Auswirkung von Lahmheit auf die Milchleistung bei Milchkühen in Österreich - Ergebnisse aus dem Efficient-Cow-Projekt - SAT

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Auswirkung von Lahmheit auf die Milchleistung bei Milchkühen in Österreich - Ergebnisse aus dem Efficient-Cow-Projekt - SAT
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von Lahmheit auf die
Milchleistung bei Milchkühen in
­Österreich – Ergebnisse aus dem
 ­Efficient-Cow-Projekt
J. Kofler1, B. Fürst-Waltl2, M. Dourakas1, F. Steininger3, C. Egger-Danner3
1Universitätsklinik für Wiederkäuer, Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen in der

­ eterinärmedizin, Veterinärmedizinische Universität Wien, Österreich; 2Department für Nachhaltige Agrar­
V
systeme, Institut für Nutztierwissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien, Österreich; 3ZuchtData
Austria EDV-Dienstleistungen GmbH, Wien, Österreich.

Zusammenfassung                                              Impact of lameness on milk yield in                          https://doi.org/
                                                                                                                          10.17236/sat00290
                                                             dairy cows in Austria – results from
Einleitung                                                   the Efficient-Cow-project                                    Eingereicht: 04.09.2020
Die Auswirkung von Lahmheit auf die Milchleistung                                                                         Angenommen: 11.12.2020
von Kühen wurde bereits von mehreren Autoren in zahl-        Introduction
reichen Ländern untersucht, wobei fast ausschliesslich       The impact of lameness on milk yield in dairy cows has
Kühe mit Score ≥ 3 berücksichtigt wurden. Ziel dieser        been investigated already in many countries by several
Studie war es, die Auswirkungen von Lahmheit bzw. der        authors, taking into consideration almost exclusively
verschiedenen Lahmheitsgrade (Score 2–5) auf die Lak-        locomotion scores ≥ 3. The aim of this study was to eval-
tationsleistung und die Milchinhaltsstoffe von Kühen         uate the impact of lameness and of the various lameness
der drei wichtigsten österreichischen Rassen Fleckvieh,      scores (2–5) on milk yield and milk solids in cows of the
Braunvieh und Holstein innerhalb einer Standardlakta-        three most important dairy cattle breeds (Fleckvieh,
tionssperiode zu untersuchen.                                Braunvieh, Holstein-Friesian) in Austria within one lac-
                                                             tation period.
Material und Methode
Die Gangbildbewertung der Kühe wurde im Rahmen               Material and methods
der Milchleistungskontrolle im Jahr 2014 alle 30–40          Locomotion scoring of dairy cows was performed by
Tage durch geschulte Personen vorgenommen. ­          A n­
                                                         -   trained personnel every 30–40 days in 2014 during the
 hand der dokumentierten Locomotion-Scores (1–5)             course of routine performance testing. From the record-
­sowie der Anzahl der Lahmheitsepisoden wurden die           ed locomotion scores (1–5) and the number of lameness
 Kühe in fünf Laktations-Locomotion-Score-Gruppen            episodes, the cows were classified into five lactation-lo-
 (LLS-G1–5) eingeteilt. Insgesamt konnten die D­ atensätze   comotion-score-groups (LLS-G1–5). In total, data sets
 von 4005 Kühen aus 144 Milchviehbetrieben aus Öster-        of 4005 cows from 144 dairy farms across Austria could
 reich ausgewertet werden. In zwei statistischen Modellen    be evaluated. Using two statistical models the fixed ef-
 wurden die «fixen Effekte» LLS-Gruppe, Rasse (im Mo-        fects on LLS group, breed (evaluation across all breeds
 dell 1 alle drei Rassen gemeinsam), Betrieb, Jahr-Saison    in model 1), farm, year and season of calving, parity and
 der Abkalbung, Laktationszahl und der «kontinuierliche      the «continuous effect» number of milking days were
 Effekt» Anzahl Melktage zur Analyse der Milch-, Fett-       included in the analyses of milk, fat and protein yield.
 und Eiweissmenge berücksichtigt.
                                                             Results
Ergebnisse                                                   The mean, cumulative lameness prevalence during the
Die mittlere, kumulierte Lahmheitsprävalenz im Beob-         observation period was 51.0%, and 8.1% were cows from
achtungszeitraum betrug 51,0%, davon waren 8,1% der          the LLS-G5 group showing repeated and severe locomo-
Kühe in der LLS-G5 mit mehrmaliger, hochgradiger             tion scores. During the first 100 days in milk 34.7% of
Lahmheit. In den ersten 100 Laktationstagen waren            all cows were lame. In model 1, all effects considered
34,7% aller Kühe lahm. Alle im Modell 1 berücksich-          had a significant impact (P < 0.05) on milk, fat and pro-
tigten «Effekte» beeinflussten die Milch-, Fett- und Ei-     tein yields during a standard lactation. Cows of the
weissmenge signifikant (P < 0,05). Kühe der LLS-G5           LLS-G5 group showed significantly lower production
wiesen signifikant niedrigere Leistungen auf als Kühe        compared with cows of all other LLS-groups; they pro-

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                       SAT | ASMV 2 | 2021   123
Auswirkung von Lahmheit auf die Milchleistung bei Milchkühen in Österreich - Ergebnisse aus dem Efficient-Cow-Projekt - SAT
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von ­L ahmheit      aller anderen LLS-Gruppen. Kühe der LLS-G5 produ-                   duced 319 kg milk, 10.8 kg fat and 16.6 kg protein less
 auf die Milchleistung bei     zierten in der Standardlaktation um 319 kg Milch,                   than cows that had never been lame during a standard
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem       10,8 kg Fett und 16,6 kg Eiweiss weniger als niemals lah-           lactation period (P < 0.05, respectively). Within breed
    ­Efficient-Cow-Projekt     me Kühe (jeweils P < 0,05). Die Analysen innerhalb der              analyses led to similar results for the effect of the LLS
                               jeweiligen Rasse führten für den «Effekt» der LLS-Grup-             group, but these were only statistically significant for
            J. Kofler et al.
                               pe zu ähnlichen Ergebnissen, diese waren aber nur für               Fleckvieh and protein yield for Holstein cows.
                               Fleckvieh- bzw. bei Holstein-Kühen nur für die Eiweiss-
                               menge signifikant.                                                  Conclusions
                                                                                                   Dairy cows demonstrating repeated and severe locomo-
                               Schlussfolgerung                                                    tion scores (LLS-G5) experienced a statistically signifi-
                               Nur bei Kühen mit hochgradigen, wiederholt auftreten-               cant negative impact on milk yield. Even cows of
                               den Lahmheiten (LLS-G5) zeigten sich signifikant ne-                LLS-G2-4 showed a clear tendency to reduced milk, fat
                               gative Auswirkungen auf die Laktationsleistung. Aber                and protein production compared with cows that had
                               auch bei Kühen der LLS-G2-4 konnte eine klare Ten-                  never been lame. Prevention of severe lameness and
                               denz zu geringeren Leistungen im Vergleich zu niemals               lameness in cows within the first 100 days in milk could
                               lahmen Kühen nachgewiesen werden. Die Vermeidung                    be initial achievable goals for efficiency and welfare
                               hochgradiger Lahmheiten sowie lahmer Kühe in den                    improvements in dairy cows.
                               ersten 100 Laktationstagen wären erste und erreichbare
                                                                                                   Key words: Lameness, milk yield, fat, protein, lactation,
                               Ziele zur Verbesserung der Effizienz und des Tierwohls              ­Efficient-Cow-Project, dairy cattle
                               bei vielen Milchkühen.

