Monat - Österreichischer Behindertenrat
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monat Schwer punkt: Demo der Selbstv Ausgabe 4/2017 ertrete r RUNDSCHAU DER DACHORGANISATION DER BEHINDERTENVERBÄNDE ÖSTERREICHS WEIHNACHTSFEIER IN DER HOFBURG Foto: Peter Lechner/HBF behindertenrat • Aboservice Tel. 01 / 513 1 533 • www.behindertenrat.at • P.b.b. 1100 Wien • Abo: 24,00€/Ausland + Porto
Aus dem Inhalt Ausgabe 4/2017 Editorial Herbert Pichler 4 Kolumne Angemerkt 6 Österreichischer Behindertenrat schreibt an die neue Regierung 11 Die europäische Säule Sozialer Rechte 14 Inklusionspreis 2017 15 Fachtagung "Wege zum selbstbestimmten Leben" 20 Inhalte des Inklusionspakets 22 Weihnachtsfeier mit Bundespräsident Das 4. Europäische Parlament der Men- Jugend-EU-Freiwilligeneinsatz für Alexander Van der Bellen Foto: M. Janousek schen mit Behinderungen Foto: G. Eigelsreiter Menschen mit Behinderungen 24 UNIKATE Ideenwettbewerb: Technik ermöglicht Teilhabe 28 H euer fand die traditionelle Weihnachtsfeier des Bundes- präsidenten für BürgerInnen mit B rüssel wurde am 6. Dezember 2017 zum Treffpunkt der euro- päischen Behindertenbewegung. Behinderungen wieder in der Wiener Bereits zum 6. Mal fand das Europä- Lesestoff 30 Hofburg statt: Feierlich, weihnacht- ische Parlament der Menschen mit lich und natürlich auch politisch. Behinderungen in Brüssel statt. Es Bundespräsident Alexander Van der wurde vom Europäischen Behinder- Liebe Leserin, Bellen betonte in seiner Ansprache, tenforum EDF organisiert, das heuer lieber Leser! dass alle Menschen das Recht auf seit 20 Jahren besteht und sich un- ein selbstbestimmtes Leben haben. ermüdlich für die Rechte von Men- Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Der Präsident des Behindertenra- schen mit Behinderungen einsetzt. Lesen des neuen Heftes und freuen tes, Herbert Pichler, sagte, es sei Es ist daher an der Zeit, europäische uns über Ihre Rückmeldung. notwendig, einen Inklusionsfonds Werte wie Freiheit, Gleichheit und für Menschen mit Behinderungen und Inklusion aller Mitglieder end- Bitte schreiben Sie uns an: einzurichten. lich auch in Taten umzusetzen. presse@behindertenrat.at monat Einen ausführlichen Bericht lesen Sie auf den Eine Delegation des Österreichi- schen Behindertenrates nahm teil. erscheint wieder im April 2018 Seiten 8, 9 und 10 Seiten 12 und 13 IMPRESSUM: Medieninhaber: Österreichischer Behindertenrat - Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs · Herausgeber: Herbert Pichler · Chefredaktion: Dr.in Gabriele Sprengseis (gs) · Gestaltung: Die Medi- enmacher GmbH · Adresse: 1100 Wien, Favoritenstraße 111/11 Tel.: 01 / 5131533, Fax: DW-150. Mail: presse@ behindertenrat.at · Website: www.behindertenrat.at · Offenlegung nach dem Mediengesetz: www.behindertenrat. at/impressum · Druck: Die Medienmacher GmbH · Anzeigenverkauf und Layout: Die Medienmacher GmbH, 8151 Hitzendorf Filiale: 4800 Attnang-Puchheim, 07674 / 62 900, office@diemedienmacher.co.at, www.diemedien- macher.co.at · Nachdruck nur nach ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Redaktion gestattet. · Nicht alle Artikel entsprechen unbedingt der Meinung der Redaktion. Wir haben das Ziel, eine möglichst breite Diskussions- basis für sozialpolitische Probleme und unterschiedliche Standpunkte zu schaffen. · Bankverbindung: easybank, IBAN: AT85 1420 0200 1093 0600, BIC: EASYATW1 DVR 08 67594 · ZVR-Zahl: 413797266 · Erscheinungsort Wien www.behindertenrat.at 3
Foto: Privat Highlight 2017: Das Inklusionspaket editorial M it sprichwörtlich vereinten Kräften haben wir das Inklusionspa- ket bekommen. Das sehe ich als Meilenstein in der österreichi- schen Behindertenpolitik. Das Inklusionspaket wurde am 12. Oktober bei der Nationalratssitzung einstimmig beschlossen. Damit sind wir dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft wieder ein Stück näher gekommen. Es gibt jedoch noch viele unerfüllte Forderungen, für die wir uns 2017 eingesetzt haben, die uns aber auch 2018 noch begleiten werden. Dazu gehört der Inklusionsfonds, denn Menschen mit Behinderungen benötigen Geld, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dazu gehört das schwere Wort „De-Institutionalisierung“, das be- deutet, dass jeder Mensch mit Behinderungen das Recht hat, so zu leben wie er oder sie es wünscht. Dazu gehört Arbeit. Leider werden Menschen mit Behinderungen immer noch zu häufig „beschäftigt“. Beschäftigung ist jedoch das falsche Wort. Menschen mit Behinderung en leisten gute „Arbeit“. Diese sollte auch so genannt und so be- zahlt werden, inklusive der kompletten Sozialversicherung. Und dazu gehört auch Bildung. Nachdem ich selbst die Sonderschule besucht habe, weiß ich, was Ausgrenzung bedeutet und wie viel schlechter die Chancen sind, eine passende Arbeitsstelle zu bekommen. Schließlich schauen wir mit etwas Sorge ins neue Jahr. Was plant die neue Regierung in Sachen Sozial- und Behindertenpolitik? Wir waren proaktiv und haben der neuen Regierung und auch dem Bundespräsidenten unsere dringlichsten Forderungen für Menschen mit Behinderungen übergeben (siehe auch Bericht auf S. 11). Wir als Behindertenrat setzen uns dafür ein, das Leben von Menschen mit Behinderungen in Österreich weiterhin zu verbessern. In diesem Sinne wünsche ich allen LeserInnen und ihren Angehörigen ein friedvolles und fröhliches Weihnachtsfest und ein sehr gutes und gesundes Neues Jahr. Euer Herbert Pichler 4 www.behindertenrat.at
DAS ERSTE AUFZUG-NOTRUFSYSTEM NACH DEM ZWEI-SINNE-PRINZIP… DAS SICH SELBST BEZAHLT MACHT. Ein wichtiger Grundsatz der barrierefreien Gestaltung von Gebäuden und deren Ausstattung ist die Einhaltung des „Zwei-Sinne-Prinzips“. Demnach müssen immer mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen, Tasten“ angesprochen werden. Informationen, die der Sicherheit und Orientierung von Menschen mit einer Hörschädigung dienen, müssen in Form des Zwei-Sinne-Prinzips zur Verfügung gestellt werden. Das Fernnotruf-System KONE IntelliViewTM bietet den Vorteil, dass auch Menschen, deren Hör-, Sprach- oder Sehleistung eingeschränkt ist, den Aufzugnotruf - ohne fremde Hilfe - benutzen können. Mit KONE IntelliViewTM können Personen im Notfall über die Sprechverbindung und/ oder über das visuelle Notruf-Protokoll in wenigen Schritten Hilfe anfordern. Das TÜV-geprüfte KONE IntelliViewTM System geht aktuell als einziges System der Aufzugsindustrie auf Anforderungen von schwerhörigen, gehörlosen oder sprachbeeinträchtigten Personen ein und erfüllt die Anforderungen des Bundes-Behin- dertengleichstellungsgesetzes. „Als Aufzugshersteller sehen wir unsere eigentliche Mission „Menschen mit Hör- und Sprachbeeinträchtigung hatten darin, Menschen beim Überwinden von Barrieren zu helfen.