2BEYOND MAINSTREAM - Roland Berger
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2 BEYOND MAINSTREAM KONJUNKTURSZENARIO 2014 Unsere Prognose für die deutsche Wirtschaft 2014 erreicht Deutschland sein Potenzialwachstum von 2% Unser neuer Unsicherheits- Deutschland wächst indikator zeigt aktuell 2014 doppelt so schnell einen geringen Wert von 2,0 wie die Eurozone JANUAR 2014
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 DIE GROSSEN 3 1 2,... Gelingt der deutschen Wirtschaft 2014 wieder eine Dynamik in Höhe ihres Potenzialwachstums? Die Chancen auf eine 2 vor dem Komma stehen in diesem Jahr sehr gut. Was hinter dem Komma kommt, hängt ganz wesentlich von der Entwicklung unserer Exportmärkte ab. Die Wachstumsimpulse für Deutschland analysieren wir auf S. 14 Neu! Uncertainty 2 0–8 Indicator Wie sicher sind wir uns mit unserer optimistischen Prognose? Ziemlich sicher, denn unser neu entwickelter Roland Berger Uncertainty Indicator zeigt, dass sich Prognosen, Stimmungen und Realdaten derzeit recht stabil entwickeln. Was eine niedrige 2 auf einer Unsicherheitsskala von 0 bis 8 bedeutet und wie wir Unsicherheit bestimmen, erfahren Sie auf S. 18/19 3 18 Wie stark schwanken der Euro und das Barrel Öl? Begeistern uns Olympia in Sotschi und die Fußball-WM in Brasilien oder bleiben die BRICs auch 2014 wieder wachstumsschwach? Gelingt den Notenbanken die vorsichtige Rückführung ihrer expansiven Geldpolitik? Ist die Eurokrise endgültig vor über? Und kommt die Energiewende in Deutschland voran? Risiken für unser Wachstum gibt es genug – genau genommen 18, deren Eintrittswahrschein- lichkeiten und Auswirkungen wir für Sie dargestellt haben auf S. 21 2 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 Die deutsche Wirtschaft ist 2013 um 0,4% gewachsen. Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn ist das sicher nicht schlecht – und immer- hin, das Wachstum liegt noch knapp am Rand des Intervalls, das wir für 2013 vorhergesehen hatten. AUTOREN Burkhard Schwenker, Tobias Raffel Objektiv gesehen ist eine Wachstumsrate von (voraus- 2013 sind fast alle Prognosen deutlich nach unten sichtlich) 0,4% allerdings enttäuschend: korrigiert worden (vgl. Grafik B ). > Sie ist nur etwa halb so hoch wie 2012, und 2012 Kann uns ein solches "Downgrading" auch dieses war schon kein besonders gutes Jahr, Jahr wieder passieren? Was spricht wirklich für ein > sie ist um Dimensionen von den Erfolgen der Jahre besseres Jahr 2014 – und gelingt uns ein nachhaltiges 2011 (3,3%) und 2010 (4,0%) entfernt, Aufschließen zum Potenzialwachstum? Wir haben ver- > und sie liegt um Klassen unter unserem Potenzial- sucht, auf den folgenden Seiten Antworten zu finden. wachstum, das wir auf etwa 2% geschätzt haben (vgl. unser Konjunkturszenario 2013 und Grafik A ). 2014 soll nun (endlich) die Trendwende erreicht werden. Die Stimmung ist gut, unsere Unternehmen sind stark, der DAX erreicht Höchstwerte und fast alle Wirtschaftsforscher sind sich einig, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr mit mindestens 1,7% wachsen wird – also mehr als viermal so schnell wie 2013. Auch wir glauben an die Trendwende und halten sogar eine Wachstumsrate von >–2% für wahrscheinlich. Was be- deuten würde, dass wir wieder an unser Potenzial- wachstum anschließen könnten. Aber wie verlässlich ist das? Erinnern wir uns: Anfang 2012 waren sich fast alle einig, dass 2012 nicht ein- fach, aber 2013 deutlich besser werden würde. Es kam genau anders herum. Und auch im Verlauf von ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 3
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 10,0 — A DER LANGFRISTIGE TREND UND UNSER POTENZIALWACHSTUM 9,0 — BIP-Wachstumsraten für Deutschland (Durchschnittswerte pro Jahrzehnt) 8,0 — 8,2% Über die Jahrzehnte ist das deutsche Wachstum immer weiter zurück gegangen. Nutzen wir unser Potenzial, sind 2% pro Jahr möglich. 7,0 — 6,0 — 5,0 — 4,4% 4,0 — 3,0 — 2,9% * 2,0 — 2,6% 2,1% 1,6% 1,0 — 1,0% 0 1950–1959 1960–1969 1970–1979 1980–1989 1990–1999 2000–2009 2010–2013 * Durchschnittliche Wachstumsrate seit 2010 B ANPASSUNG DER WACHSTUMSPROGNOSEN IM JAHRESVERLAUF BIP-Prognosen für Deutschland 2013 in % 1,1 1,0 1,0 1,0 0,9 0,8 0,8 0,8 0,7 0,7 0,6 0,6 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,4 0,4 0,3 0,3 0,2 0,1 0 01/2013 02/2013 04/2013 06/2013 06/2013 06/2013 Bundes EU- Sachverstän- IWF IfW ifo regierung Kommission digenrat 4 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 Auf dem Weg zu unserer 2014er- Prognose: ein Rückblick auf 2013. Schwach war die deutsche Wirtschaft ins Jahr 2013 gestartet. Doch dann hat sie Schwung geholt, den sie in dieses Jahr mitnimmt. In der Begründung für unser pessimistisches Wachs- Konsumausgaben (+0,5%) und Ausrüstungsinvestitio- tumsszenario für 2013 hatten wir geschrieben: "Im un- nen (+0,9%) gab es ein deutliches Plus. günstigen Fall bremst uns die Krise in Europa weiterhin > 3. Quartal 2013: plus 0,3%. Die Aufwärtsbewegung aus, kommt vor allem Frankreich nicht voran, holt China konnte verstetigt werden; bei Auftragseingängen, In- nicht auf, entwickelt sich die US-Wirtschaft schwächer dustrieproduktion und Einkommensentwicklung ging als erhofft, bleibt die Energiewende stecken. Deutsch- der Trend weiter nach oben. land kommt über ein Wachstum von 0,5% nicht hinaus." > 4. Quartal: plus 0,5%. Mit 99,1 Milliarden Euro ex- Genauso ist es (leider) gekommen; wir konnten portierten deutsche Unternehmen im Oktober 2013 das Wachstumspotenzial, das wir im günstigen Fall bei mehr Waren und Dienstleistungen als jemals zuvor in 1,2% gesehen hatten, nicht ausschöpfen. 2013 war einem Monat. also kein gutes, sondern ein eher durchwachsenes Jahr Z WEITENS: Als Reaktion auf das anhaltend für die deutsche Wirtschaft. Und trotzdem, ein zweiter schwache Wachstum in Europa war es der deutschen Blick auf die Entwicklung zeigt, dass sich die deutsche Wirtschaft in den Jahren nach 2008 gelungen, die Ex- Wirtschaft recht gut geschlagen hat. Vier Gründe spie- porte in das außereuropäische Ausland überproporti- len dabei aus unserer Sicht eine Rolle, auch im Hin- onal zu steigern: von knapp 38% 2009 auf fast 44% blick auf unser 2014er-Konjunkturszenario: 2012. Das war ein bemerkenswerter Erfolg, der 2013 ERSTENS: Ursächlich für die magere Wachstums- aber nicht weiter gehebelt werden konnte, weil wichti- dynamik 2013 war vor allem der Start in das Jahr. ge Absatzmärkte enttäuscht haben: Nach -0,5% im letzten Quartal 2012 kamen wir im > Die US-Wirtschaft ist 2013 nur mit 1,9% gewachsen ersten Quartal 2013 nicht über 0,0% hinaus. Die deut- und damit unter ihrem Potenzial geblieben (2%), schen Exporte sanken um 1,5%, die Insolvenzen nah- > in China stand am Jahresende nur ein BIP-Wachstum men zu, die Stimmung war schlecht. Kein guter Auf- von 7,7%, der niedrigste Wert der vergangenen 13 Jahre, takt. Aber danach gelang der deutschen Wirtschaft > Russland ist es nicht gelungen, den negativen eine bemerkenswerte Aufholjagd: Wachstumstrend umzudrehen; statt endlich wieder an > 2. Quartal 2013: plus 0,7% (im Vergleich zum Vor- die 2000er-Jahre anzuschließen (mehr als 4%), sind quartal). Die Exporte stiegen um 0,4% und auch bei es nur 1,5% Wachstum geworden, ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 5
