Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen - Ratgeber - Digital ...

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen - Ratgeber - Digital ...
Künstliche
Intelligenz im Alltag
älterer Menschen

                   Ratgeber
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen - Ratgeber - Digital ...
Inhalt

    Vorwort3

    WiIlkommen im Zeitalter der schlauen Maschinen                               4

    Wo uns KI im Alltag begegnet                                                8

    Chancen von KI für ältere Menschen: Interview mit Manuela Lenzen            12

    Mit Sprachassistenten durch den Alltag                                      15

    Smart Home – Das Zuhause denkt mit                                          19

    Wie KI unsere Gesundheit unterstützt                                        24

    Assistenzsysteme für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen                 28

    Umgang mit KI: Auch eine Frage der Datenkompetenz                           31

    Wie schütze ich meine Daten? Interview mit Karin Wilhelm                    32

    Vorgestellt: BAGSO-Projekt „Digital souverän mit Künstlicher Intelligenz“   35

    Projektpartner als regionale Anlaufstellen mit KI-Kompetenz                 37

    Übersicht Projektpartner und Kontaktdaten                                   49

    Tipps und Links                                                             52

    Fachbegriffe - kurz erklärt                                                 53

    Impressum55

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,                  KI-Technologien haben inzwischen in
                                             viele Alltagssituationen Einzug gehalten,
Digitalisierung bestimmt mehr und mehr       oft ganz unbemerkt. Basiskenntnisse über
unser Leben. Sie kann es beträchtlich        „Künstliche Intelligenz“ gehören deshalb
erleichtern, aber sie löst auch Unsicher-    nun auch zu den Vermittlungsgegen-
heiten aus.                                  ständen unserer Bildungsprojekte vor
                                             Ort. Das Projekt, das in dieser Publikation
„Künstliche Intelligenz“ – für viele er-     vorgestellt wird, soll diese Weiterentwick-
scheint das eher als Bedrohung denn als      lung vorantreiben und deutschlandweit
Fortschritt, auch weil häufig nicht be-      sicherstellen.
kannt ist, was genau hinter dem Begriff
steckt. Entsprechende Lern- und Informa-     Die BAGSO dankt dem Bundesministerium
tionsangebote richten sich bisher selten     für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
an ältere Menschen. Gerade sie können        für die Förderung und den Technikbe-
im Alltag von den neuen Technologien         gleiterinnen und -begleitern vor Ort für
profitieren, aber für viele von ihnen sind   die Expertise, die sie in dieses Vorhaben
die Zugangshürden hoch.                      einbringen.

Die BAGSO vermittelt und unterstützt da-     Ich wünsche dem Ratgeber viele
her seit Jahren immer wieder Angebote,       interessierte Leserinnen und Leser.
mit denen ältere Menschen sich die Vor-
teile der Digitalisierung erschließen und
ihre Risiken im Zaum halten können. Von
entscheidender Bedeutung ist dafür das       Dr. Regina Görner
Verständnis der Grundlagen, mit denen        Für den Vorstand der BAGSO
Nutzerinnen und Nutzer konfrontiert wer-
den. Die BAGSO qualifiziert in ihren Pro-
jekten meist ehrenamtliche Expertinnen
und Experten, die älteren Menschen den
Zugang zur digitalen Technik vermitteln.
Sie unterstützt sie auch mit Materialien
und didaktischen Konzepten.

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WiIlkommen im Zeitalter
    der schlauen Maschinen
    Künstliche Intelligenz – kurz KI – ist      um mitreden zu können, wofür wir als
    längst in unserem Alltag angekommen,        Gesellschaft KI nutzen wollen und wofür
    oft merken wir das nicht einmal. Es lohnt   nicht.
    sich also, tiefer in das Thema Künstliche
    Intelligenz einzusteigen: um nachzuvoll-    In dieser Broschüre finden Sie grund-
    ziehen, was überhaupt unter Künstlicher     legende Informationen: Beispiele dafür,
    Intelligenz zu verstehen ist, um zu wis-    wo KI-Systeme im Alltag zu finden sind,
    sen, wo wir im Alltag schon mit KI-Tech-    was sie bereits möglich machen, wo die
    nologien zu tun haben, um zu erfahren,      Chancen für ältere Menschen liegen und
    wo bereits jetzt KI-Systeme den Alltag      welche Risiken und Konsequenzen mit KI
    vereinfachen können und nicht zuletzt,      verbunden sind. Vorgestellt werden auch

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

die 16 Partner des BAGSO-KI-Projekts, bei       Was ist Künstliche Intelligenz?
denen Sie vor Ort KI-Technologien aus-          Die zentrale Ausgangsfrage für ein damals
probieren und Ihre Fragen zum Thema KI          neues Forschungsgebiet stellte der bri-
stellen können.                                 tische Informatiker Alan Turing 1947 auf
                                                einem Symposium in Manchester: „Kön-
Am Endes dieses Ratgebers ab Seite 53           nen Maschinen denken?“ Knapp zehn
finden Sie Erklärungen für wichtige             Jahre später, 1956, verwendete der US-
Fachbegriffe.                                   Wissenschaftler John McCarthy erstmals
                                                den Begriff Künstliche Intelligenz für eine
Sprachassistenten, die für uns einkau-          Tagung. Dort diskutierten Forschende über
fen, Roboter, die Ärztinnen und Ärzten          Computer, die über das reine Rechnen hi-
assistieren, ein Fernseher, der uns Filme       nausgehende Aufgaben lösen sollten wie
empfiehlt, und selbstfahrende Autos:            Texte analysieren, Sprachen übersetzen
Vieles, was vor nicht allzu langer Zeit Stoff   oder Spiele spielen, zum Beispiel Schach.
für Zukunftsromane und Science-Fiction-
Filme war, ist mittlerweile in der Reali-       Computerprogramme oder Robotik-Sys-
tät angekommen. Möglich machen das              teme mit KI ahmen menschliches, „intel-
viele verschiedene Methoden, Technolo-          ligentes“ Handeln oder Denken nach. Sie
gien oder Systeme, die unter dem Begriff        sind in der Lage, Aufgaben oder Probleme
Künstliche Intelligenz zusammengefasst          eigenständig zu lösen – ohne dass jeder
werden. Sie sollen unter anderem Alltag         einzelne Schritt vorher von einem Men-
und Arbeit erleichtern. KI-gesteuerte Ro-       schen programmiert wurde. „Intelligent“
boter übernehmen bereits viele Arbeits-         werden die Systeme in der Regel durch
schritte in Fabriken. Im Smart Home, also       das Verarbeiten riesiger Datenmengen
intelligentem Zuhause, startet dank KI der      und dadurch, dass Menschen sie trainie-
Staubsauger-Roboter, wenn niemand zu            ren. Die Daten verarbeiten sie mit Hilfe
Hause ist, oder die Waschmaschine findet        sogenannter Algorithmen. Das sind – kurz
von allein das richtige Waschprogramm.          gesagt – automatisierte Entscheidungs-
Manche Krankenhäuser setzen KI-Sys-             prozesse. Ähnlich wie bei einem Koch-
teme unterstützend ein, zum Beispiel            rezept befolgt der Computer dabei viele
bei der Erkennung von Hautkrebs. Im             Anweisungen nacheinander. Wenn KI im
Smartphone befinden sich ebenfalls jede         Spiel ist, lernen die verwendeten Algo-
Menge Anwendungen, die auf Künstlicher          rithmen laufend dazu. Das benötigt eine
Intelligenz basieren: zum Beispiel Sprach-      sehr hohe Rechenleistung. In den letz-
assistenten, Navigationssysteme oder            ten Jahren hat die KI-Entwicklung unter
Übersetzungsprogramme.                          anderem deshalb einen Sprung gemacht,
                                                weil die Computer immer mehr Daten auf

                                                                                                      5
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Mensch versus Maschine –
                                                 ist uns KI überlegen?
                                                 Die Antwort lautet ja und nein. Menschen
                                                 programmieren KI-Systeme und stellen
                                                 das Datenmaterial zur Verfügung. Die KI
                                                 ist also immer nur so gut, wie wir es zu-
                                                 lassen. Außerdem liegen die Stärken des
                                                 Menschen genau dort, wo die Schwächen
                                                 der KI liegen – und andersrum:

    einmal verarbeiten können. Die stärksten     KI-gesteuerte Maschinen können Men-
    Supercomputer konnten in den 1990er          schen in einzelnen Aufgaben durchaus
    Jahren beispielsweise 100 Milliarden         übertreffen: Sie können schneller rechnen
    Rechenoperationen pro Sekunde be-            oder Bilder vergleichen oder Weltmeister
    wältigen. Heute schafft das jedes gute       schachmatt setzen. Was KI nicht kann ist:
    Smartphone. Zur rasanten Entwicklung         sich nach Lust und Laune umentscheiden,
    beigetragen haben auch die Cloud-Diens-      mitfühlen, ethische und moralische Rah-
    te. Eine Cloud sind viele zusammenarbei-     menbedingungen in ihre Entscheidungen
    tende Computer-Server mit sehr starker       einbeziehen oder viele unterschiedliche
    Rechenleistung.                              Dinge tun.