“ aufgrund der auditiven Kommunikation in herkömmlichen erklärt Gernot Schöbitz, Geschäftsführer KONE Österreich. Aufzugsanlagen bisher keine Verständigungsmöglichkeit. „Mit dem KONE IntelliViewTM System schaffen Betreiber die Daher spreche ich mich sehr dafür aus, dass sich die Aufzugs- Voraussetzung, dass in ihrem Aufzug niemand behindert wird hersteller und -betreiber intensiver damit auseinandersetzen. “ und alle gesetzlichen Voraussetzungen der ÖNORM B1600 meint dazu Dr. Erwin Buchinger, ehemaliger Österreichischer und des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG) Behindertenanwalt und Sozialminister. erfüllt werden.“ Darüber hinaus bietet KONE IntelliViewTM noch 3 weitere Zusatznutzen: 1. EIN PLUS AN SICHERHEIT Lassen Sie Ihr Notrufsystem durch Werbung sponsern Kameragestützte Notfall-Erkennung Sie haben die Wahl, ob Sie ausschließlich eigene Informationen über das Ein zusätzliches Plus der Sicherheit ist die kameragestützte Notfall-Er- KONE IntelliViewTM System ausspielen oder auch Werbebotschaften Dritter kennung. Wenn sich nach Notruf-Auslösung keine Person meldet, kann zulassen und so Ihre Betriebskosten sponsern lassen. durch die Aktivierung der Kamera mittels Foto festgestellt werden, ob ein Einschluss vorliegt, bei dem die eingeschlossene Person nicht in der Lage Individuelle Tastenbelegung ist zu kommunizieren. Da in diesem Fall „Gefahr im Verzug“ anzuneh- Die großzügigen und robusten „YES“/“NO“-Tasten können über die men ist, ist die anlassbezogene Kameraaktivierung datenschutzrechtlich kostenlose VIEWAPP mit wenigen Clicks belegt werden. Sie entscheiden, unbedenklich. was die Personen im Aufzug sehen und können das Programm auch im Programmplaner für die Zukunft festlegen. Technische und medizinische Hilfe Im Anlassfall kann mithilfe dieser Funktion durch die KONE Notruf-Zent- 3. KOSTEN SPAREN rale - neben der technischen - auch medizinische Hilfe veranlasst werden, Reduktion der Fehlalarme gezielt und ohne Zeitverlust. Gleichzeitig verringert die Notfall-Erkennung Durch den Einbau eines KONE IntelliViewTM Systems können Sie neben auch Fehlalarme und die damit verbundenen Kosten, die der Betreiber zu den zahlreichen Vorteilen auch einfach Kosten sparen. KONE IntelliViewTM tragen hätte. verringert die Kosten für Fehlalarme durch kameragestützte Notfall-Erken- nung. Batteriepufferung Ihre KONE IntelliViewTM Einheit wird über eine vom Aufzug unabhängige Lassen Sie sich die Betriebskosten durch Werbung sponsern Pufferbatterie mit Strom versorgt und ermöglicht selbst bei Stromausfall Mit Ihrem KONE IntelliViewTM System können Sie entscheiden, ob Ihr die Anforderung von Notbefreiung und Hilfe. Aufzug mit dem VIEWMEDIA Server verbunden wird. Die optionale An- bindung an den VIEWMEDIA Server beteiligt Sie - ohne Aufwand Ihrerseits 2. MEHRWERT DURCH INFORMATION - am Werbeumsatz ihres Aufzugs. Über den Bildschirm Ihres KONE Intelli- Das traditionelle „Schwarze Brett“ wird bunt, multimedial und … reduziert ViewTM werden ausschließlich geprüfte Werbebotschaften geschaltet. die Betriebskosten. Verdienen Sie mit jeder Aufzugsfahrt Über die kostenfreie VIEWAPP können Sie Ihre Displays mit Grafiken, Infor- So können Sie im Idealfall ihre kompletten Notrufbereitschafts- und Tele- mationen und wichtigen Hinweisen versorgen. Automatische Algorithmen fongebühren kompensieren, vielleicht sogar mehr als das. Die tatsächli- unterscheiden zwischen Auf- und Abwärtsfahrten. Medien werden nur chen Werbeeinnahmen sind abhängig von der jeweiligen Fahrtenzahl, der ausgegeben wenn Personen im Aufzug sind. Anzahl der beförderten Personen und der Werbeauslastung. Informationen ausspielen, Einblicke erhalten Damit die Werbefläche für Sie eine Bereicherung bleibt, haben Sie die Als mögliche Informationen können zum Beispiel Orientierungshilfen, Ser- Möglichkeit mittels einer Kategorie-Sperre unpassende Inhalte (für Unter- viceangebote oder aktuelle Nachrichten für Ihre Benutzer bereitgestellt nehmen, zum Beispiel den Mitbewerb) von Ihrem Aufzug fern zu halten. werden. Die App bietet Ihnen auch Einblicke in die Fahrtenzahlen und den Status der Aufzüge. Anzeige KONE AG | Aufzüge · Rolltreppen · Automatiktüren | Lemböckgasse 61, 1230 Wien | Tel.: +43 1 863 67-0 | www.kone.at www.behindertenrat.at 5
Nachrichten Ausgabe 4/2017 ANGEMERKT Forum Selbstvertretung von Gabriele Sprengseis Forderungen wurden dem Behindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer übergeben. Rückblick 2017 F ür die ÖAR war 2017 ein span- nendes Jahr. Aus der ÖAR ist A m 11. Dezember 2017 war das Forum Selbstvertretung beim Be- hindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer. im Mai der Österreichische Behin- Andreas Zehetner, der Sprecher-Stell- dertenrat geworden und Herbert vertreter für das Forum überreichte Pichler ist unser neuer Präsident. Forderungen zum selbstbestimmten Das Büro ist in den 10. Bezirk Leben und Wohnen mit den gesam- übersiedelt. Auch die Homepage melten Unterschriften. 665 Menschen hat eine neue Adresse: www.be- unterstützen das. hindertenrat.at. Im Team gab es hindertenrechtskonvention“, betont einige Veränderungen und neue „Die UN-Behindertenrechtskonven- Andreas Zehetner. Besetzungen stehen noch an. tion muss dringend in Österreich umgesetzt werden. Der Behindertenanwalt bedankt Im Frühjahr wurde Dr. Hansjörg Selbstbestimmung ist für Menschen sich beim Forum Selbstvertretung Hofer nach einem öffentlichen mit Behinderungen sehr wichtig. für seinen Einsatz. „Das sind sehr Hearing vom Sozialminister Jeder Mensch darf selbst über sein wichtige Forderungen,“ betont er ab- zum Bundesbehindertenanwalt Leben bestimmen. schließend und verspricht, bei seinen bestellt. Weiters haben wir uns Jeder Mensch darf selbst bestimmen, Gesprächen mit den MinisterInnen mit vielen wichtigen Themen wo und wie er wohnt! explizit auf die Forderungen des Fo- intensiv beschäftigt und einige So steht es in Artikel 19 der UN-Be- rum Selbstvertretung hinzuweisen. Veranstaltungen durchgeführt. Die neue Regierung bringt Bild des monats neue Herausforderungen für Menschen mit Behinderungen. Die im Regierungsprogramm festgehaltene Garantie eines modernen Rechtschutzes und eine entsprechende Förderung werden wir einfordern, denn eine gleichberechtigte Teilhabe muss längst eine Selbstverständ- lichkeit in unserer Gesellschaft sein. Ich habe in meinem ersten Jahr sehr viele interessante Men- schen kennen gelernt, vielen Dank dafür - auch für die gute Zusammenarbeit mit allen. * g.sprengseis@behindertenrat.at Ohne gute Plakate ist eine Demo witzlos. Das Foto wurde bei der Demo des Netz- werks Selbstvertretung Österreich aufgenommen (s. Seiten 16-18) Foto: Felix Egger 6 www.behindertenrat.at
