Länger gesund und selbstständig im Alter - aber wie? - www.in-form.de Potenziale in Kommunen aktivieren - IN FORM ...

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Länger gesund
und selbstständig
im Alter – aber wie?
Potenziale in Kommunen aktivieren

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Länger gesund und selbstständig
im Alter – aber wie?
Potenziale in Kommunen
aktivieren
Erfahrungen aus vier Pilotkommunen mit
Empfehlungen zur Umsetzung für Entscheidungsträger
und Verantwortliche in der Seniorenarbeit
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Impressum
Herausgeber                                            Wichtige Information
Bundesarbeitsgemeinschaft der                          Die Hinweise und Empfehlungen in dieser Broschüre
Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO)                  wurden von den Autorinnen und der Herausgeberin
                                                       nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und
Bonngasse 10 – 53111 Bonn
                                                       sorgfältig geprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht
02 28 / 24 99 93-0
                                                       übernommen werden. Eine Haftung der Autorinnen,
02 28 / 24 99 93-20
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                                                       nen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Förderung
Der vorliegende Erfahrungsbericht wurde gefördert      Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Eine
durch das Bundesministerium für Ernährung und          Vervielfältigung ist ohne Zustimmung der BAGSO
Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des          unzulässig. Die CD-Inhalte sind ausdrücklich zur
Deutschen Bundestages.                                 Verwendung freigegeben. Die zitierten Internet-
                                                       quellen basieren auf dem Stand von August 2014.
Autoren
Diese Handreichung zur Verbesserung der Gesundheits-   Zur Handhabung der Broschüre
förderung für Seniorinnen und Senioren wurde im        Im Innenteil der Broschürenrückseite befindet sich
Rahmen des BAGSO-Projektes „In Alter IN FORM –         eine CD-ROM. Sie enthält Arbeitshilfen zu den in der
Gesunde Lebensstile fördern“ von Anne v. Laufenberg-   Handreichung behandelten Themen, die die Umset-
Beermann und Gabriele Mertens-Zündorf erarbeitet.      zung in die Praxis erleichtern. Auf die Texte der CD
Gastbeiträge sind ausgewiesen.                         wird in der Broschüre durch ein Symbol mit Numme-
                                                       rierung hingewiesen. Die jeweilige Nummer findet
                                                       sich zu Beginn jeder Datei auf der CD wieder.
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Besonders zu beachtende Merksätze sind als Pfeile   Fotos
gestaltet.                                          Titel: shutterstock @ Rusian Guzov, Voronin76
                                                    fotolia @ Olga Galushko; istockphoto;
Praxisbeispiele aus den Pilotkommunen heben sich
                                                    123rf @ auremar
durch eine farbige Unterlegung von dem übrigen
                                                    Seite 13: istockphoto; Seite 18: 123rf @ auremar;
Text ab.
                                                    Seite 27: fotolia @ Olga Galushko; Seite 28: fotosearch
                                                    @ meinzahn; Seite 45: istockphoto; Seite 47: Portrait
Konzept und Bearbeitung
                                                    Benno Baumeister Fotonachweis SEZ Status frei-
Anne v. Laufenberg-Beermann, Dipl. Troph.,
                                                    gegeben; Seite 64: shutterstock @ Rusian Guzov;
Assessorin der Landwirtschaft, BAGSO
                                                    Seite 66: fotolia @ Janina Dierks; Seite 82: shutterstock
Gabriele Mertens-Zündorf, Dipl. Oec. Troph.,
                                                    @ Voronin76
Master Nonprofit Administration, BAGSO

Redaktionelle Bearbeitung
Ursula Lenz, BAGSO
                                                    Das Projektteam dankt den Verantwortlichen in den
                                                    Pilotkommunen Bad Windsheim, Sondershausen,
Korrektorat
                                                    im Landkreis Peine und in der Verbandsgemeinde
Helga Vieth
                                                    Diez für die konstruktive und gute Zusammenarbeit
                                                    und wünscht allen weiterhin viel Erfolg.
Gestaltung und Satz
GDE | Kommunikation gestalten
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Inhalt

    Grußwort des Bundesministers                          2.3	Bewegung tut jedem gut!
    für Ernährung und Landwirtschaft                  8        Miriam Schreck, Deutscher Turner-Bund   22
    Grußwort des Deutschen Landkreistages             9   2.4	Sachgerechte Mund- und Zahnpflege
                                                               Dr. Hans-Peter Huber, Deutsche
    Einführung                                       10
                                                               Gesellschaft für AlterszahnMedizin      25
                                                          2.5	Unterstützende Dienste und gesundheits-
    			Fachliche
     TEIL         Aspekte der                                  fördernde Angebote für ältere Menschen 26
      I   Gesundheitsförderung im Alter              13
    1.	Gesundes Älterwerden                         14
        Langlebigkeit verpflichtet zu einem
        gesunden und kompetenten Älterwerden –
        eine Herausforderung auch für die
        Seniorenarbeit
        Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr
        Vorsitzende der BAGSO

    2.	Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung
        der Leistungsfähigkeit älterer Menschen      19
       2.1 Die Vielfalt des Alters als Chance        19
       2.2	Die Bedeutung einer ausgewogenen
            Ernährung für ältere Menschen
            Ricarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft
            für Ernährung                            20

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 TEIL Prozess zur Gesundheitsförderung                 Schritt
  II  in vier Pilotkommunen            29              Einbindung der Akteure/
                                                       Werkstattveranstaltung II                      55
3.	Das BAGSO-Konzept zum Aufbau
    gesundheitsfördernder Angebote             32   		 1. Erarbeitung einer Prioritätenliste
                                                             der Ideen und Ziele                      55
	   Schritt
     Analyse erforderlicher Daten und Fakten   34   		 2. Planung der Vorhaben                       57
     Schritt                                        	Schritt
     Etablierung einer Steuerungsgruppe        38      Evaluierung der Ergebnisse
                                                       sowie Planung der Verstetigung                 63
	Schritt
     Informations- und Öffentlichkeitsarbeit   42   		 1. Erfahrungen aus dem Prozess
                                                           in der Stadt Bad Windsheim                 67
     Schritt
                                                    		     2. Auswertung der Vorhaben und
     Einbindung der Akteure /
                                                               Sachstand in der Stadt Sondershausen   69
     Werkstattveranstaltung I                  43
                                                    		     3. Auswertung der Vorhaben und
		      1. Stärken- und Schwächen-Analyse    43
                                                               Sachstand im Landkreis Peine           71
		       2. Erarbeitung von Ideen             44
                                                    		     4. Auswertung der Aktivitäten
     Schritt                                                   in der Verbandsgemeinde Diez           75
     Schulung von Akteuren                     51   4. Evaluierung des Prozesses                      78
                                                    5. Schlussbetrachtung                             79
                                                    6.	Verzeichnis der Abbildungen
                                                        und Abkürzungen                               80
                                                    7. Inhalt der beigefügten CD                      81

                                                                                                           7
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Grußwort des Bundesministers
                           für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt

                           Liebe Leserinnen und Leser,
                           Gesundheit ist ein hohes Gut für uns alle. Wir möchten   Denn es sind maßgeblich die Kommunen und Träger
                           heute gesund sein und wünschen uns, im Alter lange       von Einrichtungen und Institutionen, die die Lebens-
                           gesund zu bleiben. Gesundheit hängt eng mit Bewe-        welten der Bürgerinnen und Bürger gestalten. Hier
                           gung und Ernährung zusammen. Die Bundesregierung         müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die
                           setzt daher einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die       für Menschen aller Altersgruppen ausreichende, ge-
© BMEL „Bundesregierung/
                           Förderung eines gesunden Lebensstils, der ausreichend    sundheitsfördernde Angebote bereithalten. Informa-
Kugler
                           Bewegung und eine ausgewogene Ernährung umfasst.         tions- und Beratungsangebote gehören hierzu ebenso
                                                                                    wie gesunde Verpflegungs- und personengerechte
                           Mit dem Nationalen Aktionsplan „IN FORM –
                                                                                    Bewegungsangebote. Speziell in der Seniorenpolitik
                           Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und
                                                                                    können Kommunen einen bedeutenden Beitrag zur
                           mehr Bewegung“ trägt die Bundesregierung dazu
                                                                                    Vernetzung der Angebote für ältere Menschen leisten.
                           bei, dass Menschen in jedem Alter eine höhere Lebens-
                           qualität und Leistungsfähigkeit im privaten und be-      Ich würde mich freuen, wenn sich die Kommunen in
                           ruflichen Bereich erzielen. Wir fördern hierzu gezielt   Deutschland die Gesundheitsprävention – generationen-
                           Organisationen, Vereine und Verbände, die mit vor-       übergreifend und speziell für ältere Menschen – zur
                           bildlichen Projekten im Sinne von IN FORM aktiv          Herzensangelegenheit machten. Dies liegt im Interesse
                           sind. Die BAGSO ist hierfür ein sehr gutes Beispiel.     jedes einzelnen Menschen und unserer gesamten Ge-
                           Mit dem Projekt zu einem längeren gesunden und           sellschaft. Die BAGSO zeigt Wege zur Umsetzung auf.
                           selbstständigen Leben im Alter hilft sie Kommunen,       Ihr
                           Potenziale in der Seniorenarbeit zu erkennen und zu
                           aktivieren.                                              Christian Schmidt MdB
                                                                                    Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

