Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven

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Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
01       BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE

     TRENDREPORT

                               Studie
                               Digitale Transformation 2018
                               Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven

In Zusammenarbeit mit

     1                                                      etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
VORWORT

    Wer hat es nicht schon gehört: Digitalisierung verändert alles! Wer jetzt nicht digitalisiert, überlässt die Wertschöp-
    fung anderen! Die digitale Revolution ist möglicherweise radikaler und umfassender als alle bisherigen technologi-
    schen Erneuerungen! So oder so ähnlich beginnen Zeitungsartikel, Keynotes auf Veranstaltungen und auch Stra-
    tegie-Meetings in Unternehmen. Und alle Aussagen sind auch völlig richtig, aber was passiert in Deutschland? Bei
    Weitem nicht genug.

    In den vergangenen Jahren sind tausende führende Manager aus Deutschland ins Silicon Valley gereist, haben
    Tech-Unternehmen wie Google und Facebook sowie viele Startups besucht. Sie alle haben die schöpferische und zu-
    gleich zerstörerische Kreativität erlebt, die die Region um San Francisco auszeichnet. Die neuen Herausforderer stel-
    len Geschäftsmodelle in Frage, die bislang als unantastbar galten. Und Deutschland hat diese rasante Entwicklung
    lange Zeit nur staunend begleitet. Vielen Unternehmen fällt es - allen Berichten, Vorträgen und Silicon Valley-Touren
    zum Trotz - nach wie vor schwer, zu verstehen und zu akzeptieren, dass ihr Geschäft, das seit Jahrzehnten hervor-
    ragend funktioniert, von ein paar Tech-Unternehmen oder gar Startups aus Amerika und zunehmend aus China
    bedroht sein könnte.

    Diese Beobachtungen bestätigt nun auch die diesjährige etventure-Studie. Zum dritten Mal in Folge liefert etventure
    gemeinsam mit der GfK eine Bestandsaufnahme der digitalen Transformation in deutschen Großunternehmen. Die
    Quintessenz: Die deutschen Unternehmen wiegen sich bei der digitalen Transformation in vermeintlicher Sicherheit
    - Tech-Giganten wie Google und Amazon werden nicht als Wettbewerber erkannt.

    Sicher, es ist nicht alles schlecht: Viele Unternehmen haben Digitalinitiativen gestartet, fokussieren dabei aber meist
    das bestehende Geschäft oder optimieren lediglich ihre IT. Der Schritt darüber hinaus ist längst überfällig: Unterneh-
    men müssen ihr eigenes Geschäftsmodell kritisch hinterfragen und mitunter selbst disruptiv angreifen. Sie müssen
    neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln, die dem technologischen Wandel, ebenso wie den sich verändernden
    Kundenbedürfnissen gerecht werden. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch enormer Nachholbedarf.

    Deutschland hat mit seinen Konzernen, all den Weltmarktführern aus dem Mittelstand, all dem Wissen an den Uni-
    versitäten und dem Elan in der wachsenden Startup-Szene noch alle Voraussetzungen, um in der digitalen Welt
    zu bestehen. Nur ausruhen dürfen wir uns auf diesen Erfolgen nicht mehr. Mit all diesen Voraussetzungen könnte
    Deutschland heute schon voll sein von positiven Beispielen der Digitalisierung, eventuell selbst ein Angreifer, gerade
    im B2B-Bereich, sein. Stattdessen findet sich der Wirtschaftsstandort Deutschland, auch dies ein aktuelles Ergebnis,
    im Mittelmaß wieder.

    Auf den folgenden Seiten haben wir sämtliche Ergebnisse der Studie detailliert zusammengestellt. Wir wollen Ihnen
    aber nicht nur die Zahlen präsentieren. Durch die jeweilige Einordnung, durch Statements und Themen-Exkurse
    wollen wir Sie in die Lage versetzen, jetzt zu starten, und Ihnen wichtige Impulse für Ihre weiteren Digitalinitiativen
    geben. Das Wichtigste ist dabei, schnell mit der Umsetzung zu beginnen und mit Mut und Kreativität die Herausfor-
    derungen anzugehen!

    Ich wünsche Ihnen spannende Einblicke. Bei Fragen können Sie mich natürlich gerne persönlich kontaktieren.

                            Philipp Depiereux
                            Gründer & Geschäftsführer

2                                                                                       etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
ÜBER DIE
  STUDIE
       Zum dritten Mal in Folge hat Digitalberatung
                                                          Zielgruppe
       und Company Builder etventure mit Unterstüt-       Repräsentative Befragung unter rund 2.000 deutschen
       zung der GfK die Führungskräfte deutscher          Großunternehmen mit einem Mindestumsatz von jährlich
       Großunternehmen zum Thema Digitalisierung          250 Mio. Euro.
       befragt. Die repräsentative Studie „Digitale
                                                          Befragt wurden Entscheidungsträger, die mit dem Thema
       Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschrit-
                                                          Digitalisierung in den jeweiligen Unternehmen befasst
       te, Perspektiven” gibt Einblicke
                                                          sind.
       •    zu Stellenwert und Status quo der digitalen
            Transformation in deutschen Unterneh-
            men
       •    zu bestehenden und geplanten Digitalakti-        250-500 Mio. €                     500 Mio-1 Mrd. €
            vitäten, Setup und Methoden
                                                                              49 %       23 %
       •    zur Qualifikation der Mitarbeiter und dem                                                  1 Mrd.-5 Mrd. €
                                                                                                20 %
            Wandel der Unternehmenskultur
                                                                                 Umsatz-                   > 5 Mrd. €
                                                                                verteilung       8%
       •    zur digitalen Zukunft von Wirtschaft und
            Gesellschaft

                                                                               18 % Groß- & Einzelhandel

                                                                                                   49 % Dienstleistungen

                                                              Branchen
                                                                                                32 % Industrie &
                                                                                                verarbeitendes Gewerbe

                                                                              1 % Sonstige

                                                          Erhebungsinstrument
                                                          Telefonische Befragung (CATI)

                                                          Befragungszeitraum
                                                          18. Januar 2018 bis 16. Februar 2018

                                                             Zu den Vorjahresstudien
                                                             www.etventure.de/innovationsstudien

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                          3
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
INHALT

    EXECUTIVE
    SUMMARY
    Seite 7

    01
    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE
    UND HEMMNISSE
    Seite 8

                                                  EXKURS
                                                  Raus aus der Bewahrerorganisation,
                                                  hin zum Kunden

    02
    SETUP UND METHODEN
    Seite 14

               EXKURS                                          EXKURS
               Chief Digital Officer – digitale                Corporate meets Startup - Wie gelingt
               Heilsbringer oder nur Kosmetik?                 eine erfolgreiche Zusammenarbeit?

4                                                                     etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
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03
         FAKTOR MENSCH UND
         UNTERNEHMENSKULTUR
         Seite 20

                                                  EXKURS
                                                  Scheiterkultur: Scheitern ist kein
                                                  Selbstzweck

      04
         DIGITALE ZUKUNF T
         Seite 26

                                                  EXKURS
                                                  Data Thinking

         FAZIT UND
         AUSBLICK
         Seite 32

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                        5
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01       BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE

                            Digitale Transformation 2018

                                                                                      Verteidigung bestehender
                                                                             58 %     Strukturen
   42 %
                 35%                                               51 %
                                                                           Fehlende Erfahrung bei
                                                                           nutzerzentriertem Vorgehen

                                                                                       48 %      Blockierende Sicherheits-
                                                                                                 anforderungen

       2018      2017

   ... fühlen sich mit ihren BISHERIGEN AKTIVITÄTEN
                                                              TOP-3 HEMMNISSE bei der
   SEHR GUT bis GUT auf die digitale Transformation           digitalen Transformation
   vorbereitet.

                      In  15 %   der Unternehmen
                                                                          Durch die digitale
                                                                          Transformation entstehen
                      steuert der CHIEF DIGITAL OFFICER
                                                                          ZUSÄTZLICHE ARBEITSPLÄTZE
                      die digitale Transformation.
                                                                          in unserem Unternehmen.

                                                                       26 %                           19 %
                                                                          2018                         2017

 Unsere stärkste
 WETTBEWERBS-BEDROHUNG sind ...

 Wettbewerber aus der
     eigenen Branche            71 %

Tech-Unternehmen wie                                          63 %
   Amazon oder Google
                                22 %
                                                                             ... sagen, dass sich die digitale
                                                                             Transformation positiv auf ihre
             junge Startups     7%                                           ATTRAKTIVITÄT als Arbeitgeber
                                                                             auswirkt.

                                       Meine
              Mein                     Branche                       Deutsche Führungskräfte stellen dem
              Geschäftsmodell                                        WIRTSCHAFTSSTANDORT DEUTSCHLAND
                                                                     bei der Digitalisierung die Zeugnisnote 3,3 aus.

