Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz - Working Paper der EFV Nr. 14
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Juni 2010 | www.efv.admin.ch Working Paper der EFV Nr. 14 Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Alain Geier
Die Working papers der EFV spiegeln nicht notwendigerweise die offiziellen Positionen des Amtes, des Departements oder des Bundesrats wider. Für die in den Arbeiten vertretenen Thesen und allfällige Irrtümer sind in erster Linie die Autoren selbst verantwortlich. Impressum Redaktion Ökonomische Analyse und Beratung ÖAB Bundesgasse 3 CH-3003 Bern, Schweiz E-Mail oekonomenteam@efv.admin.ch Internet www.efv.admin.ch http://www.efv.admin.ch/d/dokumentation/grundlagenpapiere_berichte/ arbeiten_oekonomenteam.php Layout Webteam EFV, P+I ISSN 1660-7937
Zusammenfassung Zusammenfassung In diesem Papier werden theoretische Begründungen für die Bestimmungs- faktoren von ökonomischen Blasen dargelegt. Zu diesem Zweck wird auf verschiedene Erklärungsansätze der ökonomischen Theorie zurückgegriffen, welche entsprechende Anhaltspunkte liefern können. Es wird argumentiert, dass Blasen zwar jederzeit auf praktisch allen Finanzmärkten auftreten können, aber vor allem dann Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben, wenn makroökonomische Ungleichgewichte vorliegen. Bei letzteren handelt es sich vornehmlich um eine exzessive Kreditschöpfung mit einer Ausweitung der Liquidität, sowie Verzerrungen bei den Erwartungshaltungen der Wirtschaftssubjekte aber auch Zahlungsbilanzungleichgewichte, welche daraus entstehen. Ungleichgewichte können das Ausmass einer Blase erhöhen. Für den Fall der Schweiz lässt sich gegenwärtig keine klare Blasen- bildung erkennen, auch wenn auf den inländischen Immobilien- und Finanzmärkten Preissteigerungen ersichtlich sind und auf ein entsprechend erhöhtes Risiko hindeuten. Auch führt die derzeit immer noch hohe Verfüg- barkeit von Liquidität und der noch nicht abgeschlossene Entschuldungspro- zess der Weltwirtschaft (Deleveraging) zu einer Situation, in der Entwick- lungen an den Finanzmärkten realwirtschaftliche Konsequenzen haben dürften, auch für die Schweiz. In diesem Zusammenhang wichtig ist die stark ansteigende Verschuldung verschiedener Staaten, welche den privaten Entschuldungsprozess teilweise kompensiert. 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 7 2. Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen 8 2.1. Übersicht 8 2.2. Historischer Abriss 9 2.3. Theoretischer Überblick 13 2.4. Blasen und experimentelle Ökonomik 15 3. Die aktuelle Finanzkrise 17 3.1. Makroökonomische Ungleichgewichte 17 3.1.1. Kreditschöpfung durch die Geschäftsbanken 17 3.1.2. Zahlungsbilanzungleichgewichte 19 3.1.3. Reale Renditen und Erwartungen 20 3.2. Die Finanzkrise als Minsky’sches Phänomen 21 3.3. Die «Verstaatlichung» der Krise 21 Box: Ausblick für die Verschuldung im OECD-Raum 22 4. Perspektiven für die Schweiz 25 4.1. Geldpolitische Rahmenbedingungen und Kreditumfeld 25 4.2. Die Lage auf dem Wohnungs- und Hypothekenmarkt 29 4.3. Die Lage auf den Finanzmärkten 37 5. Fazit 42 Literatur 44 5
Einführung Einführung Die vorliegende Arbeit befasst sich Verlauf, der sich oft entweder durch mit ökonomischen (spekulativen) das Auftreten neuartiger Finanzinst- Blasen. Es wird neben einem rumente oder die Verbreitung einer historischen und theoretischen Abriss neuen Technologie äussert. Ersteres insbesondere die Frage erörtert, ob reduziert die Transparenz und lässt sich in der Schweiz derzeit neue die Blase nicht als solche erscheinen, Blasen bilden. letzteres steigert die Hoffnung auf einen deutlichen Anstieg der Von spekulativen Blasen wird Produktivität. Oftmals treten Blasen gesprochen, wenn innerhalb eines zudem auf dem Immobilienmarkt Marktes die Nachfrage übermässig auf. steigt. Die Nachfrage entsteht dabei nicht durch einen realen Bedarf, Illusionen verschiedener Art machen sondern sie basiert auf der Erwar- Gegenmassnahmen schwierig: Die tung überdurchschnittlicher Ren- wirtschaftspolitischen Instanzen diten. verfügen oft über einen geringen oder keinen Informationsvorsprung Eine Blase zeichnet sich durch einen oder verfolgten andere Ziele. Konkret starken, langfristig nicht haltbaren stellt sich die Frage bei der Geldpo- Preisanstieg und das Auftreten von litik, ob neben der Bekämpfung der Neulingen im Markt aus. Bisweilen Inflation von Konsumentenpreisen wird die Blase von einzelnen auch die Inflation von Finanzwerten Beobachtern als solche identifiziert. eine Rolle spielen soll. Letzteres Die Marktteilnehmer nehmen als würde voraussetzen, dass die Rechtfertigung der hohen Preisan- Zentralbank über entsprechende stiege beispielsweise eine scheinbare rechtliche Grundlagen und ökonomi- Erhöhung der Produktivität im sche Informationen verfügt. betreffenden Bereich oder eine grundsätzliche Veränderung von Das vorliegende Papier setzt sich Nachfragetrends an, welche in einer nicht mit der Frage der adäquaten hypothetischen Zukunft eine starke Geldpolitik auseinander, sondern Erhöhung der real erzielten Gewinne behandelt in einem ersten Teil nach sich ziehen soll. Eigenschaften von Blasen, welche es ermöglichen sollen, Blasen zu Im Fall der spekulativen Blase sind die identifizieren. Dabei stehen makro- Gewinnerwartungen überrissen. ökonomische Ungleichgewichte im Jede Blase hat einen spezifischen Vordergrund. 7
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz 2. Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen 2.1 Übersicht Ökonomische Blasen sind kein neues Phänomen, sondern treten wieder- Ökonomische Blasen und die darauf holt auf vielen Finanzmärkten auf. folgenden Finanzkrisen sind ein Auch kreditfinanzierte «systemische» makroökonomisches Phänomen. Blasen treten in der Geschichte mit Blasen können zwar auf verschie- einer gewissen Regelmässigkeit auf. denen Einzelmärkten sichtbar Makroökonomische Theorien bieten werden, beispielsweise Immobilien- verschiedene Ansatzpunkte, welche märkten. Die treibende Kraft hinter ein systematisches Verständnis dieses globalen Blasen und Krisen scheint Phänomens ermöglichen. Leider sind eine vorangehende Kreditexpansion die meisten Ansätze nur in der Lage, zu sein, welche es erlaubt, dass die über Teilaspekte Aufschluss zugeben. Preise auf den Finanzmärkten über Deshalb ist es nützlich, die verschie- längere Zeit hinweg stark anwachsen denen, teilweise widersprüchlichen können – Blasen können ein Erklärungsansätze in einer pluralisti- gefährlich hohes Ausmass erreichen. schen Art zu verwenden. Die Auch in Abwesenheit einer Kreditex- Literatur zum Thema Blasen erfährt pansion treten Blasen auf einzelnen seit dem Börsencrash von 1987, aber Finanzmärkten regelmässig auf, vor allem seit den Ereignissen der dürften aber in diesem Fall weniger globalen Finanzkrise von 2007 ein Risiken für die Stabilität des Finanz- wachsendes Interesse, nachdem im systems bergen, weil der Preisanstieg Zusammenhang mit den Hypothesen durch fehlende Verfügbarkeit von bezüglich effizienten Märkten von Liquidität begrenzt ist1. Während der Fama (1970) dieses Thema etwas in Krise, welche ein Platzen der Blase Vergessenheit geraten war. Die begleitet, nehmen die Preise auf den vorliegende Notiz basiert teilweise Finanzmärkten generell ab und die auf dieser Literatur. Darin stellen sich Kreditvergabe wird gekürzt. Letzteres die Verfügbarkeit von Liquidität und kann auch zu negativen gesamtwirt- die Erwartungshaltungen der schaftlichen Auswirkungen führen, Wirtschaftssubjekte als besonders insbesondere wenn die Kreditver- wichtige Bestimmungsfaktoren gabe auch an Unternehmen heraus. Eine vertiefte Studie wäre ausserhalb des Finanzsektors gekürzt allerdings nötig, um die Selektion wird. und umfassende empirische 1 vgl. z.B. Mishkin, Frederic, Not all bubbles present a risk to the economy, Financial Times vom 9.11.2009 8
Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen Aufarbeitung von relevanten Daten Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu ermöglichen. sind nicht bekannt. 2.2. Historischer Abriss 1711–1720: South Sea Company Die Subprime-Blase 2005–07 hatte Die South Sea Company verfügte Auswirkungen, mit welchen viele über ein Handelsmonopol zwischen nicht gerechnet hatten. Das Platzen den amerikanischen Kolonien der Blase und die darauf folgende Spaniens und Grossbritanniens (v.a. Austrocknung des Interbanken- Sklaven). Die Kompanie versprach marktes traf den Finanzsektor sehr hohe Renditen durch die unbe- hart und hatte auch realwirtschaft- schränkten Wachstumsmöglich- liche Folgen. Obschon während der keiten in der neuen Welt. Tatsäch- Krise gewisse Dinge einmalig waren liche Gewinne wurden kaum erzielt. und auf die spezifischen Eigen- Die Kompanie kaufte in grossem Stil schaften dieser Blase zurückgeführt britische Staatspapiere (bis 80% der werden können (z.B. Special Purpose gesamten ausstehenden Staatspa- Vehicles [SPV], Credit Default Swaps piere), was sie mit der Emission von [CDS] und allgemein die Verbriefung Aktien finanzierte. Dies ermöglichte von Finanzwerten) stellt die Finanz- der Krone eine stetige Schuldenfi- krise als solche und die Blasenbil- nanzierung zu günstigen Zinsen. dung auf den Finanzmärkten kein Einzelereignis dar. Nachfolgend 1720 stieg der Kurs explosionsartig werden einige historische Beispiele an; viele Käufer finanzierten den von Blasen und / oder Finanzkrisen Kauf von Aktien durch Kreditauf- aufgezählt. nahme. Der Zusammenbruch des Kurses führte entsprechend zum 1637: Tulpenzwiebelspekulation in Ruin vieler Anleger (darunter Isaac den Niederlanden Newton, welcher zugestand, dass die Vorhersage der Bewegung der Erste erwähnte (aber nicht als solche Himmelskörper einfacher sei als gesicherte) spekulative Blase, diejenige der Unvernunft der Leute). ausgelöst durch die Einführung der Den Verantwortlichen der Kompanie Tulpenzwiebeln und der raschen konnte Betrug nachgewiesen Entwicklung dieses Marktes. Verwen- werden, was eine Inhaftierung im dung von Termingeschäften. Die Londoner Tower zur Folge hatte. 9
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz 1717–1720: System von John Law positive Wachstumsimpulse – auf Kosten der ehemaligen Kapitalgeber, John Law erlangte 1717 die Kon- insbesondere im Ausland. trolle über die Compagnie du Mississippi bzw. Compagnie des 1840er Jahre: Eisenbahnboom in Indes und damit ein Handelsmo- Grossbritannien nopol mit den amerikanischen Kolonien Frankreichs. 1720 über- 1825 wurde die Royal Exchange and nahm die Kompanie die Banque London Assurance Corporation Act Royale, welche vier Jahre zuvor von von 1719 / 1720 (Bubble Act) John Law selbst gegründet worden aufgehoben. Dies ermöglichte es war. Diese Bank emittierte Papier- – nach der konjunkturellen geld, dessen Wert nicht durch Gold, Schwäche der 1830er Jahre – in den sondern durch (potentielles) 1840er Jahren den aufstrebenden Agrarland in den neuen Kolonien Eisenbahngesellschaften ihre Aktien gesichert war. Wie bei der South Sea an ein breites Publikum zu verkaufen. Company kaufte die Kompanie Teilweise besassen die Eisenbahnge- Staatspapiere auf (100% der sellschaften nicht einmal Eisenbahnli- Staatsschuld), was sie mit der nien, sondern lediglich Pläne zum Emission von Aktien finanzierte. Der Bau derselben. Manche der vorge- Staat trat dadurch seine gesamte schlagenen Linien waren technisch Verschuldung an die Kompanie ab. nicht umsetzbar. Wie in anderen Im Sommer 1720 schwand nach Blasen erlangten Spekulation und einem vorangehenden explosionsar- Renditeerwartungen eine Eigendy- tigen Kursanstieg das Vertrauen in namik. Der Höhepunkt war 1846 die Kompanie, welche einer Reorga- erreicht. Eine Zinserhöhung im Jahr nisation und Umschuldung unter- 1845 und der Abfluss von Banken- zogen wurde. Sowohl der Ruf von geldern brachten die Blase zum Papiergeld («Fiat money») als auch Platzen. Vermögen in ganz Europa wurden durch diesen Prozess ruiniert. Die Als den Eisenbahngesellschaften französische Wirtschaft erlebte durch keine Finanzierungsmöglichkeiten das Verschwinden der staatlichen mehr zur Verfügung standen, und privaten Überschuldung (letztere mussten viele Investoren verblei- durch eine hohe Inflation) und die bende aussichtsreiche Anlagen mit dadurch neu entstehende Liquidität hohen Abschlägen an die grossen 10
Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen Eisenbahngesellschaften verkaufen. Börsenspekulationen. Für Ökonomen Viele Familien des aufstrebenden auf der Linie von Hayek war das Mittelstandes verloren ihre Ver- Investitionsniveau deshalb zu hoch, mögen, während das Land seine sowohl in Realinvestitionen als auch Bahninfrastruktur in dieser Zeit in Finanzwerte. Die Investitionen entscheidend ausbaute. waren primär von unrealistischen Gewinnerwartungen getrieben. Die Der Eisenbahnboom der 1840er Weltwirtschaftskrise war denn auch Jahre in Grossbritannien war der von einem starken Rückgang des bedeutendste, jedoch nicht der Vertrauens von Investoren und einzige. Das 19. Jahrhundert Konsumenten geprägt, was auf ein respektive die Industrielle Revolution übermässiges Vertrauen in hohe war in verschiedenen Ländern durch Renditen und hohes Wachstum vor «Booms und Busts» gekennzeichnet. der Krise hindeutet. Verschiedene Ökonomen deuten auf zu hohe 1920er Jahre: USA Investitionen in falsche Bereiche wie die Schwerindustrie hin. Eine Blase in Die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts den 20er Jahren kann die nachfol- könnten eine Blase dargestellt gende Rezession erklären, für das haben, deren Platzen in die Weltwirt- weitere Abgleiten in die schwere schaftskrise gemündet hat. Verschie- Depression scheinen jedoch andere dene Ansätze zur Erklärung der Faktoren (Reaktion der Politik) Weltwirtschaftskrise setzen jedoch ebenfalls bedeutsam gewesen zu nicht notwendigerweise eine Blase sein. voraus. Für Ökonomen wie Milton Friedman war die Weltwirtschafts- 1980er Jahre: Schweiz krise eine Konsequenz von falscher (restriktiver) Geldpolitik sowie Klassische Immobilienkrise zu Beginn protektionistischen oder korporatisti- der 1990er Jahre im Anschluss an schen Eingriffen des Staates während den spekulativen Preisanstieg in den der Rezession. Gleichwohl weisen die 1980er Jahren. Viele Banken waren vorangehenden Jahre Anzeichen bei der Belehnung von Hypotheken eines Kreditbooms auf. Ein hohes übermässige Risiken eingegangen. Geldmengen- und Kreditwachstum Insbesondere Regionalbanken, ermöglichte eine Ausweitung des welche stark vom Geschäft mit Konsums und kreditfinanzierter Hypotheken abhingen gerieten rasch 11
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz in Schieflage als die Immobilienblase Wachstumswunder. Neben Aktien- platzte. Das Platzen der Blase fiel und Realinvestitionen boomten auch zeitlich mit einem Inflationsschub Immobilienmärkte. Die 1990er Jahre zusammen, welcher auch eine Ära brachten die Erwartungen für restriktiver Geldpolitik einläutete. Am Wachstum und Renditen auf 3. Oktober 1991 gingen Bilder von niedrigere Werte zurück. Ein verzweifelten Sparern vor den Grossteil der Investitionen stellte sich geschlossenen Schaltern der Spar- als fehlgeleitet heraus, bei der und Leihkasse Thun um die Welt. Kreditvergabe standen ökonomische Von 1990 bis 2000 reduzierte sich Gesichtspunkte oft nicht im Vorder- die Zahl der Regionalbanken von 204 grund. In den neunziger Jahren auf 103 Institute2. Ein grosser Teil der waren die Banken entsprechend mit übrig gebliebenen Regionalbanken einer hohen Zahl von notleidenden schlossen sich unter dem Dach der Krediten beladen. RBA-Holding zusammen. Die Krise führte neben dieser Konsolidierung 1995–2000: Dot.com Blase auch zu einem Ausbau der Regulie- rung und einer konservativeren Die Verbreitung der Informations- Politik der Banken bei der Vergabe und Kommunikationstechnologien in von Hypotheken. So wurden – im den neunziger Jahren schürte grosse Interesse des Gläubigerschutzes – die Erwartungen in die zukünftige Vorschriften zur Rechnungslegung Bedeutung von Unternehmen, die ausgebaut, die Eigenmittelvor- auf diesen Gebieten tätig waren. Ein schriften verschärft sowie die explosionsartiger Anstieg der Einflussmöglichkeiten der EBK auf Börsenkurse um 1999 führte zu einer die Revisionsstellen erhöht. Situation, in der die bezahlten Preise in keinem Verhältnis mehr zu den 1980er Jahre: Japan tatsächlichen Gewinnen der betroffenen Unternehmen standen. Die 1980er Jahre waren in Japan Der Finanzsektor wies bereits einen durch hohe Gewinnerwartungen hohen Fremdfinanzierungsgrad auf, geprägt. Die Investitionsquote war was die Liquidität auf dem Finanz- sehr hoch und getrieben vom markt erhöhte. Von Bedeutung ist Glauben an ein fernöstliches die Reaktion der Geldpolitik auf die 2 Gem. NZZ vom 4. Januar 2006: Schlussstrich unter Bankenpleite. 12
Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen geplatzte Blase (anfangs 2000). Aus 2.3. Theoretischer Überblick Angst vor einer Rezession – welche ausblieb – wurde eine allgemein Die Ursachen für spekulative Blasen expansive Geldpolitik betrieben. können mannigfaltig sein. Beispiels- Diese wurde weitergeführt, obwohl weise können psychologische sich keine konjunkturelle Schwäche Faktoren identifiziert werden (animal mehr abzeichnete. Die hohe spirits, Gier, etc.); es gibt auch Liquidität und das stabile Wirt- Erklärungsansätze, welche eine schaftswachstum stellten womöglich rationale Nutzenmaximierung gute Bedingungen für die nächste unterstellen, welches in gewissen Blase dar. Situationen zu Blasen führen kann. Diese Ebene betrifft das Verhalten 2005–2007: Subprime-Blase der Investoren auf Finanzmärkten. Daneben – und in diesem Papier soll In einem Umfeld von niedriger ein besonderes Augenmerk darauf Inflation, niedrigen Zinsen und gerichtet sein – gibt es eine makro- niedrigen Risikoprämien wurden ökonomische Ebene von Ursachen: Finanzpositionen in neuartigen Ungleichgewichte (z.B. Zahlungsbi- derivativen Instrumenten aufgebaut, lanzen) begünstigen Blasen und welche bis 2007 ein beträchtliches führen im schlimmsten Fall auch zu Ausmass angenommen hatten. Diese Krisen. Das Gegenstück zu den Periode war auch geprägt von makroökonomischen Ursachen sind boomenden Aktien- und Rohstoff- die Rezepte, welche aus volkswirt- märkten und kulminierte vor allem in schaftlicher Sicht zur Wiederherstel- den USA in überschiessende lung der Gleichgewichte angeführt Liegenschaftenmärkte. Die Risikoprä- werden. Darunter fallen Geld- und mien stiegen im Gefolge der Krise Fiskalpolitik aber auch präventive sehr stark an. Dies deutet darauf hin, oder regulatorische Massnahmen. dass nach dem Platzen der Blase die Die Lehre ist sich jedoch keineswegs erwarteten risikobereinigten einig, was Ursachen und mögliche Kapitalrenditen auf niedrigere Gegenmittel betrifft. Die meisten Niveaus zu liegen kamen. Die Ideen zur Blasenbildung und Geld- und Fiskalpolitik reagierten auf anschliessender Krise sind im die Finanzkrise ausserordentlich Gefolge der Weltwirtschaftskrise der expansiv. 30er Jahre entstanden. 13
