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Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren www.in-form.de
Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren Erfahrungen aus vier Pilotkommunen mit Empfehlungen zur Umsetzung für Entscheidungsträger und Verantwortliche in der Seniorenarbeit
Impressum Herausgeber Wichtige Information Bundesarbeitsgemeinschaft der Die Hinweise und Empfehlungen in dieser Broschüre Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) wurden von den Autorinnen und der Herausgeberin nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und Bonngasse 10 – 53111 Bonn sorgfältig geprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht 02 28 / 24 99 93-0 übernommen werden. Eine Haftung der Autorinnen, 02 28 / 24 99 93-20 der Herausgeberin oder ihrer Beauftragten für Perso- nen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Förderung Der vorliegende Erfahrungsbericht wurde gefördert Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Eine durch das Bundesministerium für Ernährung und Vervielfältigung ist ohne Zustimmung der BAGSO Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des unzulässig. Die CD-Inhalte sind ausdrücklich zur Deutschen Bundestages. Verwendung freigegeben. Die zitierten Internet- quellen basieren auf dem Stand von August 2014. Autoren Diese Handreichung zur Verbesserung der Gesundheits- Zur Handhabung der Broschüre förderung für Seniorinnen und Senioren wurde im Im Innenteil der Broschürenrückseite befindet sich Rahmen des BAGSO-Projektes „In Alter IN FORM – eine CD-ROM. Sie enthält Arbeitshilfen zu den in der Gesunde Lebensstile fördern“ von Anne v. Laufenberg- Handreichung behandelten Themen, die die Umset- Beermann und Gabriele Mertens-Zündorf erarbeitet. zung in die Praxis erleichtern. Auf die Texte der CD Gastbeiträge sind ausgewiesen. wird in der Broschüre durch ein Symbol mit Numme- rierung hingewiesen. Die jeweilige Nummer findet sich zu Beginn jeder Datei auf der CD wieder.
Besonders zu beachtende Merksätze sind als Pfeile Fotos gestaltet. Titel: shutterstock @ Rusian Guzov, Voronin76 fotolia @ Olga Galushko; istockphoto; Praxisbeispiele aus den Pilotkommunen heben sich 123rf @ auremar durch eine farbige Unterlegung von dem übrigen Seite 13: istockphoto; Seite 18: 123rf @ auremar; Text ab. Seite 27: fotolia @ Olga Galushko; Seite 28: fotosearch @ meinzahn; Seite 45: istockphoto; Seite 47: Portrait Konzept und Bearbeitung Benno Baumeister Fotonachweis SEZ Status frei- Anne v. Laufenberg-Beermann, Dipl. Troph., gegeben; Seite 64: shutterstock @ Rusian Guzov; Assessorin der Landwirtschaft, BAGSO Seite 66: fotolia @ Janina Dierks; Seite 82: shutterstock Gabriele Mertens-Zündorf, Dipl. Oec. Troph., @ Voronin76 Master Nonprofit Administration, BAGSO Redaktionelle Bearbeitung Ursula Lenz, BAGSO Das Projektteam dankt den Verantwortlichen in den Pilotkommunen Bad Windsheim, Sondershausen, Korrektorat im Landkreis Peine und in der Verbandsgemeinde Helga Vieth Diez für die konstruktive und gute Zusammenarbeit und wünscht allen weiterhin viel Erfolg. Gestaltung und Satz GDE | Kommunikation gestalten
Inhalt Grußwort des Bundesministers 2.3 Bewegung tut jedem gut! für Ernährung und Landwirtschaft 8 Miriam Schreck, Deutscher Turner-Bund 22 Grußwort des Deutschen Landkreistages 9 2.4 Sachgerechte Mund- und Zahnpflege Dr. Hans-Peter Huber, Deutsche Einführung 10 Gesellschaft für AlterszahnMedizin 25 2.5 Unterstützende Dienste und gesundheits- Fachliche TEIL Aspekte der fördernde Angebote für ältere Menschen 26 I Gesundheitsförderung im Alter 13 1. Gesundes Älterwerden 14 Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesunden und kompetenten Älterwerden – eine Herausforderung auch für die Seniorenarbeit Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr Vorsitzende der BAGSO 2. Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Menschen 19 2.1 Die Vielfalt des Alters als Chance 19 2.2 Die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung für ältere Menschen Ricarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung 20 6
TEIL Prozess zur Gesundheitsförderung Schritt II in vier Pilotkommunen 29 Einbindung der Akteure/ Werkstattveranstaltung II 55 3. Das BAGSO-Konzept zum Aufbau gesundheitsfördernder Angebote 32 1. Erarbeitung einer Prioritätenliste der Ideen und Ziele 55 Schritt Analyse erforderlicher Daten und Fakten 34 2. Planung der Vorhaben 57 Schritt Schritt Etablierung einer Steuerungsgruppe 38 Evaluierung der Ergebnisse sowie Planung der Verstetigung 63 Schritt Informations- und Öffentlichkeitsarbeit 42 1. Erfahrungen aus dem Prozess in der Stadt Bad Windsheim 67 Schritt 2. Auswertung der Vorhaben und Einbindung der Akteure / Sachstand in der Stadt Sondershausen 69 Werkstattveranstaltung I 43 3. Auswertung der Vorhaben und 1. Stärken- und Schwächen-Analyse 43 Sachstand im Landkreis Peine 71 2. Erarbeitung von Ideen 44 4. Auswertung der Aktivitäten Schritt in der Verbandsgemeinde Diez 75 Schulung von Akteuren 51 4. Evaluierung des Prozesses 78 5. Schlussbetrachtung 79 6. Verzeichnis der Abbildungen und Abkürzungen 80 7. Inhalt der beigefügten CD 81 7
Grußwort des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt Liebe Leserinnen und Leser, Gesundheit ist ein hohes Gut für uns alle. Wir möchten Denn es sind maßgeblich die Kommunen und Träger heute gesund sein und wünschen uns, im Alter lange von Einrichtungen und Institutionen, die die Lebens- gesund zu bleiben. Gesundheit hängt eng mit Bewe- welten der Bürgerinnen und Bürger gestalten. Hier gung und Ernährung zusammen. Die Bundesregierung müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die setzt daher einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die für Menschen aller Altersgruppen ausreichende, ge- © BMEL „Bundesregierung/ Förderung eines gesunden Lebensstils, der ausreichend sundheitsfördernde Angebote bereithalten. Informa- Kugler Bewegung und eine ausgewogene Ernährung umfasst. tions- und Beratungsangebote gehören hierzu ebenso wie gesunde Verpflegungs- und personengerechte Mit dem Nationalen Aktionsplan „IN FORM – Bewegungsangebote. Speziell in der Seniorenpolitik Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und können Kommunen einen bedeutenden Beitrag zur mehr Bewegung“ trägt die Bundesregierung dazu Vernetzung der Angebote für ältere Menschen leisten. bei, dass Menschen in jedem Alter eine höhere Lebens- qualität und Leistungsfähigkeit im privaten und be- Ich würde mich freuen, wenn sich die Kommunen in ruflichen Bereich erzielen. Wir fördern hierzu gezielt Deutschland die Gesundheitsprävention – generationen- Organisationen, Vereine und Verbände, die mit vor- übergreifend und speziell für ältere Menschen – zur bildlichen Projekten im Sinne von IN FORM aktiv Herzensangelegenheit machten. Dies liegt im Interesse sind. Die BAGSO ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. jedes einzelnen Menschen und unserer gesamten Ge- Mit dem Projekt zu einem längeren gesunden und sellschaft. Die BAGSO zeigt Wege zur Umsetzung auf. selbstständigen Leben im Alter hilft sie Kommunen, Ihr Potenziale in der Seniorenarbeit zu erkennen und zu aktivieren. Christian Schmidt MdB Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft 8
