Rechtsvorschriften & Stand der Wissenschaft im Spiegel von Praxisanwendungen - 20190309_OST leicht gemacht_HP ...

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Rechtsvorschriften & Stand der Wissenschaft im Spiegel von Praxisanwendungen - 20190309_OST leicht gemacht_HP ...
Rechtsvorschriften & Stand der Wissenschaft
    im Spiegel von Praxisanwendungen

                           Hans Haltmayer
             Ärztlicher Leiter – Suchthilfe Wien gGmbH
      Beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien

         Substitutionsbehandlung mit Opioiden – leicht gemacht
                           09.3.2019, Wien
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Abgabemodus und
Mitgaberegelungen
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Mitgaben im Rahmen der OST
 Für die Gewährung einer Mitgabe sprechen:
 • Förderung von autonomer Lebensgestaltung, sowie beruflicher und
    sozialer Integration
 • Aufrechterhaltung von sozialen Rollen
 • Reduktion von Beikonsum
 • Erhöhung der Haltequote

 Restriktionen bei der Mitgabe können sozial destabilisieren und die
 Kooperationsbereitschaft vermindern (Verringerung der Haltequote).

 Eine unreflektiert „liberale“ Mitgabe-Regelung kann
 • sozial destabilisieren (Verkauf/Weitergabe und Kontakt zur Szene)
 • die Gesundheit (von Pat. und Anderen) gefährden.

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Abgabemodus

§23e Abs. 1 - 8 SV
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Abgabemodus               …gemäß §23e Abs. 1-8 SV

 1.   Tägliche Einnahme, Mitgabe für So/F (Standard)
 2.   Bis zu 7 Tage Mitgabe (Beruf, AMS-Kurs)
 3.   Bis zu 35 Tage/Jahr Mitgabe (Urlaub, Erkrankung, etc.)
 4.   Bis zu 30 Tage Mitgabe
 5.   Besonders berücksichtigungswürdige Gründe

      Außer bei 1. müssen die Stabilitätskriterien gem. Leitlinie
      immer geprüft und dokumentiert werden!
      Bei 4. ist ein zusätzlicher Vermerk auf der Verschreibung
      erforderlich (z.B.: „Stabilitätskriterien erfüllt“)
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Stabilitätskriterien bei Mitgaben
 Folgende Kriterien müssen in die Entscheidung bzgl. einer Mitgabe und ihrer
 genauen Durchführung einfließen:

 •   Plausibilität des konkreten Grundes (Arbeit, Reisen, Wohnort, Lebenssituation)
 •   aktuelle objektivierte Vorfälle im Zusammenhang mit Weitergabe der Medikation
     (polizeiliche Meldungen)
 •   Qualität der therapeutischen Beziehung (Offenheit, Krisenfestigkeit,
     Vertrauensverhältnis, Arbeitsbündnis)
 •   psychische Stabilität (psychiatrische Komorbidität, Ressourcen der
     Impulskontrolle, Emotionsregulation, Realitätsanpassung, ausreichende
     Selbstfürsorge)
 •   somatische Stabilität
 •   Grad der sozialen Integration (Wohnen, Finanzen, Beschäftigung, Tagesstruktur,
     soziales Umfeld)
 •   Konsumverhalten (Dosisstabilität, Beikonsum, intravenöser Konsum,
     Begleitbehandlung mit psychotropen Substanzen)

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Stabilitätskriterien bei Mitgaben

 • Die Einschätzung des/der behandelnden Arztes/Ärztin soll
   in ausführlicher und nachvollziehbarer Weise entlang der
   genannten Kriterien dokumentiert werden.

 • Es empfiehlt sich auch hier, Rücksprache mit weiteren in die
   Behandlung der PatientInnen involvierten Personen zu halten.

    Cave:   PatientInnen-Zustimmung ist erforderlich!