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Die Klassische Ökonomie geht zu erhalten. Keynes Beitrag besteht davon aus, dass in einer Krise aus der Relevanz der Erwartungshal- sinkende Zinssätze zu einer ver- tungen der Marktteilnehmer und die stärkten Investitionstätigkeit führen Warnung vor möglicherweise und somit eine Schwäche der katastrophalen Folgen einer Rezessi- Konsumausgaben kompensieren. onsspirale, wenn dieser nicht Eine allfällige Krise, welche aus einer entgegen gewirkt wird, wie dies spekulativen Blase entsteht, behebt während der Weltwirtschaftskrise sich damit von selbst. Notwendig der Fall war. sind allfällige Massnahmen zur sozialen Abfederung einer Rezession. Monetaristische Ansätze, beispiels- Keynes (1964) bestritt allerdings die weise Friedman und Schwarz (1963) Annahme, dass im Krisenfall die od. Friedman (1969) verweisen tieferen Zinsen immer zu einem tendenziell auf die Rolle eines Anziehen der Investitionsnachfrage übermässigen Geldmengenwachs- führt. Vielmehr hängt die Investiti- tums bei der Entstehung von onsnachfrage von Renditeerwar- Ungleichgewichten. Dieses Geld- tungen der Unternehmer ab. Fehlt mengenwachstum muss gemäss der das Vertrauen in die Erfolgsaus- monetaristischen Theorie notwendi- sichten von Investitionsprojekten, so gerweise in Inflation münden. bleiben die Investitionen aus – die Wirtschaft befindet sich in einer Bei der Blasentheorie von Minsky Liquiditätsfalle. Insbesondere bei (1975, 1981, 1986) steht die einem andauernden Konsumrück- inhärente Instabilität des Finanzsys- gang dürften die Renditeerwar- tems im Vordergrund, welche aus tungen gering sein. Aus diesem der prozyklischen Kreditvergabe des Rezept kann entsprechend ge- Bankensystems resultiert. Dies führt schlossen werden, dass die vorange- zu einer Erhöhung des Systemrisikos, hende Blase aus einem Übermass an welches von den Marktteilnehmern Optimismus beziehungsweise in ihren Entscheidungen nicht überrissenen Renditeerwartungen genügend berücksichtigt wird. Der entstanden ist. Damit verbunden ist Zyklus endet gemäss Minsky in auch die Forderung nach einer einem schmerzvollen Prozess der antizyklischen Wirtschaftspolitik: Schuldenreduktion. Minsky verbindet restriktiv und mässigend im Auf- damit die beiden essentiellen schwung und expansiv während der Elemente von ökonomischen Blasen Rezession, um die Vollbeschäftigung und anschliessenden Finanzkrisen, 14
Die Entstehung von ökonomischen Blasen und Finanzkrisen nämlich einerseits die Rolle der heraus, folgt eine Phase von Kreditvergabe und andererseits die fehlender Liquidität, weil durch das Rolle der Erwartungen bezüglich Platzen der Blase Vermögen ver- zukünftiger Renditen. Letzteres nichtet werden und es deshalb nur wurde bereits von Keynes (1936) noch ein geringeres Angebot von ausführlich diskutiert. investierbaren Mitteln gibt. Die Ursachen der Blasen sind deshalb in Die österreichische Schule dagegen den Ursachen für zu hohe Renditeer- interessiert sich für die Ursachen von wartungen der Unternehmer oder Fehlallokationen, welche in einer Anleger, beispielsweise aufgrund Rezession wieder korrigiert werden. einer zu expansiven Wirtschaftspo- Ihre Rezepte sind dadurch aber vor litik zu suchen. allem präventiver Art. Diese insbe- sondere von Hayek oder in neuerer Bei der Betrachtung der verschie- Zeit z.B. Garrison (2001) vertretene denen Ansätze stellen sich zwei Schule galt bis zum Siegeszug des makroökonomische Grössen als Keynesianismus als dessen haupt- besonders wichtig heraus: die sächlicher Widersacher. Paradoxer- Verfügbarkeit von Liquidität, weise stehen aber für diesen Ansatz insbesondere durch eine erhöhte – wie auch für Keynes – die Erwar- Kreditvergabe und Erwartungshal- tungshaltungen der Unternehmer im tungen der Wirtschaftssubjekte. Vordergrund. Fehlgeleitete Erwar- tungen führen im Vorfeld einer Krise, 2.4. Blasen und experimentelle also während der Blase, entweder zu Ökonomik falschen oder zu übermässigen Investitionen. Die Fehlinvestitionen Blasen entstehen bemerkenswerter- entstehen aber nicht unbedingt aus weise nicht nur in realen Finanz- irrationalem Optimismus sondern märkten, sondern können auch vorab aus einer falschen – zu unter experimentellen Bedingungen expansiven Zinspolitik – welche ein «im Labor» produziert werden. Dies falsches Preissignal an Investoren gilt auch wenn die Testbevölkerung vermittelt. Stellen sich die getätigten aus Wirtschaftsstudenten, Managern Investitionen am Ende als fehlgeleitet oder Börsenhändlern besteht3. 3 Vgl. zum Beispiel King et al. (1993). 15
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Allgemein ist dabei irrationales einstufte: Solange die Aussicht Verhalten nicht unbedingt ausschlag- besteht, einen überbewerteten gebend, vielmehr muss gefragt Finanztitel zu einem noch höheren werden, welche Zielfunktionen durch Preis wieder zu verkaufen, sind das Verhalten maximiert werden, Investoren bereit, diesen überhöhten also welches die von den Teilneh- Preis zu zahlen. Dazu kommt, dass mern verfolgten Ziele sind. Die Investoren an einem Benchmark Erreichung dieser Ziele kann gemessen werden, welcher in etwa einerseits bedeuten, dass nicht dem durchschnittlichen Verhalten lediglich das eigene Einkommen der anderen Investoren entspricht. maximiert wird (was auf den ersten Wer den Benchmark kurzfristig Blick als irrational erscheinen mag) unterschreitet (also z.B. an einer oder andererseits, dass die Maximie- Blase nicht teilnimmt), hat eine rung des Einkommens zu unerwar- unterdurchschnittliche Performance teten Zwischenergebnissen führt: und dürfte tendenziell vom Markt Noussair et al. (2001) haben in einem verschwinden. Ein Investor, der beim Experiment eine simulierte «Aktie» Platzen einer Blase Verluste erzielt, unter eine Testbevölkerung gebracht. teilt dieses Los immerhin mit einer Diese Aktie hatte einen bekannten grossen Anzahl von Leidensge- Rückzahlungswert von 360 und nossen. generierte zufällige Einkommens- ströme mit einem Erwartungswert Die Blasenbildung auf Finanzmärkten von null und einer bekannten scheint darauf zurückgeführt werden Standardabweichung. Im Verlauf des zu können, dass sich Angebot und Tests entstand eine Blase und diese Nachfrage einerseits aus Erwartungs- «Aktie» wurde bis zu einem haltungen über zukünftige Renditen Höchstwert von 427 gehandelt, bilden und andererseits primär die obschon der Erwartungswert nur Erwartungshaltungen der anderen einen ökonomisch begründbaren Marktteilnehmer für die Preisbildung Preis von 360 erlaubt hätte. Solche relevant sind. Gleichzeitig fehlen Ergebnisse sind gem. King et al. zuverlässige Prognosen für finanzielle (1993) robust und die Beweggründe Renditen. Daraus entstehen auf den der Investoren wurden bereits von Finanzmärkten grosse Preisschwan- Keynes im Jahr 1936 treffend kungen, welche keinen realwirt- beschrieben, als er entsprechend schaftlichen Hintergrund aufweisen. agierende Investoren als rational 16
