Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
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01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE TRENDREPORT Studie Digitale Transformation 2018 Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven In Zusammenarbeit mit 1 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
VORWORT Wer hat es nicht schon gehört: Digitalisierung verändert alles! Wer jetzt nicht digitalisiert, überlässt die Wertschöp- fung anderen! Die digitale Revolution ist möglicherweise radikaler und umfassender als alle bisherigen technologi- schen Erneuerungen! So oder so ähnlich beginnen Zeitungsartikel, Keynotes auf Veranstaltungen und auch Stra- tegie-Meetings in Unternehmen. Und alle Aussagen sind auch völlig richtig, aber was passiert in Deutschland? Bei Weitem nicht genug. In den vergangenen Jahren sind tausende führende Manager aus Deutschland ins Silicon Valley gereist, haben Tech-Unternehmen wie Google und Facebook sowie viele Startups besucht. Sie alle haben die schöpferische und zu- gleich zerstörerische Kreativität erlebt, die die Region um San Francisco auszeichnet. Die neuen Herausforderer stel- len Geschäftsmodelle in Frage, die bislang als unantastbar galten. Und Deutschland hat diese rasante Entwicklung lange Zeit nur staunend begleitet. Vielen Unternehmen fällt es - allen Berichten, Vorträgen und Silicon Valley-Touren zum Trotz - nach wie vor schwer, zu verstehen und zu akzeptieren, dass ihr Geschäft, das seit Jahrzehnten hervor- ragend funktioniert, von ein paar Tech-Unternehmen oder gar Startups aus Amerika und zunehmend aus China bedroht sein könnte. Diese Beobachtungen bestätigt nun auch die diesjährige etventure-Studie. Zum dritten Mal in Folge liefert etventure gemeinsam mit der GfK eine Bestandsaufnahme der digitalen Transformation in deutschen Großunternehmen. Die Quintessenz: Die deutschen Unternehmen wiegen sich bei der digitalen Transformation in vermeintlicher Sicherheit - Tech-Giganten wie Google und Amazon werden nicht als Wettbewerber erkannt. Sicher, es ist nicht alles schlecht: Viele Unternehmen haben Digitalinitiativen gestartet, fokussieren dabei aber meist das bestehende Geschäft oder optimieren lediglich ihre IT. Der Schritt darüber hinaus ist längst überfällig: Unterneh- men müssen ihr eigenes Geschäftsmodell kritisch hinterfragen und mitunter selbst disruptiv angreifen. Sie müssen neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln, die dem technologischen Wandel, ebenso wie den sich verändernden Kundenbedürfnissen gerecht werden. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch enormer Nachholbedarf. Deutschland hat mit seinen Konzernen, all den Weltmarktführern aus dem Mittelstand, all dem Wissen an den Uni- versitäten und dem Elan in der wachsenden Startup-Szene noch alle Voraussetzungen, um in der digitalen Welt zu bestehen. Nur ausruhen dürfen wir uns auf diesen Erfolgen nicht mehr. Mit all diesen Voraussetzungen könnte Deutschland heute schon voll sein von positiven Beispielen der Digitalisierung, eventuell selbst ein Angreifer, gerade im B2B-Bereich, sein. Stattdessen findet sich der Wirtschaftsstandort Deutschland, auch dies ein aktuelles Ergebnis, im Mittelmaß wieder. Auf den folgenden Seiten haben wir sämtliche Ergebnisse der Studie detailliert zusammengestellt. Wir wollen Ihnen aber nicht nur die Zahlen präsentieren. Durch die jeweilige Einordnung, durch Statements und Themen-Exkurse wollen wir Sie in die Lage versetzen, jetzt zu starten, und Ihnen wichtige Impulse für Ihre weiteren Digitalinitiativen geben. Das Wichtigste ist dabei, schnell mit der Umsetzung zu beginnen und mit Mut und Kreativität die Herausfor- derungen anzugehen! Ich wünsche Ihnen spannende Einblicke. Bei Fragen können Sie mich natürlich gerne persönlich kontaktieren. Philipp Depiereux Gründer & Geschäftsführer 2 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
ÜBER DIE STUDIE Zum dritten Mal in Folge hat Digitalberatung Zielgruppe und Company Builder etventure mit Unterstüt- Repräsentative Befragung unter rund 2.000 deutschen zung der GfK die Führungskräfte deutscher Großunternehmen mit einem Mindestumsatz von jährlich Großunternehmen zum Thema Digitalisierung 250 Mio. Euro. befragt. Die repräsentative Studie „Digitale Befragt wurden Entscheidungsträger, die mit dem Thema Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschrit- Digitalisierung in den jeweiligen Unternehmen befasst te, Perspektiven” gibt Einblicke sind. • zu Stellenwert und Status quo der digitalen Transformation in deutschen Unterneh- men • zu bestehenden und geplanten Digitalakti- 250-500 Mio. € 500 Mio-1 Mrd. € vitäten, Setup und Methoden 49 % 23 % • zur Qualifikation der Mitarbeiter und dem 1 Mrd.-5 Mrd. € 20 % Wandel der Unternehmenskultur Umsatz- > 5 Mrd. € verteilung 8% • zur digitalen Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft 18 % Groß- & Einzelhandel 49 % Dienstleistungen Branchen 32 % Industrie & verarbeitendes Gewerbe 1 % Sonstige Erhebungsinstrument Telefonische Befragung (CATI) Befragungszeitraum 18. Januar 2018 bis 16. Februar 2018 Zu den Vorjahresstudien www.etventure.de/innovationsstudien etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 3
INHALT EXECUTIVE SUMMARY Seite 7 01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE UND HEMMNISSE Seite 8 EXKURS Raus aus der Bewahrerorganisation, hin zum Kunden 02 SETUP UND METHODEN Seite 14 EXKURS EXKURS Chief Digital Officer – digitale Corporate meets Startup - Wie gelingt Heilsbringer oder nur Kosmetik? eine erfolgreiche Zusammenarbeit? 4 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
03 FAKTOR MENSCH UND UNTERNEHMENSKULTUR Seite 20 EXKURS Scheiterkultur: Scheitern ist kein Selbstzweck 04 DIGITALE ZUKUNF T Seite 26 EXKURS Data Thinking FAZIT UND AUSBLICK Seite 32 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 5