Intern Ausgabe 4/2017 Neu im Team: Emil Benesch S eit Anfang Oktober verstärkt DI Emil Benesch das Team des Österreichischen Behindertenrates. Durch sein bisheriges Engagement zieht sich ein klarer roter Faden. „Ich setze mich immer ein, wenn wichtige Brasiliani- sche Kultur, österreichi- Eine seiner ersten Aufgaben war es Anliegen unter den Tisch fallen“, be- sche Ge- heuer den Weihnachtsempfang von tont Emil. „Für eine selbstbestimmte schichte sowie Zeitung lesen zählen Bundespräsident Van der Bellen Gemeindepolitik, für biologische zu seinen Hobbies. für Menschen mit Behinderungen Vielfalt und den Schutz von Natur- in der Wiener Hofburg seitens des räumen, für die Rechte indigener Ein besonderes Anliegen ist es ihm, Behindertenrates zu organisieren. Völker Amazoniens als Hüter des dass Bevölkerungsgruppen und The- Zu seinen weiteren Aufgaben zählen Regenwaldes, für Klimaschutz, für die men nicht gegeneinander ausgespielt die Projekte UNIKATE und FAIR FÜR Einhaltung der Menschenrechte und werden. Ob im Naturschutz, in der ALLE. Emil Benesch ist in Wien Favo- ökologische Standards beim Import Entwicklungszusammenarbeit, beim riten geboren, hat Landschaftspla- von Ressourcen.“ Zuletzt hat er an Klimaschutz oder im Engagement für nung studiert und einige Jahre beim der Einführung von „fairem Gold“ in Menschen mit Behinderungen, wir WWF Österreich und dem Klimabünd- Österreich mitgearbeitet. brauchen in allen Bereichen Zusam- nis Österreich gearbeitet. Begleitend menarbeit, Lösungen und Fortschrit- hat er eine Bürgerinitiative gegen Emil Benesch lebt in einer brasilia- te. Nach dem Motto: Gemeinsam für einen Konzern und einen Verein für nisch-wienerischen Familie, engagiert ein gutes Leben für alle. Ökopädagogik namens „Frohnatur“ sich in einem Gemeinschafts-Gar- gegründet. tenprojekt und spielt gerne Fußball. e.benesch@behindertenrat.at Ausgezeichnete Texte über gefangene Gedanken Literaturpreis Ohrenschmaus 2017 für Menschen mit Lernbehinderungen zum 11. Mal vergeben. „M anchmal lässt du die Ge- danken frei und manch- mal sperrst du sie ein. Gefangene schriftstellerisches Potential haben. „Der Literaturpreis Ohrenschmaus zeichnet daher ganz bewusst In ihrem Text „Langsam werden“ schreibt die im Waldviertel lebende Melanie Koller vom Glück, an dem Gedanken sind in deinem Kopf, Literatur von Menschen mit Lernbe- wir in unserer Schnelllebigkeit vor- doch irgendwann werden sie zie- hinderungen aus“, so der Initiator beihasten und das sich oft erst im hen. Irgendwann werden sie ziehen Franz-Joseph Huainigg. Langsam-Werden entfaltet. Ohren- und dann sind sie frei“, so beginnt schmaus Schirmherr Felix Mitterer der Text „Gefangene Gedanken“, Weitere PreisträgerInnen sind Me- bedankt sich bei Melanie Koller für des jungen Schreibtalents David lanie Koller und Christoph Dietrich. ihre Worte: „Das können wir uns Tritscher. Der 18-Jährige wurde am In „De guade blaue Schmierfettn“ alle zu Herzen nehmen. Wie sind wir 4.12.2017 mit dem Literaturpreis führt Christoph Dietrich „mit sehr doch viel zu schnell und hektisch. Ohrenschmaus ausgezeichnet. knappen, klaren und doch sehr lako- David Tritschers Text zeigt, dass sich nischen Worten [...] in die Schmier- Alle Texte können unter Menschen mit Lernbehinderungen fettlehre ein“, so Jury-Mitglied Eva www.ohrenschmaus.net viele Gedanken machen und großes Jancak in ihrer Laudatio. nachgelesen werden. www.behindertenrat.at 7
Weihnachtsempfang alle Fotos: Michael Janousek (8) Alle Jahre wieder in der Wiener Hofburg Erste Weihnachtsfeier mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen H euer fand die traditionelle Behinderungen, Angehörige, Assis- erste gemeinsame Weihnachtsfeier Weihnachtsfeier des Bundes- tentInnen und Funktionäre der Sozi- und möchte diese Tradition gerne präsidenten wieder in der Wie- al- und Behindertenorganisationen fortsetzen. Initiiert wurde diese vor ner Hofburg statt. Viele Doppelluster aus ganz Österreich nahmen an der vielen Jahren von Dr. Klaus Voget, aus Kristallglas erstrahlten den Weihnachtsfeier teil. Als Ehrengäste Ehrenpräsident des Österreichischen Zeremoniensaal, ehemaliger Thron wurden Bundesminister Alois Stö- Behindertenrates und Präsident des saal der Habsburger. Der Weg dort- ger, Weihbischof Dr. Franz Scharl, ÖZIV. In seiner Ansprache erzählt hin ist mit roten Teppichen ausge- Superintendent Mag. Hansjörg Lein, der Bundespräsident von seinem legt. Im Maria-Theresien-Zimmer, Behindertenanwalt Dr. Hansjörg kürzlichen Besuch bei Papst Franzis- das der Bundespräsident als offizi- Hofer und die Behinderten- und kus in Rom. Er hat ihm ein Geschenk ellen Raum für Regierungsangelo- SozialsprecherInnen der Parteien mitgebracht und zwar ein spezielles bungen und Staatsbesuche nutzt, begrüßt sowie der Präsident des Brot aus seiner Heimat, „Tiroggl“ können so manche Gäste nicht Österreichischen Behindertenrates genannt. Dieses Brot lag in einer wiederstehen und lassen sich vor Herbert Pichler. Brotdose aus Zirbenholz, die wiede- dem lebensgroßen Porträt von Maria rum im integrativen Betrieb VOMP Theresia fotografieren. Von VOMP zum Papst hergestellt worden war. „Dort wird das gelebt, was wir alle hier meinen: Rund 220 Menschen waren der Bundespräsident Alexander Van der Inklusion, Chancengerechtigkeit, Einladung gefolgt. Menschen mit Bellen freut sich sehr über diese Fairness, Gemeinsamkeit auf Au- 8 www.behindertenrat.at
Ausgabe 4/2017 Edel über roten Teppich rollten viele Herbert Pichler, Alexander Van der Bellen Bundespräsident Alexander Van der TeilnehmerInnen in den Festsaal. und seine Ehefrau Doris Schmidauer. Bellen bei seiner Weihnachtsansprache. genhöhe.“ Er möchte jedoch nicht chisch kranke Menschen Persönliche unter den Teppich kehren, dass Assistenz bekommen und gehörlose noch viel zu tun ist und fordert dazu Menschen auch für den privaten auf, gemeinsam daran zu arbeiten, Bereich Gebärdensprach-Dolmetsch weiter Barrieren zu überwinden. erhalten. Herbert Pichler: „Wir „An konkreten Orten genauso wie in hätten das Inklusionspaket nicht unseren Köpfen. Im 21. Jahrhundert geschafft, wenn wir nicht gemein- haben die Menschen das Recht auf sam zusammengearbeitet hätten.“ ein selbstbestimmtes Leben, auf die Er habe ganz, ganz stark gespürt, Anerkennung ihrer Fähigkeiten und was diese Gemeinsamkeit bedeutet. auf die Wertschätzung ihrer Per- Der Minister und die Beamten des sönlichkeit und Würde“. Mit einem Sozialministeriums genauso wie die herzlichen Dankeschön an alle been- unterschiedlichsten Behindertenver- det Bundespräsident Van der Bellen bände und auch die Selbstbestimmt seine Rede. Leben Bewegung, die nicht Mitglied im Behindertenrat ist, haben ge- Gelungene Gemeinsamkeit! meinsam an diesem Ziel gearbeitet. Lächeln fürs Foto. Präsident Herbert Pichler greift den Faden, dass es noch viel zu tun gibt, auf. Er betont in seiner Festrede die Notwendigkeit der Errichtung eines Inklusionsfonds für Menschen mit Behinderungen in Österreich. Dieser soll ähnlich wie der Pflegefonds, gespeist von Bund und Ländern, Mittel für Menschen mit Behinde- rungen zur Verfügung stellen. Er soll bundeseinheitlich sein und für wesentlich mehr Zielgruppen gelten. So könnten auch Menschen mit Lernschwierigkeiten und psy- Sozialminister Alois Stöger (links) neben Präsident Herbert Pichler (rechts). www.behindertenrat.at 9