Grußwort des Deutschen Landkreistages Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete Das durchschnittliche Lebensalter nimmt erfreulicherweise weiter Ältere Menschen sind, wie andere Altersgruppen auch, keine zu und der Gesundheitszustand vieler Menschen ist sehr gut. Aller- homogene soziale Gruppe. Für alle aber geht es darum, ihre dings steigt zugleich auch die Zahl von Erkrankungen, insbesondere Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft zu sichern. Demenzerkrankungen, Pflegebedürftigen sowie älteren Menschen Dabei muss es gelingen, Menschen so früh wie möglich zu erreichen. mit Behinderungen an. Länger gesund und selbstständig im Alter – Die Lebensbedingungen vor Ort müssen so gestaltet werden, dass wer will das nicht? sie dem Entstehen besonderer Hilfebedürftigkeit entgegen wirken. Das Projekt „Im Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ Die kommunale Altenhilfe ist im Sinne eines seniorenpolitischen hat zu einer mehrjährigen fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Konzepts über den sozialen Bereich hinaus mit dem Wohnumfeld, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und den Dienstleistungs- und Unterstützungsangeboten wie der Nutzbar- dem Deutschen Landkreistag geführt. Kein Wunder – liegt es doch keit des ÖPNV zur Sicherung der Mobilität etc. zu verbinden. nicht nur im kommunalen, sondern im ureigenen Interesse jedes Dass dies nicht „top down“ erfolgen darf, sondern nur „bottom up“ Bürgers, sich selbst um die eigene Gesundheit zu kümmern. Erfolg haben kann, zeigen vorliegend vier ganz verschiedene Pilot- Die Landkreise erbringen, verantworten und initiieren zusammen kommunen: der niedersächsische Landkreis Peine, die bayerische mit ihren kreisangehörigen Gemeinden seit Jahrzehnten vielfältige Stadt Bad Windsheim, die thüringische Stadt Sondershausen und Leistungen und Unterstützungsangebote für ältere und alte Men- die rheinlandpfälzische Verbandsgemeinde Diez. Ausgehend von den schen. Sie fördern gesundheitliche Altersvorsorge z. B. durch Freizeit-, unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort hat jede Kommune für sich Gesundheits-, Kommunikations- und Bildungsangebote. Nicht alles den erforderlichen Prozess gewählt und ihre Potenziale entwickelt. muss von ihnen selbst gewährt oder organisiert werden. Hier kommt Ich danke allen Beteiligten und der BAGSO für ihr Engagement in die Bedeutung der Kommune im doppelten Sinne zum Tragen: unserem gemeinsamen Bemühen, Gesundheitsförderung im Alter nicht nur als Gebietskörperschaft, sondern auch als Gemeinwesen, noch stärker als bislang im ganz normalen Alltag zu verankern. jeweils für den örtlichen Wirkungsbereich. Dies nehmen die Senio- ren-Organisationen gleichfalls in den Blick. Dr. Irene Vorholz Beigeordnete des Deutschen Landkreistages 9
Einführung „Wenn das Altern positiv erlebt werden soll, muss ein Pflegebedarf zu verhindern, es ist auch ein zentraler längeres Leben mit der Aufrechterhaltung von Gesund- Wunsch der älteren Menschen selbst, wie die Gene- heit, Teilnahmemöglichkeit und Sicherheit einhergehen“ rali Altersstudie 2013 belegt 2. Um die genannten (Weltgesundheitsorganisation, WHO) 1 gesellschaftspolitischen Ziele zu erreichen, sind auf kommunaler Ebene konkrete politische Strategien Die WHO veröffentlichte im Rahmen der Weltkon- umzusetzen. ferenz der Vereinten Nationen zum Thema „Ageing“ im April 2002 in Madrid Politik-Empfehlungen zum Diese Handreichung zeigt in Teil I die Zusammen- „Aktiven Altern“. Sie stellt, wie aus dem Eingangszitat hänge von Ernährung, Bewegung, Mund- und Zahn- deutlich wird, folgende drei Schwerpunktbereiche in gesundheit und der Gesundheitsförderung auf. In den Vordergrund: Teil II wird vorgestellt, wie auf kommunaler Ebene die nnGesundheit Gesundheitsförderung älterer Menschen initiiert und dauerhaft etabliert werden kann. Zuvor werden kurz nnSoziale Teilhabe die aktuellen Initiativen und Strategien auf nationaler nnSicherheit. Ebene skizziert, auf die sich das im zweiten Teil vor- gestellte BAGSO-Konzept begründet. Die „Aufrechterhaltung der Gesundheit“ bzw. die Gesundheitsförderung älterer Menschen ist auch in Deutschlands Initiative IN FORM für Deutschland zu einem zentralen gesellschaftspoliti- die Zielgruppe der älteren Menschen schen Thema geworden. Dies belegt die Vielzahl an Im Jahr 2008 wurde „IN FORM – Deutschlands Initia- Veröffentlichungen und Tagungen bundesweit. tive für gesundeErnährung und mehr Bewegung“ auf 1 Weltgesundheitsorganisation Expertengremien verschiedener Disziplinen erörtern EUROPA: Gesundes Altern – Beschluss der Bundesregierung vom Bundesministe- Aufsuchende Aktivierung beispielsweise Einflussgrößen auf die Gesundheit im rium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und älterer Menschen, 2002, Alter und erarbeiten Strategien zur Verbesserung der Vorwort vomBundesministerium für Gesundheit (BMG) ini- 2 Generali Altersstudie: Gesundheit Älterer. Die Bewahrung der Gesundheit tiiert und ist seitdem bundesweitmit Projektpartnern Generali Zukunftsfonds ist nicht nur ein gesellschaftspolitisches Ziel, um (Hrsg.) und Institut für für Menschen in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist, Demoskopie Allensbach, die Leistungsfähigkeit älterer Menschen so lange dasErnährungs- und Bewegungsverhalten der Men- 2012 wie möglich zu erhalten und damit frühzeitigen schen dauerhaft zu verbessern. 10