                                     49 %
                        21 %

            ... wird sich durch die digitale Transformation
            STARK oder sogar SEHR STARK wandeln.

       6                                                                    etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE       01

      EXECUTIVE
      SUMMARY

BEDEUTUNG,                                        tion einen Chief Digital Officer (CDO)
                                                  berufen. Seltener als noch im Vorjahr
                                                                                             dass ein Wandel der Unternehmens-
                                                                                             kultur für das Gelingen der digitalen
FORTSCHRITTE UND                                  suchen sich die Unternehmen externe        Transformation „wichtig” oder sogar

HEMMNISSE                                         Hilfe bei Dienstleistern und Unterneh-
                                                  mensberatungen. Mehr als die Hälfte
                                                                                             „sehr wichtig” ist. Wenn es darum geht,
                                                                                             Innovation und Digitalisierung in der
                                                  der deutschen Großunternehmen hat          Unternehmenskultur zu verankern,
Die Bedeutung des Themas Digitali-                eine interne oder externe Digital-Ein-     setzen Unternehmen auf moderne
sierung in deutschen Großunterneh-                heit aufgebaut. Auch die Kooperation       Kommunikationstools, die Stärkung
men ist 2018 erneut gestiegen. Zudem              mit Startups steht bei deutschen Un-       der Eigenverantwortung der Mitarbei-
fühlen sich mittlerweile 42 Prozent der           ternehmen weiterhin hoch im Kurs:          ter und die Etablierung einer Scheiter-
Unternehmen, und damit acht Prozent               38 Prozent arbeiten bereits heute mit      kultur, weniger allerdings auf den Ab-
mehr als im Vorjahr, „sehr gut” oder              Startups zusammen, weitere 15 Pro-         bau von Hierarchien.
„gut” auf die digitale Transformation             zent planen dies für die Zukunft.
vorbereitet. Die Mehrheit der deut-
schen Großunternehmen versteht un-                                                           DIGITALE ZUKUNFT
ter digitaler Transformation allerdings           FAKTOR MENSCH
in erster Linie die Digitalisierung des
bestehenden Geschäftsmodells und                  UND UNTERNEH-                              Rund die Hälfte der Unternehmen er-
                                                                                             wartet einen starken oder gar sehr
analoger Prozesse. Der Aufbau digita-
len Neugeschäfts wird hingegen ver-
                                                  MENSKULTUR                                 starken Wandel ihrer jeweiligen Bran-
                                                                                             che durch die Digitalisierung. Gleichzei-
nachlässigt. Insgesamt vollzieht sich der
                                                  Gerade einmal 38 Prozent - und damit       tig glauben nur 21 Prozent, dass auch
Fortschritt nur sehr langsam. Das liegt
                                                  sogar vier Prozent weniger als 2017 -      das eigene Geschäftsmodell unter
vor allem daran, dass die Unterneh-
                                                  sehen ihre Mitarbeiter ausreichend         einem ebenso starken Veränderungs-
men weiterhin mit großen Hemmnis-
                                                  qualifiziert für die Veränderungen         druck steht. Entsprechend sind 59
sen zu kämpfen haben, allen voran mit
                                                  durch die Digitalisierung. Entspre-        Prozent der befragten Unternehmen
der Verteidigung bestehender Struktu-
                                                  chend setzen Unternehmen massiv            der Ansicht, dass sie ihren bisherigen
ren (58 Prozent), fehlender Erfahrung
                                                  auf Weiterbildungsprogramme, um            Umsatz in den kommenden drei Jahren
mit nutzerzentriertem Vorgehen (51
                                                  den Mitarbeitern digitales Know-how        halten können, auch ohne Maßnahmen
Prozent) sowie blockierenden Sicher-
                                                  und agile Methoden zu vermitteln           zur digitalen Transformation. Dabei
heitsanforderungen (48 Prozent).
                                                  (79 Prozent). In Bezug auf die Frage, ob   passt ins Bild, dass nur acht Prozent
                                                  die Digitalisierung zu einem Wegfall an    der befragten deutschen Unterneh-

SETUP UND                                         Arbeitsplätzen führen wird, vertreten
                                                  die deutschen Unternehmen hingegen
                                                                                             men damit rechnen, dass sich ihre Digi-
                                                                                             talaktivitäten in weniger als einem Jahr
METHODEN                                          eine optimistische bis pragmatische        in Marktanteilen oder Umsätzen nie-
                                                  Sichtweise. 26 Prozent sind überzeugt,     derschlagen werden. Hinsichtlich der
Die Steuerung der Digitalisierung ist             dass die digitale Transformation zu ei-    Konkurrenz der Zukunft haben deut-
2018 endgültig zur Chefsache gewor-               nem Plus an Arbeitsplätzen in ihrem        sche Unternehmen weiterhin vor allem
den. 68 Prozent der Unternehmen                   Unternehmen führen wird, und wei-          die bestehenden Wettbewerber im
haben das Thema entweder direkt                   tere 57 Prozent, dass die Anzahl der       Blick. Lediglich 22 Prozent sehen große
beim CEO oder aber in einem Vor-                  Arbeitsplätze im Unternehmen im Sal-       Tech-Unternehmen wie Amazon oder
stands- und Geschäftsführungsbereich              do gleich bleiben wird. Die absolute       Google als stärkste Wettbewerbs-Be-
verortet. 15 Prozent haben für die                Mehrheit der deutschen Unternehmen         drohung und nur sieben Prozent füh-
Steuerung der digitalen Transforma-               (80 Prozent) ist außerdem der Ansicht,     len sich von jungen Startups in ihrer
                                                                                             Position bedroht.

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                         7
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
01
            BEDEUTUNG,
            FORTSCHRITTE UND
            HEMMNISSE

Die digitale Transformation stellt eine der größten He-        dern. Fast jeder spricht über Digitalisierung, aber beim
rausforderungen für die Wirtschaft der kommenden               Fortschritt und der konkreten Umsetzung zeigen sich
Jahre dar. Sie wird die Wertschöpfungsketten in allen          deutliche Defizite.
Industriezweigen binnen kürzester Zeit massiv verän-

BEDEUTUNG UND STELLENWERT DER DIGITALISIERUNG
Was bedeutet Digitalisierung konkret      on primär nur die Digitalisierung des         modelle”. Und für sogar jedes fünfte
für die Unternehmen? Die Studiener-       bestehenden Geschäftsmodells be-              Großunternehmen ist digitale Trans-
gebnisse zeigen: Was darunter tatsäch-    ziehungsweise bestehender analoger            formation schlicht nur die Vereinheit-
lich verstanden wird, variiert auch bei   Prozesse (55 Prozent). Der Fokus liegt        lichung und Optimierung der IT-Infra-
den deutschen Unternehmenslenkern.        somit in erster Linie auf dem Bestands-       struktur oder die digitale Schulung und
                                          geschäft. Gerade einmal die Hälfte            Weiterbildung der Mitarbeiter.
Die Mehrheit der befragten Entschei-
                                          (28 Prozent) nennen dagegen die
der in deutschen Großunternehmen
                                          „Entwicklung neuer digitaler Geschäfts-
versteht unter digitaler Transformati-

          FRAGE

          Was verstehen Sie hauptsächlich unter digitaler Transformation?

                                                                 Digitalisierung des bestehenden

                                                      55 %       Geschäftsmodells und / oder
                                                                 bestehender analoger Prozesse

                                                                 Entwicklung neuer digitaler
                                                      28 %       Geschäftsmodelle

                                                                 Vereinheitlichung und Optimierung
                                                       12 %      des IT Systems

                                                       5%        Digitale Schulung und Weiterbildung

8                                                                                         etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE         01

                     Diese Ergebnisse zeigen, dass zwar viele Unternehmen erste Digitalinitiativen ge-
                     startet haben, aber nicht über den inkrementellen Bereich hinauskommen. Wer
                     den Fokus nur auf das bestehende Geschäft legt oder gar nur die IT optimiert, ge-
                     fährdet die eigene wirtschaftliche Zukunft und Arbeitsplätze. Hierzulande spricht
                     man gerne von Industrie 4.0, was aber nicht umfassend genug ist. Es geht nicht da-
                     rum, dass die Wirtschaft ein Update von 3.0 auf 4.0 erhält; auch nicht nur darum,
                     Maschinen und Fabriken zu vernetzen. Es geht darum, neue digitale Geschäftsmo-
                     delle zu entwickeln, die dem technologischen Wandel ebenso wie den sich verän-
                     dernden Kundenbedürfnissen gerecht werden. Sowohl das Tempo des Fortschritts
                     als auch die Art und Weise, wie Innovationen entstehen, haben sich von Grund
                     auf verändert. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch enormer Nach-
                     holbedarf.