Weihnachtsempfang Ausgabe 4/2017 rensemble der Gardemusik Wien. Vier Weihnachtslieder des Kam- merchors der Oberstufe des Gym- nasiums der Wiener Sängerknaben folgten. Sie sangen das „Abendlied“ opus 9/3 von Josef Gabriel Ritter von Rheinberger, das Lied „Carol of the bells“, eine Melodie aus dem 15. Jahrhundert „Es kommt ein Schiff, geladen“ und das bekannte Ad- ventslied „Maria durch ein´ Dorn- wald ging“. Es war eine großartige Darbietung der jungen Sängerinnen Maria Happel und Gregor Seberg haben nicht nur Weihnachtsgeschichten vorgelesen. und Sänger. Als weiteres Beispiel einer jüngst Sinne der Gemeinsamkeit wünscht Schließlich wurden Kaffee, heiße gelungenen Gemeinsamkeit erwähnt Präsident Herbert Pichler allen ein Schokolade und Tee gereicht. Wäh- Präsident Pichler den Zusammen- schönes Weihnachtsfest und ein rend der Weihnachtsjause gingen schluss der fünf großen Dachver- gutes Gelingen im Jahr 2018. Bundespräsident Alexander Van der bände der Sozial- und Pflegeein- Bellen und seine Frau Mag.a Doris richtungen im Kontext der neuen Singen mit der SOKO Donau Schmidauer von Tisch zu Tisch, um Vergaberechtsrichtlinie der EU. Das mit den Gästen zu plaudern und sind neben dem Österreichischen Es folgten zwei Lesungen. Kammer- schöne Weihnachten zu wünschen. Behindertenrat, dabei-austria – der schauspielerin Maria Happel liest Die Fotografen hatten zu tun. Dachverband berufliche Integration die fröhliche Weihnachtsgeschichte Die Fotos sind auf der www.bun- Austria, arbeit plus – soziale Unter- „Engel Fidor rettet Weihnachten“ despraesident.at/nc/aktivitaeten/ nehmen Österreich, die BAG – Bun- von Andrea Schober. Mit „Eine fotogalerie/ und auf der Homepage desarbeitsgemeinschaft Freie Wohl- kleine Weihnachtsgeschichte vom des Behindertenrates www.behin- fahrt und die SWÖ – Sozialwirtschaft René“, erfreute Gregor Seberg, alias dertenrat.at anzusehen. Österreich. Vor kurzem gab es eine Oberstleutnant Helmuth Nowak von Die Gebärdensprachdolmetsche- Presskonferenz mit gemeinsamen der SOKO Donau, die Gäste. Beide rinnen Melanie Zapletal und Eva Zielen. „Man darf nicht vergessen, forderten im Anschluss zum ge- Böhm dolmetschten das gesamte diese fünf Dachorganisationen ver- meinsamen Singen von „O Tannen- Weihnachtsfest, auch die Lieder des treten in Österreich gemeinsam 716 baum“ auf. Das kam für alle etwas Chors. Organisationen. Dafür bin ich dank- überraschend, aber nach der ersten bar, dass wir in Zukunft auch weiter Strophe war die Scheu überwunden. Es war eine gelungene Weihnachts- gemeinsam arbeiten werden.“ Im Begleitet wurde das Lied vom Bläse- feier, herzlichen Dank! (gs) Der Kammerchor der Oberstufe des Gymnasiums der Wiener Sängerknaben bot weihnachtlichen Hörgenuss. 10 www.behindertenrat.at
Forderungen Ausgabe 4/2017 Österreichischer Behindertenrat schreibt an neue Regierung Österreichischer Das sind unsere Forderungen! Behindertenrat D er Österreichische Behinder- alle Menschen mit Behinderungen barung zwischen Bund und Ländern tenrat vertritt als Dachorga- in Beruf und Freizeit österreichweit langfristig abzusichern. Eine jährli- nisation 80 Mitgliedsorgani- garantieren. che Valorisierung des Pflegegeldes sationen in Österreich, über welche ist gesetzlich festzuschreiben. mehr als 400.000 Menschen mit Bildung Der Österreichische Behindertenrat Behinderungen organisiert sind. Er steht für eine umfassende parti- vertritt die Interessen und Rechte Schaffung eines inklusiven Bil- zipative Beteiligung weiterhin zur von Menschen mit Behinderungen. dungssystems österreichweit mit Verfügung und wir freuen uns auf ausreichend finanziellen Mitteln u.a. eine konstruktive Zusammenarbeit Umfassende Barrierefreiheit ist die zur Gewährung der individuell benö- im Sinne der Menschen mit Behinde- Grundvoraussetzung für ein gleich- tigten Unterstützungsleistungen in rungen in Österreich. berechtigtes und selbstbestimmtes allen Bereichen – von frühkindlicher Leben von Menschen mit Behinde- Bildung bis zur Erwachsenenbil- Umfassende Rehabilitation rungen. Diese umfasst physische, dung. Damit können Sonderformen kommunikative, soziale, intellektu- schrittweise abgeschafft werden. Im Bereich der medizinischen, elle, ökonomische, institutionelle beruflichen und sozialen Rehabilita- und digitale Barrierefreiheit. Eine Arbeit und tion soll ein durchgängiger Rechts- weitgehend barrierefreie Umwelt Existenzsicherung anspruch auf Leistungen und eine kommt allen Menschen zugute. Sie klare Regelung der Zuständigkeiten ist für Menschen mit Behinderun- Verwirklichung voller Inklusion am geschaffen werden. Dadurch will gen Grundvoraussetzung und für Arbeitsmarkt. Für die Arbeitsfähig- man erreichen, dass insbesondere Menschen ohne Behinderungen eine keit soll der Unterstützungsbedarf Menschen mit Behinderungen im Erleichterung ihres Alltags. Daher erhoben werden, damit ein men- Erwerbsleben integriert werden bzw. hat das Vorliegen von Barrierefrei- schenrechtliches Modell von Behin- verbleiben können und auch ihre heit eine zwingende Voraussetzung derung zur Anwendung kommt. Um Bildungschancen wahrnehmen kön- für öffentliche Förderungen zu sein der nach wie vor stark steigenden nen. Denn sie sollen im Sinne der und ist in allen Lebensbereichen Arbeitslosigkeit von Menschen mit UN-Behindertenrechtskonvention in miteinzubeziehen. Behinderungen entgegenzuwir- die Lage versetzt werden, ein mög- ken, sollen nach dem Motto „För- lichst selbstbestimmtes Leben in der Inklusionsfonds dern statt strafen“ Anreizsysteme Gesellschaft führen zu können. für UnternehmerInnen, verstärkt Es soll ein ausreichend finanzier- Menschen mit Behinderungen zu Hilfsmittel ter Inklusionsfonds geschaffen beschäftigen“ nachhaltig und unbü- werden, damit ein angemessener rokratisch implementiert werden. Die Hilfsmittelfinanzierung und – Lebensstandard und sozialer Schutz ausgabe muss durch die Schaffung für Menschen mit Behinderun- Nachhaltige Absicherung neuer gesetzlicher Rahmenbedingun- gen gewährt ist. Es braucht einen des Pflegesystems gen sichergestellt und vereinheitlicht Rechtsanspruch auf Leistungen zur werden. Die Pensionsversicherungs- Existenzsicherung. Pflegebedürftigkeit nicht nur von anstalt soll als alleiniger Träger für Der Inklusionsfonds soll jedenfalls Menschen mit Behinderungen ist als Hilfsmittel zuständig sein. Maßnahmen für ein selbstbestimm- finanzielles Lebensrisiko gesetzlich tes Leben, wie Persönliche Assistenz abzusichern. Die nachhaltige Pfle- Herbert Pichler und Unterstützungsleistungen für gevorsorge ist mittels einer Verein- Präsident www.behindertenrat.at 11