Die aktuelle Finanzkrise 3. Die aktuelle Finanzkrise 3.1. Makroökonomische Diese Ungleichgewichte ermög- Ungleichgewichte lichten Exzesse auf verschiedenen Märkten. Hätten auf dem US-Immo- Das Platzen der Subprime Blase im bilienmarkt andere Entwicklungen Jahr 2007 war der Ausgangspunkt stattgefunden, wäre der Druck zu für eine globale Finanzkrise und hat Blasenbildungen auf anderen weltweit zu einem Rückgang der Märkten entsprechend gestiegen. Im wirtschaftlichen Aktivität geführt. folgenden werden mittels ausge- Um die Folgen der Rezession zu wählter Indikatoren diese Ungleich- mildern und ein Abgleiten in eine gewichte dargestellt. Diese Indika- schwerere Rezession zu verhindern, toren haben nur illustrativen haben viele Staaten tief in die Charakter. Um eine systematische fiskalische und geldpolitische Früherkennung von Finanzkrisen zu Instrumentenkiste gegriffen. ermöglichen, wäre eine systemati- Darunter fallen finanzpolitische sche Analyse verschiedener Indika- Programme zur Stimulierung der toren in globalen Finanzkrisen Konjunktur, die Übernahme von notwendig, welche sich beispiels- Risiken des Finanzsektors, die weise an die Arbeiten von Kaminsky Versorgung des Finanzsektors mit und Reinhart (1999) anschliessen. Liquidität und Kapital sowie eine Letztere legten ihr Augenmerk expansive Geldpolitik. Diese allerdings vor allem auf lokale Massnahmen haben Schlimmeres Zahlungsbilanz- und Bankenkrisen. verhindert, bergen aber die Gefahr, Alessi und Detken (2009) haben nur Symptome der Blase bekämpft genau dies auf einer empirischen und einen Teil der Probleme in die Basis unternommen und kommen Zukunft verschoben zu haben zum Schluss, dass Indikatoren für die (Zunahme der Staatsschulden). weltweite Liquidität das beste Mass für die Bewertung von Risiken und Kristallisationspunkt für die Finanz- die Prognose von zunehmenden krise war die Subprime-Blase in den finanziellen Ungleichgewichten USA. Für die Finanzkrise waren die darstellen. Entwicklungen auf dem US-amerika- nischen Immobilienmarkt jedoch 3.1.1. Kreditschöpfung durch die vermutlich nur ein Auslöser. Bedeut- Geschäftsbanken samer waren makroökonomische Ungleichgewichte, welche sich über Der Subprime-Blase ging eine stetige viele Jahre hinweg aufgebaut hatten. Erhöhung der Fremdfinanzierung des 17
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Bankensektors voraus. Gemäss den sektor4 (Bank Credit) als auch die vorgängig diskutierten Theorien ist Verbindlichkeiten der Banken (Bank dies ein zentraler Indikator für die liabilities, d.h. Einlagen, Anleihen, Bildung von Blasen, einer nicht-nach- etc.) gegenüber dem Nicht-Banken- haltigen Entwicklung an den sektor laufend zu. Diese Entwicklung Finanzmärkten und einer fehlgelei- deutet a priori auf eine wenig teten Investitionstätigkeit. nachhaltige Entwicklung hin. Das Verhältnis zwischen Geldmenge (M1) Aus Abbildung 1 wird dieser Anstieg und Kreditvolumen zeigt deutlich, im Verlauf der letzten zwanzig Jahre dass die Kreditexpansion nicht die sehr deutlich. Sowohl in Bezug auf Folge einer (gewollten oder unge- die Wirtschaftskraft (BIP) als auch in wollten) Ausweitung der Geldmenge Bezug auf die Geldmenge (M1) war. Vielmehr stiegen unabhängig nehmen sowohl die Kreditvergabe von der Geldpolitik die Kredite des der Banken an den Nicht-Banken- privaten Bankensektors überpropor- tional zur Geldmenge an. Abbildung 1: Bankkredite und -verbindlichkeiten im Verhältnis zu BIP und Geldmenge (USA) 0.8 7 0.7 6 0.6 5 0.5 4 0.4 3 0.3 2 0.2 0.1 1 0.0 0 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 Ratio Bank Liabilities / GDP Ratio Bank Credit / GDP Ratio Liabilities / M1 Ratio Bank Credit / M1 Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis Database (FRED). 4 Darunter fallen auch Unternehmen, welche bankähnliche Geschäfte unternehmen, wie Kreditversicherungen oder Hedge-Fonds, teilweise mit hohem Fremdverschul- dungsgrad. 18
Die aktuelle Finanzkrise Die Erhöhung der Fremdfinanzierung 3.1.2.Zahlungsbilanzungleich- ermöglichte eine Zunahme der gewichte Kreditschöpfung durch die Ge- schäftsbanken. Die anschliessende Zu einer Verzerrung von Angebot Austrocknung der Liquidität im und Nachfrage auf den Finanz- Bankensektor und die Schrumpfung märkten dürfte auch der stetige von Bankbilanzen während der Krise Kapitalimport der industrialisierten wurde durch die Aufblähung der Welt geführt haben. Dieser ergibt Bilanzen der Zentralbanken und eine sich insbesondere aus dem Export- geldpolitische Lockerung (teilweise) überschuss wichtiger Schwellen- kompensiert. Inflationäre Tendenzen länder und der Erdöl exportierenden wurden durch diese zwei gegenläu- Länder. Die Schwierigkeit, die figen Faktoren zwar nicht unbedingt erwirtschafteten Erträge für die neu geschaffen, wurden aber auch Finanzierung von Importen oder nicht beseitigt. Es stellt sich sodann Investitionen im Inland zu ver- die Frage, ob die Aufblähung der wenden, führten dazu, dass Liquidität zu einer Teuerung auf den Liquiditätsströme in solche Länder Güter-, Dienstleistungs- und flossen, die über entwickelte Faktormärkten führen wird oder zu Finanzmärkte und Börsen verfügten. erneuten Aufblähungen von Zu dieser Entwicklung trug beispiels- Vermögenspreisen. Im Vorfeld der weise die von Caballero (2009) Krise waren die Inflationserwar- beschriebene Nachfrage nach tungen stabil und von manchen Finanzanlagen mit niedrigem Risiko Güterklassen gingen deflationäre bei sowie die gleichzeitige Verfüg- Tendenzen aus (Importgüter). Für die barkeit von neuartigen Finanzpro- weitere Entwicklung der Konsumen- dukten aus dem US-Immobilien- tenpreise werden auch diese markt, welche ein hervorragendes Faktoren zu berücksichtigen sein. Risiko / Renditeverhältnis verspra- chen. Den Krediten als makroökonomische Bestimmungsgrösse wurde in Abbildung 2 zeigt das kumulierte neuerer Zeit insbesondere seit Defizit der Leistungsbilanzen (current Kiyotaki und Moore (1995) auf der account) der Länder des OECD- Ebene der makroökonomischen Raums. Dieses Defizit entstand vor Theorie wieder vermehrt Bedeutung allem im Gefolge der Asienkrise geschenkt. (1998 / 9) und wies 2009 noch einen Stand von fast einem Prozent des BIP auf. 19