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Grußwort des Deutschen Landkreistages
Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete

Das durchschnittliche Lebensalter nimmt erfreulicherweise weiter           Ältere Menschen sind, wie andere Altersgruppen auch, keine
zu und der Gesundheitszustand vieler Menschen ist sehr gut. Aller-         homogene soziale Gruppe. Für alle aber geht es darum, ihre
dings steigt zugleich auch die Zahl von Erkrankungen, insbesondere         Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft zu sichern.
Demenzerkrankungen, Pflegebedürftigen sowie älteren Menschen
                                                                           Dabei muss es gelingen, Menschen so früh wie möglich zu erreichen.
mit Behinderungen an. Länger gesund und selbstständig im Alter –
                                                                           Die Lebensbedingungen vor Ort müssen so gestaltet werden, dass
wer will das nicht?
                                                                           sie dem Entstehen besonderer Hilfebedürftigkeit entgegen wirken.
Das Projekt „Im Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“               Die kommunale Altenhilfe ist im Sinne eines seniorenpolitischen
hat zu einer mehrjährigen fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen              Konzepts über den sozialen Bereich hinaus mit dem Wohnumfeld,
der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und              den Dienstleistungs- und Unterstützungsangeboten wie der Nutzbar-
dem Deutschen Landkreistag geführt. Kein Wunder – liegt es doch            keit des ÖPNV zur Sicherung der Mobilität etc. zu verbinden.
nicht nur im kommunalen, sondern im ureigenen Interesse jedes
                                                                           Dass dies nicht „top down“ erfolgen darf, sondern nur „bottom up“
Bürgers, sich selbst um die eigene Gesundheit zu kümmern.
                                                                           Erfolg haben kann, zeigen vorliegend vier ganz verschie­dene Pilot-
Die Landkreise erbringen, verantworten und initiieren zusammen             kommunen: der niedersächsische Landkreis Peine, die bayerische
mit ihren kreisangehörigen Gemeinden seit Jahrzehnten vielfältige          Stadt Bad Windsheim, die thüringische Stadt Sondershausen und
Leistungen und Unterstützungsangebote für ältere und alte Men-             die rheinlandpfälzische Verbandsgemeinde Diez. Ausgehend von den
schen. Sie fördern gesundheitliche Altersvorsorge z. B. durch Freizeit-,   unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort hat jede Kommune für sich
Gesundheits-, Kommunikations- und Bildungsangebote. Nicht alles            den erforderlichen Prozess gewählt und ihre Potenziale entwickelt.
muss von ihnen selbst gewährt oder organisiert werden. Hier kommt
                                                                           Ich danke allen Beteiligten und der BAGSO für ihr Engagement in
die Bedeutung der Kommune im doppelten Sinne zum Tragen:
                                                                           unserem gemeinsamen Bemühen, Gesundheitsförderung im Alter
nicht nur als Gebietskörperschaft, sondern auch als Gemeinwesen,
                                                                           noch stärker als bislang im ganz normalen Alltag zu verankern.
jeweils für den örtlichen Wirkungs­bereich. Dies nehmen die Senio-
ren-Organisationen gleichfalls in den Blick.                               Dr. Irene Vorholz
                                                                           Beigeordnete des Deutschen Landkreistages

                                                                                                                                             9
Länger gesund und selbstständig im Alter - aber wie? - www.in-form.de Potenziale in Kommunen aktivieren - IN FORM ...
Einführung

                                  „Wenn das Altern positiv erlebt werden soll, muss ein     Pflegebedarf zu verhindern, es ist auch ein zentraler
                                  längeres Leben mit der Aufrechterhaltung von Gesund-      Wunsch der älteren Menschen selbst, wie die Gene-
                                  heit, Teilnahmemöglichkeit und Sicherheit einhergehen“    rali Altersstudie 2013 belegt 2. Um die genannten
                                  (Weltgesundheitsorganisation, WHO) 1                      gesellschaftspolitischen Ziele zu erreichen, sind auf
                                                                                            kommunaler Ebene konkrete politische Strategien
                                  Die WHO veröffentlichte im Rahmen der Weltkon-
                                                                                            umzusetzen.
                                  ferenz der Vereinten Nationen zum Thema „Ageing“
                                  im April 2002 in Madrid Politik-Empfehlungen zum          Diese Handreichung zeigt in Teil I die Zusammen-
                                  „Aktiven Altern“. Sie stellt, wie aus dem Eingangszitat   hänge von Ernährung, Bewegung, Mund- und Zahn-
                                  deutlich wird, folgende drei Schwerpunktbereiche in       gesundheit und der Gesundheitsförderung auf. In
                                  den Vordergrund:                                          Teil II wird vorgestellt, wie auf kommunaler Ebene die
                                  nnGesundheit
                                                                                            Gesundheitsförderung älterer Menschen initiiert und
                                                                                            dauerhaft etabliert werden kann. Zuvor werden kurz
                                  nnSoziale Teilhabe                                        die aktuellen Initiativen und Strategien auf nationaler
                                  nnSicherheit.                                             Ebene skizziert, auf die sich das im zweiten Teil vor-
                                                                                            gestellte BAGSO-Konzept begründet.
                                  Die „Aufrechterhaltung der Gesundheit“ bzw. die
                                  Gesundheitsförderung älterer Menschen ist auch in         Deutschlands Initiative IN FORM für
                                  Deutschland zu einem zentralen gesellschaftspoliti-       die Zielgruppe der älteren Menschen
                                  schen Thema geworden. Dies belegt die Vielzahl an         Im Jahr 2008 wurde „IN FORM – Deutschlands Initia-
                                  Veröffentlichungen und Tagungen bundesweit.               tive für gesundeErnährung und mehr Bewegung“ auf
1
    Weltgesundheitsorganisation   Expertengremien verschiedener Disziplinen erörtern
    EUROPA: Gesundes Altern –                                                               Beschluss der Bundesregierung vom Bundesministe-
    Aufsuchende Aktivierung       beispielsweise Einflussgrößen auf die Gesundheit im       rium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und
    älterer Menschen, 2002,       Alter und erarbeiten Strategien zur Verbesserung der
    Vorwort                                                                                 vomBundesministerium für Gesundheit (BMG) ini-
2
    Generali Altersstudie:        Gesundheit Älterer. Die Bewahrung der Gesundheit          tiiert und ist seitdem bundesweitmit Projektpartnern
    Generali Zukunftsfonds        ist nicht nur ein gesellschaftspolitisches Ziel, um
    (Hrsg.) und Institut für                                                                für Menschen in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist,
    Demoskopie Allensbach,        die Leistungsfähigkeit älterer Menschen so lange          dasErnährungs- und Bewegungsverhalten der Men-
    2012                          wie möglich zu erhalten und damit frühzeitigen            schen dauerhaft zu verbessern.
10
Unter dem Stichwort „Fit im Alter“ werden Projekte       Abbildung 1: Gesellschaftliche Entwicklungstendenz im demografischen Wandel7
und Maßnahmen in derLebenswelt älterer Menschen
                                                                             Zunahme                                             Rückgang
gefördert und umgesetzt. Die BAGSO unterstütztdie
Ziele von IN FORM und „Fit im Alter“ mit bundes-
weiten Schulungen undFachtagungen. Deutschlands
Initiative IN FORM zielt sowohl auf die Verhaltens3-                   Eingeneration- und
als auch auf die Verhältnisprävention4, d. h. die ge-                    Singlehaushalte
sundheitsfördernde Gestaltung des Wohnumfeldes                                                                           Mehrgenerationen-
                                                                                                                            Haushalte
in den verschiedenen Lebenswelten der Bürgerinnen
und Bürger, ab.                                                         Pflegebedürftige
                                                                            Personen
Nationales Gesundheitsziel „Gesund älter werden“                                                                         Häusliche familiäre
In der vom Bundesministerium für Gesundheit im Jahr                                                                       Pflegepersonen
2012 veröffentlichten Schrift „Nationales Gesundheits-
                                                                        Lebenserwarung
ziel Gesund älter werden“ sind zentrale Informationen
und Handlungsschritte zur Realisierung der Gesund-                                                                              Geburten
heitsförderung älterer Menschen dargestellt 3. Dieses
Gesundheitsziel unterscheidet drei Handlungsfelder:

I.	Gesundheitsförderung und Prävention:
                                                         zur persönlichen Lebensweise
                                                          Gesellschaftliche            und zur gesellschaft-
                                                                            Entwicklungstendenzen
                                                                                                                 3
                                                                                                                   Verhaltensprävention
                                                                                                   im demografischen  Wandel             will die Ver-
    Autonomie erhalten                                                                                             meidung von gesundheitsgefährden-
                                                         lichen Teilhabe sowie neue Anforderungen sowohl an        dem Verhalten (z. B. ungesundes
II.	Gesundheitliche, psychosoziale und                  Versorgungsstrukturen als auch an die Gesellschaft.6      Essen, vernachlässigte Zahnpflege)
                                                                                                                              erzielen
     pflegerische Versorgung                                                                                                  Verhältnisprävention befasst sich
                                                         Wie kann Gesundheitsförderung
                                                                                                                          4

                                                                                                                              mit technischen, organisatorischen
III.	Besondere Herausforderungen.5                      auf kommunaler Ebene gelingen?                                       und sozialen Bedingungen des ge-
                                                                                                                              sellschaftlichen Umfeldes und der
Das zweite Kapitel „Gesundheit und Alter“ der Publika-   Diese Publikation der BAGSO zeigt auf, wie die                       Umwelt sowie deren Auswirkung auf
                                                                                                                              die Entstehung von Krankheiten 3
tion stellt dar, in welchem gesellschaftlichen Kontext   Umsetzung des gesellschaftspolitischen Ziels im                      Bundesministerium für Gesundheit:
die Gesundheitsförderung älterer Menschen zu sehen       Handlungsfeld I „Gesundheitsförderung und Präven-                    Nationales Gesundheitsziel Gesund
                                                                                                                              älter werden, 2012, S. 28
ist und welche Bedeutung sie für die verschiedenen       tion: Autonomie erhalten“ auf kommunaler Ebene                   5
                                                                                                                              Vgl. ebd., S. 4
Entwicklungen hat. Vorrangig zu nennen sind demo-        konkret realisiert werden kann. Sie richtet sich an
                                                                                                                          6
                                                                                                                              Vgl. ebd., S. 11
                                                                                                                          7
                                                                                                                              „Alt sind immer die anderen“ Bun-
grafische, epidemiologische und soziale Veränderun-      verantwortliche Akteure in der Seniorenarbeit bzw.                   deszentrale für gesundheitliche Auf-
gen (s. Abb. 1), zunehmend veränderte Einstellungen      Seniorenpolitik.                                                     klärung (BZgA), Flyer

                                                                                                                                                              11
Tabelle 1: Statistische Daten der Pilotkommunen                  Die Erfahrungen in den verschiedenen Maßnahmen
                                                                                                            des Projektes zeigten, dass die Akteure in der kommu-
 Kommune                           Bad               Sonders-           Landkreis              Verbands-    nalen Seniorenpolitik häufig Fragen zur praktischen
                                Windsheim             hausen              Peine                gemeinde     Umsetzung der Gesundheitsförderung in ihrem Auf-
                                                                                                 Diez       gabenfeld haben. Dies führte zur Entwicklung des
                                   Bayern           Thüringen         Niedersachen             Rheinland-   „BAGSO-Konzeptes zur Verbesserung der Gesund-
                                                                                                 Pfalz      heitsförderung älterer Menschen auf kommunaler
                                   11.955 4)          21.907 5)          130.047 3)             25.196 1)   Ebene“. Es wurde im Zeitraum von Januar 2013 bis
 Bevölkerung                                                                                                August 2014 in den vier vorwiegend ländlich struktu-
                                    (2012)             (2013)             (2012)                 (2010)
                                                                                                            rierten Pilotkommunen Bad Windsheim (Bayern),
                                     2029              2030                2030                   2030
                                                                                                            Sondershausen (Thüringen), Landkreis Peine (Nieder-
 Vorausberechnung                  11.670 4)          17.710 5)          116.7403)              23.650 1)
                                                                                                            sachsen) und der Verbandsgemeinde Diez (Rheinland-
                                   (–2,5 %)           (–24,5)            (–10,2 %)              (–6,2 %)
                                                                                                            Pfalz) erprobt und ist auf andere Kommunen über-
 Altenquotient 2030                 53,0 5)             84,4 5)             58,7 5)              50,6 2)    tragbar. Einen Überblick über Bevölkerung und demo-
                                                                                                            grafische Entwicklung gibt nebenstehende Tabelle.
 Quellen:
 1)
      Bevölkerungsstatistik Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz                                         Informationen über Besonderheiten der Pilot-
 2)
      eigene Berechnungen basierend auf Zahlen des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz                kommunen sind der CD zu entnehmen.
 3)
      Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN)
 4)
      Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung                                             Die Handreichung enthält Informationen zur
 5)
      www.wegweiserkommune.de
                                                                                                            methodischen Vorgehensweise, dem fachlichen/
                                                                                                            wissenschaftlichen Hintergrund und zu möglichen
                                                                                                            „Stolpersteinen“, die beim Prozess zur Verbesserung
                                           Die Ausführungen basieren auf Erkenntnissen, die
                                                                                                            der Gesundheitsförderung beachtet werden sollten.
CD      Nr. 7.1                            das BAGSO-Team im Laufe des Projektes „Im Alter
                                           IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ gewonnen                  Das BAGSO-Konzept besteht aus sieben Schritten,
                                           hat. Es wurde im Rahmen von „IN FORM – Deutsch-                  die im zweiten Teil dieser Broschüre ausführlich dar-
                                           lands Initiative für gesunde Ernährung und mehr                  gestellt werden. Die Beispiele aus den Pilotkommu-
                                           Bewegung“ im Zeitraum von 2012 bis 2014 durch-                   nen veranschaulichen die Umsetzung der Projekt-
                                           geführt.                                                         schritte in der Praxis. Detaillierte Ablaufpläne und
                                                                                                            Arbeitsmittel wie Checklisten und Präsentationen,
                                                                                                            die in den Pilotkommunen angewendet wurden,
                                                                                                            sind auf der beigefügten CD zu finden.

12
Fachliche Aspekte
                                  TEIL                 der Gesundheits-
                                      I                förderung im Alter

Um die Bedeutung der Prävention zur Aufrechterhal-
tung der Autonomie älterer Menschen verständlich
zu machen, werden gemeinsam mit den Kooperations-
partnern der BAGSO folgende fachliche Informationen
und Zusammenhänge kurz vorgestellt:
Das Grundlagenwissen und Verständnis der Wechsel-
wirkungen von Gesundheit, Ernährung und Bewe-
gung wie auch von Mund- und Zahngesundheit sind
für die Gestaltung der Gesundheitsförderung – sowohl
in der Verhaltens- als auch in der Verhältnispräven-
tion – unerlässlich.
Angaben zu weiterführenden Fachinformationen
sind auf der beiliegenden CD zu finden.
                                                                            CD Nr. 7.2

                                                                                         13
TEIL
     I
         Fachliche Aspekte
         der Gesundheits­
                              1 | Gesundes Älterwerden
         förderung im Alter

