Landwirtschaft im Wandel - Arbeitsheft für die Sekundarstufe I - i.m.a-Shop
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INHALT 2 Inhalt, Impressum 3 Die Geschichte der Landwirtschaft 4 Strukturwandel in der Landwirtschaft 5 Der landwirtschaftliche Betrieb als Arbeitsplatz LANDWIRTSCHAFT 6 Aufwand und Ertrag 7 Dünger – ein entscheidender Schritt für die IM WANDEL Produktionssteigerung 8 Konventionelle und ökologische Landwirtschaft 9 Vielfalt der Betriebskonzepte 10 Nutztierhaltung 13 Mechanischer und chemischer Pflanzenschutz 14 Landwirtschaft als Energie- und Rohstofflieferant 15 Landwirtschaft, Landschaftspflege und Landschaftsschutz Impressum 16 Züchtung, Klonen und Gentechnik in der Herausgeber: Landwirtschaft i.m.a - information.medien.agrar e.V. Wilhelmsaue 37 17 Landwirtschaftliche Erzeugung – 10713 Berlin Vorstellungen und Erwartungen Tel.: 030/ 8105602-0 Fax: 030/ 8105602-15 18 Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte E-Mail: info@ima-agrar.de www.ima-agrar.de 19 Was dem Landwirt bleibt Redaktion: Dr. Detlef Eckebrecht DIDACTIC CONCEPTIONS, 20 Agrarpolitik in der Bundesrepublik Deutschland Bernd Schwintowski, Patrik Simon Stand: 2016 und in Europa Gestaltung: Willi Weber Grafik Design 22 Landwirtschaft im weltweiten Vergleich Bildnachweise: 23 Der weltweite Handel mit Agrarprodukten Titelcollage: Willi Weber, fotolia.com©countrypixel; i.m.a. Archiv: S. 3, Abb. 1+2; S. 5, Abb. 6; S. 6, Abb. 8; S. 10, Abb. 16; Agrar-Press: S. 5, Abb. 7 oben; S. 10, Abb. 17; S. 11, Abb. 20; fotolia.com: strichfiguren.de (Illustrationen Icons), Ron Chapple Stock (S. 5, Abb. 7 unten), Erich Mücke (6), Budimir Jevtic (7), coun- trypixel (7), Wolfgang Jargstorff (7), Agnes Sadiowska (9/1), rh2010 (9/2), ArtHdesign (9/3), tunedin (9/4), Marco2811 (9/6), Jenny Sturm (11), Nitr (13), Marima (13), Micrograul (14), Oleksandr (14), Rüdiger Niemann (15), Ulrich Müller (15), csd (15), Gelpi (15), Jan Schuler (15), Jürgen Fälchle (16), www.ljsphotographyonline.com (19), Denys Rudyi (20), Joerg Sabel (22), kweber (22), ThKatz (22), Grafik: Carlos (22), Kamonrat (23) 123rf.com: satina, mihtiander, Vladimir Yudin (Collage S.11), Ice813 (14); istockphoto.com: alffoto (22); Klostermann-Unserhof (9/5); Thomas Sommer (15) Info-Grafiken: AMI, DBV-Situationsbericht 2016/17, EU-Kommission, FNR, i.m.a, Kantar Emnid Unverkäufliches Exemplar 2
DIE GESCHICHTE DER LANDWIRTSCHAFT Landwirte haben einen der ältesten Berufe der Welt. Mit dem Anbau von Nahrungspflanzen und der Hal- tung von Nutztieren wurden vor etwa 10 000 Jahren herumziehende Jäger und Sammler zu sesshaften Bauern. Jahrtausende lang veränderten sich die Pro- duktionsmethoden kaum. Die Produkte dienten über- wiegend der Selbstversorgung. Was sich auf dem Hof nicht herstellen ließ, wurde anfangs durch Tausch, spä- ter durch Bezahlung erworben. Abb. 1: Getreideernte um 1950 Früher wurden Pferde oder Ochsen als Zugtiere einge- setzt. Die Entwicklung von Geräten zur Bodenbearbei- tung erleichterte die Arbeit. Viele Arbeiten in der Land- wirtschaft mussten dennoch von Hand erledigt werden (Abb. 1). Ab 1860 kamen die ersten Dampfmaschinen aufs Land, 1917 wurde der erste motorgetriebene Trak- tor angeboten. Diese Maschinen konnten sich damals aber nur sehr wenige Landwirte leisten. Neben den Traktoren ermöglichen heute motorgetriebene Spezial- maschinen wie Mähdrescher und Maishäcksler die rationelle und kräfteschonende Bearbeitung großer Flächen (Abb. 2). Abb. 2: Getreideernte 2015 Betriebsgrößen/Beschäftigte in der Landwirtschaft irt- Ein Landwirt ernährt Landwirtschaftl. Betriebe Früher wurde die Größe landw so viele Menschen und Erwerbstätige schaftlicher Flächen in Morgen 10 1950 4.819.000 angegeben. Ein Morgen ist je 1.646.750 nach Region etwa 2000 - 50 00 m2 3.581.000 an der groß. Das Maß orientierte sich 17 1960 1.385.250 - 27 1970 2.245.000 Fläche, die man mit einem Pferde 1.083.120 mittag oder Ochsenpflug an einem Vor 1.411.000 47 1980 797.380 (Morgen) bearbeiten konnte. tor 1.167.000 Ein modernes Gespann aus Trak 85 1990 541.380 Erwerbstätige in der Landwirtschaft und Pflug schafft heute mehr als 20 000 m2 pro Stunde, Landwirtschaftliche Betriebe mit 745.000 1 Hektar und mehr Landfläche, 127 2000 421.100 ab 1990 mit 2 Hektar und mehr he. ab 2010 mit 5 Hektar und mehr also etwa die 20- bis 50fache Fläc 663.000 123 2010 *2014 299.100 Quelle: DBV-Situationsbericht 2017 637.000 155* 2015 280.800 Abb. 3: Produktivität und Erwerbstätige A3 A1 Erläutere die Zusam- A2 Beschreibe die Ent- menhänge zwischen wicklung der Arbeits- Stelle grafisch dar, der Anzahl der Betriebe, der bedingungen und der Produkti- wie sich die Anzahl Anzahl der Erwerbstätigen in der vität in der Landwirtschaft in den der Menschen entwickelt hat, Landwirtschaft und der Anzahl letzten 100 Jahren unter Verwen- die von einem Landwirt ernährt der pro Landwirt ernährten Per- dung von Abb. 1 und 2. werden. sonen mithilfe von Abb. 3. 3
STRUKTURWANDEL IN DER LANDWIRTSCHAFT Mitte des 19. Jahrhunderts lebte über 60% der Be- Durch die Weiterentwicklung von Maschinen und com- völkerung in Deutschland von der Landwirtschaft. Die putergestützten Systemen setzt sich diese Entwicklung meisten Bauern bewirtschafteten in Handarbeit weni- auch heute noch fort. In der Zeit von 2007 bis 2016 ger als 10 ha. Die einsetzende industrielle Revolution sank die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in veränderte die Produktionsbedingungen im Handwerk Deutschland von 321 600 auf 276 000. Obwohl fast und auch in der Landwirtschaft. So konnte mit einer 46 000 Betriebe aufgegeben wurden, blieb die land- von Pferden gezogenen Mähmaschine die 20-fache wirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland mit 16,7 Fläche gemäht werden wie von Hand. Die Bewirt- Mio. Hektar in etwa konstant. Die Gründe für den schafter von Kleinstbetrieben gaben ihre Höfe auf und Strukturwandel sind prinzipiell gleich geblieben. Nied- verdienten ihren Unterhalt in Industriebetrieben. Der rige Erzeugerpreise und steigende Produktionskosten Einsatz des neu erfundenen Kunstdüngers führte zu für Futtermittel, Dünger, Energie, Technik, Arbeitskräf- wesentlich höheren Ernteerträgen. Durch den techni- te etc. führen dazu, dass kleinere Betriebe nicht mehr schen Fortschritt in der Landwirtschaft produzierten rentabel wirtschaften können. Eine Betriebsübergabe weniger Bauern mehr Nahrungsmittel. In der zweiten an die nächste Generation setzt voraus, dass die Nach- Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte sich diese Entwick- folger eine Perspektive für die Zukunft des Betriebs er- lung fort, z.B. durch den Einsatz von Traktoren anstelle kennen können. von Zugtieren wie Pferden und Ochsen und den Ein- satz von Melkmaschinen. Dennoch setzte sich die Ab- wanderung zu Arbeitsplätzen in der Industrie mit we- Hofnachfolge gesichert? niger körperlich anstrengender Arbeit und geregeltem Einkommen fort. Einzelunternehmen mit Betriebsleitern im Alter von 45 Jahren und älter, 2010 Landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland Haupterwerbsbetriebe 37 % Nebenerwerbsbetriebe 24 % 60 1.000 Betriebsleiter 45 - 54 Jahre 26 % 50 Betriebsleiter 65 J. u. älter 32 % Fläche pro Bertieb (ha) 800 Anzahl Betriebe x 1.000 40 Betriebe < 10 Hektar 18 % 600 Betriebe > 100 Hektar 52 % 30 400 20 Betriebe mit Betriebsleitern über 45 Jahre 200 Betriebe in 1999 243.800 10 Betriebe in 2010 185.300 1971 1980 1990 2000 2012 Hofnachfolge gesichert Anzahl Betriebe x 1.000 Keine/ungewisse Hofnachfolge Fläche pro Bertieb (ha) Quelle: Destatis Quelle: Statistisches Bundesamt, © Situationsbericht 2017-Gr35-8 Abb. 4: Verhältnis Betriebe/Nutzfläche Abb. 5: Entwicklungen bei Betriebsleitern und deren Nachfolgern A1 Werte Abb. 4 und 5 A2 Stelle unter Ver- bezüglich der Frage- wendung aller Infor- stellung aus, inwieweit der Fort- mationen dieser Seite Ursachen bestand landwirtschaftlicher Be- für den Strukturwandel und die triebe für die nächste Generation Größenzunahme bestehender 4 aktuell gesichert ist. Betriebe zusammen.