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Abbildung 2: Leistungsbilanzdefizit des OECD-Raums 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 -0,6 -0,8 -1,0 -1,2 -1,4 -1,6 -1,8 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Leistungsbilanz in % des BIP (Total OECD) Quelle: OECD Economic Outlook (mit Prognosen bis 2011) 3.1.3.Reale Renditen und Erwar- Gleichzeitig kann gemäss der tungen Finanztheorie die Summe aller auf dem Finanzmarkt erzielbaren Aus der ökonomischen Theorie lässt Renditen die Marktrendite nicht sich eine enge Beziehung zwischen übertreffen. Letztere aber entspricht realen Renditen und realem Wirt- dem aggregierten Ertrag des schaftswachstum ableiten, insbeson- gesamten vorenthaltenen Konsums, dere Solow (1956), sowie Ramsey also der Ersparnis. Versprechen die (1928), Cass (1965) und Koopmans Finanzmärkte eine Rendite, welche (1965). Zwischen den beiden über der erzielbaren Rendite des Grössen besteht eine optimale Kapitals liegt, so ist dies langfristig Gleichgewichtsbeziehung. Im nicht erfüllbar. Daraus kann eine Ramsey(-Cass-Koopmans) Modell Fehlallokation von Investitionen führen Abweichungen vom Gleich- resultieren. gewicht zu Anpassungsdynamiken. 20
Die aktuelle Finanzkrise 3.2. Die Finanzkrise als bilden. Ein Streitpunkt ist nun, ob Minsky’sches Phänomen eine solche Entwicklung – das Minsky Momentum – ein inhärenter Die aktuelle Krise lässt sich recht gut Bestandteil der Finanzmärkte ist oder durch den theoretischen Rahmen ob sich solche Entwicklungen in von Minsky erklären. Dieser Ansatz Zukunft vermeiden oder zumindest legt ein grosses Gewicht auf die erkennen lassen können. Kreditvergabe durch Banken als Konsequenz einer sinkenden 3.3. Die «Verstaatlichung» Risikoaversion. Dieser Mechanismus der Krise hat sich in den letzten Jahrzehnten zwar stark verändert, indem die Während der Krise wurden verschie- Finanzmärkte eine viel grössere Rolle dene Risiken des Privatsektors dem spielen als Banken. Die ökonomische Staat übertragen. Dies geschah Grundlage ist aber dieselbe ge- einerseits durch direkte Rekapitalisie- blieben, indem höhere Renditeerwar- rungen und Verstaatlichungen, tungen zu höheren Finanzmarkt- insbesondere in den USA und in kursen führten, was wiederum die Grossbritannien. Andererseits führte Fähigkeit von Unternehmen für die die massive Reduktion von Ver- Emission von Fremdkapital verbessert mögen – und von einer erwarteten hat. Letzteres geschah insbesondere Vermögenszunahme – zu einer zwischen Bankensektor und Verlangsamung der wirtschaftlichen bankenähnlichen Unternehmen. Für Aktivität. Damit ist eine Erosion der das Bankensystem war im aktuellen staatlichen Steuerbasen verbunden, Kontext primär nicht mehr dessen während das Niveau der staatlichen Risikoaversion von Bedeutung, Ausgaben zunächst etwa stabil sondern die Möglichkeit aufgrund bleibt. All dies schlägt sich in fast der Expansion der Vermögenspreise allen Ländern in einer Erhöhung der die Eigenkapital- und Liquiditätsbasis Staatsschulden, einer Reduktion von zu schmälern. staatlichen Vermögenswerten und einer Erhöhung des Risikos und Die Ungleichgewichte der Zahlungs- Verlängerung der Bilanzen der bilanzen und die Kreditexpansion, Zentralbanken nieder – letzteres welche auf Liberalisierungen folgten, auch in der Schweiz. Die Belastung führten zu den Exzessen in einzelnen der öffentlichen Haushalte durch den Märkten. Diese Exzesse mussten sich Schuldendienst (oder sinkende über kurz oder lang wieder zurück- Vermögenserträge) nimmt entspre- 21
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz chend zu; die dafür aufgewendeten senken oder die Steuern zu erhöhen. Mittel stehen für die Erbringung Beides dürfte mehr oder weniger anderer staatlicher Aufgaben nicht starke Wachstumseinbussen nach mehr zur Verfügung. Verschiedene sich ziehen. In Box 1 wird das Staaten stehen somit vor der Alterna- Ausmass der Aufblähung der tive entweder die Primärausgaben zu Staatsschulden näher illustriert. Box: Ausblick für die Verschuldung im OECD-Raum Hochrechnung 250 Risikoprämie +2% 200 Hochrechnung konstantes Primärdefizit; Zinsen = lfr. 150 Durchschnitt von 3,9% (Fiscal gap = 4,5% des BIP) 100 Hochrechnung Risikoprämie +2% 50 Sparmassnahmen 6% des BIP 0 1993 19941996 19971999 20002002 20032005 20062008 20092011 20122014 20152017 20182020 9922 9955 9988 0011 0044 0077 1100 1133 1166 1199 Schulden bis 2011 (OECD) 1199 1199 1199 2200 2200 2200 2200 2200 2200 2200 Quelle: OECD, eigene Berechnungen. Die Abbildung zeigt die Entwicklung dazu kommen Zinsen in der Höhe der Staatsverschuldung im OECD- von etwa 4% des BIP (bei einem Raum bis 2011 (gemäss Schätzungen Zinssatz von ebenfalls knapp 4%), und Prognosen der OECD). Die woraus sich ein strukturelles Defizit Schuldenquote beträgt 2011 104% von etwa 4,5 BIP-Prozenten ergibt. des BIP. Das strukturelle Primärdefizit Werden die strukturellen Defizite beträgt 2011 rund 0,5% des BIP, zehn Jahre in die Zukunft extrapo- 22
Die aktuelle Finanzkrise liert, ergibt sich – bei konstanten In den USA beträgt das Haushaltsde- Ausgaben- und Einnahmenquoten fizit im Jahr 2009 rund 10% des BIP. – eine drastische Erhöhung der Gleichzeitig ist dort in verschiedenen Schuldenquote. Es wird also die Bereichen eine Ausweitung der staat- Annahme getroffen, dass die lichen Aufgaben geplant, insbeson- Schulden nicht automatisch durch dere im Gesundheits- und im Wirtschaftswachstum und dadurch Verteidigungsbereich. Die meisten sinkende Ausgabenquoten kompen- anderen Länder weisen eher weniger siert werden. Soll der Schuldenan- dramatische Zahlen aus, tendenziell stieg verhindert werden, wären ist aber weltweit mit einer deutlichen Massnahmen zur Reduktion der Ausweitung der Schuldenquoten zu Defizite in erheblichem Ausmass rechnen. Eine Erhöhung der notwendig. Die Extrapolation ergibt Schuldenquote um beispielsweise 50 bei konstanten Zinssätzen und Prozentpunkte bei einem gleichzei- konstanten strukturellen Defiziten tigen Zinssatz von 5% (nominal) eine Verschuldungsquote von rund würde bedeuten, dass der Schulden- 150% im Jahre 2021. Um die dienst pro Jahr 2,5 BIP-Prozente Schuldenquote auf dem Niveau von höher wäre als zuvor. Auf Schweizer 2011 zu stabilisieren, wären Verhältnisse bezogen, würde dies Sparmassnahmen in der Höhe von einem Betrag von 13,6 Milliarden 4,5% des BIP notwendig (fiscal gap). beziehungsweise mehr als 20% der Bei einer um 2 Prozentpunkte gesamten Ausgaben des Bundes erhöhten Risikoprämie würde die oder mehr als die kumulierten Schuldenquote auf rund 220% Ausgaben des Bundes in den ansteigen. Um diesen zusätzlichen Bereichen Verkehr (7,5 Mrd) und Anstieg von 150% auf 220% zu Bildung und Forschung (5 Mrd) verhindern, wären Sparmassnahmen entsprechen. in der Höhe von rund 6 BIP-Pro- zenten nötig. 23
