KONJUNKTURREPORT - IHS Kärnten

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KONJUNKTURREPORT
                                                              14. Jg., Ausgabe 1, März 2014

Industrieländer tragen Kon-                        schaftsleistung im Schlussquartal 2013 im
                                                   Jahresvergleich um 7,7 % ausgeweitet, nach
junkturerholung                                    7,8 % in den drei Monaten davor. Für das Ge-
Die Weltwirtschaft befindet sich auf einem         samtjahr ergibt sich mit 7,7 % die niedrigste
anhaltenden Erholungskurs. Dieser wird von         Wachstumsrate seit 1999. Einer Schnellschät-
einer steigenden in- und ausländischen Nach-       zung zufolge stieg das reale BIP im Euroraum
frage in den Industrieländern getragen. Dort       zwischen Oktober und Dezember gegenüber
wirken die expansive Geldpolitik, ein nachlas-     dem Vorquartal um 0,3 % und in den EU28 um
sender fiskalischer Restriktionsgrad sowie         0,4 %. Deutschland, aber auch Spanien,
steigendes Vertrauen positiv. In den Schwel-       Frankreich und, erstmals seit Mitte 2011, auch
lenländern bleibt das Wachstum robust, aber        Italien verzeichneten positive Wachstumsraten.
die Dynamik hat angesichts von Angebotseng-        Im Gesamtjahr 2013 sank die Wirtschaftsleis-
pässen und erhöhter Unsicherheit an den Fi-        tung aber noch um 0,4 % im Euroraum bzw.
nanzmärkten etwas nachgelassen. Vorlaufin-         0,1 % in der EU28, nach -0,7 % (Euroraum)
dikatoren wie der OECD-Frühindikator, Auf-         bzw. -0,4 % (EU28) im Jahr 2012.
tragseingänge oder Umfragen zum Geschäfts-         In Österreich ist die saisonbereinigte Wirt-
klima lassen für die kommenden Monate eine         schaftsleistung im vierten Quartal leicht be-
weiterhin gemäßigte Expansion der Weltwirt-        schleunigt um 0,3 % gestiegen, nach 0,2 % im
schaft und eine leichte Ausweitung des Welt-       dritten Quartal. Die privaten Konsumausgaben
handels erwarten. Dafür spricht auch der vom       stagnierten weiterhin, während die Anlagein-
Münchner ifo Institut veröffentlichte Indikator    vestitionen stärker ausgeweitet wurden. Da
für das Weltwirtschaftsklima. Dieser ist zu Jah-   sich die Exporte belebten und die Importe we-
resbeginn weiter gestiegen. Positive Signale       niger stark als zuvor ausgeweitet wurden, trug
kamen vor allem aus Nordamerika, aber auch         auch der Außenbeitrag zum Wachstum bei.
in Europa verbesserte sich das Wirtschaftskli-     Entstehungsseitig stützte die Wertschöpfung in
ma.                                                der Sachgütererzeugung, in der Bauwirtschaft,
Nach einem Anstieg um 1,0 % im dritten Quar-       im Kredit- und Versicherungswesen, im Ge-
tal hat das reale, saisonbereinigte Bruttoin-      sundheits- und Sozialwesen sowie in den
landsprodukt (BIP) in den USA im vierten           sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen die
Quartal 2013 um 0,6 % zugenommen. Positive         Wirtschaft. Keine Impulse kamen dagegen
Wachstumsbeiträge kamen vom privaten Kon-          vom Handel, dem Beherbergungswesen sowie
sum, den Ausrüstungsinvestitionen, den             dem Bereich Information und Kommunikation.
Staatsausgaben der Bundesstaaten und den           Für das Gesamtjahr 2013 ergibt sich aus die-
Lagerbestandsveränderungen, während der            ser ersten Schätzung ein Wirtschaftswachstum
Staatskonsum auf Bundesebene und die Bau-          von 0,3 %, nach 0,9 % im Jahr davor. In Kärn-
investitionen zurückgingen. Im Gesamtjahr          ten sank der Produktionsindex für den produ-
2013 hat die Wirtschaftsleistung in den Verei-     zierenden Bereich im Jahresdurchschnitt 2013
nigten Staaten um 1,9 % zugelegt, nach 2,8 %       (bis November) um 3,7 %, verglichen mit ei-
im Jahr davor. In Japan wurde die gesamtwirt-      nem leichten Anstieg um 0,3 % in ganz Öster-
schaftliche Produktion im dritten und im vierten   reich. In der Sachgütererzeugung wurde die
Jahresviertel jeweils um 0,3 % im Vergleich        Produktion in Kärnten um 0,5 % einge-
zum Vorquartal ausgeweitet. Getragen wurde         schränkt, während sie in ganz Österreich um
die Expansion von allen Komponenten der            0,7 % ausgeweitet wurde. Besonders ungüns-
Inlandsnachfrage, während der Außenbeitrag         tig entwickelte sich in Kärnten die Bauwirt-
bei stark steigenden Importen und stagnieren-      schaft. Während in diesem Wirtschaftsbereich
den Ausfuhren das Wachstum bremste. Im             im Bundesdurchschnitt die Produktion im Jah-
Jahresdurchschnitt 2013 stieg das reale BIP        resdurchschnitt um 0,4 % zulegen konnte, ging
ersten Berechnungen zufolge um 1,6 %, nach         sie in Kärnten um 2 % zurück.