DER LANDWIRTSCHAFTLICHE BETRIEB ALS ARBEITSPLATZ Im 19. Jahrhundert arbeiteten meist alle Mitglieder Mägde fanden Arbeit im nichtlandwirtschaftlichen Be- bäuerlicher Großfamilien auf dem Bauernhof mit. In reich, die weniger kraftraubend war und höhere Löhne vielen Dörfern entschied der Rat über Schulferien-Ter- ermöglichte. mine, damit die Kinder bei der Bestellung der Felder und in der Ernte mithelfen konnten. Auf mittelgroßen In den letzten 50 Jahren hat sich die Arbeit des Land- Betrieben arbeiteten Knechte und Mägde für freie wirts stark gewandelt. In modernen landwirtschaftli- Kost, Unterkunft und geringen Lohn. Ein Großteil der chen Betrieben pendelt der Betriebsleiter zwischen Erzeugnisse diente der Versorgung der auf dem Hof der Arbeit auf dem Feld oder im Stall und der Arbeit lebenden Personen. Ernteüberschüsse, Jungtiere oder im Büro. Er nutzt vernetzte Computer auf den Land- Schlachtvieh wurden an Bäcker und Metzger, andere maschinen, in den Ställen und im Büro. Software un- Bauern oder örtliche Händler verkauft. Noch in den terstützt z.B. die Fütterung, die Düngeplanung, die 1950er-Jahren war die Arbeit auf den meisten Bauern- Vermarktung der Erzeugnisse und andere unterneh- höfen geprägt von sehr schwerer körperlicher Arbeit. merische Entscheidungen. Zur Arbeit des Landwirts Mit Zunahme der Mechanisierung und dem Anstieg gehört auch, das Tierwohl und umweltschonende der Löhne sank die Anzahl der Mitglieder der Hofge- Wirtschaftsweisen weiterzuentwickeln. Werden Aus- meinschaft. Der Bauer bestellte die Felder mit dem zubildende bzw. Mitarbeiter auf dem Hof beschäftigt, Traktor, bei der Ernte und der Viehversorgung halfen setzt er sich auch mit arbeitsrechtlichen Vorschriften die Bäuerin und die Kinder. Ehemalige Knechte und und der Lohnbuchhaltung auseinander. Abb. 6: Typische Arbeiten in der Landwirtschaft, 1950 Abb. 7: Moderne Landwirtschaft, 2017 A2 Der Anteil der land- A1 wirtschaftlichen Be- Recherchiere, triebsleiter mit guter beruflicher wenn möglich im Ausbildung (Fachschule, Meister Rahmen einer Betriebserkun- oder Studium) nimmt zu. Nenne dung, wie der Tagesablauf für mögliche Gründe für diese Ent- einen Landwirt aussieht. wicklung. 5
Seit 1950 sind die Löhne zweiund- um das wanzigfache, AUFWAND UND ERTRAG die Brotpreise um das zehnfache gestiegen Heute kann ein Landwirt in einer Stunde so viel Getreide Fortschritte und die Getreidepreise mähen, dreschen und abfahren wie früher 150 Mägde in der Pflan- sind unverändert und Knechte zusammen. Die Maschinen, die der Land- zen- und Tier- geblieben. wirt dafür benötigt, sind sehr teuer. Daher haben sich zucht. Die Ver- einige Landwirte zusammengeschlossen, um große wendung von Maschinen wie Mähdrescher gemeinsam anzuschaffen, Wirtschaftsdünger und Mineraldünger stellt die Versor- die dann auf den Äckern der beteiligten Betriebe ein- gung der Pflanzen mit den nötigen Nährstoffen sicher. gesetzt werden. Die Gemeinschaften finanzieren sich, Durch die Weiterentwicklung von Pflanzenschutzmit- indem sie ihre Dienstleistungen in Rechnung stellen. teln können die Landwirte ihre Pflanzen immer besser Erfindungen im Bereich der Landtechnik haben eben- und umweltgerechter gegen tierische Schädlinge und so zur Steigerung der Produktivität beigetragen wie Pilze schützen. Sie sichern somit ihre Erträge. Verringerung der Arbeitsstunden in der Kartoffelernte Abb. 8: Höhere Produktivität durch Einsatz von Landmaschinen-Technik Arbeitsaufwand und Ertrag bei der Getreideernte Arbeitsstunden Erntemengen je Hektar für Mähen, Dreschen und Abfahren (Durchschnitt über 5 Jahre) von 1Hektar Getreide vor 1900 > 300 h Erzeugnis 1898-1902 1950-1955 2010-2015 2016 um 1910 150 h Weizen 18,5 dt 27,4 dt 77,1 dt 76,5 dt 1935 40 – 80 h * Gerste 14,9 dt 23,8 dt 53,6 dt 55,5 dt 1950 30 h Kartoffeln 129,8 dt 217,3 dt 435,7 dt 432,1 dt 1960 15 h Zuckerrüben 276,8 dt 344,9 dt 706,6 dt 750,0 dt 2016
DÜNGER – EIN ENTSCHEIDENDER SCHRITT FÜR DIE PRODUKTIONSSTEIGERUNG In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden che- mische Prozesse erfunden, mit deren Hilfe Mineral- dünger künstlich hergestellt werden konnte. Ab den 1950er-Jahren führte deren Einsatz zu einer enormen Produktionssteigerung im Pflanzenanbau. In den An- fangsjahren wurde häufig viel gedüngt. Die Auswir- kungen auf die Umwelt waren noch nicht erforscht. Dies führte teilweise zu einer Überdüngung und Be- lastung des Grundwassers. Heute kann man durch moderne Messmethoden genau feststellen, wie viel Dünger die Pflanzen tatsächlich zum Wachsen brau- chen. Mit dem Stichwort „Precision Farming“ wird die Methode bezeichnet, einen Acker nicht einheitlich zu düngen, sondern kleinste Teilflächen genau nach Be- darf („Variable Rate Application“). Abb. 11: Ausbringen von Mist bzw. Gülle Das Mineralstoffgleichgewicht Überdüngung Nährstoffmangel Zum Wachsen brauchen Pflanzen Mineralstoffe. Da die Früchte von den Feldern abgefahren werden, gehen Zufuhr Entzüge den Pflanzen für das kommende Jahr diese Stoffe ver- Mineraldünger loren. Sie müssen durch Düngung ersetzt werden. Bis Ernten Wirtschaftsdünger zur Mitte des 20. Jahrhunderts nutzte man ausschließ- Ernterückstände Verluste lich Mist und Gülle als natürliche Mineralstoffquel- (Bodengehalte) len. Darin sind Mineralstoffe enthalten, die Nutztiere Quelle: i.m.a mit dem Futter aufgenommen und mit dem Kot und Die Nährstoffe, die dem Boden mit der Ernte entzogen Urin wieder ausgeschieden haben. In einem Betrieb werden, muß die Düngung wieder ersetzen mit Ackerbau und Tierhaltung entsteht so ein Mine- ralstoffkreislauf, aus dem langfristig durch die geern- Abb. 12: Bodenbewirtschaftung durch Nährstoffe teten Erzeugnisse ein Teil dieser Stoffe verloren geht. Da sich die Nutzpflanzen in ihrem Mineralstoffbedarf unterscheiden, konnte man mit der sogenannten Drei- Die Mineralstoffe in felderwirtschaft seit dem Mittelalter eine einseitige Düngern werden auch als Unter Nährstoffen Verarmung der Böden verhindern. Dabei wurden auf Pflanzennährstoffe bezeichnet. den Feldern zwei Jahre nacheinander verschiedene lenhydrate, Fette versteht man normalerweise Koh Feldfrüchte angebaut und das Land im dritten Jahr als Tiere zur Energiebe- und Eiweiße, die Pflanzen und Brache nicht bewirtschaftet. Drei Felder ergaben dann sel nutzen. Pflanzen eine kontinuierliche Produktion. Auch heute werden reitstellung in ihrem Stoffwech ndere phosphor-, bestimmte Pflanzenarten (Leguminosen) als Zwischen- benötigen Mineralstoffe, insbeso e, um mithilfe des früchte angebaut, die den Stickstoffgehalt des Bodens stickstoff- und kaliumhaltige Salz tellten Zuckers durch stickstoffbindende Bakterien erhöhen, die in ih- in der Fotosynthese selbst herges tellen wie z.B. ren Wurzelknöllchen leben. lebensnotwendige Stoffe herzus Proteine und Chlorophyll. A2 A1 A3 Erkläre, wie die Erkläre das Mineral- Bestimmung des Erläutere, warum das stoffgleichgewicht Mineralstoffgehalts im Boden zur Ausbringen von Gülle auf dem Acker anhand von Verringerung des Mineraldünger- im Winter auf gefrorenem Boden Abb.12. einsatzes beitragen kann. verboten ist. 7