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 > Indien konnte zwar langsam aufholen, aber 5,1% teil der Industrie in reifen Volkswirtschaften, desto sind angesichts der Wachstumspotenziale des Konti- stärker das Wachstum. Dazu später mehr. nents enttäuschend, VIERTENS: Zur inneren Stärke der deutschen > in Brasilien ist die Vorfreude auf die WM und Olympia Wirtschaft gehört auch, dass unser stark exportorien- nicht eingetreten; statt der erhofften 4% Wachstum tiertes Geschäftsmodell zunehmend durch Binnenim- sind am Ende nur 2,5% herausgekommen. pulse ergänzt wird. Schon die 2013er-Zahlen zeigen, Immerhin: Ziehen die Wachstumsraten in diesen dass sich unser Wachstumspfad dynamisch verändert: Ländern wieder an, wird sich die tiefe lokale Veranke- Während die Exporterlöse unserer Unternehmen nur rung, die viele deutsche Unternehmen international um 0,6% gesteigert werden konnten, gaben die Ver- erreicht haben, auszahlen. Das spielt für unser 2014er- braucher 2013 für den täglichen Konsum und vor allem Szenario eine wichtige Rolle. für größere Anschaffungen 2,5% mehr aus. DRITTENS: Dass wir trotz dieses unbefriedigenden Getrieben wurde diese Entwicklung vor allem durch globalen Umfelds wachsen konnten, heißt im Umkehr- eine sehr gute Konsumstimmung – die beste seit vielen schluss, dass sich auch 2013 die innere Stärke der Jahren –, die wiederum stark mit unserem robusten deutschen Wirtschaft wieder ausgezahlt hat. Was uns Arbeitsmarkt zusammenhängt, denn stark macht, ist unser einzigartiger Mix aus großen > 2013 ist es zum achten Mal in Folge gelungen, die Konzernen und leistungsfähigen mittelständischen Beschäftigung zu steigern, Unternehmen, ihre starke globale Verankerung, die > allein 2013 konnten rund 232.000 neue Beschäfti- gelungene Kombination aus Industrie und hochwerti- gungsverhältnisse geschaffen werden, trotz der über- gen Dienstleistungen. schaubaren BIP-Wachstumsrate, Auch diese Überlegung wird für unser 2014er-Sze- > mit rund 41,8 Millionen Erwerbstätigen haben wir einen nario wieder eine Rolle spielen, denn trotz der mageren neuen Höchststand erreicht, bei steigenden Löhnen. Wachstumsrate 2013 hat sich unsere Grundhypothese Das schafft Optimismus und Vertrauen – und ist bestätigt (vgl. unsere Konjunkturszenarien 2012 und ein großes Kompliment an Wirtschaft, Politik und So- 2013): Industrielle Kompetenz zählt; je höher der An- zialpartner. UNSERE METHODIK: SZENARIEN UNTERNEHMERISCH DENKEN Wir sind kein volkswirtschaftlicher Thinktank und gehen bei der Erstellung von Prognosen anders vor: Statt auf ökonometrische Modelle setzen wir auf Szenarien, die unsere unternehmerische Erfahrung auf globalen Märkten spiegeln – und bewusst den "Mainstream" hinterfragen: 1 2 3 4 PROGNOSEN SYSTEMATISIEREN MAINSTREAM DEFINIEREN MAINSTREAM HINTERFRAGEN UNTERNEHMERISCH ANALYSIEREN 5 SZENARIO FORMULIEREN Schließlich entwickeln wir Zunächst fassen wir Anschließend In einem dritten Das Gesamtbild aus Ein- basierend auf der vorange- die Zahlen und machen wir daran Schritt suchen wir drücken und Zahlen gleichen gangenen Analyse unsere Meinungen von den Mainstream ganz bewusst nach wir anschließend mit unseren eigene Meinung und formu- anderen systema- fest, bilden also Argumenten und Beratungsexperten im In- lieren in einem qualitativ tisch zusammen. Mittelwerte Zahlen, die gegen den und Ausland ab, die ihre begründeten und mit aus- vorhandener Mainstream sprechen. Kunden, Branchen und gewählten quantit ativen Prognosen und Dabei setzen wir auch Märkte aus nächster Nähe Eckwerten versehenen nennen typische auf "symbolische" kennen und persönliche Szenario aus, welche Einschätzungen Entwicklungen und Einschätzungen von ausge- Entwicklung wir für wahr- von Experten. Eindrücke. wählten Kunden einholen. scheinlich halten. 6 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 Blick nach vorn: unser Konjunktur szenario 2014. Für dieses Jahr sind wir optimistisch. Die Rahmenbedingungen passen und von unseren Exportmärkten gehen deutliche Wachstumsimpulse aus. 2014 geht es bergauf – fast alle sind sich einig, dass > Die ZEW-Konjunkturerwartungen sind stark auf 61,7 wir nun endlich die Wachstumstrendwende zum Bes- Zähler und damit auf den zweitbesten Wert seit März seren erleben werden. Die Weltbank sieht in ihrer 2006 geklettert. neuen Wachstumsprognose sogar "den Wendepunkt > Die Konsumneigung, die die Gesellschaft für Kon für die globale Wirtschaft" und schätzt ein weltweites sumforschung misst, liegt mit 8,2 Indexpunkten auf Wirtschaftswachstum von sehr guten 3,2% – nach dem höchsten Wert seit 6 Jahren. schwachen 2,4% im vergangenen Jahr. Bemerkenswert > Die Neujahrsumfrage des Allensbacher Instituts hat daran ist nicht nur die hohe Wachstumsrate, sondern gezeigt, dass die Deutschen so optimistisch ins Jahr auch die Begründung: deutlich verbesserte Konjunk- 2014 gehen wie seit Mitte der 1990er Jahre nicht turaussichten in den entwickelten Volkswirtschaften. mehr. Das deckt sich sehr schön mit unserem Kernargument Auch wir gehen von einem hohen Wachstum für der industriellen Kompetenz. 2014 aus – wenngleich wir in der Vergangenheit immer Auch für Deutschland stehen alle Prognosen auf sehr gut damit gefahren sind, uns bewusst gegen den Wachstum (vgl. Grafik C ) und gehen von einer Ver- "Mainstream" zu stellen (zur Qualität unserer Konjunk- vielfachung der 2013er-Wachstumsrate aus: turszenarien vgl. Grafik D und zu unserer Methodik > Bundesregierung und EU-Kommission erwarten ein siehe links). Gerade deswegen haben wir uns für dieses Wachstum von 1,7% für 2014, Konjunkturszenario besonders bemüht, durch viele > Consensus und IfW liegen bei 1,8%, Gespräche mit unseren internationalen Kollegen und > ifo und Kiel Economics liegen mit 1,9% und 2,0% mit Klienten die gängigen Annahmen kritisch zu hin- sogar darüber. terfragen. Hier ist unsere Einschätzung der aus unserer Ein Wachstumsfaktor von 4 oder sogar 5, bezogen Sicht wichtigsten Einflussfaktoren auf unsere 2014er- auf die Wachstumsrate von 2013, scheint also möglich Wachstumsdynamik: und wird durch nahezu alle Stimmungs- und Vorlaufin- dikatoren gestützt: > Der ifo-Geschäftsklimaindex steigt Monat für Monat, zuletzt auf hohe 110,6 Punkte. ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 7