1,4 % im Jahr 2012. In China wurde die Wirt-       (Fortsetzung auf Seite 8)
Vertraulich                                                                                    Seite 2                                                06.03.2014
  Konjunkturreport                                                                                               14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

                           Unselbständig Beschäftigte                                                    Aktuelles vom Arbeitsmarkt
                        Veränderung zum Vorjahreswert in %
 2,5
                                                                                                         Auch zum Jahresbeginn wird keine Entspan-
                                                                                                         nung am Kärntner wie auch am österreichi-
 1,5                                                                                                     schen Arbeitsmarkt beobachtet. So beträgt im
                                                                                                         Februar 2014 die Zahl der Arbeitslosen in
 0,5                                                                                                     Kärnten 30.990 und liegt damit um 6,8 % über
                                                                                                         dem Vorjahreswert (Österreich: 356.745;
 -0,5
                                                                                                         +9,3 %). Gleichzeitig ist in Kärnten die Zahl
 -1,5
                                                                                                         der unselbstständig Beschäftigten im Ver-
                                                                                                         gleich zum Vorjahr weiter rückläufig (Februar
 -2,5                                                                                                    2014: -0,3 %), während österreichweit ein
    Jän.10        Sep.10      Mai.11        Jän.12        Sep.12        Mai.13        Jän.14             Anstieg von 0,6 % verzeichnet wird. Aktuelle
                                    Kärnten                Österreich                                    Wirtschaftsprognosen deuten allerdings auf
                                                                                                         eine merkliche Konjunkturbelebung im Verlauf
                                                                                                                              1
                                                                                                         des Jahres 2014 hin , wodurch die Beschäfti-
                    Vorgemerkte Arbeitslose in Kärnten                                                   gung in Kärnten moderat zunehmen wird
                         Vergleich 2012 und 2013                                                         (+0,5 %). Allerdings muss von einer weiteren
 34.000
                                                                                                         Zunahme der Arbeitslosigkeit ausgegangen
 30.000                                                                                                  werden (+0,7 Prozentpunkte), da das Arbeits-
                                                                                                         kräfteangebot stärker zunimmt, als die Be-
 26.000                                                                                                               2
                                                                                                         schäftigung.
 22.000
                                                                                                         In der ersten Ausgabe des Konjunkturreports
 18.000                                                                                                  erfolgt ein Rückblick auf die Arbeitsmarktent-
                                                                                                         wicklung des abgelaufenen Kalenderjahres: im
 14.000
                                                                                                         Jahresdurchschnitt 2013 betrug die Arbeitslo-
 10.000                                                                                                  senquote in Kärnten 10,2 % und liegt damit
             J.    F.    M.    A.      M.     J.     J.     A.     S.    O.      N.    D.                um 0,9 Prozentpunkte über dem Wert des
                                     2012                 2013
                                                                                                         Vorjahres (Österreich: 7,6 %; +0,6 Prozent-
                                                                                                         punkte). Ohne Maßnahmen der aktiven Ar-
                                                                                                         beitsmarktpolitik hätte laut AMS Kärnten die
                       Ausgewählte Gruppen 2013                                                          Arbeitslosenquote 12,3 % betragen; damit
             Veränderung des Jahresdurchschnitts zum Jahr 2012
                                                                                                         konnte ein überdurchschnittlicher Entlas-
 60%                                                                                                                                  3
                                                                              52,6%                      tungseffekt erreicht werden. Auch stieg die
 50%                                                                                                     Zahl der Schulungsteilnehmer/innen beim
 40%
                                                                                                         AMS im Jahresdurchschnitt um 7,4 % gegen-
                                                                                                         über dem Vorjahr (Österreich: +10,4 %). Da-
 30%                                                                                   26,6%
                                                                                                         neben war in Kärnten die Zahl der unselb-
 20%                                                        18,2% 16,9%                                  ständig Beschäftigten rückläufig (-0,8 %), wäh-
          11,9%10,2%
 10%
                                            10,2%
                                                    6,1%
                                                                                                         rend österreichweit mit einem Plus von 0,5 %
                                   0,5%                                                                  moderate Zuwächse verzeichnet wurden.
  0%
                           -0,8%

-10%
                                                                                                         Bei einer unterdurchschnittlichen Zunahme
          Arbeitslose    Beschäftigte       Jugendliche      Ältere (50+)     Langzeit-AL                der     Jugendarbeitslosigkeit  in   Kärnten
                                     Kärn ten        Österreich
                                                                                                         (+10,2 % verglichen mit dem Jahresdurch-
                                                                                                         schnitt 2012) bestehen strukturelle Probleme
                                                                                                         der Arbeitsmarktentwicklung in anderen Berei-
                                                                                                         chen fort. Besonders dramatisch zeigte sich
                               Stellenandrang
                   (Arbeitslose je gemeldeter offener Stelle)                                            die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit
  35,0                                                                                                   (über 1 Jahr); diese stieg um 52,6 % gegen-
  30,0                                                                                                   über dem Vorjahr. Auch die Arbeitslosigkeit
                                                                                                         von Älteren (50+) nahm 2013 mit +18,2 %
  25,0
                                                                                                         überdurchschnittlich stark zu.
  20,0
                                                                                                                                             Robert Klinglmair
  15,0

  10,0
                                                                                                         1
   5,0
                                                                                                           Vgl. Fortin et al. (2013): Prognose der Österreichischen
                                                                                                         Wirtschaft 2013-2015 – Allmählich zu neuem Wachstum.
   0,0                                                                                                   Economic Forecast 80/2013. Institut für Höhere Studien.
     Jän.10       Sep.10      Mai.11        Jän.12         Sep.12       Mai.13        Jän.14             Wien.
                                                                                                         2
                                    Kärnten               Österreich
                                                                                                            Vgl. Arbeitsmarktservice Kärnten (2014): Geschäftsbe-
                                                                                                         richt 2013, S. 30.
                                                                                                         3
                                                                                                            Vgl. Arbeitsmarktservice Kärnten (2014): Geschäftsbe-
                                                                                                         richt 2013, S. 29.
                                                                                                 2
Vertraulich                                             Seite 3                                        06.03.2014
    Konjunkturreport                                                     14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

Kommentar: Hypo Alpe-Adria-                                       müssen realistischer Weise mit hohen Millio-
                                                                  nenbeträgen angesetzt werden.
