berenberg AG
3     Grusswort Executive Summary

                         4     Volkswirtschaft Konjunktur kurz vor der Talsohle

                         6     Aktien Erfreulicher Jahresstart an den globalen Aktienmärkten

                       10      Anleihen Weniger restriktive Zentralbankpolitik nimmt Druck
                               von der Anleiheseite

                       14      Alternative Investments Erholung auch an den Rohstoffmärkten

                       17      Währungen Devisenmärkte: Relative Ruhe trotz hoher Risiken

                       21      Impressum

2   Bergos Berenberg · April 2019
RE FLEXI Q2-19 - Bergos Berenberg AG
Executive Summary

Liebe Leserinnen und Leser,                       Zinsdruck der US-Notenbank profitieren
im ersten Quartal 2019 entwickelten sich die      sollten.
Kapitalmärkte über alle gängigen Anlage-          Unsere Einschätzung für Aktien bleibt verhal-
klassen hinweg sehr erfreulich. Die V-förmige     ten optimistisch. Das Wirtschaftswachstum in
Erholung war in US-Aktien und Obligatio-          den USA ist weiterhin robust, auch wenn die
nen aus den Schwellenländern besonders            positiven Einmaleffekte der US-Steuerreform
ausgeprägt. Somit hat sich die scharfe Korrek-    an Wirkung verlieren. Die Aktienmarktbewer-
tur im vierten Quartal 2018 als übertriebene      tung ist moderat und keinesfalls teuer. Ergän-
Marktreaktion auf globale Wachstumsängste         zend wirkt die neue Geldpolitik stützend. Be-
herausgestellt. Dass die Sorge über geringeres    züglich Politik bleiben die Risiken zum Aus-
Wachstum insbesondere in Europa und in            gang des Brexit und dem Handelskrieg unbe-
China nicht unbegründet ist, zeigt die scharfe    rechenbar. Berücksichtigt man alle Aspekte,
Kehrtwende der Zentralbanken.                     ergibt sich für Aktien ein ausgewogenes Ver-
Für die Kapitalmärkte zeichnet sich somit ein     hältnis von Chancen und Risiken.
neues Bild. Der Gegenwind für den Obliga-         Regional bleiben US-Aktien im Verhältnis zu
tionenmarkt hat etwas abgenommen. Insbe-          anderen Regionen unsere erste Wahl. Wir fa-
sondere US-Dollar-Obligationen bieten wieder      vorisieren zyklische Substanzwerte (Value). Im
vernünftige Renditen. In den Schweizer Eid-       historischen Vergleich sind diese im Verhältnis
genossen und den deutschen Bundesanleihen         zu reinen Wachstumsaktien (Growth) ausser-
erachten wir den Schwenk der Zentralbanken        gewöhnlich günstig bewertet.
als eingepreist. Weiteres Kurspotenzial ist nur   Gold erachten wir vor dem Hintergrund tiefe-
wahrscheinlich, wenn die Wirtschaft in eine       rer Realzinsen sowie bestehender Risiken als
tatsächliche Rezession fällt. Hierfür erkennen    sinnvolle Diversifikation. Für den Ölpreis blei-
wir für die nächsten 12 Monate keine gravie-      ben wir aufgrund der vorteilhaften Angebot-
renden Anzeichen. Bei Unternehmensanlei-          Nachfrage-Situation weiterhin optimistisch.
hen sind die Renditeaufschläge wieder auf ein     Wir freuen uns, Ihnen die Einschätzungen un-
normales Niveau zurückgekommen, mit Be-           serer Kapitalmarktexperten auf den folgenden
wertungen, die weder besonders günstig noch       Seiten detailliert darlegen zu können.
besonders teuer sind. Weiteres Potenzial sehen
wir in US-Dollar-Anleihen aus den Schwel-         Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen und
lenländern, welche verstärkt vom geringeren       verbleibe mit freundlichen Grüssen,

                                                                    MAXI M I LIAN H E F E LE
                                                                  Leiter Vermögensverwaltung

                                                                                         Bergos Berenberg · April 2019   3
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    Konjunktur kurz vor
    der Talsohle

                                                                 DR. H OLG E R SC H M I E DI N G
                                                                                          Chefvolkswirt

                      • Konjunktur: Der graue Winter in Europa und Ostasien ist noch nicht
                          vorüber, Welthandel schwächelt
                      • Neuer Schwung im Sommer, sofern Handelsstreit abflaut und harter
                          Brexit vermieden wird
                      • China legt Stimulus auf, Zentralbanken stützen Konjunktur

                      Der graue Winter ist noch nicht vorüber              tenden Gewerbe zeigen sich Bremsspuren,
                      Eine Serie von politischen Krisen und exter-         die auch auf den Handelsstreit mit China
                      nen Schocks hat die Konjunktur in Europa             zurückgehen. Allerdings deuten die soliden
                      und Ostasien aus dem Tritt gebracht. Vor             Zuwächse der Realeinkommen der privaten
                      allem die von den USA geschürten Handels-            Verbraucher darauf hin, dass die US-Wirt-
                      spannungen sowie die Wachstumsschwäche               schaft auch 2019 ein Wachstum von knapp
                      in China lasten auf der Stimmung der Unter-          2,5 Prozent erreichen kann.
                      nehmen. Dazu kommen in Europa die Sor-
                      gen vor einem harten Brexit, also einem Aus-         Fortschritte in Sicht
                      scheiden Grossbritanniens aus der EU ohne            Damit die Konjunktur in Europa und Ost-
                      Anschlussabkommen. Die weiterhin rück-               asien wieder mehr Fahrt aufnehmen kann,
                      läufigen Geschäftserwartungen in der euro-           müssen drei Bedingungen erfüllt sein:
                      päischen Industrie und der aktuelle Einbruch         1. Die Handelsspannungen müssen spürbar
                      im Handel mit China deuten darauf hin, dass            abnehmen. Dies zeichnet sich ab. Mit dem
                      der Abschwung in Europa und Ostasien noch              Auslaufen des Fiskalstimulus des Vorjahres
                      einige Monate dauern wird. Kurzfristig müs-            werden in den USA die Kosten des Han-
                      sen wir uns auf weitere schlechte Nachrichten          delsstreits spürbar. Damit dürfte der Anreiz
                      einstellen.                                            für Präsident Donald Trump zunehmen, in
                      Nachdem umfangreiche Steuergeschenke den               diesem Jahr lieber »Deals« abzuschliessen,
                      USA 2018 ein Wachstum von 2,9 Prozent be-              als mit einer weiteren Eskalation den US-
                      schert hatten, verliert dort die Konjunktur seit       Aufschwung zu gefährden und die Chan-
                      Dezember etwas an Schwung. Im verarbei-                cen seiner Wiederwahl 2020 zu vermindern.

