Kommentar zur Diskussion des Nationalen Bildungsberichts Österreich 2012 zum Bereich "Ganztägige Schulformen" (Kap. 7)
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Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) Technische Universität Dortmund Prof. Dr. Heinz Günter Holtappels Kommentar zur Diskussion des Nationalen Bildungsberichts Österreich 2012 zum Bereich „Ganztägige Schulformen“ (Kap. 7) Symposium des BIFIE und des IHS in Wien am 12. April 2013 www.ifs.uni-dortmund.de email: holtappels@ifs.uni-dortmund.de © Holtappels – IFS 2013
Kommentierung und Einschätzungen zur Qualität des NBB und Hinweise für zukünftige Berichterstattung
Leistungen des Beitrags im NBB 2012 • Der Beitrag leistet insbesondere eine erstmalige grundlegende Bestandsaufnahme zur landesweiten und regionalen Situation von Ganztagsschulen sowie zu Betreuungsbedarfen und Organisationsmerkmalen. • Bedeutsam erscheinen insbesondere die Bestandsaufnahme über Schulen und Schüler im Ganztagsbetrieb und die ermittelten Anteilsquoten und der sicher erstmalig geleistete Überblick über Strukturmerkmale. • Eindrucksvoll ist die überzeugende Systematik in Zielbereichen und Begründungslinien und den Organisationsformen von Ganztagsschulen. • Wertvoll sind aber vor allem Informationen über die wachsende Akzeptanz in der Elternschaft und die Berechnungen zur Betreuungssituation und zum Bedarf, wenngleich hier noch mit unbekannten Größen und unsicheren Annahmen gearbeitet werden musste. • Und innovativ und von hohem Wert sind die Berechnungen zur finanziellen Belastung der Familien durch Elternbeiträge, denn Elternbeiträge verschärfen die soziale Zugangsauslese für die Nutzung von Ganztagsangeboten, weil besonders Eltern aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten dann tendenziell die GTS meiden.
Mögliche Analysebereiche für zukünftige Berichterstattung 1. Das Bildungskonzept der GTS in Bezug auf Zielorientierungen und das Bildungsangebot 2. Die Erfassung der Schülerteilnahme am Ganztagsbetrieb und an bestimmten Angebotstypen nach sozialer Herkunft sowie der Schülerteilnahme auf Schulebene und der sozialen und leistungsmäßigen Schülerkomposition 3. Genauere Erfassung von Organisationsmerkmalen, vor allem über die Organisationsformen der Ganztagsschule, die Zeitkonzepte und die Verschränkung, die Steuerung des Ganztagsbetriebs, die Personal- struktur, die schulinterne Kooperation sowie die Kooperation mit externen Partnern 4. Eine systematischere und umfassendere Behandlung von Bildungsindikatoren für ganztägige Schulen
Qualitätsindikatoren für ganztägige Schulen (1) 1) Schulen mit Ganztagsbetrieb: Anteile der Schulen mit Ganztagsbetrieb an allen Schulen 2) Verhältnis von Platzkapazität und Elternnachfrage 3) Regionale Angebotsdichte der ganztägigen Schulen 4) Verteilung der Ganztagsschulen auf verschiedene Organisationsformen/ Schulkonzeptionen nach Teilnahmeverbindlichkeit 5) Qualität des Bildungsangebots der ganztägigen Schulen: Umfang und Breite der inhaltlichen Gestaltungselemente 6) Schülerteilnahme am Ganztagsbetrieb Anteile der Ganztagsschüler/innen an allen Schüler/innen 7) Schülerteilnahme auf Schulebene: Verteilung der Teilnahmequoten an allen ganztägigen Schulen 8) Schülerteilnahme nach sozialer Herkunft (Bildungsstatus, sozioökono- mischer Status, Migrationsstatus) sowie soziale Schülerkomposition 9) Dauer und Intensität der individuellen Schülerteilnahme 10) Angebotsteilnahme: Schülerteilnahme an bestimmten Angebotsformen