Bank-Desaster
                                                                  Neben diesem Aspekt gehen in der allgemei-
Die täglich in den Medien erscheinenden Bil-                      nen Diskussion auch die faktischen Folgen
der der Hypo Alpe-Adria-Bank International                        einer Insolvenz für das Bundesland Kärnten
AG (HAA) Zentrale in Klagenfurt sind mittler-                     unter. Zwar hat der Gouverneur der österrei-
weile ein Synonym für den vielleicht größten                      chischen Nationalbank immer wieder auf die-
wirtschaftlichen Schadensfall der 2. Republik.                    sen Umstand als Hauptargument gegen die
Seit Jahren beschäftigt die Pleite der einstigen                  Insolvenzlösung hingewiesen, aber die Trag-
Vorzeigebank des Landes Kärnten die öster-                        weite einer solchen ist im Grunde völlig unkal-
reichische Justiz in unzähligen Zivil- und                        kulierbar. Die Insolvenzordnung sieht nämlich
Strafprozessen; viele weitere werden mit Ge-                      keine Regeln dafür vor, wie die Insolvenz ei-
wissheit folgen. Die über Nacht erfolgte Not-                     ner Gebietskörperschaft abzulaufen hat, wel-
verstaatlichung der Bank und viele damit zu-                      che Vermögenswerte des Landes zur De-
sammenhängende offene Fragen werden die                           ckung der Verbindlichkeiten herangezogen
österreichische Innenpolitik mit Sicherheit                       werden dürfen bzw. wie ein Insolvenzverfah-
noch lange Zeit beschäftigen.                                     ren - etwa durch eine Restschuldbefreiung -
Grundübel und auch Ausgangspunkt der Mise-                        enden würde.
re ist jedoch die Haftung des Landes Kärnten,                     Unabhängig von diesen juristischen Fragestel-
welche in keinem Verhältnis zur tatsächlichen                     lungen ist jedoch eines klar: Die Insolvenz
finanziellen Tragfähigkeit des Bundeslandes                       eines Bundeslandes hätte verheerende Fol-
steht und einen hochriskanten Wachstums-                          gen für die wirtschaftliche Entwicklung des
kurs der Bank über viele Jahre ermöglichte.                       Landes und würde die Zukunft über viele Jah-
Dieser Umstand und die Tatsache, dass die                         re massiv negativ beeinflussen. Viele Leistun-
HAA im Dezember 2009 – zumindest in eini-                         gen (beispielsweise Wirtschafts- oder Energie-
gen Ländern des Balkans – als systemrele-                         förderung) des Landes Kärnten würden man-
vant eingestuft wurde, hat der Republik Öster-                    gels fehlender Finanzierung schlichtweg ent-
reich letztendlich keine andere Wahl gelassen,                    fallen, durch Forderungsausfälle würden viele
als die marode Bank zu verstaatlichen. Über                       regionale Unternehmen in massive wirtschaft-
die Konsequenzen einer Insolvenz der HAA                          liche Schwierigkeiten gelangen bzw. das Land
kann man trefflich spekulieren, dass ein enor-                    Kärnten als wichtiger Auftraggeber, beispiels-
mer volkswirtschaftlicher Schaden bereits                         weise im Baugewerbe, würde keine Rolle
längst eingetreten ist und eine ungeordnete                       mehr spielen, unzählige von Zuschüssen und
Insolvenz ein unkalkulierbares Risiko darstellt,                  Förderungen abhängige Institutionen (Bil-
ist jedoch eine erschreckende Tatsache.                           dungs- und Wissenschaftseinrichtungen oder
Spekulieren kann man auch deshalb, weil die                       Kunst- und Sporteinrichtungen) wären in un-
österreichische Insolvenz- noch Exekutions-                       mittelbaren Finanzierungsnöten. Sogar die
ordnung nicht für die Abwicklung einer Ge-                        Aufrechterhaltung der Kernaufgaben des Lan-
bietskörperschaft ausgelegt ist und somit viele                   des Kärnten, wie beispielsweise das Sozial-
                                 4
juristische Fragen ungeklärt sind . Unmittelba-                   und Gesundheitswesen, müsste sicher gestellt
re Folge einer HAA Insolvenz wären somit                          werden, da beispielsweise die KABEG vor fast
unzählige Gerichtsverfahren, welche enorme                        unlösbaren Refinanzierungsproblemen stün-
Verfahrenskosten nach sich ziehen und die                         de. Die Auswirkungen auf andere Gebietskör-
Kapazität der Justiz wahrscheinlich überfor-                      perschaften (Gemeinden, andere Bundeslän-
dern würden. Alleine die Verfahrenskosten in                      der) sind ebenfalls eine zu klärende Frage.
dem laufenden Verfahren der Hypo Alpe-                            Die Folgen für die Realwirtschaft und die Zu-
Adria-Bank International AG gegen die frühe-                      kunft des Bundeslandes wären kurzum kata-
ren Aktionäre u.a. Kärntner Landesholding,                        strophal und alleine aus diesem Grund darf
Hypo Bank Burgenland, Hypo Alpe Adria Mit-                        die Insolvenz eines österreichischen Bundes-
arbeiter Privatstiftung und B & Co Beteili-                       landes keine Option für die Republik sein.
gungsgmbH um die Rückzahlung einer 2008                           Heftig diskutiert wurde über viele Tage auch
ausgeschütteten Sonderdividende in Höhe                           die tatsächliche Höhe des finanziellen Scha-
von 50 Millionen Euro (plus Verzugszinsen)                        dens für den Steuerzahler. In den Medien
werden nach Schätzungen von Experten mehr                         wurden Summen von 13 oder sogar 19 Mrd.
als der Streitwert ausmachen. Potentielle Ver-                    Euro kolportiert. Offensichtlich wurden in der
fahrenskosten durch Klagen von geschädigten                       allgemeinen Diskussion die Forderungen der
Gläubigern oder Sammelklagen von Sparern                          Bank an Kunden (vergebene Kredite) mit der
gegen die Republik oder das Land Kärnten                          Schadenssumme gleichgesetzt, ohne dies
                                                                  weiter zu hinterfragen. Dass sich der Schaden
4
                                                                  keinesfalls in dieser Größenordnung bewegen
 Vgl. Rebhahn R. (2013). Zur Finanziellen Krise eines
Bundeslandes – Eine Skizze.