KONVENTIONELLE UND ÖKOLOGISCHE LANDWIRTSCHAFT Ab den 1920er-Jahren erkannte man, dass die che- Heute unterscheidet man die konventionelle Produk- misch-technische Intensivierung der Landwirtschaft tion, die weiterentwickelte chemische Produkte ein- auch Nachteile mit sich brachte. Der Einsatz schwerer setzt, und die ökologische Landwirtschaft, die unter Maschinen auf den Äckern hatte eine zunehmende Rückbesinnung auf alte Produktionsmethoden weit- Bodenverdichtung zur Folge. Erste Pflanzenschutz- gehend auf den Einsatz von Chemie verzichtet. Mehr mittel hatten unerwünschte Eigenschaften, die zu als 23 000 landwirtschaftliche Betriebe bewirtschaften einer Anreicherung von Giftstoffen im Boden und in heute zusammen etwas über eine Million Hektar in Nahrungsmitteln und zu einer Schädigung nützlicher Form des Öko-Landbaus, entweder nach dem Stan- Bodenorganismen führten. Aus diesen Erkenntnissen dard der EU-Ökoverordnung oder nach den Vorgaben entstand die Bewegung des natürlichen Landbaus, ein eines Ökoanbauverbands (z.B. Bioland oder Demeter). Vorläufer des heutigen Öko-Landbaus. Weiterentwicklungen in der konventionellen Landwirt- Betriebsmittelaufwand Euro je Hektar LF schaft mit den Schwerpunkten Tierwohl und Umwelt- verträglichkeit haben im Vergleich zur zweiten Hälfte 165 116 120 des 20. Jahrhunderts zu einer Reihe von Verbesserun- 3 gen geführt. So wurden die Haltungsbedingungen für Pflanzenschutz Personal Nutztiere deren Bedürfnis- sen angepasst und der Ein- Erträge 83,8 Vor 100 Jahren satz von Dünger und Pflan- war alles Bio. 7.558 5.938 37,3 zenschutzmitteln optimiert. Milch (kg je Kuh) Weizen (dt je ha) Ökofleischpreise im Vergleich Preise 48,2 45,7 Betriebe in Preise frei Schlachtstätte, Monatsmittel, in Deutschland, 33,7 16,7 Deutschland mit in EUR/kg SG, ohne MwSt. ähnlichen Stand- Milch (Cent je kg) Weizen (e je dt) ortbedingungen, ähnlicher Größe 4,46 und Produktions- 4,24 Gewinn plus ausrichtung ÖKO Personalaufwand (in Euro) Wirtschaftsjahr 4,10 56.300 2014/15 4,13 3,64 41.100 27.400 34.800 3,72 konventionelle Betriebe 3,34 3,43 je Arbeitskraft je Unternehmen ( 82 ha) ÖKO 3,22 Direktzahlungen ökologische Betriebe 538 1,87 347 ( 83 ha) 1,70 1,66 Quelle: AMI © AMI 2016/OL-102 | AMI-informiert.de Euro je Hektar LF Quelle: BMEL © Situationsbericht 2017/Gr 16-1 1,30 2012 2013 2014 2015 2016 Abb. 13: Aufwand, Gewinn und Förderungen ÖKO Öko-Schlachtschweine (Hkl. E) Konventionell erzeugte Schweine (Hkl. E) A1 Im Ökolandbau wird ÖKO Öko-Jungbullen (Hkl. R) A2 auf den Einsatz von Konventionell erzeugte Jungbullen (Hkl. R) Pflanzenschutzmitteln und Diskutiere mit deinen Mineraldüngern weitgehend Mitschülerinnen und Abb. 14: Entwicklung der Erzeugerpreise verzichtet. Erkläre damit die Mitschülern die Vor- und Nach- Unterschiede der Zahlen in Abb. teile der beiden Formen der 8 13 und 14. Landwirtschaft.
VIELFALT DER BETRIEBSKONZEPTE Bis in die 1970er-Jahre wurde auf den meisten Bauern- haben daher neue Standbeine als Ergänzung zur tradi- höfen Ackerbau und Viehzucht kombiniert. Auf den tionellen Landwirtschaft entwickelt. Feldern erzeugten die Bauern Nahrungspflanzen wie Kartoffeln und Getreide sowie Futterpflanzen für die Stichworte zu diesen alternativen Betriebszweigen auf dem Hof gehaltenen Tiere. Gülle und Mist wur- sind: den für die Düngung der Felder genutzt. Gemüse- und 1. Direktvermarktung, Obstanbau sowie Kleintierhaltung trugen zur Eigen- 2. Veredelung der Rohprodukte, versorgung bei. Moderne landwirtschaftliche Betriebe 3. Hofcafé, konzentrieren sich heute meist auf wenige Betriebs- 4. Tourismus, zweige, u.a. weil das nötige Wissen sehr speziell ist. So 5. Kennenlernen landwirtschaftlicher Produktions- gibt es heute viele Betriebe, die z.B. nur noch Acker- weisen (Lernort Bauernhof), bau oder Obstbau, aber keine Tierhaltung mehr betrei- 6. Rollrasenanbau. ben. Kleinere Betriebe haben es meistens schwer, mit konventioneller Landwirtschaft das Familieneinkom- men zu sichern. Manche landwirtschaftlichen Betriebe A3 A1 A2 Erläutere die Aussage, Beschreibe die Nenne Aktivitäten, dass bei diesen alter- Abbildungen die dir in einem nativen Betriebskonzepten meist und ordne ihnen die oben Urlaub auf dem Bauernhof Spaß vorhandene Ressourcen zusätz- genannten Stichworte zu. machen würden. lich genutzt werden. 9
NUTZTIERHALTUNG Wie im Ackerbau so hat sich auch in der Tierhaltung Nicht nur die durchschnittliche Größe der Tierbestände seit den 1970er-Jahren ein enormer Wandel vollzogen. auf den Betrieben, sondern auch die Haltungsbedin- Dies betrifft sowohl die Anteile der unterschiedlichen gungen haben sich in den letzten 100 Jahren stark ge- Tierarten als auch die Haltungsbedingungen. So wurde wandelt. So können sich Kühe in modernen Ställen frei z.B. das Pferd als Zugtier durch den Traktor abgelöst, bewegen und selbst entscheiden, wann und wie oft sie während die Haltung von Reitpferden zugenommen fressen und trinken wollen. hat. Außerdem haben sich die Verbraucherwünsche Ein besseres Stallklima und Wellness-Angebote tra- stark verändert. Darauf haben die landwirtschaftlichen gen zum Wohlbefinden der Tiere bei: Schweine haben Betriebe reagiert, indem sie die Schweine- und Geflü- Spielzeug, Ställe haben mehr Tageslicht und sind oft gelhaltung ausgebaut haben. klimatisiert. In Deutschland gehaltene Nutztiere früher und heute 500 1873 = 100 350 Schweine Milchkühe Pferde Schafe 200 DDR: Schweine Pferde Schafe 50 1830 1840 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 D. R. 1. WK WR 2.WK BRD/DDR DE Abb. 15: Entwicklung der Nutztierhaltung – Angaben in Prozent Quelle: i.m.a/stat. Bundesamt/DBV/Situationsberichte Abb. 16: Arbeit im Kuhstall, früher Abb 17: Kuh-Komfort, heute A2 Beschreibe den Wan- A1 del bei den Haltungs- Erläutere die Zahlen- bedingungen bei Kühen anhand 10 angaben in Abb. 15. von Abb. 16 und 17.