    KI-gestützte Systeme können heute in Se-     Wenn Sie mit Ihrer Familie oder Freunden
    kundenschnelle zu Ergebnissen kommen,        spazieren gehen, nehmen Sie wahr, wie
    für die Menschen sehr lange rechnen          das Wetter ist und dass der Flieder duftet.
    müssten. Dass immer mehr Maschinen           Sie behalten den Verkehr im Blick, unter-
    uns heute „intelligent“ vorkommen, liegt     halten sich und nehmen die Gefühle und
    vor allem daran, dass Forscherinnen und      Reaktionen der anderen wahr. Mühe-
    Forscher es geschafft haben, den KI-Sys-     los und schnell verarbeiten Sie all diese
    temen das Erkennen und Erlernen von          Informationen, ohne es zu merken. Das
    Mustern beizubringen. Dieses maschinelle     kann keine auf KI basierende Techno-
    Lernen funktioniert zum Beispiel mit Hilfe   logie bisher leisten. Ein KI-System ist in
    künstlicher neuronaler Netze. Klassische     der Regel nur in einer Aufgabe gut, für
    Anwendungsfelder sind das Erkennen von       das es programmiert wurde. Es kann zum
    Bildern, Sprache, Mustern und Schrift.       Beispiel Objekte erkennen, aber weiß
    Oder die Steuerung komplexer Prozesse        nichts über deren Bedeutung für den
    wie Frühwarnsysteme oder Prognosen für       menschlichen Alltag. Dem System feh-
    Wetterlagen oder Pegelstände.                len Hintergrundwissen und Verständnis

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

            „Mit KI verbinde ich intelligente Software und Hardware,
            die in der Lage ist, meine Wünsche, Ziele und Fragen in
            der jeweiligen Lebenslage zu erkennen und mir bei
            deren Verwirklichung bzw. Beantwortung automatisch
            zu helfen. Digital souverän heißt für mich, dass ich auch
            als älterer Mensch noch in der Lage bin, ohne vorheriges,
            akademisches Studium der Betriebsanleitung neue KI-
            Geräte intuitiv richtig zu bedienen.“
            Klaus Reppermund, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Projekt

für Zusammenhänge. Auch ein Blick auf         Aber der falsche Einsatz von schon exis-
die Entwicklung von Robotern zeigt, wie       tierenden „schwachen“ KI-Systemen
kompliziert es ist, für uns selbstverständ-   kann heute schon Probleme bereiten.
liche Handlungen, mit Maschinen nach-         Wenn in KI-unterstützten Bewerbungs-
zuahmen. So gehört das Türen öffnen,          verfahren Frauen weniger Chancen ha-
Bälle fangen oder schlichtweg Laufen zu       ben, ein Bilderkennungssystem Gesichter
den schwierigsten Aufgaben für Roboter.       in manchen Hautfarben erst gar nicht er-
                                              kennt oder ein Algorithmus beim Errech-
Dass Maschinen die Weltherrschaft über-       nen von Versicherungsbedingungen Ältere
nehmen, bleibt also Kino- und Roman-          benachteiligt, ist daran aber nicht in ers-
stoff. Dazu bräuchte es nämlich eine          ter Linie die Technologie schuld, sondern
sogenannte „starke KI“ mit einem Selbst-      die Daten, die zum Lernen bereitgestellt
bewusstsein, Kreativität und der Fähig-       werden und bereits bestehende gesell-
keit, die Zukunft zu planen. Die gibt es      schaftliche Diskriminierungsmuster, die
heute nicht und in der nahen Zukunft          durch die Programme verstärkt werden.
wahrscheinlich auch nicht.                    Ein auf KI basierendes System ist immer
                                              nur so gut wie die Daten und Regeln, mit
                                              denen es gefüttert wird.

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Wo uns KI im Alltag begegnet
    In vielen Dingen, die wir täglich nutzen,   zuvor online informiert haben? Solche
    stecken heute schon KI-Technologien.        Empfehlungssysteme beruhen auch auf
    Smartphones lassen sich per Gesichts-       Methoden der Künstlichen Intelligenz.
    erkennung entsperren und der Staub-         Algorithmen, Maschinelles Lernen und
    saugerroboter macht von allein einen        Künstliche Intelligenz sind mittlerweile
    Bogen um den Hund. Navigationssysteme       allgegenwärtig.
    lotsen uns von A nach B, empfehlen die
    schnellste Route und warnen vor Stau.
    Und haben Sie sich auch schon einmal        So funktioniert KI im Alltag
    darüber gewundert, dass Sie plötzlich       Smartphone: Ihr Smartphone erkennt Ihr
    Werbung im Internet angezeigt bekom-        Gesicht? Das funktioniert durch ein KI-
    men von Dingen, über die Sie sich am Tag    basiertes Bilderkennungsverfahren. FaceID

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

von Apple sendet beispielsweise 30.000       Im Prinzip werden unbekannte Suchan-
unsichtbare Infrarot-Punkte zu Ihrem         fragen mit bereits bekannten ähnlichen
Gesicht, wenn Sie auf Ihr Smartphone         Anfragen – Worte, Sprache und Bilder –
schauen. Es entsteht ein dreidimensio-       verknüpft, um möglicherweise passende
nales Bild. Ein KI-System gleicht das Bild   Suchergebnisse anzuzeigen. Anhand der
ab mit den Scans, die Sie beim Einrichten    ausgewählten Ergebnisse lernt BERT im-
des Smartphones angelegt haben. Das al-      mer weiter dazu.
les dauert weniger als eine halbe Sekun-
de. Sobald es einen größeren Unterschied     Mobilität: Navigationssysteme wie Google
in Ihrem Aussehen gibt, wie beim Rasie-      Maps nutzen KI, wenn sie den kürzesten
ren eines Bartes oder dem Tragen einer       oder schnellsten Weg ausrechnen und
Brille, bittet FaceID um den Zahlen-Code.    dabei aktuelle Stau- und Baustellen-Mel-
Erst dann aktualisiert es Ihre Gesichts-     dungen einbeziehen. Ebenfalls zum Ein-
daten und beim nächsten Mal entsperrt        satz kommt KI-Technologie im Auto, zum
es das Telefon wieder nach einem Blick.      Beispiel bei Abstandhalter, Bremsauto-
Ihre Gesichtsdaten bleiben lokal auf dem     matik oder Spurhalteassistent. Auch die
Gerät gespeichert und werden nicht an        Deutsche Bahn erprobt KI-Systeme. Mit-
einen Server gesendet. Apple sagt, dass      hilfe von KI kann zum Beispiel der Verkehr
die Chancen, FaceID zu täuschen, eins zu     im Störungsfall effizient gesteuert und so
einer Million sind. Ähnliche Bildanalyse-    für mehr Pünktlichkeit gesorgt werden.
KI-Systeme suchen in digitalen Fotoalben
automatisch nach Menschen und markie-        Soziale Medien: Hinter den Kulissen von
ren sie. So können Sie beispielsweise alle   Facebook, YouTube, Instagram und Co
Bilder anschauen, die Ihr Enkelkind oder     arbeiten KI-Systeme. Sie personalisieren
eine Freundin zeigen. Das funktioniert       und sortieren beispielsweise Meldungen.
mittlerweile auch für Tiere und einige       Anhand angeklickter Inhalte erkennt der
Objekte. Die Bedienung des Smartphones       Algorithmus Muster und lernt, welche
per Sprachbefehl basiert ebenfalls auf       Beiträge Sie interessieren. So schlägt das
KI. Mehr darüber finden Sie im Kapitel       System Ihnen beispielsweise neue Kon-
„Sprachassistenten“ auf Seite 15.            takte vor, präsentiert vorrangig Meldun-
                                             gen Ihrer liebsten Kontakte und zu be-
Internetrecherche: Selbstlernende Algo-      vorzugten Themen. Die Unternehmen der
rithmen arbeiten bei der Suche im Hin-       Plattformen setzen KI auch ein, um Wer-
tergrund und passen die Ergebnisse an        bung passgenau zu präsentieren und um
das Nutzungsverhalten an. Der von Goo-       kriminelle Inhalte herauszufiltern.
gle entwickelte Suchalgorithmus namens
BERT beruht auf Künstlicher Intelligenz.