                              Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesun-               2. Gesundheit schließt aber auch die Fähigkeit ein,
                              den und kompetenten Älterwerden – eine                       sich mit etwaigen Belastungen, mit Einschränkun-
                                                                                           gen, mit Behinderungen – im körperlichen, aber
                              Herausforderung auch für die Seniorenarbeit
                                                                                           auch im geistig-seelischen und sozialen Bereich –
                              Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr                               auseinanderzusetzen, adäquat damit umzugehen
                              Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg         und dennoch ein zufriedenstellendes Leben zu
                              Vorsitzende der BAGSO                                        führen.
                              Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens.       Die WHO hat Gesundheit als „active state“ definiert
                              Noch nie zuvor haben so viele Menschen eine so lange     und darunter die Fähigkeiten zur selbstverantwort-
                              Lebenszeit gehabt wie heute. Sehen wir darin nicht ein   lichen, selbstständigen Lebensführung verstanden.
                              Problem, sondern eine Chance! Freuen wir uns über        Die Zeit des aktiven, relativ gesunden Alterns nimmt
                              die zunehmende Langlebigkeit. Setzen wir uns ein für     zu und wird weiter zunehmen, vorausgesetzt, optima-
                              ein Älterwerden bei möglichst großem körperlichem        le Prävention und Gesundheitsvorsorge werden aus-
                              und seelisch-geistigem Wohlbefinden.                     gebaut. Altern ist ein lebenslanger Prozess! Die meisten
                                                                                       Krankheiten im Alter sind keine Alterskrankheiten,
                              Gesundheit – was ist das?
                                                                                       sondern alternde Krankheiten, sie haben sich im frü-
                              1. Gesundheit ist – der früheren klassischen WHO-       heren Leben über eine lange Zeit entwickelt. Das gilt
                                  Definition entsprechend – „körperliches, seelisch-   insbesondere für die vier gesundheitlichen Haupt-
                                  geistiges und soziales Wohlbefinden“. Es ist also    probleme:
                                  nicht nur von Bedeutung, ob man laut Arzturteil      1. kardiovaskuläre Erkrankungen
                                  und Laborbefund gesund ist, sondern auch wichtig,
                                                                                       2. Stoffwechsel-Erkrankungen (Diabetes II)
                                  ob man sich gesund fühlt. Der sogenannte „sub-
                                  jektive Gesundheitszustand“ ist, wie unsere und      3.	Erkrankungen der Wirbelsäule, Osteoporose,
                                 internationale Untersuchungen zeigen, ganz ent-           Gelenkprobleme
                                  scheidend für eine hohe Lebensqualität im Alter.     4. einige Tumorerkrankungen.

14
Dies sind Krankheiten, die sich weitgehend durch den       überzeugen, wie wichtig körperliche Bewegung und            Gesundes
Lebensstil beeinflussen lassen. Langlebigkeit verpflich-   gesunde Ernährung, aber auch geistige und soziale        Älterwerden

tet: Wir haben alles zu tun, um ein möglichst hohes        Aktivität für ein Altwerden bei Wohlbefinden sind.
Lebensalter bei psycho-physischem Wohlbefinden
                                                           Die Bedeutung umweltbezogener Prävention
zu erreichen – und das ist eine lebenslange Aufgabe;
Prävention ist eine Aufgabe von den ersten Lebens-         Wir leben heute in einer Welt, in der einem über
tagen an.                                                  75-Jährigen nur noch weniger als zehn Menschen,
                                                           die jünger als 75 sind, gegenüberstehen.
Altern, Prävention, Rehabilitation
und Pflegebedürftigkeit                                    Wir haben z. B. Konzepte der Stadtentwicklung zu
                                                           überdenken – von der Verkehrsführung bis hin zu
Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit fällt vorwiegend        Sportstätten und Sportmöglichkeiten für Ältere.
in der Gruppe der über 80-Jährigen ins Gewicht und         Neben Kinderspielplätzen brauchen wir Sport- und
betrifft dort rund 20 %, bei den 85- bis 90-Jährigen       Freizeitmöglichkeiten, Bewegungsparcours für Ältere.
38 % und den über 90-Jährigen 57 %. Das heißt aber,        Warmbadetage in Schwimmbädern werden immer
dass noch rund die Hälfte der Hochbetagten in der          notwendiger. Wir müssen uns Gedanken über die
Lage ist, allein kompetent ihren Alltag zu meistern.       Erreichbarkeit von Schwimmbädern, Sportstätten,
Zunächst gilt es, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden –       Arztpraxen und Einkaufsmöglichkeiten machen.
und das ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen       Um Hinfälligkeit oder gar Pflegebedürftigkeit zu ver-
und die Gesellschaft. Präventive Maßnahmen sollten         meiden, gilt es, eine „präventive Umweltgestaltung“
weit stärker verankert werden. Dazu gehören ein ent-       oder auch eine „umweltbezogene Prävention“ zu ent-
sprechender gesundheitsbewusster Lebensstil, die           wickeln, die zum einen Stolpersteine, Barrieren erken-
Förderung der Eigenverantwortung und die Teilnah-          nen und ausräumen muss, zum anderen aber auch
me an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen.                 zu Aktivitäten motivieren und zu einem gesundheits-
Der Prävention ist weit mehr Bedeutung zuzumessen.         bewussten Lebensstil anregen sollte.
Wir alle sollten an die Eigenverantwortung im Hinblick
auf einen möglichst gesunden Lebenswandel appellie-
ren, wir sollten Bewegung, Gymnastik und Sport in
unseren Tagesablauf fest einbauen und auf eine gesun-
de Ernährung achten. Der Arzt und all diejenigen, die
in der Seniorenarbeit tätig sind, müssen erklären und

                                                                                                                                  15
Förderung eines gesundheits-                             rungen, Medikamenteneffekte) – die u. a. zu Appetit-
    TEIL         Fachliche Aspekte
                                                                                               verlust, gestörtem Geschmacksempfinden und Mund-
      I          der Gesundheits­     bewussten Lebensstils
                 förderung im Alter                                                            trockenheit führen können – hingewiesen. Aber auch
                                      Zu einem gesunden und kompetenten Altern tragen          Schwierigkeiten beim Einkauf durch eingeschränkte
                                      bei:                                                     Mobilität und Probleme bei der Nahrungszubereitung
                                      nngesunde  Ernährung (Alkohol nur in Maßen,              sind zu nennen.
                                        Verzicht auf Nikotin)                                  Älter werden – aktiv bleiben
                                      nnkörperliche Aktivität,   Sport
                                                                                               Die Bedeutung der Aktivität für ein Altwerden bei
                                      nngeistige Aktivität                                     psycho-physischem Wohlbefinden wurde in der Wis-
                                      nnSozialkontakte,
                                                                                               senschaft schon lange erkannt. Spätestens seit Anfang
                                                          soziale Aktivität
                                                                                               der 1970er Jahre betonen Mediziner, Psychologen,
                                      nnund   nicht zuletzt eine ausgeglichene Lebensbilanz.   Sportwissenschaftler und Experten anderer Diszipli-
                                                                                               nen: Körperliche, geistige und soziale Aktivität ist den
                                      Ernährungsverhalten
                                                                                               Erkenntnissen der gerontologischen Forschung zufol-
                                      Beim Ernährungsverhalten spielt eine Reihe psycho-       ge die Voraussetzung für Lebensqualität in der dritten
                                      logischer Gesichtspunkte eine Rolle 8. Die Tiefenpsy-    oder vierten Lebensphase.
                                      chologie und auch die Sozialisationsforschung bieten
                                                                                               Die WHO hat 2004 festgestellt: „Millionen Tote durch
                                      sowohl für eine „Nahrungsverweigerung“ als auch für
                                                                                               zu wenig Bewegung und zu viel Zucker, Fett, Salz!“
                                      „übermäßige Nahrungszufuhr“, Gefräßigkeit oder
                                      Naschsucht eine Reihe von Erklärungsmöglichkeiten        Der Nachweis, dass die für das einzelne Individuum
                                      an. Probleme der Mangelernährung (Malnutrition)          „richtigen“ sportlichen Aktivitäten, in richtiger Dosie-
                                      wurden untersucht und neben psychischen Ursachen         rung ausgeübt, das psychische Wohlbefinden steigern
                                      (Depressionen, Konfrontation mit kritischen Lebens-      und die relevanten physiologischen Werte auch beim
                                      ereignissen) wurde vor allem auf physiologische          50-, 60-, 70- und sogar über 80-Jährigen noch ver-
                                      Alternsveränderungen (Veränderung der Geschmacks-        bessern können, ist mehrfach seitens der Sport-
8
    Lehr, Ursula (2003):              und Geruchsnerven, Kaubeschwerden, Schluckstö-           wissenschaft und Sportmedizin erbracht worden.
    Probleme des Alterns und
    Möglichkeiten der Einfluss-
    nahme: Altern in einer altern-
    den Welt – Langlebigkeit
    verpflichtet, Aktuelle Ernäh-
    rungsmedizin, 28, 2003, S.
    219 – 226