01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE Digitale Transformation 2018 Verteidigung bestehender 58 % Strukturen 42 % 35% 51 % Fehlende Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen 48 % Blockierende Sicherheits- anforderungen 2018 2017 ... fühlen sich mit ihren BISHERIGEN AKTIVITÄTEN TOP-3 HEMMNISSE bei der SEHR GUT bis GUT auf die digitale Transformation digitalen Transformation vorbereitet. In 15 % der Unternehmen Durch die digitale Transformation entstehen steuert der CHIEF DIGITAL OFFICER ZUSÄTZLICHE ARBEITSPLÄTZE die digitale Transformation. in unserem Unternehmen. 26 % 19 % 2018 2017 Unsere stärkste WETTBEWERBS-BEDROHUNG sind ... Wettbewerber aus der eigenen Branche 71 % Tech-Unternehmen wie 63 % Amazon oder Google 22 % ... sagen, dass sich die digitale Transformation positiv auf ihre junge Startups 7% ATTRAKTIVITÄT als Arbeitgeber auswirkt. Meine Mein Branche Deutsche Führungskräfte stellen dem Geschäftsmodell WIRTSCHAFTSSTANDORT DEUTSCHLAND bei der Digitalisierung die Zeugnisnote 3,3 aus. 49 % 21 % ... wird sich durch die digitale Transformation STARK oder sogar SEHR STARK wandeln. 6 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE 01 EXECUTIVE SUMMARY BEDEUTUNG, tion einen Chief Digital Officer (CDO) berufen. Seltener als noch im Vorjahr dass ein Wandel der Unternehmens- kultur für das Gelingen der digitalen FORTSCHRITTE UND suchen sich die Unternehmen externe Transformation „wichtig” oder sogar HEMMNISSE Hilfe bei Dienstleistern und Unterneh- mensberatungen. Mehr als die Hälfte „sehr wichtig” ist. Wenn es darum geht, Innovation und Digitalisierung in der der deutschen Großunternehmen hat Unternehmenskultur zu verankern, Die Bedeutung des Themas Digitali- eine interne oder externe Digital-Ein- setzen Unternehmen auf moderne sierung in deutschen Großunterneh- heit aufgebaut. Auch die Kooperation Kommunikationstools, die Stärkung men ist 2018 erneut gestiegen. Zudem mit Startups steht bei deutschen Un- der Eigenverantwortung der Mitarbei- fühlen sich mittlerweile 42 Prozent der ternehmen weiterhin hoch im Kurs: ter und die Etablierung einer Scheiter- Unternehmen, und damit acht Prozent 38 Prozent arbeiten bereits heute mit kultur, weniger allerdings auf den Ab- mehr als im Vorjahr, „sehr gut” oder Startups zusammen, weitere 15 Pro- bau von Hierarchien. „gut” auf die digitale Transformation zent planen dies für die Zukunft. vorbereitet. Die Mehrheit der deut- schen Großunternehmen versteht un- DIGITALE ZUKUNFT ter digitaler Transformation allerdings FAKTOR MENSCH in erster Linie die Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells und UND UNTERNEH- Rund die Hälfte der Unternehmen er- wartet einen starken oder gar sehr analoger Prozesse. Der Aufbau digita- len Neugeschäfts wird hingegen ver- MENSKULTUR starken Wandel ihrer jeweiligen Bran- che durch die Digitalisierung. Gleichzei- nachlässigt. Insgesamt vollzieht sich der Gerade einmal 38 Prozent - und damit tig glauben nur 21 Prozent, dass auch Fortschritt nur sehr langsam. Das liegt sogar vier Prozent weniger als 2017 - das eigene Geschäftsmodell unter vor allem daran, dass die Unterneh- sehen ihre Mitarbeiter ausreichend einem ebenso starken Veränderungs- men weiterhin mit großen Hemmnis- qualifiziert für die Veränderungen druck steht. Entsprechend sind 59 sen zu kämpfen haben, allen voran mit durch die Digitalisierung. Entspre- Prozent der befragten Unternehmen der Verteidigung bestehender Struktu- chend setzen Unternehmen massiv der Ansicht, dass sie ihren bisherigen ren (58 Prozent), fehlender Erfahrung auf Weiterbildungsprogramme, um Umsatz in den kommenden drei Jahren mit nutzerzentriertem Vorgehen (51 den Mitarbeitern digitales Know-how halten können, auch ohne Maßnahmen Prozent) sowie blockierenden Sicher- und agile Methoden zu vermitteln zur digitalen Transformation. Dabei heitsanforderungen (48 Prozent). (79 Prozent). In Bezug auf die Frage, ob passt ins Bild, dass nur acht Prozent die Digitalisierung zu einem Wegfall an der befragten deutschen Unterneh- SETUP UND Arbeitsplätzen führen wird, vertreten die deutschen Unternehmen hingegen men damit rechnen, dass sich ihre Digi- talaktivitäten in weniger als einem Jahr METHODEN eine optimistische bis pragmatische in Marktanteilen oder Umsätzen nie- Sichtweise. 26 Prozent sind überzeugt, derschlagen werden. Hinsichtlich der Die Steuerung der Digitalisierung ist dass die digitale Transformation zu ei- Konkurrenz der Zukunft haben deut- 2018 endgültig zur Chefsache gewor- nem Plus an Arbeitsplätzen in ihrem sche Unternehmen weiterhin vor allem den. 68 Prozent der Unternehmen Unternehmen führen wird, und wei- die bestehenden Wettbewerber im haben das Thema entweder direkt tere 57 Prozent, dass die Anzahl der Blick. Lediglich 22 Prozent sehen große beim CEO oder aber in einem Vor- Arbeitsplätze im Unternehmen im Sal- Tech-Unternehmen wie Amazon oder stands- und Geschäftsführungsbereich do gleich bleiben wird. Die absolute Google als stärkste Wettbewerbs-Be- verortet. 15 Prozent haben für die Mehrheit der deutschen Unternehmen drohung und nur sieben Prozent füh- Steuerung der digitalen Transforma- (80 Prozent) ist außerdem der Ansicht, len sich von jungen Startups in ihrer Position bedroht. etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 7
01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE UND HEMMNISSE Die digitale Transformation stellt eine der größten He- dern. Fast jeder spricht über Digitalisierung, aber beim rausforderungen für die Wirtschaft der kommenden Fortschritt und der konkreten Umsetzung zeigen sich Jahre dar. Sie wird die Wertschöpfungsketten in allen deutliche Defizite. Industriezweigen binnen kürzester Zeit massiv verän- BEDEUTUNG UND STELLENWERT DER DIGITALISIERUNG Was bedeutet Digitalisierung konkret on primär nur die Digitalisierung des modelle”. Und für sogar jedes fünfte für die Unternehmen? Die Studiener- bestehenden Geschäftsmodells be- Großunternehmen ist digitale Trans- gebnisse zeigen: Was darunter tatsäch- ziehungsweise bestehender analoger formation schlicht nur die Vereinheit- lich verstanden wird, variiert auch bei Prozesse (55 Prozent). Der Fokus liegt lichung und Optimierung der IT-Infra- den deutschen Unternehmenslenkern. somit in erster Linie auf dem Bestands- struktur oder die digitale Schulung und geschäft. Gerade einmal die Hälfte Weiterbildung der Mitarbeiter. Die Mehrheit der befragten Entschei- (28 Prozent) nennen dagegen die der in deutschen Großunternehmen „Entwicklung neuer digitaler Geschäfts- versteht unter digitaler Transformati- FRAGE Was verstehen Sie hauptsächlich unter digitaler Transformation? Digitalisierung des bestehenden 55 % Geschäftsmodells und / oder bestehender analoger Prozesse Entwicklung neuer digitaler 28 % Geschäftsmodelle Vereinheitlichung und Optimierung 12 % des IT Systems 5% Digitale Schulung und Weiterbildung 8 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE 01 Diese Ergebnisse zeigen, dass zwar viele Unternehmen erste Digitalinitiativen ge- startet haben, aber nicht über den inkrementellen Bereich hinauskommen. Wer den Fokus nur auf das bestehende Geschäft legt oder gar nur die IT optimiert, ge- fährdet die eigene wirtschaftliche Zukunft und Arbeitsplätze. Hierzulande spricht man gerne von Industrie 4.0, was aber nicht umfassend genug ist. Es geht nicht da- rum, dass die Wirtschaft ein Update von 3.0 auf 4.0 erhält; auch nicht nur darum, Maschinen und Fabriken zu vernetzen. Es geht darum, neue digitale Geschäftsmo- delle zu entwickeln, die dem technologischen Wandel ebenso wie den sich verän- dernden Kundenbedürfnissen gerecht werden. Sowohl das Tempo des Fortschritts als auch die Art und Weise, wie Innovationen entstehen, haben sich von Grund auf verändert. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch enormer Nach- holbedarf. Philipp Depiereux Gründer und Geschäftsführer etventure GmbH FRAGE Welchen Stellenwert nimmt die digitale Transformation auf der Prioritätenliste in Ihrem Unternehmen ein? 2018 6 Es ist das 2017 5 wichtigste Thema 2016 6 56 Es gehört zu den 45 Top-3 Themen 35 27 Es gehört zu den 44 Top-10 Themen 43 11 Es spielt keine oder nur 6 eine untergeordnete Rolle 16 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 in % Gleichzeitig steigt das Thema auf der der befragten Unternehmen die digi- Vorjahr waren es erst 50 Prozent, 2016 Prioritätenliste der Unternehmen von tale Transformation zu den drei wich- nur 41 Prozent. Der Anteil der Groß- Jahr zu Jahr: 2018 zählen 62 Prozent tigsten Themen auf ihrer Agenda. Im unternehmen, die die digitale Trans- etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 9