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Empfehlungssysteme: Online-Shops              ein Spiel der Suchmaschine Google. Sie
     preisen beim Stöbern und nach dem             können gemeinsam mit einem KI-Sys-
     Kauf oft treffende Produkte an. Unter-        tem Choräle komponieren, die klingen
     haltungsplattformen (Streaming-Dienste)       wie Werke von Bach. Zum Start geben Sie
     empfehlen passende Musik, Serien und          selbst ein paar Noten ein, danach ent-
     Filme. Apps schlagen Wanderrouten oder        wickelt die KI-Technologie neue Choräle
     Radtouren vor, die Ihrem Fitness-Level        nach Mustern von Bachs Kompositionen.
     entsprechen. Dafür sammeln Anbieter
     Daten aller Nutzerinnen und Nutzer und        Montagsmaler spielen mit einer KI:
     füttern damit einen KI-Algorithmus. Zum       Beim Browser-Zeichenspiel „Quick,
     Beispiel: Was Sie anklicken, um wel-          draw! – Flugs gezeichnet!“ von Google
     che Uhrzeit oder von welcher Marke. Der       haben Sie die Aufgabe, innerhalb von
     Algorithmus wertet die Daten aus und          19 Sekunden eine Skizze von einem zu-
     findet ähnliche Datenmuster. Mit jedem        fällig ausgewählten Objekt zu zeichnen.
     Klick lernt der Algorithmus weiter, was Sie   Währenddessen versucht ein KI-Netzwerk
     interessiert und was Ihnen gefällt.           zu erraten, was Sie zeichnen. Je mehr
                                                   Zeichnungen die KI zum Trainieren erhält,
                                                   desto besser wird ihre Vorhersage.
     So können Sie KI ausprobieren
     Tiere und Pflanzen bestimmen: Mit ver-
     schiedenen Smartphone-Apps können Sie         Das sollten Sie beachten
     ganz einfach Tiere und Pflanzen bestim-       Wir produzieren im Alltag Unmengen an
     men, indem Sie sie fotografieren. „Flora      Daten: mit jeder Suchmaschinen-Anfrage,
     Incognita“ erkennt beispielsweise Wild-       jedem Online-Kauf, jedem Beitrag in so-
     pflanzen. „Seek“ bestimmt weltweit Tiere      zialen Medien. KI-Systeme können sie in
     und Pflanzen.                                 Windeseile verknüpfen und Muster darin
                                                   erkennen.
     Realer Mensch oder „Deep fake“? Auf der
     Internetseite „Welches Gesicht ist echt?“     Lassen Sie sich nicht verführen: Seien Sie
     können Sie überlegen, welches Porträt         sich darüber bewusst, dass die großen
     von einem KI-System erfunden wurde            Unternehmen wie Google, Amazon und
     und bei welchem es sich um das eines          Facebook Ihre Daten dazu nutzen, pass-
     echten Menschen handelt. Mehr zu „Deep        genaue Werbung für Sie zu generieren.
     fakes“ siehe „Das sollten Sie beachten“.
                                                   Trauen Sie nur verlässlichen Quellen: KI-
     Künstlich komponierte Musik: „Zu Eh-          Technologie kann auch für betrügerische
     ren von Johann Sebastian Bach“ heißt          Absichten genutzt werden. Dazu gehören

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„Deep fakes“: Mithilfe von KI lassen sich                                               erfahren
täuschend echte Bilder, Stimmen und
Videos herstellen. So können Menschen       Mehr Informationen zu KI im Alltag
absichtlich Meinungen manipulieren und      und viele nützliche Links finden Sie
falsche Nachrichten verbreiten. Auch so-    auf dem BAGSO-Internetportal
genannte Bots (vom englischen „robots“      www.wissensdurstig.de/ki-im-alltag.
= Roboter, Computerprogramme, die Auf-
gaben automatisiert abarbeiten) erstel-
len in den sozialen Medien eigenständig
Texte und verbreiten Falschmeldungen.
Am besten lesen Sie mehrere Quellen
und nutzen unterschiedliche Medien zur
Information.

Bleiben Sie neugierig: Jede Innovation
birgt Chancen und Risiken. Es lohnt sich,
sich zunächst aufgeschlossen mit den
Vor- und Nachteilen zu befassen und
mit anderen darüber zu sprechen. Dann
können Sie eine informierte Entscheidung
dafür oder dagegen treffen.

                                                                                                   11
Chancen von KI für ältere
     Menschen:
     Interview mit Manuela Lenzen

     Was verstehen Sie unter Künstlicher            hilfreich sein, Saug- und Mähroboter
     Intelligenz?                                   sowieso.
     „Künstliche Intelligenz“ ist nicht der
     Name einer bestimmten Technologie,             Andere Systeme wurden speziell für Men-
     sondern die Bezeichnung für ein For-           schen mit kognitiven oder physischen
     schungsfeld. Dort geht es darum, mit           Einschränkungen entwickelt: Sprechende
     ganz unterschiedlichen Methoden, dar-          Kalender, Sensoren, die Alarm schlagen,
     unter das maschinelle Lernen, Systeme zu       wenn jemand hingefallen ist oder nicht
     bauen, die komplexere Aufgaben selbst-         genug trinkt, und Apps, die Menschen mit
     ständig erledigen können. Ob es bereits        Sehbehinderungen ihre Umgebung be-
     Geräte gibt, die zurecht als intelligent       schreiben, Training für Kopf und Körper
     bezeichnet werden, ist strittig.               anbieten, Spiele spielen, Texte vorlesen
                                                    oder daran erinnern, Medikamente ein-
     Wo können bereits jetzt KI-basierte Sys-       zunehmen oder einen Spaziergang zu
     teme ältere Menschen im Alltag unter-          machen.
     stützen?
     Viele Systeme sind nicht speziell für Ältere   Wie bewerten Sie das Potenzial von KI
     konzipiert, aber dennoch für sie von           für ältere Menschen generell? Welche
     Nutzen: Smartphones und Computer mit           Entwicklungen gibt es, die sich in Zu-
     ihren Kommunikationsprogrammen und             kunft direkt auf den Lebensalltag älterer
     Möglichkeiten, Informationen zu be-            Menschen auswirken werden?
     schaffen, einzukaufen, Bankgeschäfte zu        Das Potenzial der KI für ältere Menschen
     regeln oder Tickets zu buchen. Auch die        wird als groß eingeschätzt, sowohl bei
     Smart-Home-Technologie, die Heizung,           „smarten“ Geräten als auch bei „sozialen
     Lüftung und Beleuchtung für die Be-            Robotern“, die mit Menschen interagieren
     wohnerinnen und Bewohner steuert und           können. In Arbeit sind zum Beispiel auch
     überwacht, ob der Herd ausgeschaltet           Rollstühle oder Gehhilfen, die selbststän-
     und die Tür abgeschlossen wurde, kann          dig durch die Wohnung oder zum Super-

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

markt finden. Der Roboter, der autonom         KI wirft auch ethische Fragen auf und
den Haushalt führt und den Menschen            Entscheidungen, die auf Algorithmen
pflegt, wird allerdings bis auf Weiteres       beruhen, können zu Diskriminierungen
Science-Fiction bleiben. Sehr wichtig          führen. Worauf sollte in dieser Hinsicht
werden hingegen Sprachassistenten sein,        bei der Entwicklung von KI besonders
die es ermöglichen, möglichst alle Geräte      geachtet werden?
per Sprachbefehl zu steuern.                   Lernende Systeme erarbeiten sich ihre
                                               Lösungswege anhand von Trainingsdaten.
Welche Technik älteren Menschen eher           Wenn etwa Stimmen älterer Menschen
nützt und welche sie eher belastet, wird       in diesen nicht ausreichend vorkommen,
gerade erforscht. Oft beklagen Seniorin-       könnte es sein, dass eine Spracherken-
nen und Senioren, dass Systeme nicht           nungssoftware ältere Menschen schlechter
ausreichend auf die Bedürfnisse älterer        versteht. Diese Systeme müssen daher
Menschen zugeschnitten sind, zum Bei-          geprüft werden und es muss einfache
spiel nicht intuitiv genug funktionieren.      Möglichkeiten geben, sich zu beschweren,
Hier ist noch viel Luft nach oben.             wenn Menschen sich diskriminiert fühlen.