Unter dem Stichwort „Fit im Alter“ werden Projekte Abbildung 1: Gesellschaftliche Entwicklungstendenz im demografischen Wandel7 und Maßnahmen in derLebenswelt älterer Menschen Zunahme Rückgang gefördert und umgesetzt. Die BAGSO unterstütztdie Ziele von IN FORM und „Fit im Alter“ mit bundes- weiten Schulungen undFachtagungen. Deutschlands Initiative IN FORM zielt sowohl auf die Verhaltens3- Eingeneration- und als auch auf die Verhältnisprävention4, d. h. die ge- Singlehaushalte sundheitsfördernde Gestaltung des Wohnumfeldes Mehrgenerationen- Haushalte in den verschiedenen Lebenswelten der Bürgerinnen und Bürger, ab. Pflegebedürftige Personen Nationales Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ Häusliche familiäre In der vom Bundesministerium für Gesundheit im Jahr Pflegepersonen 2012 veröffentlichten Schrift „Nationales Gesundheits- Lebenserwarung ziel Gesund älter werden“ sind zentrale Informationen und Handlungsschritte zur Realisierung der Gesund- Geburten heitsförderung älterer Menschen dargestellt 3. Dieses Gesundheitsziel unterscheidet drei Handlungsfelder: I. Gesundheitsförderung und Prävention: zur persönlichen Lebensweise Gesellschaftliche und zur gesellschaft- Entwicklungstendenzen 3 Verhaltensprävention im demografischen Wandel will die Ver- Autonomie erhalten meidung von gesundheitsgefährden- lichen Teilhabe sowie neue Anforderungen sowohl an dem Verhalten (z. B. ungesundes II. Gesundheitliche, psychosoziale und Versorgungsstrukturen als auch an die Gesellschaft.6 Essen, vernachlässigte Zahnpflege) erzielen pflegerische Versorgung Verhältnisprävention befasst sich Wie kann Gesundheitsförderung 4 mit technischen, organisatorischen III. Besondere Herausforderungen.5 auf kommunaler Ebene gelingen? und sozialen Bedingungen des ge- sellschaftlichen Umfeldes und der Das zweite Kapitel „Gesundheit und Alter“ der Publika- Diese Publikation der BAGSO zeigt auf, wie die Umwelt sowie deren Auswirkung auf die Entstehung von Krankheiten 3 tion stellt dar, in welchem gesellschaftlichen Kontext Umsetzung des gesellschaftspolitischen Ziels im Bundesministerium für Gesundheit: die Gesundheitsförderung älterer Menschen zu sehen Handlungsfeld I „Gesundheitsförderung und Präven- Nationales Gesundheitsziel Gesund älter werden, 2012, S. 28 ist und welche Bedeutung sie für die verschiedenen tion: Autonomie erhalten“ auf kommunaler Ebene 5 Vgl. ebd., S. 4 Entwicklungen hat. Vorrangig zu nennen sind demo- konkret realisiert werden kann. Sie richtet sich an 6 Vgl. ebd., S. 11 7 „Alt sind immer die anderen“ Bun- grafische, epidemiologische und soziale Veränderun- verantwortliche Akteure in der Seniorenarbeit bzw. deszentrale für gesundheitliche Auf- gen (s. Abb. 1), zunehmend veränderte Einstellungen Seniorenpolitik. klärung (BZgA), Flyer 11
Tabelle 1: Statistische Daten der Pilotkommunen Die Erfahrungen in den verschiedenen Maßnahmen des Projektes zeigten, dass die Akteure in der kommu- Kommune Bad Sonders- Landkreis Verbands- nalen Seniorenpolitik häufig Fragen zur praktischen Windsheim hausen Peine gemeinde Umsetzung der Gesundheitsförderung in ihrem Auf- Diez gabenfeld haben. Dies führte zur Entwicklung des Bayern Thüringen Niedersachen Rheinland- „BAGSO-Konzeptes zur Verbesserung der Gesund- Pfalz heitsförderung älterer Menschen auf kommunaler 11.955 4) 21.907 5) 130.047 3) 25.196 1) Ebene“. Es wurde im Zeitraum von Januar 2013 bis Bevölkerung August 2014 in den vier vorwiegend ländlich struktu- (2012) (2013) (2012) (2010) rierten Pilotkommunen Bad Windsheim (Bayern), 2029 2030 2030 2030 Sondershausen (Thüringen), Landkreis Peine (Nieder- Vorausberechnung 11.670 4) 17.710 5) 116.7403) 23.650 1) sachsen) und der Verbandsgemeinde Diez (Rheinland- (–2,5 %) (–24,5) (–10,2 %) (–6,2 %) Pfalz) erprobt und ist auf andere Kommunen über- Altenquotient 2030 53,0 5) 84,4 5) 58,7 5) 50,6 2) tragbar. Einen Überblick über Bevölkerung und demo- grafische Entwicklung gibt nebenstehende Tabelle. Quellen: 1) Bevölkerungsstatistik Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz Informationen über Besonderheiten der Pilot- 2) eigene Berechnungen basierend auf Zahlen des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz kommunen sind der CD zu entnehmen. 3) Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) 4) Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung Die Handreichung enthält Informationen zur 5) www.wegweiserkommune.de methodischen Vorgehensweise, dem fachlichen/ wissenschaftlichen Hintergrund und zu möglichen „Stolpersteinen“, die beim Prozess zur Verbesserung Die Ausführungen basieren auf Erkenntnissen, die der Gesundheitsförderung beachtet werden sollten. CD Nr. 7.1 das BAGSO-Team im Laufe des Projektes „Im Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ gewonnen Das BAGSO-Konzept besteht aus sieben Schritten, hat. Es wurde im Rahmen von „IN FORM – Deutsch- die im zweiten Teil dieser Broschüre ausführlich dar- lands Initiative für gesunde Ernährung und mehr gestellt werden. Die Beispiele aus den Pilotkommu- Bewegung“ im Zeitraum von 2012 bis 2014 durch- nen veranschaulichen die Umsetzung der Projekt- geführt. schritte in der Praxis. Detaillierte Ablaufpläne und Arbeitsmittel wie Checklisten und Präsentationen, die in den Pilotkommunen angewendet wurden, sind auf der beigefügten CD zu finden. 12
Fachliche Aspekte TEIL der Gesundheits- I förderung im Alter Um die Bedeutung der Prävention zur Aufrechterhal- tung der Autonomie älterer Menschen verständlich zu machen, werden gemeinsam mit den Kooperations- partnern der BAGSO folgende fachliche Informationen und Zusammenhänge kurz vorgestellt: Das Grundlagenwissen und Verständnis der Wechsel- wirkungen von Gesundheit, Ernährung und Bewe- gung wie auch von Mund- und Zahngesundheit sind für die Gestaltung der Gesundheitsförderung – sowohl in der Verhaltens- als auch in der Verhältnispräven- tion – unerlässlich. Angaben zu weiterführenden Fachinformationen sind auf der beiliegenden CD zu finden. CD Nr. 7.2 13