01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE formation tatsächlich als wichtigstes ihr Unternehmen keine oder nur eine und graduell vollzieht. Die digitale Re- Firmenziel sieht, stagniert jedoch bei untergeordnete Rolle spielt. Insofern volution, von der gern gesprochen sechs Prozent. Und immerhin elf Pro- kann man angesichts der Ergebnisse wird, ist im Bewusstsein der Unterneh- zent sind noch immer der Auffassung, zwar durchaus von einem Fortschritt menslenker noch nicht angekommen. dass die digitale Transformation für sprechen, der sich aber nur langsam FORTSCHRITTE UND HEMMNISSE FRAGE Wie gut ist Ihr Unternehmen mit seinen bisherigen Aktivitäten auf die digitale Transformation vorbereitet? 49 % 2018 2017 44 % 43 % 2016 37 % 32 % 30 % 17 % 15 % 11 % 6% 6% 3% 4% 2% 1% 1 2 3 4 5 sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft Auch die Bewertung, die sich die Un- ist diese positive Selbsteinschätzung gelhaft” auf den digitalen Wandel vor- ternehmen selbst für ihre bisherigen im Vergleich zum Vorjahr um rund acht bereitet. Zum Vergleich: In den USA Digitalaktivitäten geben, hat sich 2018 Prozent gestiegen. sahen sich bereits vor einem Jahr rund erneut verbessert: 42 Prozent der be- Die Mehrheit der Unternehmen sieht die Hälfte der Unternehmen (47 Pro- fragten Unternehmen sehen sich „sehr sich aber weiterhin nur „befriedi- zent) „sehr gut“ für die digitale Trans- gut” oder zumindest „gut” auf die digi- gend” (44 Prozent) oder „ausreichend” formation gerüstet.* tale Transformation vorbereitet. Damit (11 Prozent), zwei Prozent gar als „man- *Quelle: etventure-Studie „Digitale Transformation 2017”. Verfügbar unter www.etventure.de/innovationsstudien. 10 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE 01 FRAGE Welche konkreten Erfolge haben Sie bereits durch Digitalisierungs- maßnahmen erzielt? 72 % Nutzung neuer Technologien / Markttrends 70 % Effizienzsteigerung / Kostenreduktion 70 % Aufbau digitaler Kompetenzen 49 % Zugang zu neuen Kundengruppen 45 % Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle 44 % Optimierung der Kundenerfahrung 33 % Entwicklung von Innovationen in Zusammenarbeit mit Startups 32 % Expansion in neue Märkte 29 % Umsatzsteigerung Fortschritt ja, Revolution nein - dieses lich seltener gelang es den befragten Auch hier zeigt sich, dass der Fokus bei Fazit lässt sich auch ziehen, wenn man Unternehmen bislang, durch digitale der digitalen Transformation bislang die konkreten Erfolge betrachtet, die Produkte und Services neue Kunden- vor allem auf der Digitalisierung des die deutschen Unternehmen bislang gruppen zu erschließen (49 Prozent) Bestandsgeschäfts und weniger auf durch ihre Digitalisierungsmaßnah- oder gänzlich neue digitale Geschäfts- der Erschließung neuer Märkte und men erzielen konnten. Mit 72 Prozent modelle zu entwickeln (45 Prozent). Zielgruppen liegt. Immerhin: Ein knap- wird hierbei am häufigsten die Nutzung 44 Prozent geben an, dass sie durch Di- pes Drittel (29 Prozent) konnte durch neuer Technologien und Markttrends gitalmaßnahmen die Kundenerfahrung Digitalisierungsmaßnahmen eine Stei- genannt, gefolgt von der Effizienzstei- optimieren konnten und ein Drittel gerung des Umsatzes erzielen. gerung beziehungsweise Kostenreduk- (33 Prozent) nennt die Entwicklung von tion dank digitaler Prozesse und dem Innovationen in Zusammenarbeit mit Aufbau digitaler Kompetenzen in der Startups als konkreten Erfolg. Belegschaft (jeweils 70 Prozent). Deut- etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 11
01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE FRAGE Was sind Ihrer Meinung nach die größten Hürden in Ihrem Unternehmen bei der digitalen Transformation? 2018 2017 2016 Verteidigung bestehender Strukturen 58 % 50 % 65 % Fehlende Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen 51 % 63 % 52 % Blockierende Sicherheitsanforderungen 48 % 44 % 37 % Zeitmangel 44 % 49 % 54 % Zu festgefahren im jeweiligen Bereich 39 % 38 % 42 % Unternehmen ist zu unflexibel und langsam geworden 37 % 38 % 26 % Zu viele Entscheidungsebenen 34 % 21 % 14 % Scheu vor notwendigen weitreichenden, radikalen und disruptiven Entscheidungen 32 % 32 % 40 % Dabei sind die Hindernisse, mit de- Hemmnis - stellt weiterhin eine große sich 37 Prozent der befragten Unter- nen deutsche Großunternehmen bei Herausforderung dar. Ein von Jahr zu nehmen als „zu unflexibel und zu lang- der Digitalisierung kämpfen, in den Jahr wachsendes Hemmnis sehen die sam”. Auch das Hemmnis zu vieler Ent- vergangenen drei Jahren weitgehend Befragten zudem in blockierenden Si- scheidungsebenen wird immer stärker dieselben geblieben. Allen voran die cherheitsanforderungen: 2016 nann- gesehen: 2016 nannten gerade einmal „Verteidigung bestehender Strukturen” ten erst etwa ein Drittel der Unterneh- 14 Prozent diesen Punkt, 2018 bereits (58 Prozent) im Unternehmen lähmt men dieses Argument. 