4   Bergos Berenberg · April 2019
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V O L K S W I RT S C H A F T

  Die USA und China haben bei ihren                 Politische Risiken in der Eurozone
  Gesprächen offenbar Fortschritte gemacht,         Nachdem Italien vor allem als Folge der poli-
  die sie möglicherweise in Kürze bei einem         tisch bedingten erhöhten Risikoaufschläge in
  Gipfeltreffen besiegeln wollen. Der Han-          eine Rezession gerutscht ist, wird es seine
  delsstreit zwischen den USA und der EU            Haushaltsziele für 2019 weit verfehlen. Aber
  wird sich zwar noch länger hinziehen. Aber        da in Italien die besonders ausgabefreudigen
  wenn sich Trump mit China einigen kann,           Fünf Sterne an politischem Rückhalt verlie-
  werden Märkte und Unternehmen vermut-             ren, stehen die Chancen gut, dass Italien not-
  lich darauf setzen, dass dies letztlich auch      falls seine Politik anpassen wird, um so die
  mit der EU der Fall sein wird.                    Gefahr einer Schuldenkrise einzugrenzen. In
2. China muss seine ausgeprägte Konjunk-            Frankreich gelingt es Präsident Emmanuel
  turschwäche überwinden. Dies dürfte dem           Macron offenbar, den Protest der Gelbwesten
  Land in Kürze gelingen. Die geld- und kre-        einzudämmen, ohne seine wachstumsför-
  ditpolitischen Schritte vom Spätherbst 2018       dernden Reformen zurückzunehmen.
  zeigen sich bereits jetzt in einer etwas leb-
  hafteren Kreditvergabe. Anfang März hat           Schwenk der Notenbanken
  China zudem angekündigt, Steuern zu sen-          In den USA und Europa nimmt der Lohn-
  ken (um etwa 2 Prozent der Wirtschaftsleis-       druck nur langsam zu. Deshalb sind die Kern-
  tung), die Kreditvergabe weiter zu lockern        raten der Inflation entweder sehr niedrig mit
  und die Infrastrukturausgaben wieder zu           rund 1 Prozent in der Eurozone oder im Ein-
  erhöhen. Damit dürfte Chinas Konjunktur           klang mit der angestrebten Rate von etwa 2
  bald die Talsohle durchschritten haben.           Prozent in den USA. Die Notenbanken kön-
3. Grossbritannien muss den harten Brexit ver-      nen es sich leisten, ihre Politik dem Ausblick
  meiden. Auch wenn die Unsicherheit gross          für die Konjunktur anzupassen. Nachdem
  bleibt, ist das Risiko eines abrupten und         die US Fed im Dezember die Märkte mit
  ungeordneten Ausscheidens aus der EU zu-          dem Hinweis verunsichert hatte, ein Teil ihrer
  letzt spürbar gesunken. Dem britischen Par-       Geldpolitik sei auf Autopilot gestellt, hat sie
  lament fällt es zwar schwer, sich beim Brexit     diesen Fehler im Januar korrigiert. Sie legt ei-
  auf irgendeine Variante zu einigen. Aller-        ne Zinspause ein und wird das langsame Ab-
  dings zeigen mehrere Abstimmungen, dass           schmelzen ihrer Bilanz bereits Ende dieses
  eine überparteiliche Mehrheit im Parlament        Jahres beenden.
  den harten Brexit vermeiden möchte. Jede          Die EZB hat im März ihre Wachstumsprog-
  andere Lösung würde die Lage entspannen.          nose für 2019 spürbar gesenkt (auf die von uns
Da wir bei diesen drei Bedingungen Fortschrit-      erwarteten 1,1 Prozent) und ihre Geldpolitik
te erkennen können, erwarten wir weiterhin,         angepasst. Sie wird den Banken neue gross-
dass dem grauen Winter der Konjunktur in            zügige Liquiditätsspritzen anbieten und min-
Europa und Ostasien ein hellerer Sommer fol-        destens bis Ende 2019 statt nur bis zum Ende
gen wird, auch wenn die besseren Zeiten erst        des Sommers ihre Leitzinsen unverändert las-
im Juni, statt bereits zu Ostern beginnen           sen. Der Schwenk der Notenbanken grenzt
könnten.                                            die Abwärtsrisiken für die Konjunktur ein.

                                                                                           Bergos Berenberg · April 2019   5
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A KTI E N

    Erfreulicher Jahresstart an
    den globalen Aktienmärkten

                                                          TI LL C H RI STIAN B U DE LMAN N
                                                                                  Aktienstratege

                      • Zehn Jahre US-Bullenmarkt und kein Ende in Sicht
                      • Keine Rezession, keine Zinserhöhungen, aber politische Risiken
                      • Gesunkene Erwartungen an das Gewinnwachstum, moderate Aktienbewertungen
                      • Keine technischen Sorgen, die Euphorie bleibt aus
                      • Weiterhin US-Aktien und zyklische Substanzwerte präferiert

                      Wohl teilweise als Reaktion auf die extreme     Zehn Jahre US-Bullenmarkt und
                      Kurskorrektur im vergangenen Dezember           kein Ende in Sicht
                      war im ersten Quartal 2019 eine breit abge-     »Wie tief können Aktien denn noch fallen?«,
                      stützte Aufholbewegung an den internatio-       so titelte das renommierte Wall Street Jour-
                      nalen Aktienmärkten zu beobachten. Die          nal am 9. März 2009. Die Verwüstungen des
                      schmerzhaften Verluste des vergangenen Jah-     vielen Marktteilnehmern heute noch in den
                      res konnten je nach Aktienregion bereits wie-   Knochen steckenden »once-in-a-lifetime tsu-
                      der zu einem gewissen Teil (Europa, Schwel-     nami« (Greenspan) erreichten an jenem Tag
                      lenländer) beziehungsweise sogar komplett       im S&P 500 allerdings ihren Tiefpunkt: Der
                      wettgemacht werden (USA). Inhaltliche Im-       US-Aktienindex schloss bei 677 Punkten,
                      pulse gingen dabei vor allem von der Fed aus,   und dies markierte im Nachhinein den Be-
                      deren Stellungnahme im Januar, ganz im          ginn eines fulminanten Bullenmarktes. Nach
                      Gegensatz zu deren Kommunikation im De-         offizieller Definition an der Wall Street endet
                      zember, am Markt erfreut aufgenommen            ein US-Bullenmarkt erst, wenn der Preisin-
                      wurde. Auch die Hoffnung auf eine baldige       dex S&P 500 auf Basis der Schlusskurse von
                      Einigung im Handelsstreit zwischen den USA      seinem letzten Hoch mindestens 20 Prozent
                      und China liessen die Anleger neuen Mut fas-    verloren hat. Dieses Hoch markiert dann den
                      sen. Die Erwartungen an die globalen Unter-     Wendepunkt und rückwirkend den Beginn
                      nehmensgewinne wurden hingegen auf brei-        des Bärenmarktes. In den vergangenen zehn
                      ter Front nach unten korrigiert. In der Folge   Jahren ist dies nicht eingetreten, und die US-
                      stiegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs)     Börse erfreut sich der zweitlängsten Hausse
                      weltweit – nachdem sie in 2018 noch geradezu    seit dem Zweiten Weltkrieg (nach dem Bullen-
                      kollabiert waren.