                                                                  kann, war aufgrund des vorliegenden - und für
                                                          3
Vertraulich                                                Seite 4                                                 06.03.2014
    Konjunkturreport                                                          14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

jeden im Internet abrufbaren - Konzernge-                            reitstellen, allerdings nur in der Inlandswäh-
schäftsberichts 2012 klar ersichtlich.                               rung. Da Banken jedoch in großen Mengen
                                                                     Einlagen in Fremdwährungen aufwiesen,
                               Markus Gilbert Bliem
                                                                     konnten Zentralbanken (bspw. in Island oder
                                                                     Ungarn) nur mithilfe von fremdländischer Hilfe
Bankenregulierung zur Vor-                                           tätig werden. Länder der Euro-Zone hatten
beugung künftiger Finanz-                                            diesbezüglich einen Vorteil, da der Großteil
                                                                     kurzfristiger Anleihen auf dem Euro basiert und
marktkrisen                                                          die Nationalbanken auf leichtem Wege Liquidi-
                                                                                                       8
Die jüngsten Mediendiskussionen um die Zu-                           tät von der EZB erhalten konnten.
kunft der Hypo Alpe-Adria-Bank rücken die                            Die Liquiditätskrise der Banken führte aufgrund
Themen Bankeninsolvenz und Bankenregulie-                            des hohen Leveragegrades und der ausge-
rung auch verstärkt in das öffentliche Interes-                      dehnten Streuung der Subprime-Risiken zu
se. Parallel dazu arbeitet der Rat Wirtschaft                        einem allgemeinen Vertrauensverlust auf den
und Finanzen der Europäischen Union                                  Finanzmärkten. Als Folge brach im Sommer
(ECOFIN), bestehend aus den Wirtschafts-                             2007 die Refinanzierungsmöglichkeit auf dem
und Finanzministern der EU-Länder, an den                            Interbankenmarkt in wichtigen Marktsegmen-
Eckpunkten einer europäischen Bankenunion,                           ten zusammen. Zentralbanken wurden ihrer
mit dem Ziel künftigen Finanzmarktkrisen vor-                        Rolle als „Lender of Last Resort“ gerecht und
zubeugen.                                                            versorgten die Banken mit Liquidität. Gleichzei-
Als Voraussetzungen für die Bankenkrise kön-                         tig waren die Staaten jedoch gefordert, die
nen eine progressive Deregulierung des Ban-                          Insolvenz systemrelevanter Kreditinstitutionen
                                                                                     9
kensektors in den USA und Europa während                             zu verhindern. Welche Folgen mit der Zah-
der 1980er und 1990er Jahre sowie die Ent-                           lungsunfähigkeit einer systemrelevanten Bank
wicklung innovativer Finanzinstrumente, mit                          verbunden sind, wurde im September 2008
welchen Kreditrisiken aus den Büchern der                            deutlich. Die Insolvenzanmeldung von Lehman
Banken auf den Finanzmärkten veräußert wur-                          Brothers, eine der fünf größten US-Invest-
den, angesehen werden. Mit Hilfe der komple-                         mentbanken führte zu einer unberechenbaren
xen Kreditverbriefungen, den so genannten                            Entwicklung der Finanzkrise, welche nicht nur
Asset Backed Securities, konnten Banken den                          die Stabilität bestehender Bankensysteme,
                                     5
Leverage-Effekt verstärkt ausnutzen , die dar-                       sondern in weiterer Folge die Kreditwürdigkeit
                                                                                                  10
aus folgenden Investitionen trugen jedoch                            ganzer Nationen gefährdete.
dazu bei, die Blasen auf den Anlagemärkten                           Banken gewährleisten die Kreditversorgung
            6
zu befeuern. Das Platzen der Immobilienblase                         der Realwirtschaft und sind dahingehend
in den USA traf die Banken in der Folge zwei-                        maßgeblich für die Investitionstätigkeit einer
fach: Einerseits löste der Preisverfall der Im-                      Volkswirtschaft. Die staatliche Rettung von
mobilien und die daraus resultierende Ab-                            Banken birgt jedoch aufgrund des daraus zu-
schreibung vieler ausstehender Kredite ein                           nehmenden öffentlichen Defizits die Gefahr
Bonitätsproblem aus. Dies führte dazu, dass                          erhöhter Refinanzierungskosten und einer
Shareholder Einlagen zurückzogen, wodurch                            Verschlechterung der Schuldentragfähigkeit.
von den Banken zusätzliche Anlagenverkäufe                           Eine daraus resultierende Staatsschuldenkrise
notwendig wurden, um liquide zu bleiben.                             hat jedoch zugleich negative Rückwirkungen
Dadurch kam es jedoch zu einer weiteren Ver-                         auf das Bankensystem, da inländische Banken
schlechterung der Bonität der Banken, welche                         meist primäre Gläubiger des Staates sind. Um
eine Liquiditätskrise auslöste. Insbesondere                         das Entstehen künftiger Finanzmarkt- und in
Länder, welche eine liberale Bankenregulie-                          der Folge Staatsschuldenkrisen zu vermeiden,
rung aufwiesen, waren von der Liquiditätskrise                       ist daher in Hinblick auf das Bankensystem
          7
betroffen.                                                           proaktives Handeln notwendig. Dabei ist zum
Eine Bankenkrise kann schnell zu einer Krise                         einen die Einrichtung eines internationalen
auf dem Wechselkursmarkt führen. Banken                              Aufsichtsorgans als essentiell anzusehen,
wenden sich in Liquiditätsproblemen an die                           welches grenzüberschreitende Finanzinstitute
Zentralbanken, um den Verkauf von Anlagegü-                          überwacht sowie im Notfall durch ein eingebet-
tern zu unterbewerteten Preisen zu verhindern.                       tetes grenzüberschreitendes Insolvenzverfah-
Zentralbanken als „Lender of Last Resort“                            ren eine geordnete Abwicklung und Restruktu-
können prinzipiell unendlich viel Liquidität be-
                                                                     8
                                                                       Vgl. de Grauwe (2012:61f).
5                                                                    9
  Unter dem Leverage-Effekt wird die Hebelwirkung des                  In diesem Zusammenhang war häufig von „too big to fail“
Fremdkapitals auf die Eigenkapitalrendite verstanden.                die Rede, d.h. ein potentieller Zusammenbruch der Bank
6
  So wurden günstige Subprime-Kredite an Schuldner                   wird als Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems erach-
schwächerer Bonität vergeben, unter Spekulation steigen-             tet.
                                                                     10
der Immobilienpreise.                                                   Vgl. Burghof, H.-P./Prothmann, F. (2008): Krisenbewäl-
7
  Vgl. de Grauwe, P. (2012): Economics of monetary                   tigung: Verpasste Chancen? In: Wirtschaftsdienst 2008
union. Ninth edition. Oxford University Press, S. 61.                (11), S. 703-707.