                               Schlüsselwörter: Lahmheit, Milchleistung, Fett, Eiweiss,
                               Laktation, Efficient-Cow-Projekt, Rind

                               Einleitung                                                          Der Einfluss von Lahmheit auf die Milchleistung von
                                                                                                   Kühen in Österreich war bislang noch nicht wissen-
                               Lahmheiten bei Milchrindern stellen nach wie vor auf-               schaftlich untersucht worden. Von Dezember 2012 bis
                               grund ihrer schmerzbedingten Ursachen ein ernstes                   Juni 2015 wurde unter Leitung der ZAR61 das Projekt
                               tierschutzrelevantes Problem weltweit dar. 2, 13, 16, 27, 60 Die    «Efficient Cow» durchgeführt.18 Dessen Zielsetzung war
                               Lahmheitshäufigkeit ist in vielen Milchviehherden nach              die Suche nach der effizienten Milchkuh in österreichi-
                               wie vor zu hoch, so wurden mittlere Prävalenzen von                 schen Milchviehherden und damit die Schaffung einer
                               bis zu 36% in Deutschland und Österreich8, 14, 38, 54 sowie         Grundlage für eine zukünftige Zuchtwertschätzung im
                               von 15% in der Schweiz4, 5 berichtet. Lahmheiten liegen             Bereich Effizienz, Stoffwechsel und Klauengesundheit
                               nach Fruchtbarkeitsstörungen und Eutererkrankungen                  als auch die Analyse von Optimierungspotentialen hin-
                               mit 7,5% an dritter Stelle der krankheitsbedingten Ab-              sichlich Umweltwirkung der Milchproduktion.18, 61 Die
                               gangsursachen bei Milchkühen in Österreich.62 Lahm-                 Auswahl der Betriebe war auf Basis von Freiwilligkeit,
                               heiten verursachen grosse wirtschaftliche Verluste infol-           regionaler Verteilung, Vorliegen zuverlässiger Gesund-
                               ge von verminderter Milchleistung, verschlechterten                 heitsdaten, logistischer Aspekte sowie unterschiedlicher
                               Fruchtbarkeitskennzahlen, erhöhter Anfälligkeit für                 Produktionssysteme und Betriebsgrössen vorgenommen
                               Stoffwechselstörungen, erhöhter Remontierungsrate                   worden. Ausschlaggebend für die Motivation der Tier-
                               und Kosten für erhöhten Arbeitsaufwand und Behand-                  halter an der Studienteilnahme war einerseits das Ange-
                               lung.9, 26, 28, 55 Die durch Lahmheit verursachten Gesamt-          bot eine kostenlose Futtermittelanalyse durchzuführen,
                               kosten wurden mit ca. 320 € pro Kuh und Jahr bezif-                 und andererseits, dass sie bis zu zwölfmal jährlich ein
                               fert.15, 48                                                         unmittelbares Feedback zur Häufigkeit und zum Schwe-
                                                                                                   regrad der Lahmheiten und zum BCS-Verlauf in der
                               Eine Langzeitstudie über 18 Monate bei 900 Kühen                    Herde erhielten. Davon erwarteten sie für sich selbst
                               zeigte, 26 dass Lahmheiten am häufigsten im 2. bis 5.               einen positiven Trainingseffekt bzw. Schulung in der
                               Laktationsmonat auftraten, was wiederum deren bedeu-                Beurteilung dieser Parameter sowie längerfristig dadurch
                               tenden Einfluss auf die Milchleistung und die Frucht-               auch eine Verbesserung der Lahmheitssituation in ihrem
                               barkeit unterstreicht. Während zahlreiche Autoren die               Betrieb.
                               Auswirkung von deutlich erkennbaren Lahmheiten auf
                               die Milchleistung untersuchten, 3, 6, 26, 47, 53, 59 stellten an-   In der vorliegenden Studie wurde ein Teilaspekt des sehr
                               dere die negativen Auswirkungen spezifischer, schmerz-              umfangreichen Projektes «Efficient Cow» bearbeitet.
                               hafter Klauenerkrankungen auf die Milchleistung dar. 2,             Das Ziel dabei war es, den Einfluss von Lahmheit auf
                               9, 11, 27, 49                                                       die Milch-, Fett- und Eiweissleistung von Kühen inner-

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Originalarbeiten | Original contributions

halb einer Laktationsperiode an einer grossen Anzahl            lahmen Kühen in Milchviehbetrieben speziell für dieses         Auswirkung von ­L ahmheit
von Kühen in österreichischen Milchviehbetrieben zu             Projekt eingeschult worden, dabei wurden die Bewertun-         auf die Milchleistung bei
                                                                                                                               Milchkühen in Österreich –
untersuchen.                                                    gen der einzelnen LKV-Mitarbeiter sehr wohl verglichen.        Ergebnisse aus dem
                                                                Verwendung fand die Locomotion-Scoring Methode                ­Efficient-Cow-Projekt
                                                                nach Sprecher et al.55 (Scores 1–5), wobei Score 1 nicht
                                                                                                                              J. Kofler et al.
Material und Methoden                                           lahme Kühe beschreibt. Für die statistische Analyse wur-
                                                                den nur Datensätze von jenen Kühen berücksichtigt, von
Datenerhebung                                                   denen mindestens vier und im besten Fall bis zu 12 Gang-
Die Studie wurde als retrospektive Inter-Kohortenstudie         bildbewertungen pro Laktation vorlagen. Allerdings wur-
konzipiert, dabei wurden aus dem Projekt «Efficient             de die Anzahl der Kühe, welche wegen Lahmheit noch
Cow» vorliegende und elektronisch auf bereitete sowie           während der Laktation im Jahr 2014 abgingen, erfasst.
anonymisierte Datensätze von 6906 Kühen aus 167
Milchviehbetrieben aus ganz Österreich verwendet                Abhängig von den festgestellten Locomotion-Scores so-
(Abb. 1).18, 61 Die Betriebe waren über die verschiedenen       wie der Anzahl der Lahmheitsepisoden während einer
Produktionsgebiete mit unterschiedlichen Futtergrund-           Laktationsperiode wurden die Kühe in fünf Lakta-
lagen bzw. Bewirtschaftungsformen verteilt.19, 40 Der           tions-Locomotion-Score-Gruppen (LLS-G1–5) eingeteilt:
Erfassungszeitraum für die Klauengesundheits- sowie             –– LLS-G1: Kühe mit Locomotion-Score (Score) 1, die
die Milchleistungsdaten war das Jahr 2014. Neben Be-               Kühe dieser Gruppe waren bei keiner Bewertung
triebs- und Tieridentifikation enthielten die Datensätze           lahm;
Informationen zu Rasse, Geburtsdatum, Kalbedatum,               –– LLS-G2: Kühe mit maximal einmal Score 2 bei vier
Kalbeverlauf, Systemaustrittsdatum, Laktationszahl,                bis sechs Bewertungen bzw. mit maximal zweimal
305-Tage-Milch-, Fett- und Eiweissleistung, Fremd-                 Score 2 bei sieben bis 12 Bewertungen und sonst
genanteil sowie Schweregrad und Zeitpunkt des Auftre-              Score 1;
tens von Lahmheiten.                                            –– LLS-G3: Kühe mit mindestens zweimal Score 2 bei
                                                                   vier bis sechs Bewertungen bzw. mit mindestens
Locomotion-Scoring                                                 dreimal Score 2 bei sieben bis 12 Bewertungen und
Die Gangbildbewertung der Kühe war von 36 Mitarbei-                sonst immer Score 1 bzw. einmal Score 3 und sonst
tern der Landeskontrollverbände (LKV) an den Terminen              immer Score 1;
der regulären Milchleistungskontrolle alle 30–40 Tage in        –– LLS-G4: Kühe mit mindestens zweimal Score 3 Be-
den Betrieben vorgenommen worden. Diese LKV-Mitar-                 wertungen und sonst Score ≤ 2;
beiter waren zuvor von einer einzigen Person im Loco-           –– LLS-G5: Kühe mit mindestens einmal Score 4 oder
motion-Scoring mit Hilfe von Lehrvideos sowie auch an              Score 5 Bewertung und sonst Score ≤ 3.

Abbildung 1: Verteilung der am Efficient-Cow Projekt beteiligten Milchviehbetriebe; die in diesen Betrieben gehaltenen
­Rassen Fleckvieh, Braunvieh und Holstein sind farblich differenziert, die Grösse der Kreise beschreibt die Anzahl der Kühe
 pro Betrieb (Quelle: Egger-Danner et al. 2017)18