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Multidimensionale Diagnostik (MD)
  Kategorien:                                                                                                                                                               Soziale Gesundheit
              Konsum-                                                                      Somatische            Psychische
Bewertungs- verhalten (KV)                                                                 Gesundheit            Gesundheit                                                                                             Wohnen
                                                                                                                                      Ressourcen & Netzwerk Beruf & Ausbildung                  Finanzen
ebenen:                                                                                                                                                                                                                (vgl. F115)
                                                        ub.       Die PL-Intensität kann "unbekannt" sein, bzw. kann die Klientin zu verschiedenen Kategorien die Aussage verweigern ("keine Angabe"): Theoretisch könnte
                                                        k.A.                           dennoch eine BT-Einschätzung vorgenommen werden. Zumindest eine Kategorie muss bewertet werden können.
                                                                  Kein Bedarf zur                             Psychisch stabil bzw.                                 Gesichertes
                                                                                                                                       (überwiegend) positive                                 Geordnete,
                                                                  Veränderung des KV                          unter Behandlung                                      Arbeitsverhältnis und
                                                        NULL

                                                                                        Gesund oder stabil                             soziale Beziehungen: auch                              ausreichende        Gesicherte
                                                                  (d.h. aktuelles KV                          symptomfrei („Gutes                                   kein Bedarf nach
                                                                                        behandelt                                      außerhalb der Szene;                                   finanzielle         Wohnsituation
                                                                  führt zu keiner PLI –                       bis sehr gutes                                        beruflicher Veränderung
                                                                                                                                       aktive Freizeitgestaltung;                             Verhältnisse
                                                                  Som/Psy/Soz)                                Zurechtkommen“)                                       bzw. Aus-/Weiterbildung
Problemlagenintensität (PLI)

                                                                                                                                    eingeschränkt tragfähiges
                                                                                                                                                                    Befristetes oder                              betreutes Wohnen,
                                                                                       Erkrankungen mit       Geringe psychische    Netzwerk: Mischung aus                                    Regelbare
                               (Objektive Gesundheit)

                                                        NIEDRIG

                                                                                                                                                                    unsicheres                                    daneben unsichere
                                                                  Niedriger Bedarf zur geringem Schweregrad   Instabilität bzw.     konsumierenden und nicht-                                 Schulden,
                                                                                                                                                                    Arbeitsverhältnis oder                        Wohnsituation bzw.
                                                                  Veränderung des KV und/oder niedrigem       Symptomatik mit       konsumierenden Personen;                                  Existenzgrundlage
                                                                                                                                                                    Veränderungsbedarf                            gesichert, aber
                                                                                       Behandlungsbedarf      Behandlungsbedarf     eingeschränktes                                           gesichert
                                                                                                                                                                    oder AMP                                      qualitativ ungenügend
                                                                                                                                    Freizeitverhalten;
                                                                                                                                    vorhandenes, primär
                                                                                       Erkrankungen mit     Mittelgradige                                                                                         Institution (z. B.
                                                                                                                                    belastendes oder nicht          Ohne Beschäftigung (< 6
                                                                                       mittlerem            psychische Instabilität                                                           Überschuldung,      Therapiestation, Klinik,
                                                        MITTEL

                                                                  Mittlerer Bedarf zur                                              unterstützendes Netzwerk;       Monate) u/o Aus-
                                                                                       Schweregrad und/oder bzw. Symptomatik                                                                  Existenzgrundlage   Gefängnis), daneben
                                                                  Veränderung des KV                                                Sozialbeziehungen               /Weiterbildungsbedarf
                                                                                       mittlerem            mit                                                                               gefährdet           keine gesicherte
                                                                                                                                    hauptsächlich über die          ungedeckt
                                                                                       Behandlungsbedarf    Behandlungsbedarf                                                                                     Wohnsituation
                                                                                                                                    Szene;
                                                                                     Erkrankungen mit                                  Isolation, soziale
                                                                                                              Massive psychische                                                              Absolute
                                                                                     massivem                                          Vereinsamung und/oder        Ohne Beschäftigung (> 6
                                                        HOCH

                                                                  Hoher Bedarf zur                            Instabilität bzw.                                                               Überschuldung,      Wohnsituation
                                                                                     Schweregrad und/oder                              massiv belastende/           Monate) und
                                                                  Veränderung des KV                          Symptomatik mit                                                                 Existenzgrundlage   ungesichert
                                                                                     massivem                                          traumatisierende             Berufsausbildung
                                                                                                              Behandlungsbedarf                                                               nicht gesichert
                                                                                     Behandlungsbedarf                                 Beziehungen (z.B. Gewalt);

                                            PLD                                   Dauer der jeweiligen Problemlagen: Tage / Monate / Jahre / nicht anwendbar (n.a.) / unbekannt (ub.) / keine Angabe (k.A.)