TEIL I Fachliche Aspekte der Gesundheits 1 | Gesundes Älterwerden förderung im Alter Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesun- 2. Gesundheit schließt aber auch die Fähigkeit ein, den und kompetenten Älterwerden – eine sich mit etwaigen Belastungen, mit Einschränkun- gen, mit Behinderungen – im körperlichen, aber Herausforderung auch für die Seniorenarbeit auch im geistig-seelischen und sozialen Bereich – Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr auseinanderzusetzen, adäquat damit umzugehen Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und dennoch ein zufriedenstellendes Leben zu Vorsitzende der BAGSO führen. Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens. Die WHO hat Gesundheit als „active state“ definiert Noch nie zuvor haben so viele Menschen eine so lange und darunter die Fähigkeiten zur selbstverantwort- Lebenszeit gehabt wie heute. Sehen wir darin nicht ein lichen, selbstständigen Lebensführung verstanden. Problem, sondern eine Chance! Freuen wir uns über Die Zeit des aktiven, relativ gesunden Alterns nimmt die zunehmende Langlebigkeit. Setzen wir uns ein für zu und wird weiter zunehmen, vorausgesetzt, optima- ein Älterwerden bei möglichst großem körperlichem le Prävention und Gesundheitsvorsorge werden aus- und seelisch-geistigem Wohlbefinden. gebaut. Altern ist ein lebenslanger Prozess! Die meisten Krankheiten im Alter sind keine Alterskrankheiten, Gesundheit – was ist das? sondern alternde Krankheiten, sie haben sich im frü- 1. Gesundheit ist – der früheren klassischen WHO- heren Leben über eine lange Zeit entwickelt. Das gilt Definition entsprechend – „körperliches, seelisch- insbesondere für die vier gesundheitlichen Haupt- geistiges und soziales Wohlbefinden“. Es ist also probleme: nicht nur von Bedeutung, ob man laut Arzturteil 1. kardiovaskuläre Erkrankungen und Laborbefund gesund ist, sondern auch wichtig, 2. Stoffwechsel-Erkrankungen (Diabetes II) ob man sich gesund fühlt. Der sogenannte „sub- jektive Gesundheitszustand“ ist, wie unsere und 3. Erkrankungen der Wirbelsäule, Osteoporose, internationale Untersuchungen zeigen, ganz ent- Gelenkprobleme scheidend für eine hohe Lebensqualität im Alter. 4. einige Tumorerkrankungen. 14
Dies sind Krankheiten, die sich weitgehend durch den überzeugen, wie wichtig körperliche Bewegung und Gesundes Lebensstil beeinflussen lassen. Langlebigkeit verpflich- gesunde Ernährung, aber auch geistige und soziale Älterwerden tet: Wir haben alles zu tun, um ein möglichst hohes Aktivität für ein Altwerden bei Wohlbefinden sind. Lebensalter bei psycho-physischem Wohlbefinden Die Bedeutung umweltbezogener Prävention zu erreichen – und das ist eine lebenslange Aufgabe; Prävention ist eine Aufgabe von den ersten Lebens- Wir leben heute in einer Welt, in der einem über tagen an. 75-Jährigen nur noch weniger als zehn Menschen, die jünger als 75 sind, gegenüberstehen. Altern, Prävention, Rehabilitation und Pflegebedürftigkeit Wir haben z. B. Konzepte der Stadtentwicklung zu überdenken – von der Verkehrsführung bis hin zu Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit fällt vorwiegend Sportstätten und Sportmöglichkeiten für Ältere. in der Gruppe der über 80-Jährigen ins Gewicht und Neben Kinderspielplätzen brauchen wir Sport- und betrifft dort rund 20 %, bei den 85- bis 90-Jährigen Freizeitmöglichkeiten, Bewegungsparcours für Ältere. 38 % und den über 90-Jährigen 57 %. Das heißt aber, Warmbadetage in Schwimmbädern werden immer dass noch rund die Hälfte der Hochbetagten in der notwendiger. Wir müssen uns Gedanken über die Lage ist, allein kompetent ihren Alltag zu meistern. Erreichbarkeit von Schwimmbädern, Sportstätten, Zunächst gilt es, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden – Arztpraxen und Einkaufsmöglichkeiten machen. und das ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen Um Hinfälligkeit oder gar Pflegebedürftigkeit zu ver- und die Gesellschaft. Präventive Maßnahmen sollten meiden, gilt es, eine „präventive Umweltgestaltung“ weit stärker verankert werden. Dazu gehören ein ent- oder auch eine „umweltbezogene Prävention“ zu ent- sprechender gesundheitsbewusster Lebensstil, die wickeln, die zum einen Stolpersteine, Barrieren erken- Förderung der Eigenverantwortung und die Teilnah- nen und ausräumen muss, zum anderen aber auch me an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. zu Aktivitäten motivieren und zu einem gesundheits- Der Prävention ist weit mehr Bedeutung zuzumessen. bewussten Lebensstil anregen sollte. Wir alle sollten an die Eigenverantwortung im Hinblick auf einen möglichst gesunden Lebenswandel appellie- ren, wir sollten Bewegung, Gymnastik und Sport in unseren Tagesablauf fest einbauen und auf eine gesun- de Ernährung achten. Der Arzt und all diejenigen, die in der Seniorenarbeit tätig sind, müssen erklären und 15
Förderung eines gesundheits- rungen, Medikamenteneffekte) – die u. a. zu Appetit- TEIL Fachliche Aspekte verlust, gestörtem Geschmacksempfinden und Mund- I der Gesundheits bewussten Lebensstils förderung im Alter trockenheit führen können – hingewiesen. Aber auch Zu einem gesunden und kompetenten Altern tragen Schwierigkeiten beim Einkauf durch eingeschränkte bei: Mobilität und Probleme bei der Nahrungszubereitung nngesunde Ernährung (Alkohol nur in Maßen, sind zu nennen. Verzicht auf Nikotin) Älter werden – aktiv bleiben nnkörperliche Aktivität, Sport Die Bedeutung der Aktivität für ein Altwerden bei nngeistige Aktivität psycho-physischem Wohlbefinden wurde in der Wis- nnSozialkontakte, senschaft schon lange erkannt. Spätestens seit Anfang soziale Aktivität der 1970er Jahre betonen Mediziner, Psychologen, nnund nicht zuletzt eine ausgeglichene Lebensbilanz. Sportwissenschaftler und Experten anderer Diszipli- nen: Körperliche, geistige und soziale Aktivität ist den Ernährungsverhalten Erkenntnissen der gerontologischen Forschung zufol- Beim Ernährungsverhalten spielt eine Reihe psycho- ge die Voraussetzung für Lebensqualität in der dritten logischer Gesichtspunkte eine Rolle 8. Die Tiefenpsy- oder vierten Lebensphase. chologie und auch die Sozialisationsforschung bieten Die WHO hat 2004 festgestellt: „Millionen Tote durch sowohl für eine „Nahrungsverweigerung“ als auch für zu wenig Bewegung und zu viel Zucker, Fett, Salz!“ „übermäßige Nahrungszufuhr“, Gefräßigkeit oder Naschsucht eine Reihe von Erklärungsmöglichkeiten Der Nachweis, dass die für das einzelne Individuum an. Probleme der Mangelernährung (Malnutrition) „richtigen“ sportlichen Aktivitäten, in richtiger Dosie- wurden untersucht und neben psychischen Ursachen rung ausgeübt, das psychische Wohlbefinden steigern (Depressionen, Konfrontation mit kritischen Lebens- und die relevanten physiologischen Werte auch beim ereignissen) wurde vor allem auf physiologische 50-, 60-, 70- und sogar über 80-Jährigen noch ver- Alternsveränderungen (Veränderung der Geschmacks- bessern können, ist mehrfach seitens der Sport- 8 Lehr, Ursula (2003): und Geruchsnerven, Kaubeschwerden, Schluckstö- wissenschaft und Sportmedizin erbracht worden. Probleme des Alterns und Möglichkeiten der Einfluss- nahme: Altern in einer altern- den Welt – Langlebigkeit verpflichtet, Aktuelle Ernäh- rungsmedizin, 28, 2003, S. 219 – 226 16