Bis in die 1950er-Jahre wurden Kühe überwiegend mit Betriebe mit Milchkuhhaltung der Hand gemolken. Die leicht verderbliche warme Milch musste zeitnah konsumiert oder zu haltbareren nach Bestandsgrößenklassen in Deutschland, Mai-Zählung 2016 Produkten wie Käse und Butter verarbeitet werden. Betriebe in 1.000 Milchkühe in 1.000 Dies geschah meist direkt auf dem Hof. Durch den Ein- 1 bis 9 10,7 45 15% 71.302 4,27 Mio 1% satz von Melkmaschinen wurde die schwere Arbeit er- 9,9 Betriebe Milchkühe 145 leichtert und durch die Kühlung der Milch wurden die 10 bis 19 14% 3% hygienischen Standards und die Lagerung verbessert. 20 bis 49 22,7 737 32% 17% 50 bis 99 17,4 1.223 24% 29% 100 bis 199 7,8 1.042 11% 24% 200 und mehr 2,8 1.081 4% 25% Quelle: Stat. Bundesamt © AMI 2016/VF-192 | AMI-informiert.de Abb. 19: Tierhaltung in Milchbetrieben Abb. 18: Kuhmilch ist die Grundlage vieler Lebensmittel In modernen Ställen werden die Kühe heute zuneh- mend von Melkrobotern ohne menschliche Hilfe ge- molken. Die Tiere können sich melken lassen, wann sie wollen. Die Milch kommt nicht mit der Stallluft Abb. 20: Automatisches Melken im Melkkarussell in Berührung. Sie wird direkt in einen Milchtank ge- pumpt und innerhalb weniger Minuten auf 4 °C heruntergekühlt, damit sie haltbar Das hat zu deutlichen Veränderungen bei den Be- und frisch bleibt. Milch ist leicht triebsgrößen geführt. verderblich und muss kühl gela- Trotz des technischen Fortschritts ist vieles wie gert und transportiert werden früher. Kühe geben nur Milch, wenn sie vorher (Kühlkette). Tanklastwagen ein Kalb geboren haben. Je länger die Geburt bringen sie zur weiteren Ver- zurückliegt, desto weniger Milch gibt die Kuh. arbeitung in die Molkerei. Durch die Einführung von Melkmaschinen bzw. Solche modernen Maschinen später Melkkarussells bzw. Melkrobotern wur- erfordern hohe Investitionen, de der Arbeitsaufwand pro Liter Milch deutlich die sich nur bei relativ gro- gesenkt, um den über Jahrzehnte niedrigen ßen Milchkuh-Herden lohnen. Milchpreis zu kompensieren. A1 A2 Erkläre den in Abb. 19 erkennbaren Recherchiere, wie Strukturwandel bei landwirt- aus Milch die Pro- schaftlichen Betrieben mit dukte Joghurt, Quark und Käse Milchviehhaltung. hergestellt werden. 11
BEHANDLUNG KRANKER NUTZTIERE Kindern Bei Haus- und Nutztieren kommen ähnliche und z.T. Bei der Infektionsresistenz von die gleichen Krankheiten wie bei Menschen vor. Seu- spricht man vom sogenannten Bauern- chen und Entzündungen nach Verletzungen waren früher häufige Todesursachen. Im 19. Jahrhundert hofeffekt. Damit ist gemeint, dass jahren wurde entdeckt, dass bestimmte Bakterien die Ursache Kinder, die in den ersten Lebens n Keimen für Entzündungen oder ansteckende Krankheiten sind. durch Schmutz mit verschiedene iger Infekti- Im 20. Jahrhundert entdeckten Forscher die Viren. Bis in Kontakt kommen, später wen Mitte des 20. Jahrhunderts gab es kaum erfolgreiche ache ist ein onskrankheiten bekommen. Urs Behandlungsmethoden für bakterielle Infektionen. Die ystem. „Trainingseffekt“ für das Immuns wichtigste, schon seit dem Altertum bekannte Metho- de zur Verhinderung der Ausbreitung von Seuchen durch Bakterien oder Viren war die Vermeidung des handlung und teilweise auch prophylaktisch eingesetzt. Kontakts mit erkrankten Menschen oder Tieren. Dies Als man erkannte, dass durch den häufigen Antibioti- bezeichnet man noch heute als Quarantäne. ka-Einsatz die Verbreitung resistenter Erreger zunahm, setzten vielfältige Maßnahmen zur Reduzierung ein. Der Mit der Entdeckung des Penicillins begann die Geschich- prophylaktische Einsatz von Antibiotika wurde verbo- te der Antibiotika. Sie sind ein wichtiger Baustein bei der ten. Von 2011 bis 2015 sank der Antibiotika-Verbrauch Bekämpfung von bakteriellen Infektionskrankheiten. durch strenge Hygiene und Impfungen in Deutschland Viren können mit Antibiotika nicht bekämpft werden. um 27,5%. Kranke Tiere mit bakteriellen Infektionen In Nutztierherden können sich Erreger rasch ausbreiten müssen nach wie vor mit Antibiotika behandelt werden, und so ganze Herden infizieren. Deshalb wurden in der ihre Produkte dürfen aber nicht verkauft werden, bis die zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Antibiotika zur Be- Tiere wieder gesund sind. Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Infektionen im Tierbestand Stall-Vorraum Hygiene-Barriere Desinfektions- wanne Kein Zutritt Isolierstation Handwasch- für Unbefugte für infizierte Tiere Schmutz- gelegenheit Stall (Tierbereich) mit Seife, Bereich Einwegtüchern und Desinfekti- Eingang Straßenkleidung onsmittel zum Stall- Hygiene- Vorraum Bereich Stalleigene Sprühlanze oder Stiefel und Quarantäne-Stall Rückenspritze zur Stallkleidung für Neuzugänge Desinfektion von Stall (Tierbereich) Vorraum usw. im Tierbestand Abb. 21: Vorbereitungs- und Tierbereiche in einem Stall A2 In der Schweine- und Rinder- haltung führt die Entwick- A1 lung und Anwendung von neuen Erkläre die Wirkung Impfstoffen gegen häufig auftre- der in Abb. 21 darge- tende Bakterieninfektionen zu stellten Maßnahmen zur Vermei- einem Rückgang des Antibioti- 12 dung von Infektionen. ka-Einsatzes. Erkläre dies.