Europa Das 4. Europäische Parlament der Menschen mit Behinderungen Brüssel wird zum Treffpunkt der europäischen Behindertenrechtsbewegung. Von Gudrun Eigelsreiter Europäische Parlament der Menschen mit Behinderungen bietet nicht nur hierfür die perfekte Plattform, son- dern auch für den Austausch unter den verschiedenen europäischen Behindertenorganisationen. Auch das Recht zu wählen wurde von Yannis Yardakastani thematisiert. Menschen mit Behinderungen sind in vielen EU-Ländern vom Recht zu wählen ausgeschlossen – die Barrieren müs- sen auch hier abgebaut werden um die vollen Bürgerrechte von ALLEN zu gewährleisten. Menschen mit Behin- derungen müssen am demokratischen Ein Thema im Plenarsaal waren inklusive und barrierefreie Wahlen. Foto: G. Eigelsreiter Prozess teilhaben können. A m 6. Dezember dieses Jahres Rede, in der er vor allem das Recht Politische Partizipation war auch fand zum vierten Mal das Euro- auf ein selbstbestimmtes Leben Thema des EDF-Manifests zu den päische Parlament der Men- unterstrich. Die Verbesserung des Le- Europäischen Wahlen 2019. Über schen mit Behinderungen im Plenar- bensstandards von Menschen mit Be- dieses Manifest wurde beim Euro- saal des Europäischen Parlaments in hinderungen ist in den europäischen päischen Parlament der Menschen Brüssel statt. Mehr als 600 Menschen Werten – wie Freiheit, Gleichheit und mit Behinderungen abgestimmt – es mit Behinderungen, EU-Repräsentan- Inklusion ALLER Mitglieder unse- wurde von allen Delegierten ein- ten und Personen aus Organisationen rer Gesellschaft – begründet. Jene stimmig angenommen. Hierbei geht für Menschen mit Behinderungen Werte müssen auch endlich in Taten es darum allen Menschen inklusive nahmen daran teil. Dieses Event wur- umgesetzt werden. In einer inklusi- und barrierefreie Wahlen zu ermög- de vom Europäischen Behinderten- ven Europäischen Union soll jeder in lichen. Dies ist in einigen EU-Mit- forum (EDF) in Abstimmung mit der seinen Fähigkeiten bestärkt werden gliedsstaaten noch immer nicht Disability Intergroup des EU-Parla- und faire Chancen am Arbeitsmarkt gegeben. An politischen Wahlen ments (Arbeitsgruppe Behinderung) haben: „Arbeit bedeutet Würde und teilzuhaben – sowohl als WählerIn, organisiert – eine der größten und Arbeit bedeutet Freiheit“. als auch als Abgeordnete/r – ist ältesten Gruppen des EU-Parlaments. ein Recht, das ALLEN BürgerInnen Gleichzeitig wurde das 20-jährige Der Präsident des Europäischen zusteht und kein Privileg sein soll. Bestehen des EDFs gefeiert und sein Behindertenforums (EDF) Yannis Im Artikel 29 der UN-Behinderten- unermüdlicher Einsatz für die Rechte Yardakastani sprach in seiner Rede rechtskonvention (UN-BRK) „Teilha- von Menschen mit Behinderungen von der Wichtigkeit des Dialogs be am politischen und öffentlichen auf europäischer Ebene. zwischen EU-Parlamentariern und Leben“ – zu deren Umsetzung sich Menschen mit Behinderungen – da- die EU mit ihrer Unterschrift ver- Der Präsident des EU-Parlaments mit ihre Stimmen bis in die Entschei- pflichtet hat – ist dieses Recht auch Antonio Tajani hielt eine einleitende dungszentren der EU reichen. Das schriftlich verbrieft. 12 www.behindertenrat.at
Ausgabe 4/2017 Ein weiterer Programmpunkt bestand Pichler – der für unsere Delegation in der EDF-Resolution über die sprach – dieses Thema zum Aus- Europäische Behindertenstrategie gangspunkt seiner Rede. 2020-2030. Auch diese wurde ein- stimmig angenommen. Die Strategie Unsere Delegation wurde auch von soll die Implementierung der UN-BRK Othmar Karas – österreichischer innerhalb der Europäischen Union Abgeordneter des EU-Parlaments weiterführen und unter anderem – eingeladen. Nach einer kurzen folgende Punkte enthalten: Führung durch das EU-Parlament • sie sollte alle Regelungen der hatten wir die Möglichkeit ein span- UN-BRK abdecken, nendes Gespräch mit Othmar Karas • ein eigenes Budget zu ihrer zu führen. Er hat großes Interesse Implementierung zur Verfügung an behindertenpolitischen Themen. stellen und Neben Bildung, individuellen Un- • einen gut ausgestatteten Monito- terstützungsangeboten und vielem ring-Mechanismus beinhalten, mehr, ging es unter anderem auch • sollte in die Europäische Be- Herbert Pichler (Mitte) Foto: G. Sprengseis um die dringende Notwendigkeit von hindertenstrategie für kluges, Barrierefreiheit in Europa – sowohl nachhaltiges und inklusives tigen EU-Kommission beschlossen bauliche, als auch kommunikative Wachstum und in die Europäische werden sollte. Die UN-BRK, die und jene von Transportmitteln und Säule Sozialer Rechte integriert Europäische Säule sozialer Rechte Webseiten. Allein in Brüssel – der werden, und die nachhaltigen UN-Entwick- EU-Hauptstadt – waren wir mit • sollte in Einklang mit der 2030 lungsziele müssen zukünftig auch in zahlreichen baulichen Barrieren Agenda für nachhaltige Ent- Taten umgesetzt werden. konfrontiert. Auch das Erfordernis wicklung und den nachhaltigen eines starken Richtlinienentwurfs zur UN-Entwicklungsziele sein, In den nachhaltigen UN-Entwick- Barrierefreiheit („European Accessi- • die abschließenden Bemer- lungszielen werden Menschen mit bility Act“) wurde thematisiert. kungen des UN-BRK-Komitees Behinderungen mehrmals erwähnt. berücksichtigen, Unter anderem auch im 4. Ziel Das Europäische Parlament stand • das Jahr 2021 soll das neue „Inklusive Bildung“. Da Zugang zu im Zeichen des Austausches und der europäische Jahr der Menschen inklusiver Bildung der Schlüssel zu Verbundenheit – der einleitende Satz mit Behinderungen werden (2003 mehr Chancengerechtigkeit und für von Marianne Thyssens Rede „Wir war das vorherige Jahr der Men- gesellschaftliche Teilhabe ist, nahm können nur gemeinsam die Barrieren schen mit Behinderungen) auch der Präsident des österrei- in Europa überwinden“ fand hierin chischen Behindertenrats Herbert seinen Widerhall. Sowohl bei der Resolution als auch beim Manifest handelt es sich um Forderungen des EDFs beziehungs- weise der Europäischen Behinder- tenbewegung an die politischen Entscheidungsträger. Marianne Thyssen die EU-Kommis- sarin für Beschäftigung und Sozia- les sprach von der Pflicht der EU ein Europa zu schaffen, das niemanden Klaus Höckner (Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen), Stefan Wied- zurücklässt. Dafür braucht die EU lroither (Forum Usher Syndrom), Gabriele Sprengseis (Behindertenrat), Christina vor allem eine robuste Europäische Wurzinger (Behindertenrat und Österreichischer Monitoring Ausschuss), Mathias Behindertenstrategie 2020-2030, die Dietrich (Assistent Herbert Pichler), Herbert Pichler (Behindertenrat), Othmar Karas möglichst bald von der gegenwär- (Mitglied des EU-Parlaments), Gudrun Eigelsreiter (Behindertenrat). Foto: Behindertenrat www.behindertenrat.at 13