                                                             4
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     Konjunkturreport                                                       14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

rierung von Institutionen ermöglicht. Zum an-                        Im schlimmsten Fall, wenn eine Überschul-
deren gilt es, Finanzinstitute durch die Auflage                     dung eines Finanzinstitutes vorliegt, sind zu-
einer höheren Eigenkapitalunterlegung und                            dem klare Regeln notwendig, wie eine kontrol-
Liquidität krisensicherer zu machen, um weite-                       lierte Insolvenz ablaufen soll. Seit Dezember
                                   11
re Negativspiralen zu verhindern.                                    letzten Jahres sind die Eckpfeiler des soge-
                               Birgit Aigner-Walder                  nannten einheitlichen Abwicklungsmechanis-
                                                                     mus (SRM, single resolution mechanisum)
                                                                     bekannt. Der SRM soll grundsätzlich aus zwei
Abwicklungsmechanismus für                                           Elementen bestehen: einem zentralen Abwick-
die Bankenunion                                                      lungsgremium (Board) und einem einheitlichen
                                                                     Abwicklungsfonds (SRF). Das zentrale Abwick-
In den letzten Monaten wurde auf europäi-                            lungsgremium besteht aus einem Exekutivdi-
scher Ebene intensiv über die Bankenunion                            rektor, vier Vollzeit-Mitgliedern und Vertretern
diskutiert. Mit der Einführung dieser sollen die                     aller nationalen Abwicklungsbehörden. Zentra-
langfristige Stabilität des gemeinsamen Kapi-                        le Aufgabe des Abwicklungsgremiums ist es,
talmarktes sichergestellt und klare Regeln für                       nach der Meldung einer drohenden Insolvenz
die kontrollierte Abwicklung maroder Banken                          durch die EZB (als Aufsichtsbehörde) zu prü-
eingeführt werden.                                                   fen, ob eine Sanierung möglich ist. Sollte dies
Der erste wesentliche Schritt wurde bereits im                       nicht der Fall sein, wird die Abwicklung einge-
Jahr 2013 gesetzt, indem der einheitliche Auf-                       leitet.
sichtsmechanismus (SSM, single supervisory                           Für die Finanzierung der Abwicklungskosten
mechanism) verabschiedet wurde; dieser tritt                         steht der einheitliche Abwicklungsfonds (SRF)
mit 1. März 2014 endgültig in Kraft. Wesentli-                       zur Verfügung, welcher durch Beiträge des
ches Element des SSM ist, dass die großen                            Bankensektors dotiert wird. Der Abwicklungs-
europäischen Kreditinstitute, (gemischte) Fi-                        fonds soll ein Volumen von ca. 1 % der garan-
nanzholdinggesellschaften und Finanzkonglo-                          tierten Einlagen umfassen, was ca. € 55 bis 60
merate direkt von der Europäischen Zentral-                          Mrd. entspricht. Bevor der Fonds herangezo-
bank (EZB) kontrolliert werden und damit eu-                         gen wird, muss jedoch eine klare Haftungsrei-
ropaweite einheitliche Kontroll- und Aufsichts-                      henfolge eingehalten werden: In erster Linie
standards garantiert sind. Nachdem alle Euro-                        werden die Verluste von Eigentümern (durch
Länder am SSM teilnehmen müssen, unterste-                           das Eigenkapital), Gläubigern (ungesicherte
hen in Summe rund 130 europäische Groß-                              Anleihen) und Spareinlegern zu tragen sein,
banken, die fast 85 % der Bankaktiva halten,                         soweit die Einlagen € 100.000 überschreiten.
der direkten Kontrolle der EZB. In jedem Euro-                       Erst danach wird der Fonds herangezogen;
Land sind zumindest die drei größten Institute                       erst ganz am Ende (und nicht am Anfang) der
betroffen. In Österreich sind es die Raiffeisen                      Haftungskette steht der Steuerzahler.
Zentralbank (RZB) inklusive Raiffeisen Bank
International (RBI), Erste Group Bank, Bank                          Durch die Bankenunion wird somit der rechtli-
Austria (indirekt über die italienische Konzern-                     che Rahmen geschaffen, auch im Bankensek-
mutter UniCredit), BAWAG PSK, Österreichi-                           tor die Kräfte des Marktes wirken zu lassen
sche Volksbanken AG (ÖVAG), die beiden                               und es müssen die Eigentümer bzw. Gläubiger
Raiffeisenlandesbanken Niederösterreich-Wien                         eines maroden Institutes vorrangig zahlen. Vor
(RLB NÖ-Wien) und Oberösterreich (RLB OÖ),                           dem Hintergrund, dass einerseits Haftungen
sowie die Kontrollbank (ÖKB) und die Hypo-                           der öffentlichen Hand für Banken bis 2017
Alpe-Adria Group (HAA).                                              auslaufen müssen und andererseits die Ban-
                                                                     kenunion nunmehr Realität ist, kann eine
Die Kontrolltätigkeit der EZB wird ein weites
                                                                     Causa Hypo Alpe-Adria-Bank 2 für die Zukunft
Feld umfassen und bezieht sich u.a. auf die
                                                                     ausgeschlossen werden.
Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen
                                                                                               Markus Gilbert Bliem
unter Berücksichtigung des Risikoprofils eines
Instituts oder die Einhaltung von Bestimmun-
gen zum Verschuldungsgrad (Leverage Ratio)
bzw. zur Mindestliquiditätsquote. Zudem kann                         Forschungsprojekt zum
die EZB in Zukunft Kapitalpuffer festlegen und                       Thema „Energieinnova-
in Abstimmung mit den Abwicklungsbehörden                            tionen“ am IHS Kärnten
frühzeitig eingreifen, wenn eine Bank die auf-                       gestartet
sichtsrechtlichen     Eigenkapitalanforderungen
nicht erfüllt oder Gefahr läuft, sie nicht zu erfül-                 Im März 2014 startete am IHS Kärnten das
len.                                                                 Forschungsprojekt „Diffusion von Energieinno-
                                                                     vationen in Österreich aus Mikro- und Makro-
                                                                     perspektive“. Die Untersuchung wird in Zu-
11
  Vgl. Sachverständigenrat (2011): Von der Bankenkrise               sammenarbeit mit dem IHS Wien (Abteilungen
zur Schuldenkrise und wieder zurück. In: Jahresgutachten             Ökonomie & Finanzen sowie Soziologie) und
2011/12, S. 128-174.