Ebenso wurde gezeigt, dass körperliche Aktivität, Be- Freundeskreis mehr und mehr, viele nahestehende Gesundes wegung und Sport kognitive Fähigkeiten beeinflussen. Menschen sterben, es können leicht Einsamkeits- Älterwerden In Langzeitstudien haben die Seniorinnen und Senio- gefühle auftreten. Daher ist die Förderung der sozia- ren ihre intellektuellen Fähigkeiten, vor allem ihre len Teilhabe ein wichtiger Aspekt der Gesundheits- Gedächtnisleistungen, am stärksten verbessert und förderung. über Jahre hinweg gehalten, die neben dem Gedächt- Abschließende Bemerkung: nis-Trainingsprogramm gleichzeitig ein körperliches Aktivierungsprogramm durchgeführt haben.9, 10 Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Wir leben in einer alternden Welt. Jeder Einzelne von uns, aber Bei MEUSEL heißt es: „Was bisher als Alternsprozess auch die Gesellschaft, die Kommunen haben alles zu verstanden wurde, ist in hohem Maße Auswirkung tun, damit möglichst gesund und bei hoher Lebens- mangelnden Trainings. Deshalb können sportliche qualität ein hohes Alter erreicht werden kann. Dass – Betätigung und Bewegungsaktivität überhaupt helfen, neben Vorsorgeuntersuchungen, richtiger Ernährung die Leistungsfähigkeit in allen motorischen Fähig- und Vermeidung sonstiger Risikofaktoren – Sport, keiten bis ins hohe Alter zu erhalten.“ 11 Bewegung, körperliche Aktivität, aber auch geistige 9 Oswald, Wolf D. et al.: Aber wir brauchen auch geistige Aktivität. und soziale Aktivität dazu beitragen, ist heute durch Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbst- viele Untersuchungen belegt. Prävention ist not- ständigkeit im höheren Unsere Forschungen belegen12: Geistig aktivere Men- wendig und erspart Krankheits- und Pflegekosten. Lebensalter (SIMA): schen, Personen mit einem höheren IQ, einem breite- Doch unsere alternde Gesellschaft braucht auch eine Verlaufsanalyse des kogni- tiven Status, in: Zeitschrift ren Interessenradius, einem weitreichenderen Zu- „umweltbezogene Prävention“, die zu Aktivitäten für Gerontopsychologie kunftsbezug erlangen – wie auch die bekannten inter- motiviert. Hier sind die Kommunen gefordert, sich und –psychiatrie 11, 2013, S. 202 – 2121 nationalen Längsschnittstudien übereinstimmend auf den demografischen Wandel einzustellen. 10 Mechling, Heinz: „fit für 100” – feststellen – ein höheres Lebensalter bei psycho-phy- Prävention: Eine Heraus- sischem Wohlbefinden als jene, die weniger Interessen Aber das ist auch eine Herausforderung für Vereine, forderung in unserer Zeit, Schriftenreihe der Senioren- haben und geistig weniger aktiv sind. Der Volksmund Altenclubs, Altenheime und Selbsthilfegruppen. Es Union der CDU NRW, sagt schlicht, aber zutreffend: „Was rastet, das rostet.“ gilt, zu informieren, zu motivieren, mögliche Hinder- Ausgabe Nr. 17, 2014, Recklinghausen: nisse und Barrieren, die diesen Aktivitäten im Weg Medienagentur Sobiech Aber wir brauchen auch soziale Aktivität, den Kon- stehen, aufzuspüren und zu beseitigen und dann 11 Meusel, H.: Bewegung, takt zu anderen Menschen, über die Familie hinaus. Sport und Gesundheit im zu einem „aktiven Altern“ anzuleiten und geradezu Alter 1996, Wiesbaden: Freilich, mit zunehmendem Alter schrumpft der „zu verführen“. Quelle & Meyer 12 Lehr, Ursula: Psychologie des Alterns, 11. Auflage, 2007, Heidelberg: Quelle & Meyer 17
„Aktiver leben – aktiv erleben“, das ist die Herausfor- TEIL Fachliche Aspekte derung in unserer Zeit des demografischen Wandels, I der Gesundheits förderung im Alter in einer Zeit zunehmender Lebenserwartung. Es gilt, nicht nur dem Leben Jahre zu geben, sondern den Jahren Leben zu geben! Es kommt nicht nur darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird! CD Nr. 7.4.26 Die ausführliche Version des Textes von Prof. Dr. Ursula Lehr ist auf der CD zu finden. 18
2 | Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Menschen der Leistungsfähigkeit älterer Menschen 2.1 Die Vielfalt des Alters als Ein realistisches und individuelles Altersbild dagegen, das auch die Potenziale, die Produktivität und Akti- Chance– Altersbilder vität älterer Menschen berücksichtigt, wirkt sich posi- MERKE Im Prozess des Älterwerdens – von der Geburt bis tiv aus – sowohl auf die Seniorinnen und Senioren Akteure sollten ihre zum Tod – nehmen die Unterschiede zwischen den als auch auf die Gesellschaft. Dies zeigt sich beispiels- „Bilder von älteren Menschen nicht ab, sondern zu. Die Biografie älterer weise in Bezug auf die Möglichkeiten der Beteiligung Menschen“ differen- Menschen zeigt aufgrund der unterschiedlichen fami- und Engagementförderung älterer Menschen.14 Es ist zieren und die Poten- liären und sozialen Lebensumstände sowie der ver- daher wichtig, dass die beteiligten Akteure ihre eige- ziale älterer Menschen schiedenen Bildungs- und Berufswege große Unter- nen „Bilder von älteren Menschen“ kritisch hinter- sehen! schiede: im Gesundheitszustand, in der finanziellen fragen, differenzieren und nicht nur einseitig, d. h. Lage, den Lebensstilen wie beispielsweise der Tages- oftmals negativ, betrachten. gestaltung, den Interessen und der sozialen Teilhabe. Eine Verständigung auf die verschiedenen Erschei- Die verschiedenen Lebensläufe und Lebensstile soll- nungsformen, die Stärken, aber auch die Grenzen des ten in den gesundheitsfördernden Angeboten berück- Alters ist unverzichtbar, um eine gemeinsame Ziel- sichtigt werden.13 setzung und Ausrichtung der Gesundheitsförderung Gerade in der gesundheitlichen Versorgung beein- zu ermöglichen. Eine differenzierte Darstellung der flussen die Altersbilder der Mitarbeiterinnen und Mit- vielfältigen Formen des Alterns entspricht am ehesten arbeiter der Pflegedienste ihr Handeln gegenüber den vielfältigen Persönlichkeiten älterer Menschen. den älteren Menschen – mit Auswirkungen auf deren Ergänzend sollten sie auch in Beziehung zu ihrem Lebensqualität. Außerdem prägen sie das Selbstbild unterschiedlichen sozialen, d. h. familiären, nach- der älteren Menschen und damit ihr Verhalten. barschaftlichen oder freundschaftlichen, Umfeld 13 Bundesministerium für betrachtet werden. Den Beziehungen zwischen den Familie, Senioren, Frauen Eher defizitorientierte Altersbilder auf Seiten der und Jugend: „Eine neue Generationen kommt eine besondere Bedeutung für Kultur des Alterns“ Alters- ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und den verantwortungsvollen Umgang mit der Gestal- bilder in der Gesellschaft, Mitarbeiter in der Seniorenarbeit können präventive Erkenntnisse und Empfeh- tung der Gesundheitsförderung auf kommunaler lungen des Sechsten Maßnahmen be- und verhindern. Ebene zu. Altenberichts, 2010, S. 16 14 Vgl. ebd., S. 18. 19
