"Krankenhauskeime": eine Herausforderung für Diagnose und Therapie - Antoniusforum 2019-02-16 Dr. med. E.-A. Cramer Dr. med. F. Mandraka, MME
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„Krankenhauskeime“: eine Herausforderung für Diagnose und Therapie Antoniusforum 2019-02-16 Dr. med. E.-A. Cramer Dr. med. F. Mandraka, MME
heute mal anders… infektiologisches Zwiegespräch“ • Dr. med. E.-A. Cramer • Dr. med. F. Mandraka, MME • Orthopäde - Unfallchirurg • Internistin – Infektiologin • Hygienebeauftragter Arzt • infektiologische Konsiliarärztin St. Antonius KH • Labor Dr. Wisplinghoff
Robert Koch (*1843 / +1910) ©wikipedia ©nrk • 1876 Lebenszyklus des Milzbranderregers • 1882 Entdeckung des Erregers der Tuberkulose ©aerztezeitung.de • 1905 Nobelpreis für Physiologie und Medizin
Alexander Fleming (*1881 / +1951) ©nobelprize.org ©wikipedia.org • 1928 Wachstumshemmung in Staphylokokken- Kulturen durch Schimmelpilze • 1940 Penicillin ©wikipedia.org • 1945 Nobelpreis für Physiologie und Medizin
fortbestehendes Problem: im Krankenhaus erworbene Infektionen!! • BRD: 2,5-5% nosokomiale Infektionen • EU: 2,6 Mio Infektionen / 91000 + • 400.000 bis 600.000 Infektionen pro Jahr • signifikant erhöhte Sterblichkeit • in 30-50% vermeidbare Komplikation!
Unsere Vision: „keine Infektionen“ • „Vision Zero“ • Straßenverkehr • 1970er 20000 Verkehrstote • 2016
Wir… brauchen Bakterien… Was ist der Mensch? Dualismus Körper und Geist? biologisch ist es noch viel mehr… besteht aus 30 Billionen Zellen und 39 Billionen Bakterien allein im Mund bis zu 33.000 Arten… Darm und Haut „Hauptorte“ Funktion Schutz & Barriere; wesentlicher Teil Immunsystem Schutz vor Allergien bilden wichtige Elemente im Körper (Fette, Vitamine etc.) Notwendig für Verdauung
Wo werden Infektionen behandelt? die meisten Infektionen insgesamt: ambulant behandelt in hausärztlichen Praxen ca. 30% d. Pat. wegen Infekt Infektionen im Krankenhaus Von „draußen“ – „mitgebracht“ ca. 30% der Pat. kommen deswegen überhaupt ins KH wenn Pat „drin sind“ (mind. 48 h): nosokomiale Infektion 2016: 2,5% gesamt, ICU 17,1% - rückläufiger Trend!! Was ist betroffen? Lunge, Wunden, Harnwege, Darm Nationales Referenzzentrum, Analyse 2016 und Robert-Koch-Institut
Wenn also eine Infektion im Krankenhaus festgestellt wird… kann Erreger „aus Patienten kommen“ = „mitgebracht“ kommt in den Körper, weil Pat. geschwächt „eigene“ Bakterien, die an „falscher“ Stelle sind kommt „zum Zug“, weil andere Bakterien weg sind kann die Ansteckung im Krankenhaus passiert sein aus Umfeld der Klinik, vom Personal, von anderen Patienten BEIDES kann bedrohlich sein, je nachdem welcher Erreger welche Erkrankung Zustand des Patienten welche (Vor-) Behandlung … und dazu Ihre Daten?