                                                                                                     Philipp Depiereux

                                                                                       Gründer und Geschäftsführer
                                                                                                   etventure GmbH

             FRAGE

             Welchen Stellenwert nimmt die digitale Transformation
             auf der Prioritätenliste in Ihrem Unternehmen ein?

                                                                                                                                                      2018
                                                    6
                       Es ist das                                                                                                                     2017
                                                5
               wichtigste Thema                                                                                                                       2016
                                                    6

                                                                                                                                       56
                Es gehört zu den
                                                                                                                     45
                  Top-3 Themen
                                                                                                 35

                                                                                      27
                Es gehört zu den
                                                                                                                  44
                 Top-10 Themen
                                                                                                                43

                                                             11
         Es spielt keine oder nur
                                                    6
      eine untergeordnete Rolle
                                                                       16

                                    0       5           10        15        20   25        30   35       40      45       50      55        60 in %

Gleichzeitig steigt das Thema auf der                   der befragten Unternehmen die digi-                   Vorjahr waren es erst 50 Prozent, 2016
Prioritätenliste der Unternehmen von                    tale Transformation zu den drei wich-                 nur 41 Prozent. Der Anteil der Groß-
Jahr zu Jahr: 2018 zählen 62 Prozent                    tigsten Themen auf ihrer Agenda. Im                   unternehmen, die die digitale Trans-

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                                              9
Studie Digitale Transformation 2018 - Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven
01    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE

 formation tatsächlich als wichtigstes           ihr Unternehmen keine oder nur eine                und graduell vollzieht. Die digitale Re-
 Firmenziel sieht, stagniert jedoch bei          untergeordnete Rolle spielt. Insofern              volution, von der gern gesprochen
 sechs Prozent. Und immerhin elf Pro-            kann man angesichts der Ergebnisse                 wird, ist im Bewusstsein der Unterneh-
 zent sind noch immer der Auffassung,            zwar durchaus von einem Fortschritt                menslenker noch nicht angekommen.
 dass die digitale Transformation für            sprechen, der sich aber nur langsam

 FORTSCHRITTE UND HEMMNISSE

              FRAGE

              Wie gut ist Ihr Unternehmen mit seinen bisherigen Aktivitäten
              auf die digitale Transformation vorbereitet?

                                                       49 %                                                   2018
                                                                                                              2017
                                                   44 %       43 %                                            2016

                                  37 %

                                     32 %
                                         30 %

                                                                                 17 %
                                                                         15 %
                                                                      11 %

               6%        6%
                    3%                                                                              4%
                                                                                          2%
                                                                                               1%
                    1                    2                3                  4                 5

                sehr gut             gut           befriedigend       ausreichend         mangelhaft

 Auch die Bewertung, die sich die Un-            ist diese positive Selbsteinschätzung              gelhaft” auf den digitalen Wandel vor-
 ternehmen selbst für ihre bisherigen            im Vergleich zum Vorjahr um rund acht              bereitet. Zum Vergleich: In den USA
 Digitalaktivitäten geben, hat sich 2018         Prozent gestiegen.                                 sahen sich bereits vor einem Jahr rund
 erneut verbessert: 42 Prozent der be-           Die Mehrheit der Unternehmen sieht                 die Hälfte der Unternehmen (47 Pro-
 fragten Unternehmen sehen sich „sehr            sich aber weiterhin nur „befriedi-                 zent) „sehr gut“ für die digitale Trans-
 gut” oder zumindest „gut” auf die digi-         gend” (44 Prozent) oder „ausreichend”              formation gerüstet.*
 tale Transformation vorbereitet. Damit          (11 Prozent), zwei Prozent gar als „man-

 *Quelle: etventure-Studie „Digitale Transformation 2017”. Verfügbar unter www.etventure.de/innovationsstudien.

     10                                                                                               etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE        01

             FRAGE

             Welche konkreten Erfolge haben Sie bereits durch Digitalisierungs-
             maßnahmen erzielt?

                            72 %         Nutzung neuer Technologien / Markttrends

                            70 %         Effizienzsteigerung / Kostenreduktion

                            70 %         Aufbau digitaler Kompetenzen

                            49 %         Zugang zu neuen Kundengruppen

                           45 %          Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle

                           44 %          Optimierung der Kundenerfahrung

                           33 %          Entwicklung von Innovationen in Zusammenarbeit mit Startups

                           32 %          Expansion in neue Märkte

                            29 %         Umsatzsteigerung

Fortschritt ja, Revolution nein - dieses            lich seltener gelang es den befragten              Auch hier zeigt sich, dass der Fokus bei
Fazit lässt sich auch ziehen, wenn man              Unternehmen bislang, durch digitale                der digitalen Transformation bislang
die konkreten Erfolge betrachtet, die               Produkte und Services neue Kunden-                 vor allem auf der Digitalisierung des
die deutschen Unternehmen bislang                   gruppen zu erschließen (49 Prozent)                Bestandsgeschäfts und weniger auf
durch ihre Digitalisierungsmaßnah-                  oder gänzlich neue digitale Geschäfts-             der Erschließung neuer Märkte und
men erzielen konnten. Mit 72 Prozent                modelle zu entwickeln (45 Prozent).                Zielgruppen liegt. Immerhin: Ein knap-
wird hierbei am häufigsten die Nutzung              44 Prozent geben an, dass sie durch Di-            pes Drittel (29 Prozent) konnte durch
neuer Technologien und Markttrends                  gitalmaßnahmen die Kundenerfahrung                 Digitalisierungsmaßnahmen eine Stei-
genannt, gefolgt von der Effizienzstei-             optimieren konnten und ein Drittel                 gerung des Umsatzes erzielen.
gerung beziehungsweise Kostenreduk-                 (33 Prozent) nennt die Entwicklung von
tion dank digitaler Prozesse und dem                Innovationen in Zusammenarbeit mit
Aufbau digitaler Kompetenzen in der                 Startups als konkreten Erfolg.
Belegschaft (jeweils 70 Prozent). Deut-

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                                   11
01    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE

              FRAGE

              Was sind Ihrer Meinung nach die größten Hürden
              in Ihrem Unternehmen bei der digitalen Transformation?

                                                                                                       2018             2017       2016

                                               Verteidigung bestehender Strukturen                      58 %            50 %       65 %

                                               Fehlende Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen        51 %            63 %       52 %

                                                Blockierende Sicherheitsanforderungen                   48 %            44 %       37 %

                                               Zeitmangel
                                                                                                        44 %            49 %       54 %

                                                Zu festgefahren im jeweiligen Bereich
                                                                                                        39 %            38 %       42 %

                                               Unternehmen ist zu unflexibel und langsam geworden       37 %            38 %       26 %

                                                Zu viele Entscheidungsebenen
                                                                                                        34 %            21 %       14 %

                                               Scheu vor notwendigen weitreichenden,
                                               radikalen und disruptiven Entscheidungen                 32 %            32 %       40 %

 Dabei sind die Hindernisse, mit de-        Hemmnis - stellt weiterhin eine große          sich 37 Prozent der befragten Unter-
 nen deutsche Großunternehmen bei           Herausforderung dar. Ein von Jahr zu           nehmen als „zu unflexibel und zu lang-
 der Digitalisierung kämpfen, in den        Jahr wachsendes Hemmnis sehen die              sam”. Auch das Hemmnis zu vieler Ent-
 vergangenen drei Jahren weitgehend         Befragten zudem in blockierenden Si-           scheidungsebenen wird immer stärker
 dieselben geblieben. Allen voran die       cherheitsanforderungen: 2016 nann-             gesehen: 2016 nannten gerade einmal
 „Verteidigung bestehender Strukturen”      ten erst etwa ein Drittel der Unterneh-        14 Prozent diesen Punkt, 2018 bereits
 (58 Prozent) im Unternehmen lähmt          men dieses Argument. 2017 waren es             34 Prozent.
 notwendige      Veränderungsprozesse       bereits 44 Prozent, aktuell klagt nun
                                                                                           Zusammengefasst: Die deutschen Un-
 und verhindert einen schnellen digita-     fast jede zweite Firma darüber. Hinzu
                                                                                           ternehmen stehen sich bei der digita-
 len Wandel. Auch die „fehlende Erfah-      kommen Zeitmangel (44 Prozent) und
                                                                                           len Transformation selbst im Weg. Es
 rung bei nutzerzentriertem Vorgehen”       das Gefühl, „zu festgefahren” (39 Pro-
                                                                                           sind nicht in erster Linie mangelnde
 - im Vorjahr noch das meistgenannte        zent) zu sein. Außerdem bezeichnen

     12                                                                                       etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE    01