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                           SAT | ASMV 2 | 2021   125
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von ­L ahmheit      Erhebung der Gesamtlaktationsleistung                        re-Gruppe (LLS-G) und die jeweilige Rasse verwendet.
 auf die Milchleistung bei     von Milch, Fett und Eiweiss                                  In Anlehnung an die Routinezuchtwertschätzung 25
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem       Die Milchleistungsprüfung wird in Österreich nach den        wurde zur Berücksichtigung des Kalbealters und der
    ­Efficient-Cow-Projekt     Bestimmungen des Internationalen Komitees für Leis-          Laktation ein kombinierter Laktations-Kalbealtersklas-
                               tungsprüfungen in der Tierproduktion (ICAR, www.icar.        seneffekt gebildet. Das Kalbealter wurde mit Hilfe der
            J. Kofler et al.
                               org ) von unabhängigen Landeskontrollverbänden durch-        Differenz zwischen Kalbedatum und Geburtsdatum
                               geführt. Je nach Kontrollmethode (inkludiert immer eine      berechnet. Für die ersten beiden Laktationen wurden
                               abwechselnde morgendliche oder abendliche Prüfung)           dazu jeweils fünf Kalbealtersklassen gebildet. Diese wur-
                               erfolgen unangekündigt mindestens 8 bis 11 jährliche         den für die erste Laktation wie folgt definiert: Klasse 1:
                               Betriebsbesuche, was in Kontrollintervallen von etwa         Abkalbealter ≤ 26 Monate; Klasse 2: 26 < Abkalbealter
                               30–40 Tagen resultiert. Erhoben werden die tägliche          ≤ 28 Monate; Klasse 3: 28 < Abkalbealter ≤ 30 Monate;
                               Milchmenge sowie die Inhaltsstoffe. Die Tagesmilchmen-       Klasse 4: 30 < Abkalbealter ≤ 32 Monate und Klasse 5:
                               ge ist die gemessene oder ermittelte Summe der               Abkalbealter > 32 Monate. Die entsprechenden Kalbe-
                               Milchmenge der einzelnen Gemelke einer Kuh innerhalb         altersklassen für die zweite Laktation waren Abkalbeal-
                               von 24 Stunden (im Fall der abwechselnden morgendli-         ter ≤ 39 Monate, 39 < Abkalbealter ≤ 41 Monate, 41 <
                               chen oder abendlichen Prüfung wird dieselbe Milchmen-        Abkalbealter ≤ 43 Monate, 43 < Abkalbealter ≤ 45 Mo-
                               ge für die jeweils fehlenden 12 Stunden angenommen).         nate und Abkalbealter > 45 Monate. Für höhere Lakta-
                               Die Tagesfett- und Eiweissmenge ergibt sich aus der Ta-      tionen wurde das Kalbealter nicht berücksichtigt, fünf-
                               gesmilchmenge mal Fett- und Eiweissprozent. Die Lak-         te und höhere Laktationen wurden überdies in eine
                               tationsleistung für bestimmte Zeiträume wird nach der        Klasse zusammengefasst. Insgesamt lagen also 13 Lak-
                               Zwischentagsmethode (der Kontrolltag liegt in der Mitte      tations-Kalbealtersklassen vor. Für den Effekt Jahr-Sai-
                               des Kontrollzeitraumes) berechnet, d. h. die Milch-, Fett-   son der Kalbung wurden jeweils drei Monate für die
                               und Eiweissmengen des Kontrolltages werden ein halbes        Bildung der Kalbesaison zusammengefasst. Somit wur-
                               Prüfintervall zurück- und vorgerechnet. Als Standardlak-     den Jänner bis März als Kalbesaison 1, April bis Juni als
                               tation gilt die sogenannte 305-Tage-Leistung, wobei zur      Kalbesaison 2, Juli bis September als Kalbesaison 3 und
                               Berechnung mindestens 270 Melktage notwendig sind.62         Oktober bis Dezember als Kalbesaison 4 definiert. Die
                                                                                            erfassten Kühe kalbten in den Jahren 2013 und 2014,
                                Weitere Einschränkungen bei der                             insgesamt lagen sieben Jahr-Saison-Effekte vor.
                               ­Datenauswertung
                               Für die Datenauswertung wurden nur die Rassen Fleck-         Die Auswertung der Daten erfolgte mit der Prozedur
                               vieh (FV), Braunvieh (BV) und Holstein-Friesian (HF)         GLM des Softwarepakets SAS (Statistical Analysis Sys-
                               bzw. Red-Holstein berücksichtigt. Aufgrund der gene-         tems), Version 9.4 (Wien, Österreich). Zusätzlich wur-
                               tischen Ähnlichkeit wurde die Rasse Red-Holstein ge-         den mit den Klasseneffekten dieser Kovarianzanalysen
                               meinsam mit der Rasse HF ausgewertet. Bei den einzel-        paarweise Mittelwertsvergleiche mittels des in der Pro-
                               nen Rassen wurde ein Fremdgenanteil von maximal              zedur GLM implementierten Tukey-Kramer-Testverfah-
                               25% toleriert. Alle anderen Rassen wurden aufgrund der       rens durchgeführt. Mittels zweier statistischer Modelle
                               geringen Tierzahl nicht berücksichtigt. Falls bei Kühen      konnten für die Kühe in den einzelnen LLS-G1–5 die
                               Gangbildbewertungen für zwei Laktationen vorlagen,           Milch-, Fett- und Eiweissleistung berechnet werden.
                               wurde jene Laktation mit der höheren Anzahl an Gang-         Folgende Modelle wurden zur Datenanalyse verwendet:
                               bildbewertungen herangezogen.                                Modell 1: im Gesamtmodell wurden alle drei Rassen
                                                                                            gemeinsam berücksichtigt, insgesamt wurden die Da-
                               Statistische Analysen                                        tensätze von 2.143 FV-, 1.025 BV- und 837 HF-Kühen
                               Für die statistische Analyse der Auswirkung von Lahm-        in die statistische Analyse einbezogen:
                               heit auf die Milch-, Fett- und Eiweissleistung konnten       Yijklmn = µ + Betriebi + Rassej + Laktation-Kalbeal-
                               nach den oben genannten Einschränkungen insgesamt            tersklassek + LLS-G-Wert l + Jsm + b*Melktage + εijklmn
                               4005 Kühe aus 144 Milchviehbetrieben herangezogen
                               werden, von denen vollständige Datensätze vorlagen.          Yijklmn = Beobachtungswert für das jeweilige Milchleis-
                               Von diesen 4005 Kühen lagen insgesamt 35,019 Gang-                     tungsmerkmal (Standardlaktation für Milch-,
                               bildbewertungen vor, pro LKV-Mitarbeiter waren zwi-                    Fett- und Eiweissmenge in kg);
                               schen 12 bis 300 Kühe wiederholt bewertet worden.
                                                                                            µ = gemeinsame Konstante für alle Beobachtungswerte;
                               Aus der umfangreichen Datensammlung des Projektes
                               wurden die Standardlaktations-Leistung für die Milch-,       Betriebi = fi xer Effekt des Betriebes i (i = 1–144);
                               Fett- und Eiweissmenge, der Betrieb, die Laktationszahl
                               und das Kalbealter, das Kalbedatum, die Laktationstage       Rassej = fi xer Effekt der drei Rinderrassen j (j = 1–3; FV,
                               der Standardlaktation, die Laktations-Locomotion-Sco-                 BV, HF);

126     SAT | ASMV 2 | 2021                                                                         Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS
Originalarbeiten | Original contributions

Laktation-Kalbealtersklassek = fixer Effekt der j­eweiligen   von 10 Kühen pro Betrieb und Rasse eingeschränkt.                   Auswirkung von ­L ahmheit
                               Laktation und Kalbealters­      Dies resultierte in drei Datensätzen mit jeweils 2.104              auf die Milchleistung bei
                                                                                                                                   Milchkühen in Österreich –
                               klasse k (k=1–13)               FV-Kühen aus 85 Betrieben, 965 BV-Kühen aus 34 Be-                  Ergebnisse aus dem
                                                               trieben sowie 736 HF- Kühen aus 22 Betrieben.                      ­Efficient-Cow-Projekt
LLS-G-Wertl = fi xer Effekt der Laktations-Lahmheits-­
                                                                                                                                  J. Kofler et al.
                 Score-Gruppe LLS-Gl (l = LLS-G1 bis 5); Für beide Modelle wurde zusätzlich die Anzahl an
                                                         Gangbildbewertungen mit Hilfe des WEIGHT-state-
Jsm = fixer Effekt Jahr*Saison der Abkalbung (m = 1–7; ments in der Prozedur GLM berücksichtigt. Dadurch
     Jahr = 2013, 2014, Saison = 1–4, wobei 1 = Jänner–­ wird die gewichtete Quadratsumme der Residuen mini-
     März, 2 = April-Juni, 3 = Juli-September, 4 = Okto- miert, wobei wi den Wert der Variablen im WEIGHT
     ber–Dezember);

b = Regressionskoeffizient;

Melktage = kontinuierlicher Effekt der Laktationstage         statement (zwischen 4 und 12), und yi bzw. ŷi die beob-
          der jeweiligen Kuh zum Erreichen des Voll-           achteten bzw. vorhergesagten Werte der abhängigen
          abschlusses (270 bis 305 Tage);                      Variablen darstellen.

εijklmn = Restkomponente; jener Teil von Yijklmn, der nicht
          durch die Parameter im Modell erklärt werden         Ergebnisse
          kann.
                                                               Lahmheitshäufigkeit
Wechselwirkungen zwischen Rasse, Laktations-Kalbe-             Während des Beobachtungszeitraumes einer Standardlak-
altersklasse und LLS-Gruppe wurden getestet und wie-           tation im Jahr 2014 waren 49,0% der Kühe nie lahm (Sco-
der aus dem Modell entfernt, wenn P > 0,05 war. In die         re 1), wohingegen die kumulierte Lahmheitsprävalenz im
Analyse gingen nur Kühe mit mindestens 270 Melkta-             Mittel 51,0% betrug (Tab. 1, 3). Die Verteilung der Loco-
gen aus Betrieben mit mindestens 15 Kühen ein.                 motion-Scores 1–5 im Beobachtungszeitraum in den Betrie-
                                                               ben ist in Tab. 2 dargestellt, dabei fällt auf, dass deren Vari-
Im Rahmen von Modell 2 erfolgte die Auswertung in-             anz in den einzelnen Betrieben sehr gross ist (Tab. 2). In
nerhalb der einzelnen Rassen (FV, BV, HF). Zudem               fünf Betrieben wurden die Kühe bei allen Gangbildbewer-
wurde der Datensatz zusätzlich auf eine Mindestanzahl          tungen ausschliesslich mit Score 1 (nicht lahm) bewertet.