16
Ebenso wurde gezeigt, dass körperliche Aktivität, Be-       Freundeskreis mehr und mehr, viele nahestehende                   Gesundes
wegung und Sport kognitive Fähigkeiten beeinflussen.        Menschen sterben, es können leicht Einsamkeits-                Älterwerden

In Langzeitstudien haben die Seniorinnen und Senio-         gefühle auftreten. Daher ist die Förderung der sozia-
ren ihre intellektuellen Fähigkeiten, vor allem ihre        len Teilhabe ein wichtiger Aspekt der Gesundheits-
Gedächtnisleistungen, am stärksten verbessert und           förderung.
über Jahre hinweg gehalten, die neben dem Gedächt-
                                                            Abschließende Bemerkung:
nis-Trainingsprogramm gleichzeitig ein körperliches
Aktivierungsprogramm durchgeführt haben.9, 10               Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Wir leben in
                                                            einer alternden Welt. Jeder Einzelne von uns, aber
Bei MEUSEL heißt es: „Was bisher als Alternsprozess
                                                            auch die Gesellschaft, die Kommunen haben alles zu
verstanden wurde, ist in hohem Maße Auswirkung
                                                            tun, damit möglichst gesund und bei hoher Lebens-
mangelnden Trainings. Deshalb können sportliche
                                                            qualität ein hohes Alter erreicht werden kann. Dass –
Betätigung und Bewegungsaktivität überhaupt helfen,
                                                            neben Vorsorgeuntersuchungen, richtiger Ernährung
die Leistungsfähigkeit in allen motorischen Fähig-
                                                            und Vermeidung sonstiger Risikofaktoren – Sport,
keiten bis ins hohe Alter zu erhalten.“ 11
                                                            Bewegung, körperliche Aktivität, aber auch geistige     9
                                                                                                                         Oswald, Wolf D. et al.:
Aber wir brauchen auch geistige Aktivität.                  und soziale Aktivität dazu beitragen, ist heute durch        Bedingungen der Erhaltung
                                                                                                                         und Förderung von Selbst-
                                                            viele Untersuchungen belegt. Prävention ist not-             ständigkeit im höheren
Unsere Forschungen belegen12: Geistig aktivere Men-         wendig und erspart Krankheits- und Pflegekosten.             Lebensalter (SIMA):
schen, Personen mit einem höheren IQ, einem breite-         Doch unsere alternde Gesellschaft braucht auch eine
                                                                                                                         Verlaufsanalyse des kogni-
                                                                                                                         tiven Status, in: Zeitschrift
ren Interessenradius, einem weitreichenderen Zu-            „umweltbezogene Prävention“, die zu Aktivitäten              für Gerontopsychologie
kunftsbezug erlangen – wie auch die bekannten inter-        motiviert. Hier sind die Kommunen gefordert, sich
                                                                                                                         und –psychiatrie 11, 2013,
                                                                                                                         S. 202 – 2121
nationalen Längsschnittstudien übereinstimmend              auf den demografischen Wandel einzustellen.             10
                                                                                                                         Mechling, Heinz: „fit für 100” –
feststellen – ein höheres Lebensalter bei psycho-phy-                                                                    Prävention: Eine Heraus-
sischem Wohlbefinden als jene, die weniger Interessen       Aber das ist auch eine Herausforderung für Vereine,          forderung in unserer Zeit,
                                                                                                                         Schriftenreihe der Senioren-
haben und geistig weniger aktiv sind. Der Volksmund         Altenclubs, Altenheime und Selbsthilfegruppen. Es            Union der CDU NRW,
sagt schlicht, aber zutreffend: „Was rastet, das rostet.“   gilt, zu informieren, zu motivieren, mögliche Hinder-        Ausgabe Nr. 17, 2014,
                                                                                                                         Recklinghausen:
                                                            nisse und Barrieren, die diesen Aktivitäten im Weg           Medienagentur Sobiech
Aber wir brauchen auch soziale Aktivität, den Kon-          stehen, aufzuspüren und zu beseitigen und dann          11
                                                                                                                         Meusel, H.: Bewegung,
takt zu anderen Menschen, über die Familie hinaus.                                                                       Sport und Gesundheit im
                                                            zu einem „aktiven Altern“ anzuleiten und geradezu            Alter 1996, Wiesbaden:
Freilich, mit zunehmendem Alter schrumpft der               „zu verführen“.                                              Quelle & Meyer
                                                                                                                    12
                                                                                                                         Lehr, Ursula: Psychologie
                                                                                                                         des Alterns, 11. Auflage,
                                                                                                                         2007, Heidelberg:
                                                                                                                         Quelle & Meyer

                                                                                                                                                     17
„Aktiver leben – aktiv erleben“, das ist die Herausfor-
  TEIL    Fachliche Aspekte
                               derung in unserer Zeit des demografischen Wandels,
     I    der Gesundheits­
          förderung im Alter   in einer Zeit zunehmender Lebenserwartung.

                                    Es gilt, nicht nur dem Leben Jahre zu geben,
                                        sondern den Jahren Leben zu geben!
                                 Es kommt nicht nur darauf an, wie alt man wird,
                                          sondern wie man alt wird!

CD Nr. 7.4.26                  Die ausführliche Version des Textes von
                               Prof. Dr. Ursula Lehr ist auf der CD zu finden.

18
2 | Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung                                                                         Förderung gesunder
                                                                                                                     Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen
                                                                                                                        der Leistungsfähigkeit
                                                                                                                             älterer Menschen

2.1 Die Vielfalt des Alters als                          Ein realistisches und individuelles Altersbild dagegen,
                                                         das auch die Potenziale, die Produktivität und Akti-
Chance– Altersbilder                                     vität älterer Menschen berücksichtigt, wirkt sich posi-                  MERKE
Im Prozess des Älterwerdens – von der Geburt bis         tiv aus – sowohl auf die Seniorinnen und Senioren                        Akteure sollten ihre
zum Tod – nehmen die Unterschiede zwischen den           als auch auf die Gesellschaft. Dies zeigt sich beispiels-                „Bilder von älteren
Menschen nicht ab, sondern zu. Die Biografie älterer     weise in Bezug auf die Möglichkeiten der Beteiligung                     Menschen“ differen-
Menschen zeigt aufgrund der unterschiedlichen fami-      und Engagementförderung älterer Menschen.14 Es ist                       zieren und die Poten-
liären und sozialen Lebensumstände sowie der ver-        daher wichtig, dass die beteiligten Akteure ihre eige-                   ziale älterer Menschen
schiedenen Bildungs- und Berufswege große Unter-         nen „Bilder von älteren Menschen“ kritisch hinter-                       sehen!
schiede: im Gesundheitszustand, in der finanziellen      fragen, differenzieren und nicht nur einseitig, d. h.
Lage, den Lebensstilen wie beispielsweise der Tages-     oftmals negativ, betrachten.
gestaltung, den Interessen und der sozialen Teilhabe.    Eine Verständigung auf die verschiedenen Erschei-
Die verschiedenen Lebensläufe und Lebensstile soll-      nungsformen, die Stärken, aber auch die Grenzen des
ten in den gesundheitsfördernden Angeboten berück-       Alters ist unverzichtbar, um eine gemeinsame Ziel-
sichtigt werden.13                                       setzung und Ausrichtung der Gesundheitsförderung
Gerade in der gesundheitlichen Versorgung beein-         zu ermöglichen. Eine differenzierte Darstellung der
flussen die Altersbilder der Mitarbeiterinnen und Mit-   vielfältigen Formen des Alterns entspricht am ehesten
arbeiter der Pflegedienste ihr Handeln gegenüber         den vielfältigen Persönlichkeiten älterer Menschen.
den älteren Menschen – mit Auswirkungen auf deren        Ergänzend sollten sie auch in Beziehung zu ihrem
Lebensqualität. Außerdem prägen sie das Selbstbild       unterschiedlichen sozialen, d. h. familiären, nach-
der älteren Menschen und damit ihr Verhalten.            barschaftlichen oder freundschaftlichen, Umfeld                     13
                                                                                                                                  Bundesministerium für
                                                         betrachtet werden. Den Beziehungen zwischen den                          Familie, Senioren, Frauen
Eher defizitorientierte Altersbilder auf Seiten der                                                                               und Jugend: „Eine neue
                                                         Generationen kommt eine besondere Bedeutung für                          Kultur des Alterns“ Alters-
ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und           den verantwortungsvollen Umgang mit der Gestal-                          bilder in der Gesellschaft,
Mitarbeiter in der Seniorenarbeit können präventive                                                                               Erkenntnisse und Empfeh-
                                                         tung der Gesundheitsförderung auf kommunaler                             lungen des Sechsten
Maßnahmen be- und verhindern.                            Ebene zu.                                                                Altenberichts, 2010, S. 16
                                                                                                                             14
                                                                                                                                  Vgl. ebd., S. 18.