                                                             5
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  Konjunkturreport                                                     14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

dem Institut für Ressourceneffizienz und Ener-                   •   Energieeffizienz in Industrie & Gewerbe,
giestrategien (IREES) in Deutschland (Karlsru-                   •   energieeffiziente Gebäude,
he) durchgeführt. Gefördert wird das ein Jahr                    •   Solarthermie,
laufende Projekt vom Klima- und Energiefonds                     •   Stromnetze und
im Rahmen des Programms e!MISSION.at (4.                         •   chemische Speicher.
Ausschreibung).
                                                            Mit Hilfe statistischer Modellierungsmethoden
Die Europäische Union (EU) verfolgt mit der                 werden auf Basis der erhobenen Daten diffus-
Strategie „Europa 2020“ das Ziel eines intelli-             sionsrelevante Einflussfaktoren identifiziert.
genten, nachhaltigen und integrativen Wachs-                Ergänzt werden die quantitativen Analysen
tums bis zum Jahr 2020. Kernelement dieser                  durch ExpertInnen-Interviews, Fokusgruppen-
Strategie ist der Transformationsprozess hin                diskussionen sowie die Implementierung einer
zu einer ressourcenschonenden und emissi-                   mikrosoziologischen Fallstudie. Auf allen Un-
onsarmen Wirtschaft. Energieinnovationen                    tersuchungsebenen finden die Wechselbezie-
können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.              hungen zwischen Politik, Haushalten und Un-
Sie streben eine Verringerung von Umweltbe-                 ternehmen explizit Berücksichtigung (vgl. Ab-
lastungen sowie eine effizientere und verant-               bildung 1). Als Ergebnis des Forschungspro-
wortungsvollere Nutzung natürlicher Ressour-                jektes werden Lösungsansätze und Politik-
cen (einschließlich Energie) bei gleichbleiben-             empfehlungen in Hinblick auf die Erhöhung der
den oder sinkenden Kosten an.                               Diffusionsgeschwindigkeit von Energieinnova-
Eine innovative Idee allein reicht jedoch nicht             tionen angestrebt.
aus; vielmehr müssen sich Energieinnovatio-
nen am Markt durchsetzen und verbreiten                     Abbildung 1: Berücksichtigte Wechselbeziehun-
(Diffusion). Die Diffusionsphase spielt gerade              gen zwischen den relevanten Akteuren
bei Energieinnovationen eine besonders wich-
tige Rolle, da sich die vorteilhaften Effekte
einer Energieinnovation ohne erfolgreiche
Diffusion nicht entfalten können. Genau hier
setzt das Forschungsprojekt an. Da die zügige
Verbreitung von Energieinnovationen einen
wichtigen Beitrag zur Stärkung des Wirt-
schaftsstandortes und zum Klimaschutz leisten
kann, ist es notwendig zu verstehen, wie Inno-              Quelle: Eigene Darstellung IHS Kärnten
vationen in Gesellschaft (Haushaltssektor) und
Wirtschaft (Unternehmenssektor) diffundieren.               Abgeschlossen wird das Forschungsprojekt
Theoretische Modelle zur Diffusion sowie sozi-              voraussichtlich im Februar 2015. Allgemeine
oökonomische Theorien zum Konsumverhalten                   Projektinformationen sowie Projektzwischen-
von Haushalten und Unternehmen bilden die                   und -endergebnisse werden laufend über die
Grundlage für das Verständnis darüber, mit                  Homepage des IHS Kärnten abrufbar sein.
welcher Geschwindigkeit sich Innovationen
ausbreiten bzw. welche Faktoren diesen Diffu-                                                   Andrea Klinglmair
sionsprozess dynamisieren oder abschwächen
können.                                                     Energieeffizienz – theoretische
Ziel des Forschungsprojektes ist es, zunächst               Energieeinsparpotentiale und priori-
auf der Haushaltsebene belastbares Datenma-                 täre Maßnahmen zur Reduktion des
terial zu innovativen Energiedienstleistungen               Energieverbrauchs in Kärnten
zu erheben. Der Fokus liegt dabei auf der Er-
                                                            Die Steigerung der Energieeffizienz stellt eine
hebung des Kenntnisstandes über innovative
                                                            zentrale Säule der Europäischen Energie- und
Energiedienstleistungen sowie der Analyse
                                                            Klimapolitik dar. Mit dem Beschluss des Ener-
von Faktoren und Bedingungen, die energiein-
                                                            gie- und Klimapakets wurde das Ziel festge-
novative Investitionen fördern oder behindern.
                                                            legt, die Energieeffizienz um 20 % bis zum
Methodisch wird hier auf eine österreichweite                                       12
                                                            Jahr 2020 zu erhöhen. Auf nationaler Ebene
Online-Befragung, die in Zusammenarbeit mit
                                                            sieht die Energiestrategie Österreich ebenfalls
einem externen Marktforschungsinstitut durch-
                                                            eine Stabilisierung des Energieverbrauchs
geführt wird, zurückgegriffen. Auch auf der
                                                            durch eine Steigerung der Energieeffizienz
Unternehmensebene ist eine empirische Erhe-                      13
                                                            vor.
bung geplant. Mittels Online-Fragebogen wird
die Einschätzung ausgewählter österreichi-                  12
scher Unternehmen zum Thema „Verbreitung                       Vgl. euractive.de: Die Energie- und Klimapolitik der EU.
                                                            Verfügbar      unter:   http://www.euractiv.de/energie-und-
von Energieinnovationen“ untersucht. Sowohl                 klimaschutz/linkdossier/die-eu-energie--und-klimapolitik-
die Haushalts- als auch die Unternehmensbe-                 000102. Download am 20.02.2014.
                                                            13
fragung beziehen sich auf die Themenfelder                     Vgl. Lebensministerium, BMWFJ (2010:9): Energiestra-
                                                            tegie Österreich. Wien.