                                                  Zur Person
                                                 Manuela Lenzen ist freie Wissenschaftsjournalistin
                                                und schreibt vor allem über Kognitionsforschung
                                               und Künstliche Intelligenz.

                                             Weitere Informationen
                                            www.manuela-lenzen.de

                                                                                                      13
Die gesetzliche Regulierung lernender      aus auch für Jüngere), damit sie verste-
     Systeme ist auf nationaler und europäi-    hen, womit sie umgehen, ihre Wünsche
     scher Ebene in Arbeit.                     und Kritikpunkte in die Entwicklung der
                                                Systeme einbringen und Manipulations-
     Ein anderer Punkt: Menschen und ihre       und Betrugsversuche erkennen können.
     Bedürfnisse und Vorlieben sind verschie-
     den. Manche mögen zum Beispiel den         Welche KI-Technologie wünschen Sie sich
     Umgang mit sozialen Robotern, andere       persönlich im Alter?
     fühlen sich durch diese nur daran er-      Eine zuverlässigere Sprachsteuerung und
     innern, dass kein Mensch sich Zeit für     vor allem, dass meine Geräte für mich
     sie nimmt. Manchen ist es lieber, Reha-    arbeiten, nicht für Datensammler und
     Übungen mit einem Roboter zu machen,       Unternehmen, die mir etwas verkaufen
     andere bevorzugen eine Therapeutin oder    wollen. Ich denke aber, dass wir von der
     einen Therapeuten. Menschen sollten frei   Technik keine Antworten auf gesellschaft-
     entscheiden können, mit welcher Technik    liche Fragen erwarten sollten. Natürlich
     sie sich umgeben möchten.                  wäre ein autonomes Fahrzeug schön,
                                                wenn man selbst nicht mehr fahren
     Und dann sind da die großen Bereiche       kann, oder ein Roboter, der etwas auf-
     Datenschutz und Privatsphäre: Überwa-      hebt, wenn man sich nicht mehr bücken
     chung in der Wohnung oder das digitale     kann. Aber in einer Wohngemeinschaft
     Verfolgen der Wege im öffentlichen Raum    mit älteren und jüngeren Menschen zu
     mag dem eigenen Schutz dienen, aber        leben, in der niemand mit einer Maschine
     wie weit darf diese Überwachung gehen?     allein sein muss, erscheint mir noch viel
     Wer bekommt die Daten zu sehen?            attraktiver. Die Technik kann uns helfen,
                                                aber politische Entscheidungen darüber,
     Sehr wichtig sind Fortbildungsangebote     wie wir leben wollen, kann sie uns nicht
     für Seniorinnen und Senioren (und durch-   abnehmen.

14
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Mit Sprachassistenten
durch den Alltag

Was sind Sprachassistenten?                  Mobiltelefon. Sprachassistenten wer-
Mit Ihrer Stimme die Heizung anstellen       den auch zusammen mit intelligenten
oder die Musik leiser machen, Essen be-      Lautsprechern – englisch: Smartspeaker
stellen oder ein Telefongespräch beginnen    – verwendet. Diese Lautsprecher sind
– das ermöglichen Sprachassistenten. Sie     mit dem Internet verbunden, damit der
sind intelligente Computer-Programme         Sprachassistent funktioniert. Einige Geräte
(Software), die über Spracherkennung         haben außerdem zusätzlich einen Bild-
auf unsere Fragen oder Befehle reagieren     schirm, der Informationen anzeigt.
können. Beispiele sind Alexa von Ama-
zon, Google Assistant, Siri von Apple oder
Cortana von Microsoft.                       So funktionieren Sprachassistenten
                                             Computer, Mobiltelefone und intelligente
Sie brauchen sich die Software nicht zu      Lautsprecher haben Mikrofone eingebaut.
kaufen. Sie befindet sich meistens vor-      Wenn der Sprachassistent und das Mikro-
installiert auf Ihrem Computer, Tablet und   fon aktiviert sind, hören die Geräte auf

                                                                                                   15
Umgebungsgeräusche. Sobald Sie das Ak-        tenten werden dadurch immer genauer
     tivierungswort aussprechen – wie „Alexa“      und schneller. Wenn Sie sich beispiels-
     oder „Okay Google“– zeichnet das Gerät        weise jeden Morgen Lieder von den glei-
     Gesprochenes auf.                             chen Musikern vorspielen lassen, brau-
                                                   chen Sie irgendwann nur noch zu sagen:
     Das Gerät sendet die Sprachaufzeichnung       „Spiele meine Lieblingsmusik.“
     als Datei an große, leistungsstarke Com-
     puter-Server. Auf diesen Servern ver-
     arbeitet ein Verfahren, das auf Künstlicher   Dafür können Sie Sprachassistenten
     Intelligenz basiert, Ihre Anfrage im Se-      nutzen
     kundenbruchteil. Die Server schicken das      Mitdenken, unterstützen und erinnern
     Ergebnis zurück an Ihr Gerät. Der Sprach-     „Wecke mich morgen um 6 Uhr 30“: Der
     assistent gibt eine Antwort in Form von       Sprachassistent kann den Wecker auf
     Sprache wieder oder führt ein Kommando        Ihrem Smartphone oder Tablet einstellen.
     aus wie „Schalte das Licht an.“               Für diese und andere Funktionen gibt es
                                                   sogenannte Erweiterungen. Sie heißen
     Die KI trainieren Sie mit Ihrer Stimme und    bei Alexa „Skills“ (übersetzt: Fähigkeiten).
     Ihren Anfragen. Die Reaktionen des Assis-     Bei Google sind es „Actions" (Tätigkeiten).

16
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Mit der Abfallkalender-Erweiterung sagt      Sie können den Assistenten bitten, die
der Sprachassistent Ihnen beispielsweise,    Tagesschau wiederzugeben, die Nach-
wann in Ihrer Straße der Biomüll abgeholt    richten aus der Online-Zeitung vorzulesen
wird.                                        oder Ihnen zu sagen, was im ZDF-Abend-
                                             programm läuft.
Sie können Ihren Sprachassistenten
bitten, Milch, Käse oder Kaffee auf die      Mit Hilfe des Assistenten können Sie
digitale Einkaufsliste zu setzen. Oder ihn   E-Mails diktieren und persönliche Nach-
auffordern, die Mengenangaben bei Re-        richten per Sprachbefehl verschicken
zepten umzurechnen, beispielsweise für       und empfangen. Oder Sie beginnen ein
fünf statt für vier Personen. Auf Wunsch     Telefonat: „Ruf meine Tochter an.“ Auch
stellt der Sprachassistent Ihnen den Timer   einen Videoanruf können Sie starten –
Ihres Smartphones oder Tablets: „Stell       komfortabel lässt der sich zum Beispiel
den Timer auf zehn Minuten.“ Dann sind       über einen Smartspeaker mit Bildschirm
die Eier hartgekocht.                        führen.