MEDIZIN: Originalarbeit Infektionsrisiko bei aseptischen operativen Eingriffen Systematische Literaturrecherche und Metaanalyse Infection risk in sterile operative procedures—a systematic review and meta-analysis 271-8; DOI: 10.3238/arztebl.2016.0271 Dtsch Arztebl Int 2016; 113(16): Tacconelli, Evelina; Müller, Niklas F.; Lemmen, Sebastian; Mutters, Nico T.; Hagel, Stefan; Meyer, Elisabeth
SEPSIS („Blutvergiftung“): lebensbedrohliche Fehlreaktion des Körpers auf eine Infektion Sepsis: ca. 85% der Patienten kommen mit Sepsis ins KH obwohl “außerhalb“ erworben, dennoch lebensbedrohlich Sepsis: 25% Sterblichkeit, haben Pat. einen septischen Schock: 58% Sterblichkeit DARKI Epidem. Bulletin Nr. 36, 2016, Fleischmann, 2016, Kumar et al. 2006
Vermeidung nosokomialer Infektionen (NI) – postoperative Wundinfektionen (Steiner A, Wehner K: 10/2016 Orthopädie und Unfallchirurgie Mitteilungen) • Querschnittstudie deutscher Krankenhäuser (RKI 2012) • erworbene NI bei allen Patienten 3,3% • davon postoperative Wundinfektionen 24,7% • Postoperative Wundinfektionen • häufigste NI! • 1-2% nach stationären OPs • ca. 0,1% nach ambulanten OPs
Unsere Vision: keine Infektionen! aber: „der Krankenhauskeim“… multiresistente Erreger sind unsere Feinde!
ABER woher kommen die! Welche Rolle spielt der Einsatz von Antibiotika?
Unbestritten: Antibiotika retten Leben… Am Beispiel: SEPSIS – „Blutvergiftung“ keine Vergangenheit, keine Fiktion, nicht nur bei Astrid Lindgren… Sepsis Realität heute: jede Stunde, die ein KORREKT DOSIERTES, WIRKUNGSVOLLES Antibiotikum später geben wird, steigert die Sepsisterblichkeit < 1 h: Mortalität 90%
Doch, was passiert beim Antibiotikaeinsatz? 30% der Antibiotika im Krankenhaus verordnet 70% der Antibiotika ambulant verordnet bis zu 50% der Verodnungen sind nicht adäquat unnötig falscher Wirkstoff falsche Dosis falsche Dauer wirkt nicht da, wo es soll wenn nicht adäquat = mehr Risiko für Resistenzen wenn mehr Resistenzen = schlechtere Wirkung
Unbestritten leider auch: fehlgesteuerter + übermäßiger Einsatz von Antibiotika erhöht Sterblichkeit fördert Resistenzentwicklung vergrößerte Leid der betroffenen Patienten Zunahme sog. „Kollateralschäden“ Zusatzkosten durch unnötige Behandlungen Zusatzkosten durch Folgeprobleme
Resistenzen entstehen … und bedenken Sie: der moderne Mensch ist ein Reisender…
Resistenter Erreger nicht automatisch gefährlicher, aber… häufiger später erkannt und behandelt häufiger bei bereits vorerkrankten/vorbehandelten Menschen viele sog. Reserveantibiotika schlechtere Medikamenten- Eigenschaften, als z.B. das sog. „gute, alte Penicillin“… andere Nebenwirkungen Folge: Erkrankungen haben mehr Komplikationen höhere Sterblichkeit Bildquelle: Die Welt
Herausforderung für Diagnostik Krankheitsbilder durch resistente und nicht-resistente Erreger haben selten unterschiedliche Symptome Richtige Fragen stellen Auslandaufenthalt, Leben im Heim? Antibiotikatherapien in letzten Monaten Dialysepatient? Lungenerkrankung? DIAGNOSTIK VOR START THERAPIE
Unnötig sind Viren schuld, dann bringt Antibiotika-Therapie NIX! wenn Bakterien „nur da sind“ (also keine Entzündung machen): bringt Antibiotika-Therapie NIX!
obwohl das so ist: der Alltag ist anders, und das ist ein Problem
So wird die Therapie zur Herausforderung… Wenn dann Antibiotikum gebraucht wird, kann es sein keine ausreichende Wirkung nur „Reserveantibiotika“ noch wirksam keine Antibiotika mehr wirksam Im Krankenhaus werden die mehrfach vorerkrankten Pat. mit schweren Infektionen behandelt es fällt dort mehr auf Komplikationen auch bedingt durch Vorerkrankungen trotz Therapie schaffen es einige Patienten leider nicht…. …und Ihre Lösungen?