MECHANISCHER UND CHEMISCHER PFLANZENSCHUTZ Ziele bei der Entwicklung von Pflanzenschutz- mitteln sind neben der Wirksamkeit: · Vermeidung der Schädigung von anderen Lebewesen wie natürlichen Feinden der Schädlinge und Bodenorganismen, · Bienenverträglichkeit · rasche biologische Abbaubarkeit zu ungiftigen Stoffen · möglichst geringer Gehalt in der Nahrung für den Menschen Seit der Mensch Nutzpflanzen anbaut, geht ein Teil der Ernte dadurch verloren, dass andere Lebe- wesen wie Insekten, Mäuse und Pilze sich ebenfalls da- Ernteverluste durch Schadorganismen von ernähren oder sie unbrauchbar machen. Deshalb bezeichnet man sie als Schädlinge. Wildkräuter konkur- rieren mit den Kulturpflanzen um Mineralstoffe, Licht und Platz. Man spricht dann von Unkräutern. Früher war Schädlings- und Unkrautbekämpfung nur durch mechanische Methoden möglich, wie z.B. durch das Absammeln von Kartoffelkäfern oder das Ausreißen oder Abhacken von Unkräutern. Durch den jährlichen Wechsel der angebauten Feldfrüchte auf den Äckern (Fruchtwechsel) wird die Vermehrung der Schädlinge reduziert. Dazu tragen auch Hecken am Feldrand und Brachflächen bei, in denen sich die natürlichen Feinde Abb. 22: Schädlinge auf weltweiten Anbauflächen von Schadinsekten vermehren. Im Mittelalter wurden Missernten häufig religiös bzw. abergläubisch erklärt. Im 18. und 19. Jahrhundert wuchs durch die rasante Pflanzenschutzmittel-Absatz in Entwicklung der Naturwissenschaften das Wissen über Deutschland die Ursachen von Pflanzenkrankheiten und die Biolo- gie von Fraßschädlingen. Verschiedene Salzlösungen, nikotinhaltiger Tabaksud und sogar Terpentin wurden zur Bekämpfung eingesetzt. Seit den 1960er-Jahren haben Forscher chemische Pflanzenschutzmittel entwi- ckelt. Damit konnten die vorher stark schwankenden Erträge gesichert werden. Pflanzenschutzmittel dürfen heute erst dann vermarktet werden, wenn eine Wirk- stoffgenehmigung der EU vorliegt und das Präparat nach einer intensiven Prüfung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu- gelassen wurde. Abb. 23: Pflanzenschutzmittel je Hektar Nutzfläche A1 Recherchiere die Bedeutung der Be- griffe Herbizid, Fungizid, Insekti- zid und Akarizid und stelle einen Zusammenhang zu Abb. 22 her. 13
LANDWIRTSCHAFT ALS ENERGIE- UND ROHSTOFFLIEFERANT Seit Jahrtausenden dienen landwirtschaftli- Nachwachsende Rohstoffe che Produkte nicht nur der Ernährung, son- dern werden z.T. auch als Rohstoff und Energie- Anbauflächen in Deutschland (ha) quelle genutzt. Stroh wurde mit Lehm vermischt als Rohstoff/Kulturart Ernte 2014 20151) Baustoff verwendet. In Deutschland wird schon seit Industriepflanzen weit über tausend Jahren Flachs angebaut. Aus den Fa- Technisches Rapsöl 140.000 140.000 Stärke (v. a. Kartoffeln) 92.500 93.000 sern dieser Pflanze wurden z.B. Seile und Gewebe her- Industriezucker 10.000 10.000 Leinöl 3.500 3.500 gestellt. Färberwaid lieferte noch im frühen 20. Jahr- Sonnenblumenöl 8.500 9.000 Faserpflanzen 750 750 hundert den heute für Jeans gebräuchlichen Farbstoff Arznei- und Farbstoffe u.a. 12.000 12.000 Indigo. Öl aus Rapssamen diente z.B. als Brennstoff Energiepflanzen für Lampen. Mit der Verwendung von Erdölprodukten Biodiesel/Pflanzenöl (Raps) 649.000 616.000 Bioethanol (Zuckerrüben, Getreide) 188.000 184.000 nahm die Bedeutung dieser Zweige landwirtschaftli- Biogas (Mais, Getreide) 1.375.000 1.393.000 Sonstiges (Agrarholz, Miscanthus etc.) 10.500 10.500 cher Produktion seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Anbau gesamt 2.489.750 2.471.750 ab. Durch den rasant steigenden Verbrauch zeichnet 1) zum Teil geschätzt Quelle: FNR, SB16-T17-1 sich eine Verknappung der fossilen Energieträger ab. Abb. 24: Ernteerträge nachwachsender Rohstoffe Außerdem hat sich herausgestellt, dass deren Nutzung durch die Freisetzung von Kohlenstoffdioxid zu globa- Anbau in Deutschland len Klimaveränderungen führt. Dadurch ist die Bedeu- tung der Energie- und Rohstoffbereitstellung durch in Hektar 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* die Landwirtschaft wieder stark 3.000.000 2.750.000 gestiegen. Damit entsteht zu- 2.500.000 nehmend eine Konkurrenz 2.250.000 108 Industriestärke zur Nahrungsmittelproduk- 2.000.000 16 Industriezucker 1.750.000 132 Ölpflanzen Festbrennstoffe 11 tion („Teller oder Tank“). 1,5 Faserpflanzen 1.500.000 12 Arznei und 1.250.000 Färbepflanzen 1.000.000 2.690,5 Biogas 1.450 Gesamt- anbaufläche 760 Biodiesel/ Pflanzenöl 269,5 Industriepflanzen A1 200 Bioethanol 2.421 Energiepflanzen Unter dem Schlag- Quelle: FNR (2017); © FNR 2017 wort „Teller oder Abb. 25: Anbauflächen nachwachsender A2 Tank“ wird kritisiert, dass durch Rohstoffe den Anbau von Energiepflanzen Leite aus Abb. 24 und Fläche für die Produktion von 25 Tendenzen für die Nahrungsmitteln fehlt. Recher- Entwicklung der verschiedenen chiere zu dieser Aussage und Produktionszweige in der Land- 14 nimm Stellung. wirtschaft ab.
LANDWIRTSCHAFT, LANDSCHAFTSPFLEGE UND LANDSCHAFTSSCHUTZ Die Landschaft in Deutschland ist eine Kulturland- Im Zuge der Mechanisierung und Rationalisierung schaft, das heißt, sie ist vom Menschen geprägt. Im konnten kleine Felder zu größeren Äckern zusam- Verlauf des letzten Jahrhunderts hat sich das Land- mengelegt, Hecken entfernt und feuchte Areale tro- schaftsbild stark verändert. Da Selbstversorgung frü- ckengelegt werden. Diese Maßnahmen hatten einen her zwingend erforderlich war, gehörten meist Wiesen Rückgang der Artenvielfalt vor allem bei Amphibien, und Weiden zur Versorgung von Milchvieh, Acker- Insekten und Wildkräutern zur Folge. Um dem entge- flächen und ein mehr oder weniger großer Wald zu genzuwirken, leitete man eine Vielzahl von Maßnah- einem Bauernhof. Die einzelnen Flächen waren meist men ein. Dazu gehörten die Stilllegung und Renaturie- klein und nur mit großem Aufwand zu bewirtschaften. rung von ertragsschwachen Flächen, die Ausweisung An den Erschließungswegen gab es Hecken mit einer von Landschaftsschutzgebieten und die Extensivierung Vielzahl von Straucharten und Kräutern, in denen re- der Flächennutzung in bestimmten Regionen. Dabei ges tierisches Leben herrschte. Manche Senken waren fallen Landwirten neue Aufgaben im Rahmen der zu feucht für die landwirtschaftliche Bearbeitung. Es Landschaftspflege zu. fehlte an Möglichkeiten zur Entwässerung (Drainage). Die Flächen bildeten naturnahe Biotope. Verzicht auf Pflanzenschutzmittel auf Ackerrandstreifen Verbuschung von Graslandflächen Renaturierung von Bachufern und Tümpeln Rückgang der Artenvielfalt Erhalt von Streuobstwiesen Uferpflege durch Mähen Rückgang der Diversität bei Beseitigung von Baumschösslingen Wildkräutern und Insekten durch Mahd oder Schafhaltung Extensive Bewirtschaftung/redu- Schaffung/Erhalt von Feuchtbiotopen zierte Düngung in Schutzzonen Einstellung der Entwässerung durch Stopp der Drainage Prämien für Flächenstilllegungen Eutrophierung von Gewässern A2 A1 A3 Erstelle mit den Erläutere die Gründe Stichworten aus der Recherchiere die für die Veränderun- Abbildung einen Text, der die Bedeutung des Be- gen der Kulturlandschaft in Ziele der Landschaftspflege und griffs „Landschaftsschutz“ und Deutschland während der die dabei durchgeführten Maß- grenze ihn gegen „Landschafts- letzten ca. 100 Jahre. nahmen beschreibt. pflege“ ab. 15