2017 waren es 34 Prozent. notwendige Veränderungsprozesse bereits 44 Prozent, aktuell klagt nun Zusammengefasst: Die deutschen Un- und verhindert einen schnellen digita- fast jede zweite Firma darüber. Hinzu ternehmen stehen sich bei der digita- len Wandel. Auch die „fehlende Erfah- kommen Zeitmangel (44 Prozent) und len Transformation selbst im Weg. Es rung bei nutzerzentriertem Vorgehen” das Gefühl, „zu festgefahren” (39 Pro- sind nicht in erster Linie mangelnde - im Vorjahr noch das meistgenannte zent) zu sein. Außerdem bezeichnen 12 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE 01 Ressourcen oder fehlendes Know-how, im Unternehmen. Die Verteidigung des entschlossen anzugehen, verhindern die den Fortschritt lähmen. Die Blocka- IST-Zustandes und der fehlende Mut eine erfolgreiche digitale Transforma- de entsteht durch die bestehenden der Führungskräfte, aus diesen Struk- tion. Strukturen, Prozesse und Hierarchien turen auszubrechen und den Wandel EXKURS Raus aus der Bewahrerorganisation, hin zum Kunden Auch 2018 scheitern Digitalisierungs- Grund auf neu zu denken und Disrupti- onen und ihre Weiterentwicklung nah projekte in deutschen Unternehmen on nicht zu scheuen, sondern selbst am Kunden und seinen Bedürfnissen. vor allem an internen Hürden und am herbeizuführen. Es versteht sich von Scheitern ist erlaubt - Fehler werden „Bewahrertum”, sprich dem Festhal- selbst, dass ein solcher Umbruch nicht als Chance gesehen, um aus ihnen zu ten an bestehenden Strukturen und von heute auf morgen vonstatten ge- lernen. So entstehen bereits innerhalb Routinen. Und noch immer fällt es den hen kann und mit den bestehenden weniger Wochen neue digitale Produk- deutschen Unternehmen schwer, sich Strukturen und Prozessen im Unter- te, die sich als marktfähig erweisen. bei der Entwicklung digitaler Produkte nehmen kollidiert. Nicht zuletzt ermöglicht die Digita- und Services am Kunden und dessen Deshalb muss der erste Schritt bei lisierung im „geschützten Raum“, Bedürfnissen auszurichten. Denn dafür der Digitalisierung sein: Raus aus der alte und neue Stärken zu verbinden. müssen Unternehmen eine neue Denk- „Bewahrerorganisation”. Außerhalb Denn digitale Transformation bedeu- und Herangehensweise zulassen - weg der Kernorganisation, im „geschützten tet nicht, Perfektion, Präzision und vom Fokus auf das Produkt und hin Raum“, beispielsweise in einer eigen- Ingenieursdenken – Stärken, die die zum Kunden. Für die deutschen Un- ständigen Digital-Einheit und losgelöst deutschen Unternehmen erst groß ge- ternehmen stellt das einen radikalen von den Strukturen, Hierarchien und macht haben – über Bord zu werfen. Umbruch dar. Denn das für Deutsch- Prozessen, die die Transformation der Im Gegenteil, diese sind für das Kern- land klassische „Ingenieursdenken“ deutschen Unternehmen lähmen, kön- geschäft weiterhin essentiell. Durch sieht eine Entwicklung im Geheimen nen neue digitale Ideen mit freiem Blick den „geschützten Raum“ können diese und nach Pflichten-Lasten-Heft vor, auf den Kunden entwickelt und getes- Erfolgsfaktoren bewahrt werden und während Budgets in mehrjährigen Zy- tet und neue agile Methoden erprobt die Kernorganisation ungestört weiter- klen geplant werden. Produkte werden werden. Hier werden kreative Ideen arbeiten. Erst wenn digitale Produkte erst zur Perfektion gebracht, ehe sie und Prototypen entwickelt und getes- und Services in der Digital-Einheit er- überhaupt einmal dem Kunden ge- tet, erste Pilotprojekte umgesetzt und folgreich getestet und validiert wurden, zeigt werden. Wer aber vor dem Hin- Feedback direkt vom Kunden eingeholt. werden diese in die Kernorganisation tergrund der digitalen Transformation Dabei geht es nicht um die Entwick- übertragen und können so als Initial- wettbewerbsfähig bleiben will, muss lung perfekter Produkte, sondern um zündung für die Transformation des den Mut haben, aus gewohnten Denk- die schnelle Umsetzung von Innovati- gesamten Unternehmens dienen. und Arbeitsweisen auszubrechen, von etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 13
02 01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE SETUP UND METHODEN Wer ist in den deutschen Großunternehmen für die Di- Unterstützung? Das gewählte Setup und die Methoden gitalisierung verantwortlich? Welche Maßnahmen er- sind entscheidend für Erfolg oder Nicht-Erfolg der Di- greifen die Unternehmen, um die digitale Transforma- gitalisierung. tion umzusetzen? Bei wem suchen die Unternehmen STEUERUNG DER DIGITALISIERUNG FRAGE Von wo aus werden in Ihrem Unternehmen die Aktivitäten für die digitale Transformation hauptsächlich gesteuert? (Maximal 2 Antwortoptionen möglich) CEO / Geschäftsführer 31 % 40 % Geschäftsführungsebene Chief Digital Officer 15 % 17 % Stabsstelle für Digital-Themen IT 29 % 12 % Marketing 14 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN 02 Die Digitalisierung ist 2018 endgültig Prozent der Unternehmen Geschäfts- on einen Chief Digital Officer (CDO) be- zur Chefsache geworden. Mehr als führung beziehungsweise Geschäfts- rufen. Zugleich liegt bei knapp einem zwei Drittel der Unternehmen (68 Pro- führungsebene für die Digitalisierung Drittel der Unternehmen (29 Prozent) zent)* haben das Thema entweder zuständig, 2016 war dies erst in 48 Pro- noch immer ein wesentlicher Teil der direkt beim CEO oder aber in einem zent der Unternehmen der Fall. Verantwortung für die Digitalisierung Vorstands- und Geschäftsführungsbe- bei der IT-Abteilung. In zwölf Prozent 17 Prozent haben eine eigene Stabs- reich verortet. Damit zeigt sich auch der Unternehmen ist gar das Marketing stelle für die Digitalisierung etabliert an dieser Stelle ein kontinuierlicher ein zentraler Part bei der Steuerung und weitere 15 Prozent haben für die Bedeutungszuwachs. 2017 waren in 59 der Digitalaktivitäten. Steuerung der digitalen Transformati- *bereinigt um die Mehrfachantworten Die Tatsache, dass die große Mehrheit der Unterneh- men das Thema Digitalisierung auf oberster Ebene verortet, zeigt, dass die Bedeutung des Themas mitt- lerweile erkannt ist. Es ist richtig und wichtig, dass die digitale Transformation direkt von Geschäftsführung oder Vorstand vorangetrieben wird. Denn dieser fun- damentale Wandel erfordert Entscheidungen von ei- ner Tragweite, wie sie nur die Chefetage fällen kann. Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Unternehmen teilweise noch immer zu langsam vorankommen und an zahlreiche interne Hürden stoßen, obwohl das The- ma inzwischen mehrheitlich vom Top-Management gesteuert wird. Das deutet darauf hin, dass es auch in den Führungsetagen der deutschen Unternehmen an Mut, Entschlusskraft und Durchsetzungsstärke fehlt, um diese Hürden aus dem Weg zu räumen. Es reicht eben nicht, nur formal „den Hut auf zu haben”. Es braucht eine starke und überzeugte, aber auch em- pathische Führung, um diesen Change-Prozess erfolg- reich zu steuern und die Mitarbeiter mitzunehmen. Dr. Christian Lüdtke Gründer und Geschäftsführer etventure GmbH etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 15