Europa Ausgabe 4/2017 Die Europäische Säule Sozialer Rechte Von Gudrun Eigelsreiter D ie Europäische Säule Sozia- ler Rechte wurde erstmals im September 2015 vom EU-Kom- missions-Präsidenten Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur „Lage der Europäischen Union“ angekün- digt. Sie soll die soziale Dimension der Europäischen Union stärken – also höhere soziale Standards und höheren sozialen Schutz innerhalb der gesamten Europäischen Union sicherstellen. Im November 2017 wurde sie schließlich von den EU-Re- gierungschefs beim „Social Summit“ in Göteborg unterschrieben. In drei Kapiteln – „Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang“, „Faire Arbeits- Bei sozialen Standards ist die EU Spitze, die Rechte von Menschen mit Behinderun- bedingungen“, „Sozialschutz und gen kommen jedoch zu kurz. Foto: Pixabay soziale Inklusion“ werden 20 soziale Grundsätze festgeschrieben. Menschen mit Behinderungen werden 14 Indikatoren – wie beispielsweise innerhalb der Sozialen Säule nur „Anzahl der frühen Schulabgänger“, Weltweit gesehen ist die EU auf dem einmal angesprochen, nämlich im „Einkommensungleichheiten“, „Ge- Gebiet der sozialen Standards Spit- Grundsatz 17 „Inklusion von Men- schlechtsspezifisches Gefälle bei der zenreiter. Allerdings geht es nicht schen mit Behinderungen“. Themen Beschäftigung“, „Arbeitslosenquote“ nur um eine Verbesserung des Status dieses Grundsatzes betreffen aus- etc. – soll sich laut Angaben der Quo, sondern auch um den Erhalt schließlich den Arbeitsmarkt sowie EU-Kommission „gesellschaftlicher der sozialen Rechte für die Genera- den Zugang zu Begünstigungen. Dies Fortschritt“ messen lassen. Erschre- tionen von europäischen Bürgern bildet die Rechte von Menschen mit ckender Weise gibt es aber keinen und Bürgerinnen lange gekämpft Behinderungen und ihre gesellschaft- einzigen Indikator für Menschen haben. Außerdem sollen die sozialen liche Inklusion sowie politische Par- mit Behinderungen – dies wäre aber Standards zwischen den EU-Staaten tizipation natürlich nicht vollständig dringend notwendig. Die gesamtheit- angeglichen werden. ab – ein Ankurbeln von „Disability liche, soziale Inklusion von Menschen Mainstreaming“, also der Gleichstel- mit Behinderungen – wie sie auch in Leider keine Rechte lung von Menschen mit Behinde- der UN-Behindertenrechtskonvention sondern Empfehlungen rungen auf allen gesellschaftlichen (UN-CRPD) gefordert wird und zu Ebenen – ist innerhalb der gesamten deren Implementierung sich die EU Leider handelt es sich bei den Grund- sozialen Säule dringend von Nöten. mit ihrer Unterzeichnung verpflichtet sätzen der Europäischen Säule sozi- hat – stellt selbstverständlich einen aler Rechte um Großteils unverbind- Das „Sozialpolitische Scoreboard“ Teil jenes angesprochenen, gesell- liche Empfehlungen. Die Umsetzung begleitet die Soziale Säule. Es schaftlichen Fortschritts dar. Neben der Sozialen Säule – also wie und in handelt sich hierbei um Indikatoren den Indikatoren des sozialpolitischen welchem Umfang ihre Grundsätze für die Kernziele. Indikatoren sind Scoreboards bräuchte es außerdem implementiert werden – obliegt dem Kennzahlen anhand derer sich gesell- auch eine Übersicht konkreter, poli- Ermessen der Mitgliedsstaaten. schaftliche Bedingungen und Ent- tischer Maßnahmen durch welche die wicklungen messen lassen. Mit jenen EU diese Ziele erreichen möchte. 14 www.behindertenrat.at
Inklusion Ausgabe 4/2017 Inklusionspreis 2017 geht an „einfach informiert“ Der Gewinner ist: Österreichs erste Zeitung in einfacher Sprache. Z um 2. Mal prämierte die Lebenshilfe am 16.11.2017 inklusive Projekte, die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft fördern. “Mit dem Österreichischen Inklusi- onspreis werden Projekte von Menschen ausgezeichnet, die Inklusion in Österreich leben. Die Inklusionspreisträ- gerInnen 2017 dienen als aktuelle Umsetzungsbeispiele Alle PreisträgerInnen des Inklusionspreises wurden im für Inklusion in Österreich, die Menschen mit intellektu- Studio 44 ausgezeichnet. Foto: Antina Zlatkova ellen, körperlichen, psychischen oder sinnesbedingten Behinderungen ein chancengleiches Leben ermöglichen”, Am 16. November wurden alle diesjährigen Inklusions- so Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich. preisträgerInnen mit einer Jury-Lobrede und dem Inklusi- Die Lebenshilfe hat den Preis in Kooperation mit den ons-Award ausgezeichnet. Außerdem erhielt jeder Preis- Österreichischen Lotterien vergeben. träger ein Kunstwerk von Menschen mit Behinderungen, die von der Lebenshilfe unterstützt werden. Inklusion durch einfache Sprache Einmalig waren die Tanzeinlagen der „Ich bin O.K. Dan- Der Österreich-Sieger des Inklusionspreis 2017 ist: „ein- cecompany“ und außergewöhnlich die musikalischen fach informiert“. Das ist eine Zeitung, die alle 2 Monate Auftritte der „All Stars inclusive“. Sie sind die inklusive erscheint. Formuliert wird in einfacher Sprache. Die Musikband der Musikuniversität Wien und die diesjährigen Zeitung orientiert sich an den Bedürfnissen von Menschen PreisträgerInnen aus Wien. mit Behinderungen. Sie berichtet über alltägliche Lebens- bereiche. So wird der soziale Austausch und die Teilhabe Webtipps an der Gesellschaft gefördert. „einfach informiert“ ist eine www.einfach-informiert.at Privatinitiative von drei Ein-Personen-Unternehmen der Alle Infos und Fotos von der Preisverleihung: Kommunikations- und Werbebranche aus Tirol. Das Projekt www.inklusionspreis.at hat auch den diesjährigen Förderpreis erhalten. Ohne Barrieren die Natur erleben! „Inklusive Transalp“ startet im Jänner. A lpenüberquerung im Rollstuhl, Natur auch mit Behinderung erleben, Abenteuercamps ohne Be- über die Alpen wandern, rollen und radeln. Denn im Team kann man die größten Hindernisse überwinden rührungsängste! Die Alpenvereinsju- und über sich hinauswachsen. gend ist überzeugt, dass Inklusion überall möglich ist und startet zum Bis 15. Jänner können sich Interes- Die Projektleiterin Andrea Szabadi- Beweis erneut ein außergewöhnli- sierte noch für das Team „Inklusive Heine ist selbst nach einem Unfall ches Projekt: 2018 werden sieben Transalp“ bewerben. querschnittsgelähmt. Sie meint, eine Behinderung sollte kein Grund sein, Menschen mit und sieben Menschen Details unter www.alpenverein.at/ sich nicht in die Berge zu begeben. ohne Behinderung gemeinsam inklusion. Foto: Alpenverein www.behindertenrat.at 15