Qualitätsindikatoren für ganztägige Schulen (2) 11) Qualität der Lerngelegenheiten und Gestaltungselemente 12) Konzeptionelle Verbindung von Unterricht und außerunterrichtlichen Elementen 13) Flexibilität der Zeitorganisation und Rhythmisierung 14) Raumkapazität 15) Personalkapazität und –struktur nach Qualifikations- und Beschäftigungsstatus 16) Intensität und Qualität der multiprofessionellen Kooperation 17) Schulkooperation mit schulexternen Kooperationspartnern 18) Intensität der Schulentwicklungsarbeit und Qualitätssicherung 19) Bildungserfolge: Bildungsverläufe, Leistungserfolge und Bildungsabschlüsse der Schüler/innen 20) Fachliche und fächerübergreifende Schülerkompetenzen 21) Lern- und Sozialverhalten, lernbezogene Dispositionen/Einstellungen
Empfehlungen für die Systemebene zur Entwicklung des Ganztagsausbaus 1. Die Auflage eines bundesweiten Ausbauprogramms in Österreich mit Ressourcen für die Gebäude- und Sachausstattung und Beteiligung von Bund, Ländern und kommunalen Schulträgern. 2. Aufbau einer amtlichen Ganztagsschulstatistik – im Sinne eines System- Monitorings - mit systematisch zu erhebenden und aussagekräftigen Eckdaten, die flächendeckend an Schulen differenziert zu erheben wären. 3. Auflage eines Forschungsprogramms zur Förderung der Ganztagsschul- forschung in Form von Primärstudien zur vertieften Untersuchung über relevante Teilbereiche, insbesondere über die Entwicklung, die Qualität und die Wirkungen von Ganztagsschulen. 4. Aufbau von evidenzbasierten Unterstützungssystemen für Ganztags- schulen mit wissenschaftlicher Begleitung, Schulentwicklungsberatung, Fortbildung und Schulnetzwerken. 5. Entwicklung eines Qualitätsrahmens zur Formulierung von Qualitäts- standards und –kriterien auf der Basis empirischer Erkenntnisse zur Orientierung der Schulen zwecks Qualitätsentwicklung und –sicherung und als Referenzrahmen für externe Evaluation.
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Anhang: Ausgewählte Ergebnisse der StEG-Untersuchung 2005-2009: Ergebnisse mit Hinweisen für künftige Datenerhebungen, Analysen und Darstellungen im Bildungsbericht
Vereinbarkeit von Familie und Beruf : Veränderungen durch den Ganztagsschulbesuch der Kinder – Grundschulen (Ergebnisse der StEG-Untersuchung 2005-2009) 39,60% (Wieder-) Aufnahme der Berufstätigkeit 17,90% 38,20% Ausweitung der Berufstätigkeit Mutter 20,30% Vater 12,10% Aufnahme/ Fortsetzung einer beruflichen Aus- und Weiterbildung/ eines Studiums 5,90% 0% 20% 40% 60% Quelle: StEG Elternbefragung 2009(ungewichtet) 0 = nein Mutter n = 1321(max.), Vater n = 402 (max.) 1 = ja
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Qualität des Bildungsangebots: Entwicklung der Angebotsbreite in der Primarstufe Mittlere Indexwerte 0,76 Hausaufgabenbetreuung und Förderung 0,84 0,82 0,64 Fachbezogene Angebote 0,71 0,71 0,46 2005 Fächerübergreifende Angebote 0,62 0,56 2007 2009 0,61 Freizeitangebote 0,80 0,74 0,62 Angebotsbreite 0,74 0,71 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Kein Angebot Maximale Angebotsbreite Quelle: StEG-Schulleitungsbefragung 2005, 2007 und 2009 (Panel-Schulen)