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 C 1. DIE RAHMENBEDINGUNGEN SCHAFF T DEUTSCHLAND WIEDER Dem Erfolg deutscher Unternehmen EINE 2 VOR DEM KOMMA? sollte 2014 nichts im Weg stehen Aktuelle BIP-Prognosen für 2014 2,0% > 2,0% Auch bei kritischem Hinterfragen: Die weltweiten Rah- menbedingungen für unsere exportorientierten Unter- 1,9% nehmen sehen derzeit gut aus. Jedenfalls erwarten wir 1,8% 1,8% für wichtige Einflussgrößen keine größeren Turbulenzen: > Die Inflation dürfte mit durchschnittlich 1,5% in der 1,7% 1,7% Eurozone, 1,7% in Deutschland und 1,8% in den ent- wickelten Volkswirtschaften unkritisch bleiben. > Die Prognosen für den Eurokurs deuten auf einen leichten Wertverlust im Jahresverlauf auf ca. 1,28 Euro 1,4% je US-Dollar hin. > Beim Ölpreis erwarten wir geringe Schwankungen und einen Wert von etwa 107 US-Dollar je Barrel (Brent) am Jahresende – also ziemlich exakt den heutigen Wert. > Auch auf den anderen Rohstoffmärkten (Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn) sehen wir keine Anzeichen für größere Verwerfungen. > Die Politik der Notenbanken zur Rückführung der expansiven Geldpolitik scheint mit Augenmaß zu erfol- gen; jedenfalls wurde die Reduzierung der monatlichen Stützungskäufe durch die Fed von 85 auf 75 Mrd. US-Dollar im Januar von allen Marktteilnehmern un- aufgeregt aufgenommen. Positive Auswirkungen dürften zudem die jüngsten Fortschritte in der Handelspolitik bringen. Denn dass sich die 159 WTO-Staaten im Dezember doch noch über Handelserleichterungen und Zollvereinbarungen einig wurden und die Doha-Runde nach 12 Verhand- lungsjahren zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben, ist eine unerwartet gute Nachricht für den Welthandel. Wir sehen – auch deswegen – die Wachs- tumsrate für den weltweiten Handel bei guten 5%. Auf der Risikoseite spielt bei den Rahmenbedin- gungen natürlich auch 2014 die geopolitische Entwick- lung eine wichtige Rolle. Nicht nur der Krieg in Syrien, der die Konfliktlinien zwischen den USA und Russland im vergangenen Herbst einmal mehr deutlich gemacht ng ion sus ifo ger s IWF If W mi c ie r u is s Ber sen hat, sondern auch viele andere geopolitische Entwick- ono mm r eg C on an d lungen bergen weiteres Konfliktpotenzial, das sich auch l Ec de s - Ko Ro l K ie Bun EU wirtschaftlich auswirken kann. Zentrale Fragen lauten: 8 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 D WIE GUT WAREN UNSERE PROGNOSEN BISHER? Ein Abgleich der Prognosen mit der tatsächlichen Entwicklung zeigt, dass wir vier von fünf Mal mit unserem Konjunktuszenario richtig lagen Quelle: RBSE, Consensus Unsere Prognose Tatsächliche Entwicklung Prognose (BIP-Wachstum) (BIP-Wachstum) richtig? 2009 2010 KONJUNKTURS ZENARIO 3/2009 Prognose für 2009 und 2010 V-Kurve -5,1% 4,0% KONJUNKTURS ZENARIO 2/2010 Prognose für 2010 > 3,0% 4,0% KONJUNKTURS ZENARIO 9/2011 Prognose für 2011 > 3,0% 3,3% KONJUNKTURS ZENARIO 2/2012 Prognose für 2012 2–3% 0,7% vsl. KONJUNKTURS ZENARIO 1/2013 Prognose für 2013 0,5–1,2% 0,4% > Ziehen sich die USA aufgrund ihrer zunehmenden 2. UNSERER EXPORTMÄRKTE Unabhängigkeit von ausländischen Energieimporten Dynamischer als 2013, aber und unter dem Eindruck von Syrien immer mehr aus unter dem Niveau der deutschen Nahost zurück? Boomjahre > Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen China und Japan? Und was macht Kim Jong-un? Auch wenn wir davon ausgehen, dass sich die bereits > Läuft der Abzug der internationalen Truppen aus 2013 bemerkbare Verschiebung des deutschen Wachs- Afghanistan zum Jahresende geordnet ab? Und ent- tumsmodells hin zu stärkeren Binnenmarktimpulsen stehen weitere Krisen im Irak? auch 2014 fortsetzen wird, hängt die Entwicklung der > Wie entwickelt sich die politische Lage in der Türkei deutschen Wirtschaft wegen ihrer hohen Exportquote und in Ägypten? Strahlt der Konflikt in der Ukraine immer noch entscheidend von der Wachstumsdynamik weiter aus? der großen Volkswirtschaften der Welt ab. Insgesamt Wir müssen diese – und sicher viele neue geopoli- teilen wir den optimistischen Ausblick der Weltbank tische Entwicklungen – im Auge behalten, aber von (+3,2% Wachstum global), sehen aber die Entwicklung heute aus betrachtet spricht nichts dafür, dass geopo- einzelnen Regionen oder Länder differenzierter. Hier ist litische Verwerfungen größere wirtschaftliche Folgen unsere Einschätzung der aus unserer Sicht wichtigsten mit sich bringen könnten. deutschen Exportmärkte: ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 9
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 EUROPA: Europa hat seine Wirtschaftskrise inzwischen diesem Jahr mit den bereits erwähnten 1,5% in der weitgehend überwunden und kehrt 2014 auf einen Eurozone unkritisch sein. In der Summe erwarten wir stabilen Wachstumspfad zurück. 1,4% BIP-Wachstum für 2014 ein Wachstum der EU-28 in Höhe von 1,5%. in den 28 EU-Ländern prognostizieren die Institute derzeit im Mittel, manche Wirtschaftsforscher sind USA: Von der US-Wirtschaft erreichen uns – ganz anders noch etwas optimistischer. Wir erwarten, dass 16 von als noch vor wenigen Monaten – inzwischen wieder 18 Eurostaaten im nächsten Jahr wieder wachsen wer- überwiegend positive Signale. Steigender privater den – und alle EU-Schwergewichte: Frankreich um Konsum, mehr Investitionen und höhere staatliche 1,2%, Spanien immerhin um 0,7%, Italien um einen Ausgaben haben im dritten Quartal 2013 zu einem halben Prozentpunkt und Großbritannien um dynami- starken Wachstum von aufs Jahr hochgerechneten sche 2,6%. Selbst die Krisenländer Portugal (0,5%) 4,1% geführt. Die Arbeitslosenrate ging – endlich! – und Griechenland (0,3%) dürften am Ende des Jahres wieder zurück, und zwar auf die Marke von 6,7%, den 2014 wieder recht positiv in die Zukunft blicken (vgl. tiefsten Stand seit fünf Jahren. Der parteipolitische die aktuellen Prognosen zu ausgewählten EU-Ländern Streit um die Schuldengrenze und die Gesundheitsre- in Grafik E ). form ist (vorerst) wieder in den Hintergrund getreten Erfreulich ist auch, dass Irland vor wenigen Wochen und die Wirtschaft freut sich über steigende Auf- als erstes Euro-Krisenland das Troika-Rettungspro- tragseingänge, eine gute Performance der Wall Street gramm verlassen konnte und sich erstmals seit drei und die besonnene Politik der Fed. Jahren wieder alleine an den Finanzmärkten behaup- Für 2014 sind die meisten Wirtschaftsforscher denn tet. Eine Wende ist eigentlich überall eingeleitet, denn auch recht optimistisch und prognostizieren im Mittel sonst hätte sich