6   Bergos Berenberg · April 2019
A KTI E N

markt von 1987 bis 2000). Vergangenen Hei-          von knapp 2,5 Prozent im laufenden und von
ligabend hatten die Bären allerdings kräftig an     etwas mehr als 2 Prozent im kommenden Jahr
die Tür geklopft – der Verlust gegenüber dem        – und bezüglich der Eurozone liegen unsere
letzten Hoch vom 20. September 2018 betrug          Erwartungen bei gut ein, beziehungsweise gut
zu diesem Zeitpunkt 19,8 Prozent. Seither           1,5 Prozent. Unsere Prognosen für die Jahre
sind die Kurse allerdings wieder deutlich ge-       2019/2020 liegen damit bezüglich der USA
stiegen, und die Bestätigung des Bullenmark-        per Saldo über den Konsensschätzungen und
tes erscheint wahrscheinlicher als dessen           bezüglich der Eurozone ziemlich genau auf
Bruch. Dafür sprechen inhaltlich das vermu-         Höhe der allgemeinen Projektionen (für 2019
tete Ende der Zinserhöhungsphase durch die          etwas darunter und für 2020 etwas darüber).
Fed, aber auch die moderaten Aktienbewer-           Die Politik der Notenbanken dürfte die Ak-
tungen, die Marktbreite der Performance so-         tienmärkte unseres Erachtens eher stützen.
wie eine vorsichtige Positionierung der Inves-      Wir erachten es beispielsweise als unwahr-
toren. Grösster Risikofaktor bleibt die Politik.    scheinlich, dass die Fed in diesem Jahr noch
                                                    weitere Erhöhungen vornimmt; und nach
Keine Rezession, keine Zinserhö-                    dem Ende von Zinserhöhungsphasen hat sich
hungen, aber politische Risiken                     der S&P 500 historisch meist recht positiv
Wir rechnen weder für 2019 noch für 2020 mit        entwickelt.
einer Rezession in den für uns relevanten
Währungsräumen. Für die US-Wirtschaft               Sorgen bereitet allerdings weiterhin die Po-
erwarten wir beispielsweise ein Wachstum            litik. Donald Trump wird von der Wall Street

S&P 500 vs. Stoxx 50 vs. MSCI EM über den US-Bullenmarkt

460
                                                                                                           S&P 500 USD
430                                                                                                        Stoxx 50 EUR
400                                                                                                        MSCI Emerging
                                                                                                           Markets USD
370
340
310
280
250
220
190
160
130
100
  70
         2009   2010   2011     2012      2013     2014    2015    2016     2017     2018      2019

Abb. 1                                                                              Quelle: Bloomberg

                                                                                        Bergos Berenberg · April 2019      7
A KTI E N

                      grundsätzlich als wirtschaftsfreundlich gese-                                                mehr denn je zwischen dem Analystenkon-
                      hen, mit einer Ausnahme: seiner Handels-                                                     sens auf der einen Seite und den am Markt
                      politik. Der Handelsstreit mit China ist wirt-                                               eingepreisten Erwartungen auf der anderen
                      schaftlich nicht zu vernachlässigen. Allerdings                                              Seite unterscheiden) allerdings zurzeit wohl
                      deutet sich hier eine Lösung an, und es wäre                                                 eher eine globale Nullrunde einpreisen, dürf-
                      ein Schock für die Märkte, wenn diese nicht                                                  te am Ende jede positive 2019er-Zahl die in-
                      zustande käme. Und der Handelsstreit zwi-                                                    ternationalen Aktienkurse ceteris paribus eher
                      schen den USA und Europa ist nicht vom                                                       stützen. Für die USA erwarten wir ein Ge-
                      Tisch; vielmehr erscheint eine Eskalation im                                                 winnwachstum von 2 bis 4 Prozent und damit
                      Laufe der kommenden Monate als ziemlich                                                      etwas mehr als für Europa und die Schwellen-
                      wahrscheinlich (gerade nach einer erfolgten                                                  länder. Die KGVs sind seit Jahresstart in allen
                      Einigung zwischen den Präsidenten Trump                                                      Regionen wieder gestiegen. Die Kurse haben
                      und Xi), welche vor allem die europäische                                                    angezogen, und die Gewinnerwartungen sind
                      Wirtschaft belasten dürfte. Hinzu kommt                                                      gegenüber dem Jahresanfang gesunken. Trotz-
                      weiterhin die grosse Unsicherheit bezüglich                                                  dem ist das KGV in den relevanten Regionen
                      des Ausgangs der Brexit-Verhandlungen be-                                                    noch immer leicht unter beziehungsweise auf
                      ziehungsweise -Abstimmungen.                                                                 dem historischen Schnitt. Wir erachten die
                                                                                                                   globalen Aktienmärkte damit weiterhin als
                      Gesunkene Erwartungen an das Gewinn-                                                         nicht teuer – vor allem vor dem Hintergrund
                      wachstum, moderate Aktienbewertungen                                                         der Attraktivität der Anlagealternativen.
                      Nach einem vor allem in den USA sehr star-
                      ken Gewinnjahr 2018 liegen die Schätzungen                                                   Keine technischen Sorgen, die
                      für die Unternehmensprofite in diesem Jahr                                                   Euphorie bleibt aus
                      deutlich niedriger. Die Analysten rechnen                                                    Die aktuelle Entwicklung an den globalen
                      derzeit (je nach Region) mit 4 bis 8 Prozent                                                 Aktienmärkten ist technisch weitgehend als
                      Gewinnwachstum. Ende letzten Jahres lagen                                                    neutral zu bewerten. Als positiv kann bezüg-
                      die Schätzungen für 2019 mit 8 bis 10 Prozent                                                lich den USA hervorgehoben werden, dass
                      noch um einiges höher. Da die Marktteil-                                                     die Marktbreite der Performance in diesem
                      nehmer (und man muss aktuell tatsächlich                                                     Jahr stark ausgeprägt ist. Anders als in frühe-