ZÜCHTUNG, KLONEN UND GENTECHNIK IN DER LANDWIRTSCHAFT Züchtung: Vor ca. 10 000 Jahren wurden steinzeit- Klonen: Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wuchs das liche Menschen in Europa sesshaft. Statt als Jäger Wissen über Genetik und Entwicklungsbiologie rasant und Sammler umherzuziehen, bauten sie Vorformen an. Durch die Verwendung kleiner Spermaportionen heutiger Getreidesorten an und hielten Tiere. Damit bei der künstlichen Befruchtung kann ein Bulle der begann die Geschichte der Haus-, Nutztier- und Kul- Vater vieler Tausend Kälber werden. 1996 wurde das turpflanzenzüchtung. Bis in das 20. Jahrhundert blieb Schaf Dolly geboren. Es entwickelte sich aus einer Ei- das angewandte Prinzip gleich: Die Körner von Einkorn zelle, deren Zellkern man entfernt und durch den Kern und Dinkel wurden als Wintervorrat gelagert und ein einer Darmzelle ersetzt hatte. Dolly war also genetisch Teil aus möglichst großen Körnern wurde im nächsten identisch zur Kernspenderin. Damit ist es möglich, von Frühjahr ausgesät. Unter den Tieren wurden Individu- einem Elterntier mit den gewünschten Eigenschaften en, die den gewünschten Eigenschaften am nächs- beliebig viele genetisch identische Nachkommen bzw. ten kamen, zur Zucht ausgewählt. So entstanden aus Klone zu erzeugen. Diese Verfahren gehören zum Be- langsam wachsenden und wenige Liter Milch geben- reich der Reproduktionsbiologie. den Urrindern Rinderrassen für die Fleischproduktion bzw. für die Milcherzeugung. Ab Mitte des 19. Gentechnik: Der nächste Schritt besteht darin, das Jahrhunderts verbreiteten sich die Er- genetische Material von Individuen gezielt zu verän- kenntnisse von Gregor Mendel, der dern oder Steuerungsvorgänge bei der Umsetzung der herausgefunden hatte, dass die genetischen Information in Merkmalen zu beeinflus- Vererbung bestimmten Regeln sen. Hierbei spricht man von Gentechnik. Durch die folgt. Jetzt wurden vorhande- Übertragung von Genen einer anderen Art (Fremd- ne Rassen oder Sorten gezielter gene) entstehen Lebewesen mit verändertem Erbgut züchterisch gekreuzt, um Kom- und dadurch veränderten Eigenschaften (transgene Le- binationen aus gewünschten Ei- bewesen). Diese geben die Gene dann auf natürliche genschaften zu erhalten. Weise an folgende Generationen weiter. Technik Züchtung Reproduktionsbiologie Gentechnik Vorgehen Auswahl der Individuen, Künstliche Befruchtung, Zell- Übertragung von Fremdge- die zur Fortpflanzung kerntransplantation (Klonen) nen oder künstlich hergestell- gelangen ten Genen in das Erbgut Wirkung Neue Merkmalskombina- Gezielte Weitergabe be- Erzeugung eines Merkmals, tionen bei den Nachkom- stimmten Erbguts durch Aus- das in der Art natürlich nicht men oder Stabilisierung wahl der Eizellen, Spermien vorkommt bestimmter Merkmale oder Körperzellen Ziel Erzeugung von Haustier- Erhöhung der Nachkommen- Lebewesen mit einem be- rassen oder Pflanzensorten anzahl eines positiven Verer- stimmten Merkmal mit bestimmten Eigen- bers schaften Abb. 26: Forschung und Entwicklung in der Landwirtschaft A2 Forscher arbeiten an einem Verfahren, um A1 A3 medizinisch wirksame Proteine Recherchiere und herzustellen, indem sie diese aus Recherchiere, wieso beschreibe, wie die der Milch genetisch veränderter man beim traditionel- heute vorkommenden Hunde- Schafe gewinnen. Erläutere wie len Kartoffelanbau von natürli- 16 rassen entstanden sind. das möglich sein könnte. chem Klonen sprechen kann.
LANDWIRTSCHAFTLICHE ERZEUGUNG – VORSTELLUNGEN UND ERWARTUNGEN Jeder hat seine eigenen Vorstellungen von Landwirt- In den Medien wird teilweise ein eher kritisches Bild schaft. Fast jedes Kind lernt schon vor dem Kinder- von der Landwirtschaft gezeichnet. Stichworte wie garten in Bilderbüchern Kühe, Schweine und Hühner Massentierhaltung, Hormonskandal und Überdün- als Tiere auf dem Bauernhof kennen. Manche Men- gung der Felder passen nicht zum idyllischen Bild von schen bekommen beim Urlaub auf dem Bauernhof ei- der Landwirtschaft. Einen Eindruck von der Vielfalt der nen Einblick in kleinere, für moderne Landwirtschaft Vorstellungen kann man bekommen, wenn man im In- eher untypische Familienbetriebe. Die Vorstellungen ternet nach Bildern sucht. Die Stichworte „Bauernhof“ von Landwirtschaft sind meist geprägt von Idealbil- und „landwirtschaftlicher Betrieb“ führen zu ganz un- dern voriger Jahrhunderte und blenden die harten terschiedlichen Ergebnissen. Arbeits- und Lebensbedingungen der damals tätigen In einer repräsentativen Umfrage wurden im Jahr 2017 Menschen ebenso aus, wie die aus heutiger Sicht sehr Personen gefragt, welche Erwartungen sie an die geringe Produktivität und die bescheidenen Lebensver- Landwirtschaft haben und inwieweit dies in der Rea- hältnisse. lität gegeben ist. Umfrageergebnisse zum „Image der deutschen Landwirtschaft“ 2017 Gewünschtes versus tatsächliches Eigenschaftsprofil +/− zu 2012 (Veränderung der Abstände in soll ist Prozentpunkten) verantwortungsvoller Umgang mit Tieren +7 umweltbewusstes Wirtschaften –1 Produktion ohne Raubbau an Boden, Wasser und Luft * Verzicht auf Gentechnik –2 Pflege und Erhaltung der Landschaft –5 Sicherung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum –11 Produktion von Nahrungsmitteln von hoher Qualität –11 Sicherung der Nahrungsmittelversorgung auch in Krisenzeiten –10 Versorgung mit landwirtschaftl. Produkten aus der Region –5 Vertretung ihrer Interessen in der Öffentlichkeit * Bereitstellung erneuerbarer Energien * Orientierung am technischen Fortschritt –2 unternehmerisches und marktorientiertes Verhalten –2 Produktion preiswerter Nahrungsmittel –18 0 50 100 * kein Trendvergleich möglich Angaben in Prozent; dargestellt: Anteile „sehr wünschenswert“ bzw. Anteile „trifft eher zu“ Fragen: […] Sagen Sie mir bitte jeweils, welche Eigenschaften idealerweise auf die deutschen Landwirte zutreffen sollten. […] […]. Sagen Sie mir bitte jeweils, was Ihrer Meinung nach davon auf den typischen Landwirt eher zutrifft bzw. eher nicht zutrifft. […]… Abb. 27: Repräsentative i.m.a-Studie „Image der deutschen Landwirtschaft“ 2017, durchgeführt von KANTAR EMNID A1 Gib in einer Suchma- A3 Das Idealbild von A2 schine im Internet Landwirtschaft ist bei nacheinander die Begriffe „Bau- Vergleiche die beiden vielen Menschen von romanti- ernhof“ und „landwirtschaftlicher Fragestellungen in schen Vorstellungen geprägt. Betrieb“ ein und vergleiche die der Umfrage und werte die Er- Nenne Beispiele und stelle einen angezeigten Bilder. gebnisse im Zusammenhang aus. Bezug zur Realität her. 17