die Neuverschuldung der Krisenländer starke 2,8% Wachstum für die größte Volkswirtschaft nicht so schnell zurückführen lassen. Spanien und der Welt. Wir erwarten ebenfalls ein kräftiges Anziehen Portugal haben ihre Kreditaufnahme seit dem Höhe- der US-Konjunktur: Exporte, privater Konsum und In- punkt der Krise fast halbiert, Irland hat seinen Finanz- vestitionen entwickeln sich seit Monaten positiv und bedarf auf ein Viertel, Griechenland sogar auf ein dürften diesen Weg nach oben fortsetzen. Kaum zu Fünftel reduziert. Das strukturelle – also um konjunktu- überschätzen ist in diesem Zusammenhang übrigens relle Effekte bereinigte – Haushaltsdefizit in der Euro- die Tatsache, dass Fracking die Energiekosten für zone ist gegenüber 2009 auf ein Drittel geschrumpft US-Unternehmen massiv verbilligt hat – ein immenser und liegt aktuell bei 1,4% des BIP. Wettbewerbsvorteil! Hinzu kommt: Da Präsident Oba- Wir erwarten, dass sich die Arbeitslosigkeit auf ma die internationalen Themen (Verhandlungen mit dem sehr hohen Niveau von 10,9% in der EU bzw. dem Iran, Syrien, Nahost) weitgehend in die Hände von 12,1% in der Eurozone zwar stabilisiert, aber noch Außenminister Kerry gelegt hat, kann er im Jahr der nicht zurückgeht. Somit bleibt die (Jugend-)Arbeitslo- Midterm Elections seine ganze Aufmerksamkeit auf sigkeit eines der drängendsten Probleme. Immerhin innenpolitische Themen und auf die Wirtschaftspolitik gibt es inzwischen auch erste positive Nachrichten von legen. Wir erwarten, dass die begonnenen Infrastruk- einem der am härtesten getroffenen Arbeitsmärkte: In tur-Investitionsprogramme und die fortschreitende Spanien ist die Zahl der Arbeitslosen im Dezember Reindustrialisierung der US-Wirtschaft in diesem Jahr 2013 um 107.000 Personen zurückgegangen – das ist neue Impulse verleihen werden. Unsere Prognose für der stärkste Rückgang seit 1999. Die Renditen der das US-Wachstum 2014 lautet 2,9%. Staatspapiere der Krisenländer am Rande der Eurozone sinken wieder und werden sukzessive auch die Finan- CHINA: Die konjunkturelle Entwicklung in China ist zierung neuer Wachstumsinvestitionen in den entspre- derzeit schwer prognostizierbar. Denn seit mehreren chenden Ländern erleichtern. Die Inflation dürfte in Quartalen sind Wachstumsraten von unter 7,5% nicht 10 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 E DAS WACHSTUM UNSERER EUROPÄISCHEN PARTNER DURCHSCHNIT T AKTUELLER BIP-PROGNOSEN FÜR 2014 In Klammern: aktuelles Prognose spektrum (Tiefstwert – Höchstwert) Quelle: Consensus, IWF 1,2% 2,4% FINNLAND (0,2% – 2,7%) SCHWEDEN (1,5% – 3,2%) 2,3% NORWEGEN (1,5% – 3,1%) 2,6% UK (2,1% – 3,2%) 0,4% NIEDERLANDE (-0,6% – 1,0%) 2,9% POLEN (2,5% – 3,2%) 1,0% BELGIEN (0,6% – 1,5%) 1,6% 1,8% ÖSTERREICH (1,0% – 2,0%) UNGARN (1,2% – 2,6%) 1,2% FRANKREICH (0,8% – 1,7%) 0,5% 0,5% 0,7% ITALIEN (-0,2% – 0,8%) 0,3% SPANIEN PORTUGAL (0,0% – 1,2%) GRIECHENLAND (-0,5% – 1,0%) (-2,9% – 1,1%) ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 11
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 F WIE STARK DIE WICHTIGSTEN MÄRKTE 2014 WACHSEN WERDEN BIP-Wachstumsprognosen für 2014 Unsere Prognose 2014 Durchschnittsprognose 2014 1,5% 1,4% 2,9% 2,8% 7,5% 7,3% EUROPA USA CHINA mehr die Ausnahme, sondern die Norm – diese Schwel- japanischen Yen bislang so gut funktioniert hat, ist le galt lange Zeit als absolute Untergrenze, um die natürlich sehr erfreulich – zumal Japan jetzt echte vielen Binnenmigranten in Arbeit zu bringen, Umwelt- Chancen hat, nachhaltig aus seiner langjährigen Defla- probleme in den Griff zu bekommen und Regimekritik tionsfalle herauszukommen. Die meisten Wirtschafts- in Grenzen zu halten. 7,3% prognostiziert der IWF derzeit forscher sind auch für 2014 recht optimistisch: 1,7% für das Gesamtjahr 2014. Wenn man so will, bewegen prognostizieren sie derzeit im Durchschnitt. wir uns also in China auf konjunkturelles Neuland zu. Wir sind einen Tick vorsichtiger. Zwar dürften die Unserer Einschätzung nach werden die leicht gerin- exportstarken japanischen Unternehmen weiter vom geren Wachstumsraten – die mit dem gewünschten niedrigen Yen profitieren. Und auch die gute Entwicklung Reifeprozess der chinesischen Wirtschaft einhergehen, am japanischen Aktienmarkt führt dazu, dass die pri- aber auch mit zuletzt deutlich gestiegenen Arbeitskos- vaten Vermögen zunehmen und der Konsum anzieht. ten und Aufwendungen der Unternehmen für den Um- Die Stimmung der Industrieunternehmen hat sich da- weltschutz erklärt werden können – zunächst keine gegen zuletzt stark eingetrübt und die Zweifel an der weitreichenden Konsequenzen haben. Hohe Wachs- Nachhaltigkeit von "Abenomics" wachsen. Die größte tumsraten sichern der weiter steigende private Konsum Gefahr für das japanische Wachstum ist sicherlich die (dank starker Realeinkommenszuwächse), neue Impul- für April 2014 geplante Erhöhung der Konsumsteuern se aus der Wirtschaftspolitik (öffentliche Ausgaben für von 5 auf 8%, die Investitionen und Konsumausgaben Bildung und Gesundheit sowie staatliche Investitions- einbrechen lassen könnte. Bestehen bleiben auch die programme) und die nach wie vor expansive Geldpolitik. strukturellen Risiken, nicht zuletzt die mit 230% des Risiken gibt es genug (Stichwort: Bankensystem), aber BIP größte Staatsverschuldung unter allen Industrie- insgesamt erwarten wir, dass die chinesische Wirtschaft nationen weltweit. Zudem ist Japan nach Fukushima auch 2014 stabil und stark wächst, konkret mit 7,5%. zunehmend von Energieimporten abhängig, die aufgrund des niedrigen Yen teuer importiert werden müssen. JAPAN: Japan hatte uns im vergangenen Jahr positiv Inflation ist die Folge: Vermutlich liegt die Teuerungs- überrascht. Dass die als "Abenomics" bezeichnete rate in diesem Jahr über 2%. Vor diesem Hintergrund aggressive Geldpolitik in Kombination mit schuldenfi- fällt unsere Prognose etwas vorsichtiger aus. Wir er- nanzierten Konjunkturhilfen und einer Abwertung des warten für 2014 ein Wachstum von 1,5%. 