02 SETUP & METHODEN EXKURS Chief Digital Officer – digitaler Heilsbringer oder nur Kosmetik? Die digitale Revolution hat eine neue Viele stehen einem Chief Digital Officer rung der digitalen Transformation im Position in den Führungsetagen ge- eher skeptisch gegenüber, und in der Unternehmen. In der Realität wird den schaffen: Immer häufiger berufen Unternehmensrealität ist die Schaffung Digitalmanagern allerdings oft nicht Unternehmen einen eigenen Chief Di- der Position heute mitunter auch ein der nötige Freiraum und die entspre- gital Officer, kurz CDO, der sich dem Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit. chende Vollmacht eingeräumt. Damit Mega-Trend Digitalisierung annehmen Das liegt aber weniger daran, dass die fehlt ihnen das Standing im Unterneh- soll. Ist der CDO damit die positions- Idee hinter dem Konzept CDO nicht men und der CDO bleibt ein Halbmäch- gewordene Antwort auf die Frage, wie grundsätzlich sinnvoll ist: Eine Person tiger im Unternehmensgefüge. Um den Unternehmen den Herausforderungen auf höchster Managementebene, aus- digitalen Wandel mit Hilfe des CDO ef- der digitalen Transformation begegnen gestattet mit großem Handlungsspiel- fektiv zu gestalten, braucht es deshalb sollen? raum, verantwortet die Gesamtsteue- folgende wichtige Hebel: Positionierung auf Vorstandsebene: Klare Zieldefinition: Der Wirkungsgrad des Chief Digital Officer Tech-Experte, digitaler Stratege, Change-Manager, Marke- ist in den meisten Unternehmen stark be- ting-Experte und kultureller Evangelist: Die Erwartungen, grenzt. Statt auf Augenhöhe mit dem CEO die an die Rolle des Chief Digital Officer gestellt werden, finden sich die meisten Digitalmanager auf sind oft unrealistisch. Das liegt daran, dass nicht wirklich Bereichs- und Abteilungsleiterebene. Die di- klar ist, was der CDO eigentlich machen soll – und vor al- gitale Transformation greift aber tief in sämt- lem, was nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. Des- liche Prozesse und nicht zuletzt in die Unter- halb braucht es eine eindeutige Zieldefinition, die die Auf- nehmenskultur ein und erfordert teilweise gaben des CDO festlegt und klar von denen des CIO oder radikale Entscheidungen. Entscheidungen, CTO abgrenzt. Denn der Auftrag des CDO ist es, digitales wie sie letztlich nur der CEO treffen kann. Neugeschäft zu entwickeln und mitunter das eigene Ge- Ein Digitalchef muss sich zwischen diversen schäftsmodell disruptiv anzugreifen. Der CIO hingegen ist Abteilungen im etablierten Machtgefüge klassischerweise für die Einhaltung von Sicherheits- und durchsetzen können. Damit der Chef-Digi- Compliancerichtlinien, technischen Standards und defi- talisierer tatsächlich etwas bewirken kann, nierten Prozessabläufen zuständig; der CTO ist als „Tech- braucht er deshalb die volle Rückendeckung nischer Leiter“ verantwortlich für ein perfektes Funktio- des CEO und entsprechende Handlungs- nieren und eine Weiterentwicklung der Unternehmens-IT. freiheit sowie die notwendigen finanziellen Diese Aufgabenfelder und Anforderungen könnten unter- Ressourcen. schiedlicher kaum sein. 16 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN 02 MASSNAHMEN ZUR GESTALTUNG DER DIGITALEN TRANSFORMATION Befragt nach den Maßnahmen, die Un- verstärkt, ebenso wie im Recruiting von 2017 noch 54 Prozent der Unterneh- ternehmen ergreifen, um die digitale Digital-Experten (46 Prozent). men angaben, externe Dienstleister Transformation zu gestalten, steht ein und Unternehmensberatungen beauf- Seltener als noch im Vorjahr hingegen Aspekt ganz vorne: die digitale Weiter- tragt zu haben, sind es in diesem Jahr suchen sich die Unternehmen externe bildung der Mitarbeiter. 72 Prozent ha- nur noch 46 Prozent. Hilfe bei der Digitalisierung. Während ben in diesem Bereich ihre Aktivitäten FRAGE Welche Aktivitäten und Maßnahmen nutzen Sie, um die digitale Transformation zu gestalten? 72 % Verstärkung der digitalen Wei- terbildung unserer Mitarbeiter 43 % Integration von Methoden zur agilen Produktentwicklung 46 % Verstärktes Recruiting von Digital-Experten 41 % Integration von Methoden zur Nutzerzentrierung 44 % Einrichten einer internen digitalen Einheit Beauftragung eines externen 46 % Dienstleisters / einer Unter- nehmensberatung Aufbau einer digitalen Einheit 8% als externes Tochterunter- nehmen Für die Umsetzung der digitalen Trans- Digital-Einheit aus dem Unternehmen Im Hinblick auf die Tools und Metho- formation setzen die befragten Groß- auszugliedern und damit konsequent den, die für die Digitalisierung zum Ein- unternehmen zunehmend auf die fernab der Kernorganisation als exter- satz kommen, geben jeweils rund 40 Einrichtung eines firmeneigenen Digi- nes Tochterunternehmen aufzubauen, Prozent der befragten Unternehmen tal-Labors: Fast jedes zweite Unterneh- wählen hingegen nur acht Prozent der an, Methoden zur agilen Produktent- men (44 Prozent) verfügt heute schon Unternehmen. Insgesamt hat damit wicklung (43 Prozent) sowie Methoden über eine eigene Digital-Einheit. Im mehr als die Hälfte der befragten Un- zur Nutzerzentrierung (41 Prozent) in- Vorjahr waren es erst 33 Prozent und ternehmen eine eigene Einheit für die tegriert zu haben. 2016 erst 30 Prozent. Den Schritt, die Digitalisierung etabliert. etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 17
02 SETUP & METHODEN Die deutschen Unternehmen setzen vermehrt auf interne Digital-Labore und schaffen es dennoch nicht, die genannten Hemmnisse zu vermeiden. Dieses Ergebnis bestätigt unsere jahrelange Er- fahrung, dass Innovationen im Sinne neuer digitaler Geschäftsmodelle niemals innerhalb eines Un- ternehmens erfolgreich entwickelt werden können. Denn die Aufgabe dieser Einheiten ist es, die gesamte Wertschöpfungskette und das Geschäftsmodell zu hinterfragen. Das fällt Menschen, die da- von unmittelbar betroffen sind und um Job und Einfluss fürchten, naturgemäß schwer. Um die Be- wahrungskräfte im Unternehmen zu umgehen, empfehlen wir die Digitalisierung im „geschützten Raum“, beispielsweise in Form einer eigenständigen Digital- oder Innovationseinheit außerhalb der Kernorganisation. Dort können Innovations- und Digitalprojekte unabhängig von der Unternehmens- Bürokratie, von Compliance-Bedenken, juristischen Fragen und ähnlichen Hindernissen entwickelt werden. Erfolgreich getestete Innovationen können dann in die Kernorganisation übertragen und so die Mitarbeiter durch konkrete Erfolge in Form von validierten digitalen Services und Produkten begeistert werden. Auf diese Weise wird mittelfristig auch der notwendige intensive Austausch zwischen Kernorganisation und Innovationseinheit initiiert. Philipp Depiereux Gründer und Geschäftsführer etventure GmbH ZUSAMMENARBEIT MIT STARTUPS Die deutschen Großunternehmen su- zu erschließen. Schon 2017 gab rund bereits Maßnahmen zur Kooperation chen den Schulterschluss mit innova- ein Drittel (35 Prozent) der Unterneh- mit Startups ergriffen, weitere 15 Pro- tiven Startups, um ihre eigene digitale men an, bereits mit Startups zusam- zent planen eine solche Zusammenar- Transformation voranzutreiben und menzuarbeiten. 2018 setzt sich dieser beit. neue Trends und Technologien für sich Trend weiter fort: 38 Prozent haben FRAGE Gibt es in Ihrem Unternehmen bereits Maßnahmen zur Zusammenarbeit mit Startups? 