Selbstvertretung Selbstbestimmt Leben: Fotos: Felix Egger (9) Große Demo in Wien H allo, ich bin Andreas Zehetner. Ich bin seit 2017 Webtipp im Präsidium des Behindertenrats Österreichs aktiv Wer mehr wissen will, kann sich auf der Internetseite und auch im Netzwerk Selbstvertretung Österreich. www.wibs-tirol.at anschauen, was wir machen. Wir sind über 100 Menschen mit Lernbehinderungen und vertreten uns selbst. Daher der Name „Selbstvertretung“. Wir haben uns vom 20. bis zum 22. Oktober in Wien im Kardinal König Haus getroffen bei der 10. Selbstvertreter Tagung. Die Tagung hat das Netzwerk Selbstvertretung Österreich organisiert. Es gab wie jedes Jahr eine große Demonstration, heuer in Wien und nicht in Matrei (Tirol) wie die Jahre zuvor. Leider hat es bei der Demo geregnet. Aber wir haben uns die Laune nicht verderben lassen. Bei der Demo machten wir uns stark für unsere Rechte. Um unserer Forderungen allen zu zeigen, haben wir vorher bei der Tagung die Plakate mit unseren Forderungen gemalt. Mein Thema ist Bildung für Alle. Menschen mit und ohne Behinderungen sollen gleich viel und gemeinsam lernen. Ich erzähle Euch jetzt anhand der Fotos mehr von der Demo und erkläre unsere Forderungen. 16 www.behindertenrat.at
Ausgabe 4/2017 Auf dem Plakat auf dem Foto steht, wer wir sind und was wir wollen! Die Frau mit Megafon hat laut gerufen: „Wir sind Menschen mit Lernschwierigkeiten“. Wir wollen Inklusion, also die gleich- berechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. Dies steht auch im Artikel 19 der UN-Behinderten- rechts-Konvention. Nicht nur Bildung ist wichtig, sondern auch Arbeit! Wir wollen Arbeit und auch eine Heiraten, dazu sage ich: „Gleiches „richtige“ Bezahlung dafür. Recht“ für alle! www.behindertenrat.at 17
Selbstvertretung Ausgabe 4/2017 Oben: Wir waren knapp 200 Menschen und sind von der Pest- säule am Graben zum Minoritenplatz gegangen. Es sind auch viele Menschen mitgegangen, die gar nichts mit uns zu tun hatten. Das hat uns gut gefallen. Links: Die Trommelgruppe hat das Selbstvertreterzentrum organisiert, damit die Politiker vor Ort munter werden und damit was weiter geht. Die Gruppe hat uns mit einem Trom- melwirbel begrüßt, als wir auf den Minoritenplatz gekommen sind. Das war sehr berührend. Der eine Mensch braucht mehr Hilfe, der andere weniger – Wenn wir im Parlament reden dürfen, dann wäre die UN-Kon- aber das kann morgen auch schon wieder anders sein. Und vention umgesetzt und wie müssten nicht mehr auf die Straße auch wir können helfen. gehen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg! 18 www.behindertenrat.at
Veranstaltung Ausgabe 4/2017 Zukunft Inklusion: ConSozial 2017 Bewusst sein – Bewusst denken – Bewusst planen Von Elisabeth Rapp, dabei-austria schen. Wesentlich dabei ist es, sich dessen von Anfang an bewusst zu sein, bewusst zu denken und bewusst zu planen. Besonderes Augenmerkt legte Bentele zudem auch auf eine umfassende Barrierefreiheit. Barrierefreiheit gesetzlich verankern Wichtig ist auch die Barrierfreiheit, so der Tenor bei der Pressekonferenz. Foto: zVg Sie forderte, die Verpflichtung zur Barrierefreiheit gesetzlich zu ver- D ie 19. ConSozial in Nürnberg, mit Behinderungen immer noch ankern. Ebenso spricht sie sich für die größte KongressMesse für „zunehmend nicht im Blick der Öf- eine Stärkung der Zivilgesellschaft den Sozialmarkt im deutsch- fentlichkeit“ sind. Entwicklung kann und einer besseren Unterstützung sprachigen Raum, fand in diesem nur weiter funktionieren, wenn sich zivilgesellschaftlicher Organisatio- Jahr unter dem Motto „Zukunft Inklu- die Haltung der Menschen ändert und nen aus: „Jeder der eine innovative sion“ statt. Die Veranstaltung zeigte Barrieren im Kopf abgebaut werden: Idee oder eine Vision hat, trägt mit mit Fachvorträgen und Best Practice „Selbstverständlichkeiten müssen Sicherheit allein durch die Bewegung Beispielen aktuelle Entwicklungen in sich verbreiten“. der Gedanken und durch das Abrei- den Bereichen: Kinder- und Jugend- ßen von Barrieren in den Köpfen, viel hilfe, Teilhabe von Menschen mit Verena Bentele, Behindertenbeauf- zu Inklusion bei“. Behinderungen, Migration und Arbeit tragte der deutschen Bundesregie- sowie Pflege und Sozialpolitik oder rung, machte ebenso deutlich, dass Im Rahmen der Fachvorträge durch Organisationsentwicklung. noch viel mehr getan werden kann Expertinnen und Experten wurden und auch Nischen besetzt werden diese und weitere Themenbereiche Der erste Kongresstag startete mit müssen. Eine Aufgabe sah sie darin, vertieft. Dieser Beitrag stellt nur einer Podiumsdiskussion unter dem diese zu finden und dadurch Jobs einen kleinen Einblick in die große Motto „Zukunft Inklusion“. Bezogen zu schaffen. In der „Vorsortierung“ Veranstaltung dar. auf den Arbeitsmarkt wurden schon bzw. einer Spezialisierung - wie von hier erste Stimmen laut, das Fach- Stephan Reinhold, dem Geschäfts- Webtipp kräftepersonal verstärkt zu nutzen. führer von CEWE München, angespro- Versteckte Potenziale können in chen – sieht sie ein Problem für die Präsentationen einzelner Vor- jedem Fall zu einer Win-Win-Situation Inklusion. Sie ist der Überzeugung, träge stehen auf der ConSozi- führen, wenn sie genutzt werden. Al- dass in einer inklusiven Gesell- al-Website zum Download zur len Menschen muss gesellschaftliche schaft der Anspruch bestehen muss, Verfügung. Unter anderem kann die erwähnte Podiumsdiskussion Teilhabe ermöglicht werden. Menschen Möglichkeiten zu geben. nachgehört werden: Wenn das nicht passiert, besteht die www.consozial.de/kongressdo- Ulrich Maly, der Nürnberger Ober- Gefahr, dass Inklusion doch in einem kumentation-2017.html bürgermeister, sprach sich in der Schubladen-Denken endet. Diskussion gegen die Weiterführung einer „fürsorglichen Belagerung“ von In einer anschließenden Presse- Save the date Menschen mit Behinderungen aus. Er konferenz greift sie diesen Punkt 20. ConSozial 2018: betonte unter anderem, dass Ände- nochmals auf. Sie ist sicher, es gibt 7.-8. November 2018 in Nürnberg rungen zwar sichtbar, aber Menschen vielfältige Aufgaben für alle Men- www.behindertenrat.at 19