Tabelle 1: Verteilung der Locomotion-Scores (Score) 1–5 aller 4005 untersuchten Kühe über alle Laktationen im Beobach-
tungszeitraum; 49,01% der Kühe waren niemals lahm, 29,76% der Kühe zeigten ein- oder mehrmals einen Score 2, 13,13%
der Kühe zeigten ein- oder mehrmals einen Score 3 und 6,39% bzw. 1,7% zeigten ein- oder mehrmals einen Score 4 bzw. 5.

      Score              Anzahl Kühe                     %                  Kumulative Anzahl            Kumulative %
                                                                                 Kühe
        1                      1963                    49,01                      1963                        49,01
        2                      1192                    29,76                      3155                        78,78
        3                      526                     13,13                      3681                        91,91
        4                      256                      6,39                      3937                        98,30
        5                        68                     1,70                      4005                       100,00

Tabelle 2: Verteilung der Locomotion Scores (Score) 1–5 bei allen Gangbildbewertungen im Beobachtungszeitraum in den
Betrieben; Score 1 (nicht lahm) kam im Mittel bei 79,9% der Gangbildbeobachtungen in 144 Betrieben vor mit einer sehr
grossen Varianz in den einzelnen Betrieben; ähnlich grosse Varianzen waren auch bei den Scores 2–5 in den einzelnen Be-
trieben zu beobachten; STABW: Standardabweichung; min: minimum; max: maximum.

      Score          Anzahl Betriebe     Mittelwert Gang-         STABW %                 min %                 max %
                                         bildbewertungen
                                                %
        1                  144                 79,99                16,89                 17,03                 100,00
        2                  137                 14,83                10,67                  0,42                 48,88
        3                  118                  4,99                 4,92                  0,29                  25,18
        4                   73                  3,01                 2,56                  0,19                  11,33
        5                   32                  1,18                 1,11                  0,19                  6,00

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                               SAT | ASMV 2 | 2021   127
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von ­L ahmheit      Aufgrund des Schweregrades und der Häufigkeit der             Die Verteilung der LLS-Gruppen in Bezug auf die Lakta-
 auf die Milchleistung bei     beobachteten Scores während einer Laktationsperiode           tionszahl und Rasse ist in Tab. 3 und Tab. 4 ersichtlich.
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem       wurden 49,0% der Kühe in die LLS-G1, 19,2% in die             Dabei ist auffällig, dass ca. ein Drittel (31,0%) aller Kühe
    ­Efficient-Cow-Projekt     LLS-G2, 19,3% in die LLS-G3, 4,3% in die LLS-G4               Erstlingskühe waren, die zweitgrösste Gruppe waren die
                               und 8,1% in die LLS-G5 eingeteilt (Tab. 3). Mit stei-         Kühe in der 2. Laktation mit 21,3% und die drittgrösste
            J. Kofler et al.
                               gender Laktationszahl waren fast immer ansteigende            Gruppe die Kühe in der Laktation 5+ mit 19,8% (Tab. 3).
                               Lahmheitshäufigkeiten festzustellen, der Anteil der           Hinsichtlich der Zuteilung zu den einzelnen LLS-Grup-
                               Kühe der LLS-G5 lag im Mittel in der 1. Laktation bei         pen fanden sich 65,3% der Erstlingskühe in LLS-G1 (nie
                               4,3%, hingegen bei Kühen der Laktation 5+ bei 15,3%           lahm), hingegen waren es bei den Kühen in der Laktation
                               (Tab. 3).                                                     5+ nur noch 30,8%. Entsprechend umgekehrt waren lah-
                                                                                             me Kühe verteilt: 34,7% bei Erstlingskühen gegenüber
                               Aufgeteilt nach Rassen betrug die kumulierte, mittlere        69,2% bei Kühen in der Laktation 5+ (Tab. 3).
                               Lahmheitsprävalenz im Beobachtungszeitraum 47,8%
                               bei FV-, 48,0% BV- und 62,7% bei HF-Kühen (Tab. 4).           Die Verteilung der Lahmheitsbeobachtungen (Sco-
                                                                                             re ≥ 2) bei den 4005 ausgewerteten Kühen in den ein-
                               In den ersten 100 Laktationstagen betrug der Anteil an        zelnen Laktationsmonaten ist in Abb. 2 dargestellt,
                               lahmen Kühen insgesamt 34,7%. Während der ersten 100          51,5% aller Lahmheiten wurden in den Laktationsmo-
                               Laktationstage zeigten 33,3% der FV-Kühe (n = 1.975),         naten 1 bis 6 registriert. Im Beobachtungszeitraum die-
                               29,9% der BV-Kühe (n = 897) und 44,3% der HF-Kühe             ser einen Laktation im Jahr 2014 waren nur 32 Kühe
                               (n = 725) eine bzw. mehrere Lahmheitsepisoden.                dezidiert wegen Lahmheit ausgemerzt worden.

                               Tabelle 3: Verteilung der Laktations-Locomotion-Score Gruppen (LLS-G1-5) über die Laktationen 1 bis 5+ (fünfte und h
                                                                                                                                                  ­ öhere
                               Laktationen) der 4005 ausgewerteten Kühe

                                                                                                      Laktationszahl
                                        LLS-G
                                                               1               2                  3                    4            5+            Total
                                       1            n         811             446                259               202              245           1963
                                                    %        65,30           52,35              40,28             42,71            30,82          49,01
                                       2            n          213            173                146               94               146            772
                                                    %         17,15          20,31              22,71             19,87            18,36          19,28
                                       3            n         142             173                146               94               146            775
                                                    %        11,43           20,31              22,71             19,87            18,36          19,35
                                       4            n          22             148                156               103              226              171
                                                    %         1,77           17,37              24,26             21,78            28,43             4,27
                                       5            n          54              37                 33               23               56               324
                                                    %         4,35            4,34               5,13             4,86             7,04              8,09
                                     Total          n        1242              48                 49               51               122              4005
                                                    %        31,01            5,63               7,62             10,78            15,35              100
                                      Summe         n         431             406                384               271              550           2.042
                                  ­L ahmheiten      %        34,70           47,65              59,72             57,29            69,18          50,99

                               Tabelle 4: Verteilung der Laktations-Locomotion-Score Gruppen (LLS-G1-5) der 4005 ausgewerteten Kühe bezogen auf ihre
                               Rassezugehörigkeit; FV: Fleckvieh; HF: Holstein-Friesian; BV: Braunvieh.

                                                                                                          Rasse
                                        LLS-G
                                                                      FV                   BV                               HF                Total
                                       1            n              1118                   533                               312               1963
                                                    %              52,17                 52,00                             37,28
                                       2            n               395                   215                               162                772
                                                    %              18,43                 20,98                             19,35
                                       3            n               388                   163                               224                772
                                                    %              18,11                 15,90                             26,76
                                       4            n               64                     44                               63                 171
                                                    %              2,99                   4,29                             7,53
                                       5            n                178                   70                               76                 324
                                                    %                8,31                 6,83                             9,08
                                   Gesamtzahl       n              1025                   492                               525
                                  ­lahme Kühe       %              47,83                 48,00                             62,70

128     SAT | ASMV 2 | 2021                                                                               Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS
Originalarbeiten | Original contributions

                                                                                                                         Auswirkung von ­L ahmheit
                                                                                                                         auf die Milchleistung bei
                                                                                                                         Milchkühen in Österreich –
                                                                                                                         Ergebnisse aus dem
                                                                                                                        ­Efficient-Cow-Projekt

                                                                                                                        J. Kofler et al.

Abbildung 2: Anzahl der Lahmheitsbeobachtungen (Score ≥ 2) in den Laktationsmonaten 1 bis 12 unabhängig von Rasse und
Laktationszahl bei den 4005 untersuchten Kühen; Kühe in den Laktationsmonaten > 12 (mit längeren Zwischenkalbezeiten)
wurden nicht berücksichtigt.