2018 2017 2016 Ja 38 % 35 % 31 % Nein, aber 15 % 8% 8% planen wir Nein, und planen 47 % 57 % 61 % wir auch nicht 18 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN 02 EXKURS Corporate meets Startup - Wie gelingt eine erfolgreiche Zusammenarbeit? Die Zusammenarbeit mit Startups wird immer beliebter. Kaum ein Konzern, der heute nicht bereits einen eigenen Inkubator oder ein Accelerator Programm betreibt, zumindest aber Anteile an diversen Startups besitzt. Und auch viele mittelständi- sche Unternehmen arbeiten immer häufiger mit Startups zusammen. Gleichzeitig zeigt sich bei vielen Unternehmen mittler- weile ein Lerneffekt. Denn es ist eben nicht damit getan, gemeinsam das ein oder andere Projekt anzugehen oder hier und dort Geld zu investieren. Was zahlt sich tatsächlich aus, was nicht? Das Startup-Engagement wird nach den ersten Jahren des Ausprobierens zunehmend auch nach Rentabilität und einem klaren Mehrwert für das Kerngeschäft bewertet. Damit eine Kooperation für beide Seiten erfolgreich ist, sollten verschiedene Punkte beachtet werden: 1. Ziele festlegen 3. Setup aufsetzen Bevor Unternehmen eine Zusammenarbeit mit Ist der richtige Partner gewählt, muss das passen- Startups angehen, sollten sie sich zunächst darü- de Setup für die Zusammenarbeit gefunden wer- ber klar werden, was mit einer solchen Koopera- den. Gerade an diesem Punkt scheitern Koope- tion eigentlich erreicht werden soll. Denn Unter- rationen häufig. Denn den Unternehmen ist oft nehmen können auf ganz unterschiedliche Weise nicht klar, dass Startups nach einer völlig anderen von der Zusammenarbeit mit Startups profitieren: Logik arbeiten. Oftmals versuchen Unternehmen, Sie können von Startup-Methoden lernen, Talen- Startups zu integrieren und erdrücken sie regel- te für das eigene Unternehmen finden, Zugang zu recht mit ihren Strukturen und Prozessen, langen neuen Technologien und neuen Märkten erhalten Entscheidungswegen, Compliance- und Daten- oder ganz neue Kundenzielgruppen über digitale schutz-Richtlinien und vielem mehr. Für Startups Wege erreichen. Möglicherweise wollen sie aber hingegen kommt es auf Geschwindigkeit an, Pro- auch nur in Startups investieren und dadurch fi- dukte und Ideen müssen schnell getestet und nanziellen Anteil an einem späteren Erfolg haben. validiert werden. Es geht um Schnelligkeit, nicht um Perfektion – nach dem Motto: „Done ist better 2. Partner aussuchen than perfect.“ Ausgehend von einer klaren Strategie gilt es dann, Damit die Zusammenarbeit trotzdem funktioniert, aus der Masse spannender, innovativer Startups müssen sich beide Seiten die kulturellen und or- die jungen Unternehmen herauszufiltern, die tat- ganisatorischen Unterschiede bewusst machen sächlich den Mehrwert liefern können, den man und die verschiedenen DNAs von Corporate und sich von einer Zusammenarbeit erwartet. Dabei Startup getrennt gehalten werden. Dies gelingt, sollte auch beachtet werden, in welcher Phase indem man Freiräume schafft, in denen kleine sich das Startup gerade befindet und wie weit Teams – bestehend aus Mitarbeitern beider Sei- dessen Produkt oder Technologie bereits entwi- ten – ungestört durch die Routinen der Kernor- ckelt ist. Je nachdem, wie viel Zeit und Aufwand ganisation zusammenarbeiten können. Auf diese man bereit ist, in eine Zusammenarbeit zu in- Weise lassen sich die Assets – agile Methodik, in- vestieren, macht eine Kooperation mit Early Sta- novatives Denken und Startup-Kultur auf der ei- ge Startups Sinn, oder der Fokus sollte eher auf nen Seite, langjährige Branchen-Expertise, Kapital etablierten Jungunternehmen liegen. Zentral ist und Zugang zum Kunden auf der anderen Seite außerdem: Die Zusammenarbeit kann nur funkti- – sinnvoll zusammenführen, ohne dass es zum onieren, wenn beide Seiten – Startups und Unter- „Culture Clash“ kommt. nehmen – profitieren. etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 19
03 01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE SETUP & METHODEN FAKTOR MENSCH UND UNTERNEHMENSKULTUR Bei all der Diskussion um Maschinen, Roboter und Algo- Gerade in Deutschland wird die Digitalisierung und ihre rithmen darf eines nicht vergessen werden: Der digita- Auswirkungen auf Arbeitsplätze und den Menschen le Wandel wird von Menschen angetrieben – nicht von sehr emotional diskutiert. Welche Meinungen vertreten Technologien. Deshalb sind Digitalisierungsprojekte die deutschen Unternehmen und wie bereiten sie ihre keine Technologieprojekte, sondern Business-Transfor- Mitarbeiter auf die Digitalisierung vor? mationsprojekte, die das gesamte Unternehmen und seine Kultur betreffen. DIGITALE TRANSFORMATION UND ARBEITSPLÄTZE FRAGE Wie wirkt sich die digitale Transformation in Ihrem Unternehmen auf die Arbeitsplätze aus? 2018 Es entstehen insgesamt 26 2017 zusätzliche Arbeitsplätze 19 Es entfallen insgesamt 17 Arbeitsplätze 20 Keine Auswirkungen auf 57 die Zahl der Arbeitsplätze insgesamt 61 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 in % 20 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR 03 Vernichtet die digitale Transformation Bei den deutschen Unternehmen hat traten erst 19 Prozent diese Sichtweise. Arbeitsplätze? Dies ist eine der zentra- sich mittlerweile - trotz mancher Schre- Zugleich ist der Anteil der Unterneh- len Fragen in der öffentlichen Debatte. ckensszenarien - eine optimistische men, die einen Wegfall von Jobs erwar- Kaum eine Woche vergeht, ohne dass bis pragmatische Sichtweise auf die ten, auf 17 Prozent gesunken. Die bei eine neue Studie den Wegfall oder den digitale Transformation durchgesetzt. Weitem am häufigsten vertretene Mei- Zugewinn an Arbeitsplätzen prognosti- 26 Prozent der befragten Großunter- nung ist, dass die Digitalisierung im Sal- ziert oder analysiert, wer nun genau um nehmen sind überzeugt, dass die digi- do keine Auswirkungen auf die Anzahl seinen Job fürchten muss und wer sich tale Transformation zu einem Plus an der Arbeitsplätze im Unternehmen ha- auf der sicheren Seite wähnen kann. Arbeitsplätzen in ihrem Unternehmen ben wird (57 Prozent). führen wird. Im vergangenen Jahr ver- QUALIFIKATION UND WEITERBILDUNG FRAGE Ist Ihr Unternehmen mit der Qualifikation Ihrer heutigen Mitarbeiter ausreichend für die anstehenden Veränderungen durch die digitale Transformation vorbereitet? 2018 62 % 58 % 2017 42 % 38 % Ja Nein Deutlich weniger positiv fällt hingegen ternehmen - und damit sogar noch ein- stehenden Veränderungen durch die die Beurteilung der Qualifikation der mal 4 Prozent weniger als im Vorjahr - digitale Transformation. bestehenden Mitarbeiter aus. Gerade sind der Ansicht, dass ihre Mitarbeiter einmal 38 Prozent der befragten Un- ausreichend qualifiziert sind für die an- etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 21