                                                                                                                                                            19
Zu Unrecht werden viele gesundheitliche Probleme         Das Ernährungsverhalten hat sich über ein ganzes
     TEIL        Fachliche Aspekte
                                      älterer Menschen auf das Alter allein zurückgeführt.     Leben entwickelt und ist von zahlreichen Erfahrun-
       I         der Gesundheits­
                 förderung im Alter   Damit werden ihre Entfaltungsmöglichkeiten und           gen geprägt. Das wachsende Lebensmittelangebot,
                                      ihre Potenziale nicht gesehen. Alter und Krankheit       Ernährungstrends und wissenschaftliche Erkenntnis-
                                      sind nicht gleichzusetzen. Bei der Gesundheitsförde-     se im Ernährungsbereich haben Einfluss auf Vorlieben
                                      rung sollten alle Menschen bis ins hohe Alter in den     und Abneigungen. Sich selbst zu versorgen, Gäste zu
                                      Blick genommen und adäquate Angebote etabliert           bewirten, gemeinsam zu genießen und Freude am
                                      werden. Die Erhaltung der körperlichen, seelisch-        Essen und Trinken zu haben, trägt zum Wohlbefinden
                                      geistigen und sozialen Gesundheit aller Seniorinnen      bei. Den Themen Ernährung und Verpflegung kommt
                                      und Senioren erfordert Konzepte der Gesundheits-         bei der Planung der Versorgung älterer Menschen in
                                      förderung, die personen- und sachgerechte Angebote       der Kommune daher eine große Bedeutung zu. Das
                                      und Maßnahmen ermöglichen.15                             beinhaltet nicht nur die Organisation von Fahrdiens-
                                                                                               ten, die es Seniorinnen und Senioren ermöglichen,
                                      2.2 Die Bedeutung einer                                  sich zu Hause gut zu versorgen, sondern auch Ange-
                                      ausgewogenen Ernährung                                   bote für gemeinsame Mittagstische zu schaffen.
                                                                                               Die Anbieter von „Essen auf Rädern“ können in Bezug
                                      für ältere Menschen
                                                                                               auf eine ausgewogene Mittagsverpflegung motiviert
                                      Ricarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung     und geschult werden. Qualitativ gute Angebote soll-
                                      (DGE)                                                    ten in der Region bekannt gemacht werden. Beson-
                                      Essen und Trinken können Genuss und Lebensqua-           ders dann, wenn im Alter die körperliche Leistungs-
                                      lität vereinen und tragen wesentlich zur Erhaltung       fähigkeit nachlässt und das Einkaufen und Kochen
                                      der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit        der eigenen Mahlzeiten schwerfällt, kann eine ausge-
                                      sowie der Gesundheit und Sturzprophylaxe bei älte-       wogene warme Mittagsmahlzeit am Tag einen wesent-
                                      ren Menschen bei. Besonders im Alter sind die Mahl-      lichen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Einen
                                      zeiten oft die einzige Möglichkeit für soziale Kontak-   hohen Informationsbedarf bezüglich einer ausgewo-
                                      te, z. B. beim Mittagstisch oder bei der Anlieferung     genen Ernährung und der Darreichung von Speisen
15
     Bundesministerium für
                                      des Menüs, sie sind strukturgebend und für viele die     bei Menschen mit besonderen Anforderungen bei der
     Familie, Senioren, Frauen
     und Jugend, „Eine neue           Höhepunkte des Tages.                                    Pflege, haben auch Angehörige, für die ebenfalls An-
     Kultur des Alterns“ Alters-                                                               gebote geschaffen werden sollten.
     bilder in der Gesellschaft,
     Erkenntnisse und Empfeh-
     lungen des Sechsten Alten-
     berichts, 2010, S. 28

20
Bei der Verpflegung älterer Menschen zu Hause und        altersbedingte Veränderungen wie nachlassende Sin-          Förderung gesunder
in stationären Senioreneinrichtungen besteht die         neswahrnehmungen, Appetitlosigkeit, Depressionen        Lebensstile  zur Erhaltung
                                                                                                                    der Leistungsfähigkeit
Herausforderung darin, sowohl den individuellen          und zunehmende körperliche, geistige, psychische
                                                                                                                         älterer Menschen
Wünschen und lebenslang geprägten Vorlieben ge-          und soziale Beeinträchtigungen, aber auch die Ein-
recht zu werden als auch ein Verpflegungsangebot         nahme von Medikamenten zu mangelndem Essen
zu gestalten, dass eine ausreichende Nährstoffversor-    und Trinken führen, was Mangelernährung und Dehy-
gung gewährleistet und die Freude am Essen erhält.       dratation zur Folge hat. Dies sollte unbedingt vermie-
                                                         den werden, denn ein Gewichtsverlust im höheren
Anforderungen an eine ausgewogene
                                                         Alter kann nur schwer ausgeglichen werden17 und
Verpflegung im Alter                                     eine Dehydratation hat gravierende Auswirkun-
Durch unterschiedlichste physiologische Verände-         gen, auch auf die geistige Leistungsfähigkeit. Eine
rungen im Prozess des Älterwerdens haben Seniorin-       abwechslungsreiche Zusammenstellung des Speise-
nen und Senioren ein erhöhtes Risiko für eine Fehler-    plans, die auf einer Auswahl aus allen sieben Lebens-
nährung.16 Im Vergleich zur Altersgruppe der 51- bis     mittelgruppen des Ernährungskreises der Deutschen
65-Jährigen verändert sich im Alter über 65 Jahre        Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) basiert, sichert
nicht viel. Der Energiebedarf sinkt, ist jedoch abhän-   eine ausgewogene und vollwertige Verpflegung. Wie
gig von der körperlichen Aktivität. Das bedeutet, dass   diese zu Hause – auch unterstützt durch eine Ver-
auch im Alter eine angemessene Bewegung den Ener-        pflegung mit „Essen auf Rädern“ und in stationären
giebedarf steigert und dem Abbau der Muskelmasse         Senioreneinrichtungen – konkret umgesetzt werden
entgegenwirkt. Durch den niedrigeren Energiebedarf       kann, zeigen die beiden DGE-Qualitätsstandards für
müssen bei nahezu gleichem Nährstoffbedarf, wie ihn      die Seniorenverpflegung: Der DGE-Qualitätsstan-
die 51- bis 65-Jährigen haben, möglichst energiearme     dard für die Verpflegung in stationären Senioren­
und gleichzeitig nährstoffreiche Lebensmittel ausge-     einrichtungen und der DGE-Qualitätsstandard für                  16
                                                                                                                             Volkert, Dorothee; Heseker,
wählt werden. Durch den geringeren Energiebedarf         Essen auf Rädern wurden von der DGE im Auftrag                      Helmut; Stehle, Peter:
                                                                                                                             Ernährungssituation von
besteht zum einen ein erhöhtes Risiko für eine Über-     des Bundesministeriums für Ernährung und Land-                      Seniorinnen und Senioren
ernährung, wenn die Energiezufuhr nicht entspre-         wirtschaft im Rahmen von „IN FORM – Deutschlands                    mit Pflegebedarf in Privat-
                                                                                                                             haushalten (ErnSiPP-Studie).
chend eingeschränkt wird. Zum anderen können             Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewe-                     In: Deutsche Gesellschaft
                                                         gung“ entwickelt.                                                   für Ernährung (Hrsg.):
                                                                                                                                    12. Ernährungsbericht 2012.
                                                                                                                                    Bonn (2012) S. 183 – 184
                                                                                                                               17
                                                                                                                                    Volkert, Dorothee: Ernährung
                                                                                                                                    im Alter, Quelle & Meyer
                                                                                                                                    Verlag GmbH& Co.,
                                                                                                                                    Wiesbaden, 1997