„Null Infektionen“ in der Medizin?? • Politische Forderung! • nicht mit medizinischer Evidenz überprüfbar! (Popp W, DOI: 10.3238/arztebl.2016.0737b) • Wünschenswert und dafür notwendig : • Baustruktur (Einzelzimmer) • Personalausstattung (1:2 / 1:1-Betreuung ITS) • neue Medizinprodukte • neue Therapien
Hygienekommission St. Antonius KH Geschäftsführung Ärztlicher Direktor Hygienefachkraft Hygienebeauftragte Ärzte Beratender Krankenhaushygieniker Technischer Leiter Pflegedirektor Krankenhausapotheker (bei Bedarf) Wir tagen 2x jährlich und bei dringendem Bedarf!
Hygiene-Kommission Aufgaben • Aufbau Hygienemanagement • Hygieneplan • Erstellung, Überwachung, Aktualisierung • Hygienemaßnahmen • patienten- und mitarbeiterbezogen • Hygienische Begleitung • Baumaßnahmen, Organisationsabläufe, Anlage- / Verbrauchsgüter • Hygienefortbildung der Mitarbeiter • Beachtung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse in Hygienefragen
Hygieneteam St. Antonius KH Aufgaben • Hygiene- und Desinfektionspläne • Überwachung der Hygienemaßnahmen • Infektionsstatistik • Kontroll-Begehungen • Umgebungsuntersuchungen (Wasser, medizinische Geräte) • Beratung der Fachabteilungen • Schulung der Hygienebeauftragten in der Pflege („link nurses“) und des Personals • Antibiotikastandards • Antibiotikavisiten
Es wird noch mehr gemacht… Infektiologischer Konsildienst Infektiologen in BRD klassischerweise nur in Unikliniken (komplizierte) Infektionen gibt es in allen Krankenhäusern es braucht Spezialwissen Infektiologischer Konsildienst über Labor macht Visite „vor Ort“ fährt Klinik an bestimmten Tag an Pat. werden angemeldet für diese Visite Team sieht gemeinsam Patienten Überprüfung Diagnose Überprüfung Therapie individuelle Empfehlung für Patient
…und gemeinsam noch mehr! -klinikübergreifende Arbeitskreise- • „mre-netz regio rhein-ahr“ • „Aktion Saubere Hände“ • Antibiotika-Team (intern) • Antibiotic stewardship
Ziele • Grundwissen über Hygienemaßnahmen und Antibiotikatherapie • Hygienemaßnahmen im Pflegealltag • Screening • Aufklärung der Bevölkerung / Fortbildung von Personal über MRE • Lebensqualitätsförderung MRE-besiedelter Personen • Kommunikationsförderung
„Aktion Saubere Hände“ • Kampagne zur Verbesserung der Compliance der Händedesinfektion in deutschen Gesundheitseinrichtungen • Information / Beratung • Schulungsmaterial • Referenzdaten eines Jahreszeitraums • Zertifizierung • http://www.aktion-sauberehaende.de
Antibiotic stewardship • Team • A B S-geschulter Arzt / Infektiologe / Apotheker / Mikrobiologe / • Aufgaben: • Verordnungs-Optimierung für Antibiotika • Minimierung der Resistenzentwicklung • Kosteneffektivität • AWMF-Leitlinie der DGH
Fazit I: unnötige AB-Therapie wenn notwendig: richtiger vermeiden, in und außerhalb Wirkstoff, richtige Dosis, richtige der Klinik Dauer Herausforderung Therapie meistern Wissen aktuell halten jeder, der Pat. Antibiotika Gesellschaftliche Aufgabe verordnet, muss wissen, was er tut
Fazit II: Kliniken sind gefordert! • umgreifendes Hygienekonzept • Schulung Mitarbeiter • Kontrolle aller hygienerelevanter Daten • überörtlicher Erfahrungsaustausch
Informationen Vielen Dank für ‘s Dr. med. EA Cramer Zuhören! www.antonius-koeln.de Dr. med. F Mandraka www.wisplinghoff.de
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