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Im Gefolge einer restriktiveren gesunken sind. Damit verbunden Geld- und Fiskalpolitik dürfte das wäre tendenziell wohl auch ein Wirtschaftswachstum tendenziell niedrigeres Investitionsvolumen als niedriger ausfallen. Angesichts der während der Blase. vorgängig erheblich lockeren Geldpolitik und der hohen Finanzie- Ein geringeres Wirtschaftswachstum rungsdefizite ist auf absehbare Zeit hätte (ceteris paribus) ein geringeres mit einem negativen fiskalischen und Lohnwachstum und / oder tiefere geldpolitischen Impuls zu rechnen. Realzinsen zur Folge. Bei konstanter Dabei ist auch zu bemerken, dass die Inflation würden damit auch die gegenwärtige Erhöhung der Nominalzinsen sinken. Würde jedoch Staatsschulden nicht auf einen eine höhere Inflation zugelassen als Ausbau von (produktiver) staatlicher bisher, hätte dies konstante oder stei- Infrastruktur zurückzuführen ist. Von gende Nominalzinsen zur Folge. einer Vergrösserung der Infrastruktur hätten positive Wachstums- oder Eine allfällige Arbeitslosigkeit würde Wohlfahrtseffekte in der Zukunft sich langsamer zurückbilden, wenn erwartet werden können. Statt- das Wirtschaftswachstum niedrig dessen werden derzeitige Defizite ausfällt. Arbeitslosigkeit dürfte mehrheitlich für die Finanzierung von insbesondere in den Sektoren zu laufenden Ausgaben und Transfers erwarten sein, in denen die Gewin- verwendet, von denen vor allem eine nerwartungen vergleichsweise stark kurzfristige konjunkturelle Stüt- gesunken sind und somit Überkapa- zungswirkung zu erwarten ist. zitäten zutage treten. Aus gesamt- wirtschaftlicher Sicht kann die Ein zukünftiges, über Jahre anhal- krisenbedingte Arbeitslosigkeit erst tend niedrigeres Wirtschafts- dann vollständig abgebaut werden, wachstum wäre insbesondere auch wenn die Überkapazitäten in mit der Annahme vereinbar, dass im einzelnen Bereichen durch anteilsmä- Gefolge einer geplatzten ökonomi- ssig stärker wachsende Bereiche schen Blase die Gewinn- und kompensiert werden, also durch Renditeerwartungen deutlich einen Strukturwandel. 24
Perspektiven für die Schweiz 4. Perspektiven für die Schweiz 4.1. Geldpolitische Rahmenbe- fung sehr günstig. Die Inflationspro- dingungen und Kreditum- gnose der Nationalbank vom feld Frühling 2010 zeigt im übrigen, dass diese expansive Geldpolitik nicht Die Nationalbank fährt seit Herbst während der drei nächsten Jahre 2008 einen sehr expansiven geldpoli- weitergeführt werden kann, ohne tischen Kurs mit einem gegenwär- die Preisstabilität zu gefährden. Der tigen Zielband für den Dreimonats- Tiefpunkt der Jahresteuerung wurde Libor im unteren Bereich eines im dritten Quartal 2009 erreicht. Bandes von 0%–0,75% (vgl. Abb. 3). Seither ziehen die Konsumenten- Damit bleiben die Konditionen für preise tendenziell wieder an. die Kreditgewährung und –schöp- Abbildung 3: Kurzfristzinsen (Dreimonats-Libor) % 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 08 08 08 08 08 09 09 09 09 09 09 10 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 03 05 07 09 11 01 03 05 07 09 11 01 . . . . . . . . . . . . 03 02 03 03 03 02 03 04 03 03 03 03 Libor Mitte Zielband Repo 1 Woche Quelle: SNB 25
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Die Entwicklung der Geldmenge der Terminanlagen in liquide Anlagen letzten Monate spiegelt den umgeschichtet werden. Expansionsgrad der Geldpolitik wider. Die eng definierten Geldag- Das Geldaggregat M3, welches auch gregate M1 und M2 wachsen seit die Termineinlagen umfasst und dem vierten Quartal 2009 zwar somit die oben erwähnten Substituti- langsamer als in den vorangehenden onseffekte enthält, wuchs bis Mitte Quartalen aber immer noch mehr als 2009 in gemässigtem Tempo, d.h. in der Vergangenheit (vgl. Abb. 4). mit Wachstumsraten die mit Diese beiden Geldaggregate Preisstabilität vereinbar sind. Indes widerspiegeln die Entwicklung der wuchs die Geldmenge M3 im liquidesten Anlageformen, welche in zweiten Halbjahr 2009 mit Wachs- Phasen von Unsicherheit oder tumsraten, die längerfristig nicht mit rückläufiger Zinsen besonderes Preisstabilität vereinbar sind. nachgefragt sind, wenn insb. Abbildung 4: Geldmengen (Abweichung in % ggü. Vorjahr) 60 50 40 30 20 10 0 -10 01 1999 01 2000 01 2001 01 2002 01 2003 01 2004 01 2005 01 2006 01 2007 01 2008 01 2009 01 2010 M1 M2 M3 Quelle: SNB 26
Perspektiven für die Schweiz Die Geldpolitik wurde im Verlauf der dies auch um weiteren, zukünftigen Finanzkrise stark gelockert. Die Blasen nicht Vorschub zu leisten. Ausweitung der Geldmenge erlaubte Gleichzeitig möchte sie die Liquidi- es, eine Kreditkontraktion im Zuge täts- und Eigenkapitalvorschriften so der Finanzkrise zu vermeiden. Die ausgestalten, dass eine kreditfinan- SNB strebt aber einen nachhaltigen zierte Aufblähung der Bankbilanzen Expansionsgrad der Geldpolitik an, in Zukunft vermieden werden kann. sobald die Umstände dies erlauben, Abbildung 5: Kredite inkl. Hypothekarforderungen der Banken in % des BIP5 7.0 6.5 6.0 5.5 5.0 4.5 4.0 19 5 19 6 19 7 19 8 19 9 19 0 19 1 19 2 19 3 19 4 19 5 19 6 19 7 19 8 20 9 20 0 20 1 20 2 20 3 20 4 20 5 20 6 20 7 20 8 09 8 8 8 8 8 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 19 Quelle: SNB, eigene Berechnungen 5 Inländische Kredite und Hypothekarforderungen: Ab September 2006 umfassen die publizierten Zahlen die Werte sämtlicher Raiffeisenbanken. Zuvor flossen nur die Werte der grösseren Raiffeisenbanken ein. Dieser Umstand wurde in den für die Grafik verwendeten Werten berücksichtigt; die Daten wurden entsprechend bereinigt. 27