Sie möchten eine komplizierte Rechnung       Um Spiele lassen sich Sprachassistenten
schnell lösen? Dann fragen Sie Ihren         ebenfalls erweitern. So gibt es beispiels-
Sprachassistenten: „Was ist 365 mal 12?“     weise das „Quiz des Tages“: Alexa stellt
                                             täglich eine Frage mit drei Antwortmög-
Auch die Frage „Brauche ich heute einen      lichkeiten.
Regenschirm?“ kann Ihnen Siri, Alexa
oder der Google Assistant in Sekunden-       Geräte mit Sprache steuern
schnelle beantworten.                        Sprachassistenten lassen sich mit anderen
                                             internetfähigen Geräten verknüpfen: mit
Unterhalten, informieren und                 dem Fernseher, dem Herd, der Heizung,
kommunizieren                                der Beleuchtung, den Rollläden oder dem
Viele nutzen Sprachassistenten für Such-     Staubsaugerroboter. Das nennt man Smart
anfragen im Internet. Sprechen geht          Home – intelligentes Zuhause (siehe Seite
schneller als in eine Suchmaschine zu        19).
tippen: „Welche Restaurants in der Nähe
haben geöffnet?“, „Wann sind in Nord-
rhein-Westfalen Sommerferien?“ „Auf          Das sollten Sie beachten
welchen Tag fällt dieses Jahr der erste      Unerwünschtes Mithören und Zugriff von
Weihnachtsfeiertag?“.                        außen vermeiden
                                             Ein Sprachassistent fängt zwar erst dann
                                             mit dem Aufzeichnen an, sobald er das

                                                                                                   17
Signalwort hört. Allerdings ist das vorein-   Tipps
     gestellte Signalwort sehr einfach. Es kann     Kontrollieren Sie die Datenschutzein-
     deshalb passieren, dass Sie oder Andere         stellungen und passen Sie sie an.
     im Raum etwas sagen, was so klingt wie
     das Signalwort. Dann zeichnet das Gerät        Sichten Sie gespeicherte Daten auf den
     auf, ohne dass Sie es wollen. Außerdem          Geräten regelmäßig und löschen Sie
     könnten Unbefugte das Wort nutzen, um           sie gegebenenfalls.
     beispielsweise durch ein offenes Fenster
     dem Assistenten ein Sprachkommando zu          Richten Sie einen PIN-Code oder ein
     geben.                                          Passwort ein, das benötigt wird, bevor
                                                     Dinge zahlungspflichtig bestellt wer-
                                                     den können.
     Tipps
      Stellen Sie Ihren Assistenten nicht          Legen Sie sich für den Assistenten und
       neben einen Fernseher oder ein Radio          für verbundene Geräte ein gesonder-
       und nicht ans Fenster.                        tes E-Mailkonto an.

      Bringen Sie dem Assistenten Ihre                                             Mehr
       Stimme bei und speichern Sie sie als                                       erfahren
       Stimmprofil ab.
                                                   Mehr Informationen und viele nützliche
      Ändern Sie das Signalwort.                  Links zu Sprachassistenten finden Sie auf
                                                   dem BAGSO-Internetportal wissendurstig.
      Schalten Sie den Assistenten aus,           de unter https://www.wissensdurstig.de/
       wenn Sie ihn nicht aktiv nutzen.            vereinfachen-sprachassistenten-den-all-
                                                   tag-aelterer-menschen/

     Daten schützen
     Der Assistent speichert alle Informationen,
     die er von Ihnen bekommt. Auch werden
     Sprachbefehle und Sprachnachrichten auf
     den Servern der Anbieter gespeichert, um
     die Spracherkennung zu verbessern.

18
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Smart Home –
Das Zuhause denkt mit

Was ist ein Smart Home?                    Diese und viele weitere Möglichkeiten
Sie betreten Ihre Wohnung: Die Lichter     bietet ein Smart Home. Die Technik hinter
gehen an und die Heizung regelt sich       dem „intelligenten Zuhause“: Haushalts-
hoch. Nach dem Abendessen setzen Sie       geräte, Lampen oder Heizung werden
sich aufs Sofa und geben in Ihre Han-      durch Computerchips zu internetfähigen
dy-App den Modus „Filmabend“ ein: Die      Geräten. Sie können sie mit einer App
Lichter im Wohnzimmer werden gedimmt,      oder mit Ihrer Stimme via Sprachassistent
die Rollläden gehen herunter und der       (siehe Seite 15) steuern. Ziel der Smart-
Fernseher schaltet sich ein. Sie müssen    Home-Technik: bequemes, sicheres und
nachts ins Bad? LED-Sockelleisten leuch-   energiesparendes Wohnen. Einige Smart-
ten Ihnen automatisch den Weg.             Home-Geräte nutzen dabei KI-Techno-

                                                                                                 19
logie und lernen aus den Daten, die sie     beispielsweise per Sprachbefehl ein- oder
     sammeln. Die meisten Produkte funktio-      ausgeschaltet werden.
     nieren allerdings ohne KI.

                                                 So funktioniert das Smart Home
     Länger leben im eigenen Zuhause
     Eine besondere Form des Smart Homes ist     Knotenpunkt: der Router
     das sogenannte Ambient Assisted Living.     Über Ihren Netzwerkrouter stellen Sie ein
     Das sind Assistenzsysteme, die ältere       Heimnetzwerk her: In dem Heimnetzwerk
     Menschen bzw. Menschen mit gesund-          sind alle Smart-Home-Geräte miteinan-
     heitlichen Beeinträchtigungen dabei         der verbunden. Der Router verbindet das
     unterstützen sollen, möglichst lange ein    Heimnetzwerk außerdem mit dem Inter-
     selbstständiges, selbstbestimmtes Leben     net.
     zuhause zu führen.
                                                 Vernetzung: über Funk oder Kabel
     Der Begriff Smart Home fasst verschiedene   Relativ leicht zu installieren sind Smart-
     Stufen der Automatisierung zusammen:        Home-Geräte, die über Funk, also bei-
                                                 spielsweise WLAN, Daten übertragen. So
      von einzelnen Geräten wie WLAN-LED-       können Sie eine WLAN-fähige Glühlampe
       Lampen, Staubsaugerrobotern oder          einfach in die Fassung drehen, eine App
       Heizungsthermostaten mit Funk             installieren – und schon ist die Lampe
                                                 Teil Ihres Heimnetzwerks. Stabiler als mit
      über miteinander vernetzte Produkte       Funk ist die Datenübertragung via Kabel.
       aus verschiedenen Bereichen, bei-         Diese Lösung bietet sich an, wenn Sie
       spielsweise Haustür, Garagentor, Lich-    ohnehin ihr Eigenheim renovieren. Dann
       ter, Rollläden und Küchengeräte           können in der Wand Kabel, Anschlüsse,
                                                 Schalter und Steckdosen verlegt werden.
      bis hin zum komplett vernetzten Haus.
                                                 Sensoren:
                                                 Augen und Ohren des Smart Homes
     Smart Home leicht gemacht                   Sensoren sind beispielsweise Wasser-
     Zum Ausprobieren muss man nicht gleich      und Bewegungsmelder sowie Kontakte
     das ganze Haus vernetzen. Mit WLAN-         an Fenstern oder Türen, die erkennen,
     Steckdosen zum Beispiel kann man            ob diese geöffnet oder geschlossen sind.
     vorhandene Haushaltsgeräte „smart“          Die Sensoren registrieren Helligkeit, Be-
     machen. Sie werden zwischen Steckdose       wegung, Schall oder Feuchtigkeit. Sie
     und Gerät platziert und können dann         übertragen diese Informationen an die