Ressourcen oder fehlendes Know-how,               im Unternehmen. Die Verteidigung des       entschlossen anzugehen, verhindern
die den Fortschritt lähmen. Die Blocka-           IST-Zustandes und der fehlende Mut         eine erfolgreiche digitale Transforma-
de entsteht durch die bestehenden                 der Führungskräfte, aus diesen Struk-      tion.
Strukturen, Prozesse und Hierarchien              turen auszubrechen und den Wandel

     EXKURS
     Raus aus der
     Bewahrerorganisation,
     hin zum Kunden

Auch 2018 scheitern Digitalisierungs-             Grund auf neu zu denken und Disrupti-      onen und ihre Weiterentwicklung nah
projekte in deutschen Unternehmen                 on nicht zu scheuen, sondern selbst        am Kunden und seinen Bedürfnissen.
vor allem an internen Hürden und am               herbeizuführen. Es versteht sich von       Scheitern ist erlaubt - Fehler werden
„Bewahrertum”, sprich dem Festhal-                selbst, dass ein solcher Umbruch nicht     als Chance gesehen, um aus ihnen zu
ten an bestehenden Strukturen und                 von heute auf morgen vonstatten ge-        lernen. So entstehen bereits innerhalb
Routinen. Und noch immer fällt es den             hen kann und mit den bestehenden           weniger Wochen neue digitale Produk-
deutschen Unternehmen schwer, sich                Strukturen und Prozessen im Unter-         te, die sich als marktfähig erweisen.
bei der Entwicklung digitaler Produkte            nehmen kollidiert.
                                                                                             Nicht zuletzt ermöglicht die Digita-
und Services am Kunden und dessen
                                                  Deshalb muss der erste Schritt bei         lisierung im „geschützten Raum“,
Bedürfnissen auszurichten. Denn dafür
                                                  der Digitalisierung sein: Raus aus der     alte und neue Stärken zu verbinden.
müssen Unternehmen eine neue Denk-
                                                  „Bewahrerorganisation”.       Außerhalb    Denn digitale Transformation bedeu-
und Herangehensweise zulassen - weg
                                                  der Kernorganisation, im „geschützten      tet nicht, Perfektion, Präzision und
vom Fokus auf das Produkt und hin
                                                  Raum“, beispielsweise in einer eigen-      Ingenieursdenken – Stärken, die die
zum Kunden. Für die deutschen Un-
                                                  ständigen Digital-Einheit und losgelöst    deutschen Unternehmen erst groß ge-
ternehmen stellt das einen radikalen
                                                  von den Strukturen, Hierarchien und        macht haben – über Bord zu werfen.
Umbruch dar. Denn das für Deutsch-
                                                  Prozessen, die die Transformation der      Im Gegenteil, diese sind für das Kern-
land klassische „Ingenieursdenken“
                                                  deutschen Unternehmen lähmen, kön-         geschäft weiterhin essentiell. Durch
sieht eine Entwicklung im Geheimen
                                                  nen neue digitale Ideen mit freiem Blick   den „geschützten Raum“ können diese
und nach Pflichten-Lasten-Heft vor,
                                                  auf den Kunden entwickelt und getes-       Erfolgsfaktoren bewahrt werden und
während Budgets in mehrjährigen Zy-
                                                  tet und neue agile Methoden erprobt        die Kernorganisation ungestört weiter-
klen geplant werden. Produkte werden
                                                  werden. Hier werden kreative Ideen         arbeiten. Erst wenn digitale Produkte
erst zur Perfektion gebracht, ehe sie
                                                  und Prototypen entwickelt und getes-       und Services in der Digital-Einheit er-
überhaupt einmal dem Kunden ge-
                                                  tet, erste Pilotprojekte umgesetzt und     folgreich getestet und validiert wurden,
zeigt werden. Wer aber vor dem Hin-
                                                  Feedback direkt vom Kunden eingeholt.      werden diese in die Kernorganisation
tergrund der digitalen Transformation
                                                  Dabei geht es nicht um die Entwick-        übertragen und können so als Initial-
wettbewerbsfähig bleiben will, muss
                                                  lung perfekter Produkte, sondern um        zündung für die Transformation des
den Mut haben, aus gewohnten Denk-
                                                  die schnelle Umsetzung von Innovati-       gesamten Unternehmens dienen.
und Arbeitsweisen auszubrechen, von

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                     13
02
01    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE

                    SETUP UND
                    METHODEN

     Wer ist in den deutschen Großunternehmen für die Di-   Unterstützung? Das gewählte Setup und die Methoden
     gitalisierung verantwortlich? Welche Maßnahmen er-     sind entscheidend für Erfolg oder Nicht-Erfolg der Di-
     greifen die Unternehmen, um die digitale Transforma-   gitalisierung.
     tion umzusetzen? Bei wem suchen die Unternehmen

     STEUERUNG DER DIGITALISIERUNG

              FRAGE

              Von wo aus werden in Ihrem Unternehmen die Aktivitäten für die digitale
              Transformation hauptsächlich gesteuert? (Maximal 2 Antwortoptionen möglich)

                          CEO / Geschäftsführer
                                                  31 %

                                                             40 %    Geschäftsführungsebene

             Chief Digital Officer   15 %                           17 %     Stabsstelle für Digital-Themen

                         IT   29 %                                      12 % Marketing

     14                                                                          etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN    02

Die Digitalisierung ist 2018 endgültig            Prozent der Unternehmen Geschäfts-          on einen Chief Digital Officer (CDO) be-
zur Chefsache geworden. Mehr als                  führung beziehungsweise Geschäfts-          rufen. Zugleich liegt bei knapp einem
zwei Drittel der Unternehmen (68 Pro-             führungsebene für die Digitalisierung       Drittel der Unternehmen (29 Prozent)
zent)* haben das Thema entweder                   zuständig, 2016 war dies erst in 48 Pro-    noch immer ein wesentlicher Teil der
direkt beim CEO oder aber in einem                zent der Unternehmen der Fall.              Verantwortung für die Digitalisierung
Vorstands- und Geschäftsführungsbe-                                                           bei der IT-Abteilung. In zwölf Prozent
                                                  17 Prozent haben eine eigene Stabs-
reich verortet. Damit zeigt sich auch                                                         der Unternehmen ist gar das Marketing
                                                  stelle für die Digitalisierung etabliert
an dieser Stelle ein kontinuierlicher                                                         ein zentraler Part bei der Steuerung
                                                  und weitere 15 Prozent haben für die
Bedeutungszuwachs. 2017 waren in 59                                                           der Digitalaktivitäten.
                                                  Steuerung der digitalen Transformati-

*bereinigt um die Mehrfachantworten

                                      Die Tatsache, dass die große Mehrheit der Unterneh-
                                      men das Thema Digitalisierung auf oberster Ebene
                                      verortet, zeigt, dass die Bedeutung des Themas mitt-
                                      lerweile erkannt ist. Es ist richtig und wichtig, dass die
                                      digitale Transformation direkt von Geschäftsführung
                                      oder Vorstand vorangetrieben wird. Denn dieser fun-
                                      damentale Wandel erfordert Entscheidungen von ei-
                                      ner Tragweite, wie sie nur die Chefetage fällen kann.
                                      Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Unternehmen
                                      teilweise noch immer zu langsam vorankommen und
                                      an zahlreiche interne Hürden stoßen, obwohl das The-
                                      ma inzwischen mehrheitlich vom Top-Management
                                      gesteuert wird. Das deutet darauf hin, dass es auch
                                      in den Führungsetagen der deutschen Unternehmen
                                      an Mut, Entschlusskraft und Durchsetzungsstärke
                                      fehlt, um diese Hürden aus dem Weg zu räumen. Es
                                      reicht eben nicht, nur formal „den Hut auf zu haben”.
                                      Es braucht eine starke und überzeugte, aber auch em-
                                      pathische Führung, um diesen Change-Prozess erfolg-
                                      reich zu steuern und die Mitarbeiter mitzunehmen.

                                                                       Dr. Christian Lüdtke
                                                               Gründer und Geschäftsführer
                                                                           etventure GmbH

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                    15
02    SETUP & METHODEN

          EXKURS
          Chief Digital Officer –
          digitaler Heilsbringer oder
          nur Kosmetik?