                                                                                                                                                            21
Sie haben das Ziel, die Angebote der Gemeinschafts-      Durch gezielte Angebote wie:
     TEIL        Fachliche Aspekte
                                      verpflegung für ältere Menschen zu optimieren. Sie
       I         der Gesundheits­
                 förderung im Alter   bieten eine praxisorientierte Hilfestellung für Fach-
                                                                                               nneine   gute Infrastruktur zum Einkaufen

                                      kräfte aus den Bereichen Küche, Hauswirtschaft, Ser-     nndieAufnahme von Speisenanbietern in lokale
                                      vice und für Mahlzeitendienste zur Umsetzung eines         Informationsbroschüren für ältere Menschen
                                      vollwertigen Verpflegungsangebots in stationären         nndieOrganisation gemeinsamer Mittagstische
                                      Senioreneinrichtungen und bei der Versorgung durch         inklusive Fahrdiensten („Auf Rädern zum Essen“)
                                      „Essen auf Rädern“. Eine Verpflegung – wie in den
                                                                                               nnFortbildungen für ältere Menschen und pflegende
                                      Qualitätsstandards beschrieben – leistet einen wich-
                                      tigen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit, der Leis-      Angehörige zu den Themen „ausgewogene Ernäh-
                                      tungsfähigkeit und der Prävention vor Mangelernäh-         rung“ und „besondere Kostformen“
                                      rung. Im DGE-Qualitätsstandard für „Essen auf            können Akteure in der Seniorenarbeit ganz
                                      Rädern“ sind hilfreiche Angaben aufgeführt, wie das      wesentlich zu einer bedarfsgerechten Ernährung
                                      Speisenangebot über die Mittagsmahlzeit hinaus           älterer Menschen beitragen.
                                      gestaltet werden kann.
                                      Für ältere Menschen ohne spezielle Anforderungen
                                                                                               2.3 Bewegung tut jedem gut
                                      an die Ernährung besteht eine gesundheitsfördernde       Miriam Schreck, Deutscher Turner-Bund e. V. (DTB)
                                      Lebensmittelauswahl aus reichlich Gemüse, Obst,
                                                                                               Wie sagt man im Volksmund so schön: „Bewegung
                                      Getreideprodukten – möglichst Vollkornprodukten –,
                                                                                               ist die beste Medizin“, auch das Sprichwort
                                      eher fettarmer Milch und Milchprodukten, gelegent-
                                                                                               „Wer rastet, der rostet“ trifft es auf den Punkt.
                                      lich Fleisch und fettreichem Seefisch sowie einer mög-
                                      lichst fettarmen Zubereitung der Speisen. Dagegen        Der menschliche Körper braucht Bewegung und
                                      gilt es bei mangelernährten Seniorinnen und Senio-       Bewegung ist gesundheitsfördernd!
                                      ren, die eine energetische Unterversorgung haben,        Es ist allgemein bekannt, dass regelmäßige körper-
                                      abwechslungsreiche, aber eher fettreichere Lebens-       liche Aktivität viele positive Effekte auf Körper und
                                      mittel auszuwählen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, auf   Geist hat. Sie erhält und verbessert die Leistungsfakto-
                                      die Auswahl hochwertiger pflanzlicher Fette zu ach-      ren Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer,
                                      ten, beispielsweise Raps-, Soja-, Walnuss- und Oliven-   die essenziell für die selbstständige Bewältigung des
18
     Deutsche Gesellschaft            öl.18
     für Ernährung (Hrsg.):
     DGE-Qualitätsstandard
     für Essen auf Rädern,
     3. Auflage, Bonn 2014

22
Alltags sind. Bewegung wirkt positiv auf das Herz-Kreis-   und an dem er gern teilnimmt. Dies setzt voraus,             Förderung gesunder
lauf-System und den Stoffwechsel, beugt Zivilisations-     dass es unterschiedliche Angebote in der Kommune         Lebensstile zur Erhaltung
                                                                                                                       der Leistungsfähigkeit
krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Hypertonie        gibt und dass man über diese auch informiert ist.
                                                                                                                            älterer Menschen
vor, verbessert das Wohlbefinden und fördert die
                                                           Diejenigen, die in der Arbeit mit älteren Menschen
geistige Leistungsfähigkeit, um nur einige wichtige
                                                           tätig sind, tragen Mitverantwortung. Zusammen-
Auswirkungen zu nennen.
                                                           schlüsse mit anderen Akteuren der Seniorenarbeit,
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese Wirkungen     der Kommune und besonders mit Turn- und Sport-
in allen Altersstufen, selbst im hohen Alter, eintreten    vereinen sind sinnvoll und notwendig. Wenn jeder
können. Besonders bislang inaktive Ältere können           seine Kompetenzen einbringt, ist es mit einem relativ
mit regelmäßigem, moderatem Training starke Effek-         geringen Aufwand ein Leichtes, gesundheitsfördern-
te erzielen. In Studien konnte nachgewiesen werden,        de Bewegungsangebote einzuführen und nachhaltig
dass das Krafttraining auch bei 90-Jährigen positiv auf    aufrechtzuerhalten. Dabei werden Herausforderun-
vielerlei körperliche und psychische Faktoren wirkt.       gen zu meistern sein, wie eine gelungene Ansprache
                                                           und Motivation der inaktiven Älteren. Gemeinsam
Bei Bewegung im Alter gilt grundsätzlich: Ein bisschen
                                                           mit anderen Netzwerkpartnern können jedoch für
Bewegung ist besser als keine, und je früher mit regel-
                                                           jede Situation passende Lösungen gefunden werden.
mäßiger Bewegung begonnen wird, umso besser.
                                                           Zusätzlich zu den Vorteilen eines gesundheitsfördern-
Zu bedenken ist dabei, dass regelmäßige Bewegung
                                                           den Bewegungsangebots für jeden Einzelnen sollen
zwar nicht das Älterwerden verhindern, aber den
                                                           die gesellschaftlichen und finanziellen Vorteile nicht
natürlichen Leistungsabfall hinauszögern und durch
                                                           außer Acht bleiben. Bewegung in einer (Vereins-)
viele positive Effekte das Lebensgefühl steigern kann.
                                                           Gruppe fördert die soziale Teilhabe und somit auch
Selbst Menschen mit der einen oder anderen körper-         die Bereitschaft, etwas für die Gemeinschaft zu tun.
lichen Einschränkung können durch Bewegung ihre            Teil einer Gruppe oder eines Turn- und Sportvereins
Selbstständigkeit fördern und insgesamt positiv auf        zu sein, von der Umgebung wertgeschätzt zu werden,
Körper und Geist einwirken. Es ist wichtig, dass jeder,    stärkt das Wohlbefinden und führt dazu, auch außer-
ob jünger oder älter, ob mit oder ohne Einschrän-          halb der Sporthalle Treffen zu vereinbaren.
kung, das passende Bewegungsangebot für sich findet,
das ihn fordert und fördert, bei dem er sich wohlfühlt

                                                                                                                                                23
Abbildung 2: Auswirkungen von Bewegungsmangel und
 TEIL      Fachliche Aspekte                               ausreichender Bewegung
     I     der Gesundheits­
           förderung im Alter

                                       Inaktivität                                                                       Aktivität
                                                                                                     Motivation
          Motivations-
            verlust

                                                                                                                                        Leistungs-
                                                                                                                                        fähigkeits-
                                                                                                                                          erhalt
                                  Bewegungsmangel                 Erhöhter                                     Ausreichend Bewegung
                                Körperliche und geistige         Leistungs-                                            Erhöhte
                                                                                       Geringes
                                   Einschränkungen               fähigkeits-                                        Lebensqualität
                                                                                      Krankheits-
                                                                   abfall
                                                                                         risiko
                                   Soziale Isolation                                                              Soziale Integration
                                  Mehrkosten für die                                                                 Beitrag zur          Erhöhung
                                   Allgemeinheit               Unsicher-                                            Allgemeinheit       der Sicherheit
                                                             heit, negatives
     Erhöhung der                                             Ereignis (z.B.
     Unsicherheit                                                 Sturz)                     Selbstständige
                                                                                                Alltags-
                                                                                              bewältigung

