GROSSE-BRÖMER: "DIE AFD IST NICHT KOALITIONSFÄHIG"
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Seite 1 von 5 22.02.2015 - 19:52 Uhr Grosse-Brömer: „Die AfD ist nicht koalitionsfähig“ Für Michael Grosse-Brömer, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, ist die Lucke- Partei AfD keine Alternative. Michael Grosse-Brömer, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU- Fraktion im Deutschen Bundestag, war am Wochenende auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Carsten Müller in Braunschweig. Mit kommunalen CDU- Politikern diskutierte er die Lage seiner Partei in der Großen Koalition und machte sich ein Bild über die Stimmung. Im Interview mit Dirk Breyvogel sprach Grosse-Brömer über die Erkenntnisse aus der Hamburg-Wahl, den Umgang mit der AfD und über außenpolitische Herausforderungen. Ihr Vorgänger Peter Altmaier, den Sie im Mai 2012 beerbt haben, wurde immer als „Strippenzieher“ bezeichnet. Was sehen Sie als Ihre wichtigsten Aufgaben an? http://www.braunschweiger-zeitung.de/widget/id7118?ctxArt=1779372&view=print 25.02.2015
Seite 2 von 5 Strippenzieher ist irgendwie ein negativer Begriff. Ich definiere meine Arbeit wie folgt: Ein Parlamentarischer Geschäftsführer spielt selten die Hauptrolle, er führt aber öfter Regie. Ich werbe nach innen und außen für die Politik unserer Fraktion und um Zustimmung. Aber es gibt auch ganz simple organisatorische Aufgaben. So muss jede Sitzungswoche inhaltlich und strukturell vorbereitet werden. Im anglo-amerikanischen Raum ist der Name für meine Funktion „Chief whip“. Das meint so viel wie „Chef- Einpeitscher“. Das ist etwas brutal formuliert. Aber ich muss mit meinem Team auch auf geregelte Abläufe und die Außendarstellung der gesamten Fraktion achten. Macht es einen Unterschied in Ihrer Arbeit, ob man dann mit der FDP als deutlich kleinerem Partner verhandeln muss oder mit der SPD, die ja auch den Anspruch hat, als Volkspartei große Teile der Bevölkerung zu repräsentieren? Grundlage jeder Koalition ist der Koalitionsvertrag. Der muss eingehalten werden. Am Mindestlohn lässt sich gut zeigen, was im Nachgang zu einem Koalitionsvertrag noch passieren kann. Wir haben gesagt, dass wir einem Mindestlohn generell zustimmen, aber wir haben uns bei den Dokumentationspflichten für Nachbesserungen stark gemacht. Die wären ohne den Einfluss unserer Fraktion nicht zustande gekommen. Dass zu kommunizieren, ist eine meiner Aufgaben. Bei der politischen Umsetzung hilft immer, wenn man ein gutes Vertrauensverhältnis zu denjenigen hat, die bei anderen Parteien in derselben Funktion arbeiten. Das ist bei mir der Fall. Die Wahl in Hamburg hat gezeigt, dass die CDU ein Problem hat, Wähler in Großstädten zu mobilisieren. Das war ja mal anders. In Frankfurt regierte Petra Roth sehr lange. Auch in Braunschweig stellte die CDU den Oberbürgermeister. Selbst im Ruhrgebiet konnte Ihre Partei SPD-Hochburgen zeitweise für sich gewinnen. Fehlt es der CDU heute an Themen und Köpfen? Da muss man differenzieren und auf den Einzelfall achten. Es gibt viele Großstädte, da ist die CDU die stärkste Fraktion. Das reicht aber oft nicht, um eine Mehrheit in den Stadträten zu erringen, weil sich Koalitionen der politischen Mitbewerber bilden. Das ist auch bei Stichwahlen wie beispielsweise in Stuttgart so. Hier gingen die SPD-Stimmen im zweiten Wahlgang zum Grünen-Kandidaten. Das hat den Eindruck geschürt, die CDU sei schwach. Dieser Eindruck täuscht oft. Das heißt aber im Umkehrschluss: Ihnen fehlt, um kommunale Politik zu bestimmen, ein Koalitionspartner. Macht die Hamburg-Wahl dann auch Hoffnung, weil die FDP ihren Negativtrend stoppen konnte? In Hamburg war es schwer, einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Die Art und Weise wie Olaf Scholz – unaufgeregt und hanseatisch – regiert hat, hat ihm Anerkennung verschafft. Dietrich Wersich war in meinen Augen ein ordentlicher Spitzenkandidat, http://www.braunschweiger-zeitung.de/widget/id7118?ctxArt=1779372&view=print 25.02.2015