 Auswirkungen von Lahmheit auf                              (P < 0,001) der Betriebe, der Laktations-Kalbealtersklas-
­Milchleistung                                              sen sowie der Melktage berechnet werden. Die übersicht-
Im Gesamtmodell für die Milch-, Fett- und Eiweissleis-      lichen Detailergebnisse dazu sind in den Tab. 6–8 auf-
tung der Standardlaktation (Modell 1) zeigten sich sig-     gelistet. Bei Analyse der mittleren Milch-, Fett- und
nifikante (P < 0,05) bzw. hochsignifikante (P < 0,001)      Eiweissleistung der einzelnen drei Rassen bezogen auf
Auswirkungen aller berücksichtigten Einflussfaktoren.       die LLS-Gruppen spiegelte das Ergebnis für die Rasse
Für das Merkmal der Fettmengenleistung war auch die         FV im Wesentlichen jenes aller Rassen gemeinsam wie-
Wechselwirkung Rasse*Laktations-Kalbealtersklasse           der. Für die Rassen BV und HF waren i. A. deutliche
hochsignifikant (P < 0,0008) und wurde daher im Mo-         Trends in Richtung einer verminderten Leistung bei
dell berücksichtigt (Tab. 5). Kühe der LLS-G5 (wieder-      Kühen der LLS-G5 im Vergleich zu Kühen der anderen
holt hochgradig lahm) wiesen signifikant niedrigere         Gruppen feststellbar ohne statistisch signifikante Un-
Leistungen auf als Kühe aller anderen LLS-Gruppen,          terschiede (Tab. 6–8). FV-Kühe der LLS-G5 produzier-
einzig bei der Fettmengenleistung war die Differenz von     ten in der Standardlaktation im Mittel zwischen 272
etwa 9 kg zu Kühen der LLS-G2 nur tendenziell niedri-       und 520 kg weniger Milch im Vergleich zu den Kühen
ger (P < 0,10). Kühe der LLS-G5 produzierten in der         der LLS-G1–4. Diese Werte waren für alle Differenzen
Standardlaktation um 319 kg Milch (P = 0,0010), 10,8 kg     signifikant (P-Werte zwischen P = 0,0052 für die Diffe-
Fett (P = 0,0200) und 16,6 kg Eiweiss (P < 0,0001) weni-    renz LLS-G5 und LLS-G1 und P = 0,0312 für die Diffe-
ger als jene Kühe, die niemals lahm waren (Tab. 5).         renz LLS-G5 und LLS-G3) ausser jener zwischen den
                                                            Kühen der LLS-G5 und LLS-G2 (P = 0,0782). Die
Im Gesamtmodell war zudem auffällig, dass Kühe der          Milchleistung der FV-Kühe der LLS-G1, 3 und 4 unter-
LLS-G4 absolut eine höhere mittlere Milch- und Fett-        schieden sich nicht signifikant voneinander (Tab. 6).
mengenleistung aufwiesen als die Kühe der LLS-G1–3,
allerdings mit entsprechend höheren Standardfehlern         Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch bei der Fett- und
der LS-Means (Tab. 5). Die Anzahl der Kühe in LLS-G3        Eiweissmenge, die FV-Kühe der LLS-G5 wiesen mit
war im Vergleich zu den übrigen LLS-Gruppen auch            316 kg Fett und 260 kg Eiweiss im Mittel die niedrigste
deutlich niedriger (Tab. 4). Generell unterschieden sich    Leistung auf. Für die Fettmenge waren allerdings nur
die Kühe der LLS-G1–4 für keines der untersuchten           die Differenzen zu LLS-G1 (–13,9 kg) und LLS-G4
Milchleistungsmerkmale signifikant (Tab. 5).                (–22,1 kg) mit P = 0,0189 und P = 0,0135 signifikant. Für
                                                            die Eiweissmenge lagen die Mittelwerte der FV-Kühe der
Bei Analyse der mittleren Milch-, Fett- und Eiweissleis-    LLS-G5 zwischen 13,0 kg und 21,2 kg signifikant unter
tung konnten im Modell 2, bezogen auf die Kühe der          jener der Kühe der LLS-G1–4, die P-Werte lagen zwi-
einzelnen drei Rassen, ebenso hochsignifikante Effekte      schen P < 0,0001 und P = 0,0013 (Tab. 6).

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                     SAT | ASMV 2 | 2021   129
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Auswirkung von ­L ahmheit        BV-Kühe der LLS-G5 wiesen im Mittel die niedrigste                 allerdings nur für die Milcheiweissleistung signifikant
 auf die Milchleistung bei       Milch- und Fettmenge und die zweitniedrigste Eiweiss-              (P = 0,0071). HF-Kühe in der LLS-G5 zeigten eine sig-
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem         menge im Vergleich zu den Kühen der übrigen Gruppen                nifikant reduzierte Eiweissleistung verglichen mit jener
    ­Efficient-Cow-Projekt       auf (Tab. 7). Allerdings war der Effekt LLS-G für keines           der Kühe in der LLS-G1-3 (–21 kg, –23 kg, –24 kg; die
                                 der untersuchten Merkmale signifikant (P > 0,1568).                P-Werte lagen zwischen P = 0,0027 und P = 0,0261). Die
              J. Kofler et al.
                                 HF-Kühe der LLS-G5 wiesen die niedrigsten Leistungen               Differenz von 18 kg im Mittel zu HF-Kühen der LLS-G4
                                 in allen Merkmalen auf (Tab. 8), der Effekt LLS-G war              war allerdings nicht signifikant (P = 0,1906) (Tab. 8).

Tabelle 5: Signifikanzniveau (P) aller Effekte, Least Squares (LS)-Means und deren Standardfehler (SE) für die LLS (Laktations-Locomotion-Score)-­
Gruppen 1–5 sowie Regressionskoeffizient (b) und SE von Melktage auf Milch- (kg), Fett- (kg) und Eiweissleistung (kg) der 305-Tage Laktation für die
­gemeinsame Auswertung aller Rassen (n = 4005).

                                                                          Merkmal der Standardlaktationsleistung (alle Rassen)
                                                 Milchmenge   (kg)1                          Fettmenge (kg)2                        Eiweissmenge (kg)3
              Effekt
                                             P             LS Means (SE)                 P             LS Means (SE)               P             LS Means (SE)
              Betrieb
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Diskussion                                                        die auch aktuell gültig, selbst wenn in der Zwischenzeit           Auswirkung von ­L ahmheit
                                                                  die Lahmheitsprävalenz möglicherweise abgesunken                   auf die Milchleistung bei
                                                                                                                                     Milchkühen in Österreich –
Im Rahmen dieser Studie wurde erstmalig in Österreich             sein sollte, was sich bei derzeit laufenden Projekten he-          Ergebnisse aus dem
der Einfluss von Lahmheit auf die Milchleistung und               rausstellen wird. Die Gangbildbeurteilung der Kühe war            ­Efficient-Cow-Projekt
die Milchinhaltsstoffe bei 4005 Kühen untersucht. Auch            anhand der Locomotion-Scoring-Methode55 von 36
                                                                                                                                    J. Kofler et al.
wenn die diesbezügliche Datenerhebung bereits einige              geschulten Personen durchgeführt worden. Die Metho-
Jahre zurückliegt, bleiben die Ergebnisse aus dieser Stu-         de der subjektiven Erfassung von Locomotion-Scores

Tabelle 7: Signifikanzniveau (P) aller Effekte, Least Squares (LS)-Means und deren Standardfehler (SE) für die LLS (Laktations-Locomotion-Score)-­
Gruppen 1–5 sowie Regressionskoeffizient (b) und SE von Melktage auf Milch- (kg), Fett- (kg) und Eiweissleistung (kg) der 305-Tage Laktation für die
­Auswertung der Rasse Braunvieh (n = 965).