20
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

smarten Geräte. Bei Bewegung geht dann       die Temperatur ab – wenn Sie sich auf
beispielsweise das Licht im Flur an, bei     dem Heimweg befinden, regelt sie die
geöffnetem Fenster regelt sich die Hei-      Temperatur wieder hoch. Das können Sie
zung herunter.                               von unterwegs mit Ihrem Smartphone
                                             steuern. Alternativ geben Sie der Heizung
Steuerung: über App, Stimme, fest            bestimmte Regeln vor: beispielsweise,
verbaute Displays oder Schalter              dass die Räume tagsüber auf 20 Grad Cel-
Vieles läuft im Smart Home automatisch       sius geheizt werden sollen und nachts auf
ab. Sie können aber auch jederzeit selbst    17 Grad. Energie sparen können Sie auch,
eingreifen: per Smartphone- oder Tablet-     wenn Sie Ihre Wohnung mit internetfähi-
App, mit Sprachkommandos, an in der          ger LED-Beleuchtung und Bewegungsmel-
Wand eingelassenen Bildschirmen oder –       dern ausstatten.
wie gewohnt – mit einem Schalter.
                                             Alles im Blick:
Künstliche Intelligenz: Manche Geräte        Sicherheit an der Haustür und im Haus
lernen aus Ihrem Nutzungsverhalten           Türklingel-Systeme mit WLAN-Anbindung
Manche Smart-Home-Geräte lernen aus          und Kamera zeigen Ihnen auf dem Handy
den Daten, die sie sammeln. So erkennt       oder Tablet an, wer vor der Haustür steht
die KI-Technik im smarten Fernseher nach     – selbst wenn Sie nicht zu Hause sind.
einer Weile, welche Serien Sie am liebsten   Smarte Türschlösser öffnen sich beispiels-
schauen und hilft Inhalte zu finden, die     weise mit Ihrem Fingerabdruck. Warnsen-
den persönlichen Vorlieben entsprechen.      soren an Türen und Fenstern können die
Die Heizung kann lernen, welche Tempe-       Alarmanlage aktivieren und Ihnen übers
ratur Sie zu welcher Tageszeit mögen, und    Handy Bescheid geben, wenn jemand
die Beleuchtungstechnik, wann sie das        versucht, in Ihre Wohnung einzubrechen.
Licht dimmen sollte.
                                             Gute Unterhaltung:
                                             das vernetzte Heimkino
So können Sie Smart-Home-Technik             Ein Smart-TV ist wie ein riesiges Smart-
nutzen                                       phone: Das Fernsehprogramm kommt
                                             über das Internet. Dafür müssen Sie die
Energie sparen:                              Apps spezieller TV-Streaming-Anbieter
Schlau heizen und beleuchten                 installieren. Mit einem Smart-TV können
Smarte Thermostate lassen sich unkom-        Sie außerdem Filme aus der Mediathek
pliziert statt des herkömmlichen Ther-       der öffentlichen-rechtlichen Sender oder
mostats an der Heizung anbringen. Wenn       Videos bei YouTube schauen, Musik hören
Sie das Haus verlassen, senkt die Heizung    und Spiele spielen. Wenn Sie den Fern-

                                                                                                   21
seher mit Ihrer Beleuchtung, den smarten   Tipps
     Lautsprechern und den Jalousien vernet-     Vergeben Sie für alle smarten Geräte
     zen, ist das Heimkino perfekt.               sichere Passwörter.

                                                 Sichern Sie auch Ihr WLAN, Ihren Rou-
     Das sollten Sie beachten                     ter, Ihre Smartphones und Tablets gut
                                                  ab.
     Informiert kaufen
     Nehmen Sie sich Zeit und informieren Sie    Spielen Sie die Geräte-Updates ein,
     sich vor dem Kauf ausführlich über die       sobald sie verfügbar sind.
     Produkte, den Datenschutz und darüber,
     ob die gewünschten Geräte miteinander       Richten Sie, wenn möglich, für ver-
     kompatibel sind.                             netzte Haushaltsgeräte ein eigenes
                                                  Heimnetz ein, das vom sonstigen
                                                  Netzwerk und von Ihren Computern
     Tipps:                                       getrennt ist. An vielen Routern ist
      Finden Sie in Fachportalen, bei Her-       das möglich.
       stellern oder Verkaufsstellen heraus,
       welche Daten die Geräte sammeln, ob       Überlegen Sie, ob Sie Heizung, Licht
       Daten verschlüsselt übertragen werden      und Rollläden wirklich auch von
       und ob es regelmäßige Sicherheits-         unterwegs steuern wollen. Möglicher-
       Updates gibt.                              weise genügt es Ihnen, Ihre smarten
                                                  Geräte ausschließlich im Heimnetz-
      Kaufen Sie ein Produkt nur, wenn           werk zu nutzen. Dann brauchen Sie Ihr
       Sie dem Unternehmen vertrauen.             Heimnetz nicht mit dem Internet zu
       Europäische Hersteller beispielsweise      verbinden – das erhöht die Sicherheit.
       müssen sich an die Datenschutzgrund-
       verordnung halten.

                                                                              Mehr
     Smart Home sichern                                                     erfahren
     Schützen Sie Ihr vernetztes Zuhause vor    Mehr Infos und viele nützliche Links
     Hacker-Zugriffen.                          finden Sie auf dem BAGSO-Internetportal
                                                wissendurstig.de unter www.wissens-
                                                durstig.de/smart-home-und-aeltere-
                                                menschen.

22
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

„Digital souverän mit KI heißt für mich,
dass ältere Menschen und Menschen
mit Behinderung länger selbstständig
leben und in ihrem gewohnten
Zuhause bleiben.“
Tim Ünsal, Mitarbeiter MGH Gneisenaustraße

                                                                           23
Wie KI unsere Gesundheit
     unterstützt
     Künstliche Intelligenz ist Hoffnungsträ-     So funktioniert KI in der Medizin
     gerin für eine bessere und individuellere    In der Medizin suchen KI-basierte An-
     Medizin. Bei der Diagnose von Krank-         wendungen vor allem nach Mustern in
     heiten und bei Therapieentscheidungen        großen Datenströmen. KI-Rechner greifen
     unterstützen KI-Anwendungen Ärztinnen        zum Beispiel blitzschnell auf sehr viele
     und Ärzte. In der Forschung helfen KI-ba-    Patienten-Datensätze zurück. Algorith-
     sierte Rechner beim Sichten und Sortieren    men analysieren die Daten und verglei-
     großer Datenmengen und im Operations-        chen sie mit Theorien, Therapieansätzen
     saal erhöhen selbstlernende Roboter die      und Zielvorgaben. Sie suchen zum Bei-
     Präzision und Reaktionsfähigkeit. Viele      spiel nach Behandlungsmethoden, die
     Menschen nutzen mittlerweile smarte          für den einzelnen Menschen die beste
     Armbänder, Uhren oder Apps, um gesün-        Heilungschance bieten. Dafür brauchen
     der zu leben und fit zu bleiben. Auch hier   sie nur wenige Minuten. Eine Ärztin oder
     kann beim Auswerten der Daten KI im          ein Arzt wäre damit wochenlang oder gar
     Spiel sein.                                  jahrelang beschäftigt. Eine schnelle und

24
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

treffsichere Auswertung ist auch für Rönt-    können die gesundheitliche Versorgung
gen- und Magnetresonanzbilder wichtig         erheblich verbessern – vor allem von
– etwa bei Krebs-Diagnosen, Infektionen       Menschen in abgelegenen Regionen.
und Herz-Kreislauferkrankungen. Hier
kann ein Team aus KI und Ärztin oder Arzt     Impfstoffe und Medikamente finden
Leben retten.                                 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
                                              setzen KI ein, um Forschungsarbeiten aus
                                              der ganzen Welt zu sichten, die sie nie
Diese Potenziale hat KI in der                alle selbst lesen könnten. Auf Deep Lear-
Gesundheitsversorgung                         ning basierende Algorithmen verknüpfen
                                              Datensätze, finden Zusammenhänge,
Krebs frühzeitig erkennen                     schlagen Experimente oder Behandlungen
Bei der Untersuchung der Haut erkennen        vor. So lässt sich zum Beispiel die Suche
Programme dank KI-Unterstützung Krebs         nach Impfstoffen und Medikamenten be-
oft zuverlässiger als Fachleute. Sie fin-     schleunigen.
den auf Fotoaufnahmen der auffälligen
Stellen wie Leberflecke innerhalb von         Pandemien vorhersagen
Sekunden eindeutige Muster, gleichen sie      Die kanadische Firma BlueDot durch-
mit vorgegebenen Kriterien ab und ent-        kämmt mit KI-basierten Rechnern welt-
scheiden dann: krebsverdächtig – ja oder      weit Nachrichtenseiten, Foren, Blogs,
nein. Medizinische Anwendungen, die so        Behördeninformationen und statistische
treffsicher diagnostizieren, ersparen Men-    Daten nach auffälligen Entwicklungen wie
schen viel Leid, dem Gesundheitswesen         Infektionskrankheiten. Neun Tage bevor
sparen sie Geld.                              die Weltgesundheitsorganisation WHO ihre
                                              erste Warnung vor einem grippeähnlichen
Dr. Smartphone für Untersuchungen             Erreger in China veröffentlichte – dem
weitab von Krankenhäusern                     SARS-CoV2-Virus –, entdeckten die For-
In einer Pilot-Studie in Indien testete ein   schenden Hinweise auf einen möglichen
deutsches Forschungsteam einen Aufsatz        Ausbruch in Wuhan. BlueDot sagte zudem
für Smartphone-Kameras. Mit diesem            korrekt Ausbrüche in weiteren Städten
Aufsatz lässt sich der Augenhintergrund       vorher. Künftig könnten solche Systeme
untersuchen. Bei jedem fünften Teil-          dabei helfen, dass Ersthelfende, Verwal-
nehmenden entdeckte das Team aus der          tungen und Regierungen schneller auf
Ferne eine Augenerkrankung, die bei           neue Krankheitsausbrüche reagieren und
Menschen mit Diabetes häufig vorkommt.        Maßnahmen einleiten.
Wird sie nicht behandelt, kann sie zur
Erblindung führen. Solche Entwicklungen