03 FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR Dass es in Sachen Weiterbildung noch der Unternehmen (46 Prozent) initiiert es den Mitarbeitern ermöglicht, zeit- einigen Nachholbedarf gibt, hat der außerdem interne Ideen-Wettbewerbe, weise in anderen Unternehmensbe- Großteil der deutschen Unternehmen an denen sich Mitarbeiter beteiligen reichen mitzuarbeiten, die für die Digi- verstanden. 79 Prozent nutzen Weiter- können und fördert das Intrapreneur- talisierung zuständig sind (26 Prozent) bildungsprogramme, um den Mitarbei- ship, das heißt das unternehmerische oder auch an Digitalprojekten außer- tern digitales Know-how und agile Me- Engagement der Mitarbeiter (44 Pro- halb des Unternehmens mitzuwirken thoden zu vermitteln. Knapp die Hälfte zent). Deutlich seltener hingegen wird (22 Prozent). FRAGE Wie bereiten Sie Ihre bestehenden Mitarbeiter auf die anstehenden Veränderungen durch die digitale Transformation vor? Weiterbildungsprogramme für Mitar- 79 % beiter zur Vermittlung von digitalem Know-how und agilen Methoden Interne Ideen-Wettbewerbe, an 46 % denen sich Mitarbeiter beteiligen können Gezielte Förderung des unternehme- 44 % rischen Engagements der Mitarbeiter (Intrapreneurship) Temporäre Mitarbeit in anderen 26 % Unternehmensbereichen, die für Digitalisierung zuständig sind Temporäre Mitarbeit an Digitalpro- 22 % jekten außerhalb des Unternehmens zum Erfahrungsaustausch mit Startups Die digitale Transformation wird nur erfolgreich sein, wenn es Unternehmen gelingt, ihre Mitarbeiter bei diesem Wandel mitzunehmen. Vor allem ist dies eine Frage der Kultur, der Offenheit und des Veränderungswillens. Mitarbeiter müssen die Zusammenhänge begrei- fen, müssen neue Arbeitsweisen und Methoden kennenlernen und verstehen, was die Di- gitalisierung für ihren Arbeitsalltag bedeutet. Das gelingt nicht durch die Vermittlung von theoretischem Wissen, sondern vor allem durch „Learning by Doing”. Indem Mitarbeiter temporär an konkreten Digitalprojekten - in anderen Unternehmensbereichen oder auch außerhalb des Unternehmens - mitwirken können, wird Digitalisierung anfassbar. Ängste und Skepsis werden abgebaut und Begeisterung entfacht. Dr. Dorothea von Wichert-Nick Geschäftsführerin etventure GmbH 22 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR 03 DIGITALISIERUNG UND EMPLOYER BRANDING Tue Gutes und rede darüber - dieser an, dass sich die digitale Transformati- rar und entsprechend begehrt ist auf Leitsatz wurde gerne in Bezug auf das on positiv auf ihre Attraktivität als Ar- dem Arbeitsmarkt. Und auch bei den Engagement von Unternehmen im Be- beitgeber auswirkt - sowohl intern als bestehenden Mitarbeitern kommen reich Corporate Social Responsibility auch extern. Maßnahmen zur Digitalisierung gut an: (CSR) verwendet. Heute gilt vor allem: 23 Prozent der Unternehmen erhalten Die Unternehmen erhalten nicht nur Digitalisiere und rede darüber! mehr Bewerbungen von bestehenden generell mehr Bewerbungen (18 Pro- Mitarbeitern für eine Tätigkeit in den Denn die Digitalisierung stellt auch ei- zent), sondern vor allem auch mehr mit der Digitalisierung befassten Un- nen Hebel für den Bereich Employer Bewerbungen von Kandidaten mit ternehmensbereichen. Branding dar. Rund die Hälfte (51 Pro- Digital-Know-how (22 Prozent) - eine zent) der befragten Unternehmen gibt Zielgruppe, die derzeit besonders FRAGE Wirkt sich die digitale Transformation in Ihrem Unternehmen positiv auf die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber aus? (Mehrfachantworten möglich) 22 % Bewerbungen 23 % intern für 18 % generell mit Digital- mit Digitalisierung Know-how befasste Bereiche 63 % Ja, wir erhalten mehr Bewerbungen Nein 49 % DIGITALISIERUNG UND INNOVATION IN DER UNTERNEHMENSKULTUR Die digitale Transformation muss not- Großunternehmen. 80 Prozent sind schluss sehen nur sieben Prozent die wendigerweise mit einer Veränderung der Ansicht, dass ein Wandel der Un- Unternehmenskultur im Zusammen- der Unternehmenskultur einhergehen. ternehmenskultur für das Gelingen der hang mit der digitalen Transformation Diese Meinung teilt auch die absolu- digitalen Transformation „wichtig” oder als einen weniger wichtigen oder völlig te Mehrheit der befragten deutschen sogar „sehr wichtig” ist. Im Umkehr- unwichtigen Faktor an. FRAGE Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Veränderung der Unternehmenskultur für das Gelingen der digitalen Transformation? 41 % 39 % 13 % 3% 4% sehr wichtig 1 2 3 4 5 überhaupt nicht wichtig etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 23
03 FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR Um Digitalisierung und Innovation Unternehmen auf die Fahne schreiben, durch die Einführung von flexiblen Ar- auch kulturell im Unternehmen zu ver- geht bislang nur selten mit strukturel- beitszeiten und Home Office. Weitere ankern, ergreifen die deutschen Unter- len und organisatorischen Verände- 65 Prozent schaffen außerdem moder- nehmen verschiedenste Maßnahmen. rungen einher. So geben nur 26 Pro- ne Büro- und Arbeitskonzepte, um den 87 Prozent der Unternehmen setzen zent der Unternehmen an, Hierarchien Anforderungen durch Digitalisierung mittlerweile auf moderne Kommuni- im Zuge der Digitalisierung abzubauen, und Innovation besser zu entsprechen. kationstools. Zudem bemühen sich und lediglich 19 Prozent passen ihr Ge- Auch das Thema Scheitern ist mittler- die deutschen Großunternehmen, die halts- und Anreizsystem an, um die Ei- weile in den deutschen Großunterneh- Flexibilisierung der Arbeit und die Frei- geninitiative innerhalb der Belegschaft men angekommen. 70 Prozent der be- heit der Mitarbeiter zu fördern. zu fördern. fragten Unternehmen geben an, eine Dabei zeigt sich aber auch: Die Stär- Zwei Drittel (66 Prozent) der Unterneh- Kultur zu etablieren, die Fehler und kung der Eigenverantwortung der Mit- men bemühen sich um die Flexibilisie- Scheitern möglich macht. arbeiter, die sich bereits 72 Prozent der rung der Arbeitsformen, beispielsweise FRAGE Welche Maßnahmen setzen Sie bereits ein, um Digitalisierung und Innovation nachhaltig in der Unternehmenskultur zu verankern? 