 Die digitale Revolution hat eine neue            Viele stehen einem Chief Digital Officer   rung der digitalen Transformation im
 Position in den Führungsetagen ge-               eher skeptisch gegenüber, und in der       Unternehmen. In der Realität wird den
 schaffen: Immer häufiger berufen                 Unternehmensrealität ist die Schaffung     Digitalmanagern allerdings oft nicht
 Unternehmen einen eigenen Chief Di-              der Position heute mitunter auch ein       der nötige Freiraum und die entspre-
 gital Officer, kurz CDO, der sich dem            Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit.     chende Vollmacht eingeräumt. Damit
 Mega-Trend Digitalisierung annehmen              Das liegt aber weniger daran, dass die     fehlt ihnen das Standing im Unterneh-
 soll. Ist der CDO damit die positions-           Idee hinter dem Konzept CDO nicht          men und der CDO bleibt ein Halbmäch-
 gewordene Antwort auf die Frage, wie             grundsätzlich sinnvoll ist: Eine Person    tiger im Unternehmensgefüge. Um den
 Unternehmen den Herausforderungen                auf höchster Managementebene, aus-         digitalen Wandel mit Hilfe des CDO ef-
 der digitalen Transformation begegnen            gestattet mit großem Handlungsspiel-       fektiv zu gestalten, braucht es deshalb
 sollen?                                          raum, verantwortet die Gesamtsteue-        folgende wichtige Hebel:

          Positionierung auf Vorstandsebene:                         Klare Zieldefinition:
          Der Wirkungsgrad des Chief Digital Officer                 Tech-Experte, digitaler Stratege, Change-Manager, Marke-
          ist in den meisten Unternehmen stark be-                   ting-Experte und kultureller Evangelist: Die Erwartungen,
          grenzt. Statt auf Augenhöhe mit dem CEO                    die an die Rolle des Chief Digital Officer gestellt werden,
          finden sich die meisten Digitalmanager auf                 sind oft unrealistisch. Das liegt daran, dass nicht wirklich
          Bereichs- und Abteilungsleiterebene. Die di-               klar ist, was der CDO eigentlich machen soll – und vor al-
          gitale Transformation greift aber tief in sämt-            lem, was nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. Des-
          liche Prozesse und nicht zuletzt in die Unter-             halb braucht es eine eindeutige Zieldefinition, die die Auf-
          nehmenskultur ein und erfordert teilweise                  gaben des CDO festlegt und klar von denen des CIO oder
          radikale Entscheidungen. Entscheidungen,                   CTO abgrenzt. Denn der Auftrag des CDO ist es, digitales
          wie sie letztlich nur der CEO treffen kann.                Neugeschäft zu entwickeln und mitunter das eigene Ge-
          Ein Digitalchef muss sich zwischen diversen                schäftsmodell disruptiv anzugreifen. Der CIO hingegen ist
          Abteilungen im etablierten Machtgefüge                     klassischerweise für die Einhaltung von Sicherheits- und
          durchsetzen können. Damit der Chef-Digi-                   Compliancerichtlinien, technischen Standards und defi-
          talisierer tatsächlich etwas bewirken kann,                nierten Prozessabläufen zuständig; der CTO ist als „Tech-
          braucht er deshalb die volle Rückendeckung                 nischer Leiter“ verantwortlich für ein perfektes Funktio-
          des CEO und entsprechende Handlungs-                       nieren und eine Weiterentwicklung der Unternehmens-IT.
          freiheit sowie die notwendigen finanziellen                Diese Aufgabenfelder und Anforderungen könnten unter-
          Ressourcen.                                                schiedlicher kaum sein.

     16                                                                                        etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN    02

MASSNAHMEN ZUR GESTALTUNG DER
DIGITALEN TRANSFORMATION
Befragt nach den Maßnahmen, die Un-                  verstärkt, ebenso wie im Recruiting von   2017 noch 54 Prozent der Unterneh-
ternehmen ergreifen, um die digitale                 Digital-Experten (46 Prozent).            men angaben, externe Dienstleister
Transformation zu gestalten, steht ein                                                         und Unternehmensberatungen beauf-
                                                     Seltener als noch im Vorjahr hingegen
Aspekt ganz vorne: die digitale Weiter-                                                        tragt zu haben, sind es in diesem Jahr
                                                     suchen sich die Unternehmen externe
bildung der Mitarbeiter. 72 Prozent ha-                                                        nur noch 46 Prozent.
                                                     Hilfe bei der Digitalisierung. Während
ben in diesem Bereich ihre Aktivitäten

             FRAGE

             Welche Aktivitäten und Maßnahmen nutzen Sie,
             um die digitale Transformation zu gestalten?

                     72 %        Verstärkung der digitalen Wei-
                                 terbildung unserer Mitarbeiter                     43 %       Integration von Methoden zur
                                                                                               agilen Produktentwicklung

                     46 %        Verstärktes Recruiting von
                                 Digital-Experten                                   41 %       Integration von Methoden
                                                                                               zur Nutzerzentrierung

                     44 %
                                 Einrichten einer internen
                                 digitalen Einheit
                                                                                               Beauftragung eines externen

                                                                                    46 %       Dienstleisters / einer Unter-
                                                                                               nehmensberatung
                                 Aufbau einer digitalen Einheit
                      8%         als externes Tochterunter-
                                 nehmen

Für die Umsetzung der digitalen Trans-               Digital-Einheit aus dem Unternehmen       Im Hinblick auf die Tools und Metho-
formation setzen die befragten Groß-                 auszugliedern und damit konsequent        den, die für die Digitalisierung zum Ein-
unternehmen zunehmend auf die                        fernab der Kernorganisation als exter-    satz kommen, geben jeweils rund 40
Einrichtung eines firmeneigenen Digi-                nes Tochterunternehmen aufzubauen,        Prozent der befragten Unternehmen
tal-Labors: Fast jedes zweite Unterneh-              wählen hingegen nur acht Prozent der      an, Methoden zur agilen Produktent-
men (44 Prozent) verfügt heute schon                 Unternehmen. Insgesamt hat damit          wicklung (43 Prozent) sowie Methoden
über eine eigene Digital-Einheit. Im                 mehr als die Hälfte der befragten Un-     zur Nutzerzentrierung (41 Prozent) in-
Vorjahr waren es erst 33 Prozent und                 ternehmen eine eigene Einheit für die     tegriert zu haben.
2016 erst 30 Prozent. Den Schritt, die               Digitalisierung etabliert.

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                          17
02    SETUP & METHODEN

          Die deutschen Unternehmen setzen vermehrt auf interne Digital-Labore und schaffen es dennoch
          nicht, die genannten Hemmnisse zu vermeiden. Dieses Ergebnis bestätigt unsere jahrelange Er-
          fahrung, dass Innovationen im Sinne neuer digitaler Geschäftsmodelle niemals innerhalb eines Un-
          ternehmens erfolgreich entwickelt werden können. Denn die Aufgabe dieser Einheiten ist es, die
          gesamte Wertschöpfungskette und das Geschäftsmodell zu hinterfragen. Das fällt Menschen, die da-
          von unmittelbar betroffen sind und um Job und Einfluss fürchten, naturgemäß schwer. Um die Be-
          wahrungskräfte im Unternehmen zu umgehen, empfehlen wir die Digitalisierung im „geschützten
          Raum“, beispielsweise in Form einer eigenständigen Digital- oder Innovationseinheit außerhalb der
          Kernorganisation. Dort können Innovations- und Digitalprojekte unabhängig von der Unternehmens-
          Bürokratie, von Compliance-Bedenken, juristischen Fragen und ähnlichen Hindernissen entwickelt
          werden. Erfolgreich getestete Innovationen können dann in die Kernorganisation übertragen und so
          die Mitarbeiter durch konkrete Erfolge in Form von validierten digitalen Services und Produkten
          begeistert werden. Auf diese Weise wird mittelfristig auch der notwendige intensive Austausch
          zwischen Kernorganisation und Innovationseinheit initiiert.

                                                                                         Philipp Depiereux

                                                                               Gründer und Geschäftsführer
                                                                                           etventure GmbH

 ZUSAMMENARBEIT MIT STARTUPS
 Die deutschen Großunternehmen su-              zu erschließen. Schon 2017 gab rund      bereits Maßnahmen zur Kooperation
 chen den Schulterschluss mit innova-           ein Drittel (35 Prozent) der Unterneh-   mit Startups ergriffen, weitere 15 Pro-
 tiven Startups, um ihre eigene digitale        men an, bereits mit Startups zusam-      zent planen eine solche Zusammenar-
 Transformation voranzutreiben und              menzuarbeiten. 2018 setzt sich dieser    beit.
 neue Trends und Technologien für sich          Trend weiter fort: 38 Prozent haben

               FRAGE

               Gibt es in Ihrem Unternehmen bereits Maßnahmen
               zur Zusammenarbeit mit Startups?

                                                            2018      2017    2016

                                           Ja              38 %      35 %     31 %

                                       Nein, aber
                                                           15 %       8%      8%
                                       planen wir

                                    Nein, und planen
                                                           47 %      57 %     61 %
                                     wir auch nicht

     18                                                                                    etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
SETUP & METHODEN      02

     EXKURS
     Corporate meets Startup -
     Wie gelingt eine erfolgreiche
     Zusammenarbeit?