12 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 1,5% 1,7% 3,0% 2,5% 5,1% 5,1% 2,5% 3,0% JAPAN BRASILIEN INDIEN RUSSLAND BRASILIEN: Wie wichtig Psychologie – und Symbole spricht einiges für eine beschleunigte Wachstumsdy- – für die Wirtschaft sind, werden wir vermutlich einmal namik in den kommenden Monaten: Größere staatliche mehr 2014 in Brasilien sehen. Denn wenn am 12. Juni Investitionsprojekte sind geplant. Die Liberalisierung das Auftaktspiel zur Fußball-WM in São Paulo ange- des Einzelhandels und des Luftfahrtsektors steht bevor stoßen wird, sind die wirtschaftlichen und sozialen und wird das Vertrauen der Investoren stärken. Weitere Probleme der größten südamerikanischen Volkswirt- Reformen sind geplant. Der IWF geht derzeit davon schaft wahrscheinlich erst einmal vergessen. Und mit aus, dass die indische Wirtschaft 2014 um 5,1% der Stimmung, so unsere Erwartung, steigen auch die wachsen wird. Unsere Prognose liegt auf gleicher Chancen, dass Brasilien nach mehreren wachstums- Höhe. schwachen Jahren wieder zu alter Dynamik zurückfin- det. Zwar behindern relativ hohe Produktionskosten RUSSL AND: Deutlich weniger Wachstum erwarten (verursacht durch gestiegene Löhne und marode Infra- die Wirtschaftsforschungsinstitute für Russland: 3,0% struktur) die Wettbewerbsfähigkeit. Wir gehen aber sind das Mittel der aktuellen Prognosen für 2014. Wir davon aus, dass die Wirtschaftspolitik unter der Re- gehen davon aus, dass die anstehenden olympischen gierung Rousseff künftig weniger protektionistisch Winterspiele die Stimmung im Land wieder verbessern ausfällt und infolgedessen auch die jüngste Zurück- und auch der Umbau der russischen Wirtschaft 2014 haltung internationaler Investoren nachlässt. Magere vorankommt. Die Regierung will mit Investitionen in 2,5% erwarten die Institute derzeit im Durchschnitt. neue Straßen und Schienen die Infrastruktur verbes- Wir glauben an 3,0%. sern. Auch gehen wir davon aus, dass die Inflation von derzeit 6,5% im Verlauf des Jahres etwas zurückgeht INDIEN: Mehr Dynamik als 2013 sehen wir 2014 auf und somit eine Lockerung der Geldpolitik möglich dem indischen Subkontinent. Zwar gilt auch für diesen macht. In Summe sehen wir allerdings nicht, woher BRIC-Staat, dass er sein Wachstumspotenzial auf- (bei unverändertem Ölpreis) neue Wachstumsdynamik grund von inadäquater Infrastruktur und politischer kommen soll. Deshalb sind wir vorsichtiger und erwar- Bürokratie (Korruption) nicht voll ausspielen kann. Das ten für Russland ein Wachstum von 2,5%. hat das vergangene Jahr gezeigt, das mit für Indien enttäuschenden 3,8% Wachstum endete. Dennoch ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 13
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 G DIE DYNAMIK UNSERER 1 WICHTIGSTEN EXPORTMÄRKTE UND IHR WACHSTUMSIMPULS FÜR DEUTSCHLAND 2014 ROLAND BERGER ANALYSEMATRIX Wachstumsimpuls für Deutschland Exportanteil 2012 (in %) Quelle: Consensus, IWF, RBSE-Analyse Symbolwirkung für die Weltwirtschaft: Aktuelle BIP-Prognosen für 2014 unsere qualitative Einschätzung von Consensus bzw. IWF (in %) Unsere Prognose für 2014 (in %) "Relative Geschwindigkeit" ASEAN Abweichung der BIP-Prognose 2014 0,5 vom durchschnittl. BIP-Wachstum in den Boomjahren Deutschlands 2,1% 2006, 2007, 2010, 2011 5,4% (in Prozentpunkten) 5,5% 0,0 USA JAPAN 7,9% -0,5 2,8% 2,9% 1,6% 1,7% 1,5% -1,0 -1,5 EU -2,0 57,0% 1,4% 1,5% BRASILIEN -2,5 4,4% 2,5% 3,0% -3,0 RUSSLAND 3,5% -3,5 3,0% 2,5% -4,0 CHINA INDIEN 6,2% 0,9% -4,5 7,3% 5,1% 7,5% 5,1% -5,0 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 "Beschleunigung" von 2013 auf 2014 Differenz der BIP-Prognosen von Consensus bzw. IWF (in Prozentpunkten) 14 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 ZUSAMMENFASSUNG: der deutschen Boomjahre, aber absolut – und auch, Was wir vom Export erwarten können was ihre Beschleunigung gegenüber 2013 angeht – dürften uns die Exportmärkte in diesem Jahr wieder Wie groß ist nun der Wachstumsimpuls, der 2014 von deutlich stimulieren. Eine besondere Rolle dabei wer- unseren wichtigsten Exportmärkten ausgehen wird? den die USA und China spielen, aber auch Europa, Aus unserer Sicht spielt dabei nicht nur die absolute Indien und die ASEAN-Staaten werden zu unserem Wachstumsrate eine Rolle – dieser Zusammenhang ist Wachstum beitragen. banal: Je höher sie ausfällt, desto stärker der Wachs- tumsimpuls –, sondern es gibt vier weitere Faktoren, 3. DIE HEIMATSTÄRKE die zu berücksichtigen sind: Die deutschen Unternehmen können > Die "absolute" Beschleunigung des Wachstums sich auf ihren Heimatmarkt verlassen (positiv wie negativ). Hierfür vergleichen wir das Wachs- tumstempo des Jahres 2013 mit dem erwarteten In unserem 2013er-Konjunkturszenario hatten wir ge- Wachstumstempo 2014. Je stärker die Differenz, desto schrieben: "Wir gehen davon aus, dass die innere stärker auch der (positive oder negative) Wachstums- Stärke der deutschen Wirtschaft ausreicht, um trotz impuls. der Risiken nicht einzubrechen." So ist es gekommen > Die "relative" Beschleunigung des Wachstums, also – und diese innere Stärke gibt uns auch für 2014 Si- das erwartete Wachstumstempo relativ zur Dynamik cherheit und eine gute Wachstumsplattform. Für uns der deutschen Boomjahre 2006, 2007, 2010 und sind es vor allem die folgenden vier Gründe, die uns in 2011. In diesen vier Jahren hatte das starke Wachs- dieser Einschätzung so sicher machen: tumstempo der wichtigsten Volkswirtschaften unser > An erster Stelle unsere industrielle Kompetenz, weil deutsches Wachstum auf über 3% gehoben. Je näher wir genau für den intelligenten Querschnitt aus Ma das erwartete Wachstumstempo 2014 an diese schinenbau, Anlagenbau, Elektrotechnik und hochwer- "Höchstgeschwindigkeit" herankommt, desto größer tigen technischen Dienstleistungen stehen, der nach- ist der Wachstumsimpuls. haltiges wirtschaftliches Wachstum auch in Zukunft > Der Exportanteil der wichtigsten Volkswirtschaften möglich macht (vgl. zu dieser strukturellen Stärke der für unsere Unternehmen; naheliegenderweise: je deutschen Wirtschaft unsere Analysen in den Konjunk- größer der Exportanteil, desto stärker der Wachstums turszenarien 2012 und 2013). impuls. > Zweitens unsere Systemkopf-Kompetenz, weil die > Die "Symbolwirkung" für die Weltkonjunktur, also wie intelligente Differenzierung und die Ansiedlung wett- stark qualitative Entwicklungen (z.B. Stimmungswech- bewerbsfähiger Funktionen wie F&E, Fertigungssteue- sel, Politikwechsel, Innovationen) die Weltwirtschaft rung, Marketing, Branding und hochwertige Produktion beeinflussen können. Auch kleine Länder können sym- in der Heimat unternehmerischen Erfolg bringt und bolisch wichtig werden und die Stimmung weltweit hochwertige Arbeitsplätze sichert (vgl. zu dieser funk- beeinflussen. Auch hier gilt: je stärker die Symbolwir- tionellen Stärke der deutschen Wirtschaft unsere kung, desto größer der (positive oder negative) Systemkopf-Studie). Wachstumsimpuls. > Drittens unsere Expertise im Umgang mit Knapp- Wir haben die Ergebnisse dieser Analyse für die heit, weil die Megatrends Demografie, Klimawandel wichtigsten Volkswirtschaften in Grafik G zusammen- und Ressourcenknappheit dieses Wissen notwendig gefasst: Von allen wichtigen Exportmärkten dürfte und global vermarktbar machen und somit neue 2014 ein positiver Wachstumsimpuls für Deutschland Wachstumschancen eröffnen (vgl. zu dieser perspek- ausgehen. Zwar liegt das relative Wachstumstempo in tivischen Stärke der deutschen Wirtschaft unsere allen betrachteten Volkswirtschaften unter dem Tempo Analysen in der Megatrends-Studie). ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 15