                                                    6
Vertraulich                                                   Seite 7                                       06.03.2014
     Konjunkturreport                                                           14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

Um auf europäischer Ebene das vereinbarte                               2020 zu einer umweltfreundlichen Stromer-
Gesamtziel zur Steigerung der Energieeffizienz                          zeugung bei.
zu erreichen wurde, nach einer Analyse der                              Die Analysen zeigen, dass die höchsten theo-
ersten und zweiten nationalen Energieeffizi-                            retischen Einsparpotentiale im Bereich Wärme
enz-Aktionspläne der EU-Mitgliedstaaten, eine                           liegen und das unabhängig von der Wahl des
neue Richtlinie zur Energieeffizienz (RL                                Szenarios. Insbesondere die Anhebung der
2012/27/EU) des Europäischen Parlaments                                 Sanierungsrate trägt wesentlich zur Ausschöp-
                        14
und des Rates erlassen. Die Umsetzung in                                fung der Energieeffizienzpotentiale bei. Im
nationales Recht in Form eines Bundes-                                  Vergleich dazu sind die theoretisch ausgewie-
Energieeffizienzgesetzes lässt noch auf sich                            senen Einsparpotentiale im Bereich Mobilität
warten.                                                                 als gering einzustufen und das obwohl eine
In der künftigen Ausrichtung der Energiepolitik                         deutliche Verkehrsverlagerung auf den Öffent-
des Landes Kärnten kommt der Energieeffizi-                             lichen Verkehr (knapp 214 Mio. Personenkilo-
enz eine bedeutende Rolle zu. Bei dem in                                meter, Szenario Ambitioniert 2020), eine Stei-
Ausarbeitung befindlichen Energie-Masterplan                            gerung der Radverkehrsleistung sowie eine
Kärnten wurde eine eigene Arbeitsgruppe                                 verstärkte Durchdringung der Elektromobilität
„Energieeffizienz“ eingerichtet. Der Bereich                            vorausgesetzt wurde. Die ausgewiesenen
Energieeffizienz an sich stellt eine Quer-                              Energieeffizienzpotentiale im Bereich Strom,
schnittsmaterie dar, die sowohl Kompetenzen                             erscheinen bei einem Vergleich mit dem Be-
auf der Bundes- und Landesebene mitein-                                 reich Wärme ebenfalls als gering, allerdings
schließt, aber auch Tätigkeiten der Industrie,                          gilt hier zu berücksichtigen, dass bei einem
der Energieversorgungsunternehmen sowie                                 prognostizierten Anstieg des Stromverbrauchs
der einzelnen Bürgerinnen und Bürger. Das                               in den kommenden Jahren, ein besonderer
Institut für Höhere Studien Kärnten erstellte im                        Wert auf die Ausschöpfung von Energieeffi-
Jahr 2013 die Studie „Energieeffizienz-                                 zienzpotentialen gelegt werden sollte. In In-
                      15
Aktionsplan Kärnten“ mit dem Ziel, Einspar-                             dustrie und Gewerbe amortisieren sich Investi-
potentiale zu quantifizieren und Umsetzungs-                            tionen zur Steigerung der Energieeffizienz oft
maßnahmen zu erarbeiten. Darüber hinaus                                 in einem verhältnismäßig sehr kurzen Zeit-
wurden in Energieeffizienzworkshops Maß-                                raum, allerdings bleibt das Potential zur Stei-
nahmenvorschläge zur Steigerung der Ener-                               gerung der Energieeffizienz in vielen Fällen
gieeffizienz unter Einbindung von Stakehol-                             trotz kurzer Amortisierungszeiten unangetas-
dern und ExpertInnen diskutiert und konkreti-                           tet. Insgesamt liegen auf Basis der zugrunde
siert.                                                                  liegenden Annahmen und definierten Szenari-
Die Berechnung der theoretischen Energieeffi-                           en, die theoretischen Einsparpotentiale im Jahr
                16
zienzpotentiale sowie die Erarbeitung der                               2020 im Szenario Moderat bei ca. 5.742 TJ
prioritären Maßnahmen zur Senkung des                                   bzw. bei 9.521 TJ im Szenario Ambitioniert.
Energieverbrauchs erfolgte für die Bereiche                             Dies entspricht einer relativen Energiever-
Wärme, Strom, Produzierender Bereich sowie                              brauchsreduktion zwischen 6,9 % und 11,4 %
Mobilität. Zwei Szenarien – Moderat und Ambi-                           verglichen mit dem Niveau von 2011 (vgl. Ab-
tioniert – zeigen theoretische Energieeffizienz-                        bildung 2).
potentiale im Zeitraum 2014-2020 auf. Wäh-
                                                                        Abbildung 2: Relative Reduktion des Energie-
rend im Szenario Moderat bisherige Aktivitäten                          verbrauchs, Szenario Moderat und Ambitioniert;
und Maßnahmen in einem verstärkten Ausmaß                               Index Niveau 2011=100
fortgesetzt werden, müssen im Szenario Ambi-
tioniert die Anstrengungen – verglichen mit
heute – vervielfacht werden. Im Bereich Wär-
me wird beispielsweise im Szenario Ambitio-
niert von einer Verdreifachung der Sanierungs-
rate im privaten Bereich ausgegangen, zusätz-
lich wird jedes dritte Gebäude in Kärnten mit
einer Solarthermieanlage ausgestattet und
50.000 Photovoltaikanlagen tragen im Jahr

14
    Vgl. Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parla-
ments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energie-                   Quelle: Bliem et al. (2013:103)
effizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und
2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG
und 2006/32/EG.                                                         Die Ausschöpfung der Energieeffizienzpotenti-
15
    Vgl. Bliem et al. (2013): Energieeffizienz-Aktionsplan              ale hängt wesentlich von der Umsetzung ent-
Kärnten. IHS Kärnten. Klagenfurt.                                       sprechender Maßnahmen ab. Im Zuge der
16
   Rebound-Effekte wurden nicht berücksichtigt. Vgl. Bliem
et al. (2013:27): Energieeffizienz-Aktionsplan Kärnten. IHS             organisierten Energieeffizienzworkshops wur-
Kärnten. Klagenfurt.                                                    den, in Abstimmung mit Stakeholdern und
                                                                7
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  Konjunkturreport                                                     14. Jg., Ausgabe 1, März 2013

ExpertInnen, eine Reihe von Maßnahmen                         Fortsetzung Konjunktur:
definiert, welche zur Steigerung der Energieef-
fizienz beitragen. Im Anschluss daran wurden                  Im Jahr 2014 wird sich die Konjunktur erholen.