                      Globale Bewertungen anhand des MSCI ACWI Forward-KGVs

                      11                             12,9                           15,3             16,7                                                          25

                                              Anfang 2019                         Aktuell        Anfang 2018
                      »günstig«                                                                                                                              »teuer«

                      »günstig« bezieht sich auf das 5te Perzentil und "teuer" auf das 95ste Perzentil über die letzten 20 Jahre. Bezüglich
                      des Forward-KGVs werden jeweils die erwarteten Gewinne der nächsten 12 Monate zu Grunde gelegt.

                      Abb. 2                                                                                                                         Quelle: Bloomberg

8   Bergos Berenberg · April 2019
A KTI E N

ren Jahren wird der Markt nicht allein von den     letzten Jahr stärker gebeutelten Regionen
bekannten FAANG-Aktien angetrieben. In             (Europa, Schwellenländer) bislang relativ nicht
Europa ist die Marktbreite nicht so stark aus-     aufholen. Und die Fundamentaldaten sehen
geprägt. Weitere Unterstützung liefern Sen-        für den US-Markt nach wie vor besser aus –
timent-Indikatoren. So fragt beispielsweise die    das gilt auf Makro- und Mikroebene. Hinzu
American Association of Individual Inves-          kommen weiterhin zusätzliche politische
tors jede Woche ihre Mitglieder, wie sich der      Problemfelder in Europa. Auf Branchenebene
Markt in den kommenden sechs Monaten               sehen wir sowohl in den USA als auch in
entwickeln wird. Zwar sind aktuell etwas           Europa noch immer das grösste Potenzial in
mehr Investoren bullish als bearish. Von Eu-       den Sektoren Finanzwesen und Industrie.
phorie, die ein klares Warnsignal wäre, ist aber   Hierbei handelt es sich um typische Vertreter
noch nichts zu erkennen. Stattdessen deuten        des Bereichs »zyklische Substanzwerte«.
andere Indikatoren auf eine derzeit relativ        Gerade in Amerika hatten im letzten Jahr
defensive Positionierung der globalen Gross-       Substanzwerte (Value) gegenüber den Wachs-
investoren hin.                                    tumswerten (Growth) deutlich stärker gelitten
                                                   und scheinen weiterhin relativ unterbewertet
Weiterhin US-Aktien und zyklische                  zu sein.
Substanzwerte präferiert                           Zudem verzeichnen diese Sektoren aktuell
Bezüglich der Aktienregionen präferieren wir       das stärkste erwartete Wachstum der 2019er
nach wie vor die USA gegenüber dem Rest            Unternehmensgewinne und erlebten im Laufe
der Welt. Trotz einer gewissen politischen Ent-    des ersten Quartals die geringsten Anpassun-
spannung seit Jahresanfang konnten die im          gen der Schätzungen für dieses Jahr.

                                                                                          Bergos Berenberg · April 2019   9
AN LE I H E N

     Weniger restriktive Zentral-
     bankpolitik nimmt Druck
     von der Anleiheseite
                                                                               RE NÉ BOLHAR
                                                                                 Anleihenstratege

                       • US-Dollar-Anleihen verzeichnen akzeptable Renditen, die Situation in
                         Euro und Schweizer Franken bleibt mit wenig attraktiven Renditeniveaus
                           herausfordernd
                       • Risikoaufschläge insbesondere im Hochzinssegment nach erfolgreichem
                         Jahresstart zurück auf neutralen Niveaus
                       • Emerging Markets als strategische Beimischung bieten neben anspre-
                         chendem Zinseinkommen weiteres Aufwertungspotenzial im Jahresverlauf
                       • Anleihen europäischer Kernstaaten haben negative Faktoren
                         weitestgehend reflektiert

                       Der Jahresanfang brachte dem Anleihen-          weg sowie eine tendenziell untergewichtete
                       segment einen spürbaren Aufschwung und          Positionierung der Investoren, die diese zum
                       damit erfreulichere Zahlen. Neben der be-       Jahresauftakt zu schliessen begannen, Grund
                       achtlichen Erholung risikosensitiver Anlagen,   für die Erholung. Nebenschauplätze wie der
                       wie beispielsweise solchen aus dem Hochzins-    US Government Shutdown, mit 35 Tagen der
                       oder Schwellenländerbereich, zeigte sich die    längste in der Geschichte, konnten der positi-
                       Recovery in nahezu sämtlichen Kategorien,       ven Aufbruchsstimmung wenig entgegenset-
                       bis hin zu Safe-Haven-Anlagen (Deutsche,        zen.
                       US- oder Schweizer Staatsanleihen, etc.). Die   Schaut man sich die Entwicklung der Staats -
                       Gründe hierfür waren vielschichtig. Zum ei-     anleihen erstklassiger Emittenten im Verlaufe
                       nen befeuerte die Hoffnung auf eine Beile-      der ersten Wochen an, so scheinen die Markt-
                       gung der bislang ungelösten Streitpunkte        teilnehmer dem positiven Bild nicht ganz
                       (Brexit, US-China-Handelsstreit) die Bewer-     trauen zu wollen. Nimmt man die Entwick-
                       tungen, zum anderen waren eine zurückhal-       lung der zehnjährigen BUND-Renditen als
                       tende Neuemissionspolitik der Unternehmen       Anhaltspunkt, so intensivierte sich der seit
                       über die verschiedenen Währungsräume hin-       Oktober des vergangenen Jahres anhaltende

10   Bergos Berenberg · April 2019
AN LE I H E N

Risikoaufschläge von Investment Grade und Hochzinsanleihen in EUR und USD
Betrachtungszeitraum 31.03.2009 bis 31.03.2019

 2.500         Min/Max-Spanne
               31.12.2018
               Aktuell
 2.000

  1.500

 1.000

   500

         0
                    EUR             USD             EUR            USD               Emerging
                  Investm.        Investm.       High Yield     High Yield            Markets
Abb. 3                                                           Quelle: Bloomberg, Darstellung Bergos Berenberg AG