                                      Immobilität                                                                      Mobilität

24
Zudem bleiben aktive Senioren insgesamt länger            Ist die Mundpflege nicht ausreichend, bilden sich       Förderung gesunder
selbstständig, können länger zu Hause leben, benöti-      Mundbeläge, die zu Geschmacksverlusten und Krank-   Lebensstile zur Erhaltung
                                                                                                                 der Leistungsfähigkeit
gen weniger Hilfe und nehmen auch weniger bzw.            heiten an den Zähnen (Karies), dem Zahnhalteapparat
                                                                                                                      älterer Menschen
später Pflege- und Altenheimplätze in Anspruch.           (Parodontitis) und der Mundschleimhaut führen.
Die Ausgaben der Kranken- und Pflegeversicherungen
                                                          Die Mund- und Prothesenpflege ist die einfachste
könnten möglicherweise reduziert werden.
                                                          und erfolgreichste präventive Maßnahme. Sie sollte
Bislang sind nur etwa 37 % aller 60- bis 69-Jährigen      täglich morgens und abends vor dem Zubettgehen
und etwa 28 % aller über 70-Jährigen mindestens           durchgeführt werden. Der Zahnarzt berät bei der                     MERKE
2,5 Stunden pro Woche körperlich aktiv.19 In dieser       Zahnputztechnik, der Auswahl der Pflegemittel                       Mit Mut und Engage-
Zielgruppe steckt noch großes Potenzial.                  (Zahnbürste, Zahncreme, Mundspüllösung) und der                     ment kann durch Be-
                                                          Prothesenreinigungsmittel. Regelmäßig, ein- bis                     wegungsangebote den
Davon profitieren auch die Akteure selbst. Ziel ist
                                                          zweimal pro Jahr, sollte er den Putzerfolg kontrollie-              Senioren in Organisa-
folglich die Förderung gesundheitsdienlicher Bewe-
                                                          ren sowie die Gesundheit der Zähne, des Zahnhalte-                  tionen bzw. Instituti-
gungsangebote im eigenen Senioren-Umfeld!
                                                          apparates, des Zahnfleisches, der Mundschleimhaut                   onen und Kommunen
                                                                                                                              etwas Gutes getan
2.4 Sachgerechte                                          und ggf. die Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes
                                                                                                                              werden.
                                                          überprüfen.
Mund- und Zahnpflege
                                                          Im Mund wird die Speise mit all ihren lebenswichti-
Dr. Peter Huber,                                          gen Bestandteilen zerkleinert, mit Speichel vermengt
Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ)        und gleitfähig gemacht, erst dann soll sie geschluckt
Ein gesunder Mund trägt zum allgemeinen Wohl-             werden. Die Kaumuskulatur und deren Kraft bestim-
befinden und zum Erhalt des Selbstwertgefühls eines       men die Kaufähigkeit. Abhängig von ihr wird die
Menschen bei. Ein gesunder Mund verfügt über eine         Nahrung ausgewählt. Erkrankungen der Zähne,
intakte Schleimhaut, ein funktionstüchtiges Gebiss        des Zahnhalteapparates, des Zahnfleisches und der
                                                          Mundschleimhaut, aber auch ein nicht funktionstüch-
                                                                                                                         19
                                                                                                                              Robert Koch-Institut (2012):
und ist frei von Schmerzen und hat einen frischen                                                                             Forschungsaktivitäten des
Atem. Er besitzt u. a. die Fähigkeit, ein breites Spek-   tiger Zahnersatz (z. B. unzureichender Halt, abgekau-               Robert Koch-Instituts zum
                                                          te Zähne, abgebrochene Teile) schränken die Kau-                    gesunden Älterwerden. URL:
trum an Nahrungsmitteln zu kauen und zu essen,                                                                                http://www.rki.de/DE/Cont-
deutlich sprechen zu können.                              fähigkeit ein. Es wird dann nur noch das gegessen,                  ent/Gesundheitsmonitoring/
                                                                                                                              Themen/Gesundheit_im_
                                                                                                                              Alter/Gesundheit_Alter_
                                                                                                                              23032012.pdf;jsessionid=
                                                                                                                              44EF5AFFA19C5FDDC-
                                                                                                                              039501CCB02B025.2_cid290
                                                                                                                              ?__blob=publicationFile

                                                                                                                                                       25
was problemlos gekaut werden kann. Die Ernährung        Der Mund ist ein Teil des menschlichen Körpers und
MERKE                         wird einseitig und deshalb werden weniger Vitamine,     über das Blutgefäßsystem eng mit ihm verbunden.
Zahnpflege am Morgen          Mineralien und Ballaststoffe aufgenommen. Das kann      Deshalb können allgemeine Erkrankungen auch
und Zahn- und Prothesen-      zu Mangelernährung und später zu Unterernährung         Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben und
pflege am Abend vor
                              führen. Dabei sinkt nicht nur die Lebensqualität, es    Munderkrankungen (z. B. Entzündungen) wiederum
dem Zubettgehen und
regelmäßige zahnärzt-
                              steigt auch das Risiko zu erkranken.                    allgemeine Erkrankungen auslösen oder verstärken.
liche Kontrolle               Kauen ist ein hoch komplizierter Vorgang, der mehre-
                              re Bereiche des Gehirns beansprucht und damit seine
                                                                                      2.5 Unterstützende Dienste für
                              Blutversorgung steigert. So hilft ausreichendes Kauen   ältere Menschen – Potenziale
                              auch, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu erhalten.
MERKE                                                                                 für die Gesundheitsförderung
Ausgewogene und zum           Der Speichel ist für die Mundgesundheit und für den
                                                                                      Auf kommunaler Ebene sind vielfältige Dienstleis-
Kauen „zwingende“             Halt einer herausnehmbaren Prothese von essenziel-
Ernährung, ausreichende                                                               tungsangebote etabliert, die älteren Menschen im
                              ler Bedeutung. Der Speichelfluss wird insbesondere
tägliche Trinkmenge                                                                   eigenen Wohnumfeld bei Bedarf wertvolle Unter-
                              durch die Massage der Speicheldrüsen beim Kauen
                                                                                      stützung im Alltag bieten und so eine eigenständige
                              angeregt. Eine ausreichende Menge Speichel kann je-
                                                                                      Lebensführung ermöglichen. Weitere Angebote zielen
                              doch nur dann produziert werden, wenn dem Körper
                                                                                      auf Freizeitgestaltung, soziale Teilhabe, Weiterbildung
MERKE                         täglich genügend Flüssigkeit zugeführt und der Kreis-
Ausreichend trinken und in                                                            oder Förderung der Bewegung. Die Dienstleistungen
                              lauf durch körperliche Bewegung aktiviert wird.
Bewegung bleiben                                                                      werden von professionellen Anbietern sowie im Rah-
                              Mit abnehmender Speichelmenge sinkt nicht nur die
                                                                                      men der offenen Seniorenarbeit von ehren- und
                              mundbezogene Lebensqualität, es steigt das Risiko,
                                                                                      hauptamtlich Tätigen erbracht. Sie lassen sich in
                              an einer Mund-, aber auch an einer allgemeinen Er-
                                                                                      folgende Bereiche untergliedern:
MERKE                         krankung zu leiden. Im Alter besonders häufig auftre-
                                                                                      nngesundheitsbezogene    Dienste durch ambulante
Eine regelmäßige Mund-        tende Störungen, wie Diabetes mellitus, hoher Blut-
und Prothesenpflege           druck und neurologische Erkrankungen, können den          Pflegedienste, den Lieferservice von Apotheken,
erhält Lebensqualität und     Speichelfluss mindern. Eine Minderung der Speichel-       Hausbesuche von Ärzten, Physiotherapeuten und
Gesundheit nicht nur bei      produktion ist auch eine unerwünschte Nebenwir-           auch Zahnärzten
Erwachsenen, sondern auch
                              kung von Medikamenten, mit denen die genannten          nnhaushaltsnahe   Dienstleistungen (sachbezogene
bei Seniorinnen und Senio-
ren. Mund- und Zahnpflege
                              Erkrankungen behandelt werden.                            Dienstleistungen), z. B. „Essen auf Rädern“, Liefer-
sollte alle das ganze Leben                                                             service des Einzel- und Lebensmittelhandels,
lang begleiten.                                                                         Haushaltshilfen, Mittagstische

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