Fachtagung Foto: Michael Janousek Wege zum selbstbestimmten Leben – Fachtagung war ein voller Erfolg! In den Arbeitsgruppen haben Menschen mit Behinderungen erzählt, wie sie den Weg in die Unabhängigkeit geschafft haben. Von Carola Göring E in selbstbestimmtes Leben ist eine wichtige Forde- rung von Menschen mit Behinderungen in Öster- reich. Das fordern sie schon fast 30 Jahre. Wie es mit der Erfüllung dieser Forderung tatsächlich aussieht war auf einer Fachkonferenz am 10. November 2017 in Wien zu erfahren. Diese wurde gemeinsam vom Österrei- chischen Behindertenrat, der Behindertenanwaltschaft und den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark und Wien organisiert und veranstaltet. Die Fachtagung fand in den Räumlichkeiten des ÖGB im Veranstaltungszent- rum Catamaran in Wien statt. Dabei wurden Beispiele für Es gibt viele Wege zum selbstbestimmten Leben. gelungene Inklusion im Bereich Wohnen aus Europa und Österreich vorgestellt. Die Mitglieder des Forums Selbstvertretung fragten die VeranstalterInnen, was sie bereits getan haben, bzw. noch tun werden, um ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Hansjörg Hofer (Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen) plädierte für ein selbst- bestimmtes Wohnen von Menschen mit Behinderungen: "Selbst zu entscheiden, wo und mit wem ich wohne, ist eine Selbstverständlichkeit. Nicht aber für Menschen mit Behinderungen! Diese sind auch in Österreich noch sehr häufig gezwungen, besondere Wohnformen zu nutzen. Diese Werte stehen hinter der UN-Behindertenkonvention. Das muss sich ändern!" Zeichnungen: Petra Plicka 20 www.behindertenrat.at
Ausgabe 4/2017 Wir in Oberösterreich setzen uns stark für die De-Institutionalisie- rung ein, berichtete Renate Pilz (Land Oberösterreich, Abteilung Soziales). Ziel ist es, dass Men- schen mit Behinderungen nicht mehr in großen Einrichtungen leben und arbeiten müssen. Wie Regina Geiger (Land Steier- mark, Fachabteilung Soziales und Arbeit) betonte, wird in der Steier- mark viel getan, um für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen mit- reden dürfen. In schwerer Sprache ausgedrückt, ermöglicht das Land Steiermark Projekte, die perso- nenzentriert an der Partizipation arbeiten. In Wien werden neue Wohnformen in kleineren Wohneinheiten mit Teilbetreuung ermöglicht, erläuter- Dieser Ausschnitt aus dem Programm stellt sehr anschaulich die sieben Arbeitsgrup- te Robert Bachler (Fonds Soziales pen mit den ErzählerInnen und ihren Geschichten vor. Wien). Weiter setzen wir uns stark für Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen ein. Familien und lokalen Gemeinschaften für Kinder, Men- schen mit Behinderungen, Personen mit psychischen Die europäische Sicht Problemen und älteren Menschen in Europa gestaltet werden kann. Wie Franz Wolfmayr vom Europäischen Dachverband von Dienstleistungsanbietern für Personen mit Be- „Erfolgsgeschichten“ hinderungen (EASPD) referierte, sind im Prinzip alle europäischen Länder dabei, die Kriterien der UN-Be- In den Arbeitskreisen wurden sechs Erfolgsgeschichten hindertenrechtskonvention für ein selbstbestimmtes präsentiert. Die Selbstvertreterinnen und Selbstvertre- Leben umzusetzen. Dabei müsse man bedenken, dass ter berichteten in den Arbeitskreisen über ihre per- die Menschen sehr unterschiedlich sind, die Unterstüt- sönlichen Wege und Umwege in ein Selbstbestimmtes zung müsse es daher auch sein. Dabei verwies er auch Leben. Wichtig war der Austausch der Erfahrungen mit auf ein Handbuch, das kostenlos zum Download bereit den TeilnehmerInnen. steht – leider nur auf englisch – (www.deinstitutionali- sationguide.eu). Es ist ein Leitfaden, wie der Übergang von institutioneller Betreuung hin zu Betreuung in Webtipp Gefördert von Ein fünfminütiges Video „Sendung ohne Barrieren“ fasst die Fachtagung zusammen. Es kann über diesen Link bei YouTube angeschaut werden: youtu.be/u1PB5omaU9o www.behindertenrat.at 21
Gesetz Ausgabe 4/2017 Die Inhalte des Inklusionspakets Ein Meilenstein in der österreichischen Behindertenpolitik wurde kurz vor der Nationalratswahl erreicht. Von Carola Göring und Gabriele Sprengseis A m 12. Oktober wurde das Inklusionspaket als 3. Der Monitoring-Ausschuss, der die Einhaltung der Initiativantrag von der SPÖ Abgeordneten Ulrike UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Königsberger-Ludwig einstimmig im Parlament Behinderungen überwacht, ist gestärkt worden. Er beschlossen und einige Tage später dann auch vom sorgt dafür, dass die UN- Behindertenrechtskonven- Bundesrat. Das 155. Bundesgesetz, ausgegeben am 13. tion eingehalten wird. Es wird ein eigener Verein als November 2017, betrifft die Änderung des Behinderte- Unterstützungsstruktur gegründet, der mit budgetären neinstellungsgesetzes, des Bundes-Behindertengleich- Mitteln in Höhe von 320.000 Euro ausgestattet wird. stellungsgesetzes und des 4. Der Behindertenanwalt Bundesbehindertengesetzes. hat jährlich einen Es tritt mit 1. Jänner 2018 in Bericht an den Sozial- Kraft und soll die Gleichstel- minister vorzulegen. lung von Menschen mit Behin- Dieser wiederum legt den derungen und ihre Teilhabe an Bericht dem Parlament beruflichen und gesellschaftli- vor. Diese Berichtspflicht chen Leben weiter stärken. Mit sorgt dafür, dass die Be- dem Beschluss des Inklusions- lange der Menschen mit pakets sind wir dem Ziel einer Behinderungen im Sinne inklusiven Gesellschaft ein eines vermehrten gesell- Stück näher gekommen, sagte schaftlichen Diskurses Herbert Pichler, Präsident des künftig im Nationalrat Österreichischen Behinderten- behandelt werden. rats im Zuge der Pressemittei- lung. Würde und Respekt! Foto: Pixabay Packen wir’s aus! Bundesminister Alois Stöger hat in seiner Rede im Na- Das Inklusionspaket enthält unter anderem Folgendes: tionalrat den Respekt und die Würde für Menschen mit 1. Nach wie vor sind Menschen mit Behinderungen Behinderungen eingemahnt. Zustandekommen konnte das überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen und Inklusionspaket nur aufgrund eines gemeinsamen, beharr- sie sind deutlich länger arbeitslos als Menschen ohne lichen Vorgehens der Zivilgesellschaft. Die stetige Über- Behinderungen. 90 Millionen Euro werden ab 2018 zeugungsarbeit bei den Abgeordneten aller Parteien hat jährlich für die berufliche Inklusion von Menschen mit Früchte gebracht. Das Inklusionspaket ist ein Highlight, Behinderungen ausgegeben, das ist eine Verdopplung das für rund 1,3 Millionen Menschen mit Behinderungen des bisherigen Betrages. Vorgesehen ist auch eine wesentliche Verbesserungen bringen wird. jährliche Valorisierung dieses Betrages ab 2019. 2. Dem Behindertenanwalt und dem Klagsverband zur Webtipp Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern Die Freude war groß, als der Nationalrat und da- werden neben dem Österreichischen Behindertenrat nach der Bundesrat im Oktober 2017 Änderungen im die Befugnis zur Einbringung einer allgemeinen Ver- Behinderteneinstellungsgesetz, Bundes-Behinderten- bandsklage eingeräumt. Damit soll ein verbesserter gleichstellungsgesetz und Bundesbehindertengesetz Rechtsschutz geschaffen werden. Unterlassung und beschlossen haben. Sehen Sie dazu das Video: Beseitigung einer Diskriminierung wegen einer Behin- www.youtube.com/watch?v=NbFd6bzS-c0 derung können so erreicht werden. 22 www.behindertenrat.at
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