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Schülerteilnahme am Ganztagsbetrieb nach Migrationsstatus Grundschulen Sekundarstufe I (5. Klasse) 57 68 Mit Mit 69 75 Migrationshintergrund Migrationshintergrund 60 72 2005 2007 2009 67 64 Ohne Ohne 77 73 Migrationshintergrund Migrationshintergrund 70 71 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Angaben in Prozent Angaben in Prozent Quelle: StEG-Schülerbefragung 2005-2009 (Panel-Schulen, Querschnitte)
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Schülerteilnahme am Ganztagsbetrieb nach sozioökonomischem Status Grundschulen Sekundarstufe I (5. Klasse) 69 59 Oberstes Oberstes HISEI- 81 74 HISEI-Quartil Quartil 75 70 2005 2007 58 2009 68 Unterstes Unterstes HISEI- 65 75 HISEI-Quartil Quartil 62 71 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Angaben in Prozent Angaben in Prozent Quelle: StEG-Schülerbefragung 2005-2009 (Panel-Schulen, Querschnitte)
Streuung der Schülerteilnahmequoten am Ganztagsbetrieb auf Schulebene - Grundschulen im Längsschnitt (n=86) Prozentanteile der Grundschulen Jg. 3 - 2005 12,8 24,4 18,6 44,2 0 - 25 % Jg. 3 - 2007 4,7 19,8 27,9 47,7 25 - 50 % 50 - 75 % 75 - 100 % Jg. 3 - 2009 7,0 27,9 19,8 45,3 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Quelle: StEG 2005/2007/2009 – Schülerbefragung/aggreg. Daten auf Schulebene (nur Panel-Schulen)
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Schülerteilnahmequoten am Ganztagsbetrieb auf Schulebene Anteil der Schulen mit einer Teilnahmequote von mehr als 50 Prozent 3. Klasse 5. Klasse (Primarstufe) (Sekundarstufe I) Insgesamt Offene GTS Insgesamt Offene GTS in % in % in % in % 2005 63,7 46,0 66,6 53,5 2007 76,1 66,0 79,3 66,4 2009 65,1 56,2 76,8 67,1 Quelle: StEG-Schülerbefragung 2005-2009 ( Angaben auf Schulebene aggregiert, Querschnitte, Panel-Schulen)
StEG STUDIE ZUR ENTWICKLUNG VON GANZTAGSSCHULEN www.projekt-steg.de IFS IFS Schülerteilnahme an verschiedenen Angebotsformen in der Sekundarstufe Prozentanteile 31,9% Hausaufgabenbetreuung 31,6% 30,2% Fördergruppen/ 20,7% 25,3% 2005 Förderunterricht 25,2% 2007 24,9% Fachbezogene Angebote 28,5% 2009 24,9% Fächerübergreifende 69,3% 68,2% AGs/Kurse/Projekte 64,8% Projektspezifische 45,4% 40,4% Angebote 40,4% Gebundene/ungebundene 28,2% 24,2% Freizeitangebote 32,0% 0% 20% 40% 60% 80% Quelle: StEG-Schülerbefragung 2005-2009 (Sekundarstufe I; Angaben auf Schulebene aggregiert, Querschnitte, Panel- Schulen, Ganztagsschüler)
Qualitätsmodell zur Schulwirksamkeit von Ganztagsschulen (Holtappels 2009) Schulentwicklungsarbeit: Konzept- /Qualitäts- entwicklung Systemqualität: Rahmenvorgaben, Ressourcen, Unter- Prozessqualität I: stützungssysteme Konzeption, Schulorgani- sation, Organisationskultur Prozessqualität II: Teilnahme + Nutzung: Unterrichtsqualität und Schülerteilnahme am Externe Angebotsqualität Ganztag u.an Angeboten Institutionen: regionale Kooperationspartner Ergebnisqualität: Lernergebnisse und Sozialer Kontext: Bildungserfolg Sozioökonomischer Hintergrund, Migrationshintergrund © Holtappels – IFS 2009
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