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 H > Und viertens unsere intelligenten Köpfe, weil gut aus- DIE WET TBEWERBSFÄHIGKEIT DEUTSCHLANDS gebildete Arbeitnehmer und exzellente Manager, die Das neue WEF-Ranking 2013/14 (in Klammern: Vorjahreswert) "europäisch" führen und denken, nachhaltigen unter- nehmerischen Erfolg schaffen (vgl. zu dieser personellen Innovationsfähigkeit Business Sophistication Stärke der deutschen Wirtschaft unsere Publikationen Quelle: WEF und Literaturempfehlungen am Ende dieser Studie). Unsere Einschätzung wird auch durch den kürzlich 1. Schweiz (1) vom World Economic Forum veröffentlichten Global FINNLAND Competitiveness Report 2013/2014 unterstützt: JAPAN Deutschland konnte im Gesamtranking noch einmal 2. Singapur (2) zwei Plätze gutmachen und liegt jetzt weltweit auf Platz vier der wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften SCHWEIZ – vor allen anderen großen Industrienationen (siehe SCHWEIZ Grafik H ). Besonders betont werden die Innovations- 3. Finnland (3) kraft unserer Unternehmen und die "Business Sophis tication" unserer Volkswirtschaft – also: industrielle ISRAEL DEUTSCHLAND Kompetenz zählt! Neben diesen fundamentalen Stärken werden 2014 4. Deutschland (6) auch die "heimatlichen" Rahmenbedingungen stimmen und unsere Wachstumsdynamik zusätzlich stimulie- DEUTSCHLAND NIEDERLANDE ren. Wir gehen von folgenden Entwicklungen aus: 5. USA (7) > Der private Konsum wird weiter deutlich anziehen, was sich auch positiv auf die Steuereinnahmen und JAPAN den staatlichen Schuldenabbau auswirken wird. FINNLAND > Die Unternehmen werden ihre Kapazitäten verstärkt 6. Schweden (4) ausbauen; wie das ifo-Institut sehen auch wir ein Wachstum der Anlageinvestitionen von etwa 4,5%. SCHWEDEN USA > Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich ebenfalls weiter verbessern; wir rechnen damit, dass die Zahl sozial- 7. Hongkong (9) versicherungspflichtig Beschäftigter um gut 100.000 zunehmen und die Arbeitslosigkeit – trotz weiterhin USA SCHWEDEN hoher Einwanderung – auf unter 2,9 Millionen im Jah- resdurchschnitt sinken wird. 8. Niederlande (5) Alles zusammengenommen – die innere Stärke TAIWAN unserer Wirtschaft, die weitere Aktivierung unseres ÖSTERREICH Binnenmarktes, positive Impulse aus den Exportmärk- 9. Japan (10) ten, insgesamt gute Rahmenbedingungen – führt aus unserer Sicht dazu, dass die deutsche Wirtschaft SINGAPUR UK 2014 ein kräftiges Wachstum von mindestens 2% er- reichen kann. Wir halten die Risiken für überschaubar 10. UK (8) – und sehen zusätzliche Potenziale, die wir aktivieren können, wenn dennoch Fehlentwicklungen eintreten NIEDERLANDE KATAR sollten. Darum wird es jetzt gehen. 16 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 Wie sicher fühlen wir uns – und was ist mit dem Potenzialwachstum? Na- türlich kann einiges schiefgehen. Unsere Potenziale sprechen jedoch dafür, dass wir eine 2 vor dem Komma schaffen. Wir hatten bereits erwähnt, dass wir mit unseren bis- > Teilindex C misst die Richtung wichtiger Stimmungs- herigen Konjunkturszenarien vier von fünf Mal richtig indikatoren wie den ifo- oder den GfK-Index oder auch lagen – keine schlechte Quote im Wettbewerb der Pro- den DAX. gnostiker. Aber natürlich wissen wir auch, dass es immer > Teilindex D analysiert, wie sich zentrale realwirt- anders kommen kann als erhofft. Deshalb haben wir schaftliche Größen entwickeln (zum Beispiel Exporte, versucht, unsere Prognosen noch treffsicherer zu ma- Erwerbstätigkeit, Produktion, Kreditvergabe). chen und einen neuen Gradmesser entwickelt: den Für unseren "Uncertainty Indicator" normieren und "Roland Berger Uncertainty Indicator". aggregieren wir die Teilindices und führen sie auf einer Skala von 0 (geringe Unsicherheit) bis 8 (hohe Unsicher- DER UNSICHERHEITSGRAD heit) zusammen (zur Methodik und zu den Ergebnissen Unser Indikator zeigt eine geringe siehe Grafik I ). Der aktuelle Indexwert liegt bei 2 – Unsicherheit bezüglich der weiteren also: Die Wahrscheinlichkeit, dass 2014 so verläuft, konjunkturellen Entwicklung wie von uns prognostiziert, ist relativ hoch. Wir fühlen uns somit ziemlich sicher. Im Übrigen zeigt die Ent- Der Roland Berger Uncertainty Indicator misst monat- wicklung des Index auch, das die "Unsicherheitsaus- lich den Grad der Unsicherheit über die weitere kon- schläge" geringer geworden sind. Die (Welt-)Wirtschaft junkturelle Entwicklung und basiert auf einer Vielzahl befindet sich also wieder in ruhigerem Fahrwasser. von Einzeldaten, die analysiert und aggregiert werden. Im Kern geht es dabei um die folgenden Indices: > Teilindex A misst den Abstand zwischen der aktuell optimistischsten und der aktuell pessimistischsten Konjunkturprognose; es geht also um den "Spread" der Konjunkturprognosen – oder um die Unterschied- lichkeit, mit der Profis die Konjunkturentwicklung sehen. > Teilindex B misst, ob und wie stark sich die Konjunk- turprognosen ändern – wir versuchen also, die Dynamik der Veränderung einzufangen. Ist sie hoch, ist offen- sichtlich auch die Unsicherheit hoch. ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 17
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 NEU! I Methodik SPREAD DER WIE MISST DER DER KONJUNKTURPROGNOSEN: INDIKATOR optimistischste und pessimistischste UNSICHERHEIT? ROLAND 3 Der Roland Berger > 3,0 %-Punkte Uncertainty Indicator besteht aus vier BERGER Teilindices, die sich wiederum aus einer Reihe unterschiedlicher 1,5–3,0 %-Punkte UNCERTAINTY Indikatoren zusammen setzen. 2 < 1,5 %-Punkte INDICATOR 1 0 WIR HABEN EINEN NEUEN 0 geringe Unsicherheit INDIKATOR ENTWICKELT, 1 mittlere Unsicherheit DER UNSERE KONJUNKTUR- 2 große Unsicherheit PROGNOSEN KÜNFTIG 0 NOCH BESSER MACHEN SOLL Die Teilindices (A, B, C, D) TEILINDEX A werden gleichgewichtet > Misst den Abstand zwischen der aggregiert und bilden den aktuell optimistischsten und der aktuell Gesamtindex. pessimistischsten Konjunkturprognose. Eine Differenz von mehr als 3 Prozent- punkten zeigt große Unsicherheit (Indexwert 2), eine Differenz von 1,5 bis 3 Prozentpunkten zeigt mittlere Unsicherheit (Indexwert 1) und eine Differenz von weniger als 1,5 Prozent- punkten zeigt geringe Unsicherheit (Indexwert 0). 