Trend zu niedrigeren Renditen ab der zweiten           hängenden starken US-Dollar im Jahresver-
Januarhälfte und fand ein Zwischentief bei             lauf 2018, für die negative Performance von
knapp 9 Basispunkten. Auch in den USA san-             Schwellenländeranlagen verantwortlich ge-
ken im Betrachtungszeitraum die Zinsen auf             macht werden. In der Zwischenzeit hat das
ein Zwischentief von 2.55 Prozent, nachdem             allgemeine wirtschaftliche Umfeld aber be-
diese zur Mitte des Vorquartals noch bei 3.24          gonnen, sich zu verlangsamen. Konjunktur-
Prozent zu finden waren. Im Hinblick auf               und Wirtschaftsindikatoren zeigen erste An-
die damals noch gelebte, restriktivere Politik         zeichen einer Abschwächung.
der US-Zentralbank wurde dies als die lange            Wie bereits angedeutet, blieb diese Entwick-
erwartete Zinswende interpretiert. Mit der             lung auch aufseiten der Zentralbanken nicht
Veröffentlichung enttäuschender volkswirt-             unbemerkt. Den Anfang machte die Veröffent-
schaftlicher Indikatoren, insbesondere aus             lichung der US-Fed-Protokolle des Januar-
Europa, ergab sich in der zweiten Märzhälfte           Meetings zu Beginn der zweiten Februarhälf-
ein weiterer Rutsch des Zinsumfelds. Das               te. Erstmals wurde klar von einer Pausierung
Ergebnis waren negative Renditen auf deut-             der Zinsanhebung gesprochen. Auch wurde
sche Staatsanleihen im 10-Jahres Bereich so-           thematisiert, ob und inwieweit die Ab-
wie eine ausgeprägte Invertierung der US-              schmelzung der Zentralbankbilanz im Lichte
Zinsstrukturkurve zwischen dem 3-Monats-               der wirtschaftlichen Entwicklung weltweit
und 10-Jahres-Bereich auf US-Staatspapiere.            noch tragbar sei.
Die Frage nach dem »Wie weiter« scheint an-
gebracht. Einige der spezifischen negativen
                                                                »Die Fundamentalsituation der
Treiber des vergangenen Jahres haben an Be-                     Unternehmen ist nach wie vor stark
deutung und Einfluss verloren. Das steigende                    und zeigt keine Anzeichen einer
US-Zinsumfeld kann, neben dem zusammen-                         nahen Abschwächung«

                                                                                                       Bergos Berenberg · April 2019   11
AN LE I H E N

                       In ihrer regulären Sitzung Anfang März             Ungelöste Konflikte bestehen nach wie vor.
                       legte die Europäische Zentralbank nur zwei         Eine Lösung in der Brexit-Frage ist – kurz vor
                       Monate nach Auslauf der Nettoanleihenan-           Ende des ursprünglichen Austrittszeitpunkts
                       käufe nach: Wachstums- und Inflationserwar-        – noch nicht erzielt. Konkrete Vereinbarungen
                       tungen wurden nach unten korrigiert; eine          im Handelsstreit stehen noch aus. In der Zwi-
                       Anhebung der Leitzinssätze sei für 2019 nicht      schenzeit ist sogar die Gefahr der Eskalation
                       zu erwarten.                                       eines Handelsstreits zwischen den USA und
                       Befeuert durch die offensichtliche Vorsicht der    Europa wieder angestiegen. Das alles in einem
                       grossen Zentralbanken, setzte sich der Ab-         wirtschaftlichen Umfeld, in dem sich das
                       wärtstrend der Staatsanleihezinsen fort. Die       Wachstum im globalen Kontext abschwächt
                       Kreditrisikoprämien für Unternehmensan-            und neuerliche Stimuli notwendig machen
                       leihen jeglicher Bonität sind seither in der       könnte.
                       Tendenz eher wieder gestiegen. Für die weite-      Wir präferieren in diesem Umfeld eine Rück-
                       re Entwicklung der Risikoprämien und No-           kehr zu qualitativ hochwertigen Anlagen im
                       tierungen ist Vorsicht geboten.                    Anleihensegment. Im historischen Vergleich
                                                                          erscheinen uns die Risikoaufschläge im Hoch-
        »Insbesondere in US-Dollar erzielen                               zinsbereich für beide Währungsbereiche als
        Investoren mittlerweile auch                                      unzureichend für eine übergewichtete Alloka-
        im Investment-Grade-Bereich eine                                  tion, gerade auch im Hinblick auf eine sich
        akzeptable Rendite.«                                              abschwächende Konjunktur.

                       Noch gehen die wenigsten Marktteilnehmer
                                                                                    »In vereinzelten Bereichen des
                       von einer bevorstehenden Rezession bereits in                Hochzinssegments lassen sich weiterhin
                       diesem Jahr aus. Auch ist die Fundamental-                   attraktive Renditen in Form regel-
                       situation der Unternehmen nach wie vor stark                 mässiger Kuponzahlungen erzielen.«
                       und zeigt keine Anzeichen einer nahen
                       Abschwächung. Doch drängt sich die Frage           Insbesondere in US-Dollar erzielen Investoren
                       auf, wie lange der aktuelle Zyklus noch laufen     mittlerweile im Investment-Grade-Bereich
                       kann beziehungsweise wann er letztlich sein        eine akzeptable Rendite bei geringerer zu er-
                       Ende finden wird.                                  wartender Volatilität. Innerhalb des Anlageseg-
                       Unbestreitbar kann die Erholungsrally eine         ments gewichten wir Anleihen mit BBB-Ra-
                       weitere Runde einläuten und mit wieder fal-        ting unter. Bedingt durch «billiges Zentralgeld»
                       lenden Kreditrisikoprämien und gegebenen-          ist deren Anteil am Gesamtmarkt seit der glo-
                       falls sogar niedrigeren Benchmark-Zinsen für       balen Finanzkrise massiv gewachsen. Sobald
                       positive Gesamtrenditen sorgen. Insbesondere       die Kreditvergabe restriktiver werden sollte,
                       im Hinblick auf die erfreulich starke Entwick-     besteht hier die Gefahr weitreichender Herab-
                       lung der ersten drei Monate scheint das Po-        stufungen in den spekulativen Bereich mit
                       tenzial für Rückschläge allerdings ausgeprägter.   entsprechenden Folgen für die Bewertungen.