                                              12.03.2019           Fragestellung an KL: " Wie zufrieden
                                                                                                  Seite 9sind Sie mit ihrer Situation in diesem Bereich?"        Das ist die Fußzeile
                                             KLZ
                                   Antwortmöglichkeiten: überhaupt nicht zufrieden bzw. sehr unzufrieden (0), eher unzufrieden (N), eher zufrieden (M), sehr zufrieden (H), n.a., k.A.,
               Legende: PLD = Problemlagendauer; KLZ = KlientInnen-Zufriedenheit (Lebenszufriedenheit, Subjektive Gesundheit); KLM = KlientInnen-Motivation; REA = Realismus;
                                    Fragestellung an KL: "Wie hoch ist Ihre Motivation zur Verbesserung (bzw. Aufrechterhaltung, wenn KLZ=HOCH/PLI=NULL) in diesem Bereich?":
                                         KLM
Rechtsvorschriften & Stand der Wissenschaft im Spiegel von Praxisanwendungen - 20190309_OST leicht gemacht_HP ...
Stabilitätskriterien bei Mitgaben
           Fallbeispiele
Begleitende Verschreibung von
   BZD im Rahmen der OST
Benzodiazepine, aber….!
 • Benzodiazepine
    – Oxazepam (Praxiten®, Anxiolit ret.®)
    – Flunitrazepam (Rohypnol®)
    – Clonazepam (Rivotril®)
 • Z-Drugs
    – Zolpidem (Zoldem® und Generika)
 • Pregabalin (Lyrica® und Generika)
 • Bupropion (Wellbutrin®)
 • Methylphenidat (Ritalin®, Medikinet®, Concerta®)
 • Tizanidin (Sirdalud® und Generika)
 • Prothypendyl (Dominal® fte.)
Benzodiazepinwirkung

                         amnestisch (α1)
hoch
                         hypnotisch (α1)

                         sedativ (α1)

                         antikonvulsiv (α1)

                         muskelrelaxierend (α2)
niedrig
                         anxiolytisch (α2)
Problemlage hinsichtlich BZD
          Vor Leitlinie & PV-Novelle 2012
• Rein abstinenzorientierte Konzepte bei BZD-Abhängigkeit
  sind nicht ausreichend suffizient.
• Zunahme von unkontrollierter BZD - Verschreibung &
  unkontrolliertem Gebrauch.
• Mischintoxikation mit BZD spielt eine wesentliche Rolle bei
  direkt suchtgiftbezogenen Drogentodesfällen.
• Problem der Diffusion in den Schwarzmarkt.
• Hoher Anteil von BZD bei Rezeptfälschungen.
• Aktivitäten der Justiz gegen Ärzte.
BMG: BMG-21590/0003-II/A/5/2012 vom 03.05.2012

http://www.oegabs.at/Leitlinien
http://www2.aekwien.at/dlcentre/uploads/BMG_Leitlinie-1336653089.pdf
358. Novelle Psychotropenverordnung (PV)

§ 10. (3) Der BM für Gesundheit kann für einzelne psychotrope
Stoffe mittels Vermerk in der Anlage 1 anordnen, dass sie nur auf
Suchtgiftrezept (SG-Einzelverschreibung) verschrieben werden
dürfen. (…..)
§ 10. (4) Bei Verschreibung von Arzneimittel, die psychotrope
Stoffe aus der Gruppe der BZD enthalten, darf keine wiederholte
Abgabe angeordnet werden.