2 Ergebnisse WIE HOCH IST DIE UNSICHERHEIT? Der Index misst Unsicherheit auf einer Skala von 0 (geringe Unsicherheit) bis 8 (große Unsicherheit) 8 7 7 7 6 6 5 5 5 5 5 5 5 5 5 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3 3 3 3 2 2 1 1 0 01/09 04/11 02/09 03/09 04/09 05/09 06/09 07/09 05/10 05/11 08/09 09/09 10/09 11/09 12/09 01/10 02/10 03/10 04/10 06/10 01/11 02/11 03/11 07/10 08/10 09/10 10/10 11/10 12/10 06/11 18 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 DYNAMIK RICHTUNG RICHTUNG DER KONJUNKTURPROGNOSEN: DER STIMMUNGSINDIKATOREN: DER REALDATEN: Veränderung der Durchschnittsprognose ifo-Index, ZEW-Index, Exporte, Erwerbstätigenzahl, gegenüber Vormonat GfK-Index und DAX Produktion und Kreditvergabe 0 1 2 0 1 2 0 1 2 TEILINDEX B TEILINDEX C TEILINDEX D > Misst, ob und wenn ja wie stark sich > Analysiert, in welche Richtung sich > Erhebt, in welche Richtung sich der Durchschnitt aller Konjunkturprogno- führende Stimmungsindikatoren (ifo- zentrale realwirtschaftliche Größen sen zum Vormonat verändert. Eine Verän- Index, ZEW-Index, GfK-Index und DAX) (Exporte, saisonbereinigte Erwerbs derung von 0,2 und mehr Prozentpunk- entwickeln. Gemessen wird bei den drei tätigenzahl, saisonbereinigte Produktion ten zeigt große Unsicherheit (Indexwert ersten Indikatoren jeweils die Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes und die 2), eine Differenz von 0,1 Prozentpunk- gegenüber dem Vormonat (positiv vs. Kreditvergabe) entwickeln. Gemessen ten zeigt mittlere Unsicherheit (Indexwert negativ) und beim DAX die jeweilige wird jeweils die Entwicklung ggü. dem 1) und ein unveränderter durchschnitt Monatsperformance (positiv vs. negativ). Vormonat (positiv vs. negativ). licher Prognosewert zeigt geringe Sind alle vier Indikatoren gleichgerichtet, Die Umwandlung in Indexwerte (geringe Unsicherheit (Indexwert 0). herrscht geringe Unsicherheit (Indexwert Unsicherheit = 0, mittlere Unsicher- 0), zeigt ein Indikator in eine andere heit = 1 und große Unsicherheit = 2) Richtung, herrscht mittlere Unsicherheit erfolgt wie bei Teilindex C. (Indexwert 1), zeigen jeweils zwei Indika- toren in die eine und zwei Indikatoren in die andere Richtung, herrscht große Unsicherheit (Indexwert 2). 0 – 2 geringe Unsicherheit 3 – 5 mittlere Unsicherheit 6 – 8 große Unsicherheit 7 6 6 6 6 5 5 5 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 2 2 2 1 1 1 1 06/12 08/12 09/12 10/12 11/12 12/12 01/13 02/13 03/13 04/13 09/11 10/11 12/11 01/12 02/12 03/12 04/12 05/12 05/13 06/13 07/13 08/13 10/13 11/13 12/13 07/11 08/11 11/11 07/12 09/13 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 19
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 DIE RISIKEN FÜR 15% bzw. der Ölpreis um mehr als 25% schwankt, halten UNSERE KONJUNKTUR wir für gering (unter 30%). Passiert es dennoch, dürfte Die Risiken sind überschaubar, uns das jeweils einen Zehntelprozentpunkt Wachstum ihre mögliche Bremswirkung kosten. begrenzt > Ein erneutes Aufflammen der Eurokrise: Unwahr- scheinlich sind aus unserer Sicht neue große Rettungs- Auch wenn unser "Uncertainty Indicator" Mut macht pakete für Euro-Krisenländer. Käme es dennoch dazu, und Vertrauen gibt: Natürlich gibt es auch 2014 Ent- dass ein großes Euroland wie beispielsweise Italien wicklungen, die das deutsche Wachstum bremsen das Vertrauen der Anleger verlöre, in einen neuen Ab- könnten. Für wie wahrscheinlich wir sie jeweils halten wärtsstrudel geriete und gerettet werden müsste, und wie stark ihre Bremswirkung wäre, haben wir in dann müsste allen voran Deutschland einspringen. Grafik J zusammengestellt. Die wichtigsten Risiken Das könnte uns 0,1 Prozentpunkte Wachstum kosten. aus unserer Sicht sind: Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario liegt unseren > Unsere Exportmärkte: Schwächeln sie ähnlich wie Prognosen zufolge allerdings bei deutlich unter 20%. 2013, würden wir das auch 2014 wieder spüren – selbst Nimmt man alle Risiken und ihre jeweiligen Ein- wenn das Binnenwachstum anzieht. Ein Prozentpunkt trittswahrscheinlichkeiten zusammen, dann zeigt sich: weniger Wachstum in der EU, in China oder in den USA Wir können relativ entspannt sein. Selbst wenn sich hätte Wachstumseinbußen von jeweils 0,2 Prozent- mehrere Faktoren am Heimatmarkt oder bei den Rah- punkten zur Folge. Den gleichen Effekt würden wir menbedingungen negativ entwickeln und ein oder zwei sehen, wenn Russland, Brasilien, Indien oder Japan Wachstumstreiber ausfallen sollten, wird 2014 immer um zwei Prozentpunkte unter dem prognostizierten noch ein gutes Jahr. Unsere Risikoberechnungen zeigen Wachstum blieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein- jedenfalls, dass das "Downside-Potenzial" nicht mehr zelne Exportmärkte ausfallen, sehen wir je nach Land als fünf Zehntelprozentpunkte beträgt. zwischen 25 und 35% und damit deutlich niedriger als im vergangenen Jahr. > Das "Tapering" der Zentralbanken: Misslingt die Rückführung der expansiven Geldpolitik, befürchten wir eine Bremswirkung von 0,2 Prozentpunkten für das deutsche Wachstum. Die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Entwicklung liegt aus unserer Sicht bei immerhin 40% – nach den Exportmärkten unser zweitwichtigstes Konjunkturrisiko 2014. > Eine Verschlechterung der Lage am deutschen Ar- beitsmarkt oder eine sich eintrübende Stimmung bei den Konsumenten: Angesichts der aktuellen Bestwerte bei den wichtigsten Beschäftigungs- und Stimmungs- indikatoren sehen wir die Eintrittswahrscheinlichkeit bei jeweils unter 20%. Die Wachstumseinbußen wären mit 0,2 Prozentpunkten (Binnenkonsum) bzw. 0,1 Pro- zentpunkten (Arbeitsmarkt) jedoch spürbar. > Ein stark schwankender Eurokurs oder volatile Öl- und Rohstoffpreise: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Eurokurs in den nächsten 12 Monaten um mehr als 20 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 J 3 DIE 18 WICHTIGSTEN RISIKEN FÜR DAS DEUTSCHE WACHSTUM 2014 WAS SCHIEFGEHEN KANN – UND WIE GRAVIEREND DIE FOLGEN WÄREN WAHRSCHEINLICHKEIT Risiken "Heimatstärke" Risiken "Rahmenbedingungen" Risiken "Wachstumsdynamik" Hoch >60% Mittel 20–60% 40% Inflation steigt auf ≥3,0% 35% Brasilien wächst ≤2,0% 40% Rückführen der expansiven Geldpolitik misslingt 25% Energiewende misslingt 30% Japan wächst ≤0,5% 35% EU wächst ≤0,5% 25% Russland wächst ≤1,5% 30% USA wachsen ≤1,9% 25% Indien wächst ≤4,1% 30% China wächst ≤6,5% 25% Eurokurs schwankt stark (plus/minus 15%) 20% Ölpreis schwankt stark (plus/minus 25%) Gering >20% 15% Arbeitsmarkt verschlechtert sich 15% Konsumklima verschlechtert sich und bremst den 15% Engpässe bei der Kreditversorgung von Unternehmen entstehen Binnenkonsum 10% Euro-Krisenländer brauchen neue große Rettungspakete 10% Italien verliert Vertrauen der Anleger 5% Frankreich rutscht erneut in die Rezession Gering Mittel Hoch (< 0,1 Prozentpunkte (0,1 Prozentpunkte (0,2 Prozentpunkte Bremswirkung) Bremswirkung) Bremswirkung) IMPACT ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 21