12   Bergos Berenberg · April 2019
AN LE I H E N

Für Staatsanleihen zeigt sich ein uneinheitli-    Renditen erzielt werden können. Auch wenn
ches Gesamtbild. Während die Gefahr stei-         eine Verlangsamung der Weltkonjunktur und
gender Zinsen im Bereich der US Treasuries        ein nach wie vor starker US-Dollar den Druck
angesichts der aktuellen Fed-Politik für den      auf Schwellenländer-Anlagen hoch halten
Moment überschaubar ist, bewegen sich die         sollten, nimmt die zumindest zeitweise Aus-
Zinsen der europäischen Kernländer bereits        setzung der Zinsanhebungen in den USA be-
auf extrem niedrigen Niveaus. Ein weiteres        trächtlichen Druck von diesen Emittenten.
Einengungspotenzial ist für den Fall einer sich   Solange die Fed entsprechend die Zügel nicht
zwar verlangsamenden, aber nicht schrump-         erneut strafft und es zu keinem Kollaps der
fenden Wirtschaft begrenzt. Peripherieländer      Risikoprämien kommt, erwarten wir aus dem
bieten zwar noch attraktive Aufschläge, die       Bereich der Schwellenländer solide Erträge
Diskussion und Marktbewegung ausgelöst            und hohen Carry.
durch den Budgetstreit Italiens mit der EU im     Auch in vereinzelten Bereichen des Hoch-
vergangenen Quartal illustriert aber deutlich,    zinssegments lassen sich weiterhin attraktive
dass dieser Aufschlag im wahrsten Sinne eine      Renditen in Form regelmässiger Kuponzah-
Risikoprämie darstellt. Spätestens nach der       lungen erzielen. Eine signifikante Wertsteige-
Wahl zum Europäischen Parlament im Mai            rung der Anlagen ist im aktuellen Marktum-
und einem möglichen weiteren Erstarken            feld aber eher unwahrscheinlich und bietet
antieuropäischer Kräfte dürfte uns dieses         mit den gegenwärtigen Notierungen Rück-
Thema erneut zu beschäftigen beginnen.            schlagpotenzial. Kern der Anlage muss wie
Dennoch existieren weiterhin Bereiche, in         bereits in der Vergangenheit eine ausgeprägte
denen auch im festverzinslichen Bereich           und detaillierte Analyse sein.

                                                                                       Bergos Berenberg · April 2019   13
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S

     Erholung auch an den
     Rohstoffmärkten

                                                                              SOUMAI LA TÉKÉTÉ
                                                                    Stratege Alternative Investments

                       • Die negativen Übertreibungen aus dem letzten Quartal 2018
                         haben sich weitestgehend wieder normalisiert
                       • Für eine Fortsetzung dieser Erholungsbewegung bedarf es in
                         manchen Teilen des Rohstoffmarktes daher teilweise neuer
                           konjunktureller Wachstumsimpulse

                       Nach den massiven Kurseinbrüchen gegen              Auch hier ist das verbesserte Sentiment zu
                       Ende des letzten Jahres stand das erste Quar-       grossen Teilen auf den veränderten Grundton
                       tal 2019 auch an den Rohstoffmärkten in             der Zentralbanken und die Hoffnung auf eine
                       nahezu allen Segmenten für eine deutliche           baldige Einigung im Handelsstreit zwischen
                       Aufholbewegung. Die Erholung ist allerdings,        den USA und China zurückzuführen. Doch
                       gemessen am Ausmass des vorangegangenen             auch die rohstoffspezifischen Fundamental-
                       Einbruchs, nicht ganz so deutlich ausgefallen,      daten und Faktoren haben derzeit einen po-
                       wie dies beispielsweise in Bereichen des Ak-        sitiven Einfluss auf das jeweilige Rohstoff-
                       tienmarktes der Fall war.                           segment.

                       Rohöl (WTI), Gold und Industriemetalle über 1 Jahr                                 Bloomberg WTI Crude
                                                                                                          Oil TR Subindex
                                                                                                          Bloomberg Gold TR
                                                                                                          Subindex
                        120                                                                               Bloomberg Industrial
                                                                                                          Metals TR Subindex

                         90

                         60
                                2018                                                                                     2019
                       Abb. 4                                                                               Quelle: Bloomberg

14   Bergos Berenberg · April 2019
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S

Spannweite der US-Rohöl-Lagerbestände über 5 Jahre                                                      5YR Range

                                                                                                        2019 YTD

   550.000,–

   500.000,–

   450.000.–

   400.000,–

   350.000,–

   300.000,–

   250.000,–
               Jan.   Feb.   März       April    Mai     Juni     Juli    Aug.   Sept.   Okt.      Nov.     Dez.
Abb. 5                                                                                          Quelle: Bloomberg

Der Ölpreis erholt sich von den Wunden                     ten Förderkürzungen der OPEC auslaufen
des letzten Jahres                                         und die stabileren Ölpreise ihrerseits wieder
Die Angebots-Nachfrage-Situation auf den                   einen erhöhten Förderanreiz für Schieferöl-
Rohölmärkten hat sich dem letzten Jahr                     produzenten in den USA darstellen dürften.
gegenüber merklich verbessert. Die Nach-
frage aus einigen Regionen ist zu Beginn 2019              Weiterhin positives Umfeld für Gold
bereits höher ausgefallen als ursprünglich                 Während insbesondere Ende letzten Jahres
erwartet. Auf der Angebotsseite zeigen sich                eine historisch niedrige Positionierung von
die OPEC-Staaten und vor allem Saudi-Ara-                  spekulativen Marktteilnehmern eine Beschleu-
bien bemüht, die Förderkürzungen schneller                 nigung des Kurs anstiegs begünstigte, gab der
und restriktiver umzusetzen als ursprünglich               Goldpreis in den letzten Wochen in einem
angekündigt. Sanktionen gegenüber dem Iran                 verbesserten Stimmungsumfeld für risikobe-
und Venezuela sorgen für weitere Export-                   haftete Anlagen einen Teil seiner Gewinne
rückgänge, und die Zahl der aktiven Schie-                 wieder ab. Wir glauben nicht an eine unmit-
feröl-Bohrlöcher in den USA hat sich als Re-               telbar bevorstehende Rezession und gehen
aktion auf die tieferen und weniger rentablen              davon aus, dass sich nach der aktuellen leich-
Ölpreisniveaus bereits reduziert. Auch die                 ten Abschwächung im wirtschaftlichen Da-
Rohöl-Lagersituation in den USA hat sich                   tenkranz zur Mitte des Jahres hin wieder eine
etwas entspannt, da sich entgegen saisonalen               leichte Beschleunigung des globalen Wirt-
Mustern kein weiterer Lageraufbau in den                   schaftswachstums einstellen sollte.
ersten Monaten abgezeichnet hat.                           Allein aufgrund der schieren Länge der nun-
Angesichts dieser Entwicklungen sehen wir                  mehr 10 Jahre währenden konjunkturellen
weiteres Aufholpotenzial für den Ölpreis. Ei-              globalen Erholung dürfte sich allerdings ein
nen ersten Härtetest erwarten wir allerdings               gewisser Kern an Marktskeptikern halten, die
bereits zur Jahresmitte hin, sobald die geplan-            Gold als Safe-Haven-Anlage die Treue halten