                                                                      Merkmal der Standardlaktationsleistung (Braunvieh)
                                              Milchmenge (kg)1                          Fettmenge (kg)2                        Eiweissmenge (kg)3
              Effekt
                                          P             LS Means (SE)               P             LS Means (SE)              P                LS Means (SE)
              Betrieb
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von ­L ahmheit      durch viele Bewerter ist prinzipiell als eher nachteilig     herden wohl näherkommt. Leider lässt sich aus dem
 auf die Milchleistung bei     für die Datenqualität einzustufen. Diese Limitierung         Vergleich der Ergebnisse dieser älteren Studien14, 54 mit
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem       hätte vermieden werden können, wenn vor Beginn der           der vorliegenden ca. 10 Jahre später durchgeführten Stu-
    ­Efficient-Cow-Projekt     Erhebungen mit den LKV-Mitarbeitern Inter- und In-           die auch ableiten, dass sich die Lahmheitshäufigkeit und
                               traobserver-Tests durchgeführt worden wären.58 Diese         der Anteil hochgradig lahmer Kühe in österreichischen
            J. Kofler et al.
                               Art der Qualitätssicherung der Gangbildbewertungen           Milchviehherden seitdem nicht verbessert haben.
                               konnte allerdings von den Autoren nicht mehr beein-
                               flusst werden, da zum Zeitpunkt als sie in das Projekt       Für die statistische Berechnung des Einflusses von Lahm-
                               einstiegen, die Datenerhebung bereits abgeschlossen          heit auf die Milchleistung wurden aus den vier- bis zu
                               war. Trotzdem kann für die hohe Qualität der erhobe-         zwölfmal pro Laktation erhobenen Locomotion-Scores
                               nen Gangbildbewertungen durchaus die Tatsache ange-          die Laktations-Locomotions-Score-Gruppen (LLS-G1–5)
                               führt werden, dass knapp ein Drittel aller Kühe mit          gebildet. Mit dieser Methodik, welche bei jeder Kuh so-
                               Score 2 bewertet wurden. Dessen korrekte Erkennung           wohl die Häufigkeit von Lahmheitsepisoden als auch
                               setzt ein systematisches Vorgehen voraus, da jede Kuh        den jeweiligen Schweregrad der Lahmheit, welcher sich
                               sowohl im Stehen als auch in Schrittbewegung beurteilt       über eine Laktationsdauer hinweg sowohl verschlechtern
                               werden muss, um Score 3 klar davon abzugrenzen.55            als auch verbessern kann,1, 20 berücksichtigte, wurden die
                                                                                            Kühe sinnvollerweise in niemals lahme (LLS-G1), ge-
                               In der vorliegenden Studie wurde bewusst der Score 2,        ringgradig bzw. mittelgradig und selten lahme (LLS-G2-4)
                               welcher eine geringgradige Lahmheit beschreibt, mitbe-       bis zu wiederholt und hochgradig lahme Kühe (LLS-G5)
                               rücksichtigt. Hingegen wurden bei anderen Studien            während einer Laktation klassifiziert.
                               Kühe mit geringgradiger Lahmheit oftmals in der Grup-
                               pe der «nicht-lahmen» Kühe zusammengefasst, und nur          Eine tägliche Milchmengenmessung stand auf Grund
                               Kühe mit Score ≥3 für statistische Auswertungen ver-         der Erhebungsmethode und der vielen über ganz Öster-
                               wendet.14, 23, 47, 54 Auch wenn vielfach bei Kühen mit       reich verteilen Betriebe nicht zur Verfügung und hätte
                               Score 2 bzw. bei Kühen, welche nur ein «asymmetri-           auch nicht organisiert werden können. In anderen, pro-
                               sches» Gangbild 24 zeigen, keine statistisch signifikanten   spektiv geplanten Studien wurden Tages- bzw. Wochen-
                               Auswirkungen auf die Milchleistung bzw. die Frucht-          durchschnittsmilchmengen erfasst, wodurch eine prä-
                               barkeit nachgewiesen werden können, 23, 55 ist es aus        zisere Milchleistungskurve für die Berechnung diverser
                               Gründen der Früherkennung lahmer Kühe und ihrer              Einflussfaktoren zur Verfügung stand.6, 26, 59
                               möglichst frühzeitigen Behandlung unverzichtbar, auch
                               diese Kühe zu identifizieren.4, 24, 30, 39                   Die Anzahl von 144 ausgewerteten Milchviehbetrieben
                                                                                            liegt weit über der Zahl untersuchter Betriebe in anderen
                               In der vorliegenden Studie betrug die mittlere, kumula-      Studien. 2, 3, 6, 11, 26, 59 Allerdings haben durch die grosse
                               tive Lahmheitsprävalenz während einer Standardlakta-         Heterogenität der zahlreichen Betriebe und die ver-
                               tion 51,0% und der Anteil hochgradig lahmer Kühe             gleichsweise kleine Herdengrösse betriebsspezifische
                               (Score 4 und 5) 8,1%. Als wichtigste zugrundeliegende        Faktoren einen grösseren Einfluss auf die Datenanaly-
                               Ursachen dafür wurden in einer gesonderten Datenaus-         se,12 wohingegen bei prospektiv geplanten Studien in
                               wertung Dermatitis digitalis, Doppelsohlen, weisse-Li-       einer oder zwei grossen Herden mit jeweils Hunderten
                               nie-Erkrankungen, Sohlengeschwüre und deren Kom-             bis Tausenden von Milchkühen bei gleicher Aufstallung,
                               plikationen identifiziert. 21 In einer älteren Studie mit    gleichem Fütterungs-, Melk- und Klauenpflegemanage-
                               2360 Kühen aus 80 österreichischen Milchviehherden,          ment man fast idente Studienbedingungen für alle Kühe
                               welche nur einmalig untersucht worden waren, wurde           annehmen kann.3, 6, 28, 59
                               eine Lahmheitsprävalenz von 36% (Median) berichtet,
                               wobei die Kühe mit Score 2 nicht mitgezählt wurden,          Trotzdem konnten in der vorliegenden Studie hochsig-
                               und die Prävalenz von hochgradiger Lahmheit 4% (Me-          nifikante Unterschiede in der Milch-, Fett und Eiweiss-
                               dian) betrug.54 In einer anderen Studie mit 832 Kühen        leistung über alle Rassen im Vergleich hochgradig und
                               aus 30 österreichischen Milchviehherden wurde eine           wiederholt lahmer Kühe (LLS-G5) zu niemals lahmen
                               mittlere Lahmheitsprävalenz von 31% (ohne Score 2)           Kühen (LLS-G1) nachgewiesen werden. Bei Berücksich-
                               festgestellt, davon waren 12% der Kühe hochgradig            tigung der einzelnen Rassen konnten klare Trends er-
                               lahm.14 Im Gegensatz zu diesen beiden Berichten war          rechnet werden, nämlich, dass Kühe der LLS-G5 deut-
                               in der vorliegenden Studie die Kuhzahl fast doppelt bzw.     lich weniger Milch produzierten als jene der nie lahmen
                               sogar fünfmal so hoch, und zudem wurden Gangbild-            Kühe, einzig bei FV-Kühen zeigte sich ein signifikanter
                               bewertungen wiederholt während einer Laktationsperi-         Unterschied in der Milchleistung zwischen Kühen der
                               ode vorgenommen, so dass die dabei festgestellte mitt-       LLS-G1–4 und jener der LLS-G5 mit im Mittel zwischen
                               lere, kumulative Lahmheitsprävalenz von 51% der              270 bis 520 kg weniger Milch pro Standardlaktation.
                               tatsächlichen Situation in österreichischen Milchvieh-       Eine Erklärung dafür, dass bei BV- und HF-Kühen der

132     SAT | ASMV 2 | 2021                                                                         Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS
Originalarbeiten | Original contributions