Zu Unrecht werden viele gesundheitliche Probleme Das Ernährungsverhalten hat sich über ein ganzes TEIL Fachliche Aspekte älterer Menschen auf das Alter allein zurückgeführt. Leben entwickelt und ist von zahlreichen Erfahrun- I der Gesundheits förderung im Alter Damit werden ihre Entfaltungsmöglichkeiten und gen geprägt. Das wachsende Lebensmittelangebot, ihre Potenziale nicht gesehen. Alter und Krankheit Ernährungstrends und wissenschaftliche Erkenntnis- sind nicht gleichzusetzen. Bei der Gesundheitsförde- se im Ernährungsbereich haben Einfluss auf Vorlieben rung sollten alle Menschen bis ins hohe Alter in den und Abneigungen. Sich selbst zu versorgen, Gäste zu Blick genommen und adäquate Angebote etabliert bewirten, gemeinsam zu genießen und Freude am werden. Die Erhaltung der körperlichen, seelisch- Essen und Trinken zu haben, trägt zum Wohlbefinden geistigen und sozialen Gesundheit aller Seniorinnen bei. Den Themen Ernährung und Verpflegung kommt und Senioren erfordert Konzepte der Gesundheits- bei der Planung der Versorgung älterer Menschen in förderung, die personen- und sachgerechte Angebote der Kommune daher eine große Bedeutung zu. Das und Maßnahmen ermöglichen.15 beinhaltet nicht nur die Organisation von Fahrdiens- ten, die es Seniorinnen und Senioren ermöglichen, 2.2 Die Bedeutung einer sich zu Hause gut zu versorgen, sondern auch Ange- ausgewogenen Ernährung bote für gemeinsame Mittagstische zu schaffen. Die Anbieter von „Essen auf Rädern“ können in Bezug für ältere Menschen auf eine ausgewogene Mittagsverpflegung motiviert Ricarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung und geschult werden. Qualitativ gute Angebote soll- (DGE) ten in der Region bekannt gemacht werden. Beson- Essen und Trinken können Genuss und Lebensqua- ders dann, wenn im Alter die körperliche Leistungs- lität vereinen und tragen wesentlich zur Erhaltung fähigkeit nachlässt und das Einkaufen und Kochen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit der eigenen Mahlzeiten schwerfällt, kann eine ausge- sowie der Gesundheit und Sturzprophylaxe bei älte- wogene warme Mittagsmahlzeit am Tag einen wesent- ren Menschen bei. Besonders im Alter sind die Mahl- lichen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Einen zeiten oft die einzige Möglichkeit für soziale Kontak- hohen Informationsbedarf bezüglich einer ausgewo- te, z. B. beim Mittagstisch oder bei der Anlieferung genen Ernährung und der Darreichung von Speisen 15 Bundesministerium für des Menüs, sie sind strukturgebend und für viele die bei Menschen mit besonderen Anforderungen bei der Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Eine neue Höhepunkte des Tages. Pflege, haben auch Angehörige, für die ebenfalls An- Kultur des Alterns“ Alters- gebote geschaffen werden sollten. bilder in der Gesellschaft, Erkenntnisse und Empfeh- lungen des Sechsten Alten- berichts, 2010, S. 28 20
Bei der Verpflegung älterer Menschen zu Hause und altersbedingte Veränderungen wie nachlassende Sin- Förderung gesunder in stationären Senioreneinrichtungen besteht die neswahrnehmungen, Appetitlosigkeit, Depressionen Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit Herausforderung darin, sowohl den individuellen und zunehmende körperliche, geistige, psychische älterer Menschen Wünschen und lebenslang geprägten Vorlieben ge- und soziale Beeinträchtigungen, aber auch die Ein- recht zu werden als auch ein Verpflegungsangebot nahme von Medikamenten zu mangelndem Essen zu gestalten, dass eine ausreichende Nährstoffversor- und Trinken führen, was Mangelernährung und Dehy- gung gewährleistet und die Freude am Essen erhält. dratation zur Folge hat. Dies sollte unbedingt vermie- den werden, denn ein Gewichtsverlust im höheren Anforderungen an eine ausgewogene Alter kann nur schwer ausgeglichen werden17 und Verpflegung im Alter eine Dehydratation hat gravierende Auswirkun- Durch unterschiedlichste physiologische Verände- gen, auch auf die geistige Leistungsfähigkeit. Eine rungen im Prozess des Älterwerdens haben Seniorin- abwechslungsreiche Zusammenstellung des Speise- nen und Senioren ein erhöhtes Risiko für eine Fehler- plans, die auf einer Auswahl aus allen sieben Lebens- nährung.16 Im Vergleich zur Altersgruppe der 51- bis mittelgruppen des Ernährungskreises der Deutschen 65-Jährigen verändert sich im Alter über 65 Jahre Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) basiert, sichert nicht viel. Der Energiebedarf sinkt, ist jedoch abhän- eine ausgewogene und vollwertige Verpflegung. Wie gig von der körperlichen Aktivität. Das bedeutet, dass diese zu Hause – auch unterstützt durch eine Ver- auch im Alter eine angemessene Bewegung den Ener- pflegung mit „Essen auf Rädern“ und in stationären giebedarf steigert und dem Abbau der Muskelmasse Senioreneinrichtungen – konkret umgesetzt werden entgegenwirkt. Durch den niedrigeren Energiebedarf kann, zeigen die beiden DGE-Qualitätsstandards für müssen bei nahezu gleichem Nährstoffbedarf, wie ihn die Seniorenverpflegung: Der DGE-Qualitätsstan- die 51- bis 65-Jährigen haben, möglichst energiearme dard für die Verpflegung in stationären Senioren und gleichzeitig nährstoffreiche Lebensmittel ausge- einrichtungen und der DGE-Qualitätsstandard für 16 Volkert, Dorothee; Heseker, wählt werden. Durch den geringeren Energiebedarf Essen auf Rädern wurden von der DGE im Auftrag Helmut; Stehle, Peter: Ernährungssituation von besteht zum einen ein erhöhtes Risiko für eine Über- des Bundesministeriums für Ernährung und Land- Seniorinnen und Senioren ernährung, wenn die Energiezufuhr nicht entspre- wirtschaft im Rahmen von „IN FORM – Deutschlands mit Pflegebedarf in Privat- haushalten (ErnSiPP-Studie). chend eingeschränkt wird. Zum anderen können Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewe- In: Deutsche Gesellschaft gung“ entwickelt. für Ernährung (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht 2012. Bonn (2012) S. 183 – 184 17 Volkert, Dorothee: Ernährung im Alter, Quelle & Meyer Verlag GmbH& Co., Wiesbaden, 1997 21