                                                                                                    25
„Ich wünsche mir für die
     Zukunft, dass KI besonders im
     medizinischen Bereich, z. B.
     in der Krebsforschung, für
     bahnbrechende Erfolge sorgt.“                     Sie nennen dabei Ihre Symptome und
                                                       erhalten dann einen Diagnosevorschlag
     Uli Kergel,                                       (z. B. die App „Ada“). Andere KI-Anwen-
     Mitarbeiter MGH Gneisenaustraße                   dungen beobachten den Stoffwechsel
                                                       und berechnen den Insulinbedarf (z. B.
                                                       „Diafyt“), analysieren den Schlaf-Wach-
          Ärztinnen und Ärzte entlasten                Rhythmus (z. B. „Somnio“) oder minimie-
          Medizin ist heute häufig Fließbandarbeit.    ren das Sturzrisiko (z. B. „Lindera“). In der
          Welch eine Verbesserung wäre es, wenn        Kritik stehen solche Apps vor allem wegen
          KI-basierte Systeme einen Teil dieser        des Datenschutzes.
          Arbeit übernähmen! Ärztliches Personal
          hätten mehr Zeit für das, was Patientin-     Wearables – am Körper tragbare Com-
          nen und Patienten heute oft vermissen:       puter: Mithilfe verschiedener Sensoren
          Gespräche, Empathie, Menschlichkeit.         messen EKG-Geräte, Fitnessarmbänder
                                                       oder Smart Watches Blutdruck und Puls,
          So können Sie selbst KI für Ihre             Aktivität und Pausen. Die Daten werden
          Gesundheit nutzen                            verarbeitet und können ans Smartphone
          Apps fürs Smartphone: Haben Sie schon        oder einen Computer übermittelt werden.
          einmal Ihre Krankheitsanzeichen im In-       Sie können die Geräte zum Beispiel so
          ternet recherchiert und sind auf schreck-    einstellen, dass Sie sie erinnern, in Bewe-
          liche Diagnosen gestoßen? Es gibt Apps,      gung zu bleiben und noch einen Spazier-
          deren Ergebnisse dank KI treffgenauer        gang zu machen. Ausgefeilte Systeme
          sein sollen und die wie ein Chatbot (text-   schlagen persönliche Fitnesspläne vor.
          basiertes Dialogsystem) funktionieren.       Viele dieser Geräte funktionieren ganz
                                                       ohne KI, können aber mit Sprachassisten-
                                                       ten (s. Seite 15) bedient werden. KI-ba-
                                                       sierte Algorithmen spielen vor allem eine
                                                       Rolle, wenn sie die gesammelten Fitness-
                                                       Daten auswerten oder wenn sie Ihnen
                                                       persönliche Tipps geben.

26
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Das sollten Sie beachten                     Beachten Sie die Haftungsfrage: Es ist
 Sehen Sie die Vorteile: KI kann und         noch nicht endgültig beantwortet, wer
  soll im Gesundheitswesen den Men-           bei einer Fehldiagnose der KI haftet:
  schen nicht ersetzen, sondern ent-          das Entwicklungsunternehmen, weil
  lasten – und bestenfalls Zeit verschaf-     es einen Programmierfehler übersehen
  fen für Zuwendung und eine bessere          hat, die Patientin oder der Patient,
  körperliche Untersuchung.                   weil sie oder er die App falsch bedient,
                                              medizinisches Personal, weil es die
 Bewahren Sie eine gesunde Skepsis:          App nicht gut genug erklärt hat.
  Richten Sie Ihr Leben und Ihre Akti-
  vitäten nicht zu streng nach einem         Denken Sie an Datenschutz: Machen
  Fitnessarmband oder einer digitalen         Sie sich bewusst, dass Sie sensib-
  Diagnose aus. Allein kann die Technik       le persönliche Daten weitergeben
  in der Medizin und für die Gesundheit       und fragen Sie sich, wer die Daten zu
  nichts ausrichten. Nur im Zusammen-         welchem Zweck verwendet. Lesen Sie
  spiel mit einem beratenden Menschen         dazu auch das Interview ab Seite 32.
  ist sie gut und hilfreich.

                                                                                            Mehr
 Fragen Sie Ärztin oder Apotheker:                                                       erfahren
  Wenn Sie Gesundheits-Apps oder
  Wearables nutzen möchten, infor-          Mehr Infos und viele nützliche Links
  mieren Sie sich vorher sehr gut über      finden Sie auf dem BAGSO-Internetportal
  Funktionsweise, Kosten und Nutzen.        wissendurstig.de unter www.wissens-
  Sprechen Sie auch mit Ihrer Ärztin oder   durstig.de/ki-und-gesundheit
  Ihrem Arzt darüber.

                                                                                                     27
Assistenzsysteme für blinde und
     sehbeeinträchtigte Menschen

     Welche Technologien für blinde und           Der Bildschirmleser - Standard in
     sehbeeinträchtigte Menschen gibt             vielen Computern und Smartphones:
     es?                                          Bildschirmleser sind oft bereits ins Be-
     Apps, die erklären, was vor der Handy-       triebssystem integriert. Über die System-
     kamera passiert, Sprachassistenten, mit      Einstellungen können Sie das Programm
     denen sich Haushaltsgeräte steuern las-      aktivieren. Es beschreibt alles, was der
     sen, smarte Langstöcke, die Hindernisse      Bildschirm gerade anzeigt: den Inhalt von
     erkennen: Für Menschen, die wenig oder       Textnachrichten oder von Webseiten, die
     gar nichts sehen können, gibt es immer       Uhrzeit oder den Batteriestatus.
     mehr digitale Helfer. Viele davon arbeiten
     mit KI-Technologien.                         Brillen, Langstöcke, Schuhe und Ruck-
                                                  säcke: Es gibt immer mehr Technologien
     Sprachassistenten: Mit der eigenen Stim-     für sehbeeinträchtigte Menschen, die Sie
     me Internet-Recherchen starten, Nach-        in die Hand nehmen, aufsetzen oder
     richten vorlesen lassen oder gleich die      anziehen können. Zum Beispiel Kameras,
     ganze Wohnung steuern – von diesen           die Sie an Ihrer Brille befestigen. Sie lesen
     Funktionen der Sprachassistenten pro-        unter anderem Texte vor und erkennen
     fitieren vor allem auch blinde und seh-      Objekte wie Türen, Stühle oder Treppen.
     beeinträchtigte Menschen. Mehr zu die-       Mit dem Mobiltelefon verbundene Blin-
     sen Themen lesen Sie in den Kapiteln zu
     Sprachassistenten und Smart Home.

     Apps fürs Mobiltelefon: Manche Apps
     können Texte vorlesen und Fotos be-
     schreiben, Geldscheine, Farben und sogar
     andere Menschen erkennen. Andere
     helfen bei der Wegeplanung. Für Kino-
     besuche oder Filmabende zuhause gibt es
     Apps, die den Film akustisch beschreiben.