LLS-G5 im Gegensatz zu FV-Kühen derselben                            pelnutzungsrassen FV und BV zur Milchproduktion               Auswirkung von ­L ahmheit
LLS-Gruppe keine statistisch signifikanten Unterschie-               eingesetzt werden.62 Eine ähnliche Studie wurde unlängst      auf die Milchleistung bei
                                                                                                                                   Milchkühen in Österreich –
de bezüglich Milch-, Fett- und Eiweissleistung im Ver-               in einer grossen FV-Herde in Bayern durchgeführt, 29 ver-     Ergebnisse aus dem
gleich zu den Kühen der anderen LLS-Gruppen feststell-               gleichbare Studien für die Rasse BV konnten in den zu-       ­Efficient-Cow-Projekt
bar waren, sondern nur ein deutlicher Trend zu einer                 gänglichen Datenbanken nicht gefunden werden.
                                                                                                                                  J. Kofler et al.
verminderten Leistung nachweisbar war, könnte die der
Berechnung zugrundeliegende, deutlich niedrigere Pro-                Die Datenauswertung zeigte z. T. auf den ersten Blick
bandenzahl bei HF- (n = 736) und BV- Kühen (n = 965)                 widersprüchliche Ergebnisse nämlich, dass Kühe der
gegenüber einer ca. 2,5-mal bzw. doppelt so grossen                  LLS-G4 deutlich höhere mittlere Milch-, Fett- und Ei-
Zahl von FV-Kühen (n = 2104) sein. Ein möglicher wei-                weissleistungen aufwiesen als Kühe der LLS-G1, welche
terer Grund dafür könnte auch in einer unterschiedli-                allerdings nicht signifikant waren. Eine Erklärung für
chen Ausprägung der Schmerzempfindlichkeit bei ver-                  dieses auffällige Ergebnis liegt vermutlich darin begrün-
schiedenen Rassen gelegen sein, allerdings konnten                   det, dass die Anzahl der Kühe in der LLS-G4 mit nur 171
dazu keine vergleichenden Studien gefunden werden.                   Tieren sehr viel kleiner war als in den anderen 4 Gruppen,
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind durchaus                 und die Schätzer daher höhere Standardfehler aufwiesen.
mit Resultaten anderer Studien vergleichbar, in welchen              Ähnliche Resultate wurden bereits von anderen Autoren
lahmheitsbedingte Verluste von 270 bis 857 kg Milch                  berichtet, wobei lahme Kühe im Mittel um bis zu 342 kg
während einer Laktationsperiode berichtet wurden. 2, 3,              mehr Milch produzierten im Vergleich zu niemals lah-
6, 9, 11, 26, 59 Einige Autoren konnten nach Analyse der             men Kühen. 26 Diese und auch andere Autoren führten
täglichen Milchmengenmessungen zeigen, dass Milch­                   als Erklärung an, dass Kühe mit sehr hohen Milchleis-
mengenverluste bereits bis 6–8 Wochen vor Feststellung               tungen ein erhöhtes Risiko für Ketose, Pansenazidose
einer Lahmheit (Score ≥ 3) nachweisbar waren, und dass               und somit eben auch für Lahmheit aufweisen. 2, 3, 26, 31
diese auch noch ca. bis zu 4 Wochen nach Abklingen
der Lahmheitsepisode andauerten. 2, 26, 53 Dieses auf-               Einige Studien bewerteten nicht nur den mittleren
schlussreiche Ergebnis unterstreicht zudem die Wich-                 Milchmengenverlust infolge Lahmheit, sondern be-
tigkeit einer frühzeitigen Identifizierung von Kühen,                schrieben auch die Auswirkungen von Lahmheit auf
welche gerade erst ein «asymmetrisches» Gangbild bzw.                Milchfett und Milcheiweiss.46, 49 Während in einer pol-
eine Score 2-Lahmheit zeigen.10, 24, 30, 42 Durch deren              nischen Studie46 ein nicht signifikanter Anstieg des
umgehende und fachgerechte Behandlung können wei-                    Milchfettgehaltes bei lahmen Tieren berichtet wurde,
tere Milchleistungsverluste sowie das Auftreten von                  produzierten in der vorliegenden Studie hingegen nie-
Ketose v. a. bei Kühen in der Frühlakatation bzw. auch               mals lahme Kühe im Gesamtmodell sowie auch FV-Kü-
ein vorzeitiges Abgehen verhindert werden. 23, 30, 42, 52            he während einer Standardlaktation signifikant höhere
                                                                     Fettmengen im Vergleich zu Kühen der LLS-G5. Bei den
Aufgrund der unterschiedlichen Methoden der Milch­                   anderen beiden Rassen wiesen Kühe der LLS-G5 nur
mengenmessung, der Gangbildbewertung, der unter-                     eine tendenziell geringere Fettleistung auf als jene der
schiedlichen Herdengrössen und Anzahl der Betriebe                   LLS-G1–4, was möglicherweise hauptsächlich durch
sowie der unterschiedlichen statistischen Analyseme-                 rassespezifische Unterschiede im Milchfettgehalt erklärt
thoden könnte ein Vergleich der Ergebnisse anderer                   werden könnte. In der zitierten Studie46 wurden auch
Studien 2, 3, 6, 11, 26, 53, 59 mit jenen der vorliegenden Studie    signifikante Unterschiede im Milcheiweissgehalt zwi-
durchaus auch kritisch betrachtet werden. Das gewählte               schen lahmen (3,13%) und nicht lahmen Kühen (3,27%)
statistische Modell ermöglichte jedoch die Verarbeitung              festgestellt. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch in der
der Datensätze aus 144 Betrieben, dabei konnten fixe                 vorliegenden Studie, so wurden sowohl im Gesamtmo-
Effekte der Betriebe, der Rasse, der jeweiligen Lakta-               del über alle Rassen hochsignifikante Unterschiede so-
tions-Kalbealtersklasse, der Saison der Abkalbung, der               wie auch für FV- und HF-Kühe hochsignifikante bzw.
Laktationstage der jeweiligen Kuh (270 bis 305 Tage)                 signifikante Unterschiede bei der Milcheiweissleistung
sowie der LLS-Gruppen1–5 berücksichtigt werden, so                   von nicht lahmen gegenüber hochgradig und wiederholt
dass trotz der grossen Anzahl der Betriebe aussagekräf-              lahmen Tieren (LLS-G5) errechnet. Hochgradige Lahm-
tige Ergebnisse erzielt wurden. Keine andere Studie                  heiten bei Milchkühen haben eine verkürzte Futterauf-
untersuchte bislang vergleichend den Einfluss von                    nahmezeit und eine verringerte Trockenmasseaufnahme
Lahmheit auf die Milchleistung bei verschiedenen Ras-                zur Folge, wodurch ein Energiedefizit und eine Fettmo-
sen. Alle bisherigen Studien sind mit HF-Kühen durch-                bilisation resultiert, was auch zu einem Absinken des
geführt worden. 2, 3, 6, 11, 26, 30, 35, 59 In vorliegender Studie   Milcheiweissgehalts führt. 29, 33
hingegen waren HF-Kühe mit der geringsten Zahl an
Datensätzen präsent verglichen mit BV- und v. a. mit                 So wie in der vorliegenden Studie für die Kühe der
FV-Kühen. Dies entspricht der Rassenverteilung der                   LLS-G5 wurde auch in anderen Studien nachgewiesen,
Milchrinderpopulation in Österreich, wo v. a. die Dop-               dass wiederholt auftretende, hochgradige Lahmheiten

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                               SAT | ASMV 2 | 2021   133
Originalarbeiten | Original contributions

Auswirkung von ­L ahmheit      im Gegensatz zu nur kurz dauernden und geringgradi-             Laufflächen, der Fütterung sowie durch Stressreduktion
 auf die Milchleistung bei     gen Lahmheiten sowie niemals lahmen Kühen deutlich              (Überbelegung, Hitzestress) erreicht werden.13, 14, 51, 54
Milchkühen in Österreich –
      Ergebnisse aus dem       schwerwiegendere Auswirkungen auf die Milchleistung
    ­Efficient-Cow-Projekt     haben.30, 35 Mehrere Autoren wiesen nach, dass es für            Auch in der vorliegenden Studie war auffällig, dass in
                               jede Kuh eine genetisch festgelegte maximale Milchleis-          den ersten 100 Laktationstagen im Mittel 34,7% aller
            J. Kofler et al.
                               tung gibt, und dass auf hohe Milchleistung selektierte           Kühe lahm waren, bei HF-Kühen lag dieser Wert mit
                               Kühe mehr Milch produzieren, auch wenn sie lahm                  44,3% sogar noch deutlich höher. In einer Langzeitstu-
                               sind.32, 47 Dies kann als weitere Erklärung dafür ange-          die wurden Lahmheiten am häufigsten in den für die
                               führt werden, dass Kühe der LLS-G4 im Gesamtmodell              Produktion kritischen Laktationsmonaten 2–5 doku-
                               und auch FV-Kühe höhere mittlere Milchleistungen                mentiert, 26 und auch in der vorliegenden Studie wurden
                               zeigten, als Kühe der LLS-G1–3. Kofaktoren, wie das             51,5% aller Lahmheiten während der ersten sechs Lak-
                               Vorliegen von Metritis, Mastitis, Milchfieber etc. bei          tationsmonate beobachtet. In gut geführten Milchvieh-
                               den Kühen in der vorliegenden Studie, welche neben              betrieben gilt eine Lahmheitshäufigkeit von < 10% pro
                               einer bestehenden Lahmheit auch Auswirkungen auf die            Jahr als Norm,17, 22 und dabei sollte es keine Kühe mit
                               Milchleistung haben können, wurden in dieser Auswer-            Score 4 oder 5 geben.43 In vorliegender Studie zählten
                               tung nicht berücksichtigt, die Daten dazu wurden be-             im Mittel 8,1% aller lahmen Kühe zur Gruppe mit den
                               reits im Abschlussbericht des Projektes publiziert.18, 61       wiederholt auftretenden, hochgradigen Lahmheiten
                                                                                               (LLS-G5), wobei Kühe in der Laktation 5+ mit 15,3%
                               Grundsätzlich sollten als lahm identifizierte Rinder im-        fast doppelt so häufig in dieser Gruppe vertreten waren.
                               mer möglichst zeitnahe und fachgerecht behandelt und            Auch andere Autoren wiesen bei Kühen in höheren
                               einer konsequenten Nachkontrolle bis zur Abheilung              ­Laktationen ein erhöhtes Risiko für Lahmheit bzw.
                               unterzogen werden. Als wichtige, kritische und notwen-           Klauenerkrankungen nach. 2, 6, 23, 35, 41, 53 Hochgradige
                               dige Kontrollpunkte in gut geführten Milchviehbetrie-            Lahmheiten resultieren meist aus einer ursprünglich
                               ben mit hoher Milchleistung gelten die dreimal jährlich          Score 2–Lahmheit, welche zu spät bzw. nicht fachge-
                               durchgeführte fachgerechte, funktionelle Klauenpflege            recht und nicht konsequent therapiert wurde.43, 57 Um
                               sowie die Kontrolle auf Lahmheit und die Durchfüh-              ein kontinuierliches Monitoring der Klauengesundheit
                               rung einer funktionellen Klauenpflege aller Kühe beim           auf Tier- und Herdenebene in Milchviehbetrieben zu
                               Trockenstellen und wiederum um den 40.–100. Lakta-              gewährleisten, sollte die regelmässige elektronische Do-
                               tionstag, 23, 41, 42, 44 um v. a. das Auftreten von mittel- –   kumentation der Klauenbefunde bei jeder Klauenpfle-
                               hochgradigen Lahmheiten zum Zeitpunkt der Geburt                 gevisite9, 37, 38, 60 noch deutlich breitflächiger Anwendung
                               und im ersten Laktationsdrittel möglichst zu vermeiden.          finden. Die kritische Analyse und Interpretation dieser
                               Bekanntermassen verursachen Lahmheiten in dieser                 regelmässig erhobenen Klauengesundheitsdaten durch
                               kritischen Periode den grössten wirtschaftlichen Scha-           den betreuenden Klauenpfleger bzw. in Kooperation mit
                               den. 28, 35, 52 Zusätzlich können regelmässige Kontrollen        dem Hoftierarzt können helfen, individuell an den Be-
                               auf Lahmheit durch den darin geschulten Landwirt im              trieb angepasste Verbesserungsmassnahmen einzuleiten
                               zwei-Wochen Intervall10, 20, 30 sowie eine frühzeitige und       sowie auch deren Effektivität zu kontrollieren.37, 38, 45, 51
                               effektive Lahmheitsbehandlung30, 39, 56 verhindern, dass         Daneben muss die Verwertung dieser regelmässig, elek-
                               sich eine geringgradige Lahmheit zu einer hochgradigen           tronisch dokumentierten Daten ein anzustrebendes Ziel
                               entwickelt, womit finanzielle Verluste deutlich limitiert        für nationale Zuchtorganisationen sein, um die Klauen-
                               und das Tierwohl verbessert werden.7, 16, 39, 44                 gesundheit der Kühe langfristig auch züchterisch zu
                                                                                                verbessern.34, 36, 50
                               In weiterer Folge ist es zudem die Aufgabe für jeden
                               Landwirt und bestandsbetreuenden Tierarzt, die Risi-
                               kofaktoren für Lahmheiten zu minimieren und den                 Schlussfolgerung
                               bestmöglichen Kuhkomfort zu gewährleisten, um die
                               maximale Milchleistung erzielen zu können und auch              Wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, hat-
                               den Tierwohlerfordernissen zu entsprechen.7, 13, 22, 45         ten v. a. hochgradige, wiederholt auftretende Lahmhei-
                               Wichtige Risikofaktoren für Lahmheiten in österreichi-          ten (Kühe der LLS-G5) signifikant negative Auswirkun-
                               schen Milchviehherden wurden von anderen Autoren                gen auf die Milch-, Fett- und Eiweissleistung. Allein die
                               identifiziert,8, 14, 24, 54 und die Implementierung der Er-     Vermeidung hochgradiger Lahmheiten durch frühzeiti-
                               gebnisse dieser Studien in das Management einer Milch-          ge Erkennung geringgradiger Score 2-Lahmheiten und
                               viehherde kann einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung           deren fachgerechte Behandlung wäre bereits ein erstes
                               von Klauenkrankheiten und Lahmheiten darstellen. Die            und durchaus erreichbares Ziel zur Verbesserung der
                               Verbesserung der Lahmheitssituation in Milchviehher-            Effizienz und des Tierwohls in vielen Betrieben. Ein
                               den kann v. a. kurz- und mittelfristig durch Optimie-           weiteres kurz- und mittelfristig erreichbares Ziel sollte
                               rung des Komforts und der Hygiene von Liege- und                es sein, durch die Implementierung der oben genannten