  Flunitrazepam muss wie ein Suchtmittel verschrieben werden
   – SG-Vignette
   – Unterschrift mit Vornamen und Familiennamen
   – In Worten, wenn nicht elektronisch gefertig
Problemlage hinsichtlich BZD
            Nach Leitlinie & PV-Novelle 2012
• Rein abstinenzorientierte Konzepte bei      →   Unverändert
  BZD-Abhängigkeit sind nicht ausreichend
  suffizient.
• Zunahme von unkontrollierter BZD -
  Verschreibung & unkontrolliertem Gebrauch →     Reduktion
• Mischintoxikation mit BZD spielt eine
  wesentliche Rolle bei direkt                →   Unverändert
  suchtgiftbezogenen Drogentodesfällen.
• Problem der Diffusion in den Schwarzmarkt. →    Reduktion
• hoher Anteil von BZD bei Rezeptfälschungen. →   Massive Reduktion
• Aktivitäten der Justiz gegen Ärzte.         →   Deutliche Reduktion
DOS
BZD & OST - Leitlinie                              …1

• Eine psychiatrische Diagnostik sollte grundsätzlich die
  Regel sein – resultierende pharmakolog. Möglichkeiten
  sollen ausgeschöpft werden.
• Die Verschreibung von BZD soll in einer Hand liegen.
  Wenn mehrere Ärzte, dann gegenseitige Information.

• Keine Verschreibung ohne ein/en längerfristigen/s
  Therapieplan/-ziel.

• Verschreibung nur auf Kassenrezept, wenn eines
  ausgestellt werden kann. Keine Privatrezepte!
BZD & OST - Leitlinie                                       …2
Bevorzugt Substanzen verwenden die langsam anfluten (Oxazepam,
   Diazepam, Clonazepam). Verschreibung von Flunitrazepam (Nitrazepam)
   ist mit besonderen Risiken verbunden und sollte vermieden werden.

• “Missbrauch” von Flunitrazepam (Nitrazepam) übersteigt den der
  langsam anflutenden BZD bei weitem.
• Verschreibung anderer Wirkstoffe ist besser steuerbar
• Rasches Anfluten ist suchtfördernder Faktor
• Länger anhaltende Wirkung bei Flunitrazepam ist ein Faktor bei letalen
  Überdosierungen
  Umstellung von Flunitrazepam auf anderen Wirkstoff anstreben!
BZD & OST - Leitlinie                             …3
• Möglichkeiten einer ambulanten oder stationären Teil/-
  Entzugsbehandlung verstärkt kommunizieren.

• Im Einzelfall Verschreibung eines Monatsbedarfs über das
  elektron. Arzneimittelbewilligungssystem.

• Abgabemodus analog zur Substitutionstherapie (z.B. tgl.
  Abgabe bzw. 1x wöchentliche Abgabe).

• Auseinzelung in der Apotheke     bessere Kontrolle, mehr
  Sicherheit.
Wie funktioniert die Verschreibung?
• alle auszueinzelnden Präparate sind auf einem (Kassen)rezept zu verordnen

• Auseinzelung ausschließlich von Substanz(en) aus der Psychotropen-
  Verordnung, d.h. keine Opioide wie z.B. Tramal, u.ä.

• Einholen der Bewilligung via ABS für Monatsbedarf des Präparats und für
  das Auseinzeln und Vermerk der Auseinzelung am Rezept : “Auseinzelung
  erbeten”

• Anbringen eines
  a) Sichtvermerkes (Stempel) auf der Rückseite des Rezepts und
  b) zusätzlicher Vermerk “Auseinzeln bewilligt”, wenn Bewilligung für
     Präparat und Abgabe in Teilmengen erteilt wurde.
Psychotropenverordnung (PV)                   ...2-Monatsbedarf

§ 10. (2) Liegt die Gesamtmenge einer BZD - Verschreibung über
dem 2-Monatsbedarf gemäß Fachinformation, so muss der Zusatz
„necesse est“ am Rezept vermerkt sein.

Der 2-Monatsbedarf errechnet sich aus der TMD* laut
Fachinformation.
     Anxiolit 50mg forte: TMD = 150mg (3 Tbl 180 Tbl)
     Praxiten50mg: TMD = 50mg (1 Tbl 60 Tbl)
     Rohypnol: TMD = 2mg (2 Tbl 60 Tbl)
     Rivotril 2mg: TMD = 20mg (10 Tbl 600 Tbl)

                                                 * Tagesmaximaldosis
DON’TS
Somnubene 1mg Ftbl.
   32 OP a 10Stk.
       S.: 4-3-4
 wtl. 8 OP ausfolgen
2mg
  10mg
   1mg

   50mg

Quelle: Holzbach, Suchttherapie 2006
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