Die Zusammenarbeit mit Startups wird immer beliebter. Kaum ein Konzern, der heute nicht bereits einen eigenen Inkubator
oder ein Accelerator Programm betreibt, zumindest aber Anteile an diversen Startups besitzt. Und auch viele mittelständi-
sche Unternehmen arbeiten immer häufiger mit Startups zusammen. Gleichzeitig zeigt sich bei vielen Unternehmen mittler-
weile ein Lerneffekt. Denn es ist eben nicht damit getan, gemeinsam das ein oder andere Projekt anzugehen oder hier und
dort Geld zu investieren. Was zahlt sich tatsächlich aus, was nicht? Das Startup-Engagement wird nach den ersten Jahren des
Ausprobierens zunehmend auch nach Rentabilität und einem klaren Mehrwert für das Kerngeschäft bewertet. Damit eine
Kooperation für beide Seiten erfolgreich ist, sollten verschiedene Punkte beachtet werden:

     1. Ziele festlegen                                              3. Setup aufsetzen
     Bevor Unternehmen eine Zusammenarbeit mit                       Ist der richtige Partner gewählt, muss das passen-
     Startups angehen, sollten sie sich zunächst darü-               de Setup für die Zusammenarbeit gefunden wer-
     ber klar werden, was mit einer solchen Koopera-                 den. Gerade an diesem Punkt scheitern Koope-
     tion eigentlich erreicht werden soll. Denn Unter-               rationen häufig. Denn den Unternehmen ist oft
     nehmen können auf ganz unterschiedliche Weise                   nicht klar, dass Startups nach einer völlig anderen
     von der Zusammenarbeit mit Startups profitieren:                Logik arbeiten. Oftmals versuchen Unternehmen,
     Sie können von Startup-Methoden lernen, Talen-                  Startups zu integrieren und erdrücken sie regel-
     te für das eigene Unternehmen finden, Zugang zu                 recht mit ihren Strukturen und Prozessen, langen
     neuen Technologien und neuen Märkten erhalten                   Entscheidungswegen, Compliance- und Daten-
     oder ganz neue Kundenzielgruppen über digitale                  schutz-Richtlinien und vielem mehr. Für Startups
     Wege erreichen. Möglicherweise wollen sie aber                  hingegen kommt es auf Geschwindigkeit an, Pro-
     auch nur in Startups investieren und dadurch fi-                dukte und Ideen müssen schnell getestet und
     nanziellen Anteil an einem späteren Erfolg haben.               validiert werden. Es geht um Schnelligkeit, nicht
                                                                     um Perfektion – nach dem Motto: „Done ist better
     2. Partner aussuchen                                            than perfect.“
     Ausgehend von einer klaren Strategie gilt es dann,              Damit die Zusammenarbeit trotzdem funktioniert,
     aus der Masse spannender, innovativer Startups                  müssen sich beide Seiten die kulturellen und or-
     die jungen Unternehmen herauszufiltern, die tat-                ganisatorischen Unterschiede bewusst machen
     sächlich den Mehrwert liefern können, den man                   und die verschiedenen DNAs von Corporate und
     sich von einer Zusammenarbeit erwartet. Dabei                   Startup getrennt gehalten werden. Dies gelingt,
     sollte auch beachtet werden, in welcher Phase                   indem man Freiräume schafft, in denen kleine
     sich das Startup gerade befindet und wie weit                   Teams – bestehend aus Mitarbeitern beider Sei-
     dessen Produkt oder Technologie bereits entwi-                  ten – ungestört durch die Routinen der Kernor-
     ckelt ist. Je nachdem, wie viel Zeit und Aufwand                ganisation zusammenarbeiten können. Auf diese
     man bereit ist, in eine Zusammenarbeit zu in-                   Weise lassen sich die Assets – agile Methodik, in-
     vestieren, macht eine Kooperation mit Early Sta-                novatives Denken und Startup-Kultur auf der ei-
     ge Startups Sinn, oder der Fokus sollte eher auf                nen Seite, langjährige Branchen-Expertise, Kapital
     etablierten Jungunternehmen liegen. Zentral ist                 und Zugang zum Kunden auf der anderen Seite
     außerdem: Die Zusammenarbeit kann nur funkti-                   – sinnvoll zusammenführen, ohne dass es zum
     onieren, wenn beide Seiten – Startups und Unter-                „Culture Clash“ kommt.
     nehmen – profitieren.

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                            19
03
01    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE                                                                                     SETUP & METHODEN

                    FAKTOR MENSCH UND
                    UNTERNEHMENSKULTUR

 Bei all der Diskussion um Maschinen, Roboter und Algo-                   Gerade in Deutschland wird die Digitalisierung und ihre
 rithmen darf eines nicht vergessen werden: Der digita-                   Auswirkungen auf Arbeitsplätze und den Menschen
 le Wandel wird von Menschen angetrieben – nicht von                      sehr emotional diskutiert. Welche Meinungen vertreten
 Technologien. Deshalb sind Digitalisierungsprojekte                      die deutschen Unternehmen und wie bereiten sie ihre
 keine Technologieprojekte, sondern Business-Transfor-                    Mitarbeiter auf die Digitalisierung vor?
 mationsprojekte, die das gesamte Unternehmen und
 seine Kultur betreffen.

 DIGITALE TRANSFORMATION UND ARBEITSPLÄTZE

               FRAGE

               Wie wirkt sich die digitale Transformation in Ihrem Unternehmen
               auf die Arbeitsplätze aus?

                                                                                                                                      2018

           Es entstehen insgesamt                                          26                                                         2017
          zusätzliche Arbeitsplätze                            19

             Es entfallen insgesamt                       17
                       Arbeitsplätze                            20

           Keine Auswirkungen auf                                                                                      57
          die Zahl der Arbeitsplätze
                          insgesamt                                                                                             61

                                       0    5   10   15        20    25         30   35   40     45      50       55        60 in %

     20                                                                                        etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR      03

Vernichtet die digitale Transformation            Bei den deutschen Unternehmen hat           traten erst 19 Prozent diese Sichtweise.
Arbeitsplätze? Dies ist eine der zentra-          sich mittlerweile - trotz mancher Schre-    Zugleich ist der Anteil der Unterneh-
len Fragen in der öffentlichen Debatte.           ckensszenarien - eine optimistische         men, die einen Wegfall von Jobs erwar-
Kaum eine Woche vergeht, ohne dass                bis pragmatische Sichtweise auf die         ten, auf 17 Prozent gesunken. Die bei
eine neue Studie den Wegfall oder den             digitale Transformation durchgesetzt.       Weitem am häufigsten vertretene Mei-
Zugewinn an Arbeitsplätzen prognosti-             26 Prozent der befragten Großunter-         nung ist, dass die Digitalisierung im Sal-
ziert oder analysiert, wer nun genau um           nehmen sind überzeugt, dass die digi-       do keine Auswirkungen auf die Anzahl
seinen Job fürchten muss und wer sich             tale Transformation zu einem Plus an        der Arbeitsplätze im Unternehmen ha-
auf der sicheren Seite wähnen kann.               Arbeitsplätzen in ihrem Unternehmen         ben wird (57 Prozent).
                                                  führen wird. Im vergangenen Jahr ver-

QUALIFIKATION UND WEITERBILDUNG

             FRAGE

             Ist Ihr Unternehmen mit der Qualifikation Ihrer heutigen Mitarbeiter
             ausreichend für die anstehenden Veränderungen durch die digitale
             Transformation vorbereitet?

                                                                                    2018
                                                       62 %
                                                                58 %                2017

                                         42 %
                              38 %

                                    Ja                     Nein

Deutlich weniger positiv fällt hingegen           ternehmen - und damit sogar noch ein-       stehenden Veränderungen durch die
die Beurteilung der Qualifikation der             mal 4 Prozent weniger als im Vorjahr -      digitale Transformation.
bestehenden Mitarbeiter aus. Gerade               sind der Ansicht, dass ihre Mitarbeiter
einmal 38 Prozent der befragten Un-               ausreichend qualifiziert sind für die an-

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                      21
03    FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR

 Dass es in Sachen Weiterbildung noch            der Unternehmen (46 Prozent) initiiert     es den Mitarbeitern ermöglicht, zeit-
 einigen Nachholbedarf gibt, hat der             außerdem interne Ideen-Wettbewerbe,        weise in anderen Unternehmensbe-
 Großteil der deutschen Unternehmen              an denen sich Mitarbeiter beteiligen       reichen mitzuarbeiten, die für die Digi-
 verstanden. 79 Prozent nutzen Weiter-           können und fördert das Intrapreneur-       talisierung zuständig sind (26 Prozent)
 bildungsprogramme, um den Mitarbei-             ship, das heißt das unternehmerische       oder auch an Digitalprojekten außer-
 tern digitales Know-how und agile Me-           Engagement der Mitarbeiter (44 Pro-        halb des Unternehmens mitzuwirken
 thoden zu vermitteln. Knapp die Hälfte          zent). Deutlich seltener hingegen wird     (22 Prozent).