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 DIE ZUSÄTZLICHEN mensgründungen, vor allem auch in der "Old Economy", WACHSTUMSPOTENZIALE durch ein Vorantreiben der "Industrie 4.0"-Initiativen, Selbst wenn die Risiken bremsen durch Unterstützung unserer starken mittelständi- sollten: Wir haben genügend Poten- schen Unternehmen bei ihrer weiteren Globalisierung. ziale für beschleunigtes Wachstum Denn gerade perspektivisch gilt: Industrielle Kompetenz ist die Voraussetzung für stetiges Produktivitätswachs- Nicht nur das niedrige Level an Unsicherheit und das tum, und Produktivitätswachstum ist die Antwort auf überschaubare "Downside-Potenzial" machen uns knappe Ressourcen – an Menschen, an Rohstoffen, an zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr eine 2 vor dem Umwelt. Die deutsche Wirtschaft hat damit die Chance, Komma schaffen. Wir sehen auch zusätzliche Potenzi- besonders stark von den Megatrends Klimawandel, ale für ein beschleunigtes Wachstum. Fünf Maßnahmen Rohstoffknappheit und Demografie zu profitieren. könnten unsere Wachstumsfähigkeit nachhaltig erhöhen – und einen Ausgleich schaffen, sollten sich die Risiken, ENERGIEWENDE REFORMIEREN! die wir analysiert haben, trotz unseres Optimismus Unsere Industrie ist bei grüner Technologie global manifestieren: wettbewerbsfähig und damit prädestiniert dafür, von der steigenden Nachfrage nach grünem Wissen und INDUSTRIELLE KOMPETENZ WEITER STÄRKEN! nach grünen Produkten zu profitieren. Allerdings stär- Seit wir unsere Konjunkturszenarien veröffentlichen, ken wir die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen In- ist die industrielle Kompetenz unser Leitthema. Wir dustrie insgesamt nur, wenn dabei die Kosten der sind davon überzeugt, dass sich eine überlegene in- Energiewende nicht aus dem Ruder laufen. Deswegen dustrielle Basis auch in überlegenen Wachstumsraten muss es jetzt schnell um zwei Maßnahmen gehen: niederschlägt. Unsere Analysen zeigen das deutlich: je erstens um eine nachhaltige Reform des EEG, die wie- höher der Industrieanteil, desto dynamischer das der zu wettbewerbsfähigen Energiekosten führt, und Wachstum. Deutschland liegt mit einem Anteil der In- zweitens darum, die Energiewende endlich europäisch dustrie an der Bruttowertschöpfung von 22,6% weit zu denken. Statt mühsam (und mit hohen Kosten) zu vor den anderen großen europäischen Volkswirtschaf- versuchen, in Deutschland Reservekapazität für den ten – und wir wachsen bekanntermaßen seit Jahren Fall ausbleibenden Windes oder nicht scheinender schneller als unsere Nachbarn. Großbritannien und Sonne aufzubauen, könnten wir mehr Strom mit entspre- Frankreich beispielsweise verfügen dagegen nur über chenden Netzen importieren; statt mit hohen Subven- einen Industrieanteil, der gerade einmal halb so hoch tionen Fotovoltaik in Deutschland zu fördern, könnten ist wie der Deutschlands (10,8% bzw. 10,1%). Beide wir Solarparks in klimatisch besser geeigneten Länder haben seit 2001 in großem Stil deindustriali- EU-Partnerländern bauen lassen. siert und folglich stark an industrieller Kompetenz verloren – was sich mit schlechten Wachstumsraten INFRASTRUKTURINITIATIVEN STARTEN! gerächt hat. Seit Kurzem steuern sie um und reindus- Indem wir unsere Verkehrsinfrastruktur modernisieren, trialisieren wieder – und die ersten Wachstumserfolge Transportwege für Personen, Fracht und Energie aus- zeigen sich bereits. bauen und die Leistungsfähigkeit unserer Kommunika- Programmatisch muss es also weiter darum gehen, tionsinfrastruktur erhöhen, können wir nicht nur unse- unsere industrielle Kompetenz ständig zu steigern – re industrielle Kompetenz absichern, sondern auch durch intelligente Reformen im Bildungssystem, durch einen spürbaren Wachstumsimpuls setzen. Unser eine Stärkung unserer Handwerkskultur, durch offen- Haus hat kürzlich in einer Studie berechnet, dass sich sive Zuwanderung, durch neue Akzente in der Innova- der Investitionsbedarf in der Eurozone für dringend tionspolitik, durch gezielte Förderung von Unterneh- notwendige Infrastrukturen bis 2020 auf mehr als 22 ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS
THINK ACT KONJUNKTURSZENARIO 2014 2 Billionen Euro summiert. Klug finanzieren ließe sich DIE MIT TELFRISTIGE WACHSTUMSPERSPEKTIVE das mit einem Mix aus privaten und öffentlichen Gel- dern. Die Wachstumsimpulse, die Investitionen in mo- derne Infrastruktur bringen würden, wären jedenfalls enorm: Jedes Prozent Budgetzuwachs für Infrastruktur bewirkt eine langfristige Zunahme des realen BIPs um mindestens 0,1%. Und jede 80 Milliarden Euro, die in der Eurozone mehr für zentrale Infrastrukturprojekte ausgegeben werden, führen zu einem zusätzlichen Wachstum von 1%. FREIHANDELSZONE VERHANDELN! 2 Der transatlantische Markt ist und bleibt der größte der Welt, gemeinsam stehen wir für fast 50% der globalen Wirtschaftsleistung. Das schafft Potenzial für Synergien, die derzeit unter dem Stichwort Transatlan- tische Handels- und Investmentpartnerschaft (TIPP) In den ersten vier Jahren des neuen Jahrzehnts (2010– verhandelt werden. Der Wohlfahrtsgewinn einer erfolg- 2013) ist die deutsche Wirtschaft im Schnitt mit 2,1% pro reichen TIPP liegt für Europa bei 120 Milliarden Euro Jahr gewachsen. Damit auch am Ende des Jahrzehnts pro Jahr, das sind gut 0,5% des europäischen Brutto- noch eine 2 vor dem Komma steht, müssen wir jetzt inlandsprodukts. Deswegen ist es nicht gut, dass die zusätzliche Wachstumspotenziale erschließen. Wir sehen TIPP-Verhandlungen derzeit teilweise ausgesetzt sind, fünf Ansatzpunkte. selbst wenn die Gründe dafür nachvollziehbar sind. Der NSA-Skandal hat das Vertrauen nachhaltig gestört und Klagemöglichkeiten vor allem amerikanischer Un- ternehmen müssen geregelt werden. Aber das sollte nicht dazu führen, TIPP dauerhaft aufzugeben – für die weitere Gesundung Europas brauchen wir die zusätz- lichen Wachstumspotenziale dringend. Aus unserer Sicht liegt der Schlüssel für eine erfolgreiche Weiter- führung vor allem in mehr Transparenz und einem de- mokratischen Einbezug des europäischen Parlaments. Und zu allererst in einem offensiven Werben für die Sinnhaftigkeit einer starken wirtschaftlichen transatlan- tischen Partnerschaft. EUROPÄISCHE INTEGRATION VORANBRINGEN! Perspektivisch wird Deutschland nur stark sein und dynamisch wachsen können, wenn es Europa gut geht. Deswegen müssen wir an der politischen Struktur der EU arbeiten – eine gute europäische Wachstumspolitik braucht eine gute europäische Governance. Und das heißt: mehr Integration, vor allem in den Bereichen ROL AND BERGER STRATEGY CONSULTANTS 23
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