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Abbildung 5 zeigt, dass die Kredit- historisch tiefe Zinsniveau mittel- vergabe im Inland in Prozent des BIP fristig auch Risiken für die Finanzsta- in der Schweiz seit den neunziger bilität. Verschiedene Beispiele aus der Jahren recht stabil geblieben ist. Vergangenheit zeigen, dass Phasen tiefer Zinsen den Nährboden für Gemäss der Schweizerischen Übertreibungen auf den Hypothekar- Nationalbank (SNB) beinhaltet das und Immobilienmärkten bilden6. Abbildung 6: Entwicklung der Realzinsen in der Schweiz (Rendite in %) 6 5 4 3 2 1 0 -1 -2 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 KOF: Rendite eidg. oblig. real 10 Jahre (Monatsende) KOF: Euro-Franken-Satz, real: 3 Monate (Monatsmittel) Quelle: SNB 6 Referat von Thomas Jordan, Referat für IAZI, Schweizer Immobilienkongress vom 10. November 2009. 28
Perspektiven für die Schweiz Angesichts der nach wie vor auch wenn die Preisanstiege rein spe- bestehenden makroökonomischen kulativer Art sind. Das Platzen einer Ungleichgewichte besteht gegen- Immobilienblase hat dann entspre- wärtig ein gewisses Risiko für chend gesamtwirtschaftliche Blasenbildungen auf den Finanz- Auswirkungen zur Folge. Der märkten. Dies gilt insbesondere, Immobilienmarkt verdient deshalb wenn sich der Aufschwung der eine besondere Aufmerksamkeit. Weltwirtschaft fortsetzt und keine deflationären Tendenzen mehr von Die Lage auf den Immobilienmärkten einer negativen Output-Lücke deutet zwar im Moment nicht auf ausgehen. Die weitere Entwicklung eine Immobilienblase hin, doch der Lage in der Schweiz wird neben dürfte das Risiko derzeit eher im den weltwirtschaftlichen Rahmenbe- Steigen begriffen sein, insbesondere dingungen auch von der Fähigkeit aufgrund der expansiven Geldpolitik abhängen, eine effektive Exit-Stra- und der grossen Liquidität. Die tegie aus der gegenwärtig expan- Nationalbank hat Banken und siven Geldpolitik im Inland umzu- Kreditnehmer zu grösster Vorsicht setzen (vgl. auch die derzeit angesichts des Wachstums der negativen Realzinsen in Abb. 6). Im Hypothekarkredite und des anhal- gegenteiligen Fall würde das Risiko tenden Anstiegs der Wohnimmobili- für spekulative Blasen zunehmen. enpreise gemahnt. Sie führt gegen- wärtig bei den Banken diesbezüglich 4.2. Die Lage auf dem Woh- eine Umfrage durch, welche im Juni nungs- und Hypotheken- 2010 veröffentlicht werden7. markt Gesamtschweizerische Entwicklung Der Immobilienmarkt ist erfahrungs- gemäss besonders anfällig für Die Entwicklung der Häuserpreise in spekulative Blasen, welche auch die der Schweiz verlief – verglichen mit gesamtwirtschaftliche Nachfrage anderen Ländern, in denen Immobili- beeinflussen. Eine erhöhte Preisdy- enblasen zwischen 2006 und 2008 namik kann rasch zu Investitionen geplatzt sind – bislang verhalten (vgl. und einem Ausbau der Produktions- Abb. 7). kapazitäten im Bausektor führen, 7 vgl. Geldpolitische Lagebeurteilung vom 11. März 2010. 29
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Abbildung 7: Entwicklung der Häuserpreise in ausgewählten Ländern 240 220 200 180 160 140 120 100 80 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Schweiz USA Spanien Grossbritannien Frankreich Quelle: SNB Finanzmarktanalysen, Datastream, IAZI Die Abbildung 8 zeigt die Entwick- Monaten um 7%. Eine Blasenbil- lung der realen Immobilienpreise. dung lässt sich aus diesem Preisan- Nach der Immobilienblase zu Beginn stieg jedoch kaum ableiten, insbe- der neunziger Jahre nahmen die sondere im Vergleich zum Anstieg Immobilienpreise wieder kontinuier- bei den Mietwohnungen im Vorfeld lich zu. Gemäss Wüest und Partner8 der Immobilienkrise in den neunziger stiegen in der Schweiz die Preise von Jahren. Wohneigentum in den letzten 12 8 Immo-Monitoring 2010, zitiert in Le Temps vom 21.4.2010. 30
Perspektiven für die Schweiz Abbildung 8: Reale Immobilienpreise (Index, Jan. 1970 = 100) 250 200 150 100 50 0 70 73 76 97 82 85 88 91 94 97 00 03 06 09 n. n. n. n. n. n. n. n. n. n. n. n. n. n. Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Mietwohnungen (Total) Einfamilienhäuser Eigentumswohnungen Büroflächen Quelle: SNB Der Preisanstieg der letzten Jahre seit etwa der Mitte der neunziger scheint nicht mit einer deutlichen Jahre etwa konstant blieben (vgl. Ausweitung der Kreditfinanzierung Abb. 9). In der jüngsten Vergangen- für die Anschaffung von Immobilien heit – seit etwa 2008 – nehmen diese verbunden zu sein, da die Hypothe- Hypothekarforderungen in % des BIP karforderungen in Prozent des BIP allerdings wieder zu. 31
Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz Abbildung 9: Hypothekarforderungen der Banken in Prozent des BIP 9 5.5 5.0 4.5 4.0 3.5 3.0 19 5 19 6 19 7 19 8 19 9 19 0 19 1 19 2 19 3 19 4 19 5 19 6 19 7 19 8 20 9 20 0 20 1 20 2 20 3 20 4 20 5 20 6 20 7 20 8 09 8 8 8 8 8 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 19 Quelle: SNB, seco. In der Abbildung 10 ist der Anstieg stiegen die Wachstumsraten rasch an der Hypothekarforderungen der und erreichten im zweiten und Banken deutlich ersichtlich (Wachs- dritten Quartal 2009 Werte von über tumsraten der Hypothekarforde- 6%, was seit dem dritten Quartal rungen gegenüber dem Vorquartal). 1989 nicht mehr der Fall war. Seit dem dritten Quartal 2008 9 Vgl. Fussnote 5. 32
Perspektiven für die Schweiz Abbildung 10: Hypothekarforderungen der Banken in % des BIP 10: Wachstumsrate 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2% -4% -6% 07 985 07 986 07 987 07 988 07 989 07 990 07 991 07 992 07 993 07 994 07 995 07 996 07 997 07 998 07 999 07 000 07 001 07 002 07 003 07 004 07 005 07 006 07 007 07 008 9 00 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 .2 07 Beanspruchte Hypothekarkredite in % des BIP (Veränderungsrate ggü. Vorjahresquartal) Quelle: SNB, seco, BFS. Die Immobilienpreisindizes von lung ist ebenfalls für die Wüest & Partner11 zeigen ein Hypothekenvergabe der Banken für ähnliches Bild, nämlich dass die das Jahr 2009 zu beobachten. Der Preise insbesondere von Eigentums- beschleunigte Preisanstieg für wohnungen und von Einfamilienhäu- Eigentumswohnungen und Einfamili- sern im Jahr 2008 schneller als im enhäuser sowie die verstärkte Jahr 2007 wuchsen. Im Jahr 2009 Ausdehnung der Hypothekarkredite beschleunigte sich nochmals das sind Anzeichen für ein erhöhtes Wachstum der Preise für Eigentums- Risiko von Übertreibungen auf dem wohnungen und von Einfamilienhäu- Immobilienmarkt. Dieses Bild wird im sern. Eine gleichgerichtete Entwick- übrigen auch durch Zahlen des 10 Vgl. Fussnote 5. 11 vgl. Wüest und Partner, Immo-Monitoring 2010, Herbstausgabe vom 27. Oktober 2009. 33
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