87 % Nutzung moderner Kommunikationstools 65 % Schaffung moderner Büro- und Arbeitskonzepte Schaffung von Freiräumen für 72 % Stärkung der Eigenverant- wortung der Mitarbeiter 50 % Mitarbeiter, die zur Umset- zung eigener Ideen und Pro- jekte genutzt werden können Etablierung einer Kultur, 70 % die auch Fehler oder ein Scheitern möglich macht 26 % Abbau von Hierarchien Veränderung des Gehalts- 66 % Flexibilisierung der Arbeitsformen 19 % und Anreizsystems, um Eigeninitiative zu fördern Der Großteil der deutschen Unternehmen ist sich der Notwendigkeit einer neuen, mo- dernen Unternehmenskultur durchaus bewusst, doch nur die wenigsten trauen sich an strukturelle Veränderungen wie den Abbau der Hierarchien heran. Unternehmen, die Di- gitalisierung und Innovation wirklich ernst nehmen, sollten verstärkt auf agile Formen der Zusammenarbeit setzen und auf eine neue Form der Führung - weg von direktiven Vorgaben über viele Hierarchiestufen hinweg, hin zu einer Führungskraft, die als Coach der Mitarbeiter fungiert und Entscheidungen an die Basis abgibt. In der digitalen Welt muss jeder Mitarbeiter wie ein Unternehmer denken und agieren können. Dr. Dorothea von Wichert-Nick Geschäftsführerin etventure GmbH 24 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR 03 EXKURS Scheiterkultur: Scheitern ist kein Selbstzweck „Wer nicht wagt, der nicht ge- winnt“ hieß es früher – heute for- dern Wirtschaftsexperten eine Raum schaffen: „Fehlerkultur“ und Startup-Grün- Um ihr Kerngeschäft nicht zu gefährden, sollten Unternehmen einen „ge- der „feiern” ihre Misserfolge in schützten Raum” schaffen, in dem Fehler ganz bewusst erlaubt sind. In dieser „Fuck-up Nights“. Auch wenn von der Kernorganisation losgelösten Einheit ist nicht Perfektion gefragt, son- die Scheiterkultur mittlerweile in dern die schnelle Umsetzung von Innovationen und ihre Weiterentwicklung Deutschland angekommen ist, nah an den Bedürfnissen des Nutzers. So wird bereits innerhalb weniger Wo- herrscht insbesondere in Tradi- chen festgestellt, welche Produkte am Markt bestehen können. Auch wenn tionsunternehmen aus Konzern- hier neun von zehn Ideen scheitern, geht es letztlich genau darum, jene Feh- welt und Mittelstand noch immer ler zu machen, die später im Alltagsgeschäft nicht mehr erlaubt sind. In die ein sehr großes Sicherheits- Kernorganisation wird nur das übernommen, was auch validiert und marktfä- bedürfnis. Dennoch erfordern hig ist. Ab diesem Zeitpunkt ist kein Scheitern mehr erlaubt. Innovationen auch immer eine gewisse Risikobereitschaft. Die Lean Startup-Philosophie steht Schnell scheitern: mit ihrem Credo „Build - Measu- „Fail often, fail fast, fail cheap“ - mit der Philosophie erfolgreicher Startups re - Learn“ für eine Scheiterkultur können etablierte Unternehmen ihren finanziellen und personellen Ressour- wie keine andere. Deutsche Mit- cenaufwand auf ein Minimum reduzieren. Agile Arbeitsmethoden helfen da- telständler und Großkonzerne bei, in kurzen Zyklen zu denken und bereits innerhalb weniger Wochen erste können bereits jetzt die richtigen Ergebnisse oder Prototypen zu testen. Sind diese erfolgreich und optimier- Weichen stellen und Freiräume bar, wird das Projekt weiterverfolgt, andernfalls sofort abgebrochen. So wird schaffen, in denen schnelles, be- vermieden, dass im Rahmen teurer und zeitaufwändiger Projekte vermeint- wusstes Scheitern möglich ist. lich perfekte Produkte entwickelt werden, die dann letztlich am Markt doch nicht bestehen können. Distanz aufbauen: Ob eine Idee sinnvoll ist, muss anhand konkreter Daten beurteilt werden, nicht nach Bauchgefühl. Oft hilft es auch schon, nicht diejenigen mit der Umsetzung von Innovationen zu betrauen, von denen die Ideen stammen. Andernfalls kann es passieren, dass Ideengeber so sehr an ihrem „Baby“ hängen, dass sie es auch dann realisieren wollen, wenn es anhand von Nut- zertests nicht positiv validiert werden konnte. Unternehmen können Misser- folge vermeiden, indem sie schon sehr früh externe, unabhängige Experten mit ins Boot holen, die eine Situation objektiv bewerten können. etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 25
04 01 BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE SETUP & METHODEN DIGITALE ZUKUNFT Die bisherigen Ergebnisse richteten ihren Blick auf den und Artificial Intelligence oder Future Mobility stehen Status quo der digitalen Transformation in deutschen erst am Anfang und werden die wirtschaftliche und ge- Großunternehmen. Die Herausforderungen der Digi- sellschaftliche Zukunft noch maßgeblich prägen und talisierung liegen aber besonders in der Geschwindig- verändern. Wie blicken die Unternehmen auf ihre eige- keit, mit der neue Modelle entwickelt und umgesetzt ne digitale Zukunft, die ihrer Branche und die des Wirt- werden. Technologien in den Bereichen Internet of schaftsstandorts Deutschland insgesamt? Things, Virtual Reality, Blockchain, Machine Learning DIGITALER WANDEL VON BRANCHE UND GESCHÄFTSMODELL Es ist nicht der Wandel als solcher, Unternehmen noch nicht vollumfäng- men damit, dass sich ihre Digitalaktivi- sondern vor allem die Geschwindigkeit lich angekommen ist. So rechnen nur täten schon in weniger als einem Jahr der Veränderung, die in den deutschen acht Prozent der befragten Unterneh- in Marktanteilen oder Umsätzen nie- FRAGE In welchem Zeitraum glauben Sie werden sich für Ihr Unternehmen die Folgen einer erfolgreichen bzw. nicht erfolgreichen Digitalisierung bei Marktanteilen und/oder Umsatz zeigen? 43 % 45 % 39 % 34 % 2018 2017 15 % 8% 10 % 6% 1 3 5 Jahre In weniger als In 5 Jahren In 1-3 Jahren In 3-5 Jahren einem Jahr und mehr 26 etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
DIGITALE ZUKUNFT 04 derschlagen werden. 43 Prozent - und drei bis fünf Jahren oder sogar in einem den Vergleich zu den USA heranzieht. damit immerhin neun Prozent mehr noch längeren Zeitraum. Schon 2017 gab die Hälfte der befrag- als im Vorjahr - legen hierfür einen ten US-Konzerne an, dass sich ihre Auch an dieser Stelle zeigt sich: Ein Zeithorizont von einem bis drei Jahren Digitalaktivitäten in weniger als einem Fortschritt bei den deutschen Un- an. Rund die Hälfte der Unternehmen Jahr in Marktanteilen und Umsätzen ternehmen ist erkennbar, doch der (49 Prozent) rechnet mit zählbaren Ef- zeigen würden.* Wandel vollzieht sich zu langsam. Dies fekten der Digitalisierung jedoch erst in wird besonders deutlich, wenn man FRAGE Wie stark glauben Sie wird sich a) Ihr Geschäftsmodell / b) Ihre Branche durch die digitale Transformation wandeln? wandelt sich sehr stark Geschäftsmodell 6% 5 Branche 16 % 15 % 4 33 % 44 % 3 30 % 23 % 2 17 % 12 % 1 4% wandelt sich überhaupt nicht Auf die Gründe für die zaghaften Be- Während rund die Hälfte der Unter- sich ihr Geschäftsmodell durch die di- mühungen der deutschen Großunter- nehmen (49 Prozent) angibt, dass sich gitale Transformation kaum oder sogar nehmen weisen weitere Ergebnisse der die eigene Branche durch die Digitali- überhaupt nicht wandeln wird. Darin Befragung hin. Sie legen etwa nahe, sierung „stark” oder sogar „sehr stark” offenbart sich eine verzerrte Wahrneh- dass die unmittelbaren Auswirkungen wandeln wird, sieht nur jedes fünf- mung der deutschen Unternehmens- und die Tragweite der Digitalisierung te Unternehmen (21 Prozent) einen lenker und lässt Zweifel daran aufkom- für das eigene Geschäftsmodell bislang ebenso starken Wandel beim eigenen men, ob die Unternehmen hierzulande nicht gesehen werden. Geschäftsmodell voraus. Im Gegenteil: ausreichend in die eigene Zukunftsfä- 35 Prozent sind der Überzeugung, dass higkeit investieren. *Quelle: etventure-Studie „Digitale Transformation 2017”. Verfügbar unter www.etventure.de/innovationsstudien. etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“ 27
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