vom Institut für Höhere Studien Kärnten für                   Die Dynamik dürfte aber in Kärnten auch heu-
jeden Bereich zehn Maßnahmen ausgewählt,                      er hinter jener in ganz Österreich zurückblei-
welche zur Ausschöpfung der angeführten                       ben. Dies ist nach wie vor auf die stärkere
theoretischen Energieeffizienzpotentiale bei-                 Ausrichtung der Exportwirtschaft auf Italien
tragen sollen (prioritäre Maßnahmen).                         und Slowenien zurückzuführen. Dort erholt
                                                              sich die Nachfrage nur schleppend. Außerdem
Im Bereich Wärme zählen dazu die ver-                         sind in der Kärntner Bauwirtschaft weitere
pflichtende Energiebuchhaltung sowie die Er-                  Anpassungen zu erwarten, und von der öffent-
stellung eines Sanierungsplans für alle öffentli-             lichen Hand sind aufgrund der angespannten
chen Gebäude. Im privaten Bereich sollen                      Budgetlage kaum wirtschaftliche Impulse zu
durch Finanzierungsmodelle und verschärfte                    erwarten. Ab Ende April wird auf der Homepa-
energetische Mindestanforderungen im Bau-                     ge des IHS Kärnten die aktuelle Kärnten-
recht zusätzliche Anreize zur Steigerung der                  Prognose verfügbar sein:
Energieeffizienz geschaffen werden. Auch im                   http://www.carinthia.ihs.ac.at/wirtschaftsprognose.html.
Bereich der Fernwärmenutzung sowie der                                                             Klaus Weyerstraß
Optimierung des Fördersystems wurden vor-
rangige Maßnahmen zur Steigerung der Ener-
gieeffizienz festgehalten.                                    Leser-Befragung
Für den Bereich Strom wurde die Umstellung                    Sehr geehrte(r) Leser(in) des Konjunkturre-
der Straßenbeleuchtung auf energieeffiziente                  ports!
Beleuchtungsformen bis zum Jahr 2020 (bei                     Seit dem Jahr 2001 veröffentlicht das IHS-
einem positiven Kosten-Nutzen Verhältnis)                     Kärnten den vierteljährlich erscheinenden Kon-
vorgeschlagen. Zusätzlich wurden prioritäre                   junkturreport. Der Konjunkturreport wird allen
Maßnahmen für öffentliche Gebäude (z.B.                       Interessenten kostenlos über die Homepage
Einsparung bei der Beleuchtung der Gebäude)                   des IHS Kärnten zur Verfügung gestellt und
sowie private Haushalte (Forcierung des Gerä-                 auf Wunsch elektronisch übermittelt bzw. in
tetauschs für einkommensschwache Haushal-                     einer Auflage von rund 400 Stück gedruckt und
te, Tausch von Heizungsumwälzpumpen sowie                     an Entscheidungsträger in Wirtschaft und Poli-
verstärkte Stromerzeugung mittels PV-An-                      tik, primär in Österreich aber auch im Ausland,
lagen) vorgeschlagen.                                         versendet.
Die prioritären Maßnahmen im Produzierenden                   Neben standardmäßigen Beiträgen zum The-
Bereich reichen von der Energieberatung über                  ma Arbeitsmarkt- und Konjunkturentwicklung,
die Selbstverpflichtungen der Unternehmen                     mit besonderem Fokus auf die Situation im
sowie Maßnahmen im Bereich der Abwärme                        Bundesland Kärnten, widmet sich der Konjunk-
und des Stroms. Um Energieeffizienzpotentiale                 turreport unterschiedlichen sozial- und wirt-
im Bereich der Mobilität ausschöpfen zu kön-                  schaftswissenschaftlichen Themen.
nen, müssen Maßnahmen zur Attraktivierung
                                                              Im Laufe der Jahre haben wir immer wieder
des Öffentlichen Verkehrs sowie des Radver-
                                                              vereinzelt Rückmeldungen bzw. Anfragen zum
kehrs (z.B. Beschleunigungsmaßnahmen im
                                                              Konjunkturreport bekommen. Dafür möchten
Öffentlichen Verkehr, Parkraumbewirtschaf-
                                                              wir uns an dieser Stelle nochmals bedanken.
tung in den Ballungszentren, Ausbau des regi-
                                                              Da wir bestrebt sind das Service bzw. den
onalen Radwegenetzes) ebenso im Vorder-
                                                              Informationsgehalt für unsere Leser weiter zu
grund stehen wie eine integrierte Raum- und
                                                              verbessern, möchten wir Sie, sehr geehrte/r
Verkehrsplanung. Maßnahmen der Raum- und
                                                              Leser/in, bitten, an einer kurzen Leser-
Verkehrsplanung können insbesondere mittel-
                                                              Befragung teilzunehmen.
bis langfristig zu einem geringeren Verkehrs-
                                                              Zur Umfrage gelangen Sie über die Home-
aufkommen bzw. einem veränderten Modal-
                                                              page des IHS Kärnten:
Split beitragen. Durch Verankerung rechtlicher
                                                              www.carinthia.ihs.ac.at
Vorgaben in der Wohnbauförderung (bei-
spielsweise für Fahrradabstellplätze) sowie                                      Impressum
Festlegung von Mindestkriterien hinsichtlich                  Herausgeber:        IHS Kärnten
der Anbindungen an den Öffentlichen Verkehr                   Adresse:            Alter Platz 10, 9020 Klagenfurt
können Verkehrsverlagerungen auf umwelt-                                          Tel. (0463) 592150, Fax DW 23
                                                              E-Mail:             info@carinthia.ihs.ac.at
freundliche und effiziente Verkehrsmittel unter-              Website:            www.carinthia.ihs.ac.at
stützt werden.
                                                              Der IHS Kärnten Konjunkturreport erscheint mit finanzieller
                                   Beate Friedl               Unterstützung der Wirtschaftskammer Kärnten, der Indust-
                                                              riellenvereinigung Kärnten, der Arbeiterkammer Kärnten
                                                              sowie des Landes Kärnten vier Mal jährlich.
                                                              Redaktionsschluss: 07.03.2014

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