Sie haben das Ziel, die Angebote der Gemeinschafts- Durch gezielte Angebote wie: TEIL Fachliche Aspekte verpflegung für ältere Menschen zu optimieren. Sie I der Gesundheits förderung im Alter bieten eine praxisorientierte Hilfestellung für Fach- nneine gute Infrastruktur zum Einkaufen kräfte aus den Bereichen Küche, Hauswirtschaft, Ser- nndieAufnahme von Speisenanbietern in lokale vice und für Mahlzeitendienste zur Umsetzung eines Informationsbroschüren für ältere Menschen vollwertigen Verpflegungsangebots in stationären nndieOrganisation gemeinsamer Mittagstische Senioreneinrichtungen und bei der Versorgung durch inklusive Fahrdiensten („Auf Rädern zum Essen“) „Essen auf Rädern“. Eine Verpflegung – wie in den nnFortbildungen für ältere Menschen und pflegende Qualitätsstandards beschrieben – leistet einen wich- tigen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit, der Leis- Angehörige zu den Themen „ausgewogene Ernäh- tungsfähigkeit und der Prävention vor Mangelernäh- rung“ und „besondere Kostformen“ rung. Im DGE-Qualitätsstandard für „Essen auf können Akteure in der Seniorenarbeit ganz Rädern“ sind hilfreiche Angaben aufgeführt, wie das wesentlich zu einer bedarfsgerechten Ernährung Speisenangebot über die Mittagsmahlzeit hinaus älterer Menschen beitragen. gestaltet werden kann. Für ältere Menschen ohne spezielle Anforderungen 2.3 Bewegung tut jedem gut an die Ernährung besteht eine gesundheitsfördernde Miriam Schreck, Deutscher Turner-Bund e. V. (DTB) Lebensmittelauswahl aus reichlich Gemüse, Obst, Wie sagt man im Volksmund so schön: „Bewegung Getreideprodukten – möglichst Vollkornprodukten –, ist die beste Medizin“, auch das Sprichwort eher fettarmer Milch und Milchprodukten, gelegent- „Wer rastet, der rostet“ trifft es auf den Punkt. lich Fleisch und fettreichem Seefisch sowie einer mög- lichst fettarmen Zubereitung der Speisen. Dagegen Der menschliche Körper braucht Bewegung und gilt es bei mangelernährten Seniorinnen und Senio- Bewegung ist gesundheitsfördernd! ren, die eine energetische Unterversorgung haben, Es ist allgemein bekannt, dass regelmäßige körper- abwechslungsreiche, aber eher fettreichere Lebens- liche Aktivität viele positive Effekte auf Körper und mittel auszuwählen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, auf Geist hat. Sie erhält und verbessert die Leistungsfakto- die Auswahl hochwertiger pflanzlicher Fette zu ach- ren Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer, ten, beispielsweise Raps-, Soja-, Walnuss- und Oliven- die essenziell für die selbstständige Bewältigung des 18 Deutsche Gesellschaft öl.18 für Ernährung (Hrsg.): DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern, 3. Auflage, Bonn 2014 22
Alltags sind. Bewegung wirkt positiv auf das Herz-Kreis- und an dem er gern teilnimmt. Dies setzt voraus, Förderung gesunder lauf-System und den Stoffwechsel, beugt Zivilisations- dass es unterschiedliche Angebote in der Kommune Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Hypertonie gibt und dass man über diese auch informiert ist. älterer Menschen vor, verbessert das Wohlbefinden und fördert die Diejenigen, die in der Arbeit mit älteren Menschen geistige Leistungsfähigkeit, um nur einige wichtige tätig sind, tragen Mitverantwortung. Zusammen- Auswirkungen zu nennen. schlüsse mit anderen Akteuren der Seniorenarbeit, Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese Wirkungen der Kommune und besonders mit Turn- und Sport- in allen Altersstufen, selbst im hohen Alter, eintreten vereinen sind sinnvoll und notwendig. Wenn jeder können. Besonders bislang inaktive Ältere können seine Kompetenzen einbringt, ist es mit einem relativ mit regelmäßigem, moderatem Training starke Effek- geringen Aufwand ein Leichtes, gesundheitsfördern- te erzielen. In Studien konnte nachgewiesen werden, de Bewegungsangebote einzuführen und nachhaltig dass das Krafttraining auch bei 90-Jährigen positiv auf aufrechtzuerhalten. Dabei werden Herausforderun- vielerlei körperliche und psychische Faktoren wirkt. gen zu meistern sein, wie eine gelungene Ansprache und Motivation der inaktiven Älteren. Gemeinsam Bei Bewegung im Alter gilt grundsätzlich: Ein bisschen mit anderen Netzwerkpartnern können jedoch für Bewegung ist besser als keine, und je früher mit regel- jede Situation passende Lösungen gefunden werden. mäßiger Bewegung begonnen wird, umso besser. Zusätzlich zu den Vorteilen eines gesundheitsfördern- Zu bedenken ist dabei, dass regelmäßige Bewegung den Bewegungsangebots für jeden Einzelnen sollen zwar nicht das Älterwerden verhindern, aber den die gesellschaftlichen und finanziellen Vorteile nicht natürlichen Leistungsabfall hinauszögern und durch außer Acht bleiben. Bewegung in einer (Vereins-) viele positive Effekte das Lebensgefühl steigern kann. Gruppe fördert die soziale Teilhabe und somit auch Selbst Menschen mit der einen oder anderen körper- die Bereitschaft, etwas für die Gemeinschaft zu tun. lichen Einschränkung können durch Bewegung ihre Teil einer Gruppe oder eines Turn- und Sportvereins Selbstständigkeit fördern und insgesamt positiv auf zu sein, von der Umgebung wertgeschätzt zu werden, Körper und Geist einwirken. Es ist wichtig, dass jeder, stärkt das Wohlbefinden und führt dazu, auch außer- ob jünger oder älter, ob mit oder ohne Einschrän- halb der Sporthalle Treffen zu vereinbaren. kung, das passende Bewegungsangebot für sich findet, das ihn fordert und fördert, bei dem er sich wohlfühlt 23
Abbildung 2: Auswirkungen von Bewegungsmangel und TEIL Fachliche Aspekte ausreichender Bewegung I der Gesundheits förderung im Alter Inaktivität Aktivität Motivation Motivations- verlust Leistungs- fähigkeits- erhalt Bewegungsmangel Erhöhter Ausreichend Bewegung Körperliche und geistige Leistungs- Erhöhte Geringes Einschränkungen fähigkeits- Lebensqualität Krankheits- abfall risiko Soziale Isolation Soziale Integration Mehrkosten für die Beitrag zur Erhöhung Allgemeinheit Unsicher- Allgemeinheit der Sicherheit heit, negatives Erhöhung der Ereignis (z.B. Unsicherheit Sturz) Selbstständige Alltags- bewältigung Immobilität Mobilität 24