              FRAGE

              Wie bereiten Sie Ihre bestehenden Mitarbeiter auf die
              anstehenden Veränderungen durch die digitale Transformation vor?

                                     Weiterbildungsprogramme für Mitar-
                           79 %      beiter zur Vermittlung von digitalem
                                     Know-how und agilen Methoden

                                     Interne Ideen-Wettbewerbe, an
                           46 %      denen sich Mitarbeiter beteiligen
                                     können

                                     Gezielte Förderung des unternehme-
                           44 %      rischen Engagements der Mitarbeiter
                                     (Intrapreneurship)

                                     Temporäre Mitarbeit in anderen
                           26 %      Unternehmensbereichen, die für
                                     Digitalisierung zuständig sind

                                     Temporäre Mitarbeit an Digitalpro-

                           22 %      jekten außerhalb des Unternehmens
                                     zum Erfahrungsaustausch mit
                                     Startups

              Die digitale Transformation wird nur erfolgreich sein, wenn es Unternehmen gelingt, ihre
              Mitarbeiter bei diesem Wandel mitzunehmen. Vor allem ist dies eine Frage der Kultur, der
              Offenheit und des Veränderungswillens. Mitarbeiter müssen die Zusammenhänge begrei-
              fen, müssen neue Arbeitsweisen und Methoden kennenlernen und verstehen, was die Di-
              gitalisierung für ihren Arbeitsalltag bedeutet. Das gelingt nicht durch die Vermittlung von
              theoretischem Wissen, sondern vor allem durch „Learning by Doing”. Indem Mitarbeiter
              temporär an konkreten Digitalprojekten - in anderen Unternehmensbereichen oder auch
              außerhalb des Unternehmens - mitwirken können, wird Digitalisierung anfassbar.
              Ängste und Skepsis werden abgebaut und Begeisterung entfacht.

                                                                            Dr. Dorothea von Wichert-Nick

                                                                                       Geschäftsführerin
                                                                                        etventure GmbH

     22                                                                                        etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR       03

DIGITALISIERUNG UND EMPLOYER BRANDING
Tue Gutes und rede darüber - dieser                   an, dass sich die digitale Transformati-      rar und entsprechend begehrt ist auf
Leitsatz wurde gerne in Bezug auf das                 on positiv auf ihre Attraktivität als Ar-     dem Arbeitsmarkt. Und auch bei den
Engagement von Unternehmen im Be-                     beitgeber auswirkt - sowohl intern als        bestehenden Mitarbeitern kommen
reich Corporate Social Responsibility                 auch extern.                                  Maßnahmen zur Digitalisierung gut an:
(CSR) verwendet. Heute gilt vor allem:                                                              23 Prozent der Unternehmen erhalten
                                                      Die Unternehmen erhalten nicht nur
Digitalisiere und rede darüber!                                                                     mehr Bewerbungen von bestehenden
                                                      generell mehr Bewerbungen (18 Pro-
                                                                                                    Mitarbeitern für eine Tätigkeit in den
Denn die Digitalisierung stellt auch ei-              zent), sondern vor allem auch mehr
                                                                                                    mit der Digitalisierung befassten Un-
nen Hebel für den Bereich Employer                    Bewerbungen von Kandidaten mit
                                                                                                    ternehmensbereichen.
Branding dar. Rund die Hälfte (51 Pro-                Digital-Know-how (22 Prozent) - eine
zent) der befragten Unternehmen gibt                  Zielgruppe, die derzeit besonders

            FRAGE

            Wirkt sich die digitale Transformation in Ihrem Unternehmen positiv
            auf die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber aus?
            (Mehrfachantworten möglich)

                                                               22 % Bewerbungen    23 % intern für
                                             18 % generell     mit Digital-        mit Digitalisierung
                                                               Know-how            befasste Bereiche

                                                                                                         63 %
                 Ja, wir erhalten
              mehr Bewerbungen

                             Nein
                                                                                           49 %

DIGITALISIERUNG UND INNOVATION IN DER
UNTERNEHMENSKULTUR
Die digitale Transformation muss not-                 Großunternehmen. 80 Prozent sind              schluss sehen nur sieben Prozent die
wendigerweise mit einer Veränderung                   der Ansicht, dass ein Wandel der Un-          Unternehmenskultur im Zusammen-
der Unternehmenskultur einhergehen.                   ternehmenskultur für das Gelingen der         hang mit der digitalen Transformation
Diese Meinung teilt auch die absolu-                  digitalen Transformation „wichtig” oder       als einen weniger wichtigen oder völlig
te Mehrheit der befragten deutschen                   sogar „sehr wichtig” ist. Im Umkehr-          unwichtigen Faktor an.

            FRAGE

            Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Veränderung
            der Unternehmenskultur für das Gelingen der digitalen Transformation?

                          41 %                    39 %            13 %               3%                  4%
     sehr wichtig           1                     2                 3                 4                   5        überhaupt nicht wichtig

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                              23
03    FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR

 Um Digitalisierung und Innovation                Unternehmen auf die Fahne schreiben,         durch die Einführung von flexiblen Ar-
 auch kulturell im Unternehmen zu ver-            geht bislang nur selten mit strukturel-      beitszeiten und Home Office. Weitere
 ankern, ergreifen die deutschen Unter-           len und organisatorischen Verände-           65 Prozent schaffen außerdem moder-
 nehmen verschiedenste Maßnahmen.                 rungen einher. So geben nur 26 Pro-          ne Büro- und Arbeitskonzepte, um den
 87 Prozent der Unternehmen setzen                zent der Unternehmen an, Hierarchien         Anforderungen durch Digitalisierung
 mittlerweile auf moderne Kommuni-                im Zuge der Digitalisierung abzubauen,       und Innovation besser zu entsprechen.
 kationstools. Zudem bemühen sich                 und lediglich 19 Prozent passen ihr Ge-
                                                                                               Auch das Thema Scheitern ist mittler-
 die deutschen Großunternehmen, die               halts- und Anreizsystem an, um die Ei-
                                                                                               weile in den deutschen Großunterneh-
 Flexibilisierung der Arbeit und die Frei-        geninitiative innerhalb der Belegschaft
                                                                                               men angekommen. 70 Prozent der be-
 heit der Mitarbeiter zu fördern.                 zu fördern.
                                                                                               fragten Unternehmen geben an, eine
 Dabei zeigt sich aber auch: Die Stär-            Zwei Drittel (66 Prozent) der Unterneh-      Kultur zu etablieren, die Fehler und
 kung der Eigenverantwortung der Mit-             men bemühen sich um die Flexibilisie-        Scheitern möglich macht.
 arbeiter, die sich bereits 72 Prozent der        rung der Arbeitsformen, beispielsweise

              FRAGE

              Welche Maßnahmen setzen Sie bereits ein, um Digitalisierung
              und Innovation nachhaltig in der Unternehmenskultur zu verankern?

                         87 %       Nutzung moderner
                                    Kommunikationstools                        65 %         Schaffung moderner
                                                                                            Büro- und Arbeitskonzepte

                                                                                            Schaffung von Freiräumen für

                         72 %       Stärkung der Eigenverant-
                                    wortung der Mitarbeiter                    50 %         Mitarbeiter, die zur Umset-
                                                                                            zung eigener Ideen und Pro-
                                                                                            jekte genutzt werden können

                                    Etablierung einer Kultur,
                         70 %       die auch Fehler oder ein
                                    Scheitern möglich macht                    26 %         Abbau von Hierarchien

                                                                                            Veränderung des Gehalts-
                         66 %       Flexibilisierung der
                                    Arbeitsformen                              19 %         und Anreizsystems, um
                                                                                            Eigeninitiative zu fördern

                Der Großteil der deutschen Unternehmen ist sich der Notwendigkeit einer neuen, mo-
                dernen Unternehmenskultur durchaus bewusst, doch nur die wenigsten trauen sich an
                strukturelle Veränderungen wie den Abbau der Hierarchien heran. Unternehmen, die Di-
                gitalisierung und Innovation wirklich ernst nehmen, sollten verstärkt auf agile Formen
                der Zusammenarbeit setzen und auf eine neue Form der Führung - weg von direktiven
                Vorgaben über viele Hierarchiestufen hinweg, hin zu einer Führungskraft, die als Coach
                der Mitarbeiter fungiert und Entscheidungen an die Basis abgibt. In der digitalen Welt
                muss jeder Mitarbeiter wie ein Unternehmer denken und agieren können.