28
Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

denstöcke (Langstöcke) sagen Ihnen, wo      Sprachassistenten verbinden. Über einen
Sie sich gerade befinden. Smarte Schuhe     kleinen Lautsprecher im Langstock infor-
oder Rucksäcke warnen mit Hilfe von         miert das Gerät Sie dann über Geschäfte
Sensoren oder Kameras vor Hindernissen.     in der Nähe, darüber, wann der nächste
Durch KI-Verfahren können die Geräte        Bus kommt oder wie weit es noch bis zu
stetig dazulernen.                          Ihrem Ziel ist. Wenn Sie diese Funktion
                                            nutzen, lernt die KI-Technologie durch
                                            Ihre Anfragen immer mehr dazu.
So funktionieren die tragbaren
smarten Technologien                        Spezielle Rucksäcke arbeiten zudem mit
                                            einer KI-Software, die darauf trainiert
Die KI-Technologie in Brillen-Kame-         wurde, Autos, Hunde oder Fußgängerin-
ras wurde darauf trainiert zu erkennen,     nen und Fußgänger an ihren Geräuschen
was sich vor der Kamera befindet. Sie       zu erkennen.
kann Dokumente erfassen, Geldschei-
ne und Farben erkennen und Produkte
anhand des Strichcodes auf der Verpa-       So können Sie die Apps nutzen
ckung identifizieren. Wenn Sie das Ge-
rät mit Fotos und Namen von Menschen        Barrierefrei Filme erleben:
füttern, erkennt es diese Menschen. Bei     Mit der App „Greta“ können Sie vor einem
nicht gespeicherten Personen sagt es        Kinobesuch oder einem Filmabend zu-
Ihnen beispielsweise, ob ein Mann, eine     hause die Audiobeschreibung des Films
Frau oder ein Kind vor Ihnen steht. Die     herunterladen. Über Kopfhörer hören Sie
Kamera reagiert, wenn Sie sie antippen,     die gesprochene Filmbeschreibung für
ein Sprachkommando geben („Lies die         Blinde und Sehbeeinträchtigte – die so-
Zeitungsüberschriften vor“) oder mit dem    genannte Hörfilm-Fassung. Für Gehörlose
Finger auf etwas zeigen. Über einen klei-   können Untertitel angezeigt werden.
nen Lautsprecher beschreibt das Gerät,
was vor der Kamera zu sehen ist.            „Alexa, öffne ,Hörfilm’“: Mit dem Skill
                                            „Hörfilm“ des Amazon-Sprachassistenten
Elektronische Langstöcke haben Sensoren     können Sie die Hörfilm-Fassungen von
und vibrieren, wenn Sie auf ein Hinder-     Filmen der öffentlich-rechtlichen Sender
nis zulaufen. Sie warnen auch vor Hin-      ARD, ZDF und Arte suchen und abspielen.
dernissen auf Brust- und Kopfhöhe. Via      Das funktioniert bei Filmen, die in dem
Smartphone-App können Sie den Stock         Moment laufen, und bei Filmen in den
mit einer Navigations-App oder einem        Online-Mediatheken.

                                                                                                  29
„Digital souverän mit KI heißt für mich, den Alltag in
       meiner Wohnung und mit meiner Sehbehinderung besser
       bewältigen zu können. Ich bin schon gut ausgestattet
       und mit meiner zunehmenden Erblindung möchte ich so
       viel wie möglich kennenlernen, um so lange wie möglich
       selbstständig zu Hause leben zu können.“
       Resi Kämling, ehemalige Seniorenbeauftragte Wittstock

     Unterstützung von anderen Menschen          für Sie interessant sein könnten. Sie sagt
     bekommen:                                   Ihnen beispielsweise, welches das be-
     Über die App „Be my eyes“ – auf Deutsch:    liebteste Café im Umkreis ist, wo sich die
     „Sei mein Auge“ – können Sie Ehrenamt-      Bibliothek oder der nächste Supermarkt
     liche mit einem Video-Anruf kontaktie-      befindet.
     ren. Diese beschreiben Ihnen, was sie ge-
     rade über die Kamera Ihres Mobiltelefons
     sehen: Sie lesen beispielsweise Etiketten   Das sollten Sie beachten
     auf Lebensmitteln vor, schauen sich den      Informieren Sie sich, ob Ihre Wunsch-
     Busfahrplan an oder suchen gemeinsam          App für Ihr Smartphone erhältlich ist:
     mit Ihnen nach heruntergefallenen Ge-         Manche Apps laufen bisher ausschließ-
     genständen.                                   lich auf Apple-Geräten.

     Mit Hilfe von KI die Umgebung                Manche der smarten Geräte oder An-
     beschreiben lassen:                           wendungen sind noch nicht in deut-
     Diese Art der Unterstützung übernimmt         scher Sprache erhältlich.
     bei der App „Seeing AI“ – auf Deutsch:
     „Sehende Künstliche Intelligenz“ – eine      Viele Geräte sind teuer: Welche die
     KI-Technologie. Die App arbeitet mit der      Krankenkasse finanziert, lesen Sie im
     Kamera Ihres Handys zusammen und hat          Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spit-
     ähnliche Funktionen wie die smarten           zenverbands – der Interessenvertre-
     Brillen (siehe oben).                         tung der gesetzlichen Kranken- und
                                                   Pflegekassen.
     Die Navigations-App „BlindSquare“ sagt
                                                                                    Mehr
     Ihnen, was sich in Ihrer Nähe befindet.
                                                                                  erfahren
     Dafür bestimmt sie Ihre Position über
     die GPS-Funktion Ihres Smartphones.         Mehr Informtionen und viele nützliche
     Anschließend sucht sie mit Hilfe eines      Links finden Sie auf dem BAGSO-Inter-
     KI-Verfahrens Informationen über die        netportal wissendurstig.de unter www.
     Umgebung im Internet. Die App lernt aus     wissensdurstig.de/ki-basierte-angebote-
     Ihrem Verhalten, welche Informationen       fuer-blinde-und-sehbeeintraechtige.

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Künstliche Intelligenz im Alltag älterer Menschen

Umgang mit KI: Auch eine Frage
der Datenkompetenz
Ohne Datenverarbeitung gibt es keine          Fit für den Umgang mit den
KI: Sprachassistenten speichern Sprach-       eigenen Daten
befehle, Smart-TVs erfassen Daten über        Schützen Sie deshalb persönliche Daten
das Fernsehverhalten, Staubsaugerroboter      über die Einstellungsmöglichkeiten der
legen digitale Karten der Wohnung an          Geräte. Falls Sie noch nicht viele Erfah-
und Smart Watches messen die Herzfre-         rungen in der digitalen Welt gesammelt
quenz. KI-Verfahren beruhen darauf, dass      haben, und nicht wissen, wie und wo Sie
sie große Datenmengen verarbeiten und         diese Einstellungen vornehmen können,
mit Daten trainiert werden. Das hat Vor-      holen Sie sich Unterstützung. Familien-
teile: Das Auswerten und Abgleichen von       mitglieder, digital Versierte im Freundes-
Gesundheitsdaten kann beispielsweise zu       kreis oder engagierte Internethelferinnen
einem gesünderen Alltag beitragen. Dann       und -helfer können Ihnen das zeigen.
meldet sich die Fitness-Armbanduhr bei-       Letztere finden Sie z. B. unter www.wis-
spielsweise mit der Empfehlung, mehr          sensdurstig.de/veranstalter, wenn Sie dort
Schritte zu gehen.                            ihre Postleitzahl eingeben. Es gibt auch
                                              Seminare, Workshops, Bücher und Apps,
Aber Datenschutz-Fachleute mahnen zu-         mit deren Hilfe Sie Ihre eigene Daten-
recht zur Vorsicht: Geräte, die Sie ständig   kompetenz erweitern können.
bei sich tragen, können beispielsweise
Bewegungsprofile anlegen. Die Server, auf     Empfehlenswerte Angebote und Tipps
denen Ihre Daten abgelegt und gesam-          zum Datenschutz finden Sie zum Beispiel
melt werden, stehen zudem oft nicht in        unter https://www.wissensdurstig.de/
Deutschland oder Europa, wo die Daten-        digital-souveraen-mit-ki-auch-eine-fra-
schutzgrundverordnung gilt. Kriminelle        ge-der-datenkompetenz/
können Geräte ausspionieren oder sich
über Videokameras Einblicke in Ihre Pri-
vatsphäre verschaffen.

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