134     SAT | ASMV 2 | 2021                                                                            Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS
Originalarbeiten | Original contributions

Vorbeugemassnahmen, Lahmheiten bei trockengestell-                Danksagung                                                        Auswirkung von ­L ahmheit
ten Kühen sowie auch bei Kühen v. a. in den ersten 100                                                                              auf die Milchleistung bei
                                                                                                                                    Milchkühen in Österreich –
Laktationstagen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Wie              Die Autoren bedanken sich bei allen Landwirten und                Ergebnisse aus dem
die Studienergebnisse weiters zeigen, hatten nicht nur            LKV-Mitarbeiten aus ganz Österreich, die am Projekt              ­Efficient-Cow-Projekt
die Kühe der LLS-G1 signifikant bessere Milchleistungs-           «Efficient Cow» teilnahmen. Finanziell wurde das Pro-
                                                                                                                                   J. Kofler et al.
daten, sondern auch Kühe der LLS-G2–4, welche man                 jekt «Efficient Cow» vom Ministerium für Landwirt-
in der statistischen Auswertung zu einer einzigen Grup-           schaft, Regionen und Tourismus (Projektnummer:
pe hätte zusammenfassen können, wiesen im Gesamt-                 100681, BMLFUW-LE, 1.3.2/0083-II/1/12012) und den
model ähnlich gute bzw. statistisch nicht signifikant             Ämtern der Landesregierungen sowie der ZAR unter-
unterschiedliche Milchleistungsdaten gegenüber nie-               stützt. All diesen Institutionen, allen anderen Projekt-
mals lahmen Kühen (LLS-G1) auf. Somit kann auch die               partnern und allen weiteren am Projekt beteiligten Per-
schrittweise Hinführung einer Milchviehherde mit ho-              sonen möchten wir an dieser Stelle einen aufrichtigen
her Lahmheitshäufigkeit auf diese noch «nicht perfekte»           Dank aussprechen.
Lahmheitssituation (LLS-G2–4) ein ethisch und wirt-
schaftlich lohnendes und durchaus erreichbares Ziel für
engagierte Betriebsleiter darstellen.

Impact des boiteries sur le rendement                             Effetto della zoppia sulla ­
laitier des vaches en Autriche – résultats                        produzione di latte nelle vacche
du projet Efficient-Cow                                           da latte in ­Austria – risultati
                                                                  del progetto ­Efficient Cow
Introduction
L’impact des boiteries sur le rendement laitier des vaches a      Introduzione
déjà été étudié dans de nombreux pays par plusieurs au-           L’impatto della zoppia sulla produzione di latte delle
teurs, en prenant en compte presque exclusivement des             vacche è già stato esaminato da diversi autori in nume-
scores de locomotion ≥ 3. Le but de cette étude était d’éva-      rosi paesi, prendendo in considerazione quasi esclusiva-
luer l’impact de la boiterie et des différents scores de boi-     mente vacche con un punteggio ≥ 3. Lo scopo di questo
terie (2–5) sur le rendement laitier et la matière sèche du        studio era di valutare l’impatto della zoppia o dei vari
lait chez les vaches des trois races bovines laitières les plus   gradi di zoppia (punteggio 2–5) sulla produzione di l­ atte
importantes (Fleckvieh, Braunvieh, Holstein-Friesian) en          e sul contenuto del latte delle vacche delle tre più
Autriche au cours d’une période de lactation.                     ­importanti razze austriache Pezzata rossa, Braunvieh e
                                                                   Holstein durante un periodo di lattazione standard.
Matériel et méthode
Le scoring de locomotion des vaches laitières a été effectué      Materiale e metodo
par du personnel formé tous les 30 à 40 jours en 2014 au          La valutazione della locomozione delle vacche è stata
cours des tests de performance de routine. À partir des           eseguita ogni 30–40 giorni, da persone formate, nell’am-
scores de locomotion enregistrés (1–5) et du nombre d’épi-        bito del monitoraggio della produzione di latte nel 2014.
sodes de boiterie, les vaches ont été classées en cinq groupes    In base ai punteggi della locomozione documentati
de score de lactation-locomotion (LLS-G1–5). Au total les         (1–5) e al numero di episodi di zoppia, le vacche sono
données de 4 005 vaches provenant de 144 exploitations            state suddivise in cinque gruppi di punteggio di loco-
laitières de toute l’Autriche ont pu être évaluées. À l’aide      mozione della lattazione (LLS-G1–5). In totale, è stato
de deux modèles statistiques, les effets fixes sur le groupe      possibile valutare i dati di 4005 vacche provenienti da
LLS, la race (évaluation pour toutes les races dans le modèle     144 allevamenti da latte in Austria. In due modelli sta-
1), l’exploitation, l’année et la saison de vêlage, le nombre     tistici, sono stati presi in considerazione nel gruppo LLS
de lactations et le nombre de jours de traite par rapport aux     gli «effetti fissi», razza (nel modello 1 tutte e tre le razze
analyses des quantités de lait, des matières grasses et des       insieme), allevamento, stagione del parto, numero di
protéines ont été pris en compte.                                 lattazioni e l’«effetto continuo» numero di giorni di
                                                                  mungitura, nelle analisi della quantità di latte, grasso e
Résultats                                                         proteine.
La prévalence moyenne cumulative de boiteries pendant
la période d’observation était de 51,0% et 8,1% étaient           Risultati
des vaches du groupe LLS-G5 présentant des boiteries              La prevalenza media cumulativa della zoppia durante il
répétées et sévères. Au cours des 100 premiers jours de           periodo di osservazione è stata del 51,0%, di cui l’8,1%
lactation, 34,7% de toutes les vaches étaient boiteuses.          delle vacche erano nel gruppo LLS-G5 e presentavano

Band 163, Heft 2, Januar 2021, 123–138, © GST | SVS                                                                                SAT | ASMV 2 | 2021   135
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