                                                                            Dr. Dorothea von Wichert-Nick

                                                                                        Geschäftsführerin
                                                                                         etventure GmbH

     24                                                                                          etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
FAKTOR MENSCH & UNTERNEHMENSKULTUR      03

     EXKURS
     Scheiterkultur:
     Scheitern ist kein
     Selbstzweck

„Wer nicht wagt, der nicht ge-
winnt“ hieß es früher – heute for-
dern Wirtschaftsexperten eine                     Raum schaffen:
„Fehlerkultur“ und Startup-Grün-                  Um ihr Kerngeschäft nicht zu gefährden, sollten Unternehmen einen „ge-
der „feiern” ihre Misserfolge in                  schützten Raum” schaffen, in dem Fehler ganz bewusst erlaubt sind. In dieser
„Fuck-up Nights“. Auch wenn                       von der Kernorganisation losgelösten Einheit ist nicht Perfektion gefragt, son-
die Scheiterkultur mittlerweile in                dern die schnelle Umsetzung von Innovationen und ihre Weiterentwicklung
Deutschland angekommen ist,                       nah an den Bedürfnissen des Nutzers. So wird bereits innerhalb weniger Wo-
herrscht insbesondere in Tradi-                   chen festgestellt, welche Produkte am Markt bestehen können. Auch wenn
tionsunternehmen aus Konzern-                     hier neun von zehn Ideen scheitern, geht es letztlich genau darum, jene Feh-
welt und Mittelstand noch immer                   ler zu machen, die später im Alltagsgeschäft nicht mehr erlaubt sind. In die
ein sehr großes Sicherheits-                      Kernorganisation wird nur das übernommen, was auch validiert und marktfä-
bedürfnis. Dennoch erfordern                      hig ist. Ab diesem Zeitpunkt ist kein Scheitern mehr erlaubt.
Innovationen auch immer eine
gewisse Risikobereitschaft. Die
Lean Startup-Philosophie steht                    Schnell scheitern:
mit ihrem Credo „Build - Measu-                   „Fail often, fail fast, fail cheap“ - mit der Philosophie erfolgreicher Startups
re - Learn“ für eine Scheiterkultur               können etablierte Unternehmen ihren finanziellen und personellen Ressour-
wie keine andere. Deutsche Mit-                   cenaufwand auf ein Minimum reduzieren. Agile Arbeitsmethoden helfen da-
telständler und Großkonzerne                      bei, in kurzen Zyklen zu denken und bereits innerhalb weniger Wochen erste
können bereits jetzt die richtigen                Ergebnisse oder Prototypen zu testen. Sind diese erfolgreich und optimier-
Weichen stellen und Freiräume                     bar, wird das Projekt weiterverfolgt, andernfalls sofort abgebrochen. So wird
schaffen, in denen schnelles, be-                 vermieden, dass im Rahmen teurer und zeitaufwändiger Projekte vermeint-
wusstes Scheitern möglich ist.                    lich perfekte Produkte entwickelt werden, die dann letztlich am Markt doch
                                                  nicht bestehen können.

                                                  Distanz aufbauen:
                                                  Ob eine Idee sinnvoll ist, muss anhand konkreter Daten beurteilt werden,
                                                  nicht nach Bauchgefühl. Oft hilft es auch schon, nicht diejenigen mit der
                                                  Umsetzung von Innovationen zu betrauen, von denen die Ideen stammen.
                                                  Andernfalls kann es passieren, dass Ideengeber so sehr an ihrem „Baby“
                                                  hängen, dass sie es auch dann realisieren wollen, wenn es anhand von Nut-
                                                  zertests nicht positiv validiert werden konnte. Unternehmen können Misser-
                                                  folge vermeiden, indem sie schon sehr früh externe, unabhängige Experten
                                                  mit ins Boot holen, die eine Situation objektiv bewerten können.

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                      25
04
01    BEDEUTUNG, FORTSCHRITTE & HEMMNISSE                                                                                   SETUP & METHODEN

                    DIGITALE ZUKUNFT

 Die bisherigen Ergebnisse richteten ihren Blick auf den            und Artificial Intelligence oder Future Mobility stehen
 Status quo der digitalen Transformation in deutschen               erst am Anfang und werden die wirtschaftliche und ge-
 Großunternehmen. Die Herausforderungen der Digi-                   sellschaftliche Zukunft noch maßgeblich prägen und
 talisierung liegen aber besonders in der Geschwindig-              verändern. Wie blicken die Unternehmen auf ihre eige-
 keit, mit der neue Modelle entwickelt und umgesetzt                ne digitale Zukunft, die ihrer Branche und die des Wirt-
 werden. Technologien in den Bereichen Internet of                  schaftsstandorts Deutschland insgesamt?
 Things, Virtual Reality, Blockchain, Machine Learning

 DIGITALER WANDEL VON BRANCHE UND GESCHÄFTSMODELL
 Es ist nicht der Wandel als solcher,             Unternehmen noch nicht vollumfäng-     men damit, dass sich ihre Digitalaktivi-
 sondern vor allem die Geschwindigkeit            lich angekommen ist. So rechnen nur    täten schon in weniger als einem Jahr
 der Veränderung, die in den deutschen            acht Prozent der befragten Unterneh-   in Marktanteilen oder Umsätzen nie-

              FRAGE

              In welchem Zeitraum glauben Sie werden sich für Ihr Unternehmen
              die Folgen einer erfolgreichen bzw. nicht erfolgreichen Digitalisierung
              bei Marktanteilen und/oder Umsatz zeigen?

                                              43 %                          45 %
                                                                        39 %
                                                  34 %
                                                                                                                        2018
                                                                                                                        2017

                                                                                                           15 %
                      8%                                                                            10 %
                           6%

                                    1                         3                           5                         Jahre
                   In weniger als                                                                   In 5 Jahren
                                            In 1-3 Jahren              In 3-5 Jahren
                     einem Jahr                                                                      und mehr

     26                                                                                       etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“
DIGITALE ZUKUNFT    04

derschlagen werden. 43 Prozent - und              drei bis fünf Jahren oder sogar in einem       den Vergleich zu den USA heranzieht.
damit immerhin neun Prozent mehr                  noch längeren Zeitraum.                        Schon 2017 gab die Hälfte der befrag-
als im Vorjahr - legen hierfür einen                                                             ten US-Konzerne an, dass sich ihre
                                                  Auch an dieser Stelle zeigt sich: Ein
Zeithorizont von einem bis drei Jahren                                                           Digitalaktivitäten in weniger als einem
                                                  Fortschritt bei den deutschen Un-
an. Rund die Hälfte der Unternehmen                                                              Jahr in Marktanteilen und Umsätzen
                                                  ternehmen ist erkennbar, doch der
(49 Prozent) rechnet mit zählbaren Ef-                                                           zeigen würden.*
                                                  Wandel vollzieht sich zu langsam. Dies
fekten der Digitalisierung jedoch erst in
                                                  wird besonders deutlich, wenn man

            FRAGE

            Wie stark glauben Sie wird sich a) Ihr Geschäftsmodell / b) Ihre Branche
            durch die digitale Transformation wandeln?

           wandelt sich
            sehr stark
                                                                    Geschäftsmodell
                            6%
                   5                                                Branche
                                      16 %

                                     15 %
                   4
                                                   33 %

                                                            44 %
                   3
                                                  30 %

                                           23 %
                   2
                                       17 %

                                  12 %
                   1
                          4%

              wandelt sich
             überhaupt nicht

Auf die Gründe für die zaghaften Be-              Während rund die Hälfte der Unter-             sich ihr Geschäftsmodell durch die di-
mühungen der deutschen Großunter-                 nehmen (49 Prozent) angibt, dass sich          gitale Transformation kaum oder sogar
nehmen weisen weitere Ergebnisse der              die eigene Branche durch die Digitali-         überhaupt nicht wandeln wird. Darin
Befragung hin. Sie legen etwa nahe,               sierung „stark” oder sogar „sehr stark”        offenbart sich eine verzerrte Wahrneh-
dass die unmittelbaren Auswirkungen               wandeln wird, sieht nur jedes fünf-            mung der deutschen Unternehmens-
und die Tragweite der Digitalisierung             te Unternehmen (21 Prozent) einen              lenker und lässt Zweifel daran aufkom-
für das eigene Geschäftsmodell bislang            ebenso starken Wandel beim eigenen             men, ob die Unternehmen hierzulande
nicht gesehen werden.                             Geschäftsmodell voraus. Im Gegenteil:          ausreichend in die eigene Zukunftsfä-
                                                  35 Prozent sind der Überzeugung, dass          higkeit investieren.

*Quelle: etventure-Studie „Digitale Transformation 2017”. Verfügbar unter www.etventure.de/innovationsstudien.

etventure-Studie „Digitale Transformation 2018“                                                                                        27
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