Seite 3 von 5 auch wenn das Ergebnis für die CDU sehr bitter war. Hier haben eher persönliche als inhaltliche Gründe die Wahl entschieden. Das Ergebnis der FDP hat uns gefreut, aber ich wehre mich dagegen, dass die Liberalen ein „natürlicher“ Koalitionspartner sind. Wir haben vielleicht thematisch die meisten Überschneidungen, aber wir haben nicht zufällig das „C“ in unserem Namen, das uns noch immer prägt. Generell müssen alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sein. Gilt das auch für die AfD? Ist Ignoranz der richtige Weg, dieser Partei zu begegnen? Auch in Hamburg ist sie jetzt in der Bürgerschaft. Wir haben uns da ganz klar positioniert. Wir wollen keine Koalition mit der AfD. Die passt nicht zu uns. Nach der alten Professorenriege kommt da lange mal nichts. Die AfD ist die einzige Partei, die nicht gewählt wird aufgrund ihrer Inhalte, sondern schlicht aufgrund des Protestes gegenüber anderen. Die Partei ist nicht stabil und driftet nach rechts weg. Kurzum: Die AfD ist weder koalitionsfähig, noch von den Persönlichkeiten so breit aufgestellt, seriöse Politik zu machen. Unser Leser „Rollo Braunschweig“ fragt auf Facebook, warum die CDU nach links im Parteienspektrum gerückt ist. Sehen Sie das auch so? Das ist ein Vorwurf, der uns in der Diskussion mit Bürgern häufiger gemacht wird. In der täglichen Arbeit mit der SPD kann ich Ihnen aber sagen, dass uns vieles von den Sozialdemokraten unterscheidet (lacht). Wer von der Sozialdemokratisierung der CDU redet, liegt falsch: Wir sind in der Mitte des Parteienspektrums. Und da gehören wir auch hin. Unsere Stärke ist soziale- und gleichzeitig wirtschaftspolitische Kompetenz. Man muss erstmal das verdienen, was man dann verteilen will. Das ist einer unserer Kernpunkte, die uns von anderen unterscheidet. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass sich eine Partei über Jahrzehnte auch weiter entwickeln muss, denn unsere Gesellschaft tut das ja auch. In Deutschland wächst die Sorge vor einem islamistischen Terroranschlag. Der abgesagte Karnevalsumzug in Braunschweig hat gezeigt, wie angespannt die Sicherheitsbehörden sind. Müssen wir auf Demokratie verzichten, um Sicherheit gewährleisten zu können? Der Anschlag in Paris war auch einer auf unsere freie, offene Gesellschaft. Wir müssen diejenigen, die nach unserem Leben trachten, wirksam bekämpfen. Unsere Gesellschaft muss im Inneren wehrhaft sein. Dafür brauchen wir unter anderem Instrumente wie die Vorratsdatenspeicherung, die uns im Vorfeld helfen kann, Anschläge zu verhindern oder im Nachhinein einen Beitrag leisten kann, etwas aufzuklären. Wenn klare richterliche http://www.braunschweiger-zeitung.de/widget/id7118?ctxArt=1779372&view=print 25.02.2015
Seite 4 von 5 Vorgaben bestehen, die vom Grundgesetz gedeckt sind, ist der Verbindungsdatenabgleich ein wichtiges Mittel der Ermittlungen. Wir wissen alle: Unsere freie Demokratie ist anfälliger als jede Diktatur, in der unter anderem systematisch bespitzelt wird. Aber das ist ja nicht die Alternative, die wir wollen. Erwarten Sie von den Muslimen, sich stärker in den Prozess der Gewaltprävention und der Aufklärung in ihren Gemeinden einzubringen? Für mich gibt es da gar kein Vertun. Keine Religion darf sich über das Gesetz in Deutschland stellen. Ich erwarte von den Muslimen in Deutschland, dass sie sich gegen die wenden, die ihre Religion offenkundig missbrauchen, um Gewalt und Terror zu verbreiten. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, aber auch eine, die in den muslimischen Verbänden erfolgen muss. Hassprediger haben in Deutschland beispielsweise nichts zu suchen. In der Ukraine gibt es keine Waffenruhe. Glauben Sie noch an die zweite Vereinbarung von Minsk? ZUR PERSON Michael Grosse-Brömer (CDU), geboren 1960 in Oberhausen, studierte in Hamburg Rechtswissenschaften. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Jurist zog 2002 in den Bundestag ein. Bei den Bundestagswahlen 2009 und 2013 gewann er mit 40,6 bzw. 45,2 Prozent der Erststimmen das Direktmandat in Harburg. Seit Mai 2012 ist er Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das Vorgehen von Kanzlerin Merkel ist absolut richtig. Sie ist gnadenlos, wenn es darum geht, eine diplomatische Lösung zu finden. Es gibt auch keine Alternative dazu, auch wenn mittlerweile viele Versprechen von russischer Seite gebrochen wurden. Russland hat einst garantiert, dass die völkerrechtlich fixierten Grenzen der Ukraine nicht verletzt werden. Und trotzdem hat man die Krim annektiert. Ich finde das alles höchst bedauerlich. Natürlich gibt es keine sinnvolle diplomatische Lösung ohne Russland, aber Putin muss auch mal anerkennen, dass es für Russland keine gute Zukunft ohne Europa gibt. Auf dieser Erkenntnis basierend müssen wir jeden Tag dafür arbeiten, dass es zu einer friedvollen Regelung kommt. http://www.braunschweiger-zeitung.de/debatte/antworten/grosse-broemer-die-afd-ist-nicht-koalitionsfaehig-id1779372.html http://www.braunschweiger-zeitung.de/widget/id7118?ctxArt=1779372&view=print 25.02.2015
Seite 5 von 5 http://www.braunschweiger-zeitung.de/widget/id7118?ctxArt=1779372&view=print 25.02.2015
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