                                                                                                    Bergos Berenberg · April 2019   15
A LT E R N A T I V E I N V E S T M E N T S

                                                                                                                China OECD Leading
                       China OECD Frühindikatoren                                                               Indicators Normalized

                        102

                         101

                        100

                         99

                         98

                         97
                                2009   2010   2011    2012      2013      2014      2015          2016   2017     2018          2019
                       Abb. 6                                                                                     Quelle: Bloomberg

                       und für eine gewisse Grundnachfrage sorgen           dieses Marktsegment jedoch sehr hoch. Ge-
                       werden. Den weitaus grössten potenziellen            rade diese Wachstums- und Konjunkturdaten
                       Treiber stellt aber nach wie vor die veränderte      aus China deuten allerdings auf eine aktuelle
                       Politik der Zentralbanken dar. Während die           Schwäche hin. So wurde erst jüngst auf der
                       Fed zusehends von weiteren Zinsanhebungen            Jahrestagung des Volkskongresses das Wachs-
                       absehen wird und China bemüht ist, die Kre-          tumsziel für 2019 auf 6–6,5 Prozent gesenkt.
                       ditvergabe wieder anzukurbeln, dürfte ein            Das jüngste Kreditvergabewachstum und in
                       genereller kurzfristiger Anstieg des Zinsni-         Aussicht gestellte Steuersenkungen verdeut-
                       veaus vermieden werden. Dies hält die Op-            lichen jedoch, dass China ausreichend stimu-
                       portunitätskosten für Gold niedrig und sollte        lierende Massnahmen ergreifen wird, um das
                       mittelfristig für zusätzliche Nachfrage von          Wachstum wieder über die gewünschte Ziel-
                       Investorenseite sorgen. So gehen wir davon           marke zu bringen. Dadurch würde sich auch
                       aus, dass der Goldpreis seinen positiven Trend       für Industriemetalle weiteres Aufwärtspoten-
                       aus dem letzten Halbjahr fortsetzen sollte,          zial ergeben.
                       wobei kurzfristige Schwankungen aufgrund             Für eine Fortsetzung der Erholungsbewegung
                       nachlassender Risikoaversion oder möglicher          bei Industriemetallen, die bereits nahezu alle
                       Schwankungen des US-Dollars nicht ausge-             Verluste aus dem vierten Quartal 2018 auf-
                       schlossen werden können.                             geholt haben, bedarf es unserer Ansicht nach
                                                                            allerdings erst positiver realwirtschaftlicher
                       Industriemetalle abhängig von Chinas                 Impulse. So gilt es kurzfristig, insbesondere
                       Entwicklung                                          die konjunkturellen Frühindikatoren in die-
                       Industriemetalle konnten sich zum Jahresbe-          ser Region und die Fortschritte hinsichtlich
                       ginn ebenfalls deutlich erholen. Die Abhän-          der Handelsdiskussionen zwischen den USA
                       gigkeit von der konjunkturellen Entwicklung          und China im Auge zu behalten.
                       Chinas als marginalem Nachfrager bleibt für

16   Bergos Berenberg · April 2019
WÄ H R U N G E N

Devisenmärkte: Relative
Ruhe trotz hoher Risiken

                                                                 JÖRN QU ITZAU
                                                                  Währungsstratege

    • EUR/USD: Abkühlende US-Konjunktur dürfte die Dollar-Stärke bremsen
    • EUR/GBP: Devisenmarkt geht auf Distanz zum harten Brexit
    • EUR/CHF: Das alte Lied vom sicheren Hafen

    Konjunktur und Finanzmärkte sehen sich               und Europa derzeit gut beschrieben. Die ein-
    nach wie vor zahlreichen Risiken ausgesetzt.         getrübten Konjunkturdaten zwingen die No-
    Trotz dieser fragilen Gemengelage war es an          tenbanken vorerst zur Zurückhaltung. So hat
    den Devisenmärkten im ersten Quartal 2019            sich die US-Notenbank Fed von ihrem strik-
    erstaunlich ruhig. Die Schwankungen fallen           ten Straffungskurs verabschiedet. Und die
    vergleichsweise gering aus. Offenbar befinden        letzte Sitzung der Europäischen Zentralbank
    sich die Marktakteure im »wait-and-see«-             (EZB) am 7. März 2019 brachte ein weiteres
    Modus. Nur der starke Schweizer Franken              Mal die Erkenntnis, dass die Geldpolitik noch
    signalisiert eine erhöhte Risikobewertung. Mit       länger sehr expansiv sein wird. Genau wie vie-
    »wait-and-see« ist auch die Geldpolitik der          le andere Beobachter hatten wir bereits prog-
    Notenbanken in den USA, Grossbritannien              nostiziert, dass die erste Leitzinserhöhung

    Handelsgewichteter Euro

     105

     100

      95

      90

      85
             2014        2015               2016                 2017              2018               2019
                                                     jew. März
    Abb. 7                                                                                 Quelle: Bloomberg

                                                                                               Bergos Berenberg · April 2019   17
WÄ H R U N G E N

                       nicht mehr im Jahr 2019 stattfinden wird. Nun          EUR/USD: Abkühlende US-Konjunktur
                       ist dies von der EZB offiziell bestätigt worden.       dürfte die Dollar-Stärke bremsen
                       Die Leitzinswende lässt also noch lange auf            Die Konjunkturdaten aus den USA sind
                       sich warten. Zudem bietet die EZB mit den              gemischt. Zuletzt überraschten die BIP-Daten
                       sogenannten TLTROs den Banken neue lang-               für das vierte Quartal 2018 positiv, während
                       fristige Liquidität an. Ein Blick auf den han-         die Arbeitsmarktdaten für den Februar ent-
                       delsgewichteten Eurokurs, der den Wert des             täuschten. Insgesamt erwarten wir, dass die
                       Euro gegenüber den wichtigsten Handelspart-            US-Konjunktur im Jahr 2019 an Dynamik
                       ner-Währungen misst, zeigt die Folgen der              verlieren wird, weil der staatliche Konjunktur-
                       schwächeren Konjunktur und der äusserst ex-            stimulus allmählich nachlässt. Gleichzeitig
                       pansiven Geldpolitik: In den letzten Monaten           erwarten wir für die Eurozone zunächst noch
                       ging es für den Euro bergab.                           schwache Konjunkturdaten, bevor es im Ver-