VERMARKTUNG LANDWIRTSCHAFTLICHER PRODUKTE Früher diente ein erheblicher Teil der Produkte aus Pflan- zenanbau und Tierhaltung Quelle: Schwarwel-Karikatur.com/ngg_tag/bauern der Selbstversorgung der auf dem Betrieb arbeiten- den Personen. Überschüsse wurden an Nachbarn oder örtliche Bäcker und Metz- ger verkauft. Heute liefern landwirtschaftliche Betrie- be ihre Erzeugnisse meis- tens an den Handel oder die verarbeitende Industrie. Die Verbraucher versorgen sich überwiegend in Super- märkten und bei Discountern. Zeitweise unterbieten sich die Handelsketten bei den Preisen für landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Abb. 28: Karikatur in den Medien anlässlich des Verfalls der Milchpreise Milchprodukten und Fleisch. Was den Konsumenten freut, kann die Existenz von Landwirten bedrohen, Die verarbeitende Industrie schließt für manche Pro- wenn ihre Erlöse für die Produkte langfristig die Pro- dukte, wie z.B. Zuckerrüben oder Kartoffeln für die duktionskosten unterschreiten. Die fünf größten Le- Stärkeproduktion, Verträge mit den Erzeugerbetrieben bensmittelhändler erzielen in Deutschland über 72 % (Bauernhöfen) über die folgende Ernte ab. Der Käufer des Gesamt-Lebensmittelumsatzes von 186,8 Mrd. garantiert dabei einen bestimmten Abnahmepreis bei Euro. Großhändler stehen ihnen als Verkäufer gegen- Einhaltung vorgegebener Qualitätskriterien. Das hilft über. Beide Seiten gleichen ihre Preisvorstellungen mit Landwirten bei der Entscheidung, ob sich der Anbau den Angeboten auf dem Weltmarkt ab. der entsprechenden Feldfrucht lohnt. Absatzwege für landwirtschaftl. Produkte Eine weitere Möglichkeit für den Absatz der Erzeug- nisse stellt die Direktvermarktung dar. Auf Wochen- Landwirtschaftliche Erzeuger(gemeinschaft) märkten werden so z.B. Gemüse, Kartoffeln, Eier oder Hähnchen den Verbrauchern direkt angeboten. Dem Groß- Verarbeitende Zentralebene höheren Verkaufspreis stehen dabei Personal- und handel Industrie Einzelhandel Standkosten gegenüber. Außerdem können so nur re- Direkt- lativ geringe Mengen vermarktet werden. Das Gleiche absatz gilt für den früher weit verbreiteten Direktverkauf an selbst- filiali- das Lebensmittelhandwerk (z.B. Bäcker und Metzger). Lebens- ständiger sierter Solche Betriebe decken ihren Bedarf inzwischen über- mittel- Großver- Gastro- Lebensmittel- handwerk braucher nomie einzelhandel wiegend aus dem Großhandel. Endverbraucher Quelle: Eckebrecht/i.m.a. A2 Abb. 29: Produktwege vom Erzeuger zum Konsumenten Erläutere die Situ- A1 ation der landwirt- Vergleiche die Aus- schaftlichen Betriebe bei der Ver- sage der Karikatur marktung ihrer Produkte. Stelle mit der des ersten Absatzes im dabei Bezüge zwischen dem Text 18 Text. und den Abbildungen her.
WAS DEM LANDWIRT BLEIBT Wenn wir in der Bäckerei ein Brot kaufen, ist das Getrei- jährlichen Schwankungen unter- de darin am Ende einer Wertschöpfungskette angekom- liegen, werden die Vergleichs- men. Der Landwirt hat Saatgut gekauft, den Acker vorbe- zahlen über mehrere reitet, gesät, gedüngt, Pflanzenschutz betrieben und das Jahre gemittelt. Wenig Getreide geerntet. Danach wurde das Getreide gereinigt veränderliche Kosten und gelangte meist über Großhändler zu Mühlen, die es führen bei schwan- zu Mehl verarbeitet haben. In der Bäckerei entstand aus kenden Erzeuger- dem Mehl mit weiteren Zutaten ein Teig, der nach dem preisen dazu, dass Backen schließlich zum fertigen Brot wurde. Das Getrei- die Betriebsgewin- de hat eine Wertschöpfungskette durchlaufen. Durch ne ebenfalls stark den Verkauf des Getreides erhält der Landwirt heute schwanken kön- weniger als 5% vom Preis des Brotes. In den 1950er-Jah- nen. Im Extremfall ren betrug dieser Anteil fast 45%, also das 9-fache. entsteht ein Verlust, da die Einnahmen für Für die verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse den Betrieb unter den kann man ermitteln, welchen Anteil von den Verbrau- Kosten liegen. cherausgaben der landwirtschaftliche Betrieb erhält. Dieser Anteil hängt wesentlich davon ab, inwieweit es verarbeitet bzw. veredelt wird, bis es schließlich zum Konsumenten gelangt. Da die Erzeugerpreise starken Was Landwirte von den Lebensmittelpreisen erhalten (Angaben in Prozent) 1950/51 1970/71 1990/91 2010 2015 Erzeugnisse bis bis bis bis 1954/55 1974/75 1994/95 2014 Ausgewählte pflanzliche Erzeugnisse Brot/Brotgetreide 44,6 17,7 6,1 5,5 4,6 Zuckerrüben/Zucker 44,2 42,0 38,2 38,0 33,6 Kartoffeln – 57,9 32,5 23,2 35,4 Ausgewählte tierische Erzeugnisse Fleisch/Fleischwaren 66,8 45,8 28,9 21,1 18,1 Milch/Milcherzeugnisse 64,2 56,9 44,2 41,2 38,2 Alle Erzeugnisse 62,6 47,5 29,3 23,5 22,2 Die Berechnungsmethode wurde wiederholt geändert, so dass Ergebnisse nicht voll vergleichbar sind. Quelle: Thünen-Institut, Schätzung DBV © Situationsbericht 17-T13-2 Abb. 30: Beispiele für den Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben A1 Stelle die Werte für A2 Nenne mögliche A3 Erkläre die Tatsache, Brot/Brotgetreide und Gründe dafür, dass dass die Verbraucher- Milch/Milcherzeugnisse grafisch sich der Anteil am Verkaufserlös preise weniger stark schwanken dar und vergleiche den Verlauf bei den verschiedenen Produkten als die Verkaufserlöse der Land- der beiden Kurven. unterschiedlich entwickelt hat. wirte für ihre Produkte. 19
AGRARPOLITIK IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND IN EUROPA Entwicklung der europäischen Agrarpolitik Abb. 31: Europa und die Landwirtschaft Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte die zu hohen Preisen. Die Agrarsozialpolitik hatte zum Ziel, Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbaren Nah- Landwirte im Krankheitsfalle und im Alter abzusichern. rungsmitteln zu den dringlichsten Aufgaben der Poli- Vom Bundesagrarhaushalt für das Jahr 2016 (insgesamt tik. Das Leitbild der Politik war der bäuerliche Familien- 5,6 Mrd. Euro) entfallen 68 Prozent auf Sozialausga- betrieb. In den sogenannten Marktordnungsgesetzen ben. Der größte Teil dieser Mittel wird aufgewendet für wurden Festpreise für Getreide, Milch, Fett, Vieh, die Alterssicherung und die Krankenversicherung von Fleisch und Zucker bestimmt. Die dadurch erfolgte Ab- Landwirten. Durch den Strukturwandel in der Land- koppelung von den stark schwankenden Weltmarkt- wirtschaft treten insbesondere bei der Aufgabe von preisen bot den Landwirten Einkommenssicherheit bäuerlichen kleinen- und mittelgroßen Betrieben Ver- und den Verbrauchern einen Schutz vor sorgungslücken auf. Im Jahr 2016 lagen die Ausgaben für den Agrarsektor unter 2% des Bundeshaushaltes. Bereits 1957 einigten sich die Gründerstaaten der Euro- päischen Union – Deutschland, Frankreich, Italien, Belgi- en, Luxemburg und die Niederlande – auf die Grundzüge einer gemeinsamen Agrarpolitik. 1958 einigte man sich auf drei Grundprinzipien zur Organisation der gemeinsamen Agrarmärkte: Freier Wa- 20
renaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten (Binnen- (entkoppelte Stützung). Außerdem werden auf Antrag markt), Vorrang für Erzeugnisse aus EU-Ländern gegen- und bei Vorliegen entsprechender Voraussetzung Zu- über Importprodukten (Stabilisierung gegenüber dem schüsse zu Projekten gewährt zur Förderung von Um- Weltmarkt) und gemeinschaftliche Finanzierung der weltmaßnahmen und der Lebensmittelsicherheit. Dazu Maßnahmen aus dem Haushalt der Europäischen Union. gehört z.B. die Förderung der Vielfalt der angebauten Pflanzen in einem Betrieb (Greening) und des Erhalts Zur Stützung und Lenkung der landwirtschaftlichen von Dauergrünflächen. Die Verknüpfung von Prämi- Produktion wurden in der Europäischen Union För- enzahlungen mit der Einhaltung allgemeiner Umwelt- derprogramme beschlossen, deren Umsetzung in den standards wird als „Cross Compliance“ bezeichnet. Zu Mitgliedsstaaten unterschiedlich ist. Im Rahmen dieser den Zielen gehören die Gesunderhaltung von Mensch, Programme gibt es Direktzahlungen an die Landwirte, Tier und Pflanze durch eine entsprechende Betriebs- die an bestimmte Produkte oder Anbaumethoden ge- führung und die Erhaltung eines guten ökologischen bunden sind (gekoppelte Stützung) und solche, die flä- Zustands der bewirtschafteten Flächen. chenbezogen ausgezahlt werden ohne Bedingungen A1 A3 A2 Informiere dich Diskutiert die darüber, welche Mit- Erläutere anhand von Bedeutung der Land- gliedsstaaten aktuell zur Europä- Abb. 31 die Entwick- wirtschaft für den Landschafts- ischen Union gehören und wie lung der Ziele der Agrarpolitik schutz und den Erhalt einer lange schon. der Europäischen Union. intakten Umwelt. 21
LANDWIRTSCHAFT IM WELTWEITEN VERGLEICH Noch im 19. Jahrhundert bewirtschafteten die meis- unterschiedliche Grade dieser Entwicklung. Die hier ten Bauern ihre Felder überwiegend zur Versorgung vorgestellten Betriebe sind einerseits typische Beispie- der eigenen Familie. Überschüsse finanzierten Güter, le, sie sollen aber nicht den Eindruck erwecken, dass in die nicht selbst hergestellt werden konnten. Mit der den Ländern alle Betriebe so aufgebaut sind. Sie haben Industrialisierung der Landwirtschaft und dem Ausbau jedoch eines gemeinsam: Durch die die Globalisierung des weltweiten Handels entstanden teilweise große und den weltweiten Handel mit Agrarprodukten sind Farmen oder Plantagen. Heute findet man auf der Erde sie Teilnehmer an demselben Markt. Bauernhof in Deutschland Ein Familienbetrieb betreibt Milchviehhaltung und Ackerbau. Die Milch der 60 Kühe (Bundesdurchschnitt 2016) liefert er an eine Molkerei. Auf 40 ha eigenem Land und 25 ha gepachtetem baut er Futtermittel für die Kühe und 25 Jungrinder an: Gerste, Weizen, Silomais und Gras. Zur Fruchtfolge gehört außerdem Raps. Kraftfutter und Düngemittel kauft der Landwirt im Groß- handel ein. Der Betrieb arbeitet an der Rentabilitätsgrenze. Agrarbetrieb in Brasilien Ein Familienunternehmen gehört mit Kleinbauer 190 000 ha bewirtschafteter Fläche zu den großen Betrieben des Landes. in Ghana Ein Kleinbauer bewirtschaftet 2,5 ha, die Es baut selbst benötigte Straßen in seit Langem in Familienbesitz sind. Seitdem Partnerschaft mit dem Staat und hat es durch ein Entwicklungshilfeprojekt einen Palmölplantage in Indonesien einen eigenen Hafen. Der Betrieb ex- Brunnen in der Nähe gibt, ist seine Maisern- Investoren gründeten eine Firma, die in portiert weltweit Soja, Mais, Zucker aus te nicht mehr wie früher durch Dürren gefähr- einer Region Land von Bauern aufkauf- Zuckerrohr und Rindfleisch. Eine eigene det. Das Familieneinkommen durch den te, um dort ausschließlich Ölpalmen Saatzuchtfirma entwickelt Sorten, die optimal an Boden und Klima angepasst anzupflanzen. Die Versuchung ist groß, sind. die Anbaufläche durch Abbrennen des angrenzenden Regenwaldes zu vergrößern, denn Palmöl ist ein weltweit stark nachgefragter Ausgangsstoff für Treibstoffe, Kosmetika usw. Verkauf der Ernte auf dem Markt zu erwirt- schaften wird für ihn schwieriger, weil dort auch preiswerter Mais aus den USA ange- boten wird. Er baut Gemüse für die Familie an und hält 30 Hühner für den Eigenbedarf und den Verkauf. A1 Vergleiche die vorge- A2 stellten Betriebe be- züglich der Lebensbedingungen Erläutere an Beispie- der dort arbeitenden Menschen len, welche Beziehun- und der Auswirkungen auf die gen indirekt zwischen den vorge- 22 Umwelt. stellten Betrieben bestehen.
DER WELTWEITE HANDEL MIT AGRARPRODUKTEN Parallel zur Entwicklung von der handwerklichen zur Land- und Ernährungswirtschaft hatten daran mit 129 industriellen Produktion wandelte sich die Gesellschaft Mrd. Euro einen Anteil von etwa 7%. Für den inter- im 19. und 20. Jahrhundert von einer Agrargesellschaft nationalen Handel mit landwirtschaftlichen Produk- zur Industriegesellschaft. Der internationale Handel ten gibt es unterschiedliche Gründe. Dazu gehören mit Agrarprodukten nahm unter dem Einfluss der in- unterschiedliche Klimazonen, die sich für den Anbau dustriellen Verarbeitung von Nahrungsmitteln zu. Im bestimmter Pflanzen oder die Tierhaltung besonders Jahr 2015 wurden insgesamt Waren für ca. 1,73 Billio- eignen, verschiedene Relationen zwischen der Bevöl- nen Euro in Länder der Europäischen Union importiert kerungsgröße und der landwirtschaftlich nutzbaren und für etwa 1,79 Billionen Euro exportiert. Güter der Fläche sowie unterschiedliche Traditionen. Rangfolge im Weltagrarhandel Rangfolge beim Agrarhandelsüberschuss im Jahr 2015 (in Milliarden US-Dollar) Nettoexporteure und -importeure im Jahr 2015 (in Milliarden US-Dollar) Exporte Importe Exportüberschuss Importüberschuss USA 131 135 USA Brasilien 62 57 Japan Niederlande 78 103 China Argentinien 32 40 China Deutschland 75 88 Deutschland Niederlande 21 33 Ver. Königreich Brasilien 71 62 Japan Indonesien 18 19 Südkorea Frankreich 63 62 Ver. Königreich Australien 17 19 Saudi-Arabien China 63 57 Niederlande Thailand 16 16 Hong Kong, China Kanada 47 54 Frankreich Neuseeland 16 13 Deutschland Spanien 46 44 Italien Kanada 13 10 Algerien Italien 39 35 Belgien Spanien 12 9 Ägypten Belgien 39 35 Spanien Ukraine 11 9 Ver. Arab. Emirate Quelle: WTO © AMI 2016/AB-109 | AMI-informiert.de Quelle: WTO © AMI 2016/AB-110 | AMI-informiert.de Abb. 32: Exporte und Importe im Weltagrarhandel 2015 Abb. 33: Export- und Importüberschüsse im Weltagrarhandel 2015 Hemmnisse für den internationalen Handel mit Agrarprodukten, die in bilateralen Abkommen abgebaut werden: · unterschiedliche Produktions- und Umweltstandards · unterschiedliche Hygienevorschriften · verschiedene zugelassene Konservierungsverfahren und Konservierungsmittel · unterschiedliche Gesetze bezüglich gentechnisch veränderter Lebewesen · Subventionen und Einfuhrbeschränkungen · Einfuhrzölle und Zollbestimmungen A2 A1 „Die Erfindung von A3 Recherchiere, welche Containern (auch landwirtschaftlichen solchen mit eigener Kühlung) hat Entwirf mit deinen Produkte Brasilien exportiert und die Landwirte weltweit zu Kon- Mitschülern einen welche davon auch in Deutsch- kurrenten gemacht.“ Erläutere Vertrag für ein bilaterales land hergestellt werden. diese Aussage. Handelsabkommen. 23
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