Zudem bleiben aktive Senioren insgesamt länger Ist die Mundpflege nicht ausreichend, bilden sich Förderung gesunder selbstständig, können länger zu Hause leben, benöti- Mundbeläge, die zu Geschmacksverlusten und Krank- Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit gen weniger Hilfe und nehmen auch weniger bzw. heiten an den Zähnen (Karies), dem Zahnhalteapparat älterer Menschen später Pflege- und Altenheimplätze in Anspruch. (Parodontitis) und der Mundschleimhaut führen. Die Ausgaben der Kranken- und Pflegeversicherungen Die Mund- und Prothesenpflege ist die einfachste könnten möglicherweise reduziert werden. und erfolgreichste präventive Maßnahme. Sie sollte Bislang sind nur etwa 37 % aller 60- bis 69-Jährigen täglich morgens und abends vor dem Zubettgehen und etwa 28 % aller über 70-Jährigen mindestens durchgeführt werden. Der Zahnarzt berät bei der MERKE 2,5 Stunden pro Woche körperlich aktiv.19 In dieser Zahnputztechnik, der Auswahl der Pflegemittel Mit Mut und Engage- Zielgruppe steckt noch großes Potenzial. (Zahnbürste, Zahncreme, Mundspüllösung) und der ment kann durch Be- Prothesenreinigungsmittel. Regelmäßig, ein- bis wegungsangebote den Davon profitieren auch die Akteure selbst. Ziel ist zweimal pro Jahr, sollte er den Putzerfolg kontrollie- Senioren in Organisa- folglich die Förderung gesundheitsdienlicher Bewe- ren sowie die Gesundheit der Zähne, des Zahnhalte- tionen bzw. Instituti- gungsangebote im eigenen Senioren-Umfeld! apparates, des Zahnfleisches, der Mundschleimhaut onen und Kommunen etwas Gutes getan 2.4 Sachgerechte und ggf. die Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes werden. überprüfen. Mund- und Zahnpflege Im Mund wird die Speise mit all ihren lebenswichti- Dr. Peter Huber, gen Bestandteilen zerkleinert, mit Speichel vermengt Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) und gleitfähig gemacht, erst dann soll sie geschluckt Ein gesunder Mund trägt zum allgemeinen Wohl- werden. Die Kaumuskulatur und deren Kraft bestim- befinden und zum Erhalt des Selbstwertgefühls eines men die Kaufähigkeit. Abhängig von ihr wird die Menschen bei. Ein gesunder Mund verfügt über eine Nahrung ausgewählt. Erkrankungen der Zähne, intakte Schleimhaut, ein funktionstüchtiges Gebiss des Zahnhalteapparates, des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut, aber auch ein nicht funktionstüch- 19 Robert Koch-Institut (2012): und ist frei von Schmerzen und hat einen frischen Forschungsaktivitäten des Atem. Er besitzt u. a. die Fähigkeit, ein breites Spek- tiger Zahnersatz (z. B. unzureichender Halt, abgekau- Robert Koch-Instituts zum te Zähne, abgebrochene Teile) schränken die Kau- gesunden Älterwerden. URL: trum an Nahrungsmitteln zu kauen und zu essen, http://www.rki.de/DE/Cont- deutlich sprechen zu können. fähigkeit ein. Es wird dann nur noch das gegessen, ent/Gesundheitsmonitoring/ Themen/Gesundheit_im_ Alter/Gesundheit_Alter_ 23032012.pdf;jsessionid= 44EF5AFFA19C5FDDC- 039501CCB02B025.2_cid290 ?__blob=publicationFile 25
was problemlos gekaut werden kann. Die Ernährung Der Mund ist ein Teil des menschlichen Körpers und MERKE wird einseitig und deshalb werden weniger Vitamine, über das Blutgefäßsystem eng mit ihm verbunden. Zahnpflege am Morgen Mineralien und Ballaststoffe aufgenommen. Das kann Deshalb können allgemeine Erkrankungen auch und Zahn- und Prothesen- zu Mangelernährung und später zu Unterernährung Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben und pflege am Abend vor führen. Dabei sinkt nicht nur die Lebensqualität, es Munderkrankungen (z. B. Entzündungen) wiederum dem Zubettgehen und regelmäßige zahnärzt- steigt auch das Risiko zu erkranken. allgemeine Erkrankungen auslösen oder verstärken. liche Kontrolle Kauen ist ein hoch komplizierter Vorgang, der mehre- re Bereiche des Gehirns beansprucht und damit seine 2.5 Unterstützende Dienste für Blutversorgung steigert. So hilft ausreichendes Kauen ältere Menschen – Potenziale auch, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu erhalten. MERKE für die Gesundheitsförderung Ausgewogene und zum Der Speichel ist für die Mundgesundheit und für den Auf kommunaler Ebene sind vielfältige Dienstleis- Kauen „zwingende“ Halt einer herausnehmbaren Prothese von essenziel- Ernährung, ausreichende tungsangebote etabliert, die älteren Menschen im ler Bedeutung. Der Speichelfluss wird insbesondere tägliche Trinkmenge eigenen Wohnumfeld bei Bedarf wertvolle Unter- durch die Massage der Speicheldrüsen beim Kauen stützung im Alltag bieten und so eine eigenständige angeregt. Eine ausreichende Menge Speichel kann je- Lebensführung ermöglichen. Weitere Angebote zielen doch nur dann produziert werden, wenn dem Körper auf Freizeitgestaltung, soziale Teilhabe, Weiterbildung MERKE täglich genügend Flüssigkeit zugeführt und der Kreis- Ausreichend trinken und in oder Förderung der Bewegung. Die Dienstleistungen lauf durch körperliche Bewegung aktiviert wird. Bewegung bleiben werden von professionellen Anbietern sowie im Rah- Mit abnehmender Speichelmenge sinkt nicht nur die men der offenen Seniorenarbeit von ehren- und mundbezogene Lebensqualität, es steigt das Risiko, hauptamtlich Tätigen erbracht. Sie lassen sich in an einer Mund-, aber auch an einer allgemeinen Er- folgende Bereiche untergliedern: MERKE krankung zu leiden. Im Alter besonders häufig auftre- nngesundheitsbezogene Dienste durch ambulante Eine regelmäßige Mund- tende Störungen, wie Diabetes mellitus, hoher Blut- und Prothesenpflege druck und neurologische Erkrankungen, können den Pflegedienste, den Lieferservice von Apotheken, erhält Lebensqualität und Speichelfluss mindern. Eine Minderung der Speichel- Hausbesuche von Ärzten, Physiotherapeuten und Gesundheit nicht nur bei produktion ist auch eine unerwünschte Nebenwir- auch Zahnärzten Erwachsenen, sondern auch kung von Medikamenten, mit denen die genannten nnhaushaltsnahe Dienstleistungen (sachbezogene bei Seniorinnen und Senio- ren. Mund- und Zahnpflege Erkrankungen behandelt werden. Dienstleistungen), z. B. „Essen auf Rädern“, Liefer- sollte alle das ganze Leben service des Einzel- und Lebensmittelhandels, lang begleiten. Haushaltshilfen, Mittagstische 26
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