                       Wechselkurs Euro/US-Dollar
                       Angaben in US-Dollar
                        1,40

                        1,30

                        1,20

                        1,10

                       1,00
                                2014          2015              2016                  2017               2018               2019
                                                                          jew. März
                       Abb. 8                                                                                    Quelle: Bloomberg

                       Wechselkurs Euro/Britisches Pfund
                       Angaben in GBP
                       1,00

                       0,90

                       0,80

                       0,70

                       0,60
                                2014          2015              2016                  2017               2018               2019
                                                                          jew. März
                       Abb. 9                                                                                    Quelle: Bloomberg

18   Bergos Berenberg · April 2019
WÄ H R U N G E N

Wechselkurs Euro/Schweizer Franken
Angaben in Franken

1,30

1,20

1,10

1,00

0,90
       2014          2015               2016                  2017               2018               2019
                                                  jew. März
Abb. 10                                                                                  Quelle: Bloomberg

lauf des Frühjahrs allmählich besser werden           EUR/GBP: Devisenmarkt geht auf
kann. Im Ergebnis gibt es kurzfristig weder           Distanz zum harten Brexit
für den US-Dollar noch für den Euro starke            Der Devisenmarkt hat sich inzwischen gegen
Argumente. Nachdem der Euro zum Dollar                das Risiko eines harten Brexit positioniert.
auf rund 1,12 gefallen ist, sehen wir für die         Das Britische Pfund hat im Verlauf des ers-
US-Währung nur noch begrenztes Potenzial              ten Quartals zugelegt, (in der Abbildung oben
nach oben. Allerdings ist der Kurs von 1,12           zeigt sich dies in der Abwärtsbewegung am
aus charttechnischer Sicht eine interessante          aktuellen Rand). Seit Jahresbeginn hat der
Marke. Falls der Euro darunter fällt, könnte es       Euro fast fünf Cent verloren. Zwischenzeitlich
noch ein Stück bergab gehen. Wir erwarten             näherte sich der Wechselkurs der Marke von
allerdings eher, dass sich der Wechselkurs an         0,85 Pfund je Euro. Die Marktakteure schei-
dieser Marke stabilisieren kann und dass es           nen sich ziemlich sicher zu sein, dass es nicht
zunächst unter Schwankungen seitwärts wei-            zum harten Brexit kommt. Die Aussicht auf
tergeht. Wenn sich abzeichnet, dass die äusse-        eine Fristverschiebung machte offenbar Mut.
ren Störfaktoren an Gewicht verlieren und die         Sollte sich der am Markt gehandelte Opti-
Konjunktur wieder anspringt, könnte der               mismus bewahrheiten und der Brexit ohne
Eurokurs bis zum Ende des zweiten Quartals            jegliches Austrittsabkommen wird abgewen-
um einige Cent bis etwa 1,15 US-Dollar je             det, dürfte das Pfund noch etwas Luft nach
Euro steigen. Gleichwohl bleiben die Risiken,         oben haben. Wir sehen für diesen Fall bis zum
dass es beim Handelskonflikt oder beim Brex-          Jahresende einen Anstieg bis 0,83 Pfund je
it überraschende Wendungen gibt, offensicht-          Euro. Kurzfristig könnte es sogar zu einer
lich bestehen. Der Währungs ausblick ist des-         kleinen Euphoriewelle kommen und für das
halb mit einigen Unsicherheiten verbunden.            Pfund entsprechend weiter aufwärtsgehen.

                                                                                             Bergos Berenberg · April 2019   19
WÄ H R U N G E N

                       Wenn es aber überraschend doch noch zum           Euro/Schweizer Franken aus fundamentaler
                       harten Brexit kommt, ist die Fallhöhe für das     Sicht im Bereich 1,20 bis 1,25 Franken je Euro
                       Pfund mittlerweile beträchtlich. Zwischen         fair bewertet. Auch die Schweizer National-
                       Euro und Pfund droht dann die Parität.            bank (SNB) stuft den Franken seit langer Zeit
                                                                         als hoch bewertet ein. Wir sind zuversichtlich,
                       EUR/CHF: Das alte Lied vom                        dass die Überbewertung des Franken im wei-
                       sicheren Hafen                                    teren Jahresverlauf abklingen wird.
                       Wie zu erwarten war, hat sich der Schweizer       Dieser Ausblick basiert auf unserer Annahme,
                       Franken aufgrund der zahlreichen wirtschaft-      dass sich die politischen und wirtschaftlichen
                       lichen und politischen Risiken auf hohem          Risiken nach und nach zurückbilden werden
                       Niveau festgesetzt. Der Franken wird in unsi-     beziehungsweise ihre Bedeutung für die
                       cheren Zeiten traditionell als sicherer Anlage-   Marktakteure verlieren. Die Verspannungen
                       hafen gesucht. Lässt man diesen Safe-Haven-       im Wechselkurs können sich dann relativ
                       Aspekt ausser Acht, wäre der Wechselkurs          schnell lösen.

20   Bergos Berenberg · April 2019
DI SCLAI M ER

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bereitschaft und Risikotoleranz berücksichtigen.    © Copyright Bergos Berenberg AG.
Da Anlagevorschläge und Anlageideen unter-          Alle Rechte vorbehalten.
schiedliche Risikomerkmale aufweisen können,        Stand: April 2019

Herausgeber
Maximilian Hefele, CFA | Leiter Vermögensverwaltung

Autoren
René Bolhar | Anleihenstratege
Till Christian Budelmann | Aktienstratege, Leiter Fondsmanagement
Maximilian Hefele, CFA | Leiter Vermögensverwaltung
Dr. Jörn Quitzau | Währungsstratege
Dr. Holger Schmieding | Chefvolkswirt
Soumaila Tékété | Alternative Investments

                                                                                            Bergos Berenberg · April 2019   21
Bergos Berenberg AG
Kreuzstrasse 5 · Postfach 186
8034 Zürich · Schweiz
Telefon +41 44 284 20 20
Telefax +41 44 284 20 22

Niederlassung Genf
29, Quai du Mont-Blanc
1201 Genf · Schweiz
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Telefax +41 22 308 59 20

www.bergos-berenberg.ch
info@bergos-berenberg.ch

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